Glückwunsch der Deutschen Bischöfe mit Kurzbiografie

Wir stehen an seiner Seite!

Einen herzlichen Glückwunsch hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz an den neuen Papst Franziskus gerichtet und ihm uneingeschränkte Solidarität zugesichert. Die katholische Kirche in Deutschland werde für ihn beten und ihn nach allen ihren Kräften unterstützen. Aufschlussreich ist die eingeflochtene Kurzbiographie.

Von Erzbischof Robert Zollitsch, Freiburg

Mit großer Freude gratuliere ich im Namen der Deutschen Bischofskonferenz und aller katholischer Christen Deutschlands dem neuen Heiligen Vater, Papst Franziskus, zu seiner Wahl. Wir sind Gott dankbar, dass durch das Wirken des Heiligen Geistes die 115 im Konklave versammelten wahlberechtigten Kardinäle den 266. Nachfolger des heiligen Petrus als Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt haben.

Nach dem achtjährigen Pontifikat von Papst Benedikt XVI., für das wir deutschen Katholiken zutiefst dankbar sind, und einer kurzen Vakanz des Apostolischen Stuhls, sind wir froh, nun wieder einen Papst zu haben, der die Weltkirche leiten wird. Das schlichte Glaubenszeugnis seiner ersten kurzen Ansprache und sein Gebet zeigen der Welt: Der Heilige Vater ist bereit, das wichtige Amt und die hohe Verantwortung in tiefem Gottvertrauen zu übernehmen. In dieser Stunde großer Dankbarkeit und Wertschätzung für die Bereitschaft von Kardinal Jorge Mario Bergoglio, sich in den Dienst des Petrusamtes zu stellen, versichere ich dem neuen Heiligen Vater im Namen der Deutschen Bischofskonferenz des Gebetes und der Unterstützung nach allen unseren Kräften. Der Heilige Vater darf sicher sein: Wir stehen an seiner Seite!

Mit Papst Franziskus ist der Kirche ein Oberhaupt geschenkt, das die spirituellen Impulse von Papst Benedikt XVI. und von Papst Johannes Paul II. aufnehmen wird. So hat die katholische Kirche einen Papst, der in Kontinuität zu seinen beiden Vorgängern steht. Gleichzeitig wird der Heilige Vater eigene Impulse und Schwerpunkte setzen.

Als erster Jesuit und als erster Lateinamerikaner tritt Papst Franziskus die Nachfolge von Benedikt XVI. an. Geboren wurde er am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer in Buenos Aires. Bis heute hat Bergoglio sowohl die argentinische wie auch die italienische Staatsangehörigkeit. Nach dem Diplom als Chemie-Ingenieur entschied sich Bergoglio für den Priesterberuf und trat in die Gesellschaft Jesu ein. Er studierte Philosophie und Theologie und lehrte währenddessen Literatur und Psychologie. Nach seiner Priesterweihe im Dezember 1969 wurde er bald Jesuitenprovinzial Argentiniens. Von 1980 bis 1986 war Bergoglio Rektor der Theologischen Hochschule von San Miguel. Um seine Dissertation zu beenden, kam er 1985 zu einem längeren Aufenthalt nach Deutschland – und spricht seither neben Spanisch und Italienisch auch Deutsch. Seit 1992 Weihbischof in Buenos Aires, ernannte ihn Papst Johannes Paul II. im Sommer 1997 zum Erzbischof Koadjutor und im Februar 1998 zum Erzbischof der Hauptstadt-Diözese. Seit 2001 gehört Bergoglio dem Kardinalskollegium an. Kardinal Bergoglio war von November 2005 bis 2011 Vorsitzender der Argentinischen Bischofskonferenz.

Ich freue mich über die Wahl und auch das gute Verhältnis des neuen Heiligen Vaters zu Deutschland. Sein bescheidenes Auftreten und seine kraftvollen Predigten zeichnen ihn aus. Heimat- und naturverbunden ist der Heilige Vater. Bekannt ist er für die Besuche an den hohen kirchlichen Feiertagen in Krankenhäusern und Gefängnissen. Engagiert ist Kardinal Bergoglio die Aussöhnung zwischen allen gesellschaftlichen Gruppierungen Argentiniens nach den Verbrechen der Diktatur angegangen.

Wenn der neue Heilige Vater in seiner ersten kurzen Ansprache sagt, die Kardinäle hätten ihn vom Ende der Welt herbeigerufen, ist das ein Zeichen für die Welt: Die katholische Kirche ist Weltkirche, die in besonderer Weise durch den neuen Heiligen Vater repräsentiert wird. Der lateinamerikanische Kontinent darf stolz sein, erstmals in der Geschichte der Kirche einen Nichteuropäer als Papst zu stellen.

Der Heilige Vater hat uns aufgerufen, füreinander zu beten: Wir sind eine große Menschheitsfamilie, hat er gesagt. Das muss uns Ansporn sein, am Wohle dieser Menschheitsfamilie mitzuwirken. Der Wunsch von Papst Franziskus an die Menschenmenge auf dem Petersplatz, ‚Betet auch für mich‘, hat mich zutiefst bewegt. Es zeigt uns einen menschlichen Papst, der auf die Kraft des Gebetes baut – insbesondere von uns Gläubigen, um dieses schwere Amt zu meistern.

Ich habe in einem ersten Glückwunschtelegramm dem Heiligen Vater von Herzen gratuliert. Unser Gebet habe ich ihm versprochen und den Segen Gottes für ihn erbeten. Die Gläubigen unseres Landes rufe ich auf, für den neuen Heiligen Vater zu beten. Schon jetzt freue ich mich auf die Einführungsmesse des Papstes, an der ich in Rom teilnehmen werde.

Papst Franziskus mit Benedikt XVI. spirituell eng verwandt

Licht von oben

Papst Franziskus ist kein Träumer. Er kommt mit der klaren Botschaft des Evangeliums. Und es wird nicht lange dauern, da wird die Welt seinen franziskanischen Geist als gewaltige Provokation empfinden. Aber unser neuer Papst wird vor den Wölfen nicht fliehen, sondern als guter Hirte seine Schafe in Schutz nehmen. Weihbischof Dr. Andreas Laun sieht schon jetzt unausweichliche Auseinandersetzungen auf Franziskus zukommen. Doch er freut sich über das klare Profil des neuen Oberhirten der katholischen Weltkirche. Laun ist überzeugt, dass sich Franziskus nicht mit dem von den Medien beschworenen „Reformstau“ beschäftigen wird, sondern mit dem „Verhärtungsstau“ in den Herzen der Menschen, den es aufzubrechen gilt. Gottes Stimme wird er zu Gehör bringen, bescheiden, selbstlos, aber ohne falsche Kompromisse. Und darin sieht Laun eine tiefe spirituelle Verwandtschaft des neuen Papstes mit seinem Vorgänger Benedikt. Wir dürfen auf Franziskus gespannt sein.

Von Weihbischof Andreas Laun, Salzburg

So wie früher die Menschen anderer Erdteile die jeweils neuen Päpste nicht kannten, geht es jetzt uns Europäern: Als der neue Papst auf dem Balkon zuerst angekündigt wurde und dann selbst erschien: Wir kannten ihn nicht und konnten uns auch nicht erinnern, von ihm gehört zu haben. Wahrscheinlich gibt es auch noch kein Buch von ihm am deutschen Markt, das jemand gelesen haben könnte.

Inzwischen wurde schon viel von ihm geredet und auch geschrieben, einige besonders „Kluge“ meinten, sie müssten ihm sagen, was er jetzt zu tun habe! Aber so viel kann man sofort sagen: Bestimmte „Erwartungen“ derer, die immer von Reformstau reden und die immer gleichen Reizthemen nennen, wird dieser Papst enttäuschen, ja enttäuschen müssen und jeder andere Papst hätte dies auch getan! So oft man auch mit diesen Reizbegriffen wie mit Rammböcken gegen den Felsen Petri anrennt, er wird nicht einmal bröckeln! Besonders grotesk ist es, wenn der „Missbrauch“ genannt wird und man gleichzeitig eine Änderung der kirchlichen, „zu engen und verklemmten Sexualmoral“ fordert. Als ob die Täter eben nicht kirchentreu gewesen wären, sondern eher „zu wenig verklemmt und eng“! Kurz gesagt: Die Kritiker, die Kirchenvolksbegehrer genauso wie die Anhänger der Pfarrer-Initiative werden bei dieser Papstwahl wohl einen eher schlechten Abend gehabt haben!

Jetzt und hier ist nicht die richtige Zeit und nicht der richtige Ort, über diese Fragen zu reden. Auch will ich nicht wiederholen, was ohnehin schon alle wissen und viele Male gesagt wurde. Meine ganz persönlichen Eindrücke waren: In meinem Leben ist Franziskus der siebte Papst, den ich erlebe. Wenn ich die Reihe der Päpste von Pius XII. bis Franziskus vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen lasse: einer besser als der Andere, selbst wenn ich nur die beiden letzten auch persönlich kennen durfte! Übrigens scheint nicht nur mir, Papst Franziskus sehe Pius XII. äußerlich ein wenig ähnlich, und man darf wohl hinzufügen: sicher nicht nur äußerlich! Spirituell besonders „verwandt“ scheint er mir vor allem mit Papst Benedikt zu sein, ohne damit den anderen Päpsten irgendwie absprechen zu wollen, dass auch für sie Gott und nur Gott im Mittelpunkt stand! Besonders freut mich der Gedanke: Es könnte gut sein, dass es zwischen dem „alten“ und dem „neuen“ Papst eine diskrete Zusammenarbeit geben wird – zum Wohl der Kirche. Das wäre auch eine kirchengeschichtliche Neuigkeit der besonderen Art, vor allem wenn man denkt, dass es Päpste und Gegenpäpste gab, die sich bekämpften: Und jetzt „zwei befreundete Päpste“!

Was wird der neue Papst tun? Das wird man sehen, aber sicher ist: Er wird sich bemühen, den „Verhärtungsstau“ in den Herzen aufzubrechen, er wird den Menschen unermüdlich sagen: „Verhärtet nicht eure Herzen, hört auf die Stimme des Herrn!“ Bei vielen wird es ihm gelingen, sicher nicht bei allen, denn auch Jesus ist an der Herzenshärte bestimmter Kreise gescheitert! Aber für diejenigen, die „die Stimme des Herrn“ hören und brennenden Herzens hören wollen, wird er ein großes Zeichen, ein wunderbarer Papst sein. Genau der Richtige für eine Zeit, deren Hauptproblem mehr und mehr ihre „Diskriminierung Gottes“ ist, die versucht, die Schöpfung zu zerstören und umzubauen, die versucht, die Menschen blind zu machen für die Offenbarung und das „Licht von oben“, die Gott nicht einmal eine Aufenthaltsbewilligung für Seine Welt erteilen will. Überraschung? Nein, denn immer schon kam Er in Sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf! Aber das kann man auch sagen: Gott lässt sich nicht hindern, immer wieder die Welt zu betreten, in ihr „mitten unter den Menschen“ zu wohnen, und dazu schickt Er auch immer wieder Männer wie Papst Franziskus als unter den Wölfen „überlebenden“ Hirten Seiner Schafe. Eine Welt ohne Gott, ohne Seine Kirche und ohne Seinen besonderen Stellvertreter zu machen, haben schon viele Mächtige versucht, gelungen ist es keinem, und so wird es bleiben, bis Jesus Christus kommt „in Herrlichkeit“! Bis dahin: Habemus ecclesiam, habemus Papam, Deo gratias!

Konklave, weißer Rauch und ein Papst namens Franziskus

„Ein Papst zum Anfassen“

Mit der feierlichen Einführung des neuen Papstes am Dienstag, den 19. März 2013, endet eine aufregende Woche für die katholische Welt. Nach dem Rücktritt Benedikts XVI. vom Amt des Pontifex, seiner von großen Emotionen begleiteten Abreise nach Castelgandolfo und des darauf folgenden „Vorkonklaves“ folgte eine Woche der Spannung und der Spekulationen, der Überraschung und des Jubels. Die Schriftstellerin und Journalistin Monika Metternich hat sich mit Tausenden von Kollegen aus aller Welt nach Rom begeben, um von dort aus zu berichten. Sie lässt die Woche für uns noch einmal Revue passieren.

Von Monika Metternich

Montag

Zum letzten Mal treffen sich die Kardinäle zur Generalkongregation. Hundertschaften von Journalisten und Kameraleute beobachten, wie die Kardinäle zu Fuß oder im Auto ankommen – und wie Kardinal Barbarin aus Lyon auf seinem Fahrrad an den Schweizer Garden vorbeisaust, als gelte es die Tour de France zu gewinnen. Das „Papa-Toto“ hat in diesen Stunden seinen Höhepunkt erreicht. Spekulationen heizen die Stimmung an, viele Namen werden genannt, bei denen sich später die alte vatikanische Weisheit erweisen wird: „Wer als Papst ins Konklave einzieht, kommt als Kardinal wieder heraus.“ An der Fassade des Petersdoms steht ein Kran: Der Mittelbalkon bekommt ein samtrotes Gepräge. Auf dem Dach der Sixtina wird der zierliche Schornstein befestigt, auf dem der Blick der Kameras der Welt in den nächsten Tagen verweilen wird. Die Spannung steigt.

