Priester nach dem Herzen Gottes

Schwester Ingrid Mohr PIJ leistet mit der Vorstellung des Priesters Andreas Fey (1806-1887) aus Aachen einen wertvollen Beitrag zum „Jahr des Priesters“. Der spannend geschriebene Artikel zeichnet das Bild einer Persönlichkeit von ungewöhnlicher Originalität und tiefer Frömmigkeit. Andreas Fey, der in seiner Spiritualität mit dem hl. Pfarrer von Ars zu vergleichen ist, verband einen unermüdlichen Eifer in der Seelsorge mit einer geradezu heroischen Hingabe für die Armen. Mit kindlicher Einfachheit war er stets darauf bedacht, den Willen Gottes zu erfüllen. Im nächsten Heft veröffentlichen wir einen zweiten Artikel von Sr. Mohr über Andres Fey.

Von Ingrid Mohr PIJ

Andreas Fey? Noch nie gehört.“ So werden sicher die meisten von Ihnen sagen... Die Tatsache, dass man ihn mit mehreren großen Heiligen – wie Vinzenz von Paul, Philipp Neri und den Pfarrer von Ars – vergleicht, sagt schon Bedeutendes aus über diesen eifrigen Arbeiter im Weinberg des Herrn. – Geboren wurde er in Aachen am 25. November 1806 und schon am nächsten Tag im Dom der alten Kaiserstadt getauft. Er war das zweite von fünf Kindern der Eheleute Louis und Katharina Fey. Den beiden ältesten, Joseph und Andreas, folgten drei Mädchen: Constantia, Clara und Katharina, genannt Netta. Clara gründete 1844 die Kongregation der Schwestern vom armen Kinde Jesus. Die Kinder hatten das Glück, in einem christlich geprägten, sozial eingestellten Elternhaus aufzuwachsen. Die Familie gehörte der gehobenen Schicht an; Vater Fey war Besitzer einer Tuchfabrik. Quicklebendig ging es im Hause Fey zu. Andreas, mit seinen blonden Locken und blauen Augen, war ein fröhliches, intelligentes Kerlchen. Mit seinen originellen Einfällen, seinem Phantasiereichtum und sprudelnden Humor sorgte er oft für Leben und Unterhaltung. Sein überschäumendes Temperament machte es Eltern und Lehrern nicht immer leicht. Als er zu Beginn seiner Gymnasialzeit von einem strengen Lehrer wegen seines jugendlichen Übermutes eingesperrt wurde, entwich er durch ein Fenster und rühmte sich seiner Tat, als er zu Hause ankam. Die Mutter allerdings ergänzte sofort, was sich Andreas auf eigene Faust an Strafe gekürzt hatte: sie ließ ihn ins Speckkämmerchen wandern. Der Junge beugte sich zwar dem Urteil der Mutter, wusste aber der Tatsache eine helle Seite abzugewinnen, indem er die Mundharmonika einsteckte und in der dunklen Kammer fröhlich musizierte. Die unbeschwerte Kindheit nahm allerdings ein jähes Ende, als Andreas 12 Jahre alt war. Vater Fey erlitt einen schweren Schlaganfall und starb zwei Jahre später im Alter von nur 41 Jahren. Als sich Andreas später an die Zeit mit dem kranken Vater erinnert, schreibt er: „Da ist dann unser Wohnzimmer zwei Jahre lang der stille Sammelplatz einer gebeugten Familie geworden, wo wir wilden Knaben lernten, den tiefen Kummer geliebter Eltern zu belauschen. Wir durften nicht mehr die Treppe hinaufstürmen, sondern mussten, wenn wir aus der Schule kamen, leise hinaufschleichen. Dann fanden wir einen in jungen Jahren hinwelkenden Mann, der wehmütige, horchende Blicke auf uns herumwandern ließ. Still spielten wir mit der kleinen Netta, die wir bald an dem gebrochenen Herzen der Mutter, bald auf den Knien des lahmen Vaters fanden.“

Da Frau Fey nach dem Tod ihres Mannes die Führung der Geschäfte übernahm, mussten Joseph und Andreas in ein Internat, wo sich ein Priester – ein langjähriger Freund des Vaters – der beiden besonders annahm. Wenn sie in den Ferien nach Aachen kamen, wurde es sehr lebendig im Haus. Da gab es natürlich auch Neckereien unter den Geschwistern. So musste es sich die um fast zehn Jahre jüngere Clara gefallen lassen, dass Andreas ihr ein Messdienerröckchen anzog, wenn er mit seiner hellen Kinderstimme das Hochamt sang und vor der Großmutter predigte. Clara fiel die Aufgabe zu, nach der „Predigt“ die Kollekte zu halten. Das Geld, das die spendefreudige Oma lächelnd gab, strichen allerdings die beiden Lausbuben schmunzelnd ein; denn sie überzeugten die kleine Clara, dass Messdiener ihr Geld ohnehin zu Hause abgeben müssten... Die Knabenstreiche, bei denen Andreas immer der Haupträdelsführer war, stellten die Geduld von Mutter Fey oft auf eine harte Probe; aber sie wusste auch, dass sie ihren Söhnen vertrauen konnte. Nach gut bestandenem Abitur offenbarte Andreas seiner Mutter, dass er Priester werden wolle. Sie dankte Gott und segnete ihn unter Freudentränen.

Andreas studierte in Münster, Bonn und Köln. Es war die Zeit nach der Französischen Revolution, die manch ungute Bewegung – auch innerhalb der katholischen Kirche – mit sich brachte. Aber es gab auch Orte, Professoren, Priester und Bischöfe, die treu zur Kirche standen. Es war eine glückliche Fügung für die Entwicklung des jungen Fey, dass die Vorsehung ihm an jedem neuen Abschnitt seines Lebensweges Gelegenheit zum Anschluss an ausgezeichnete Männer bot, die sich einen kirchlich-katholischen Sinn bewahrten. Auch die durch eine gute christliche Erziehung gefestigten natürlichen Anlagen des Studenten sowie sein persönliches Gebetsleben erwiesen sich als große Hilfe in den Gefahren der negativen Einflüsse und falschen Lehren. Sein gläubiges Herz verwarf die Irrtümer mit aller Entschiedenheit. Wie Andreas gewisse Vorlesungen bewertete, wird daran deutlich, dass er sie einfach schwänzte.

Seine originellen Ideen sind der Schlüssel zum Verständnis vieler seiner Eigenarten, denn auch als Student und Priester blieb ihm der Schalk im Nacken sitzen. Und so wurde aus ihm ein fröhlicher Diener Gottes mit Tiefgang. Sein Humor und seine phantasievollen Einfälle begleiteten den Theologiestudenten auch in seiner Liebe zu den Armen. Hier einige Bespiele: Als er zum Nikolausfest in Aachen war, hielt er voller Vergnügen an einem Fenster seines Elternhauses Wache. Sah er arme Leute vorübergehen, ließ er eine an einem Faden befestigte Printe (eine Art Lebkuchen) hinunter und freute sich königlich, wenn ein Bedürftiger nach dem kleinen Geschenk griff und es fröhlich heimtrug. – Als eine Fuhre Kohle am Haus Fey ankam und der Arbeiter die Ladung in den Keller beförderte, stand Andreas wie zufällig neben dem Lastwagen. Kamen Arme vorbei, teilte er ihnen nach Bedarf von den Kohlen aus. – Wie von ungefähr stand er auch zuweilen am Kellerfenster und reichte den Notleidenden Kartoffeln durch die Luke. – Eines Abends, als der Schnee hoch lag, begegnete er in einer abgelegenen Straße einem Bettler mit total durchlöcherten Schuhen. Kurz entschlossen gab er dem Armen seine eigenen, zog dessen Schuhe an und trabte vergnügt nach Hause. – Andreas kannte seine gute Mutter und wusste, dass sie ihm solche Streiche nie verübeln würde.

Priester

Im September 1830 war für ihn der lang ersehnte Tag gekommen, an dem er in Köln die Priesterweihe empfing. Zwei Tage später feierte er Primiz in seiner Heimatpfarre St. Paul in Aachen. Die Freude jener Tage wurde allerdings überschattet von großem Schmerz und tiefer Trauer, denn als er nach Hause kam, war seine Schwester Constantia an Typhus erkrankt, und schon zwei Wochen später starb die 22-Jährige.

Kurz nach seiner Priesterweihe wurde Andreas zum Kaplan an St. Paul ernannt. Der Pfarrer hatte den Erzbischof darum gebeten, weil er in dem Neugeweihten einen Priester ganz nach dem Herzen Gottes sah. Bis zu seinem Tod im Jahr 1887 – es waren mehr als 57 Jahre – blieb Fey dieser Pfarre treu; alle Beförderungen und Ehrenstellen lehnte er ab. In aller Munde war sein Eifer auf der Kanzel und die Art, wie er die Frohe Botschaft verkündete. Seine Worte waren voller Geist, von Liebe getragen und lebensnah, so dass sich Menschen jeden Alters und aller Schichten angesprochen fühlten. Die tiefste Kraft seiner vielen Predigten lag allerdings im Beispiel, das er mit seinem eigenen Leben gab. In der Verkündigung von Gottes Wort sah er auch die wichtigste Bedingung für eine Besserung der aufgrund der Französischen Revolution zerrütteten Zustände. Seine schöne, klangvolle Stimme leistete ihm sowohl auf der Kanzel als auch am Altar eine wesentliche Hilfe. Sein Pfarrer meinte: „Wer einen schönen Gesang hören will, muss nach St. Paul kommen, wenn mein Kaplan Fey singt.“

Mit ausdauernder Geduld spendete er das Bußsakrament, förderte den frühen und häufigen Empfang der hl. Kommunion, war unermüdlich in der Schule tätig und vor allem voller Hingabe für Kinder, Kranke und Arme. Mit seinem ausgeprägten Sinn für Kunst kümmerte er sich um würdige liturgische Gewänder sowie um neue Fenster und andere Verbesserungen für die Kirche St. Paul, die das Gotteshaus – wie es heißt – in eine der schönsten Kirchen Aachens verwandelte. Der Pfarrer wusste, was er an diesem Priester hatte und behauptete sogar, die Leitung seiner Gemeinde sei ohne Fey unmöglich. Dass sein junger Mitarbeiter eine eher außergewöhnliche Originalität besaß, störte ihn nicht weiter; er selbst und das Volk hatten sogar ihre helle Freude daran. Er war stolz auf seinen Kaplan und freute sich über die Liebe und Verehrung, die man ihm entgegenbrachte. Andreas Fey war ein Priester nach dem Herzen Gottes, aber auch ganz ein Mann nach dem Herzen des Volkes, der in ganz Aachen bekannt war. Zu seiner großen Popularität trug die Tatsache bei, dass ihm als echter Aachener die Mundart seiner Vaterstadt immer geläufig blieb. Nur einer war nicht zufrieden mit Fey: er selbst. In einem Brief meint er: „Bei mir muss sich vieles ändern; wenn das nicht geschieht, so ist’s meiner Sünden wegen.“ Andreas suchte nicht sich selbst, sondern den Dienst im Weinberg des Herrn, und so blieb er stets einfach und bescheiden.

In Verbindung mit den Namen Andreas und Clara Fey erhielt deren Elternhaus in der Aachener Bendelstraße in den Bedrängnissen und Wirren der damaligen Zeit eine kirchengeschichtliche Bedeutung. Dort traf man sich häufig mit einem Kreis von Gleichgesinnten – darunter auch mehrere eifrige Priester. Man war sich gegenseitig Stütze und Ratgeber, setzte sich ein für die Reinerhaltung des Glaubens und die Treue gegen Rom, besprach sich aber auch über die Übel und Bedürfnisse vor Ort, die die Industrialisierung besonders für die Arbeiterwelt mit sich brachte, und suchte nach Wegen, um Abhilfe zu schaffen. Andreas Fey war maßgeblich an dem Werk beteiligt, das seine Schwester Clara mit einigen Gefährtinnen begann. Sie nahmen sich besonders der vielen armen, verwahrlosten und benachteiligten Kinder Aachens an. Über viele Jahre war er der geistliche Direktor der von Clara gegründeten Kongregation. Seine liebende Sorge erstreckte sich sowohl auf die Schwestern als auch auf die von ihnen betreuten Kinder, von denen er viele über spätere Jahre hinweg wie ein guter Vater begleitete.

