Treu dem Wort des Herrn

Bekräftigung der Lehre ist unausweichlich

Papst Franziskus hat den australischen Hirten George Kardinal Pell in seine Nähe geholt. Der bisherige Erzbischof von Melbourne und Sydney ist mit der Leitung des neu errichteten Wirtschaftssekretariats im Vatikan beauftragt worden. Zur Bischofssynode über Ehe und Familie im Kontext der Evangelisierung hat er sich mit erfrischender Klarheit zu Wort gemeldet. Nachfolgend eine leicht bearbeitete Form des Vorworts, das er zum Buch „Das wahre Evangelium der Familie“ geschrieben hat und als eigenständiger Beitrag betrachtet werden kann. Es lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Von George Kardinal Pell

Worauf kommt es heute an?

In den kommenden Monaten ist eine höfliche, sachkundige und gründliche Debatte notwendig, um die christliche und katholische Tradition der monogamen, unauflöslichen Ehe zu verteidigen. Hierbei ist es wichtig, sich auf die zentralen Elemente der Herausforderungen zu konzentrieren, vor denen Ehe und Familie stehen, anstatt sich von einer ebenso kontraproduktiven wie nutzlosen Suche nach kurzfristigen Tröstungen ablenken zu lassen.

Die Gesundheit einer Organisation kann daran gemessen werden, wie viel Zeit und Energie für die Diskussion verschiedener Themen aufgebracht werden. Gesunde Gemeinschaften verwenden nicht die meiste ihrer Energie für nebensächliche Themen, und die Zahl der geschiedenen und wiederverheirateten Katholiken, die meinen, dass es ihnen erlaubt sein sollte, die Kommunion zu empfangen, ist leider in der Tat sehr gering. Das Drängen auf diese Veränderung ist hauptsächlich auf einige europäische Teilkirchen konzentriert, wo der Kirchenbesuch niedrig ist und eine wachsende Zahl Geschiedener sich entscheidet, nicht erneut zu heiraten. Das Thema wird von Freund und Feind der katholischen Tradition als Symbol gesehen: ein Siegespreis im Kampf zwischen dem, was vom Christentum in Europa übrig ist, und einem aggressiven Neuheidentum. Jeder Gegner des Christentums will, dass die Kirche in Bezug auf dieses Thema kapituliert.

Welche Hilfen kann die Kirche anbieten?

In dieser Diskussion berufen sich beide Seiten auf christliche Kriterien und jeder ist bestürzt über das Maß an Leid, das ein Zerbrechen der Ehe beim Paar und den Kindern verursacht. Welche Hilfe kann und soll die katholische Kirche hier anbieten?

Einige sehen die Hauptaufgabe der Kirche darin, Rettungsboote für diejenigen zur Verfügung zu stellen, die durch die Scheidung Schiffbruch erlitten haben. Und Rettungsboote sollten für alle da sein, insbesondere für die auf tragische Weise unschuldig Beteiligten. Aber welche Richtung sollten die Rettungsboote einschlagen? In Richtung Felsen oder Sumpfgebiet oder in einen sicheren Hafen, der nur unter Schwierigkeiten erreicht werden kann? Andere sehen eine noch wichtigere Aufgabe für die Kirche darin, Führung und gute Seekarten anzubieten, um die Zahl derer zu verringern, die Schiffbruch erleiden. Beide Aufgaben sind notwendig, aber wie werden sie am besten erfüllt?

Die Rolle der Barmherzigkeit

Das christliche Verständnis von Barmherzigkeit ist ein zentraler Punkt, wenn wir über Ehe und Sexualität, Vergebung und heilige Kommunion sprechen, und so müssen die wesentlichen Zusammenhänge von Barmherzigkeit und Treue, von Wahrheit und Gnade in der Lehre des Evangeliums klar und überzeugend dargelegt werden.

Barmherzigkeit unterscheidet sich von den meisten Formen der Toleranz, die einer der lobenswerteren Aspekte unserer pluralistischen Gesellschaften ist. Einige Formen der Toleranz definieren Sünde als nicht existent, aber Erwachsenenfreiheiten und unvermeidliche Differenzen müssen nicht auf einen kompromisslosen Relativismus gegründet sein.

Die Unauflöslichkeit der Ehe ist eine der bedeutsamen Wahrheiten der göttlichen Offenbarung. Es ist kein Zufall, dass Monogamie und Monotheismus in der jüdisch-christlichen Tradition zusammengehen. Lebenslange Ehe ist nicht einfach eine Last, sondern sie ist ein Schatz, eine Leben schenkende Institution. Wenn Gesellschaften diese Schönheit und Gutheit erkennen, dann schützen sie sie in der Regel mit wirksamen disziplinarischen Maßnahmen. Sie verstehen, dass Lehre und pastorale Praxis nicht im Widerspruch zueinander stehen können und dass man nicht die Unauflöslichkeit der Ehe aufrechterhalten und zugleich den „Wiederverheirateten“ den Empfang der Kommunion erlauben kann. Zweifellos ist es ein Opfer für Gläubige, anzuerkennen, dass sie nicht voll an der Eucharistie teilnehmen können: eine unvollkommene, aber reale Form der opfernden Liebe.

Die Lehre Christi ist unser Eckstein

Das Christentum und besonders der Katholizismus stellt eine einzige historische Realität dar, in der die apostolische Tradition des Glaubens und der Sitten, des Gebets und der Liturgie aufrechterhalten wird. Die Lehre Christi ist unser Eckstein.

Interessanterweise folgt die harte Lehre Jesu – „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6) – kurz nachdem er gegenüber Petrus nachdrücklich die Notwendigkeit der Vergebung betont hat (vgl. Mt 18,21-35).

Es ist wahr, dass Jesus die vom Tod durch Steinigung bedrohte Ehebrecherin nicht verurteilt hat. Aber er hat ihr auch nicht gesagt, dass sie ihre gute Arbeit fortsetzen und unverändert weitermachen soll. Er sagte ihr, dass sie nicht mehr sündigen solle (vgl. Joh 8,1-11).

Eine unüberwindliche Hürde für die Befürworter einer in Lehre und Pastoral vorzunehmenden Neuregelung in Bezug auf den Kommunionempfang ist die beinahe vollkommene Einstimmigkeit von 2000 Jahren katholischer Geschichte in diesem Punkt. Es ist wahr, dass die Orthodoxen eine seit Langem bestehende, aber andere Tradition haben, die ihnen ursprünglich von ihren byzantinischen Kaisern aufgezwungen wurde. Aber dies ist nie katholische Praxis gewesen.

Erleichterung der Bußdisziplin berührt nicht die Lehre

Man könnte vorbringen, dass die Bußdisziplin in den ersten Jahrhunderten, vor dem Konzil von Nicäa, zu unerbittlich war, als man darüber diskutierte, ob des Mordes, des Ehebruchs oder des Glaubensabfalls Schuldige mit ihrer örtlichen Gemeinde durch die Kirche nur einmal versöhnt werden könnten oder überhaupt nicht. Man hat immer anerkannt, dass Gott vergeben kann, auch wenn die Möglichkeit der Kirche, Sünder wieder in die Gemeinschaft einzugliedern, beschränkt war.

Solch eine Strenge war die Regel in einer Zeit, als sich die Kirche trotz Verfolgung zahlenmäßig vergrößerte. Das kann man genauso wenig ignorieren wie die Lehren des Konzils von Trient oder die des heiligen Johannes Paul II. oder Papst Benedikts XVI. über die Ehe. Waren die Verfügungen im Anschluss an die Scheidung von Heinrich VIII. vollkommen überflüssig?

Der Glaube und die Entscheidung für Kinder

Hilfreich sind tiefgründige Analysen der kulturellen Ursachen für das Auseinanderbrechen der Familien in der heutigen pansexualistischen Kultur. Es ist ein gutes Argument, dass eine korrekte Diagnose bei einer Epidemie wichtiger denn je ist!

Es wird gesagt, dass Scheidung die wichtigste gesellschaftliche Revolution der Neuzeit sei, und zweifellos spiegelt die Krise der Ehe die Krise des Glaubens und der religiösen Praxis. Aber was war zuerst da: die Henne oder das Ei?

Neben der altbekannten Ahnung, dass ein geschwächter Glaube weniger Kinder bedeutet, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass die Entscheidung, keine oder nur ganz wenige Kinder zu haben, oft ein beträchtliches Schwächerwerden des Glaubens zur Folge hat. Die Einflüsse gehen in beide Richtungen.

Vermeidung von Enttäuschungen

Gegenwärtig befinden wir uns in einer ziemlich neuen Situation – ohne Vergleichbares seit den Tagen des Zweiten Vatikanischen Konzils –, in der eine wachsende Bandbreite von moralischen Alternativen in aller Öffentlichkeit ausgelotet wird, und das sogar von Geistlichen. Das bringt insofern einen Nutzen mit sich, als eine wachsende Zahl vorher Desinteressierter beginnt, über christliche Thesen zu diskutieren. Allerdings führt dies unausweichlich auch zu Verletzungen und Verwundungen.