Dienstag

Rekordverdächtiges Schlangestehen vor dem Petersdom. Alle Gläubigen sind eingeladen, der „Missa pro eligendo Papa“ beizuwohnen. Der Petersdom ist bis auf den letzten Stehplatz gefüllt, als die Kardinäle feierlich durch den Mittelgang einziehen. Kardinal Angelo Sodano leitet die das Konklave einleitende Messe. Über dem Petersdom tobt ein Gewitter. Rom steht unter Wasser, während die Kardinäle in feierlicher Prozession in die Sixtinische Kapelle einziehen. „Ora pro nobis“ singen sie, alle Heiligen des Himmels anrufend. Und jeder spürt: Die Papstwahl ist kein Politkrimi, kein Postenschacher, kein Wahlkampf. Sie ist ein geistliches Geschehen. Der auf die Bibel geleistete Eid eines jeden Kardinals vor der Kulisse von Michelangelos Weltgerichtsszene schließt die Zeremonie für die Zuschauer an den Bildschirmen ab, bevor es heißt: „Extra omnes“ – „alle raus!“ und die schwere Tür sich schließt. Die geheime Wahl beginnt. Und das Warten. Am Abend dann zum ersten Mal Rauch – tiefschwarz und eindeutig: Die Kardinäle sind noch nicht zu einer Entscheidung gekommen.

Mittwoch

Es regnet wie aus Kübeln. Dennoch versammeln sich bereits am Vormittag viele Menschen auf dem Petersplatz. Das Meer von bunten Schirmen wird immer größer. Mittags dann erneut schwarzer Rauch. Am Nachmittag setzt ein gewaltiger Strom von Menschen auf den Petersplatz ein. Keiner will den großen Moment verpassen. Durchnässt, aber fröhlich wartet eine stetig größer werdende Menge, behält den Kamin fest im Blick. Es wird langsam dunkel. Es ist kurz nach neunzehn Uhr. Das ist der Moment, in dem Rauch – ob schwarz oder weiß – kommen muss. Die Aufregung wächst: Bedeutet die Verzögerung, dass die Wahl erfolgreich war? Inzwischen ist der Petersplatz so dicht gefüllt wie nur sehr selten. Bis weit in die Via della Conciliazione hinein stehen die Menschen und starren gebannt auf den Schornstein. Und da kommt er: Weißer Rauch! Der Jubel ist unbeschreiblich. Die Glocken des Petersdoms läuten, Unbekannte liegen sich in den Armen. Die riesige Menge wird von hinten nach vorne geschoben. Trotz schüttenden Regens klappen alle solidarisch die Schirme ein: Niemandem soll der Blick verweht werden, wenn die Tür zum Balkon sich öffnet. „Habemus Papam“ erschallt die freudige Nachricht schließlich, Jubelstürme. Kardinal Jorge Mario Bergoglio, bisher Erzbischof von Buenos Aires, ist der neue Papst. Eine riesige Überraschung. Ihn hatte niemand „auf der Liste“ gehabt. Und sein gewählter Papstname lässt die Menge einen Moment lang die Luft anhalten: Franziskus. Wohl jeder hat sofort den „Poverello“ aus Assisi im Kopf – und als der neue Papst ohne die hermelinverzierte Mozetta und ohne brokatene Stola (die er erst später zum Segen anlegt), nur im weißen Gewand und mit einem einfachen Brustkreuz auf den Balkon tritt, erweist seine Namensgebung bereits nonverbal die ihr inneliegende Bedeutung. Papst Franziskus‘ erste Amtshandlung ist ein gemeinsames Gebet für den „Papa emeritus“ in Castelgandolfo mit den mehr als hunderttausend auf dem Petersplatz Versammelten. Viele sprechen das Gebet mit Tränen in den Augen. Und dann die Bitte an alle, für ihn, den neuen Papst, in Stille zu beten, bevor er seinen ersten Segen spendet. Tief verbeugt sich Franziskus – und die gerade noch so feierlustige Menge schweigt betend – minutenlang. Ein überwältigend intensiver Moment. „Buona sera!“ verabschiedet Papst Franziskus sich schließlich. „Ruht euch gut aus!“ – und bereits hat er die Herzen gewonnen. „Buona sera, Papa!“ tönt es hunderttausendfach zurück.

Donnerstag

Schon frühmorgens macht sich der neugewählte Papst Franziskus auf den Weg in die Basilika Santa Maria Maggiore, um dort bei der „Mutter der Kirche“ zu beten und sie mit einem kleinen bunten Blumenstrauß zu ehren. Die einfache und tiefe Marienfrömmigkeit des neuen Papstes rührt und begeistert viele Römer, die diesen Besuch zu dieser frühen Stunde beobachten. Dass Papst Franziskus auf dem Rückweg noch persönlich seine Hotelrechnung begleicht, wird zur weltweiten Schlagzeile. Mit einer Messe in der Sixtinischen Kapelle endet am Abend das Konklave offiziell. Manch einer könnte sich bei der Predigt des neuen Papstes an den Pfarrer von Ars erinnert gefühlt haben, als er, Léon Bloy zitierend, diese Sätze sprach: „Wer nicht zum Herrn betet, betet den Teufel an. Wenn man sich nicht zu Jesus Christus bekennt, bekennt man sich zur Weltlichkeit des Teufels, zur Weltlichkeit des Dämons.“

Freitag

Pressekonferenz jagt Pressekonferenz. Die Kardinäle Marx und Woelki zeigen sich beeindruckt von der gleichermaßen demütigen und mutigen Persönlichkeit des neuen Papstes. Kardinal Schönborn erklärt Nichtrömern auf Nachfrage, warum Papst Franziskus sich als „Bischof von Rom“ vorgestellt habe: „Der Papst ist Papst, weil er Bischof von Rom ist. Das ist theologisches Urgestein. Der Papst ist deshalb in der Weltkirche in dieser besonderen Position, weil er der Nachfolger des Apostels Petrus auf dem Bischofsstuhl Petri in Rom ist. Das ist der Ort des Martyriums der Koryphäen der Apostel, Petrus und Paulus. Das ist das besondere dieses Bischofssitzes. Der Bischofssitz von Rom ist der erste unter den Bischofssitzen der Weltkirche.“ Dass die Kardinäle jeweils ihre Titelkirchen in Rom zugeteilt bekämen, sei in diesem Zusammenhang eben nicht nebensächlich. Die Kardinäle wählen, so Schönborn, den Papst weniger als Bischof von Wien, München, Manila oder einem anderen Bischofssitz, sondern gleichsam als „römische Pfarrer“. Bei einer Papstwahl wähle die Kirche von Rom ihren Bischof. Papst Franziskus stehe mit seiner Vorstellung als „Bischof von Rom“ in starker Kontinuität zum Verständnis Benedikts XVI. und Johannes Pauls II. Und bei der nachmittäglichen Audienz der Kardinäle wird das enge Band zwischen Papst und Kardinälen ganz plastisch: Franziskus spricht seine Kardinäle als „Brüder“ an – und umarmt jeden von ihnen mit einer temperamentvollen Herzlichkeit, die einen südamerikanischen Flair verbreitet und eine große Zuneigung zeigt.

Samstag

Der Papst lädt die in Rom vertretenen Medienvertreter zur Audienz – und weit über 6000 kommen. Bei dieser Gelegenheit offenbart Papst Franziskus sein „Regierungsprogramm“: „Ich möchte eine arme Kirche und eine Kirche für die Armen.“ Und berichtet den atemlos lauschenden Journalisten, wie es zur Wahl seines Papstnamens kam: Als sich die Situation im Konklave für ihn „gefährlich zuspitzte“, habe sein neben ihm sitzender „große Freund“ Kardinal Hummes ihm ins Ohr gesagt: „Vergiss die Armen nicht!“ Und während die Stimmzettel noch ausgezählt wurden, sei der Gedanke in ihm gewachsen, den Namen des Heiligen aus Assisi anzunehmen, dem Mann der Demut und Einfachheit, der Liebe zur Schöpfung und des Friedens.

Sonntag

„Buongiorno!“ ruft Papst Benedikt den Hunderttausenden zu, die sich unter seinem Fenster zum gemeinsamen Angelusgebet versammelt haben. Dieser Gruß gilt bereits als sein Markenzeichen – die Römer und die aus aller Welt angereisten Pilger grüßen ihren „Papa“ fröhlich im Chor zurück und schwärmen: „Er ist einer von uns, er spricht wie wir, er ist wirklich ein Bruder.“ Von der Barmherzigkeit, die alles verändern könne, spricht Franziskus in einfachen Worten. Von der göttlichen Barmherzigkeit, die ohne Ende sei. Und er erwähnt gleichermaßen eine Schrift des deutschen Theologen Kardinal Kasper („ich will aber jetzt nicht Reklame machen für die Bücher meiner Kardinäle!“ lacht er) und jene „Nonna“, das alte, fromme Großmütterchen, das die große Theologie von der Barmherzigkeit Gottes in einem einfachen Satz zusammenfassen kann. Die Menge hört aufmerksam zu. Dann wird gejubelt, gesungen, die Fahnen wehen. Franziskus ist als Petrus in Rom angekommen. Habemus Papam.

Reaktionen auf die Papstwahl

Russland ist gespannt

In Russland wurde die Wahl des argentinischen Kardinals Jorge Mario Bergoglio SJ zum neuen Papst mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Pfarrer Erich Maria Fink beschreibt die Reaktionen der Öffentlichkeit, aber auch die wohlwollenden Stellungnahmen der Russisch-Orthodoxen Kirche. Nach dem Papstwechsel betone sie auffallend stark ihre Hochschätzung für das Pontifikat Benedikts XVI. und halte sich in der Einschätzung des neuen Oberhirten zurück. Die Gesten der Demut und Einfachheit von Papst Franziskus jedoch fänden große Anerkennung, ja führten schon jetzt zu einer ungewöhnlich offenen Gewissenserforschung in der orthodoxen Kirche.

Von Erich Maria Fink

Die Netzwerke laufen heiß

Mit welchem Interesse die russische Öffentlichkeit an der Wahl des neuen Papstes Anteil genommen hat, ist unglaublich. In der medialen Berichterstattung wie in den sozialen Netzwerken verfolgte man die Ereignisse mit einer Aufmerksamkeit, als handle es sich um eine der entscheidendsten Fragen für die Zukunft Russlands. Dass in China genau zur selben Zeit ein neuer Präsident bestellt wurde, mit dem sich ein Generationenwechsel, also der Beginn einer neuen Ära vollzog, wurde demgegenüber gar nicht wahrgenommen. Als der Papst gewählt war, erhielt ich von allen Seiten Glückwünsche. Es kam mir für kurze Zeit so vor, als wäre ich von lauter überzeugten Katholiken umgeben.

Bis ins Detail wurden die Geschehnisse beobachtet, ausgewertet und kommentiert. Im russischen Internet entfachten die Namensgebung und das Auftreten des neuen Papstes einen Tsunami an Begeisterung und Sympathie. Diskutiert wurde über seine Verbeugung vor der Menge auf dem Petersplatz, von der er ein Segensgebet für sich erbat, über den Verzicht auf die Mozetta und die roten Schuhe, über die Weigerung, in die päpstliche Limousine einzusteigen, über die Bitte an alle Bischöfe, Priester und Ordensleute in seinem Heimatland Argentinien, nicht zu seiner Amtseinführung nach Rom zu kommen, sondern das Geld, das sie für das Flugticket ausgegeben hätten, lieber den Armen zu spenden.

In den Blogs machte man sich Gedanken über den Namen Franziskus, wie z.B. Anastasija Orlowa in ihrem Beitrag „Habemus Papam“. Die Autoren fragten sich, welchen hl. Franz der neue Pontifex wohl im Blick habe, was für den hl. Franz Xaver, den großen Jesuitenmissionar mit seinen Inkulturationsideen, sprechen würde, zumal der neue Papst als erster Jesuit auf dem Papstthron eine ausgesprochen missionarische Dynamik besitze, was zum hl. Franz von Sales passen würde, der abtrünnige Protestanten erfolgreich in die katholische Kirche zurückgeführt habe, zumal in Südamerika die katholische Kirche mit der Abwanderung vieler Gläubigen zu den Evangelikalen vor einem ähnlichen Problem stehe. Schließlich tauschten sich die Benutzer der Internetforen darüber aus, inwiefern der hl. Franz von Assisi dem Lebenszeugnis des Erzbischofs am besten entspreche, einem Kardinal, der seinen Palast verlassen habe, um in einer einfachen Wohnung zu leben, der selber gekocht, die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt, die Armen in Slums und Gefängnissen besucht und AIDS-Kranken im Hospiz die Füße gewaschen habe. Erstaunlich, wie sich hier in Russland unzählige Menschen durch die neuen Medien mit der Welt der katholischen Kirche vertraut gemacht haben, obwohl sie orthodox oder gar nicht getauft sind. Verunglimpfungen oder hämischen Kommentaren wie in der Berliner taz bin ich hier bisher nicht begegnet.