Vater der Armen

Die beste Auskunft über Andreas Fey als Vater der Armen geben uns die Zeugnisse seiner Zeitgenossen. Da heißt es: „Tag für Tag konnte man ihm auf seinen berufsmäßigen Wanderungen begegnen, dem Priester mit dem charaktervollen Kopf, den ernst liebevollen Zügen, den milden und doch so lebhaften blauen Augen... Ganz Aachen verehrte ihn, und jeder nahte sich ihm mit kindlicher Ehrfurcht wie einem Vater.“ Feys Weg führte ihn vor allem in die Häuser und Herzen der Armen und Kleinen. Auch seine originelle Art trug dazu bei, dass er der in der ganzen Stadt bekannte „Herr Fey“ war. Eine Dame versicherte, dass er seine Nächstenliebe aus dem Herzen Jesu schöpfte, das alles bis auf den letzten Blutstropfen opferte. Mehr als einmal verschenkte er sogar das, was er am Leibe trug. Er dachte an alle, nur nicht an sich selbst. Seine Mutter, die immer gern und freudig gab, stand ratlos vor der schrankenlosen Gebefreudigkeit ihres Sohnes. Sie sah sich schließlich gezwungen, die Überwachung der Kleider- und Wäschebestände ihres Sohnes in die Hände ihrer Tochter Clara zu legen. Aber auch sie kam in diesem Punkt nicht gegen ihren Bruder an. Als sie von einem Dutzend neuer Hemden keine Spur mehr vorfand und ihm zarte Vorwürfe machte, meinte er: „Hat der Heiland nicht gesagt, wer zwei Teile hat, soll einen geben? Das tu ich einfach.“ Und als Clara fragte, was sie denn der Mutter sagen solle, antwortete er: „Sag der Wahrheit entsprechend, dass ich alles habe und mir nichts fehlt.“ Das Bedürfnis, alles nur eben Entbehrliche zu Gunsten seiner Armen zu verschenken, machte ihn erstaunlich erfinderisch. Entweder hatte er mit den Armen einen Treffpunkt verabredet, wo sie ihre Gaben in Empfang nehmen konnten, oder er besorgte die Dinge persönlich in deren armselige Behausungen. Sein Gehalt war schon versprochen, bevor er es in Händen hielt. Wurde es ihm in der Sakristei ausgezahlt, dann teilte er es und beauftragte den Küster, es bestimmten Armen oder Kranken zu geben. Nicht einen Pfennig behielt er für sich. Aus den Messstipendien ließ er drei Teile machen. Das erste Drittel kam in die Sparbüchse für die armen Kinder, die von den Schwestern betreut wurden. Das zweite Drittel ließ er nach der hl. Messe auf dem Weg zum Beichtstuhl einem Armen hinter einem Pfeiler unbemerkt in die Hand gleiten. Das letzte Drittel nahm er mit, um es einem Bedürftigen auf der Straße geben zu können.

Von meinem Zimmer aus kann ich das Haus sehen, in dem Andreas Fey einige Zeit bei seiner Schwester Netta wohnte. Dort schleppte er eines Nachts die Matratze aus seinem Bett in das untere Stockwerk und ließ sie den bestellten Armen still durchs Fenster auf die Straße gleiten. Er selbst schlief auf einem Strohsack weiter... Einmal hatte Kaplan Fey – nachdem er wieder einmal ohne Schuhe war, weil er sie einem armen Mann gegeben hatte – ein Paar neue an. Als der nächste Arme kam, zog er einen dieser Schuhe aus, gab ihn dem Mann und bestellte ihn für den nächsten Abend pünktlich um 6 Uhr, um den zweiten Schuh abzuholen. Seiner Schwester fiel der eigenartige Tritt ihres Bruders auf, und sie merkte schließlich, dass er mit nur einem Schuh im Zimmer auf und ab ging. „Der andere Schuh ist fort“, rief Andreas. „Fort? Wohin ist er denn gekommen?“ forschte Netta nach. „Wenn ich das wüsste, dann würde ich ihn schon finden“, antwortete Andreas mit der unschuldigsten Miene. „Aber du kannst doch nicht mit einem Schuh herumlaufen!“ – „Das merke ich schon lange; sag mir, was ich denn anfangen soll.“ Das ganze Haus wurde nach dem verlorenen Schuh abgesucht, und Andreas selbst half redlich mit. Der Schuh blieb jedoch verschwunden, und ein neues Paar musste her. Als am andern Abend der zweite Schuh auch nicht mehr zu finden war, war der besorgten Netta klar, dass ihr Bruder sie wegen der Armen genarrt hatte. In ihnen ehrte er die Bevorzugten und Lieblinge Gottes. Diese Sichtweise ließ ihn mutig Dinge tun, über die manch einer gewiss den Kopf schüttelte. Bei ihm lernten die Dinge einfach das „Fliegen“, wie er es nannte – wie von ungefähr waren sie verschwunden. Auch Silbersachen waren auf dem Tisch der Familie Fey jederzeit bedroht. Eine gute Bekannte hatte ihm zum Namenstag ein Dutzend silberne Löffel geschenkt. Als sie kurze Zeit später im Haus zu Gast war, sah sie sich vergebens nach ihrem Geschenk um und fragte schließlich nach. Nach einigem Zögern antwortete der Kaplan: „Sie müssen nicht böse sein: ihre silbernen Löffel glänzen am Throne Gottes; ich habe sie für meine Armen verkauft.“ Ein andermal war er bei Bekannten eingeladen. Als nach reichlicher Bewirtung noch ein gebratenes Huhn aufgetragen wurde, ergriff er mutig das Wort: „Meine Lieben, wir haben jetzt wohl genug des Guten genossen, so dass wir auf dieses leckere Hühnchen verzichten können. Ich kenne eine arme kranke Frau, der es an allem mangelt; für sie möchte ich das Huhn gerne mitnehmen, um ihr eine unverhoffte Freude zu machen.“ Als Antwort kam eine zustimmende Lachsalve der Tischgenossen, die zugunsten der Armen auf den Braten verzichteten. Fey schmunzelte, ließ sich das Huhn einpacken, schob es unter seinen Rock und war bald damit verschwunden. – Wie er über die Armen dachte, lesen wir auch in einem seiner späten Briefe: „In meinem langen Leben habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass die glücklichsten Menschen nicht da zu finden sind, wo Gold und Gut, Wohlleben und Überfluss, Ehre und Ansehen in Hülle und Fülle vorhanden sind. Nein, die glücklichsten Menschen habe ich immer in kleinen, dürftigen Verhältnissen gefunden, unter den Geringen und Armen und vor allem unter den Dienenden. Es kann auch nicht anders sein – Jesus hat es vorausgesagt; die Armen hat er sich für sein Evangelium ausgewählt; die Kleinen hat er an sein Herz genommen...“ Noch viele Beispiele gibt es von der Liebe dieses Priesters zu den Armen, und um so manches wird Gott allein wissen. Es waren nicht nur materielle Gaben, die er weitergab, sondern seine Liebe. Unzähligen Menschen schenkte er ein offenes Ohr, ein verständnisvolles Herz, Freude, Trost und Ermutigung.

Kinderfreund

Hand in Hand mit der Liebe zu den Armen ging bei Fey die Liebe zu den Kindern. Er hatte eine Vorliebe für die schwächsten, hilflosesten und kleinsten unter ihnen. Die Sorge um sie bildete einen wichtigen Punkt seiner priesterlichen Tätigkeit. An keinem Kind auf der Straße konnte er vorbeigehen, ohne es anzusprechen, ihm die Hand zu geben oder etwas zu schenken. Arme Kinder nahm er nicht selten mit in einen Laden und kaufte ihnen eine Schürze, etwas Brot, einige Äpfel oder sonstige Kleinigkeiten, die er dann mit Geld oder meistens mit einem herzlichen „Vergelt’s Gott“ bezahlte. Hatte er nichts für sie, so bekamen sie wenigstens ein freundliches Wort. Seine Zeitgenossen berichten, dass er wie Jesus die Kleinen zu sich kommen ließ. So wundert es nicht, dass man ihn auch den „Vinzenz von Paul von Aachen“ nannte. Ein Priester sagte: „Wie oft habe ich gesehen, dass der Herr Fey gerade wie der hl. Vinzenz daherkam, ein Kind auf dem Arm tragend, ein anderes an der Hand führend.“ Die Aachener Mütter wussten, dass ihre Kinder bei ihm in guten Händen waren. Er war die Verkörperung der Barmherzigkeit und Güte für jede Kinderseele. Das verdeutlicht auch diese Begebenheit: Auf dem Rathausplatz in Aachen hatten sich Zigeuner niedergelassen. Als einer von ihnen seinen Sprössling auf sehr unbarmherzige Art verprügelte, schrie ihm eine Frau entsetzt zu: „Hör auf oder ich sage es dem Herrn Fey!“ Der Vater, durch diese Drohung eingeschüchtert, hörte sofort auf, sein Kind zu schlagen und war nicht wenig erstaunt, als er erfuhr, dass dieser ‚Herr Fey‘ kein Polizist, sondern ein Priester sei. Kaplan Fey kannte und verstand das Kinderherz mit seinem Verlangen nach Liebe und Zuwendung, und die Kinder verstanden ihn. Wo sie ihn erblickten, liefen sie auf ihn zu und schauten glückstrahlend, zutraulich und doch voll Ehrfurcht zu ihm auf. – Sie waren der Überzeugung, dass alle Priester so geartet seien wie er, so dass Bischof Laurent von Andreas Fey sagte: „Sein Name ist im Mund der Kinder der Gattungsname für die Priester geworden.“ – Eine Episode kindlicher Zuneigung und Vertrautheit erlebte Fey einst in der Kirche St. Paul. Als er – wie immer – nach der heiligen Messe, am äußersten Ende der Kommunionbank kniend, seine Danksagung hielt, schlich ein kleiner Junge zu ihm hin, stellte sich neben ihn und faltete die Hände. Nach einer Weile schaute sich der Kleine nach einer Sitzgelegenheit um und fand sie auf den Fersen des betenden Kaplans, auf die er sich vertraulich niedersetzte. Fey sah sich liebevoll lächelnd um, ließ dem Kind das Ruheplätzchen und betete weiter... – Eine Dame erinnerte sich an eine Szene, die sich auf ihrer Straße abspielte, in der ein Bürgersteig angelegt wurde. Schon seit einigen Tagen an die geräuschvolle Arbeit gewöhnt, fiel ihr auf, dass plötzlich absolute Stille eintrat. Sie öffnete das Fenster und sah, wie alle Arbeiter – auf ihre Hacken oder Stemmeisen gestützt – dastanden und unverwandt die Straße hinunter schauten. Auf ihre Frage, was los sei, erhielt sie die Antwort: „Madame, da kommt der göttliche Kinderfreund!“ Es war Fey, der von einer Schar armer Kinder begleitet, scherzend mit ihnen daherzog. Und die Chronik ergänzt: „An das Wort des Pfarrers von Ars: ‚Wenn ihr einen Priester seht, so denkt an Jesus Christus‘, brauchte man diese guten Leute nicht zu erinnern. In der Person von Kaplan Fey glaubten sie Jesus selbst zu sehen.“ – Andreas Fey zog aber nicht nur die Kinder an wie ein Magnet, sondern auch die Jugendlichen. Ein einzigartiger Anblick bot sich, wenn er von Studenten umringt über die Straße zog. In der Biographie heißt es: „Was die römische Jugend einem Philipp Neri verdankte, der sie den Gefahren ihres Alters durch den geheimnisvollen Zauber seiner Fröhlichkeit und liebenswürdigen Heiligkeit entzog, hat Fey in seiner Art für die Aachener Jugend getan.“ Ein Pater berichtet: „Junge Leute, besonders Studenten, fühlten sich durch seinen Humor und seine geistreiche Unterhaltung zu ihm hingezogen. Auf mich und meinen Bruder hat er einen fürs ganze Leben entscheidenden Einfluss ausgeübt. Er hielt uns im Auge bei unsern Studien, kritisierte mit ebenso großer Sachlichkeit wie treffender Schärfe die Schriftsteller der Zeit; gab uns unschätzbare Belehrungen für den Umgang mit anderen Studenten, machte uns mit pädagogischem Feinsinn aufmerksam auf Gefahren und verkehrte Anschauungen gewisser Lehrer ... und setzte uns in Verbindung mit zuverlässigen, ausgezeichneten Männern... Mir gab er den Anstoß dazu, dass ich später das Ordenskleid nahm.“

Vielleicht fragen wir uns, was Andreas Fey im Letzten bewegt haben mag und ihm die Kraft gab, sich mit so viel Liebe hinzugeben an die ärmsten, schutzlosesten und verlassensten unter den Armen, Kranken, Kindern und Jugendlichen. Er hatte zwar viele natürliche Gaben und ein großes Herz, das offen war für die Menschen um ihn herum. Aber sein Leben war vor allem geprägt von Treue zur Kirche, von starkem Glauben, Gebet und inniger Verbundenheit mit Gott. Tief angerührt war er von der Liebe Gottes, die sich uns offenbart im Geheimnis der Menschwerdung, im Leiden und Sterben Jesu und in der Eucharistie. Diese Liebe Gottes sollten die Menschen erfahren. Er diente in den Kindern dem Kind in der Krippe; er ehrte und liebte den Leidenden und Gekreuzigten in den Armen und Kranken. – Er selbst drückt es in seiner Bescheidenheit schlicht so aus: „Die Kleinen hat Jesus an sein Herz genommen!“

Das Priestertum und der Zölibat

Seit fast vierzig Jahren setzt sich die in Irland geborene Klarissen-Schwester Briege McKenna OSC für die geistliche Erneuerung der Priester ein. Die inzwischen über 60jährige Ordensfrau versteht es, Priestern und Diakonen eine neue Freude an ihrer Berufung zu vermitteln. Zu ihren Exerzitien, die sie in der Regel zusammen mit Father Kevin J. Scallon CM leitet, versammeln sich meist Hunderte von Geistlichen. Sie geht wie kaum jemand anderer auf die heutigen Probleme ein. Unzählige Priester verdanken ihr ihre Bekehrung und einen Neubeginn auf dem Weg ihrer priesterlichen Ideale. Anfang November 2009 hielt Sr. Briege im Rahmen von Exerzitien in Wigratzbad einen Vortrag über den priesterlichen Zölibat, den wir für KIRCHE heute bearbeitet haben.