Wer der Überlieferung treu ist, der sollte gelobt werden, wenn er seine Sache ruhig und liebevoll darlegt. Wir haben immer noch die besten Melodien.

Wir müssen jetzt auch aktiv werden, um eine Wiederholung des Nachspiels von Humanae vitae im Jahr 1968 zu vermeiden. Wir sollten uns klar und deutlich ausdrücken, denn je früher die Verwundeten, die Lauwarmen und die Fernstehenden merken, dass wesentliche Änderungen in Lehre und Pastoral unmöglich sind, in desto größerem Umfang wird die feindselige Enttäuschung, die der Bekräftigung der Lehre unweigerlich folgen wird, vorweggenommen und zerstreut werden.

Wer ist der Mensch?

Das wahre Evangelium der Familie

Das Evangelium der Familie in der Synodendebatte

Kurz vor Beginn der außerordentlichen Bischofssynode über die Familie meldete sich das „Päpstliche Johannes Paul II. Institut für Studien über Ehe und Familie“ in Rom zu Wort. George Kardinal Pell stellte ein Buch der dort lehrenden Professoren Juan José Pérez-Soba und Stephan Kampowski vor,[1] das eine Antwort auf die heiß diskutierte Rede Walter Kardinal Kaspers im Februar 2014 vor dem Konsistorium darstellt. Kasper hatte vorgeschlagen, die wiederverheirateten Geschiedenen nach einer Bußzeit zur Kommunion zuzulassen. Es ist geradezu atemberaubend, mit welcher Gründlichkeit und Argumentationskraft die beiden Professoren die Aussagen des Kardinals analysieren und auch widerlegen. Dr. Kampowski, einer der Autoren, geht im nachfolgenden Artikel von diesem Buch aus und bietet einen ersten Kommentar zur laufenden Synode. Es gelingt ihm in hervorragender Weise, die entscheidenden Fragen auf den Punkt zu bringen und verständlich wiederzugeben. Kampowski, 1972 in Kaufbeuren geboren, ist Laie und ordentlicher Professor für philosophische Anthropologie am römischen „Johannes Paul II. Institut“.

Von Stephan Kampowski

I. Die Synodendebatte über die Familie

In unserem Buch Das wahre Evangelium der Familie. Die Unauflöslichkeit der Ehe: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit versuchen mein Kollege Prof. Juan José Pérez-Soba und ich, einen Beitrag zur aktuellen kirchlichen Debatte über die Familie zu leisten. Unmittelbarer Anlass war für uns Kardinal Kaspers Vortrag vor dem Konsistorium vom 20. Februar 2014, der zusammen mit Anhängen später in Buchform veröffentlicht wurde. Wir setzen uns mit den Vorschlägen des Kardinals auseinander, schätzen, was hilfreich ist, und versuchen Klarheit in das zu bringen, was unserer Meinung nach eher zweideutig ist. Dabei ist es wichtig, den kulturellen Kontext, in den die Verkündigung des Evangeliums der Familie heute fällt, zu berücksichtigen. Wir untersuchen, was mit wahrer Barmherzigkeit zu verstehen ist und ob man in den von Kardinal Kasper zitierten Stellen aus den Kirchenvätern wirklich eine „Toleranz“ der Frühkirche gegenüber den wiederverheirateten Geschiedenen erkennen kann. Außerdem betrachten wir, warum es den Menschen heute so schwerfällt, lebenslange Versprechen zu geben, und was mit einer wohlverstandenen Pastoral gemeint sein könnte und was nicht. Im Folgenden möchte ich einige Gedanken präsentieren, die auch von den Ereignissen der sich zum Zeitpunkt des Schreibens in vollem Gang befindenden Bischofssynode inspiriert sind, auch wenn natürlich vieles, wenn auch nicht alles, was hier vorliegt, im Buch in der einen oder anderen Form enthalten ist.

Bei allen Wirren im Vorfeld der Familiensynode und – so muss man leider seit der Veröffentlichung der synodalen Relatio post disceptationem sagen – auch im Verlauf der Synode wird zumindest eines immer klarer: Die Meinungsverschiedenheiten sind eher grundsätzlicher Natur und sitzen zum Teil doch sehr tief, tiefer als den am Diskurs Beteiligten oftmals selbst bewusst ist, so dass sie sich wundern, warum sie aneinander vorbei reden. Als zum Beispiel Kardinal Kasper im Vorfeld der Synode einen bald 25 Jahre alten Vorstoß zur Zulassung der in zweiter, zivilrechtlicher Bindung lebenden Geschiedenen zu den Sakramenten aus dem Dunkel der längst vergangen geglaubten Geschichte hervorholte, stieß er auf Einspruch, auf den er jedoch kaum mit Argumenten, sondern eher mit Unverständnis reagierte. Seine Kritiker würden ihn in eine „Phantomdiskussion verwickeln“, in der gar nicht das angesprochen würde, was er eigentlich geschrieben hätte (so Kasper höflich in einem kath.net-Interview vom 22. April 2014 in Bezug auf eine Bemerkung von Prof. Juan José Pérez-Soba), oder sie verträten „einen theologischen Fundamentalismus, der nicht katholisch ist“ (so Kasper weniger höflich in einem Interview mit der argentinischen Tageszeitung La Nación vom 29. September 2014 auf Seite 2 in Bezug auf Kardinäle und Bischöfe, die sich erlaubten, eine gegenteilige Meinung zu vertreten).

II. Umkehr und Buße: Können sich Menschen verändern?

Warum scheint man aneinander vorbei zu sprechen? Was sind die tiefergehenden anthropologischen Grundfragen, auf denen die Meinungsverschiedenheiten basieren? Da ist meiner Ansicht nach zum einen die Frage der Möglichkeit der Umkehr, der moralischen Bekehrung. Seitdem Gott dem Mose die Zehn Gebote offenbarte, haben Menschen diese gebrochen. Doch kamen nur wenige auf die Idee, dass man die Gebote deshalb einfach ändern sollte. Bisher galt als Lösung für das Problem der Gesetzesübertretung vielmehr die Umkehr. Und ja, selbst David, ein Mann nach dem Herzen Gottes, hat Ehebruch – und da er schon mal dabei war dann auch gleich noch einen Mord – begangen. Wie begegnet Gott David, dem Sünder? Er erweist sich als der Barmherzige. Aber seine Barmherzigkeit bedeutet nicht, dass er die Latte einfach etwas weiter nach unten legt. Sie besteht vielmehr darin, den Sünder, den er ja liebt, zur Umkehr aufzurufen – gerade weil er ihn liebt – und ihn zurück zum Leben innerhalb seines Bundes zu bringen. So sandte der HERR den Propheten Natan zu David. Was sagte Natan dem König? Vielleicht: „Du hast Glück. Gestern hat Gott entschieden, dass Ehebruch keine Sünde mehr ist!“? Das würde er kaum sagen, denn Gottes Gebote sind nicht willkürlich. Sie drücken vielmehr eine Wahrheit über das aus, was für uns wirklich gut ist. Gott verbietet den Ehebruch, weil eheliche Treue ein Gut und Ehebruch für alle Beteiligten etwas Schlechtes ist. Welche Nachricht könnte Natan noch für David haben? Vielleicht: „Gott weiß, dass du bist, wie du bist. Aber das macht nichts, denn Gottes Barmherzigkeit deckt alle Sünden zu!“? Nein, auch das ist nicht was der Prophet sagte, und es wäre auch viel zu wenig barmherzig. Gottes Barmherzigkeit ist noch viel größer. Er begnügt sich nämlich nicht damit, die Sünden des Sünders zuzudecken. Vielmehr ruft er den Sünder zur Umkehr auf, um ihn wirklich von innen her gerecht zu machen und ihn mit sich zu versöhnen. Gott hat David nicht aufgegeben.

Und so erzählt der Prophet David eine Geschichte und bittet ihn sodann um seine Meinung dazu. Indem David erklärt: „Der Mann, der das getan hat, verdient den Tod“ (2 Sam 12,5), stellt er sich selbst das Todesurteil aus. Als Natan ihm sagt: „Du selbst bist der Mann“ (2 Sam 12,7) erwidert ihm David dann etwas höchst Erstaunliches. Er, der mächtige König, Kriegsheld und Wohltäter Israels, gibt dem Propheten Recht: „Ich habe gegen den Herrn gesündigt“ (2 Sam 12,13). Noch heute betet die Kirche jeden Freitag in der Laudes den 51. Psalm – das von David formulierte Gebet, mit dem er seine Sünde bekennt und bereut, wodurch er am Ende mit Gott versöhnt wurde.