Wohlwollen der Russisch-Orthodoxen Kirche

Auch von den Stellungnahmen der Russisch-Orthodoxen Kirche war ich überrascht. Wie schnell und treffend verschiedenste Repräsentanten wie z.B. Metropolit Hilarion, der Außenamtsleiter des Moskauer Patriarchats, auf die jeweiligen Nachrichten eingegangen sind, zeugt von einem hohen Niveau theologischer und zeitgeschichtlicher Auseinandersetzung mit dem Katholizismus. Von einer solchen Ernsthaftigkeit und sachlichen Tiefe scheint mir das ökumenische Gespräch mit den reformatorischen Glaubensgemeinschaften in Deutschland weit entfernt zu sein. Zum einen brachte die orthodoxe Kirche zum Ausdruck, wie wichtig ihr das Schicksal der katholischen Schwesterkirche ist, zum anderen, wie sehr sie sich selbst der Tradition der katholischen Kirche verbunden weiß. Den Wechsel auf dem Papstthron nützte sie zunächst für ein Lob auf Benedikt XVI., für dessen Pontifikat sie große Bewunderung hegt. Seine theologische Feinfühligkeit und seine Standhaftigkeit in moralischen Fragen sind für die orthodoxe Kirche beispielhaft. Vor allem aber sein edler Sinn für die Liturgie brachte ihm regelrechte Verehrung ein. Dies konnte ich beispielsweise auch im Gespräch mit Metropolit Methodius, dem orthodoxen Bischof unseres Permer Gebiets, feststellen. Und so hielt auch die Russisch-Orthodoxe Kirche beim Bekanntwerden des Rücktritts Benedikts XVI. zunächst den Atem an.

Auf die Wahl des neuen Papstes reagierte sie positiv. Bereits am 14. März schrieb Kyrill, der Patriarch von Moskau und ganz Russland, in seiner Gratulation: „Unter Ihrem Vorgänger – Papst Benedikt XVI. – erhielten die Beziehungen zwischen der Russisch-Orthodoxen und der Römisch-Katholischen Kirche einen neuen Impuls und waren von einer positiven Dynamik gekennzeichnet. Aufrichtig hoffe ich, dass sich auch durch die Mitwirkung Eurer Heiligkeit die Zusammenarbeit zwischen unseren Kirchen im Geist brüderlicher Liebe und gegenseitigen Verständnisses entwickeln wird.“ Und im Blick auf den Namen fuhr er fort: „Beim Besteigen des päpstlichen Throns haben Sie den Namen Franziskus gewählt, der an berühmte Heilige der katholischen Kirche erinnert, welche Beispiel opferbereiter Hingabe an die leidenden Menschen und eifriger Predigt des Evangeliums waren. Darin zeigt sich Ihr Wunsch, auch weiterhin für die Armen und Leidenden zu sorgen, denen Sie viele Jahre Ihres Dienstes in Argentinien Barmherzigkeit und Liebe erwiesen haben, in der Ausübung der Verkündigung des gekreuzigten und auferstandenen Christus an die moderne Welt.“  Derselbe Dienst stelle heute auch eine Priorität für die Russisch-Orthodoxe Kirche dar, was die Möglichkeit für eine intensive Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche eröffne. „Orthodoxe und Katholiken sind heute auch dazu berufen, ihre Bemühungen für den Schutz derjenigen Christen zu vereinen, welche Unterstützung und Anteilnahme brauchen, welche in verschiedenen Teilen der Erde Schikanen und Verfolgungen ausgesetzt sind. Gemeinsame Anstrengungen sind auch nötig für die Bekräftigung der traditionellen sittlichen Werte in den modernen säkularen Gesellschaften“, so der Patriarch.

Sympathie des neuen Papstes für die Orthodoxie

Metropolit Hilarion brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass unter dem neuen Papst die Kommunikation mit dem Vatikan verstärkt und eine richtige Allianz geschmiedet werde. Seine Zuversicht stützt er auf verschiedene Situationen in der Vergangenheit, in denen Papst Franziskus als Erzbischof von Buenos Aires eine „tiefe Sympathie“ für die orthodoxe Kirche und „den Wunsch nach einem engen Kontakt mit ihr“ gezeigt habe. Wiederholt habe er die Verkündigungs-Kathedrale der Russisch-Orthodoxen Kirche in Buenos Aires besucht, dem Gottesdienst beigewohnt und anschließend bei Mahlzeiten das Gespräch mit Bischof, Priestern und Laien gesucht. Schließlich beschreibt Hilarion eine Begebenheit, welche ihm die orthodoxe Kirche besonders hoch anrechnet: „Als im Jahr 2007 die Russisch-Orthodoxe Auslandskirche in Argentinien mit ernsthaften Problemen konfrontiert war, und zwar im Zusammenhang damit, dass einige Pfarreien ins Schisma gingen, wandte sich Kardinal Bergoglio auf eigene Initiative, ohne jegliche Bitte vonseiten der Auslandskirche, an die argentinischen Behörden und setzte sich für die Unterstützung der kanonischen Position der Russisch-Orthodoxen Auslandskirche ein.“ Außerdem brachte Hilarion in Erinnerung: „Voriges Jahr haben wir in Buenos Aires eine Ausstellung russischer Ikonen organisiert; sie wurde mit Unterstützung der Wohltätigen Stiftung des hl. Gregors von Nazianz durchgeführt und erfuhr eine sehr breite Resonanz. Der spätere Papst besuchte diese Ausstellung, zeigte ein großes Interesse an der orthodoxen Tradition der Ikonographie und bat sogar darum, ihm eine orthodoxe Ikone zu schenken.“

Dass Kardinal Bergoglio kein offizielles Mitglied der Gemischten Internationalen Kommission für den Theologischen Dialog zwischen der katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen war, betrachte er als kein großes Problem. Denn die hauptsächliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Kirchen bewege sich heute nicht auf dieser Ebene, sondern auf dem Feld der Hilfe für die Menschen in ihrem realen Leben.

Unierte Kirche und Papstbesuch

Was in den Augen der orthodoxen Kirche jedoch ein gewisses Problem darstellt, ist die enge Verbindung des neuen Papstes mit der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche. In einem langen Beitrag schrieb der in der orthodoxen Kirche hochangesehene Protodiakon Andrej Kurajev, Papst Franziskus sei von einem Priester dieser, wie man sie früher nannte und wie die orthodoxe Kirche bis heute zu sagen pflegt, Unierten Ukrainischen Kirche religiös erzogen worden und habe als Bischof einige Jahre lang unierte ukrainische Pfarreien betreut. Aus diesem Grund schaue er wohl mit den Augen der Uniaten negativ auf das Moskauer Patriarchat und könne wegen der Verbundenheit mit seinen Pfarrkindern nicht über diesen Schatten springen. Doch solche Befürchtungen wurden bereits wenige Tage später zerstreut. Nun betont die orthodoxe Kirche, die Bekanntschaft des neuen Papstes mit dem byzantinischen Ritus sei im Gegenteil etwas ausgesprochen Vorteilhaftes.

Kurajev bringt auch das Haupthindernis für eine Pastoralreise des Papstes nach Russland oder eine Begegnung mit dem Moskauer Patriarchen ins Gespräch, nämlich die unversöhnte Situation in der Westukraine. Im Zug des Wiederauflebens der Unierten Kirche Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre war es zu teilweise gewaltsamen Konflikten um kirchliches Eigentum gekommen. Die Wunden sind noch immer nicht verheilt.

Nach der Wahl des neuen Papstes wagte nun Kurajev, in aller Öffentlichkeit eine bahnbrechende Forderung auszusprechen: Angesichts des derzeitigen „Zusammenpralls der Kulturen“ könne die Russisch-Orthodoxe Kirche nicht mehr länger auf die Zusammenarbeit mit dem Vatikan verzichten. Sie brauche den Papst als Verbündeten. Deswegen solle sie den Konflikt einfach außer Acht lassen, zumal der Vatikan für eine Begegnung auch keinerlei Bedingungen stelle. Ein Papstbesuch sei im ureigensten Sinn der orthodoxen Kirche. Sie selbst müsse ein solches Treffen wünschen. Allerdings fragt sich Kurajev: Wird sich wohl Papst Franziskus danach sehnen? Denn wenn er mit seiner angekündigten „innerkirchlichen Revolution“ wirklich ernst mache und die Kirche aus den Palästen hinaus zu den Hütten der Armen gehe, habe er genug mit den Problemen zu tun, die dann auf ihn zukämen.

Überwindung des konstantinischen Erbes

Kurajev beginnt schließlich eine ungewöhnliche Gewissenserforschung: Wenn Papst Franziskus das ernst meint, was er vor den Kardinälen über das Kreuz Christi und bei der Pressekonferenz über die Armut gesagt hat, wie muss ihm dann die Russisch-Orthodoxe Kirche vorkommen? Kurajew gibt zur Antwort: „Im besten Fall sind wir in seinen Augen seltsame bärtige Männer am Ende Europas, im schlimmsten Fall aber genau das, was er bei seinen Kardinälen loswerden möchte.“ Kurajev bedauert das neue Bündnis der orthodoxen Kirche mit der gesellschaftlichen Elite. Was nützten die „fetten Kühe“, wenn der „Wille des Kaisers“ die Kirche am missionarischen Auftrag hindere und sie zu Kompromissen mit ihren Sponsoren zwinge. Im Programm des neuen Papstes Franziskus hingegen sieht er den freiwilligen Exodus aus der konstantinischen Ära. West- und Ostkirche hätten nicht nur einen etwas verschobenen Kalender, nein, es zeige sich, dass sie genau in die entgegengesetzte Richtung tickten. Ein Paradox: In den 70er Jahren hätten die Befreiungstheologen in Lateinamerika ähnlich gesprochen wie die orthodoxen Bischöfe in der Sowjetunion, die den Machthabern das Wort redeten. Nach dem Fall des Kommunismus ließen nun beide Seiten die marxistische Verirrung hinter sich, würden sich freilich in die genau entgegengesetzte Richtung aufmachen. Doch welches der beiden Konzepte als Antwort auf die moderne Welt erfolgreicher sein werde – „Gott, aber das heißt, die Geschichte wird es beurteilen“, so Kurajev.

Neues Musical über Augustinus

Emmanuel auf Tournee

Seit 1996 besteht in Altötting eine Evangelisationsschule der katholischen Gemeinschaft „Emmanuel“. In einer neunmonatigen Ausbildung können junge Katholiken zwischen 18 und 30 Jahren die Befähigung erwerben, auf Glaubensfragen fundiert zu antworten. Im derzeitigen Studienjahr 2012/2013 gibt es 22 Studenten, welche aus neun verschiedenen Ländern stammen. Im Jahr 2000 begann die Schule, die offiziell den Namen „Emmanuel School of Mission (ESM)“ trägt, jährlich ein Musical mit moderner Musik zu inszenieren. Ziel ist es, den Menschen von heute das Evangelium ansprechend zu vermitteln. Heuer haben die Studenten ein Stück über den hl. Augustinus einstudiert, das sie nun im Sinn von Pfarrmissionen deutschlandweit anbieten. Die Diplom-Theologin Paula Ketteler, die in der ESM die Vorbereitungen des Musicals koordiniert hat, stellt die geplante Tournee vor.

Von Paula Ketteler 

Augustinus auf der Suche nach der Wahrheit

Die Inszenierungen der Evangelisationsschule aus Altötting, die seit 13 Jahren im ganzen deutschsprachigen Raum auf Tour gehen, lassen an Professionalität und Unterhaltungswert nichts vermissen. Waren es in den vergangenen Jahren der charismatische Don Bosco und die unvergessliche Mutter Teresa, so steht dieses Jahr ein junger, wissbegieriger Augustinus auf der Bühne.

Das Stück trägt den Titel „Auf Leben und Tod – Bist du bereit für die Wahrheit?“ Es zeigt die Geschichte des hl. Augustinus, der sich als junger Gelehrter auf die Suche nach der Wahrheit begibt. Sein Motto: Alles ausprobieren! So verstrickt er sich in allerlei schwierige Lebenssituationen und landet schließlich sogar in einer Sekte. Doch die Antwort auf alle seine Fragen findet er dort, wo er zu anfangs gar nicht suchen wollte.

Das Stück schlägt zahlreiche Gegenwartsbezüge, so dass der Zuschauer sich durchaus mit dem Fragen und Ringen des suchenden Augustinus identifizieren kann. Er lernt nicht nur die historischen Persönlichkeiten des vierten Jahrhunderts wie Augustinus von Hippo, seine Mutter Monika und Bischof Ambrosius von Mailand kennen, sondern fühlt sich auch immer wieder in die Gegenwart versetzt. Die brennende Frage des jungen Intellektuellen aus Nordafrika wird zu seiner eigenen Frage: Was ist die Wahrheit und wo kann ich sie finden?

Abwechslungsreiche musikalische Gestaltung

Musikalisch sind die unterschiedlichsten modernen Genres vertreten, angefangen bei Popballaden über Metal und Techno bis hin zu Tango und Jazz. So werden die einzelnen Situationen, in denen sich Augustinus wiederfindet, auf abwechslungsreiche und treffende Weise in Szene gesetzt. Dabei lebt das Stück vor allem durch das frische und persönliche Spiel der 22 ESM-Studenten. Seit vergangenem November haben sie unter der Leitung von Regisseurin Bärbel Weidmann, Feichten a.d. Alz, und Musikproduzent Franz Kinsky, Altötting, das Stück einstudiert, dessen Drehbuch von Francis Manoukian, Paris, geschrieben wurde. Die Texte und Melodien der Songs stammen vorwiegend von ehemaligen Studenten oder Mitarbeitern der Emmanuel School of Mission. Eines von ihnen war bei der Premiere noch nicht dabei: Das Lied „Nimm und lies!“ von Markus Wittal, Nürnberg, wird auf der ersten Tournee uraufgeführt.