Von Briege McKenna OSC

Schatz in zerbrechlichen Gefäßen

Seit 1972 übe ich in der ganzen Welt meinen Dienst für die Priester aus. Immer wieder bin ich erstaunt über die unglaublichen Wege, die Gott benützt, um Männer zu Priestern zu berufen. In all den Jahren ist mein Glaube an das Priestertum gewachsen. Heute bin ich mir sehr deutlich bewusst, dass Jesus Männer in seinen Dienst ruft, die nicht vollkommen sind. Aber das Außergewöhnliche ist das Priestertum, das sie besitzen. Das Priestertum selbst ist vollkommen. In diesem Sinn gibt es keine Krise des Priestertums. Denn das Priestertum ist ja das Priestertum Jesu Christi. Allerdings hat er beschlossen, sein Priestertum in tönerne Gefäße zu gießen. „Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen“, wie es der hl. Paulus ausgedrückt hat (2 Kor 4,7).

„Ich habe euch erwählt!“

Im Johannesevangelium finden wir die wunderbaren Worte Jesu: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Joh 15,16). Es sollte ein großer Trost für jeden Priester sein, zu wissen: Nicht ich habe Christus erwählt und es ist nicht mein Priestertum, das ich ausübe, sondern das Priestertum Christi. Der Herr aber erwartet nichts Unmögliches von seinen Priestern. Er setzt die Messlatte nicht so hoch, dass es unmöglich wäre, seinen Auftrag zu erfüllen. Nein – Gott hätte den Priester nie berufen, wenn er ihm nicht auch die Gnaden schenken würde, die er braucht, um seinen Willen auszuführen. Gott kannte jeden Priester von Anfang an. Er weiß alles über ihn, er kennt seine Stärken und seine Schwächen. Und doch hat er ihn erwählt.

Gott zeigt sich durch den Priester

Was sieht Gott, wenn er auf seine Priester schaut? Er sieht in ihnen seinen geliebten Sohn. Durch den Priester kommt Jesus Christus selbst in die Welt, und zwar durch den Priester als Mann. Dazu hat der Priester dem Sohn Gottes in besonderer Weise auch seine Männlichkeit ausgeliehen. Christus darf sie gleichsam in Besitz nehmen, um in diese Welt zurückzukehren. Gott hätte den Menschen auch anders erschaffen können, als geschlechtslose Wesen oder sogar ohne Leib. Doch hat er sich für diesen Weg der Schöpfung und Menschwerdung entschieden. Und so beruft er zu seinen Priestern Männer mit allem, was sie menschlich macht, mit der Schönheit einer menschlichen Sexualität, aber auch mit allen Schwächen. Er erwählt sie aus allen anderen, nicht weil sie ohne Sünden sind, vielmehr streckt er die Hand aus und sagt: „Dich will ich, dich will ich für mich! Ich möchte mich durch dich den anderen zeigen.“

Der Herr löst die Probleme

Vielleicht wendet der Priester ein: „Herr, ich bin ein Sünder!“ Aber der Herr wird antworten: „Ja, das weiß ich.“ Vielleicht fährt der Priester fort: „Ich kann den Zölibat nicht leben, ich habe sexuelle Probleme.“ Und Gott wird wiederum antworten: „Das weiß ich. Aber ich biete dir meine Gnade an. Ich werde dir den Kampf nicht ersparen. Doch wenn du mir nahe bleibst, wirst du zusammen mit mir alle Probleme überwinden, was immer auch auf dich zukommen mag.“

Wenn Jesus zum Priestertum ruft, möchte er ein umfassendes Ja. Ein Teil dieser Antwort besteht auch im Charisma des Zölibats. Jesus sagt: „Schenk mir alles, was dir gehört: deinen freien Willen, deine Männlichkeit, deine menschliche Sexualität, deine Bereitschaft, die mir erlaubt, durch dich zu wirken.“ Und wenn jemand antwortet und sein Versprechen ablegt, nimmt ihn Jesus an und weiht ihn seinem Reich.

Die Kostbarkeit der Sexualität

Die menschliche Sexualität ist wunderschön, wertvoll wie eine kostbare Perle oder wie ein Diamant, sehr zerbrechlich, sehr heilig, sehr mächtig. Wenn man einen solchen Diamanten in einem Ring haben möchte, fasst man ihn in ein ebenso kostbares Material ein.

Ähnlich hat Gott die Sexualität in das Zentrum der Ehe gesetzt. Die christliche Ehe ist ein wunderbares Sakrament, das den Rahmen für Mann und Frau bildet, um ihre Sexualität auszuüben und zu feiern.

Der Priester legt das Zölibatsversprechen nicht deshalb ab, weil die Sexualität etwas Schlechtes wäre. Im Gegenteil, im Blick auf die Schönheit der Sexualität macht er sie Gott zum Geschenk. Er lehnt die Freuden und Vergnügen, die die Ehe mit sich bringt, nicht ab, sondern opfert sie Gott bewusst auf. Er schenkt ihm seine Sexualität, die Intimität einer sexuellen Beziehung sowie eigene Kinder. Aber dafür schenkt ihm Gott seine Weihe, er weiht den Priester und seine Sexualität, damit er auf eine andere, machtvollere Art und Weise das Leben weitergibt.

Gott hat den Zölibat eingeführt

Es ist der Vater der Lüge, der uns sagt, der Zölibat sei nur ein Kirchengesetz. Gott selbst hat den Zölibat eingeführt, und zwar in der Person seines Sohnes, Jesus Christus. Jesus war ein Mann mit einem sexuellen Körper, den er ohne Einschränkung angenommen hat. Aber er blieb jungfräulich und lebte zölibatär. Deshalb ist der Priester dazu aufgerufen, als Mann Christus nachzuahmen und zölibatär zu leben. Dieses Ideal des priesterlichen Zölibats hat der Heilige Geist über die Zeit hinweg in die Kirche hineingelegt.

Im Matthäus-Evangelium gibt Jesus den Grund für das zölibatäre Leben an: Der Berufene lebt diese Form „um des Himmelreiches willen“ (Mt 19,12). Für das Reich Gottes verspricht der Priester die Ehelosigkeit. Die Krise der Katholischen Kirche ist nicht eine Krise des Zölibats. Ich denke, die Krise besteht in der Unfähigkeit, diesen Ruf zu verstehen. Ausgelöst wurde sie durch den großen Angriff auf die menschliche Sexualität, welcher die ganze Gesellschaft in eine schreckliche Krise gestürzt hat. Der Angriff gegen die Ehe und gegen die Schönheit der menschlichen Sexualität aber bedeutet immer auch einen Angriff gegen den Zölibat.

Mit der Liebe Christi lieben

Zölibatär leben heißt nicht, die menschliche Liebe verleugnen. Das wäre ein Widerspruch zum Evangelium Jesu Christi. Wir haben alle ein menschliches Herz, wir sind als Abbild Gottes geschaffen, ihm ähnlich. Und er hat uns aufgetragen, ihn von ganzem Herzen zu lieben und den Nächsten wie uns selbst. Wir können nicht lieben wie Engel, sondern wir lieben mit einem menschlichen Herzen. Der Zölibat ist keine Verleugnung dieser Liebe, sondern er bedeutet eine Weihe dieser Liebe. Der Priester nimmt die Liebe, die Gott in sein Herz eingegossen hat, und dehnt sie mit seiner Gnade immer weiter aus, bis er fähig wird, mit der Liebe Christi zu lieben.

Der hl. Pfarrer von Ars sagte: „Das Priestertum ist die Liebe im Herzen Jesu.“ Was für wunderbare Worte! Wenn der Priester nicht mit diesem Herzen Jesu liebt, wenn er keine Menschlichkeit in sich trägt, können die Menschen in ihm Jesus nicht begegnen.

Zölibat ist keine unterdrückte Sexualität

Als Schwester lebe ich auch zölibatär. Ich habe das Gelübde der Keuschheit abgelegt, aber nicht, weil ich Angst vor meiner Weiblichkeit oder vor Männern hätte. Eine Frau wurde geschaffen, um Kinder zu gebären, um eine Mutter zu sein. Auch als zölibatäre Frau muss ich diese Eigenschaften haben. Würde ich meine weiblichen und mütterlichen Gefühle unterdrücken, wäre ich hartherzig und selbstsüchtig.

Ein emeritierter philippinischer Bischof mit weit über 70 Jahren gestand mir: „Aus Angst habe ich in meinem ganzen Leben zu niemanden gesagt, zu keiner Frau, keinem Mann, keinem Kind: Ich liebe dich.“ Und er bedauerte: „Ich habe meine Diözese sehr streng geführt, ich habe den Buchstaben des Gesetzes erfüllt. Aber ich habe keine Gefühle. Erst jetzt im hohen Alter habe ich erkannt, dass das, was ich gelebt habe, nicht der Zölibat war, sondern unterdrückte Sexualität.“

Ein Priester hat nicht den Zölibat versprochen, weil er Angst vor der Ehe hätte. Im Gegenteil, wenn er nicht ein guter Ehemann oder Vater wäre, dann ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass er ein guter Priester ist.

Der Fluss muss in seinen Ufern bleiben

Der Zölibat ist auch nicht eine Verleugnung der Gefühle für das andere Geschlecht. Es ist ganz normal und gesund, sich von Mädchen und Frauen angezogen zu fühlen. Dies bedeutet nicht, dass ich ihnen nachlaufen muss.

Ein anderes Problem hängt damit zusammen. Das Phänomen der Homosexualität ist ein Mangel in der Charakterformung eines Menschen. Das heißt aber nicht, dass die Person schlecht ist. Als Menschen haben wir aufgrund der Sünde viele Schwächen und Probleme. Aber die Gesellschaft, in der wir leben, versucht uns einzureden, dass es ganz normal sei, sich vom gleichen Geschlecht angezogen zu fühlen. Das ist eine Lüge. Das ist nicht im Plan Gottes. Und trotzdem weiß ich, nachdem ich 40 Jahre mit dem Klerus arbeite, wie viele, auch heiligmäßige Priester mit ihrer homosexuellen Veranlagung kämpfen.

Was sage ich ihnen? Das Einzige, was jedem Priester klar sein muss: Die menschliche Sexualität ist wie ein großer Fluss. Dieser Fluss fließt durch uns alle. Ob wir nun heterosexuell oder homosexuell veranlagt sind. Aber wir müssen uns immer wieder darauf besinnen, dass dieser Fluss innerhalb seiner Ufer bleibt. Wir müssen beten, dass unsere menschliche Sexualität in der Ordnung fließt.

Die Macht des Blutes Christi

Eine bereits verstorbene Mystikerin in Kalifornien, die den besonderen Auftrag hatte, für Priester zu beten, gab den Rat: Wenn ein Priester ein sexuelles Problem hat, sei es auf heterosexueller Ebene mit Frauen oder sei es auf homosexueller Ebene, sollte er sich während der Hl. Messe, in der Privatatmosphäre seines Herzens, vorstellen, vor Jesus zu stehen, und ihn bitten, durch die Macht seines Blutes, das er für ihn vergossen hat, seine sexuellen Triebe in Ordnung zu bringen, damit sein Leben vollkommen mit dem Plan Gottes übereinstimme.

Unzählige Priester werden befreit und finden eine große Freiheit durch die heilige Eucharistie und durch die Beichte.

Gleichzeitig empfehle ich vollkommene Diskretion. Wenn ein Priester öffentlich auf die Kanzel steigt und sagt: „Mein Name ist Jim, ich bin homosexuell und ich bin ein Pfarrer“, so bedeutet dies die totale Verwirrung. Um meine Probleme zu lösen, kann ich im Vertrauen mit Priestern, geistlichen Begleitern oder Freunden sprechen, aber sonst geht es niemanden etwas an.

Klare Weisung der Kirche

Was die Aufnahme von Kandidaten in ein Priesterseminar betrifft, hat die Kirche klare Voraussetzungen festgesetzt. Wenn ein junger Mann käme und sagen würde: „Ich habe eine Verabredung mit einem Mädchen, aber ich glaube, ich möchte Priester werden“, dann müsste man zu ihm sagen: „Nun, wenn Sie mit einer Frau zusammen sind, müssen Sie eine Wahl treffen. Das Priestertum verlangt den Zölibat.“ Wenn aber ein junger Mann käme und sagte: „Ich bin homosexuell, ich möchte Priester sein“, dann ist das eine politische Aussage. Die Katholische Kirche, so wie damals das Militär, nimmt keine Homosexuellen an. Dafür gibt es schwerwiegende Gründe. Wir kennen die Probleme in Amerika und Irland. Es gibt Pädophilie, aber das ist ein ganz kleiner Prozentsatz. Das größte Problem ist die Homosexualität.

In Amerika hatten Schwestern der Mutter Teresa ein ganz besonderes Krankenhaus, das man in der Öffentlichkeit nicht kannte. Es war für Seminaristen und Priester, die an Aids starben. Dies ist geschehen, weil die Bischöfe und die verantwortlichen Priester nicht wachsam waren.

Mann des Gebets

Es ist wirklich möglich, ein gesundes, freies und von Freude erfülltes zölibatäres Leben zu führen. Aber wie? Die erste Voraussetzung ist das Gebet. Der Priester muss ein Mann des Gebets sein. Denn der menschliche Geist, der in uns allen ist, möchte das Fleisch befriedigen. Dies ist ganz normal, aufgrund der ursprünglichen Sünde. Erkennen wir denn nicht, wie leicht es ist, das Fleisch zu befriedigen, und wie oft und immer wieder wir zu solchen Sünden hingezogen werden? Aber wir haben auch den göttlichen Geist. Wenn wir beten, kommt der Geist Gottes und beherrscht unseren menschlichen Geist. Er nimmt all die menschlichen Versuchungen und Kämpfe in Besitz. Es ist für einen Priester unmöglich, in der heutigen Gesellschaft zu leben und allein aus sich heraus ein keusches Leben zu führen. Er braucht das Gebet.