Die gesamte jüdisch-christliche Tradition der vergangenen drei Jahrtausende hält daran fest: der Mensch, so sehr er auch irren und sündigen mag, hat doch die Möglichkeit, das Gute zu erkennen, sich zu bekehren, sich zu verändern. Unser Herr Jesus selbst beginnt seinen öffentlichen Dienst, indem er diese einfache Botschaft predigt: „Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium“ (Mk 1,15). Und obwohl die gesamte Schrift ganz eindeutig von der Möglichkeit einer lebensverändernden Umkehr spricht, wurde diese Möglichkeit doch spätestens seit der Reformationszeit immer wieder angezweifelt. Die menschliche Natur sei ganz verdorben. Der Mensch sei, so Luther, zugleich Sünder (weil von Natur aus verdorben) und Gerechter (weil aus Gnade von der Strafe freigesprochen). Es reiche der Glaube allein, um selig zu werden. Keine Sünde könne uns vom Lamm Gottes trennen, „wenn wir auch an einem Tage tausendmal Unzucht treiben oder töten“ (Brief von Martin Luther an Philipp Melanchthon, Nr. 424, 1. August 1521).

Daher rührt auch die protestantische Unterscheidung zwischen Weltethos und Heilsethos. Das Heilsethos ist das unerreichbare Ideal, das einzig dazu dient, uns daran zu erinnern, dass wir Sünder sind. Das Weltethos ist die Moral des Menschen, wie er geht und steht, gefallen und schmutzig. Es ist eine Moral, die den Schwächen des Menschen Rechnung trägt und nicht zu viel von ihm verlangt, damit er nicht entmutigt wird. Er braucht sich auch gar nicht ändern, sondern nur anerkennen, dass er ein Sünder ist. Das Weltethos stellt dann einfach sicher, dass das Schlimmste verhindert wird; es ist das Ethos der Ausnahmen, des Adjustierens, des Abwägens zwischen verschiedenen Übeln. Es hat als Grundgedanke, dass der Mensch des Guten gar nicht fähig ist.

Hier ist denn auch die Grundfrage, die sich der ganzen Kirche stellt: Kann sich der Mensch ändern? Ist es möglich, das Gute zu erkennen und es zu tun? Ist Bekehrung möglich, d.h. eine konkrete Änderung des Lebensstils? Darf man dazu aufrufen oder ist das zu viel verlangt? Barmherzigkeit kann nicht bedeuten, die Menschen dort zu lassen, wo sie sind. Vielmehr geht es darum, einen Weg aufzuweisen, der wirklich begehbar ist, und der zu einem Leben in Fülle führt. Zeigen wir den Weg dorthin, oder sind wir schon zufrieden, wenn ein Mann und eine Frau sich nicht ihr Leben, aber doch das ein oder andere Jahr versprechen? Sehen wir darin schon etwas „Gutes“, wie die synodale Relatio post disceptationem (die ja kein lehramtliches Dokument ist, sondern nur die Absicht hat, die Debatte der ersten Synodalwoche zusammenzufassen) in ihrer Nummer 36 suggeriert?

Dabei sind doch Kohabitation und Ehe zwei qualitativ verschiedene Sachen, die ganz verschiedenen Ansätzen folgen. Das eine mündet nicht natürlicherweise in das andere. Um von der Kohabitation zur Ehe zu kommen, ist eine radikale Umkehr der Denkweise notwendig. Es ist ganz entschiedener Maßen nicht so, dass Kohabitation an sich ganz gut, aber mit ein paar kleinen Makeln befallen wäre, die man aus Barmherzigkeit ja tolerieren sollte. Kohabitation schadet allen Beteiligten: den Partnern, die miteinander experimentieren und somit die eigene personale Würde und die des anderen verletzen; den Kindern, die daraus eventuell hervorgehen, und die keinerlei Sicherheit haben, dass die Liebe, die sie hervorgebracht hat, auch in der Zeit besteht; der Gesellschaft, für die die rein private Angelegenheit der Kohabitation wenig nützlich zum Aufbau ihrer selbst ist. Der Vorsitzende der polnischen Bischofkonferenz, der Posener Erzbischof Stanisław Gadecki, hat gegenüber der polnischen Sektion des Radio Vatikan das Offensichtliche ausgesprochen: die Relatio sei „inakzeptabel“ und es sei die Aufgabe der Synode, „die Familie pastoral zu unterstützen, nicht aber, auf sie einzuschlagen“ (siehe kath.net: „Polnischer Episkopatsvorsitzender: Die Relatio ist ‚inakzeptabel‘“, 14. Oktober 2014).

Dabei braucht sich die Kirche mit ihrer Lehre über Ehe und Familie doch überhaupt nicht zu verstecken. Im Arbeitspapier zur Bischofssynode heißt es, dass diese Lehre vielerorts unbekannt ist. Jedoch habe eine „erhebliche Zahl von Bischofkonferenzen“ festgestellt, „dass da, wo die Lehre der Kirche in ihrer eigenen menschlichen und christlichen Schönheit in Tiefe weitergegeben wird, sie auch von einem Großteil der Gläubigen mit Freude angenommen wird“ (Nr. 13). Die Idee einer Liebe, die sich öffentlich erklärt, die „für immer“ sagt, die exklusiv und fruchtbar ist, ist eine gute Nachricht: ein Evangelium. Sie ist immer noch das, wonach sich die Menschen am meisten sehnen. Unsere Zeitgenossen glauben nur nicht mehr, dass eine solche Liebe möglich sei. Sagen wir es ihnen: eine solche Liebe ist möglich. Jesus gibt uns ein neues Herz. Er verwandelt uns von innen her und ermöglicht es uns, treu zu sein.

III. Sexualität und Liebe: Ist Enthaltsamkeit möglich?

Zusammen mit der Frage, ob Menschen in der Lage sind, sich zu ändern, d.h. ob Bekehrung möglich ist, stellt sich in der aktuellen Debatte die Frage, ob Menschen grundsätzlich der sexuellen Enthaltsamkeit fähig sind. Die Antworten auf viele der konkreten Fragen, mit denen sich die Synode beschäftigt, hängen davon ab, wie wir diese Frage beantworten, aber auch die grundsätzlichere Frage, ob menschliche Sexualität überhaupt etwas mit Liebe zu tun haben kann.

Es ist eine ganz merkwürdige Tatsache, dass in der Debatte über die Zulassung der zivilrechtlich in zweiter Bindung lebenden Geschiedenen zur Kommunion weitgehend das ignoriert wird, was Johannes Paul II. in Familiaris consortio und Benedikt XVI. in Sacramentum caritatis dazu sagen. Unter bestimmten Umständen erlauben beide Dokumente ganz ausdrücklich den sich in einer solchen Situation befindlichen Gläubigen, sich der Kommunion und den anderen Sakramenten zu nähern, und zwar unter drei Bedingungen: 1) eine Trennung ist nicht möglich ohne wichtige gemeinsame Verpflichtungen zu verletzen – man denke etwa an die Verantwortung für gemeinsame Kinder –; 2) die Partner leben als Bruder und Schwester, d.h. sie enthalten sich sexueller Akte, die ja allein Eheleuten vorbehalten sind (und die beiden sind eben keine Ehepartner, wie immer auch der Staat ihre Beziehung nennen möge); 3) sie erregen keinen Anstoß, d.h. sie führen niemanden in die Irre, z.B. weil sie dort, wo sie die Kommunion empfangen, niemand kennt, oder weil alle wissen, dass sie sich entschieden haben, wie Bruder und Schwester zu leben (vgl. FC 84 und SC 29).

Warum wird diese schon bestehende pastorale Lösung im Ringen um weitere pastorale Lösungen komplett ignoriert? Wir finden einen Anhaltspunkt in einem Interview, das das Commonweal Magazine mit Kardinal Kasper geführt hat. Sein Interviewpartner sprach den Kardinal ganz konkret auf diese Frage an. Als Antwort gab Kasper Folgendes zu verstehen: „Als Bruder und Schwester zusammenleben? Natürlich habe ich hohen Respekt vor allen, die das tun. Aber es ist eine heldenhafte Tat, und Heldentum  ist  nichts  für  den  durchschnittlichen  Christen“  (commonwealmagazine.org vom 7. Mai 2014). Für Kardinal Kasper ist Enthaltsamkeit etwas Heldenhaftes. Damit legt er eine hohe Meinung von sich selbst an den Tag, da er ja selbst das Zölibatsgelübde abgelegt hat, aber auch eine sehr niedrige Meinung vom gewöhnlichen Gläubigen. Wenn Enthaltsamkeit, ob nun periodisch oder permanent, für die meisten Menschen unmöglich ist, dann ist klar, dass man von niemandem verlangen kann, aus Liebe und Treue zum Ehepartner, von dem man, verschuldet oder unverschuldet, getrennt lebt, enthaltsam zu sein.