Glaubenszeugnis junger Missionare

Die diesjährigen Studenten stammen aus neun verschiedenen Nationen und leben von Oktober bis Juni in der Altöttinger Josefsburg zusammen. Sie versuchen, sich tiefer mit dem christlichen Glauben und ihren eigenen Fragen nach der Wahrheit auseinanderzusetzen. Durch das intensive Gemeinschaftsleben wachsen sie in ihrer eigenen Persönlichkeit und Beziehungsfähigkeit. Nicht zuletzt lernen sie durch gemeinsame Arbeiten und Projekte, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, entdecken verborgene Talente in verschiedensten Bereichen und arbeiten an den eigenen Schwächen. Genau das ist es, was die Musicals der ESM so besonders macht: Sie sind nicht nur eine spannende und beeindruckende Unterhaltung, sie sind auch eine Begegnung mit jungen, lustigen Erwachsenen, die es wirklich ernst mit ihrem Leben meinen und eine Freude ausstrahlen, die ansteckend ist.

Tournee im deutschsprachigen Raum

Die Premiere des neuen Stücks war ein überwältigender Erfolg. Kaum war das letzte Lied vorbei, erhoben sich die über 600 Zuschauer von ihren Plätzen und spendeten den Schauspielern standing ovations. Am 21. März begann die erste Tournee, die über Niederviehbach, Pocking, Regensburg und Marktl am Ostersonntag wieder zurück nach Altötting führte. Auf zwei weiteren Tourneen wird es im ganzen deutschen Sprachraum zu sehen sein. Einen Höhepunkt bildet die Aufführung am 7. Juni im Rahmen des Eucharistischen Kongresses in Köln. Und beim großen Glaubensfestival im Pastoralverbund Letmathe vom 26. April bis 5. Mai, einer Pfarrmission der Gemeinschaft Emmanuel, wird es selbstverständlich auch mit einbezogen. Im Anschluss an die Aufführungen können die Besucher persönlich mit den Studenten in Kontakt kommen. Nicht selten entwickeln sich daraus sehr tiefe Gespräche über existentielle Fragen. Genauere Informationen über die Tourneen sind unter der Webseite www.esm-altoetting.de zu finden.

Der Rücktritt des deutschen Papstes ist im Plan Gottes vorgesehen

Benedikt wird „im Herzen der Kirche die Liebe sein“

Noch vor der Wahl des neuen Papstes brachte Erzbischof Dr. Ludwig Schick in einem Beitrag für „Kirche heute“ seine persönlichen Gedanken zum Rücktritt Benedikts XVI. zum Ausdruck. In seinem Ringen, die Ereignisse einzuordnen, werden sich viele wiederfinden können. Gleichzeitig spricht er auf einfühlsame Weise seine Würdigung und seinen Dank für das Pontifikat Benedikts aus. Als  „Weltkirchen-Bischof“ war er sehr offen für einen neuen Papst von einem anderen Kontinent, aus einer Region, in der das Christentum blüht und wächst. „Immer wenn ich in Afrika, Asien und Lateinamerika unterwegs bin, erlebe ich, wie jung und frisch der Glaube dort ist. Von einem Papst aus Afrika oder Lateinamerika könnten neue Impulse ausgehen“, so Schick vor einigen Wochen. Mit Papst Franziskus beginnen sich seine Erwartungen zu erfüllen.

Von Erzbischof Ludwig Schick, Bamberg

Es war Rosenmontag. Kurz vor Mittag ging durch die Medien: „Der Papst tritt zurück“. Ich konnte oder – richtiger – wollte es nicht glauben. Rosenmontag, nicht ernst nehmen! Aber dann kam die offizielle Mitteilung. Es ist wahr: Der Papst ist zurückgetreten. Den Rosenmontag, 11. Februar 2013, werden wir nicht mehr vergessen. Nach fast 720 Jahren tritt ein Papst zurück. Papst Coelestin V. gab 1294 sein Amt auf, ob ganz freiwillig, ist historisch nicht vollends geklärt.

Der Rücktritt hat mich, wie viele andere, traurig gemacht. Plötzlich waren wir in der Kirche, die mir Familie und Heimat ist, ohne Vater, verwaist. Als Bischof und Verantwortungsträger kam mir auch bald die Frage: Und was bedeutet das für die Kirche und die Welt? Etwas, was zwar im Kirchenrecht schon immer vorgesehen war, aber unmöglich schien, war auf einmal möglich. „Ist denn jetzt alles möglich?“, fragte ich mich. Und weiter: „Wenn alles möglich ist, was ist dann noch unmöglich? Aber vor einer Welt, in der alles möglich ist, müssen wir uns doch wohl fürchten?“ Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf.

Die Entscheidung des Heiligen Vaters Benedikt akzeptiere ich selbstverständlich ohne Wenn und Aber. Der Canon 332 §2, der ihm das Recht dazu gibt, lautet: „Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch, dass er von irgendwem angenommen wird.“ Ich verstehe Papst Benedikt auch. Das Amt des Nachfolgers Petri ist in unserer Zeit schwer, sehr schwer. Mit 85 Jahren, nach einem langen arbeitsamen Leben für die Kirche, schwinden die Kräfte und die Last kann „unerträglich“ (nicht mehr zu tragen) werden. Trotz allem: Der Rücktritt eines Papstes ist so neu, dass wir uns alle daran gewöhnen müssen. Wir sind Zeugen eines historischen Ereignisses, das die moderne Welt noch nie gesehen hat. Mein Glaube an das Wort Jesu vor seiner Auffahrt in den Himmel, „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20), das auch Papst Benedikt in den letzten Tagen öfter zitiert hat, lässt mich gläubig in die Zukunft sehen. Noch etwas macht mir Mut! Der 11. Februar 2013 war nicht nur der Rosenmontag, sondern auch der Gedenktag „Unserer Lieben Frau in Lourdes“. Maria ist die Mutter der Kirche. Mit ihrer Fürsprache wird alles zum Guten gereichen.

Wir Deutsche haben dem Heiligen Vater das Leben nicht gerade leicht gemacht. Aber nun verlieren wir ein einmaliges Privileg, das es vorläufig nicht so schnell wieder geben wird: den Heiligen Vater gut und persönlich zu kennen und sich mit ihm in der Muttersprache verständigen zu können. Persönlich kenne ich Joseph Ratzinger seit 1971 und bin ihm in sämtlichen Ämtern begegnet, als Professor, Erzbischof von München und Freising, als Kardinal und Papst. Ich habe ihn als sehr einfachen und schlichten, sehr gebildeten und hochintelligenten Menschen erlebt. Es wird oft gesagt, der Papst sei menschenscheu gewesen. Ich möchte lieber sagen: Er ist zurückhaltend, um ein guter Zuhörer zu sein und um die Anderen „groß werden“ zu lassen. Ich war immer sehr angetan von den Treffen mit ihm. Er ließ seine Gesprächspartner zu Wort kommen und half durch gezielte kurze Nachfragen, dass sie selbst die Lösungen oder Antworten fanden. Meine Begegnungen als Student, dann als Professor in Fulda und Marburg und später als Erzbischof von Bamberg mit ihm, waren immer sehr hilfreich in der Sache und angenehm im Umgang. Ich bin ihm zutiefst dankbar für das, was er in den acht Jahren seiner Amtszeit geleistet hat. Papst Benedikt hat uns seit 2005 viel geschenkt. Ich denke dabei an seine Ansprachen bei den Generalaudienzen jeweils am Mittwoch, besonders an die über die Kirchenväter und die Heiligen, mit denen er vielen Menschen den Glauben vertieft, Hoffnung und Zuversicht gegeben und die Liebe entzündet hat. Obwohl Papst Benedikt so einfach reden und schreiben konnte, waren seine Predigten und Schriften sowohl von hoher Theologie als auch von tiefer Spiritualität geprägt. Mit seiner Art zu sprechen, hat er den Menschen Mut gemacht, froh den Glauben zu leben und zu praktizieren. Seine Enzykliken, insbesondere „Deus caritas est“, haben tiefen Eindruck hinterlassen. Auch mit seinem Jesus-Buch in drei Bänden hat er einen bedeutenden Beitrag zum Glauben in der katholischen Kirche geleistet. Mit allen seinen Ansprachen und Schriften hat er immer zum Zentrum unseres Glaubens geführt, zu Jesus Christus, dem Ein und Alles in der Kirche.

Er ist ein großer Theologe und Denker, mit seinen zahlreichen Büchern und Schriften wird er über sein Amt und seine Lebzeiten hinaus der Nachwelt ein wertvolles geistiges Erbe hinterlassen. Er war aber auch ein Weltkirchen-Papst. Denken wir an seine Reisen nach Brasilien, Mexiko und Kuba, nach Angola und Benin, nach Sydney in Australien, nach Polen und Deutschland. Besonders die bedrängten Christen lagen ihm am Herzen. An die Christen in China schrieb er einen Brief und führte den Gebetstag für die Kirche in China ein. Er appellierte an die Staaten im Nahen Osten und Nordafrika, in Indien und Pakistan, die Christen zu schützen. Wir in Deutschland und in Bayern können sehr froh und stolz sein, diesen Papst erlebt zu haben. Voller Dankbarkeit blicke ich auf die vergangenen acht Jahre mit dem aus Bayern stammenden Papst zurück. Ich denke, dass auch die, die den Papst in der Vergangenheit kritisiert haben, seine Leistung und sein Werk in der Zukunft würdigen werden. Ich erinnere daran, dass auch Johannes Paul II. zu Lebzeiten in vielen Medien als rückschrittlich und gestrig hingestellt wurde, heute wird er als großer Charismatiker gesehen, der die Massen begeistern konnte und er wird als Seliger in der Kirche verehrt.

Falsch ist auch zu sagen, Benedikt sei immer nur Theologe und Professor geblieben und habe die Herzen der Menschen nicht erreicht. Wer ihn beim Weltjugendtag in Köln, auf dem Petersplatz in Rom oder bei den Besuchen in seiner Heimat erlebte, hat die Begeisterung der Menschen förmlich gespürt. Auch jetzt bei den Eucharistiefeiern und Audienzen nach seiner Rücktrittsankündigung flogen ihm die Herzen, vor allem der jungen Menschen, zu.

Es wäre ein Fehler, den Rücktritt des Heiligen Vaters als Akt der Schwäche, der Resignation oder gar des Scheiterns zu betrachten. „Er ist nicht vom Kreuz hinabgestiegen.“ Er entzieht sich nicht der Verantwortung. Er hat seinen Entschluss lange überlegt, im Gebet sein Gewissen erforscht, und ist zu der Erkenntnis gekommen, dass er aufgrund der schwindenden körperlichen und geistigen Kräfte nicht mehr in der Lage ist, die Kirche in diesen schwierigen Zeiten zu leiten. Diese sicher ungewöhnliche Entscheidung zeugt von Mut und Entscheidungskraft. Benedikt will sich jetzt auch nicht ins Private zurückziehen, sondern der Kirche durch Gebet und Kontemplation nahe bleiben. Das hat er in seinem letzten Schreiben an die Weltkirche, in der Fastenbotschaft 2013, so dargelegt: „Das christliche Leben besteht darin, den Berg der Begegnung mit Gott immer wieder hinaufzusteigen, um dann bereichert durch die Liebe und die Kraft, die sie uns schenkt, wieder hinabzusteigen und unseren Brüdern und Schwestern mit der gleichen Liebe Gottes zu dienen.“ In Zukunft wird er wie die kleine heilige Therese von Lisieux „im Herzen der Kirche die Liebe sein“. Ohne dieses Herz kann die Kirche nicht leben. Aus Hochachtung vor dem Amt des Stellvertreters Gottes auf Erden wünscht Benedikt sich einen kraftvollen Nachfolger auf dem Heiligen Stuhl. Und dass er seine Entscheidung sorgfältig durchdacht hat, wird im Nachhinein deutlich durch viele Entscheidungen der vergangenen Monate. Ob Papst Benedikt mit seinem beispiellosen Akt für die Kirche ein neues Tor geöffnet und deutlich gemacht hat, dass Traditionen zwar wertvoll sind und bewahrt werden müssen, aber es Situationen geben kann, in denen nicht das letzte und ausschlaggebende Argument lauten kann: „Das war schon immer so, das haben wir noch nie anders gemacht“, wie einige Auguren prophezeien, muss die Zukunft erweisen. Aber es kann sein, dass im historischen Rückblick, der so oft als „konservativ“ bezeichnete Joseph Ratzinger mit seinem Rücktritt etwas in der Kirche anstößt, was keiner bisher erahnt, aber im Plan Gottes vorgesehen ist. 

Papst Benedikt wünsche ich einen gesegneten Ruhestand und dass er die Jahre, die Gott ihm noch schenkt, in Frieden und in innerer Freude verbringen kann und einmal im Himmel den verdienten Lohn erhält. Öffentliche Auftritte wird er nach dem Rücktritt nicht mehr wahrnehmen. Er wird seine Zeit dem Beten, Nachdenken und Schreiben widmen. Ich bin sicher – oder besser wünsche es, dass wir nach seinem Tod noch viel Bedeutendes und Wegweisendes von ihm zu lesen bekommen.