Beichte und Abkehr vom Doppelleben

Ich weiß ein wenig, welche fürchterlichen Dinge auch unter Priestern und Bischöfen geschehen. Sie fallen die ganze Zeit, sie beschäftigen sich mit Pornographie und pflegen alle möglichen sexuellen Beziehungen mit Frauen und Männern. Aber der Grund, warum so etwas passiert, besteht darin, dass sich diese Priester von der göttlichen Gnade entfernt haben. Wozu hat uns Jesus das Sakrament der Beichte geschenkt? Nur so können wir unser Doppelleben aufgeben.

Wenn ich wirklich eine Frau bin, die betet, ist es unmöglich, ein aktives sexuelles Leben zu führen, das meinen Gelübden entgegensteht. Natürlich haben wir immer wieder unsere sexuellen Versuchungen und Kämpfe. Aber gerade deshalb brauchen wir das Gebet und vor allem ein sakramentales Leben. Dann werden wir durch die Macht Christi gestärkt.

Verehrung der Muttergottes

Priester brauchen eine Verehrung der Muttergottes. Es ist wichtig und wesentlich, seine Männlichkeit und seine Sexualität der Muttergottes zu weihen. Dies kann durch die vollkommene Hingabe an Jesus durch Maria nach dem hl. Ludwig Maria von Montfort oder z. B. durch eine Pilgerreise geschehen. Maria liebt die Priester. Sie sind ihre Söhne. Sie haben etwas, was sie mit ihr teilen und was sonst niemand hat. Denn sie sind auserwählt, ihren Sohn gegenwärtig zu setzen. Denken wir an die Vorbereitung, die Gott Maria geschenkt und in ihrem Leben gewirkt hat. Maria war unbefleckt, ganz und gar ohne Sünde. Sie hat mit dem Heiligen Geist mitgewirkt und Jesus empfangen. Die Priester sind nicht ohne Sünde geboren, sie haben all diese Kämpfe, aber Gott hat sie berufen, wie Maria mit dem Heiligen Geist mitzuwirken und in den Sakramenten der Kirche Christus gegenwärtig zu setzen. Marias Aufgabe besteht darin und sie wird alles dafür tun, um die Priester rein zu halten und sie heilig zu machen. Sie beschützt die Priester vor dem Schrecken und dem Schmutz der Sünde, von denen das wunderbare Geschenk der menschlichen Sexualität bedroht ist. Wenn ein Priester sein Leben der Muttergottes weiht, wird er ihren Beistand erfahren. Sie wird ihm helfen, seine Beziehungen zu formen und so zu werden wie ihr Sohn, ein Priester mit dem Herzen Jesu.

Tägliche Entscheidung

Eine Hilfe im zölibatären Leben ist die klare Entscheidung. Der Priester muss jeden Tag ganz bewusst auswählen, was er in sein Leben einbezieht. Im Matthäus-Evangelium heißt es: „Das Auge gibt dem Körper Licht. Wenn dein Auge gesund ist, dann wird dein ganzer Körper hell sein. Wenn aber dein Auge krank ist, dann wird dein ganzer Körper finster sein. Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein!“ (Mt 6,22f).

Der Priester muss sich überlegen, was er liest, was er sich anschaut. Er kann nicht in diese sexuellen Filme gehen. Er muss eine Wahl treffen, womit er sich zur Entspannung beschäftigt. Ich glaube wirklich, dass die normalen sexuellen Kämpfe, diese biologischen Stürme, die sich manchmal im Körper abspielen, noch keine Sünde sind. Aber wenn man sich willentlich für Dinge wie Pornographie z. B. im Internet öffnet, wenn man Dinge länger betrachtet, die zu sexuellen Erregungen führen, beginnt die Sünde. Verschiedene Arten des Vergnügens verlangen von einem Priester die Bereitschaft, eine klare Entscheidung zu treffen: „Nein, das mache ich nicht mit, aufgrund meiner Verpflichtung Christus gegenüber!“

Reinigende Wirkung der Schriftlesung

Ganz wichtig ist für den Priester, in der Heiligen Schrift zu lesen. Durch unsere Augen dringt das Wort Gottes in unser Inneres ein und reinigt uns. Wir sollten jeden Tag eine kleine Stelle aus der Heiligen Schrift nehmen und sie oft lesen. Es wirkt wie ein Filter, der unseren Körper von Dingen freihält, die uns verunreinigen könnten. Das Wort Gottes ist mächtig. Wir müssen nur zulassen, dass es uns berührt. Dasselbe gilt natürlich auch vom Hören des Wortes Gottes.

Ähnlich ist es mit Büchern, die uns inspirieren, z. B. die Lebensbeschreibung von Heiligen. Sie reinigen die Fantasie, die Gedanken und halten uns rein.

Edle Beziehungen

Es gibt viele Laien, die einen wunderbaren Dienst an den Priestern ausüben. Es sind Männer und Frauen, die die Priester lieben und sich für ihre Priester die Heiligkeit wünschen. Das „Jahr des Priesters“ unterstreicht diese Aufgabe der Gläubigen, für die Priester zu beten und sich für ihre Heiligung einzusetzen. Oft sind Frauen bereit, ihr Leben für die Priester hinzugeben. Wenn sie mit den Priestern zusammenarbeiten, setzen sie alles ein, was sie können. Es gab in der Kirche immer diesen Dienst und diese Verantwortung der Frauen.

In der heutigen Welt werden Frauen oft schrecklich missbraucht. Es fehlt an Respekt und oft macht sich Härte gegenüber den Frauen breit. Gerade ein Priester, der Christus gegenwärtig setzt, muss den Frauen immer mit großem Respekt entgegentreten. Er darf sie niemals für seine eigenen Zwecke ausnützen. Dann werden die Frauen auch sein Priestertum respektieren.

Andererseits gibt es viele Evas in der Welt, die sich überhaupt nicht für das Priestertum interessieren, sondern den Priester als menschliches und sexuelles Wesen suchen. Wie viele Priester haben Frauen geheiratet, denen sie geistlichen Beistand geben wollten? Wie viele Priester geraten in sexuelle Beziehungen mit Frauen, die sich gar nicht wirklich um sie kümmern? Oft sind es Frauen, die auf sexueller Ebene von ihren Männern vernachlässigt werden oder geschieden sind. In diesen Fällen muss der Priester sein zölibatäres Leben schützen und klar zum Ausdruck bringen: „Ich bin nicht der Richtige, um Ihnen zu helfen.“

Charisma der Vaterschaft

Eines der Charismen, das Gott dem Priester schenkt, ist das Charisma der Vaterschaft. Oft ist sich der Priester dessen selber nicht bewusst. Die Liebe eines Vaters hat eine große Macht. Deshalb ist es wichtig, dass der Priester um die Ausformung dieses Charismas betet, um die Liebe zu den Menschen, die ihm anvertraut sind. Wenn der Priester Gott bittet: „Herr, bring in meinem Herz die Vaterschaft zur Blüte, die Du mir geschenkt hast!“, so wird er über die Wirkung erstaunt sein. Denn die Menschen erinnern sich nicht an den Priester, der vielleicht sehr orthodox und streng auftritt, sondern an den Priester, der Gott und die Menschen, die zu ihm kommen, liebt. Der hl. Pfarrer von Ars ist dafür ein gutes Beispiel. Ganze Nächte verbrachte er im Gebet. Er hatte sich in die Menschen verliebt und wollte ihr Heil, ihre Rettung. Die Menschen erkennen immer, ob man sie liebt. Wenn es das Motiv der Liebe ist, kann man ihnen auch harte Dinge sagen. Jesus hat an den Pharisäern und Sadduzäern verurteilt, dass sie nur den Buchstaben des Gesetzes kannten, aber nicht den Geist des Gesetzes verstanden. Ein Priester muss um die Fähigkeit beten, das Volk Gottes zu lieben. Dann wird er auch von den Menschen zurückgeliebt und es gibt keinen Platz mehr für Einsamkeit.

„An dir habe ich mein Wohlgefallen“

Ein Priester sollte Gott gegenüber großzügig sein. Es macht keinen Sinn, darauf zu warten, dass der Zölibat abgeschafft wird. Ich bin überzeugt, dass es nicht geschehen wird. Vielmehr darf der Priester darauf bauen, dass der Herr seine Priester ganz besonders liebt. Das macht ihn bereit, den Zölibat nicht aus irgendeinem Grund zu befolgen, sondern die Antwort zu geben: „Jesus, ich lebe zölibatär, weil ich Dich liebe, weil ich Dir nachfolgen will.“ Und er lässt sich von sexuellen Problemen nicht entmutigen, sondern fährt fort: „Herr, ich will rein sein. Ich will dieses Leben mit Dir leben. Ohne Dich kann ich es nicht.“

Außerdem möchte ich sagen: Eine Ehe ist auch kein Bett aus Rosenblättern. Sie ist sehr viel mehr als nur Sexualität. Und es gibt viele verheiratete Menschen, die gezwungen sind, ein zölibatäres Leben zu führen, und die es lieben, aus anderen Gründen. Aber das größte Geschenk, das ein Priester Gott gemacht hat, ist, dass er dem Herrn gegenüber einfach „Ja“ gesagt hat, ohne Bedingungen. Und im Himmel wird der Priester eine Entdeckung machen: Das Paradies ist voll von Frauen, Männern und Kindern, die aufgrund der lebensspendenden Kraft seiner Männlichkeit und geistlichen Vaterschaft im Himmel sind. Der Priester hat mehr Söhne und Töchter, als er es sich je vorstellen kann. Und Gott wird zu ihm sagen: „Komm herein, mein geliebter Sohn, du hast es gut gemacht, an dir habe ich mein Wohlgefallen!“

Geheimnis der Berufung

Bei ihren Einkehrtagen mit Priestern erzählt Schwester Briege McKenna gerne die Berufungsgeschichte von Benny Blumensaat, einem katholischen Priester aus Dänemark. Sein unglaublicher Lebensweg lässt das Geheimnis der priesterlichen Berufung aufleuchten: Es ist Gott selbst, der die Initiative ergreift. Das Wissen um die Erwählung durch den Herrn ist im Leben eines Priesters das wichtigste Fundament für eine fruchtbare und treue Ausübung seines Dienstes. Fr. Benny verwendet bei den Exerzitien, die er selbst anbietet und leitet, nicht zufällig die Psalmen 24 und 32. Sie spiegeln treffend sein eigenes Leben wider: seinen Weg der Bekehrung, die uneingeschränkte Öffnung seines Herzens für Christus, den König des Neuen Bundes, und die Entdeckung einer unbesiegbaren Freude.

Von Briege McKenna OSC

Gott erwählt einen Kriminellen

Es gibt viele Berufungsgeschichten, die eindrucksvoll die Worte Jesu bestätigen: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Joh 15,16). Ein wunderbares Beispiel ist das Leben von Benny Blumensaat, mit dem Fr. Kevin und ich sehr eng befreundet sind. Wir haben ihn als Seminaristen in London kennen gelernt. Wenn ich Zeugnisse von Priestern höre und erfahre, wie sie vor ihrer Berufung gelebt haben, frage ich mich manchmal, wie konnte ein solcher Mensch nur für diesen Dienst auserwählt werden. Ähnlich ging es mir bei Benny. Er ist inzwischen sehr bekannt, aber er war schon früher ein berühmter Mann, aufgrund der unglaublichen Dinge, die er angestellt hatte. Er war einer der größten Verbrecher Dänemarks und ist nun einer der gefragtesten katholischen Priester in seinem Land. Bereits als Jugendlicher raubte Benny Banken aus und war ein Pyromane, also ein zwanghafter Brandstifter, ein pathologischer Krimineller. Mit 16 Jahren saß er das erste Mal im Gefängnis und wurde bis zu seinem 25. Lebensjahr ständig wieder eingesperrt. Man hielt ihn in einer Einrichtung fest, in der Kriminelle, die gleichzeitig geisteskrank sind, 24 Stunden am Tag angekettet sind. Die Verantwortlichen hatten jede Hoffnung aufgegeben. Auch er selbst sah für sein Leben keine Perspektive mehr. Er hatte den Glauben an Gott vollkommen verloren und versuchte sich das Leben zu nehmen.

Die verwandelnde Kraft der Beichte

Eines Tages war ein Priester aus Amerika zu Besuch in Dänemark. Er gehörte dem Orden der „Oblaten der makellosen Jungfrau Maria“ (Oblati Mariae Immaculatae – OMI) an. Die Mutter des damals 20-jährigen Benny bat den Priester, ihren Sohn im Gefängnis zu besuchen. Tatsächlich kam es zu einer Begegnung. Zuerst hatte Benny eine Begegnung abgelehnt, er hatte überhaupt kein Interesse an einem Priester. Doch schließlich willigte er ein, aber nur seiner Mutter zuliebe. Es war kein besonderes Gespräch. Aber als der Priester mit der Mutter von Benny wegging, drehte sich der Priester noch einmal um und sagte: „Bevor ich nach Amerika zurückfahre, Benny, komme ich dich noch einmal besuchen.“

In der darauf folgenden Woche kam der Priester tatsächlich ein zweites Mal vorbei. Von dem Gespräch bezeugt Benny: „Irgendetwas war mit diesem Priester. Er sprach über Jesus in einer Art, wie ich es nie zuvor gehört hatte. Er erzählte von einer Person, die er kannte.“ Schließlich habe ihm der Priester gesagt: „Dieser Jesus liebt dich!“ Und vor der Verabschiedung habe er ihm die Hände aufgelegt.