Wir müssten dann wie folgt denken: Wird das Zusammenleben mit dem Ehepartner unmöglich, dann braucht man einen neuen Partner. Und da ist es doch besser, wenn dies in geordneten Bahnen verläuft: man geht eine zivilrechtliche neue Bindung ein. Wäre es dann nicht gut für die Kirche, solchen Bindungen eine gewisse Anerkennung zu geben, indem sie die Partner zur Kommunion zulässt? Natürlich ist die erste Ehe die gültige. Sie ist ja unauflöslich. Aber wir leben eben in einer gefallenen Welt. Die Menschen können nicht anders. Sie müssen in diesem Fall Sex außerhalb der Ehe haben. Die Kirche sollte sich damit abfinden und die Menschen in ihrer Sündhaftigkeit zum Tisch des Herrn einladen, wie sie sind.

Aber stimmt es wirklich, dass sie nicht anders können? Ist sexuelle Enthaltsamkeit für den durchschnittlichen Christen wirklich unmöglich? Johannes Paul II. spricht in seiner Theologie des Leibes davon, dass die menschliche Sexualität, d.h. der Geschlechtsunterschied, zu uns von unserer Berufung zur Liebe spricht. Und konkrete sexuelle Akte sind berufen, Ausdruck der ehelichen Liebe zu sein. Nur so sind sie wahrhaft gut und erfüllend. Dies ist in der Tat, was die Kirche stets gelehrt hat. Aber ein sexueller Akt kann nur ein wahrer Liebesakt sein, wenn er frei ist. Bräuchten die Menschen Sex so wie sie ihr tägliches Brot brauchen, dann wäre es unmöglich, menschliche Sexualität als Ausdruck der Liebe zu leben. Voreheliche Enthaltsamkeit wäre unmöglich, wie auch die eheliche Treue. Wenn einer der Eheleute alleine verreist, müssten beide für die Zwischenzeit andere Sexpartner finden. Es handelt sich hier um eine sehr traurige Sicht der Dinge, die natürlich auf die theoretischen Grundlagen Wilhelm Reichs und ähnlicher Vordenker der „sexuellen Revolution“ zurückgeht, die aber eine Vision der Dinge ist, der die Kirche immer entschieden widersprochen hat. Für die Kirche hat die menschliche Sexualität eine Bestimmung, nämlich die Bestimmung zur ehelichen Liebe. Nur als eheliche Akte sind sexuelle Akte gut und wahr und schön. Dies ist nun eine viel erhabenere Sicht der menschlichen Sexualität als alle Alternativen. Wie Kardinal Pell im Vorwort zu Das wahre Evangelium der Familie schreibt: „Wir haben immer noch die besten Melodien.“


[1] Juan José Pérez-Soba und Stephan Kampowski: Das wahre Evangelium der Familie. Die Unauflöslichkeit der Ehe: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Mit einem Vorwort von George Kardinal Pell. Geb., 13,5 x 20,5 cm, 240 Seiten,  Euro 19,95 (D), Euro 20,50 (A). Zu bestellen unter Tel. 07303-952331-0, Fax: 07303-952331-5, E-Mail: buch@media-maria.de – Homepage: www.media-maria.de

Was will die Bischofssynode?

Die Erlösung des Leibes

Die Bischofssynode über Familie und Evangelisierung hat ein eigenartiges Bild der katholischen Kirche vermittelt. Pfarrer Erich Maria Fink versucht, dem offenen und ehrlichen Dialog über brennende Fragen unserer Zeit etwas Positives abzugewinnen. Doch hat er den Eindruck, dass sich die Zielsetzung gegenüber dem missionarischen Appell, wie er im Apostolischen Schreiben „Die Freude des Evangeliums“ einen unvergleichlichen Ausdruck gefunden hat, erheblich verschiebt. Was der hl. Papst Johannes Paul II. mit der so genannten „Erlösung des Leibes“ aufgezeigt und der Kirche als wesentliches Erbe seines Pontifikats hinterlassen habe, sei völlig aus dem Blick geraten.

Von Erich Maria Fink

Die Nachrichten von der Bischofssynode

Was wir von der Bischofssynode in Rom mitbekommen haben, ist sehr ernüchternd. Erwartet habe ich mir einen feurigen Impuls für eine Ehe- und Familienpastoral, welche vor der ganzen Welt ein Zeugnis für die zentrale Bedeutung der christlichen Familie ablegt. Ein Blick in die Länder, in denen das Christentum wächst und blüht, könnte uns aufrütteln und auf die Fundamente eines christlichen Familienlebens mit gemeinsamem Gebet und opferbereitem Dienst am Leben zurückführen. – Doch was wir hören und sehen, gleicht einem Hahnenkampf, bei dem Bischöfe und Kardinäle vor den Augen des Papstes und einer erstaunten Weltöffentlichkeit aufeinander losgehen. Zwei Seiten kämpfen gegeneinander, die sich mit jeweils ihrer Sicht der Dinge durchsetzen möchten. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die ganze Bischofssynode nur dazu dienen soll, die traditionellen Bollwerke der kirchlichen Sexualmoral und der Disziplin, die mit der strengen Forderung nach der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe verbunden ist, aus den Angeln zu heben. Alle Formulierungen, um die gerungen wird, drehen sich nur darum, dass die katholische Kirche zu einer „offeneren Haltung“ gegenüber den heutigen Lebensgewohnheiten und gegenüber Menschen in irregulären Situationen finden müsse.

Die Gruppe der Reformer möchte Nägel mit Köpfen machen und neue Handlungsanweisungen für den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen beschließen. Die Teilnehmer, die diesen Vorstoß angeblich blockieren, verteidigen mit einer Fülle von Argumenten die traditionelle Lehre der Kirche. In diese Diskussion, bei der die beiden Seiten meist aneinander vorbeizureden scheinen, wird wie eine Gewürzzutat das Thema Homosexualität eingestreut und so getan, als müsse die Kirche auch in „anderen Lebensentwürfen“ etwas Wertvolles und Bereicherndes entdecken.

Dabei behaupten die nach Öffnung und Reformen Strebenden ständig, im Sinn des Papstes zu handeln. Sie betrachten es als ihre Aufgabe, eine Mehrheit der Bischöfe und Kardinäle hinter sich zu bringen, damit Franziskus endlich den Weg für einen „barmherzigen“ Umgang mit den vielen „Gescheiterten“ freimachen kann. Die Medien feiern den Papst zwar immer noch mit ungebrochener Begeisterung, doch beginnen die Töne bereits einen anderen Klang anzunehmen. So titelt „Die Welt“ vom 5. Oktober 2014 einen Beitrag zur Bischofssynode mit der Überschrift: „Der schwächste Papst aller Zeiten“. Zunächst hat man das Gefühl, als wolle der Autor, der Feuilleton-Redakteur Lucas Wiegelmann, in ein Lob anstimmen. Denn der Beitrag beginnt mit der Frage: „Oder ist es ein Zeichen der Stärke, dass Franziskus die Bischöfe auf der vatikanischen Familiensynode über Sexualmoral der Kirche beraten lässt?“ Aber es geht weiter mit der quasi Unterüberschrift: „Die Geschichte einer bewussten Selbstentmachtung.“ Schon bald stellt Wiegelmann genüsslich fest, Franziskus gebe in seinem Schreiben „Die Freude des Evangeliums“ selber zu, dass die päpstlichen Lehrdokumente „kaum noch Wirkung auf die Gläubigen besitzen“. So schließt auch der ganze Artikel mit den Worten: „Das hieße auf Dauer wohl: weniger Dokumente aus Rom. Aber die werden ja sowieso rasch vergessen, sagt der Papst.“ Über die Synode schreibt er, sie gleiche einer UN-Vollversammlung. „Die Bischöfe verlesen vier- bis achtminütige Statements, die simultan übersetzt und zu Zwischen-, Diskussions- und Beschlussvorlagen zusammengestellt werden. Am Ende gibt der Papst die Ergebnisse in Gestalt eines synodalen Schreibens heraus.“ Franziskus habe bereits „angedeutet, dass nicht alle Details des Katholizismus von Rom geregelt werden müssten“. Auch in Fragen der Sexualethik werde – nach Auskunft von Synodenteilnehmern – die Bischofssynode nur noch „allgemeine Linien vorgeben, die dann von den nationalen Bischofskonferenzen für ihre jeweiligen Länder und Kulturen konkret ausgelegt werden müssten“.