Beten wir für unseren neuen Papst Franziskus, den 266. Nachfolger des Apostels Petrus, dass er die katholische Kirche kraftvoll leitet, im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils, das noch längst nicht ausgeschöpft ist, und dass auch er als Stellvertreter Christi viel Segen Gottes in die Welt bringt.

Deutscher Theologe auf dem Stuhl Petri

„Eine einmalige Begabung“

Der emeritierte Kölner Weihbischof Dr. Klaus Dick blickt mit großer Dankbarkeit auf das Pontifikat Benedikts XVI. zurück. Die Nachricht vom Amtsverzicht hat ihn zutiefst erschüttert. Und doch kann er in der Entscheidung des Papstes die Führung des Heiligen Geistes erkennen. Dick ist überzeugt, dass das Pontifikat Benedikts ein außerordentliches Gnadenangebot für die Kirche in Deutschland war. Mit einem evangelischen Mitbruder fragt er sich, ob wir je wieder einmal einen Papst bekommen werden, der über die ganze Entwicklung, die sich von der Reformation aus ergeben hat, so Bescheid weiß, wie der Theologe Ratzinger. Die wahre Bedeutung seines Pontifikats, so Dick, werden wir wohl erst später begreifen.[1]

Von Weihbischof em. Klaus Dick, Köln

Einzigartige Amtsführung Benedikts XVI.

Für eine umfassende Würdigung des Pontifikats Benedikts XVI. ist es noch zu früh. Doch lässt sich bereits erahnen, dass wir seine Bedeutung gar nicht hoch genug ansetzen können. Die acht Jahre dieses Pontifikats tragen ganz besondere, markante Züge. Benedikt füllte das Petrusamt auf eine einzigartige und zugleich neuartige Weise aus. Er setzte eine Form der Kollegialität mit dem Weltepiskopat um, die man bisher nicht kannte. Beispielsweise erklärte er sein eigenes Motu proprio „Summorum Pontificum“ mit einem zusätzlichen Begleitbrief. In dem schlimmen Fall des Bischofs Williamson legte er allen Bischöfen genau dar, wie es zu der problematischen Situation gekommen war.

Einzigartig am Pontifikat Benedikts ist vor allem auch, dass hier ein Papst als Theologe weiter Bücher geschrieben hat. Ausdrücklich wies er darauf hin, dass es sich nicht um Akte des Lehramts, sondern einfach um Beiträge handle, die auch der Korrektur oder der Kritik der Fachleute offen stünden.

Ungenutzte Chance für die Kirche in Deutschland

Als Papst Benedikt XVI. sein Amt antrat, herrschte auch in Deutschland eine große Begeisterung. Heute wird behauptet, der Jubel sei ziemlich schnell wieder verflogen. Tatsächlich stellt sich die Frage, ob wir innerlich überhaupt begriffen hatten, welche besondere Gnade der Kirche in Deutschland zuteil geworden war. Wir hatten einen Papst, der von hier stammte und die hiesigen Verhältnisse gut kannte. Als Benedikt erst kurz im Amt war, fragte mich einmal ein polnischer Mitbruder: „Wie geht ihr Deutschen eigentlich mit unserem Papst um?“ Während wir in Deutschland diesem Papst nicht nur nicht kräftig beigestanden sind, sondern oft sogar kritischen Abstand von ihm genommen haben, ist er in anderen Nationen, gerade auch in Polen, hoch geschätzt und geliebt worden.

Kontinuität und eigenes Profil

Benedikt XVI. hat nie versucht, Johannes Paul II. zu kopieren. Doch muss man staunen, welche Bedeutung er dem Pontifikat seines Vorgängers beigemessen hat. Einige Zeit nach dem Amtsantritt Benedikts wurde ich einmal gefragt: „Ist das eigentlich üblich, dass ein Papst so häufig seinen Vorgänger zitiert?“ Ich konnte nur sagen: „Nein, das ist nicht üblich, aber es ist typisch.“ Benedikt scheute sich nicht, die Verehrung für seinen Vorgänger zu betonen und deutlich zu machen. Er betrieb unbeirrt die Beatifikation Johannes Pauls II. und rief ihn bei der Seligsprechungsfeier mit den Worten an: „Heiliger Vater, segne uns!“ Das dürfte in der Geschichte des Papsttums einmalig sein. Doch hat diese Abhängigkeit in der unmittelbaren Nachfolge dem Eigenprofil Papst Benedikts absolut nicht geschadet. Im Gegenteil: Er hat – menschlich gesprochen – das Kunststück fertiggebracht, seinen Vorgänger voll und ganz weiterwirken zu lassen und dennoch selbst ein eigenes Profil zu gewinnen.

Authentische Persönlichkeit überzeugt die Jugend

Die große Überraschung war schließlich der Weltjugendtag in Köln. Nicht zuletzt auch kritische Kirchenangehörige hatten vermutet und prognostiziert, ohne Johannes Paul II. könne es nie zu der bekannten Begeisterung kommen. Wie sein Vorgänger über 25 Jahre hinweg gewirkt habe, sei einfach unvergleichlich. Man war sich sicher, dass vor allem die Jugend den neuen Papst nicht so begeistert annehmen würde wie Johannes Paul II. bei den vorhergehenden Weltjugendtagen. Die Überraschung war zugleich auch eine Verdeutlichung: Benedikt hatte die Herzen der Jugendlichen wirklich gewonnen und zwar, weil eine Eigenschaft sichtbar geworden war, die gerade bei der Jugend von heute hoch im Kurs steht: „Der ist echt!“ So konnte man es immer wieder hören.

Ergreifender Augenblick in der Gruft des Kölner Doms

Der Weltjugendtag brachte auch einen interessanten Bezug des Heiligen Vaters zu unserer Stadt Köln ans Licht. Als er vor dem Kölner Dom die Jugendlichen begrüßte, stimmte er ein Lob auf Köln an, wie es sich bestimmt bei keinem der 264 Vorgänger finden lässt. Die Worte sollte man einmal in Stein meißeln. Wie er selbst sagte, geht die Liebe, die er zu Köln gewonnen hatte, auf die Zeit als Professor in Bonn zurück. Besonders bedeutungsvoll war nun sein Besuch im Kölner Dom. Er stieg in die Gruft der Erzbischöfe hinab, um an den Gräbern der Kardinäle Frings und Höffner zu beten. Noch als Professor hatte Ratzinger einmal in einem Vortrag über die Bedeutung des Konzils und die Rolle des Kölner Kardinals gesprochen. Dabei erzählte er, wie ergreifend es gewesen sei, als sich im Oktober 1962 der blinde Kardinal Frings vor dem Abflug nach Rom in die Gruft führen ließ, um die Stelle zu berühren, an der er einmal beigesetzt würde. Damit habe der Kardinal deutlich machen wollen: Jetzt geht es um eine Aufgabe, nämlich Konzilsvater zu sein, über die er einmal Rechenschaft ablegen muss, wenn er zu Grabe getragen wird, wenn er in der Ewigkeit vor seinen Richter tritt.

Wie Ratzinger Konzilstheologe wurde

Der Kölner Kardinal Frings hatte sich damals dafür entschieden, Professor Ratzinger als Konzilstheologen mit nach Rom zu nehmen. Es ist interessant, dass Benedikt XVI. drei Tage nach der Ankündigung seines Rücktritts in der Ansprache an den römischen Klerus auf diese Erwählung zurückgegriffen und deren Bedeutung für sein Leben hervorgehoben hat. Was war geschehen? Als Professor Ratzinger mit 31 Jahren auf einen Lehrstuhl in Bonn berufen wurde, kannte er natürlich hier in Köln fast niemanden. Unter den Wenigen war der damalige Sekretär Hubert Luthe, der wie er ebenfalls in München studiert und später auch beim gleichen Professor promoviert hatte. Papst Benedikt rief nun in seiner Ansprache den Augenblick in Erinnerung, als ihn Hubert Luthe während einer Konzertpause hier im Gürzenich in Köln als jungen Professor dem alten Kardinal vorgestellt habe. Obwohl er mit seinen Augen fast nichts mehr wahrnehmen konnte, hatte der Kardinal offensichtlich sofort erkannt, dass hier eine besondere Begabung vorliegt. Er bat Professor Ratzinger, ihm den Entwurf für einen Vortrag zu liefern, den er in Genua bei einer Veranstaltung zur Vorbereitung auf das Konzil über das Thema „Das Konzil in der Situation unserer Zeit“ halten sollte. Kardinal Frings war, wie er in seinen Erinnerungen dargelegt hat, von dem Vorschlag Ratzingers so begeistert, dass er ihn ohne bemerkenswerte Korrekturen übernahm. Kurze Zeit später tagte die Vorbereitungskommission des Konzils, der auch der Kölner Kardinal angehörte. Von einem Diener wurde er aufgefordert, in der Pause Papst Johannes XXIII. aufzusuchen. Dabei dankte ihm der Papst für den Vortrag und sagte, er hätte genau das zum Ausdruck gebracht, was er selbst ausdrücken wollte. Auf den Hinweis von Kardinal Frings, ein Professor Ratzinger habe ihm diesen Vorschlag gemacht, bemerkte Johannes XXIII.: „Ja, ja, man muss sich natürlich solche Entwürfe machen lassen.“ Selbstverständlich ahnte der Papst nicht, dass der Genannte einmal sein Nachfolger sein würde. Dies aber hatte nun wiederum zur Folge, dass Kardinal Frings Professor Ratzinger bat, ihn als sein persönlicher Theologe zum Konzil zu begleiten. Auf Mithilfe des Kardinals wurde Ratzinger schließlich auch offizieller Theologe des Konzils. Dadurch gelangte er in den Blick der Konzilsväter und später auch Papst Pauls VI., der ihn 1977 zum Erzbischof von München berief und ihm schon drei Wochen später die Kardinalswürde verlieh.

Theologische Begabung kam im Petrusamt zur Geltung

Von hier aus dürfen wir die Brücke zur Bedeutung des Pontifikats Benedikts XVI. schlagen. Eine persönliche Erinnerung mag dies verdeutlichen. Ich hatte den großen Vorteil, der sich später als besondere Gnade erwies, schon in der Studienzeit den Theologiestudenten Joseph Ratzinger kennenzulernen. Später habe ich auch bei seinem Doktorvater promoviert. Das erste Mal hatte ich den Namen Ratzinger im Sommersemester 1949 gehört. Es war aus dem Mund von Professor Söhngen, der nie reines Hochdeutsch, sondern immer kölnisches Hochdeutsch gesprochen hatte. Als man den Münchner Theologen noch gar nicht kannte, sagte er am Anfang des Semesters: „Also, der Joseph Ratzinger: ’ne einmalige Begabung!“ Wir dürfen mit diesem etwas Kölsch gefärbten Wort sagen: „Ja, wahrhaftig, eine einmalige Begabung auch für das Amt des Petrusnachfolgers.“


[1] Der Beitrag wurde im Anschluss an eine Fernsehaufzeichnung von EWTN-TV am 16. Februar 2013 verfasst (www.ewtn.de/video-podcasts: „Joseph Ratzinger – Eine einmalige Begabung“).

50. Weltgebetstag für geistliche Berufe

Berufungen im Zeichen der Hoffnung

Während des Zweiten Vatikanischen Konzils hat Papst Paul VI. den Weltgebetstag um geistliche Berufungen eingeführt und auf den 4. Sonntag der Osterzeit festgelegt. Am 21. April 2013 wird dieser Tag nun das 50. Mal begangen. Die Botschaft Benedikts XVI. mit dem Thema „Berufungen – Zeichen der Hoffnung aus dem Glauben“ ist wie ein Vermächtnis seiner eigenen Hoffnung, dass der Herr seine Kirche auch in Zukunft nicht im Stich lassen, sondern ihre Treue zum Priestertum mit Berufungen belohnen wird. Gleichzeitig gibt er den jungen Menschen einen Schlüssel zu ihrer eigenen Berufung an die Hand. Die Botschaft leicht gekürzt.

Von Papst em. Benedikt XVI.

Unerbittlicher Indikator für die Vitalität des Glaubens

Der Diener Gottes Paul VI. hat während der Konzilsversammlung den Weltgebetstag für geistliche Berufungen der vereinten Anrufung Gottes, des Vaters, eingeführt, damit der Herr weiterhin Arbeiter für seine Kirche sende (vgl. Mt 9,38). „Das Problem der ausreichenden Zahl von Priestern“, betonte damals der Papst, „geht alle Gläubigen unmittelbar an: nicht nur weil davon die religiöse Zukunft der christlichen Gesellschaft abhängt, sondern auch weil dieses Problem der präzise und unerbittliche Indikator für die Vitalität des Glaubens und der Liebe der einzelnen Pfarrgemeinden und Diözesen sowie Zeugnis für die sittliche Gesundheit der christlichen Familien ist. Wo Priester- und Ordensberufungen in großer Zahl erblühen, dort lebt man großherzig nach dem Evangelium.“[1]

In diesen Jahrzehnten haben sich die verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften auf der ganzen Welt jedes Jahr am vierten Sonntag der Osterzeit geistlich miteinander verbunden, um von Gott die Gabe heiliger Berufungen zu erflehen und um erneut zu gemeinsamem Nachdenken über die Dringlichkeit der Antwort auf den göttlichen Ruf anzuregen. Dieser bedeutsame jährliche Termin hat tatsächlich ein starkes Engagement gefördert, die Wichtigkeit der Berufungen zum Priestertum und zum gottgeweihten Leben immer mehr in das Zentrum der Spiritualität, des seelsorglichen Handelns und des Gebetes der Gläubigen zu rücken.