Offensichtlich war mit Benny etwas Besonderes geschehen. Als er am nächsten Morgen aufwachte, hatte er ein großes Verlangen, zur Beichte zu gehen. Im Gefängnis wollte man dazu keine Erlaubnis geben, denn man machte sich um seinen psychischen Gesundheitszustand Sorgen. Schließlich jedoch willigte die Aufsicht ein. Die Beichte wurde im Leben von Benny zum großen Einschnitt, der ihn ganz und gar verwandelte. Die Gnade hatte mächtig in sein Leben eingegriffen. Geduldig saß er seine restlichen fünf Jahre im Gefängnis ab. Wie seine Umgebung bezeugt, lebte er während dieser Zeit wie ein Mönch.

„Ich will, dass du Priester wirst“

Nach seiner Entlassung musste sich Benny zur sozialen Eingliederung zunächst einer Rehabilitation unterziehen. Eines Tages vernahm er die Stimme Jesu. Er sprach zu ihm: „Benny, ich möchte, dass du Priester wirst!“ Der erstaunte Benny blickte vor zum Tabernakel und fragte sich: „Jesus, was für ein Bischof würde mich denn nehmen?“ Da erhielt er zur Antwort: „Das hat nichts mit dem Bischof zu tun. Ich will, dass du Priester wirst. Geh zum Bischof!“ Also ging er zu seinem Bischof. Dieser wusste natürlich bereits über ihn Bescheid, als er bei ihm ankam. Doch der war ein Mann des Glaubens. Mit keinem Wort erwähnte er die kriminelle Vergangenheit, sondern blickte Benny an und fragte ihn nach seiner Ausbildung. Benny hatte das Gymnasium besucht, aber weiter keine Berufsausbildung gemacht. Da sagte der Bischof in seiner weisen Art: „Geh, lerne einen Beruf! Mach deine Ausbildung, dann kannst du wieder kommen.“ Drei Jahre später war Benny mit allem fertig. Er hatte den Ruf des Herrn nicht vergessen, sondern kehrte zu seinem Bischof zurück. Dieser schickte ihn nach London, um sich dort auf den Priesterberuf vorzubereiten. Heute ist Benny ein Priester, der weit über die Grenzen Dänemarks hinaus bekannt ist und vielen Menschen hilft, den Weg zu Christus zu finden.

Mit dem Glauben und Eifer des Paulus

Voller Energie und Lebendigkeit übt Fr. Benny seinen Priesterberuf aus. Sein pastoraler Dienst erinnert an den Glauben und Eifer des hl. Paulus. Aber er wäre dazu nicht in der Lage, wenn er nicht – wie er selbst betont – nahe beim Herrn bliebe. Oft kontaktiert er auch Fr. Kevin und mich. Häufig nimmt er am Programm der Fürbitte für Priester in Irland teil. Einmal sagte er zu mir: „Wer nicht glaubt, dass der Satan wirklich aktiv daran arbeitet, um Priester zu zerstören, versteht gar nichts.“ Und er bezeugt, wie er selbst ständig seine Zuflucht zu Jesus sucht und ihn um Schutz bittet.

Das Studium der Theologie ist sicher wichtig, vor allem auf dem Weg zum Priestertum, aber es ist nicht das Entscheidende im Leben eines Priesters. Am Beispiel von Fr. Benny wird etwas Anderes sichtbar. Der Herr stellt den Priestern dieselbe Frage wie dem hl. Petrus: „Liebst du mich?“ Die erste Voraussetzung, um ein guter, heiligmäßiger Priester zu sein, ist, Jesus Christus zu lieben, eine persönliche Beziehung zu ihm zu haben, es zuzulassen, dass er zum Zentrum des Lebens wird. Wie schon Papst Johannes Paul II. wiederholt auch Papst Benedikt XVI. immer wieder, wie wichtig es deshalb ist, um eine persönliche Begegnung mit Christus zu beten. Denn, wenn man einmal von ihm ergriffen worden ist, wenn man einmal Jesus Christus wirklich erfahren hat – und dies geschieht nicht immer, dann kann man mit der vollkommenen Hingabe auf den Ruf zum Priestertum antworten.


Zölibat: unverzichtbares geistliches Zeichen

Von Bischof Walter Mixa

Der Bischof von Augsburg, Dr. Walter Mixa, hat die Forderung des neu gewählten Vorsitzenden des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück, nach einer Lockerung des Zölibats zurückgewiesen. „Man könnte erwarten, dass der Vorsitzende des Zentralkomitees angesichts eines zunehmend aggressiven Atheismus und der Verdunstung menschlicher Werte in unserer Gesellschaft andere Sorgen hat als eine neuerliche Debatte über den Zölibat vom Zaun zu brechen“, sagte Mixa.

Die Ehelosigkeit der katholischen Priester sei „ein geistliches Zeichen für die konsequente Nachfolge in der Lebensform Christi, für die totale Hingabe an Gott und die Verfügbarkeit des Priesters für die Kirche und ihre Gläubigen in seiner ganzen Existenz, das nicht allgemeinen Nützlichkeitserwägungen geopfert werden dürfe“, betonte Mixa. Jesus selbst spreche im Matthäus-Evangelium (Kapitel 13) von der „Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“. „Als Bischof würde ich mir wünschen, dass der Präsident des Zentralkomitees sich stärker mit der Frage beschäftigte, wie die moderne Gesellschaft wieder mit dem Geist des christlichen Glaubens durchdrungen werden kann, und sich nicht in fruchtlosen innerkirchlichen Debatten verlieren würde“, kritisierte der Bischof von Augsburg den Vorstoß Glücks. Solche Debatten beschädigten auch die Lebensentscheidung junger Priester, die sich als Zölibatäre in ganzer Freiheit für Gott und die Menschen in ihren vielfältigen Fragen und Nöten auf den Weg machen. Besonders im aktuellen „Jahr der Priester“ sei dies mehr als kontraproduktiv. Eine überwiegende Zahl der Katholiken in der Weltkirche wisse die spezifische Lebensform des Priesters auch heute zu schätzen und sei dankbar dafür, betonte Mixa.

Auftrag Jesu an die Apostel

Die Lehre ist ein wesentlicher Auftrag Jesu an seine Apostel. Dies hob Weihbischof Dr. Andreas Laun von Salzburg bei seinem Festvortrag am 5. Dezember 2009 in Gütersloh anlässlich der Verleihung des diesjährigen Schulbuchpreises hervor. Einerseits entwickelt Laun auf dieser Grundlage die strategischen Ziele eines zeitgemäßen Religionsunterrichts, andererseits umreißt er die Verantwortung der Bischöfe für die Vermittlung des Glaubens an die junge Generation. Dabei geht es ihm sowohl um die Frage nach der Reinheit der Glaubenslehre als auch um die Verpflichtung, diese Lehre in ihrer Schönheit und Liebenswürdigkeit darzustellen.

Von Weihbischof Andreas Laun, Salzburg

Wozu der Schulbuch-Preis?

Jeder, der eine wissenschaftliche Aufgabe angeht, sollte sich zuerst klarmachen: Worin besteht die Frage, auf die ich antworten will? Oder auch nur: Was will ich den Zuhörern oder Lesern sagen? Dasselbe Prinzip gilt für die Predigt und auch für das Schreiben.

Also was ist die Frage? Die Frage ist: Wozu der Schulbuch-Preis? Die Frage setzt andere Fragen voraus: Was ist ein Schulbuch, wozu gibt es Schulbücher, was soll bewertet werden, was ausgezeichnet, in welcher Hinsicht sollen die Autoren angespornt werden, ihr Bestes zu geben?

Die Antwort ist leicht: Es geht nicht um die Aufmachung der Bücher, es geht nicht um den Stil, nicht um die Anordnung des Stoffes, nicht um das Niveau der Darstellung, es geht nicht einmal um das pädagogische Geschick, so wichtig dieses auch ist. Um all das geht es auch, aber nicht primär, in erster Linie geht es um den Inhalt, um die Richtigkeit der Inhalte. Dies gilt für jedes Schulbuch, ganz gleich um welches Fach es sich auch handelt.

Für Religionsbücher heißt das: Ein Religionsbuch soll den Inhalt der christlichen Botschaft richtig darstellen, als Grundlage für den Lehrer, als Informationsquelle für den Schüler. Das ist Sinn und Zweck eines Religionsbuches.

Der Preis soll die Autoren motivieren, die christliche Lehre vom akademischen Modus der Darstellung auf Schülerniveau herunterzubrechen, so dass diese mit Hilfe des Buches diesen Glauben kennen lernen können, unabhängig von der Frage, ob sie ihn in ihrer persönlichen Gottsuche als die Wahrheit annehmen wollen oder auch nicht.

Das Kriterium der Prüfung: der Glaube der Kirche

Wer sich ein Bild von der heutigen Lage machen und eine Diagnose stellen will, muss die heutigen Religionsbücher lesen und das, was er dort findet, an der Norm messen. Die Norm ist selbstverständlich der Glaube der Kirche, ihm müssen die Religionsbücher treu sein. Wie steht es heute mit dieser Treue der Religionsbücher?

Prüft man die deutschsprachigen Religionsbücher des heutigen katholischen Religionsunterrichts, ist das Ergebnis weithin negativ, teilweise sogar niederschmetternd. Denn man findet in bischöflich zugelassenen Büchern Halbwahrheiten, Doppeldeutigkeiten und offene, grobe Irrtümer in Fragen der Glaubenslehre ebenso wie in Fragen der Moral. F. Reckinger hat eine Fülle von haarsträubenden Fehlern in „katholischen“ Religionsbüchern dokumentiert, ohne dass die Reaktion der Verantwortlichen darauf angemessen eingegangen wäre! In keinem anderen Fach würden die Behörden und auch die Öffentlichkeit der Eltern ein schwerwiegend fehlerhaftes Lehrmaterial dulden! Aber in der Kirche scheint es möglich zu sein, weil, man muss es offen sagen, viele Hirten schlafen und sie schweigen! Gregor der Große beklagt mit Nachdruck das Schweigen der Bischöfe: „Unser Schweigen könnte vor dem gerechten Richter zu unserem Ankläger werden!“ Und: „Das Stummsein des Hirten schadet manchmal ihm selbst, immer aber den Untergebenen.“ Und: „Die uns Anvertrauten verlassen Gott, und wir schweigen!“[1]

Verharmlosung und Schönreden der Irrtümer

Eine typische Reaktion auf die Benennung solcher Missstände ist die Verharmlosung, etwa so: „Ein Schulbuch ist kein Lehrbuch der Dogmatik, man darf in einem Schulbuch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen!“

Eine andere Verteidigungsstrategie sucht aus der Not eine Tugend zu machen: Man müsse, sagt man, die Schüler konfrontieren mit dem, was in der Gesellschaft heute gedacht wird, denn nur so könne man sie anleiten, sich eine persönliche Meinung zu bilden!

Aber ist die eigene, vom Glauben der Kirche abweichende Meinung ein Lehrziel des Religionsunterrichtes? Lehrziel des Unterrichtes muss es sein, dass der Schüler die katholische Lehre kennt, und Wunschziel ist dabei, dass er sie auch annimmt im Akt des Glaubens, aber ob er diesen setzt, ist und bleibt seiner Freiheit im persönlichen Dialog mit Gott vorbehalten. Nur wenn der Schüler auch gläubig ist oder gläubig wird, kommt seine „eigene Meinung“ ins Spiel, indem sein Glaube, der Glaube der Kirche, durch seine persönliche Entscheidung zur „eigenen Meinung“ wird.

Schlechte Argumente – eine Gefahr für den Glauben

Schlechte, vom Glauben abweichende Religionsbücher leiden auch an schlechten Argumenten! Schlechte Argumente und Begründungen gefährden den Glauben, sie verhindern ihn oder führen zum Glaubensverlust. Wenn der Religionslehrer oder das Buch Jesus als „netten Burschen“ oder als „Sozialreformer“ darzustellen versuchen, muss der Jugendliche ein Esel sein, wenn er glauben soll, Jesus wäre der Sohn Gottes gewesen (so D. von Hildebrand). Die Folge ist, er wird sich von der Religion ganz abwenden. Ebenso, wenn die Auferstehung als „Mythos“ erklärt wird!

E. Ringel, ein österreichischer Psychiater, schrieb vor Jahren ein Buch mit dem treffenden Titel: „Religionsverlust durch religiöse Erziehung“. Wenn Ringel auch nicht in all seinen Beispielen Recht hatte, in vielem hatte er Recht und der Buchtitel benennt eine reale Gefahr.

Thomas von Aquin sagte: Wenn man schlechte Argumente für Glaubenswahrheiten anführt, meint der Hörer, dies seien die Gründe für die Christen, zu glauben. Wenn er aber die Schwäche der Argumente durchschaut, lehnt er den Glauben folgerichtig ab!

Ein dramatisches Beispiel für diese Zusammenhänge ist R. Dawkins: Er sei, wird berichtet, gläubig gewesen, bis sich ein Mitstudent wegen der Geschichte mit der „Rippe“ in der Schöpfungsgeschichte über ihn lustig machte und ihm ein Skelett zeigte, dem natürlich keine Rippe fehlte! Der Schock, den der kindliche Glaube Dawkins und sein Stolz dabei erlitten, sei Anlass für ihn gewesen, den Glauben über Bord zu werfen – und die Folgen sind bekannt.