Die augenblickliche Berichterstattung der Medien kann man nicht einfach als böswillige Verdrehung der Tatsachen betrachten, oder als Versuch, die Synode von außen zu manipulieren. Im Grunde genommen können sie von den derzeitigen Vorgängen in Rom kaum ein anderes Bild zeichnen, selbst wenn sie noch so gutgewillt und kirchenfreundlich eingestellt wären. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich Papst Franziskus am Ende als wirklicher Pontifex, d.h. als „Brückenbauer“ zwischen den unterschiedlichen Richtungen und als zuverlässiger Felsen Petri für die wahre Lehre der Kirche erweisen wird. Doch liegt auf der Bischofssynode eine ungeheure Verantwortung. Ich bin überzeugt, dass die Auseinandersetzungen schon jetzt zu gewaltigen Verunsicherungen unter den treuen Katholiken geführt und das Zeugnis der Kirche für die christliche Familie vor der Welt erheblich geschwächt haben. Darin sehe ich einen Schaden, der über lange Zeit hinweg nicht wiedergutgemacht werden kann.

Die „Theologie des Leibes“ von Johannes Paul II.

Mich erinnert die Situation an ein Wort Jesu, das wir in diesen Tagen im Evangelium gehört haben. Einerseits errichtet ihr für die Propheten Denkmäler, so sagt Jesus, andererseits sind sie von euren Vätern verfolgt und umgebracht worden. Vor kurzem wurde Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, also mit einem nicht mehr überbietbaren „Denkmal“ geehrt. Gleichzeitig wird seine Lehre über Ehe und Familie vollkommen übergangen, als würde sie überhaupt nicht existieren. Und doch ist sie das Schönste und Umfangreichste, was das kirchliche Lehramt je zu diesen Themen geäußert hat. Gleichzeitig hat sie die Herausforderungen, mit denen Ehe und Familie heute konfrontiert sind, so klar im Blick, dass sie als „prophetisch“ bezeichnet werden muss.

Ich gebe zu, dass es viele Gründe gibt, warum seine sog. „Theologie des Leibes“ auf akademischer Ebene immer noch nicht wirklich rezipiert worden ist. Johannes Paul II. versuchte seinen Ansatz breit abzustützen, um möglichst viele Menschen von der Wahrheit und allgemeinen Gültigkeit seiner Lehre zu überzeugen. Er hat dazu eine eigene Philosophie entwickelt, außerdem eine eigene exegetische Methode sowie eine eigenwillige dogmatische Spekulation über den Zustand des Menschen, wie er ursprünglich im Paradies von Gott gedacht war. All diese Dinge können einerseits eine wunderbare Hilfe sein und Argumente mit Überzeugungskraft bieten, andererseits aber können sie auch der „Theologie des Leibes“ im Weg stehen. Man muss nicht unbedingt zuerst seine Philosophie, die sog. Phänomenologie verbunden mit seinem christlichen Personalismus, akzeptieren, um schließlich seine Lehre über die menschliche Liebe verstehen und annehmen zu können. Es ist vielmehr notwendig, den langen Weg, auf den Johannes Paul II. in seinen umfangreichen Ausführungen den Leser nimmt, vom Ergebnis zu unterscheiden und zu trennen. Auf diese Quintessenz möchte ich kurz eingehen.

„Erlösung des Leibes“ als Mitte des christlichen Heilsweges

Der hl. Johannes Paul II. hat aufgezeigt, dass sich durch den Sündenfall in die Beziehung zwischen Mann und Frau die sog. „Begierde“ oder „Begehrlichkeit“ eingeschlichen hat. Nirgendwo wird nach Johannes Paul II. so deutlich, dass wir durch die Erbsünde belastet sind, wie in der ungeordneten sexuellen Leidenschaft. Die Tatsache, dass sich die beiden Geschlechter gegenseitig anziehen, ist von Gott gegeben und grundsätzlich etwas Gutes. Aber das „Ungeordnete“ besteht darin, dass wir auf egoistische Weise für uns selbst eine Befriedigung suchen und dazu neigen, die andere Person als reines Mittel für diesen Zweck zu gebrauchen. Das aber ist genau das Gegenteil von Liebe, die in der selbstlosen Hingabe seiner selbst an eine andere Person besteht.

In seiner ersten Enzyklika „Gott ist die Liebe“ ging Papst Benedikt XVI. auf diese Frage noch einmal genauer ein und erklärte den dynamischen Zusammenhang zwischen „Eros“ und „Agape“. Eros ist das mehr auf sich selbst gerichtete Verlangen, welches etwas Wertvolles zu erwerben sucht, „Agape“ dagegen die reine Hingabe an das Gegenüber, welche zum Ziel hat, die andere Person zu bereichern und mit Freude zu erfüllen. Ohne Eros, so Benedikt, kann eine Liebesbeziehung nicht gelingen, doch entwickle sie sich immer mehr in Richtung Agape. Christliche Liebe verbinde immer beides, die Bereicherung des Gegenübers und des eigenen Ichs. Denn sie ziele ja darauf ab, dass derjenige, der sich vertrauensvoll auf eine Liebesbeziehung mit Gott einlasse, eben dadurch alles empfangen könne, was Gott besitze.

Für Johannes Paul II. nun bedeutet Erlösung nach klassischem Verständnis die Heiligung des Menschen schon in dieser Welt mit dem Ziel des ewigen Lebens bei Gott. Dazu bietet Jesus Christus seine Erlösungsgnade an, die er durch Kreuz und Auferstehung verdient hat. Doch wie heiligt und erlöst Jesus den Menschen? Die wichtigste Frucht des Gnadenwirkens Jesu Christi ist für Johannes Paul II. die Befreiung des Menschen von seiner egoistischen Begierde, um ihn wirklich liebesfähig zu machen. Diese „Befreiung“ nennt er „Erlösung des Leibes“. Erlöst in diesem Sinn ist derjenige, der seine Triebe beherrschen und dadurch bewusst und frei in den Dienst der Liebe stellen kann. Dieser Weg der Erlösung ist ein Zusammenspiel von göttlicher Gnade und menschlicher Mitwirkung. Nach Johannes Paul II. steht deshalb das Bemühen um sexuelle Selbstbeherrschung im Zentrum des christlichen Lebens überhaupt. Nur in dem Maß, als wir unsere Leidenschaften umfassend zu „reinigen“ vermögen, kann es uns gelingen, eine „Zivilisation der Liebe“ aufzubauen. Der Kristallisationspunkt dieser christlichen Zivilisation ist für Johannes Paul II. die Ehe und die Familie. Hier erweist sich, ob der Mensch mit seinem Leib „erlöst“ ist oder nicht. Nur auf dem Weg der „Erlösung des Leibes“ wird der Mensch fähig sein, im Geist der Versöhnung bis zum Tod die Treue zu halten und sich für seine Kinder aufzuopfern. Deshalb sagt Johannes Paul II. aber auch, der Weg der Erneuerung gehe allein über die Familie.

Christliche Ehe- und Familienpastoral

Johannes Paul II. hat klar erkannt, dass sich in unserer Zeit genau an dieser Frage, nämlich der Sexualmoral, die Geister scheiden. Der Geist dieser Welt versucht, die sexuelle Befriedigung zu vergöttlichen und zum wichtigsten Sinn des Lebens zu erheben. Dazu müssen alle Schranken aufgehoben werden, die einem solchen Verlangen im Weg stehen könnten. Das Ergebnis ist ein Frontalangriff auf das christliche Verständnis von Sexualität im Dienst des Lebens und der Liebe, d.h. letztlich auf die christliche Familie. Die Strategie beginnt mit der sexuellen Enthemmung im Kindergarten und der bewussten Verführung zu umfassender sexueller Betätigung im Schulalter. Die Gesetzgebung zu Ehe und Familie bildet schließlich den großen Rahmen, in dem eine Zivilisation des Egoismus und der völligen Bindungslosigkeit auf den Thron gehoben wird.

Der christliche Geist aber steht dem Pansexualismus und dem Konsumdenken der modernen Gesellschaft diametral gegenüber. Er setzt an der Formung des Herzens an, die ohne bewusstes Bemühen um Selbstbeherrschung nicht möglich ist. Die Hinführung zu vorehelicher Enthaltsamkeit ist deshalb ein Schlüssel zur „Erlösung des Leibes“. Dieser Weg geht einher mit der bewussten Absage an Pornographie und Selbstbefriedigung. In der treu gelebten persönlichen Beziehung zu Christus können so die Fähigkeiten wachsen, die notwendig sind, um mit Überzeugung eine Ehe zu schließen und eine christliche Familie zu gründen.

Wenn christliche Eheleute den Bund für ihr Leben geschlossen haben, sind es verschiedene Faktoren, die ihnen helfen, ihre Berufung nach dem Plan Gottes zu verwirklichen. Ich möchte drei herausgreifen:

Auch in der Ehe muss die „Erlösung des Leibes“ weiter fortschreiten. Ohne eheliche Keuschheit, d.h. Reinigung der Geschlechtlichkeit von ungeordneter Begierde, kann die sexuelle Vereinigung nicht als Ausdruck wirklicher Liebe gelebt werden. Hier sah Johannes Paul II. die natürliche Methode zur Familienplanung angesiedelt, die von den Eheleuten periodische Enthaltsamkeit verlangt. Es geht aber auch darum, unabhängig von äußeren Reizen wie pornografischer Erregung zu werden, um die geschlechtliche Beziehung innerhalb der Ehe bis ins hohe Alter erfüllend leben zu können und nicht von der Anziehung durch andere Männer und Frauen abgelenkt zu werden.