Grund unserer Hoffnung

Die Hoffnung besteht in der Erwartung von etwas Positivem für die Zukunft, das aber zugleich unser nicht selten von Unzufriedenheit und Misserfolgen gekennzeichnetes Heute stützen soll. Worauf gründet sich unsere Hoffnung? Im Blick auf die Geschichte des Volkes Israel, die im Alten Testament erzählt wird, sehen wir, dass selbst in Zeiten größter Not, wie etwa im Exil, ein bleibendes Element hervortritt, auf das vor allem die Propheten immer wieder hinweisen: die Erinnerung an die Verheißungen Gottes an die Patriarchen; eine Erinnerung, die dazu auffordert, das beispielhafte Verhalten Abrahams nachzuahmen, von dem der Apostel Paulus sagt: „Gegen alle Hoffnung hat er voll Hoffnung geglaubt, dass er der Vater vieler Völker werde, nach dem Wort: So zahlreich werden deine Nachkommen sein“ (Röm 4,18). Eine tröstliche und erhellende Wahrheit, die aus der gesamten Heilsgeschichte hervorgeht, ist also die Treue Gottes zu dem Bund, den er eingegangen ist und den er jedesmal erneuert hat, wenn der Mensch ihn durch Untreue, durch Sünde gebrochen hat, von der Zeit der Sintflut an (vgl. Gen 8,21-22) bis zur Zeit des Exodus und der Wanderung durch die Wüste (vgl. Dtn 9,7); die Treue Gottes, die so weit ging, den neuen und ewigen Bund mit dem Menschen durch das Blut seines Sohnes zu besiegeln, der zu unserem Heil gestorben und auferstanden ist. (…)

Worin besteht nun die Treue Gottes, der wir uns in fester Hoffnung anvertrauen sollen? In seiner Liebe. Er, der der Vater ist, gießt durch den Heiligen Geist in unser tiefstes Ich seine Liebe ein (vgl. Röm 5,5). Und eben diese Liebe, die sich in ihrer Fülle in Jesus Christus gezeigt hat, fragt unsere Existenz an, verlangt eine Antwort darüber, was jeder mit seinem Leben tun will, was er ins Spiel zu bringen bereit ist, um es vollkommen zu verwirklichen. Die Liebe Gottes geht manchmal unerfindliche Wege, erreicht aber immer diejenigen, die sich finden lassen. Die Hoffnung nährt sich also aus dieser Sicherheit: „Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen“ (1 Joh 4,16). Diese anspruchsvolle, tiefe Liebe, die weiter reicht als die Oberflächlichkeit, macht uns Mut, stimmt uns zuversichtlich für den Lebensweg und die Zukunft, schenkt uns Selbstvertrauen wie auch Vertrauen in die Geschichte und gegenüber den anderen. Ich möchte mich besonders an euch Jugendliche wenden und euch noch einmal sagen: „Was wäre euer Leben ohne diese Liebe? Gott sorgt für den Menschen von der Schöpfung bis zum Ende der Zeiten, wenn er seinen Heilsplan vollenden wird. Im auferstandenen Herrn haben wir die Gewissheit unserer Hoffnung.“[2]

Was bedeutet Nachfolge?

Wie schon während seines Erdenlebens, so geht Jesus, der Auferstandene, auch heute an den Wegen unseres Lebens entlang und sieht uns, vertieft in unsere Aktivitäten, mit unseren Sehnsüchten und unseren Nöten. Gerade im Alltag richtet er sein Wort an uns; er ruft uns, unser Leben zu verwirklichen mit ihm, der allein fähig ist, unseren Durst nach Hoffnung zu stillen. Er, der in der Gemeinschaft der Jünger, der Kirche, lebt, ruft auch heute, ihm zu folgen. Und dieser Aufruf kann jederzeit eintreffen. Auch heute wiederholt Jesus: „Komm, folge mir!“ (Mk 10,21). Um dieser Einladung zu folgen, ist es notwendig, nicht mehr selbst den eigenen Weg zu wählen. Nachfolge bedeutet, den eigenen Willen in den Willen Jesu einzusenken, ihm wirklich den Vorrang zu geben, ihm den ersten Platz einzuräumen gegenüber allem, was Teil unseres Lebens ist: gegenüber der Familie, der Arbeit, den persönlichen Interessen und gegenüber sich selbst. Es bedeutet, das eigene Leben ihm zu übergeben, in tiefer Vertrautheit mit ihm zu leben, durch ihn im Heiligen Geist in die Gemeinschaft mit dem Vater einzutreten und – folglich – in die mit den Brüdern und Schwestern. Diese Lebensgemeinschaft mit Jesus ist der bevorzugte „Ort“, wo die Hoffnung zu erfahren ist und wo das Leben frei und erfüllt sein wird!

Die Priester- und Ordensberufungen gehen aus der Erfahrung einer persönlichen Begegnung mit Christus hervor, aus dem ehrlichen und vertrauten Gespräch mit ihm, um in seinen Willen einzutreten. Es ist also notwendig, in der Glaubenserfahrung zu wachsen, im Sinne einer tiefen Beziehung zu Jesus, eines inneren Hörens auf seine Stimme, die in uns erklingt. Dieser Weg, der zur Annahme des Rufes Gottes fähig macht, kann innerhalb christlicher Gemeinschaften geschehen, die ein intensives Glaubensklima leben, ein großzügiges Zeugnis der Treue zum Evangelium geben und eine missionarische Leidenschaft besitzen, die zur vollkommenen Selbsthingabe für das Reich Gottes anregt; die Nahrung für diesen Weg kommt aus der Teilnahme an den Sakramenten, vor allem an der Eucharistie, und aus einem glühenden Gebetsleben. Letzteres „muss […] einerseits ganz persönlich sein, Konfrontation meines Ich mit Gott, dem lebendigen Gott. Es muss aber andererseits immer wieder geführt und erleuchtet werden von den großen Gebetsworten der Kirche und der Heiligen, vom liturgischen Gebet, in dem der Herr uns immer wieder recht zu beten lehrt.“[3]

Lebendige Flammen der göttlichen Liebe

Das beständige und innige Gebet lässt den Glauben der christlichen Gemeinschaft wachsen, in der immer neuen Gewissheit, dass Gott sein Volk niemals verlässt und dass er es unterstützt, indem er besondere Berufungen zum Priestertum und zum gottgeweihten Leben erweckt, damit sie Zeichen der Hoffnung für die Welt seien. Die Priester und Ordensleute sind nämlich berufen, sich bedingungslos für das Volk Gottes hinzugeben, in einem Liebesdienst für das Evangelium und für die Kirche, in einem Dienst zugunsten jener festen Hoffnung, die nur das Sich-Öffnen für die Sichtweite Gottes zu geben vermag. Deshalb können sie mit dem Zeugnis ihres Glaubens und mit ihrem apostolischen Eifer besonders den jungen Menschen den lebhaften Wunsch übertragen, auf Christi Ruf in die engere Nachfolge großherzig und unverzüglich zu antworten. Wenn ein Jünger Jesu den göttlichen Ruf annimmt, sich dem priesterlichen Dienst oder dem gottgeweihten Leben zu widmen, zeigt sich darin eine der reifsten Früchte christlicher Gemeinschaft, die hilft, mit besonderer Zuversicht und Hoffnung auf die Zukunft der Kirche und ihr Engagement der Evangelisierung zu schauen. Dieses braucht ja immer neue Arbeiter für die Verkündigung des Evangeliums, für die Feier der Eucharistie und für das Sakrament der Versöhnung. Möge es darum nicht an eifrigen Priestern fehlen, die es verstehen, als „Weggefährten“ die Jugendlichen zu begleiten, um ihnen zu helfen, auf dem manchmal verschlungenen und dunklen Lebensweg Christus, den Weg, die Wahrheit und das Leben, zu erkennen (vgl. Joh 14,6); um ihnen mit dem Mut, der aus dem Evangelium kommt, die Schönheit des Dienstes für Gott, für die christliche Gemeinschaft und für die Brüder und Schwestern vor Augen zu führen – Priester, welche die Fruchtbarkeit eines begeisterten Einsatzes zeigen, der dem eigenen Leben ein Empfinden der Fülle verleiht, weil es auf den Glauben an den gegründet ist, der uns zuerst geliebt hat (vgl. 1 Joh 4,19). Ebenso hoffe ich, dass die Jugendlichen inmitten so vieler oberflächlicher und kurzlebiger Angebote die Anziehungskraft für die Werte, die hohen Ziele, die radikalen Entscheidungen zu bewahren wissen, für einen Dienst an den anderen auf den Spuren Jesu. Liebe junge Freunde, habt keine Angst, ihm nachzufolgen und die anspruchsvollen und mutigen Wege der Nächstenliebe und des großherzigen Einsatzes zu gehen! So werdet ihr glücklich sein im Dienen, Zeugen jener Freude, die die Welt nicht geben kann, werdet ihr lebendige Flammen einer unendlichen und ewigen Liebe sein und lernen, „jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15)!


[1] Paul VI., Radiobotschaft, 11. April 1964.
[2] Ansprache an die Jugendlichen der Diözese San Marino-Montefeltro, 19. Juni 2011.
[3] Enzyklika Spe salvi, 34.

Im "Jahr des Glaubens" bewusst "im Glauben unterwegs"

Altöttinger Gnadenbild weltweit verbreitet

Auf der ganzen Welt gibt es zahlreiche originalgetreue Kopien des Altöttinger Gnadenbildes. Prälat Ludwig Limbrunner, Wallfahrtsrektor und Bischöflicher Administrator der Heiligen Kapelle, berichtet von der Inthronisierung der jüngsten Nachbildung der Figur Unserer Lieben Frau von Altötting in der Basilica minor St. Michael in Mondsee. Gleichzeitig geht er auf die geistliche Bedeutung der Wallfahrt zur „Schwarzen Madonna“ ein und beleuchtet die Verbundenheit mit den Heiligtümern, die in verschiedenen Ländern eine Kopie des Gnadenbildes beherbergen.

Von Prälat Ludwig Limbrunner

1. Verbundenheit zwischen Altötting und Mondsee

In einer Schenkungsurkunde von 748 (unter dem bairischen Herzog Tassilo III.), die in einer späteren Abschrift im Traditionsbuch des Klosters Mondsee erhalten ist, wird der Amtshof „Autinga“ als Ausstellungsort genannt: „actum Autingas“, „gegeben zu Ötting“. Damit ist eine enge geschichtliche Beziehung zwischen Altötting und Mondsee dokumentiert.

2. Installation der neuesten Gnadenbildkopie

Am Sonntag, den 3. März 2013, ist aufgrund der althergebrachten Verbundenheit mit dem Wallfahrtsort Altötting durch den Wallfahrtsrektor und Bischöflichen Administrator der Kapellstiftung eine Kopie des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von Altötting nach Mondsee mit seiner traumhaften Kulisse im Salzkammergut überbracht worden.

Die Kopie wurde 2013 von Bildhauermeister und Altbürgermeister Konrad Piazza von St. Ulrich in Gröden/Südtirol aus Lindenholz in Originalgröße geschnitzt. Ermöglicht wurde sie als Gemeinschaftsgeschenk der Bischöflichen Administration, der Altöttinger Pfarrei St. Philippus und Jakobus und der Stadt Altötting auf anregenden Wunsch des Wallfahrts- und Verkehrsdirektors. Die feierliche Installation am reich geschmückten Seitenaltar „Maria Verkündigung“ im Südschiff der Basilika Mondsee erfolgte unter großartiger, böllernder, musizierender und farbenprächtiger Beteiligung des Klostermarktes Mondsee sowie im Rahmen der 47. Altöttinger Buspilgerwallfahrt, zu der sich auch das Umland wiederum dazugesellte. Hochfestliches Glockengeläute, eine beachtliche Zahl von Fahnenabordnungen, stattliche Goldhaubenfrauen, geschätzte Ehrengäste und viele liebe Gäste ließen einen eindrucksvollen Prozessionsweg entstehen. Gut 350 Wallfahrer erlebten das Jahrhundertereignis der ehrenvollen Installation im Rahmen einer Marienfeier mit Chor und Orchester. Der Ortspfarrer von Mondsee hatte zur Erinnerung an den Festtag zu diesem 3. Fastensonntag 2013 eigens ein schönes Gebet der „Lebenshingabe an Gott“ dank der Gnadenmutter formuliert. Und so betete er vor: „Ich stelle mich vor Dich mit Deiner Mutter, mein Herr und mein Gott!“ Jedem Teilnehmer konnte ein Gebetsbild mit dem Text zum erinnernden Geschenk gemacht werden.

3. Das Original des frühgotischen Gnadenbildes

Das Original des Gnadenbildes steht im Oktogon der Heiligen Kapelle zu Altötting. Es ist aus Lindenholz geschnitzt und stammt wohl aus dem frühen 14. Jahrhundert. Mit ca. 64 Zentimeter ist es klein gehalten. Die frühgotische Figur mit dem Jesuskind, seit 1518 in edlem Faltenwurf kostbar gekleidet und gekrönt, strahlt aus dem mystischen Dunkel des Oktogons aus. Seit 1489 kommen die Wallfahrer mit großem Vertrauen zum mütterlich verstehend lächelnden Gnadenbild. Es ist wohl als burgundisch-oberrheinische Marienstatue durch die Zisterzienser aus dem nahen Kloster Raitenhaslach an der Salzach nach Altötting geschenkt worden. Weiter verliert sich die Herkunft der Madonna im Dunkel der Geschichte und der Schnitzer des Standbildes bleibt unbekannt.