Der Fluch des Paulus

Was würde Paulus angesichts der Lage der Religionsbücher heute sagen, was über die Religionslehrer mit ihren „ehrlichen“, dem Zeitgeist entnommenen „eigenen Meinungen“? Wie würde er über die bischöflichen Approbationen urteilen? Paulus würde in etwa das sagen, was er auch den Galatern schrieb: „Ich bin erstaunt, dass ihr euch so schnell von der Kirche abwendet und euch eine ‚eigene‘ Meinung über das Evangelium bildet, abweichend von der Kirche Gottes! Doch es gibt kein anderes Evangelium als das der Kirche Jesu Christi, es gibt nur einige Ideologen, die euch verwirren und in die Irre führen. Aber wer euch ein anderes Evangelium verkündigt als das Evangelium Jesu Christi und anstatt dessen moderne Ideologien, der sei verflucht, auch wenn es ein Bischof, Religionslehrer oder der Autor eines Religionsbuches wäre!“ (vgl. 1,6ff). 

Glaube als Heilsfrage

Für Paulus gab es nicht den geringsten Zweifel: Es ist eine schwere moralische Verpflichtung der Bischöfe, ihr Wächteramt auszuüben, wie es Ezechiel anschaulich beschrieben hat (33,1-9), es gilt, gegen alle „Wunsch-Lehren“ die gesunde Lehre (2 Tim 4,1-4) zu verteidigen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil es dabei um das Heil der Menschen geht! (Röm 10,9).

Wie findet man diesen rettenden Glauben? „Im Wort Christi“, sagt Paulus (Röm 10,17). „Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden“ (Röm 10,13). Diese Verbindung von „Anrufen des Herrn“ und „Rettung“ löst bei Paulus eine logische Kaskade von leidenschaftlichen Sätzen aus:

• „Wie sollen sie nun den anrufen, an den sie nicht glauben?

• Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben?

• Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündigt?

• Wie soll aber jemand verkündigen, wenn er nicht gesandt ist?“ (Röm 10,14f)

Ab dem 2. Satz könnte Paulus heute so schreiben:

• Wie sollen sie an den glauben, von dem sie im Religionsunterricht nichts gehört und in den Religionsbüchern nichts gelesen haben?

• Wie sollen sie ihn hören, wenn der Religionslehrer den Glauben nicht verkündigt?

• Wie soll der Religionslehrer den Glauben verkündigen, wenn er ihn selbst nicht kennt oder nur teilweise für wahr hält?

• Wie soll er ihn kennen, wenn er ihn an der Hochschule nicht gelernt hat?

• Wie soll er ihn dort lernen, wenn die Professoren Irrlehrer sind?

• Wie soll der wirklich katholische Religionslehrer den Glauben lehren, wenn die offiziellen, approbierten Bücher ihn eher behindern, als ihm helfen?

• Wie sollen die Schüler den Glauben kennen, wenn er auch im Religionsbuch nicht zu finden ist?

• Wie soll der wahre Glauben in den Religionsbüchern stehen, wenn die Autoren selbst auch nicht wirklich glauben?

• Wie soll es gute Bücher geben, wenn nicht gläubige Autoren beauftragt werden?

• Wie sollen die schlechten Bücher verschwinden, wenn die Hirten schweigen und untätig bleiben? „Schweigende Bischöfe“ nennt Katarina von Siena „stumme Hunde“.

Auftrag der „Wächter“ ist es vor allem, hinzuschauen, was geschieht und was in den Büchern steht, sich ein Urteil zu bilden und zu handeln. Sie sollten weder die Medien noch den Widerstand und Aufschrei ihrer Mitarbeiter fürchten, sondern einzig das Gericht Gottes angesichts ihrer Verantwortung für die nachwachsende Generation. Dies umso mehr, wenn man bedenkt: Bücher zu beurteilen, ist viel leichter, als Menschen zu werten! Zudem befinden wir uns heute in der historisch ziemlich einmaligen Situation, dass die Kirche mit dem Religionsunterricht in die Schule gehen kann, ihre Lehrer und auch die Bücher in Österreich vom Staat bezahlt werden! Wie lange dies noch möglich sein wird ohne Bevormundung des Staates, die sich ohnehin mehr und mehr anbahnt, weiß niemand. Die Kirche sollte die ihr verbleibende Zeit nützen!

Heilende Eifersucht?

Angesichts der verbreiteten Untreue gegenüber der Lehre und der Gleichgültigkeit bezüglich der Wahrheit in den Religionsbüchern schmerzt es, zu sehen, mit welcher Radikalität manch andere christliche Gruppen und auch einzelne innerkirchliche Gemeinschaften alles daran setzen, dem Evangelium treu zu bleiben.

Könnte es sein, dass Gott seine Kirche auf diesen Eifer „eifersüchtig“ machen und dadurch kirchliche Verstockung aufbrechen will, ähnlich wie es Paulus bezüglich der Juden vorhersagt und sich dabei auf Mose und Jesaja berufen kann? (Röm 10,19-11,1).

Die Herrlichkeit des Herrn

Ein wesentliches Element der Richtigkeit der Glaubensvermittlung ist das Licht, in dem wir die Inhalte des Glaubens aufleuchten lassen. Neulich erst stellte mir ein Jugendlicher die Frage: „Wie kann man die Sonntags-Messe schmackhaft machen?“ Abgesehen von dem hier nicht passenden Begriff „schmackhaft“, der eher an „Schnitzel und Kuchen“ denken lässt als an die Hl. Messe: Was zieht die Menschen zu Gott, was zur Hl. Messe? Die richtige, biblische Antwort lautet wohl: Es ist die Herrlichkeit des Herrn! Die Bibel spricht an vielen Stellen von der „Herrlichkeit des Herrn“, dem anziehenden, überwältigenden Glanz, der von Gott ausgeht, den der suchende, nach Gott dürstende  Mensch intuitiv als sein Heil und Glück begreift. So stellt sich nur noch die Frage: Wie können wir die „Herrlichkeit des Herrn“ sichtbar machen?

Mancher mag einwenden, es sei völlig realitätsfremd und darum lächerlich, dass die Herrlichkeit des Herrn das entscheidende Motiv für den Glauben und es Aufgabe des Religionsunterrichts sein könne, sie sichtbar zu machen. Ja, oft ist der Religionsunterricht harte, mühsame, scheinbar sinnlose Arbeit.

Und doch sollte man wider allen Kleinglauben an die vielen, einschlägigen Stellen der Heiligen Schrift denken, etwa wenn es bei dem Propheten Baruch heißt: „Leg ab, Jerusalem, das Kleid deiner Trauer und deines Elends, und bekleide dich mit dem Schmuck der Herrlichkeit, die Gott dir für immer verleiht. Leg den Mantel der göttlichen Gerechtigkeit an; setz dir die Krone der Herrlichkeit des Ewigen aufs Haupt! Denn Gott will deinen Glanz dem ganzen Erdkreis unter dem Himmel zeigen. … Und sieh deine Kinder: Vom Untergang der Sonne bis zum Aufgang hat das Wort des Heiligen sie gesammelt. Sie freuen sich, dass Gott an sie gedacht hat“ (5,1-5).

Wie die Einladung zu einem Fest

Wenn Ezechiel beschreibt, wie „die Herrlichkeit des Herrn in den Tempel einzieht“ (43,1ff), könnte man denken: „in die Herzen der Schüler, der Leser, der Zuhörer“, um deren Glauben es geht. Genauso kann man an das Festmahl erinnern, von dem Jesaja (25,6) spricht – und viele andere, ähnlich lautende biblische Texte.

Dasselbe findet sich bei den Meistern des geistlichen Lebens: „Voluptate trahimur“, sagt Augustinus, um auszudrücken, dass uns der Glaube ein geistliches Vergnügen bereiten muss, von dem wir angezogen werden. Und bei Franz von Sales heißt es: „Freude und Lust sind die eigentlichen Bande des menschlichen Willens. Kaum wirft das Glaubenslicht den Glanz der Wahrheit in unseren Verstand, so empfindet unser Wille sofort die heilige Wärme himmlischer Liebe.“[2] Hohe Mystik? Ja, aber auch ein Grundprinzip der Psychologie, das keiner, der predigt oder lehrt, aus dem Auge verlieren darf!

Die Aufgabe der Bischöfe

Die Aufgabe, für die Lehre zu sorgen, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Bischöfe. Sie können und müssen sich dazu Helfer suchen, aber zur Gänze delegieren können sie sie nicht. Sie ist und bleibt ihre Verantwortung vor Gott. Dass sie auch bei der Erfüllung dieser Aufgabe das Empfinden haben, wie Lämmer unter den Wölfen zu sein, darf sie nicht überraschen! Dass es trotz allem Bemühen ebenso wenig den ganz und gar „reinen“ Religionsunterricht gibt, wie die „reine Kirche“, ist bei all dem unbestritten!

Die strategischen Ziele des Unterrichts und der Religionsbücher sollten sein:

• Dass die Lehre ohne Abstriche und ohne Zutaten richtig dargestellt wird.

• Dass die Lehre zwar in verständlicher, einfacher Sprache dargelegt wird, doch nicht mit vielleicht bequemen, aber falschen Argumenten, die den   Glauben in Misskredit bringen.

• Dass die Lehre in ihrer Schönheit, in ihrer Liebenswürdigkeit und wie eine Einladung zu einem Fest dargelegt wird und nicht wie ein geschliffenes Messer.

Leitbild von Reinhold Schneider

Zum Schluss möchte ich Reinhold Schneider zitieren, der dem Dominikaner Las Casas in seinem Kampf um die Rechte der Indios gegenüber Kaiser Karl V. Worte in den Mund legt, die zeitlos gültig sind und sich auf viele andere Situationen „anwenden“ lassen:

„Herr, dein Volk ist krank, lass es gesunden! Zerbrich das Unrecht, in dem es erstickt. Und was es immer kosten wolle, zögere nicht; denn das will Gott von dir. Vielleicht ist jetzt die Stunde da, in der Gott ein sehr großes Opfer von dir fordert; bringe es, Herr. Frage nicht, wie die Welt es dir entgelten wird und ob deine Feinde es sich zunutze machen, vertraue auf Gott. Wir kennen seine Wege nicht, wir kennen nur ein Gesetz, dem müssen wir uns beugen. Und was den Menschen als Torheit erscheint, das ist vielleicht die letzte Weisheit. Du fürchtest die Folgen, Herr, wenn du das Unrecht ausrottest und das Recht wieder herstellst. Fürchte sie nicht, vertraue nur und stütze dich auf das Gebet. Wir werden nicht aufhören zu beten, und wenn dein Volk wieder gesund wird, hast du dann nicht Gewinn genug? Gib die Indios frei, setze ihre Fürsten wieder ein, deren Rechte ehrwürdig sind wie die deinen. Lass dein Volk erkennen, dass sie Gottes Ebenbild sind und Achtung verdienen. Das soll deine Tat sein, und sie wird nicht vergessen werden und sie wird dir und Spanien ewigen Ruhm bringen. Jetzt musst du es tun und zeigen, dass du allein Gottes, nicht der Menschen und deines Reiches Diener bist und ein König, weil dein Sinn höher ist als der anderer Menschen. Frage niemanden, frage nur dich selbst, frage dein Leiden und deine Sorge und deine Not. Frage deine Liebe und dein Gewissen. Aber wenn du lauschen willst, Herr, vernimmst du vielleicht die Stimme des Lenkers der Geschichte, der dich und deine Krone und dein Land in diesem Augenblick als Werkzeug gebrauchen und sein Reich ausbreiten will durch dich!“[3]


[1] Vgl. Lektionar zum Stundenbuch, Heft 7, 21.-27. Woche im Jahreskreis, Erste Jahresreihe, S. 117f.
[2]
Franz von Sales: Theotimus I, 12 und I, 15.
[3]
R. Schneider: Las Casas vor Karl V. (Hg. E. Landau), Frankfurt 1990, 122-123.


 

 

In eigener Sache? Nein, in der Sache Gottes!

Die Religionsbuch-Reihe „Glaube und Leben“ kann als einzigartige Darstellung der katholischen Glaubenslehre bezeichnet werden. Ursprünglich sollte Weihbischof Dr. Andreas Laun das Projekt nur korrigierend begleiten, doch schließlich wurde er zum alleinigen Verfasser. Nun liegt auch der 8. und letzte Band der Reihe vor, die Joachim Kardinal Meisner am 10. November 2009 bereits offiziell für den Religionsunterricht an den Schulen im Erzbistum Köln zugelassen und empfohlen hat.