Ein zweiter Punkt wird deutlich: Die Erlösung des Leibes ist Frucht der Gnade. Nur ein betender Mensch kann seine Geschlechtskraft in Griff bekommen. Wenn die Werte, die zu einer Zivilisation der Liebe gehören, in das Ehe- und Familienleben Einzug halten sollen, müssen sich alle Beteiligten der Gnade Gottes öffnen. Angesichts der heutigen Versuchungen muss eine christliche Familie heute aus allen Quellen schöpfen, die uns Gott zur Verfügung gestellt hat. Das beste Mittel ist das gemeinsame Familiengebet wie z.B. der abendliche Rosenkranz, wie ich ihn in Indien, Brasilien und auf den Philippinen überall angetroffen habe. Die regelmäßige Beichte und Kommunion sind unabdingbar, damit wir die Liebe Gottes aufnehmen und die Familie als Abbild des Dreifaltigen Gottes gestalten können.

Das Dritte ist die Perspektive des ewigen Lebens. Nur wenn wir bewusst auf dieses Ziel zugehen, können wir im entscheidenden Moment die Kraft finden, Probleme zu überwinden und Opfer zu bringen. Wer sich bewusst macht, warum es sich lohnt, den Willen Gottes zu erfüllen, kann Ehekrisen überwinden, Kinder annehmen und bis zum Tod die Mühen des Alters – auch Einsamkeit – durchstehen. Der Blick auf die Ewigkeit verlangt jedoch einen überzeugten Glauben, der durch ein christliches Ehe- und Familienleben jeden Tag neu gestärkt werden kann.

Ausblick

Die Richtung, welche die Diskussionen auf der Bischofssynode eingeschlagen haben, birgt die Gefahr in sich, vor dem Geist der Welt zu kapitulieren. Warum ist es so abwegig, wiederverheirateten Geschiedenen, die die Sakramente empfangen möchten, die Enthaltsamkeit nahezulegen? Warum wird diese Lehre überhaupt nicht angesprochen? Warum wird nicht eindeutig gesagt, dass alle Formen direkter sexueller Befriedigung außerhalb des ehelichen Akts, auch gelebte homosexuelle Beziehungen, ungeordnet und damit eine Sünde sind? Respekt für die Mitmenschen und Barmherzigkeit bestehen nicht darin, die Sünde gutzuheißen, sondern die Menschen auf dem Weg der „Erlösung des Leibes“ mit dem Gnaden-angebot  Gottes zu begleiten. Bei ehrlichem Bemühen, den Willen Gottes zu erfüllen, müssen sie immer mit der Vergebung rechnen können und die Lossprechung erhalten. Wer die Gebote anerkennt, erhält von Gott immer wieder eine „neue Chance“. Sicherlich bleibt es oft ein Kampf, aber Papst Franziskus betont, dass Gott nicht müde wird zu vergeben. Dürfen wir als Argument für eine Änderung der kirchlichen Disziplin ins Feld führen, heutzutage leide so gut wie jede Familie an einer irregulären Situation? Wir müssen vielmehr erkennen, worin dies seinen Ursprung hat, und zugeben, dass eben die meisten im Widerspruch zur Einladung Gottes leben. Wer den Glauben nicht ernst nimmt, hat nicht die Kraft, die christlichen Ideale zu verwirklichen. Wem die Motivation fehlt, etwas „um des Reiches Gottes willen“ zu tun, wird als erstes das Bemühen um die Beherrschung seiner Triebe ad acta legen. Das Schicksal aber wird seinen Lauf nehmen. Darauf müsste eine Bischofssynode eingehen und einen dramatischen Appell an die ganze Weltkirche richten, Ehe und Familie aus der persönlichen Beziehung zu Christus heraus zu gestalten, wieder gemeinsam zu beten und regelmäßig die Sakramente zu empfangen.

„Ich kann nur sagen, was mir Gott in den Mund legt!“

Der Bischof als Esel des Bileam

Der Salzburger Weihbischof Dr. Andreas Laun wagt einen interessanten Vergleich. Er versucht, im Esel des alttestamentlichen Bileam die Aufgabe und das Schicksal der Bischöfe zu erkennen. Geht man auf seine Deutung ein, hat man mit frappierender Klarheit die Verantwortung der Hirten in der heutigen Zeit vor Augen. Weihbischof Laun greift als aktuellstes Beispiel die „Gender-Ideologie“ heraus. Seine Interpretation passt natürlich auch zu all den anderen Themen, welche von den Bischöfen ein mutiges Zeugnis gegen den Zeitgeist verlangen. Wenn sich viele Menschen, aufgeweckt durch die göttliche Mahnung, vom verführerischen Weg der Gender-Ideologie abwenden würden, könnte sie sich nicht derart zielstrebig zu einer totalitären Diktatur entwickeln.

Von Weihbischof Andreas Laun

Lieber Leser, wenn Sie mich einen „Esel“ nennen würden, wäre ich nicht erfreut. Wenn Sie aber hinzufügten: „Herr Bischof, ich sehe in Ihnen den ‚Esel des Bileam‘!“, würde ich mich geradezu geehrt fühlen. Wie das? Gegenfrage: Kennen Sie die Geschichte dieses Esels des Bileam (Num 22,21ff)?

Die Geschichte des Esels des Bileam

Das war nämlich so: Der Prophet Bileam stand auf, sattelte seinen Esel und machte sich auf den Weg, scheinbar wie Gott ihm aufgetragen hatte. Dabei aber war er in seinen Absichten dem Willen Gottes untreu.

Als nun Bileam begleitet von zwei jungen Männern auf seinem Esel so dahinritt, trat ihm der Engel des Herrn drohend in den Weg. Der Esel sah den Engel des Herrn mit dem gezückten Schwert in der Hand auf dem Weg stehen, verließ den Weg und wich ins Feld aus. Da schlug ihn Bileam, um ihn auf den Weg zurückzubringen. Darauf stellte sich der Engel des Herrn auf den engen Weg zwischen den Weinbergen, der zu beiden Seiten Mauern hatte. Als der Esel den Engel des Herrn sah, drückte er sich an der Mauer entlang und drückte dabei das Bein Bileams gegen die Mauer. Da schlug ihn Bileam wieder. Der Engel des Herrn ging weiter und stellte sich an eine besonders enge Stelle, wo es weder rechts noch links eine Möglichkeit gab auszuweichen. Als der Esel den Engel des Herrn sah, ging er unter Bileam in die Knie. Bileam aber wurde wütend und schlug den Esel mit dem Stock.

Da öffnete der Herr dem Esel den Mund, und der Esel sagte zu Bileam: „Was habe ich dir getan, dass du mich jetzt schon zum dritten Mal schlägst?“ Bileam erwiderte dem Esel: „Weil du mich zum Narren hältst. Hätte ich ein Schwert dabei, dann hätte ich dich schon umgebracht.“ Der Esel antwortete Bileam: „Bin ich nicht dein Esel, auf dem du seit eh und je bis heute geritten bist? War es etwa je meine Gewohnheit, mich so gegen dich zu benehmen?“ Da musste Bileam zugeben: „Nein.“

Nun öffnete der Herr dem Bileam die Augen und er sah den Engel des Herrn auf dem Weg stehen, mit dem gezückten Schwert in der Hand. Da verneigte sich Bileam und warf sich auf sein Gesicht nieder. Der Engel des Herrn sagte zu ihm: „Warum hast du deinen Esel dreimal geschlagen? Ich bin dir feindlich in den Weg getreten, weil mir der Weg, den du gehst, zu abschüssig ist. Der Esel hat mich gesehen und ist mir schon dreimal ausgewichen. Wäre er mir nicht ausgewichen, dann hätte ich dich vielleicht jetzt schon umgebracht, ihn aber am Leben gelassen.“

Bileam antwortete dem Engel des Herrn: „Ich habe gesündigt, aber nur, weil ich nicht wusste, dass du mir im Weg standest. Jetzt aber will ich umkehren, wenn dir mein Vorhaben nicht recht ist.“ Der Engel des Herrn antwortete Bileam: „Geh mit den Männern, aber rede nichts, außer was ich dir sage.“ Von da an erkannte Bileam seine Sendung an und sagte: „Ich kann nur sagen, was mir Gott in den Mund legt!“

Der Bischof „trägt“ das Volk Gottes auf seinem Rücken

Was hat diese Geschichte mit dem Bischof zu tun? Das: Der Bischof „trägt“ das Volk Gottes auf seinem Rücken. Wenn er den „drohenden Engel des Herrn“ sieht, den das Volk Gottes noch nicht sieht, muss der Bischof wie der Esel des Bileam stehenbleiben und das Volk warnen, auch wenn er dafür „geschlagen“ wird – bis endlich auch das Volk erkennt: Es ist der Engel des Herrn, der den Auftrag hat, uns von unserem Irrweg abzubringen. Also, der Bischof soll sein wie der Esel des Bileam und sich auch durch die Prügel, die er ausgerechnet von seinem Volk bekommt, nicht beirren lassen und auf dem Weg Gottes bleiben! Das heißt: Er darf nur das sagen, was Gott ihm in den Mund legt – wie Bileam. Seine Vorbilder sind daher zuerst der Esel, dann auch der zur Einsicht gekommene Bileam!