Maria ist stehend dargestellt und trägt das Kind auf ihrem rechten Arm. In der ursprünglichen Fassung sind die Kleider von Mutter und Kind in roter Farbe gehalten. Der Mantel ist innenseitig blau und außenseitig weiß mit einem Goldsaum, der Schleier in Silber. Gesicht und Hände der später so genannten „Schwarzen Maria“ sind wohl durch Kerzenrauch und auch durch die Oxydierung des silbernen Untergrunds der Bemalung dunkel geworden. Die nun geschaffene Kopie bietet ein sehr originalgetreues Abbild.

4. Verbindung mit den weltweit verbreiteten Kopien

Am Fest Kathedra Petri wurde die nach Mondsee zu überbringende Kopie am Original des Gnadenbildes, die im sog. Muscheltabernakel des Gnadenaltars wie eine „schimmernde Perle in einer bergenden Muschel“ steht, unter dem betenden und bezeugenden Beisein der Mitstifter, nämlich des Stadtpfarrers sowie des Ersten Bürgermeisters der Stadt Altötting, vorsichtig berührt. Eine kleine unsichtbare, doch spürbare Beziehung ist damit geschenkt worden. Solche Verbindungen von originalgetreuen Kopien mit dem Gnadenbild sind vielfältig und weitreichend. Sie reichen in die Vergangenheit zurück und greifen in die Zukunft voraus.

So birgt die ehemalige Zisterze Raitenhaslach nahe Burghausen heute einen Marienseitenaltar mit der Nachbildung des sog. Öttinger Gnadenbildes. Der Altar geht auf ein Gelübde zurück: Abt Emmanuel I. Scholz gelobte ein Bild aufzustellen, falls das Kloster vor den Wirren des Spanischen Erbfolgekrieges (1704) verschont bliebe. Gerade heutzutage haben wir den „Schutz vor Wirren“ dringend nötig.

Auch in der Attachinger Fililalkirche St. Eberhart der Stadtpfarrei Freising-Lerchenfeld wird eine Kopie der Altöttinger Madonna verehrt. Sie wurde ebenfalls am Original berührt und gelangte wohl 1722 nach Attaching.

In der Pfarrei St. Georg in Freising gibt es eine sog. „Altöttinger Kapelle“. Das kopierte Gnadenbild aus dem 17. Jahrhundert trägt ein Kleid. Der Legende nach soll Fürstbischof Veit Adam von Gepeckh jene Kopie aus Altötting mitgebracht haben, die während des Dreißigjährigen Krieges wegen der drohenden Gefahr der Zerstörung anstelle des Originals im Gnadenaltar stand. Das in Verwahrung gebrachte Original wurde nach dem Krieg wieder frohen Herzens rückgestellt. In Freising soll das kopierte Gnadenbild – „durch Guttaten berühmt“ – bei einem Bombenangriff 1945 unversehrt geblieben sein.

Wenn wir bei einem Streifzug durch die Geschichte weitere ausgewählte Kopien in den Blick nehmen – und viele Dorfkirchen und Kapellen bergen und schätzen in ihrer gesunden Frömmigkeit ein Altöttinger Marienbild –, so muss sich in Altötting selbst der Blick sofort hinauf auf die in Kupfer getriebene Kolossalfigur der Nachbildung der Gottesmutter von Altötting über der Apsis auf dem kleinen Dachreiter der Wallfahrtsbasilika Minor St. Anna (erbaut 1910-12) richten. Sinnvoll als „Maria von der Schutzwache“ benannt ist sie vor ihrer Erhebung ebenfalls in Berührung mit der Gnadenmutter gekommen.

Im Jahr 1964 ging eine Kopie des Altöttinger Gnadenbildes durch Vermittlung der aus Altötting stammenden Missionsärztin Frl. Dr. Mariele Eder als Schenkung der Kapellstiftung in die Missionsstation Brunapeg in Süd-Rhodesien.

Im Nationalheiligtum Basilika der Unbefleckten Empfängnis in der US-Hauptstadt Washington nördlich des Kapitols haben fast alle Immigrantengruppen ihre bedeutenden Marienbilder angebracht. Eine Kopie der Altöttinger Madonna wurde vom Administrator der Heiligen Kapelle mit einer Delegation am 16. April 2005 neben der Figur des hl. Bruder Konrad von Parzham zu den weltweiten Marienstandbildern hinzugefügt. Die Kopie wurde anlässlich des 78. Geburtstages auch Joseph Kardinal Ratzinger gewidmet. Drei Tage später wurde er zum Oberhaupt der Kirche und zum Diener der Diener Gottes als Papst Benedikt XVI. erwählt.

Anfang 2010 wurde auf Empfehlung und Bitte des Diözesanbischofs eine Kopie in Originalgröße nach São João Batista in der Diözese Santo Ângelo (Brasilien) entsandt.

Der Jesuitenmissionar Padre Antonio Sepp (1655-1733) stammte aus Kaltern bei Bozen in Südtirol. Er gründete 1697 die Reduktion St. Johannes des Täufers und brachte bei seiner Reise von Bayern nach Südamerika 1689 die „Schwarze Mutter“ von Altötting im Reisegepäck mit. Er baute in der prachtvoll ausgestatteten Kirche für seine geliebte heimatliche Marienstatue eine kleine achteckige Kapelle. 1750/1756 wurde nach der Vertreibung der Indios und der Verfolgung der Jesuiten auch die Niederlassung samt (verschlepptem) Gnadenbild zerstört. Heute erinnert in einer am 20. Februar 2010 von Diözesanbischof Dom José Clemente Weber eingeweihten Kapelle eine Kopie an Padre Antonio Sepp SJ, der als „Genie der Missionen“ vor über 300 Jahren mit der Verehrung „Unserer Frau von Altötting“ begonnen hatte. Nun kann sie als „Nossa Senhora de Altoetting“ ihre Gnaden dem einfachen, armen, aber gläubigen Volk erweisen. Papst Benedikt XVI. erteilte diesem kleinen Wallfahrtsort seinen besonderen Segen.

Diözesanbischof Wilhelm Schraml aus Passau hat am 26. Juni 2010, an seinem 75. Geburtstag, zusammen mit Joachim Kardinal Meisner in einer grandiosen Willkommenszeremonie unter der Anwesenheit von Exzellenzen eine gekrönte Kopie mit dem Gnadenröckl nach Pasierbiec in Polen überbracht und im dortigen Wallfahrtsort festlich installiert. Erstmals in der Geschichte von Altötting hat damit ein Diözesanbischof das Gnadenbild als Kopie im Ausland selbst zur öffentlichen Verehrung eingesetzt. Dadurch wurde zugleich ein deutliches Zeichen der Versöhnung zwischen den Völkern gesetzt. Dank der Kopie ist nun zwischen den beiden Wallfahrtsorten eine tragfähige Brücke geschlagen.

Auf dem Weg nach Mondsee über Mattsee kommt die Buspilgerschaft auch an Zellhof am Mattsee vorüber. Dank der Kopie der Schwarzen Madonna von Altötting erfuhr der Wallfahrtsort mit seinem heilkräftigen Gnadenbründl am Grabensee ab 1697 erneuten Aufschwung. Gustav Gubitz beschreibt die „gekrönt stehende Marienstatue, Ypsilonstellung, in der Linken den Zepter, auf der Rechten das Kind, das in der Rechten die Weltkugel hält.“

Schon seit dem 17. Jahrhundert ist die Fußwallfahrt von Mondsee nach Altötting überliefert und wurde 1998 wieder aufgenommen und belebt. Sie findet nun alljährlich im September statt. Die Altöttinger selbst gehen alljährlich auf Wallfahrt nach St. Wolfgang und machen auf dem Pilgerweg dorthin in Mondsee Station. Sie werden in Zukunft auf das vertraute Marienbild von daheim treffen. Wallfahrt kennt keine engherzigen Grenzziehungen.

5. Bedeutung der Wallfahrt zum Gnadenbild

Wallfahrt ist weder künstlich zu erzwingen noch künstlich aufrecht zu erhalten. Sie lebt aus dem Herzen mit großem Vertrauen und warm pulsierenden Herzen. Die Tore einer verantworteten Volksfrömmigkeit wollen in Liebe weit geöffnet werden. Aller Wallfahrt liegt das gläubige Wissen zugrunde: Gott nimmt Anteil an unserem pilgernden Leben. Wir dürfen dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt. Wir kommen bei der Wallfahrt alle als Original an; keiner ist Kopie.

Geführt von der Hand Mariens lassen wir uns zum Sohn führen. Das Gnadenbild ist ein Bild inniger Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Sie ist jene, von der die drei Spruchbänder am Gnadenaltar zu Altötting sprechen: Maria ist Tochter des Vaters, Mutter des Sohnes, Braut des Heiligen Geistes. Wir sollten nicht so sehr die Worte hören wollen: „Ein Haus voll Glorie schauet“, sondern eher das ermutigende Jesuswort: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid!“ (Mt 11,28).

Jesu Arm hält uns, auch und gerade in der Mühsal des Lebens. Maria hält den auf ihrem Arm, der uns hält. Wir dürfen dabei nicht müde werden, dem Wunder leise – wie einem Vogel – die Hand hinzuhalten (nach Hilde Domin).

6. Benedikt XVI. und Altötting: Nur noch Pilger!

Papst Benedikt XVI. hat aus der Hand des Diözesanbischofs Wilhelm Schraml anlässlich seines unvergesslichen Heimat- und Pastoralbesuchs am 11. September 2006 eine kostbare Kopie in die Hände gelegt bekommen. Er weiß sich der Fürsprache Mariens besonders gewiss und schaut stets konzentriert und gesammelt zur Schwarzen Muttergottes.

Benedikt XVI. beschloss sein Pontifikat am 28. Februar 2013 in Castel Gandolfo in Blick auf die letzte Etappe seiner irdischen Wanderschaft mit den Worten: „Ich bin nur noch ein einfacher Pilger, der die letzte Etappe seiner Pilgerreise auf dieser Erde beginnt.“ Wir sehen ihn dabei mit dankbaren Augen am 11. September 2006 vor dem Gnadenaltar in der Gnadenkapelle in Altötting beim kniefälligen Gebet. Zum stärksten Eindruck gehörte bei ihm schon immer die Gnadenkapelle mit ihrem geheimnisvollen Dunkel und der kostbar gekleideten schwarzen Madonna, die von Weihegeschenken und den stillen betenden Menschen umgeben ist. F. Metzger beobachtet feinsinnig: „ … zur berühmten Schwarzen Madonna war der kleine Joseph häufig gepilgert und in diesem Umfeld hatte sich seine spezielle Marienfrömmigkeit entwickelt – persönlich und intensiv, doch nie vergessend, dass ihr Sohn im Mittelpunkt der Heilsbotschaft steht. Das stille Gebet vor dem alten Gnadenbild zu Altötting gehört so zu den persönlichsten Augenblicken des sechstätigen Papstbesuches in Bayern.“ Gerade am Marienwallfahrtsort Altötting hat er die Beziehung zwischen der Anbetung der Eucharistie und einer gesunden Marienverehrung betont.

Schon auf dem Katholikentag in Bamberg 1966 formulierte Professor Dr. Joseph Ratzinger: „Solange die Welt Welt ist, ist die Kirche auf Pilgerschaft, dem Herrn entgegen.“

Bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Altötting an Papst Benedikt XVI. am 7. Juni 2006 betonte er in Rom: „Altötting ist in meine frühesten Kindheitserinnerungen hineinverwoben durch alle Phasen meines Lebensweges hindurch.“

Im „Haus Papst Benedikt XVI. – Neue Schatzkammer und Wallfahrtsmuseum“ zu Altötting wird eine gekrönte Gnadenbildkopie aufbewahrt, die einen in Silber gefassten Holzsplitter aus dem Original in sich birgt. Diese Kopie wird seit der feierlichen Marienweihe am 7. Mai 2011 bei Prozessionen an Stelle des 700 Jahre alten Originals mitgetragen.

Ohne das Original gibt es keine Kopie. Die Kopie, bei deren Produktion auf hohe Qualität zu achten ist, erinnert intensiv an das Original. Durch die Überbringung der Altöttinger Madonnenkopie nach Mondsee ist wiederum ein kostbarer Faden betender Beziehung und nachbarschaftlicher Verbundenheit aufgenommen worden. Eine neue Verbindung ist gewachsen. Alle sind wir fest verwurzelt in Christus, auf den Maria immer liebend hinweist.

Verabschiedung von Pilgerleiter Herbert Bauer

Altöttinger Pilgerfahrt 2013

Herbert Bauer ist noch Wallfahrtsdirektor und Verkehrsamtsleiter der Stadt Altötting. Zum 25. Mal war er dieses Jahr als Organisator der traditionsreichen „Altöttinger Pilgerfahrt“ im Einsatz. Die Buswallfahrt führte am 3. März 2013 mit über 300 Pilgern zunächst nach Mattsee und schließlich nach Mondsee, wo sie mit einer Gnadenbildkopie aus Altötting herzlich empfangen wurden. Zum Abschluss der kirchlichen Zeremonie in Mondsee verabschiedete Altöttings Stiftspropst und Stadtpfarrer Günther Mandl mit anerkennenden Worten den langjährigen Verkehrsbüro- und Pilgerleiter Herbert Bauer, der diese Aufgabe nun seiner Nachfolgerin Ulrike Kirnich übertragen wird.