Von Weihbischof Andreas Laun

Der Glaube verdunstet, sagt man, und man sieht es an den leeren Kirchen. Was sind die Ursachen? Eine Standardantwort verweist auf die äußeren Feinde der Kirche und ihres Glaubens, die mehr oder weniger deutlich atheistischen Ideologien und ihre Macht in den Medien. Das stimmt, aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Denn neben dem äußeren Glaubensfeind gibt es auch den Feind im Inneren der Kirche, der einerseits dem glaubenfeindlichen Zeitgeist die Türe öffnet und der andererseits den Glauben nicht verkündet, ihn dadurch verhungern lässt oder einen anderen „Glauben“ als den der Kirche lehrt. Paulus klagt: „Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündigt? Wie soll aber jemand verkündigen, wenn er nicht gesandt ist?“ (Röm 10,14-16). Die Klage des Paulus könnte man ins Heute so übersetzen: „Wie sollen die Jugendlichen glauben, wenn die Eltern schweigen, weil sie selbst den Glauben verloren haben? Wie sollen sie glauben, wenn der Glaube der Kirche nicht einmal in den Religionsbüchern steht? Wie sollen sie glauben, wenn es zwar „gesendete“ Religionslehrer gibt, diese aber den Glauben nur zeitgeistig verstümmelt vorlegen und oft mehr ihre Meinung vortragen statt der Lehre der Kirche? Und wie sollen sie glauben, wenn die Verantwortlichen zu all dem schweigen und untätig bleiben?“ Pauschale Verurteilung? Nein, es gibt gute Verantwortungsträger, es gibt wirklich katholische Religionslehrer, es gibt auch gute Bücher! Aber zugleich bleibt wahr, dass es auch die „Anderen“ gibt, die nicht sehen oder nicht sehen wollen, die darum schweigen und untätig bleiben, diejenigen, die auf Grund ihrer Missio“ „Gesandte“ im paulinischen Sinn sein sollten, aber in Wirklichkeit ihre Identität definieren als „Ich bin katholisch, aber“ und im „Aber“ ihren zeitgeistig bedingten Unglauben und Ungehorsam verstecken. Und zudem sind da auch noch jene Bücher, auf denen „Religion“ steht, aber nicht mehr unverfälscht „drin“ enthalten ist! Aber gibt es nicht auch in diesen Büchern viel Gutes? Ja natürlich, aber zuviel Salz verdirbt die Suppe und macht sie ungenießbar, und der Verweis auf das gute Fleisch und Biogemüse in ihr ändert daran nichts! Also nochmals im Sinn des hl. Paulus: Wie soll die Jugend glauben, wenn sie weder hört noch liest, was die Kirche ihr sagen will, und wenn niemand dafür kämpft, damit sie es hören und lesen kann?

Das ist die Not, auf die die Religionsbuch-Reihe „Glaube und Leben“ antworten will und antwortet: von Kardinal Schönborn gelobt, von Kardinal Meisner bereits approbiert.

Vor kurzem erschien der letzte Band der Serie, konzipiert als eine Art „Video“, in dem die Geschichte Gottes mit den Menschen und die Geschichte der Menschen mit Gott erzählt wird. Darum beginnen fast alle Kapitel mit dem Wort Gott! Denn es geht um Gott, geradezu nur um Gott und Seine Beziehung zu den Menschen. Zudem soll das Buch Orientierung geben, Antworten auf die Fragen, die das Leben stellt, Antworten auf die Fragen, die die den modernen Menschen umgebende Gesellschaft aufwirft.

Vielleicht ein passendes Geschenk für Ihre Kinder und Enkelkinder, oder für Religionslehrer und andere, die im Dienst der Verkündigung stehen? Die jugendlichen Leser werden nicht von heute auf morgen gläubig werden, aber vielleicht manche doch? Gott wird uns nicht nach dem Erfolg fragen, aber danach, ob wir das uns Mögliche versucht haben. Unsere Verantwortung besteht nur darin, dafür zu sorgen, dass die Jugend den Glauben im Beispiel sieht, im Wort hört, im Buch auch lesen kann. Die Antwort ihres Glaubens oder ihres Unglaubens ist und bleibt ihrer Freiheit anheim gegeben, Frucht des Dialoges zwischen der Gnade Gottes und dem Gewissen des Menschen.

Herausgeber/Bestelladresse: Referat für Ehe und Familie der Erzdiözese Salzburg, Dreifaltigkeitsgasse 12, A-5020 Salzburg, Tel. 0043(0)662-879613, Fax: 0043(0)662-8754494, E-Mail: ehe@familie.kirchen.net – Internet: www.familie.kirchen.net oder www.glaube-und-leben.at

Der Kampf um die Ausrichtung des Religionsunterrichts

Vor 20 Jahren wurde der „Arbeitskreis Theologie und Katechese“ ins Leben gerufen. Maßgeblich wirkte dabei Dr. François Reckinger mit. Anlässlich der Vorstellung des 8. Bandes der Religionsbuch-Reihe „Glaube und Leben“ von Weihbischof Dr. Andreas Laun blickte Reckinger in einem Festvortrag auf diese Zeit zurück. Was er zu berichten weiß, ist ein aufrüttelndes, z.T. auch erschütterndes Zeugnis. Er dankt Gott „für die 20 bewegten und dennoch auch schönen Jahre“, gesteht aber zugleich ein: „Wir sind arm an aufweisbaren Erfolgen.“ Doch erinnert er an den hl. Paulus, der uns sagt, „dass in unserer Schwachheit die Kraft Gottes zur Vollendung kommt“.

Von François Reckinger

ATK“ ist die Abkürzung für den „Arbeitskreis Theologie und Katechese“, an dessen Gründung Ende 1989 ich entscheidend beteiligt war. Über die Zielsetzung und das Wirken dieses Kreises will ich kurz berichten und dabei auch auf unsere Zusammenarbeit mit Herrn Weihbischof Laun in Bezug auf sein eben zur Vollendung gelangtes Religionsbuch eingehen.

Von 1986-1992 war ich als Referent für Fragen der Glaubenslehre im Erzbistum Köln tätig. Ende 1986 veranlasste mich die besorgte Anfrage mehrerer Lehrerinnen, mir einige der damals neu in Umlauf gekommenen Religionsbücher anzusehen. Ich erkannte sehr schnell, dass die betreffenden Damen Recht hatten mit ihrer Überzeugung, diese Bücher nicht guten Gewissens benutzen zu können.

Zu den damals untersuchten Büchern

Es handelte sich u. a. um die beiden ersten Bände des Religionsbuches von Hubertus Halbfas, die wenige Jahre davor erschienen waren. In seiner „Fundamentalkatechetik“ von 1968 hatte dieser Autor nicht nur jegliches wirkliche Wunder bestritten, sondern sich auch zu einem pantheistisch verbrämten Atheismus bekannt: „‚Gott an sich‘ gibt es nicht. Gott ist der Grund allen Seins. Es gibt kein Ding … kein Ereignis, kurz: keine Wirklichkeit, in der er nicht begegnen könnte… Von Gott sprechen heißt, von dieser Welt und dem eigenen Leben sprechen“ (198f; 207).

Wenigstens jene, die das wussten, konnten spätestens im Band für das zweite Schuljahr die genannte Position erkennen, wenn es da heißt, „zu Tisch beten“ bestünde darin, zu sehen, was da steht; es sich schmecken zu lassen; denen zu danken, die das Mahl bereitet haben. Und dann wörtlich: „Dies alles … fassen wir zusammen, wenn wir ‚Gott‘ sagen“ (54). Wegen derartiger Ansichten war dem Autor bereits Ende der sechziger Jahre die kirchliche Lehrbefugnis entzogen worden. Es ist unbegreiflich, dass er dennoch seither, all die Jahrzehnte hindurch, sein Religionsbuch als Bestseller verbreiten und durch Vorträge in den Diözesen Generationen von Religionslehrern prägen durfte.

Den geschichtlichen Ereignissen an dieser Stelle etwas vorgreifend kann ich berichten, dass wir, meine Mitarbeiter und ich, nach Gründung des ATK, die weiteren Bände des Halbfas-Buches kurz nach ihrem Erscheinen untersucht und eine Gesamtstellungnahme dazu erstellt haben. Beim letzten Band allerdings konnten wir uns die entsprechende Mühe ersparen, weil dazu eine Rezension von Prof. Manfred Hauke in Forum Katholische Theologie 1993 (75-78) uns zuvorgekommen ist, aus der wir dann nur zu zitieren brauchten. Auch er hat in diesem letzten Band dieselbe pantheistische Einstellung des Autors diagnostiziert wie wir in den vorhergehenden Bänden. Hauke beschließt seine Rezension auf eine in wissenschaftlichen Zeitschriften unübliche Weise: mit einem Hinweis auf das Wort Jesu bei Mk 9,42: „Wer einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.“ Aber auch das hat nichts gefruchtet (s. dazu unsere Stellungnahme 1.06).

Zu den von mir Ende der achtziger Jahre untersuchten Religionsbüchern gehörten auch die beiden ersten von den drei Bänden der Reihe: „Religion – Sekundarstufe I“ (mit den Einzeltiteln: Zeit der Freude; Wege des Glaubens; Zeichen der Hoffnung), für die Werner Trutwin und zwei weitere Autoren verantwortlich zeichneten (1987; 1988; 1989). Inzwischen gibt es davon eine Neuausgabe von 2005. Das hier von den Anfängen des ATK zu Berichtende bezieht sich naturgemäß auf die damals vorliegende Ausgabe, die auch ihrerseits schon eine Neuausgabe darstellte.

Hier scheint Gott sehr wohl als personal im Sinn des Christentums verstanden zu werden. Aber nahezu alles andere wird weggedeutet, insbesondere die Wunder, einschließlich der angeblich als „nichtbiologisch“ zu verstehenden Jungfrauengeburt und der Auferstehung Jesu. Von den Wundern insgesamt heißt es, sie seien entweder „ganz alltägliche Ereignisse“ oder aber „ganz wunderbare Ereignisse“, d. h. „Dinge, die sonst in unserem Leben nicht so leicht vorkommen“. Die davon berichtenden „Geschichten wollen unser Herz ansprechen … Wenn im Mittelpunkt solcher Geschichten ein Heiliger steht, nennen wir sie ‚Legenden‘“ (I, 140f). Damit werden alle Wunderberichte ins Legendäre verwiesen. Vernunftgemäße historische Kritik dagegen unterscheidet gerade zwischen Legenden einerseits und glaubwürdigen Berichten andererseits, bei Wundern genau wie bei anderen Ereignissen.

Dass die Wunderberichte der Evangelien im Wesentlichen historisch glaubwürdig sind, wird insbesondere durch die Tatsache erhärtet, dass es in der Neuzeit und insbesondere in den beiden letzten Jahrhunderten eine Menge ähnlicher Ereignisse gibt, die durch strenge kirchliche Überprüfungen gesichert sind. Theologen, die die Wunder wegdeuten, machen in der Regel um diese neuzeitlichen Wunder herum einen Bogen wie die Katze um den heißen Brei. Trutwin und seine Mitautoren reagieren demgegenüber noch etwas plumper. Bei ihnen erscheint einmal Lourdes und die dortige Quelle, der man, wie es wörtlich heißt, „heilende Wirkungen zuschreibt“ (II, 197). Doch diese Aussage ist vollkommen verfehlt. Das Wasser von Lourdes ist hundertmal untersucht und als gewöhnliches Wasser ohne heilende Wirkungen erwiesen. Die Heilungen aber geschehen teils unter dem zeichenhaften Gebrauch des Wassers, teils völlig unabhängig davon. Zur Aussage über Lourdes bei Trutwin ist noch deren Kontext zu benennen. Sie steht in einem Witz von Tünnes und Schäl: ein Zeichen, wie ernst die Autoren das Thema nehmen.

Als Beispiel eines „alltäglichen Ereignisses“, das ein „Wunder“ sein soll, führt das Buch den brennenden Dornbusch des Mose an (I, 55.60). Eine solche Irreführung wird dadurch ermöglicht, dass der Text des Buches nur vom Brennen des Dornbuschs spricht, den entscheidenden Zusatz der biblischen Erzählung jedoch unterschlägt, nämlich die Aussage, dass er dabei nicht verbrannte. Das ist schändlicher Betrug und Verdummung der Kinder und anderer Leser. Doch der Lehrbuchkommission war es offenbar recht (oder hat es dort niemand gelesen?) – und die Bischöfe haben es zugelassen.

Nachdem ich mir damals die beiden genannten Lehrbücher und dazu noch ein drittes, „Exodus“ betiteltes, angesehen hatte, habe ich darüber ein Gutachten erstellt und es meinem Chef, dem für Glaubensfragen zuständigen Weihbischof und Bischofsvikar übergeben. Er meinte dazu, wir seien in dieser Sache innerhalb der Diözese gar nicht zuständig, da die Lehrbuchkommission von der Bischofskonferenz abhinge. Aber er hat das Gutachten an einen bischöflichen Mitbruder weitergeleitet, der innerhalb der Konferenz für derartige Fragen besonders zuständig war, und nachdem von dorther lange Zeit hindurch keine Antwort gekommen war, eine Kopie davon an einen anderen, ebenfalls besonders zuständigen Bischof.

Als nach Monaten wieder keine Antwort erfolgt war, erklärte ich meinem Chef, ich würde jetzt den Text des Gutachtens überarbeiten, leicht ergänzen und dann in eigener Verantwortung unter meinem Namen veröffentlichen. Er verhielt sich dazu wohlwollend neutral, und der Text erschien im Frühjahr 1989 als Broschüre unter dem Titel „Verfälschung des Glaubens. Was derzeit alles in Religionsbüchern steht“. Am Ende der Broschüre rief ich zur Bildung eines Arbeitskreises auf, der die von mir begonnene Arbeit der kritischen Bewertung von Religionsbüchern und ähnlichen Materialien fortführen würde.

Die Reaktion auf die Veröffentlichung war heftig: Beschimpfungen und Drohungen, nicht nur mit kirchlichen Maßnahmen, wie die Gesprächspartner oder Briefschreiber sie herbeiwünschten – einer drohte sogar, völlig gegenstandslos, mit einer Klage „vor dem Kadi“, wie er wörtlich schrieb.