Die „Moral aus der Geschichte“: Der Esel sah den Engel, der Prophet aber nicht! In Bileam kann jeder Mensch sich selbst erkennen, im Esel sollten sich vor allem auch die Bischöfe erkennen können: Sie „tragen“ die vielen „Bileams“ ihrer Gemeinde und sollten sie zum Gott gewollten Ziel bringen. Wenn sie aber von diesem Weg abirren, sollten es die Bischöfe machen wie der Esel des Bileam.

Der Irrweg ist heute die Gender-Ideologie

Angewandt auf die heutige Zeit: Der Irrweg und die Gefahr ist heute die Gender-Ideologie: Die Bischöfe müssen die Gefahr erkennen, sie müssen versuchen, die ihnen anvertraute Herde auf den richtigen Weg zurückzuführen, sich schlagen lassen wie der Esel des Bileam, dann den Mund auftun mit den Worten, die von Gott kommen, und dies so lange, bis die Bileams endlich den warnenden Engel sehen und begreifen: Wir sind auf dem falschen Weg, Gott stellte uns den Engel in den Weg, der Bischof, unser Esel, hat ihn gesehen und hat recht, wenn er uns auf einen anderen Weg bringen will!

Was ist Gender? Die verlogene Werbung der Gender-Ideologen will glauben machen, es ginge nur um Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen. Dagegen kann natürlich niemand sein! Aber es geht um etwas ganz Anderes, eine häretische Ideologie, die so verrückt ist, dass es sie noch nie in der Geschichte gab: Man behauptet, das Geschlecht eines Menschen als Mann oder Frau sei nicht unveränderbar vorgegeben, sondern könne jeder Mensch für sich selbst bestimmen. Also nicht Gott schuf den Menschen als Mann und Frau, sondern wir Menschen machen uns unser „Geschlecht“ selbst. Und so gibt es nicht mehr nur zwei, sondern auch noch andere „Geschlechter“, je nach den sexuellen Neigungen und Wünschen des einzelnen Menschen, und wenn diese noch so bizarr wären.

Die abschätzig „traditionelle Ehe und Familie“ genannte Ordnung Gottes für Mann und Frau hat dabei keinen Platz mehr. Der Kampf gegen die Familie, den die kommunistischen Ideologen eröffnet haben, wird damit mit neuen ideologischen Mitteln verschärft weitergeführt. Zu diesem Angriff auf die Familie gehört: Wie alle ideologisch geprägten Diktatoren wollen auch die Gender-Ideologen die Menschen bevormunden und zwingen zu denken und zu leben, wie sie es vorgeben. Dazu bedienen sie sich der Macht der Medien, um die Menschen, die anders denken, zu diffamieren. Sie bedienen sich der Gesetze, um sie zu bedrohen und zu zwingen. Und sie greifen nach den Kindern und der Jugend, die sie durch die schulisch verordnete Sexualerziehung noch formen können! Dazu gehört natürlich auch: Eltern können vom Religionsunterricht abmelden, aber nicht von dieser staatlichen Indoktrination im Sinn der „Sexuellen Revolution“ mit all ihrer Unmoral und im Sinne der neuen Gender-Ideologie. So etwa soll den Kindern eingetrichtert werden: Eine „Ehe“ zweier Männer sei „genauso Ehe und genauso gut“ wie diejenige von Mann und Frau. Lehrer, die sich weigern mitzumachen, werden unter Druck gesetzt. In manchen Ländern können sie wegen dieses „Ungehorsams“ heute schon ihre Arbeit verlieren! Und das alles geschieht in Ländern, die behaupten, Freiheit und auch Elternrechte gehörten zu ihrem „Wertekatalog“. Übrigens, auch die Werte, die das Leben der Menschen ordnen, behaupten sie selbst bestimmen zu können, ohne Gott und gegen Seine Gebote!

Ideologische Systeme bringen viel Unglück über die Menschen

Viele Menschen denken, diese Verrücktheiten werden nicht lange Bestand haben und wieder verschwinden. Werden sie das wirklich? Ja, weil sich Wahrheit und Hausverstand nicht abschaffen lassen. Aber die Geschichte zeigt: Ideologische Systeme sind besonders gefährlich und können lange Zeit durchhalten, gestützt auf Gewalt und auf Verführung. Sie bringen in der Zeit ihrer Vorherrschaft viel Unglück über die Menschen. Wie verführerisch sie sein können, zeigt etwa die aktuelle Debatte über die Frage, ob die DDR ein „Unrechtsstaat“ war. Kann das eine „Frage“ sein, wenn man z.B. weiß: Es gab am Grenzzaun ein System von Sensoren, die einen Flüchtling sofort meldeten und dabei einen Zwinger mit Hunden öffneten, die sogleich losstürmten und darauf abgerichtet waren, den Fliehenden totzubeißen!

Niemand weiß, wie lange sich die Gender-Ideologie, gestützt mit unvorstellbar viel Geld und von Gesetzen in vielen Staaten, wird halten können – gegen die Ordnung Gottes und gegen den Hausverstand. Und niemand weiß, was sie noch anrichten wird, wie viele Kinderseelen sie zerstören und wie viel Leid sie über die Völker bringen wird. Darum muss der „bischöfliche Esel“ sich am Esel des Bileam orientieren und so laut er kann wiehern und die Menschen warnen vor dem Unglück, dem sie Tür und Tor schon weit geöffnet haben. Schweigende Bischöfe sündigen, sagt Papst Gregor der Große! Also, liebe Mitbrüder im geistlichen Amt, nehmen wir uns den Esel des Bileam zum Vorbild.

Klarsicht und Starkmut eines Propheten (Teil III)

Das Martyrium Fritz Gerlichs

Als sich Dr. Fritz Gerlich dafür entschied, den kompromisslosen Kampf gegen die Hitlerbewegung aufzunehmen, war er frei von jeder eitlen Zielsetzung. Ohne Rücksicht auf seine Ehre und sogar sein Leben warf er sich dem drohenden Ungestüm des Nationalsozialismus entgegen. Er kämpfte für die Wahrheit um des Reiches Gottes willen, aus Liebe zu seinem Volk, das er ins Verderben rennen sah. Der Märtyrergeist, mit dem sich Gerlich für die katholischen Werte eingesetzt hat, ist geradezu schaudererregend. Aber darin liegt der Wert seines Zeugnisses, das uns auch heute aufrütteln und ermutigen kann. Der dritte und zugleich abschließende Teil eines Vortrags, den der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer anlässlich des 80. Todestages Gerlichs am 30. Juni 2014 in Konnersreuth gehalten hat, lässt uns das prophetische Schicksal Gerlichs „hautnah“ miterleben.

Von Bischof Rudolf Voderholzer, Regensburg

Um dem Nationalsozialismus publizistisch entgegenzutreten, hatte Dr. Fritz Gerlich 1930 das Blatt „Illustrierter Sonntag“ erworben. Doch der Titel entsprach der politischen Ausrichtung, die die Zeitung immer offener vertrat, schon bald nicht mehr. Schließlich entschied man sich für die Bezeichnung „Der gerade Weg“. Mit der ersten Nummer des Jahres 1932 vom 3. Januar vollzieht sich die Umbenennung. Pater Ingbert Naab erläutert den neuen Namen in einem programmatischen Artikel: „‚Der gerade Weg‘, so nennt sich von heute an diese Zeitung. Und als Untertitel schreibt sie: ‚Deutsche Zeitung für Wahrheit und Recht‘. [...] Der Titel unserer Zeitung will ein ganz klares und festes Bekenntnis sein. [...] In unserem Kampfe für die Wahrheit haben wir das Beispiel der Propheten vor Augen. Ihre Aufgabe war es, in Zeiten größter Katastrophen sich mit unbeugsamen Mut vor Land und Volk hinzustellen, eine ‚eherne Säule‘ und ‚eiserne Mauer‘ zu sein. Die Propheten laufen nie mit der Mehrheit. Sie bekommen im Gegenteil das Geschick der Vereinsamung furchtbar bitter zu spüren. Die einen sind gegen sie, weil sie ihnen höchst unangenehme Dinge sagen müssen, die anderen, weil ihnen ihre Sprache zu scharf dünkt, wieder andere, ‚weil doch die allermeisten anders sagen‘. Wie wenn die Wahrheit einer Sache danach gemessen werden dürfte, ob neunzig Prozent oder zehn Prozent dafür sind! Wahrheit ist nicht das Ergebnis von Mehrheitsabstimmungen. Und andere geben den Propheten zwar innerlich recht, aber sie wagen es nicht, offen auf ihre Seite zu treten oder sie gar zu verteidigen, weil sie fürchten, sich ‚zu sehr zu exponieren‘. Und die ganz Schlauen ziehen es vor, den Ausgang abzuwarten und dann werden sie sich entscheiden. Von der mutigen Seite sind sie nicht, und man kann sie nicht auswählen, um damit Schlachten zu schlagen, weil sie nur Siegesfeste feiern wollen. Die Propheten aber müssen den geraden Weg weitergehen ohne Rücksicht auf Zustimmung oder Ablehnung."[32]

In Leitartikeln, die an Deutlichkeit und Gedankenschärfe nichts zu wünschen übrig lassen, warnt Gerlich auf das Eindringlichste vor den Konsequenzen der Nazi-Ideologie und sagt dem deutschen Volk bitteres Leid voraus, wenn es sich der Führung Hitlers anvertrauen sollte.