Von Herbert Bauer

Die traditionsreiche 47. „Altöttinger Pilgerfahrt“ führte am Sonntag, den 3. März 2013 mit über 300 Teilnehmern aus Altötting und Umgebung zu zwei Zielen im Nachbarland, die mit der Geschichte Altöttings und seiner Wallfahrt in enger Verbindung stehen.

Mit sieben Bussen wurde am Vormittag Mattsee im Salzburger Seenland angesteuert. Gegründet im 8. Jahrhundert durch den Baiernherzog Tassilo III. waren das Stift und seine Besitzungen einst dem Stift von (Alt-)Ötting zugehörig. Insbesondere mit der Gnadenbildkopie im Kirchlein von Zellhof ist Mattsee bis heute mit Altötting und seinem Marienheiligtum eng verbunden. Nach einem von der Musikkapelle Altötting musikalisch begleiteten großen Kirchenzug feierten die Pilger aus Oberbayern in der Stiftskirche St. Michael mit den örtlichen Pfarrangehörigen einen festlich gestalteten Pilgergottesdienst. Chorleiter Dr. Franz Köppl hatte mit dem Pfarrchor Altötting und seinem Instrumental-Ensemble als Reverenz an die Gastgeber ein Michaelslied, Michael Haydn’s Missa Sancti Gabrielis und eine Marienhymne des im Ort geborenen Komponisten Anton Diabelli einstudiert.

Anschließend fuhren die Busse weiter nach Mondsee im Salzkammergut. Die Verbindung beider Orte hat ebenfalls alte Wurzeln und reicht über 1200 Jahre zurück. Mondsee wird in einer Urkunde von Herzog Tassilo III. aus dem Jahr 748 gemeinsam mit Altötting erstmals urkundlich erwähnt. Schon vor geraumer Zeit wurde die Idee der Stiftung einer Gnadenbildkopie für die Basilika Mondsee entwickelt.

Den Empfang und Einzug in Mondsee gestalteten die örtliche Pfarrei und die Marktgemeinde überaus beeindruckend. Zahlreiche begeisterte Bürger und Gäste säumten den Prozessionsweg. Nach einer Begrüßung der Pilger und Ehrengäste durch Pfarrer Dr. Wageneder zelebrierte Stiftspropst Prälat Günther Mandl mit ihm und zahlreichen Konzelebranten eine wiederum vom Pfarrchor musikalisch festlich gestaltete eucharistische Marienandacht. Nach seiner kraftvollen Predigt vollzog Kapelladministrator Prälat Ludwig Limbrunner die feierliche Installation der Altöttinger Gnadenbildkopie am reich geschmückten Marienaltar im südlichen Seitenschiff der vom Barockbildhauer Meinrad Guggenbichler prächtig ausgestatteten Mondseer Basilika.

"Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz" (Apg 2,37)

Die Krise des Glaubens und der Heilige Geist

Dr. Hansmartin Lochner hat sechs Kinder und 13 Enkelkinder. Nach dem überraschenden Tod seiner Ehefrau öffnete sich für ihn die Türe zum katholischen Priestertum. Im Alter von 61 Jahren empfing er schließlich die Weihe. Seit über 20 Jahren engagiert er sich nun in der Charismatischen Erneuerung und widmet seine ganze Kraft der Neuevangelisation. In seinem Beitrag geht er auf ein Interview mit dem Psychotherapeuten Wunibald Müller ein (siehe S. 23). Lochner nimmt die inneren Nöte kirchlicher Mitarbeiter ernst, die am Glauben der Kirche zweifeln oder in ungeordneten Beziehungen leben. Doch möchte er sich nicht mit einer Art Konfliktlösung zufrieden geben. Für ihn muss Umkehr und Verwandlung angedacht werden, wie sie der Heilige Geist in seiner Macht wirken kann.

Von Hansmartin Lochner

Unter der Überschrift „Die Seele verkaufen“ findet sich in der „Münchner Kirchenzeitung“ vom 3. Februar dieses Jahres ein Interview mit Wunibald Müller, dem Leiter des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach. Dieses Haus, das von mehreren deutschen Diözesen unterhalten wird, hat die Aufgabe, Priestern und Seelsorgern in persönlichen Krisen beizustehen, wobei man sich dort besonders psychologischer Methoden bedient.

Was Wunibald Müller über die Arbeit in diesem Haus, aber auch über Eindrücke bei seinen Vorträgen berichtet, müsste die kirchliche Öffentlichkeit alarmieren. Denn nach seinen Worten leiden heute viele Priester und Seelsorger darunter, dass sie nach außen einen Glauben verkünden müssen, hinter dem sie persönlich nicht mehr stehen. Auf eine entsprechende Frage bejaht Müller auch, dass die Glaubenskrise, die heute die gesamte Gesellschaft erfasst hat, sich heute auch in der Mitte der Kirche widerspiegle. Vielfach würden die Betroffenen spüren, dass sie ihre Seele verkaufen würden, wenn sie „Dienst nach Vorschrift“ machten, „ohne Herz und innere Beteiligung“. Wörtlich heißt es dann über solche Fälle: „Wenn ich nicht der sein kann, der ich tief in meinem Inneren bin, dann gerate ich in eine innere Krise, bis hin zur Verzweiflung.“

Müller bejaht dann auch die Frage, ob die kirchlichen Dienstgeber um dieses Dilemma wüssten. „Die sensiblen unter ihnen, die Bischöfe und auch Personalreferenten, wissen es – sie sind vielleicht selbst davon betroffen.“ In Bezug auf die persönliche Lebensgestaltung – wilde Ehen, hetero- oder homosexuelle Beziehungen – würden sie deshalb eine gewisse „Großzügigkeit“ an den Tag legen.

Wenn man annimmt, dass diese Diagnose zutrifft, muss man sich fragen: Was fehlt diesen Priestern und Seelsorgern? Welche Arznei würde ihnen helfen? Mir scheint, die einzig richtige Antwort lautet: Ihnen fehlt die Erfahrung des Heiligen Geistes! Sie müssten persönlich verspüren: Dieser Gott, an den wir glauben, der lebt wirklich, der ist erfahrbar, der will im Heiligen Geist in unseren Herzen wohnen, der will mich persönlich leiten, zu mir sprechen, will mit mir Gemeinschaft haben.

Der hl. Paulus wird ja nicht müde, wiederholt davon zu sprechen, dass unser Leib ein Tempel des Heiligen Geistes sein soll, damit Christus in unseren Herzen wohne, so dass wir mit dem Apostel sagen können: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Ja, er geht sogar so weit zu sagen, dass wir als Gläubige schon versagt hätten, wenn wir nicht an uns selbst erführen, dass Christus Jesus in uns ist (vgl. 2 Kor 13,5).

Auf genau diese Erfahrung will die „Charismatische Erneuerung“ verweisen, wenn sie ihre Seminare „Neues Leben im Heiligen Geist“ anbietet. Und sie will damit noch mehr. Sie will darauf aufmerksam machen, dass es ohne diesen Heiligen Geist weder in Deutschland noch in anderen Ländern je zu einer Neuevangelisation kommen wird. Denn der massive Unglaube, der uns heute entgegentritt, wird nicht durch kluge Worte und Dialoge überwunden. Vielmehr sagt der hl. Paulus den Korinthern ausdrücklich: „Meine Botschaft und Verkündigung war nicht Überredung durch gewandte und kluge Worte, sondern war mit dem Erweis von Geist und Kraft verbunden“ (1 Kor 2,4), also mit jenen Gaben des Heiligen Geistes, die sichtbar machen, dass Gott hier und heute real wirkt; und mit jenen aus der Kraft des Geistes stammenden Worten, von denen es in der Apostelgeschichte heißt: „Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz“ (Apg 2, 37). Mit anderen Worten: Ohne eine neue, bewusste Öffnung für den Heiligen Geist wird es in Deutschland keine Überwindung der Glaubenskrise und keine Neuevangelisation geben.

Aber es gibt dennoch eine erfreuliche Nachricht: Kaum beachtet von der kirchlichen Obrigkeit ist die vom Heiligen Geist genährte Neuevangelisation bereits in Gang gekommen, und zwar unter Jugendlichen und jungen Menschen: Bei der „Emmanuel-Gemeinschaft“, bei der Loretto-Bewegung, bei der Jugendarbeit der „Charismatischen Erneuerung“, bei der „Jugend 2000“ und „Totus Tuus“, beim „Augsburger Gebetshaus“ mit seinen Konferenzen und Lehrvorträgen, bei den Nightfever-Veranstaltungen und bei „Stay and pray“. Und das Auffallende ist: Diese Jugendlichen glauben wieder, dass die Berichte der Heiligen Schrift wahr sind und den geschichtlichen Tatsachen entsprechen. Und sie sehen die kirchliche Sexualmoral auch nicht länger als überholt an, sondern halten sich daran. Auch die Beichte wird von ihnen neu geschätzt. Gebe Gott, dass immer mehr Menschen von diesen Bewegungen erfasst werden und eine neue Ära in der Geschichte der katholischen Kirche Deutschlands anbricht.

 

Die Seele verkaufen

Am 3. Februar 2013 veröffentlichte die Münchner Kirchenzeitung ein Interview mit dem Psychotherapeuten und Theologen Wunibald Müller. Er spricht über kirchliche Mitarbeiter, die sich in tiefe seelische Spannungen verstrickt haben. Ihre Nöte rühren meist daher, dass sie in Beziehungen leben, welche nicht der Morallehre der Kirche entsprechen.

MK: Sie beobachten im Recollectio-Haus zunehmend eine fehlende „Grundidentität“ kirchlicher Mitarbeiter mit der Kirche. Woran machen Sie das fest?

Müller: In der letzten Zeit begegne ich nicht nur in unserem Haus, sondern auch bei Vorträgen immer mehr kirchlichen Mitarbeitern – Pastoralreferenten, Priestern, Religionslehrern –, bei denen ich das feststelle: Das, was sie nach außen vertreten müssen, ist oft nicht das, von dem sie selbst überzeugt sind. Das tangiert Fragen wie das Leben nach dem Tod oder die Haltung der Kirche zur Sexualität. (…) Auch die persönliche Lebensgestaltung passt mitunter nicht zur Lehre der Kirche. In manchen Diözesen sollen, so wird mir berichtet, die vermeintlichen Ausnahmen bezüglich der Lebenssituation – wie wilde Ehe, in Beziehungen lebende Priester oder homosexuelle Beziehungen von kirchlichen Mitarbeitern – eher die Regel als die Ausnahme sein. Das zieht bei den Betroffenen natürlich Spannungen und Identitätsprobleme mit sich. Ein weiteres Problem ist der Klerikalismus – das von oben nach unten Bestimmen – und der wenig christliche Umgang mit Untergebenen. (…)

MK: Die Glaubenskrise in der Gesellschaft spiegelt sich also auch in der Mitte der Kirche wider?

Müller: Durchaus. Es wird oft übersehen, dass diese kirchlichen Mitarbeiter ein Teil der Gesellschaft sind, von ihnen aber natürlich eine größere Loyalität erwartet wird als vom normal Gläubigen. Sie bemühen sich, loyal gegenüber ihrer Kirche zu sein, spüren zugleich aber immer mehr und immer öfters, dass sie damit sich selbst, ihren Überzeugungen, ihrer Seele gegenüber illoyal werden. Wenn sie ehrlich sind, spüren sie in ihrem Herzen, dass sie längst woanders stehen, etwas anderes denken und fühlen.

MK: Was kann ein Priester tun, wenn er merkt, dass er nicht mehr hinter dem steht, was er predigt?

Müller: Zunächst sollte er innerlich dazu stehen und diese Diskrepanz spüren. Vielleicht kann er seine Sichtweise auf die Kirche verändern, um damit leben zu können. Wenn der Betroffene aber spürt, dass er seine Seele verkaufen würde, dann sollte er tatsächlich seinen Beruf aufgeben. Einige machen in dieser Situation auch nur noch Dienst nach Vorschrift, ohne Herz und innere Beteiligung. Das ist natürlich etwas, was sich auf Dauer nicht rechnet. Wenn ich nicht der sein kann, der ich tief in meinem Inneren bin, dann gerate ich in eine Krise, bis hin zur Verzweiflung. (…)

MK: Sind die Dienstgeber auch selbst ein Stück mitschuldig an der Situation?

Müller: Durchaus, wobei die Anzahl der Verantwortlichen, die das Problem sehen, zugenommen hat. Sie legen den Mitarbeitern nahe, eine Auszeit zu nehmen. Doch auch sie werden immer wieder eingeholt von dem, was von Rom, vom Bischof und von der Lehre vorgegeben wird. Sensible Dienstgeber versuchen, die eine oder andere Klippe zu umschiffen, indem sie eine gewisse Großzügigkeit an den Tag legen. Andere Dienstgeber sind einfach stur, sie fahren die harte Linie und setzen die Leute unter Druck. (Interview gekürzt)

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