Aber der Arbeitskreis kam zustande. Ende 1989 erfolgte die Gründungssitzung mit ca. 25 Personen, Anfang 1990 die Registrierung als e.V. Seither konnten wir uns – mitunter nur mit Mühe und Not, durchgehend jedoch mit Gottes Hilfe – sowohl geistig als auch materiell und technisch über Wasser halten. Meine Broschüre von 1989 mit eingeschlossen, haben wir Stellungnahmen zu insgesamt 16 schulischen Religionsbüchern herausgebracht, ferner zu 8 Erstkommunion- und Beichtkursen, 6 Firmkursen, 5 Materialien und Initiativen zum Bereich Sexualität und Lebensschutz sowie 7 zu Themen unterschiedlicher Art.

Beispiele von Stellungnahmen aus neuerer Zeit

Wie gut es war, dass wir auch die Schriften zur Sakramentenvorbereitung mit einbezogen haben, beweist u. a. ein weit verbreitetes Machwerk aus diesem Bereich, auf das wir dabei gestoßen sind: Frank Reintgen und Klaus Vellguth, „Menschen – Leben – Träume. Der Firmkurs“, 2001 erschienen, von uns 2002 bewertet, Anfang 2009 in Neuausgabe erschienen. In der Erstausgabe haben wir festgestellt: wiederholte Gotteslästerung, Zurückweisung jeglicher Offenbarung, Gleichstellung aller Religionen, Plädoyer für eine neue Kirche, die nicht katholisch, sondern kreativ-revolutionär sein soll; Verhöhnung u. a. der Jungfrauengeburt, der Beichte, der christlichen Morallehre, vor allem der Sexualmoral; Empfehlung der Onanie und des Kondoms; Anleitung zur Unbußfertigkeit bis zum Tod, mit einem Text, der den letzten Tag im Leben mit Haschisch-Rauchen und Geschlechtsverkehr mit dem „Freund“ angefüllt sieht (11); und schließlich die Hinführung zur satanischen Sünde der Selbstvergötterung, mit der eingerahmten Aussage: „Ich sah meinen Gott mit dem Auge des Herzens. Ich fragte: ‚Wer bist du?‘ Er antwortete: ‚Du selbst!‘“ (36) (s. unsere Stellungnahme 3.05).

Dass das Erscheinen, die Verbreitung und die Benutzung eines solchen Buches möglich war, ohne einen Sturm der Entrüstung und des Widerstandes auszulösen, und dass unentwegt weiter Jugendliche gefirmt werden, die mit Hilfe des Buches vorbereitet wurden, beweist, wie weit das Wirken Satans und die Zersetzung der Kirche in unserem Sprachbereich fortgeschritten ist. Auf eine etwas andere Weise wird dieselbe finstere Macht in einigen schulischen Religionsbüchern greifbar. In „Religion vernetzt“, für die Jahrgänge 5-10 an Gymnasien, 2004-2008 von Hans Mendl und Markus Schiefer Ferrari herausgegeben, wird die Paradiesesschlange – die aufgrund von Offenbarung 12 für die gesamte christliche Tradition ein Symbol des Teufels ist – mit einem feministischen Gedicht umgedeutet, so dass sie „Heilkraft der Göttin“ verkörpern soll (Jg. 8, 23). Besessenheit wird grundsätzlich als psychische Krankheit erklärt, „böse Geister“ oder „Dämonen“ werden zwischen Anführungszeichen gesetzt und deren Existenz damit bestritten (5, 93), die gesamte kirchliche Lehre zu dieser Frage unterschlagen. Aber: wo von der Esoterik die Rede ist, wird diese gegen eine Pauschalkritik in Schutz genommen – und vom Okkultismus heißt es, dass dieser „mit der Existenz von Geistern“ rechne und dass lediglich manche der okkulten Phänomene sich wissenschaftlich erklären ließen (8, 110). Mit anderen Worten: Man lässt offen, ob bei spiritistischen Sitzungen mitunter wirklich Geister herbeigerufen werden können. Das heißt aber: Teufel und Dämonen, wie die Kirche sie sieht: Geister, die Gott unterworfen und durch ihre Auflehnung gegen ihn im Zustand der Verdammnis sind, werden geleugnet, freischwebende Geister dagegen, die man herbeirufen oder herbeimanipulieren kann, gelten als denkbar. Dadurch werden die Schüler dem grassierenden Okkultismus und damit dem Betrug, der psychischen Zerrüttung und – wenn denn einmal „etwas dran“ sein sollte – dem höllischen Bösen in die Hände getrieben. Denn wenn sich wirklich da einmal ein Geist melden sollte, dann ist es eben nicht die nette, kürzlich verstorbene Oma aus einem neutralen Jenseits, das es nicht gibt, sondern einer der Geister von der falschen Seite.

Wer die Dinge so darstellt, wie dieses Buch, und dabei nicht einmal eine Warnung vor dem Satanismus ausspricht, der trägt zumindest durch Fahrlässigkeit dazu bei, dem Letzteren noch weitere Opfer zuzuführen. Dass sich schon sehr viele in seinen Klauen befinden, geht aus der Tatsache hervor, dass satanistische Literatur und Musik längst als salonfähig gelten und massenhaft selbst von kircheneigenen oder kirchennahen Geschäften und Buchhandelsketten vermarktet werden. Sie sind voll von den widerlichsten Gotteslästerungen und den grausamsten Aufrufen zur qualvollen Tötung von Menschen. Von daher können Amokläufer ihre Wahnvorstellungen und ihre krankhaften Motivationen beziehen. Religionsbücher, die Esoterik und Spiritismus teilweise gelten lassen, helfen den sanften Weg dahin zu bahnen.

Den Gipfel der Verwerflichkeit bedeutet auch ein Großteil der übrigen Morallehre desselben Buches. Die Pflicht des Gehorsams kommt nicht vor, im Gegenteil wird mehrfach aufgewiegelt, z. B. mit Bert Brecht gegen die Rede von der Allwissenheit Gottes, das Helfen zu Hause, die Achtung vor dem Alter, ja sogar gegen die Regel, dass man über ein Gebrechen nicht lacht. Unabhängig von Brecht geschieht Aufwiegelung gegen die Forderung von Disziplin und Konzentration sowie gegen langweilige Schulstunden – wie kollegial gegenüber den anderen Lehrern, und welcher Bumerang für den Religionslehrer selbst!

Zur Abtreibung wird ein päpstlicher Text zitiert, der diese in einem kurzen Satzteil verurteilt – aber es fällt kein Wort zugunsten dieser Lehre. Die Schüler werden im Gegenteil aufgefordert, Experten einerlei welcher weltanschaulichen Ausrichtung zum Reden über das Thema in den Unterricht einzuladen.

Gleichzeitig wird die verhängnisvolle Frühsexualisierung betont gefördert und mit einem Beitrag aus der Süddeutschen Zeitung die von dieser sog. „Keuschheitsbewegung aus den USA“ lächerlich gemacht.

In dem erwähnten päpstlichen Text kommt auch die Ablehnung der homosexuellen Praxis zum Ausdruck. Aber die Autoren schicken diesem Text den Hinweis voraus, dass dessen Aussagen „in der modernen Gesellschaft umstritten“ seien. Anschließend an denselben Text erklären sie wertneutral, was Homosexualität und Bisexualität ist – und dies unter einem Bild, das die homosexuelle Umarmung feiert und die Aufschrift „Geborgenheit“ trägt.

Zur praktischen Einübung werden die Schüler aufgefordert, einen Liebesbrief Adams an Eva zu redigieren und vorzulesen – und ein andermal, Paare zu bilden und einander innerhalb der Religionsstunde sexuell anzumachen, wobei sie ihrer „Kreativität freien Lauf“ lassen sollten. Aufgrund der Zahlenverhältnisse ergeben sich dabei notgedrungen auch gleichgeschlechtliche Paare – was den Autoren angesichts des oben Gesagten nur recht zu sein scheint (s. unsere Stellungnahme 1.15).

Seit kurzem auch Handreichungen

Außer den Stellungnahmen sind wir seit zwei Jahren dazu gekommen, auch Handreichungen zu einzelnen Themen zu veröffentlichen – zu Themen, die in Religionsbüchern immer wieder mangelhaft und fehlerhaft dargestellt werden. Diese Hefte sind in erster Linie für die Verfasser von Religionsbüchern und ähnlichen Materialien gedacht, weil wir darin immer wieder auf irrige Angaben nicht nur ideologisch bedingter, sondern auch rein sachlicher Art stoßen; und weil wir das Fehlen von Angaben feststellen, die vom Thema her erforderlich wären. Darüber hinaus, so hoffen wir, können solche Handreichungen auch all denen dienlich sein, die sich über die betreffenden Fragen in Kürze ein fundiertes Bild machen wollen, z. B. um sinnvoll mit Kollegen, Kindern oder Enkelkindern darüber reden zu können. Bisher sind zwei derartige Handreichungen erschienen, zu den Themen Islam und Christentum sowie zur Bedeutung und Gestaltung des Kirchenraumes. Für die nächste Zeit angedacht sind: Evolution und Schöpfung; nichtchristliche Religionen; Evangelisch/katholisch: Gemeinsamkeiten – Unterschiede – Schritte zur Einheit.

Für meine eigenen Buchveröffentlichungen habe ich seit Gründung des ATK Themen gewählt, die Schwerpunkte von Religionsbüchern und gemeindekatechetischen Schriften darstellen oder darstellen müssten: das Thema Wunder, 1995; Thema Hölle, 2002; Thema Sakramentenpastoral, 2007 (s. www.f-reckinger.de).

Arbeitsweise und Wirken des ATK

Unsere Veröffentlichungen bringen wir unter anderem durch das Medium Internet an den Mann und an die Frau. Seitdem unsere Homepage nach neuestem Standard eingerichtet ist, verzeichnen wir eine Besucherzahl von durchschnittlich 60 pro Tag.

Die übrigen Medien verfolgen weitgehend die Taktik des „konzertierten Totschweigens“. Ganz am Anfang jedenfalls verriet mir ein führender Vertreter des religionspädagogischen Establishments in einem Bischöflichen Ordinariat, dass es damals so gehandhabt wurde. Auf meinen Hinweis, der gegebene Ort für den inhaltlichen Widerspruch gegen meine Broschüre von 1989 seien nicht Briefe, Anrufe oder gar der Versuch von Vorladungen, sondern die theologische Publizistik, antwortete er: „Aber was denken Sie? Die Rezensenten stehen längst bereit und haben die Feder gespitzt. Doch wir halten sie zurück!

Noch nie hat es eine Veröffentlichung gegeben, die sich Stellungnahmen von uns vorgeknöpft und versucht hätte, Punkt für Punkt nachzuweisen, dass wir entweder falsch zitiert oder falsch verstanden hätten – oder dass die von uns monierten Aussagen zwar tatsächlich im Text stünden, jedoch entgegen unserer Ansicht sehr wohl der Lehre unserer Kirche entsprechen würden. Ungefähr dasselbe ist hinsichtlich meiner eigenen Veröffentlichungen der Fall.

In der Regel schreiben wir jedes Jahr alle deutschen Bischöfe und Generalvikare an und senden ihnen unsere jeweils neuen Stellungnahmen zu. Die Reaktionen darauf sind minimal. Erreicht haben wir in dieser Hinsicht als sichtbares Ergebnis nur eines, nämlich dass die Angeschriebenen nicht werden behaupten können, sie hätten „nichts gewusst“ von den Ungeheuerlichkeiten, die in zugelassenen Schulbüchern und weithin benutzten Sakramentenvorbereitungsbüchern stehen.

Außerdem haben wir unsere Stellungnahmen meist auch den entsprechenden Verlagen zugehen lassen, und über diese haben sie wohl auch vielfach die Autoren erreicht. Von deren Seite ist einmal eine nichtssagende Reaktion gekommen – ein anderes Mal dagegen eine so gute und positive Reaktion, wie wir es uns nie hätten träumen lassen. Es handelt sich dabei um den prominentesten Autor eines Religionsbuchs, den Gastgeber unseres heutigen Treffens, Herrn Weihbischof Laun.

Nach Erscheinen seines vierten Bandes in 2003 haben wir die vier ersten Bände insgesamt „sehr positiv“ bewertet, als, so wörtlich: „… das beste Religionsbuch seit Jahrzehnten“. Dennoch haben wir diese Bewertung mit dem Zusatz versehen: „mit Korrekturhinweisen in Einzelpunkten“. In seiner Antwort gab der Herr Weihbischof uns hinsichtlich dieser Hinweise schlicht Recht. Er kündigte an, bei einer Neuauflage der fünf Bände unseren Ausführungen Rechnung zu tragen, und fragte uns, ob er uns die Manuskripte der nachfolgenden Bände vor der Drucklegung zur Begutachtung zusenden dürfte. Wir sagten zu – und damit war meine Freizeitbeschäftigung auf Monate hin gesichert.

Das „sehr positiv“ in unserer Bewertung bezieht sich auf die Gesamtausrichtung des Buches, das eine umfassende Einführung in den katholischen Glauben in Familie, Schule und Gemeinde anstrebt und sich dabei entschieden nach der Lehre der Kirche ausrichtet, ohne dafür etwa bei der Theologie von ca. 1930 stehen zu bleiben. Uns gefiel die ansprechende, zeitgemäße Aufmachung und Bebilderung, die den Zielgruppen entsprechende Art der Vermittlung, in einer Sprache von heute, die kindgerecht und jugendgerecht erscheint, ohne ins Triviale und Vulgäre abzugleiten.

Dafür sind wir sehr dankbar, denn wir sind als ATK auf der Suche nach guten Büchern, die wir empfehlen und fördern können, und wir möchten keineswegs als Nörgler erscheinen, die immer nur zu kritisieren haben.

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