Gerlich und Naab ziehen dabei alle Register der journalistischen Kunst. Den Auftakt bildete ein fingiertes Interview mit einem Schweizer („Hitler und Wilhelm II.“ vom 12.7.1931) (vgl. Kirche heute Nr. 10/2014, S. 16). Mit einem durch eine Fotomontage illustrierten Artikel „Hat Hitler Mongolenblut?“ (17.7.1932), über den halb München gelacht haben soll, überzog Gerlich die Rassentheorie mit beißendem Spott. Karikaturen aus der Feder von Erich Wilke unterstützten die Artikel. Die insgesamt größte Aufmerksamkeit erzielte ein offener Brief Ingbert Naabs an Hitler vom 20. März 1932 mit dem Titel: „Herr Hitler, wer hat Sie gewählt?“, der in zahlreichen deutschen Zeitungen abgedruckt und sogar als Flugblatt verteilt insgesamt in einer Auflagenhöhe von 20 Millionen in ganz Deutschland Verbreitung fand.

Ein Artikel mit der Überschrift „Hetzer, Verbrecher, Geistesverwirrte“ vom 14. Februar 1932, worin Gerlich die Schamlosigkeit und Verkommenheit der nationalsozialistischen Zeitung Völkischer Beobachter angreift, hat zur Folge, dass Der gerade Weg vom Verlagshaus Müller in der Schellingstraße in die Hofstatt (im Zentrum Münchens) ins Verlagshaus Manz umziehen muss, weil die Nationalsozialisten mit dem Entzug des in demselben Verlagshaus Müller gedruckten Völkischen Beobachters drohten.

Am 31. Juli 1932 stand, um ein weiteres Beispiel für Gerlichs deutliche Sprache anzuführen, in Der gerade Weg zu lesen: „Dem Kriege des Mittelalters folgte die Pest als eine Geißel der Menschheit. Aber diesem Kriege [dem Ersten Weltkrieg], den wir alle erlebt und gefühlt haben und dessen Spuren und Folgen Revolution, Inflation, Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit heißen, folgte eine geistige Pest: der Nationalsozialismus. Die Übel, unter welchen die Völker leiden, können allein geheilt werden durch Verständigung, Versöhnung, Abrüstung und Frieden. Nationalsozialismus aber bedeutet: Feindschaft mit den benachbarten Nationen, Gewaltherrschaft im Innern, Bürgerkrieg, Völkerkrieg. Nationalsozialismus heißt: Lüge, Haß, Brudermord und grenzenlose Not".[33]

Es ging Gerlich dabei keineswegs nur darum, Hitler zu entlarven oder nur gegen jemanden zu sein. Gerlichs Kritik lebt vielmehr von positiven Anliegen: „Politik der zehn Gebote“, die auf Thomas von Aquin[34] gestützte katholische Naturrechtslehre, die von den Päpsten in ihren Enzykliken dargestellte Katholische Soziallehre, ein vereintes Europa auf der Grundlage des katholischen Christentums sind Stichworte von Gerlichs politischer Vision.

Durch einen Informanten bei der SA, Georg Bell, hat Gerlich später zudem Kenntnis von heftigen Machtkämpfen in der Führung der nationalsozialistischen Bewegung zwischen Hitler und dem Stabschef der SA, Ernst Röhm. Die Veröffentlichung von Umsturzplänen Röhms war Gerlichs höchster Trumpf, den er sich bis zuletzt aufbewahrt hatte und der ihm dann im März 1933 aus der Hand geschlagen wurde, ehe er stechen konnte.[35]

Die Schärfe und Radikalität, mit der Gerlich die Nationalsozialisten bekämpfte, übertrug er bisweilen auch auf Vertreter der bürgerlichen Parteien, deren Halbherzigkeit in der Abwendung der heraufziehenden nationalsozialistischen Gefahr er brandmarkte. Nachdem er sich am 24. Juli 1932 dazu hatte hinreißen lassen, nach der Absetzung der preußischen Regierung durch Reichskanzler von Papen am 20. Juli „wegen Verletzung der Reichsverfassung“ die Absetzung des Reichspräsidenten von Hindenburgs zu fordern und am 31. Juli diese Forderung auf weitere Reichsminister auszudehnen, wurde Der gerade Weg für vier Wochen verboten.

Gerlichs Dienstvorgesetzter, der Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns, Riedner, schützte Gerlich insofern, als er gegen seinen Oberarchivrat nur ein „Ordnungsverfahren wegen Beschimpfung der Reichspräsidenten und Verächtlichmachung von Reichsministern“ (anstelle eines folgenreicheren Dienststrafverfahrens) einleitete. Die am 7. Oktober 1932 verhängte Strafe von 100 Reichsmark war verknüpft mit der Warnung, dass sich Gerlich bei der nächsten Kollision zwischen Beamtenpflicht zur Staatstreue und journalistischer Nebentätigkeit definitiv für die eine oder die andere Laufbahn werde entscheiden müssen.[36]

Der gerade Weg kann sich zwar Gehör verschaffen, doch die Herausgeber werden neben den anderen auch von wirtschaftlichen Sorgen geplagt. Der Aufdruck „Auflage 100.000“ auf der Ausgabe mit dem „Hitler-Wilhelm-II.-Vergleich“ gibt nicht den wahren Sachverhalt wieder. Rudolf Morsey hat gezeigt, dass die Rentabilitätsgrenze von 90.000 verkauften Exemplaren praktisch nie erreicht wurde und Der gerade Weg bis zum Schluss nicht aus den roten Zahlen kam.[37]

Gerlich, der schon im Frühjahr 1932 von seinem „Drecksgeschäft“ gesprochen hatte, musste immer wieder gegen seine eigene zunehmende Resignation ankämpfen.

Unterstützung durch Kardinal Faulhaber

In die Zeit des vorübergehenden Verbots des geraden Weges im August 1932 fiel auch eine Beschwerde des Fürsten von Wolfegg über Gerlich bei Bischof Sproll von Rottenburg. In dem Beschwerdebrief wurden offenbar einige der über Gerlich im Umlauf befindlichen Gerüchte und Verleumdungen aufgegriffen. Bischof Sproll leitete den Brief an den zuständigen Münchener Erzbischof Kardinal Faulhaber weiter, der in seiner Antwort vom 13. September 1932 Gerlich mit deutlichen Worten in Schutz nahm. Zunächst skizziert der Erzbischof kurz Gerlichs Werdegang: „Herr Dr. Gerlich, früher Calvinist und Chefredakteur an den ‚Münchener Neuesten Nachrichten‘, wurde in der Schule von Konnersreuth nach jahrelangem Studium katholisch und hat es seit seiner Konversion mit den Pflichten eines katholischen Mannes ernst genommen. In manchen Punkten, wie in der Naturrechtslehre des hl. Thomas, dachte er von jeher katholisch. Obwohl er am Archiv eine feste Stellung hat, konnte er ohne journalistische Betätigung nicht leben und hat in wenigen Monaten eine früher kaum gekannte Zeitung zu einem Volksblatt erhoben, das im Sturm in die Reihen der Nationalsozialisten eingebrochen ist und zum ersten Mal dem ‚Völkischen Beobachter‘ einen ebenbürtigen und sogar einen überlegenen Gegner ins Feld stellte. Darüber entbrannte in den Kreisen der Völkischen eine wahre Wut, die sich in persönlichen Gehässigkeiten bis zu den ekelhaftesten Formen äußerte. Da niemand den Mut hat, ihm offen entgegenzutreten, sucht man ihn durch Verdächtigungen, durch Ruf nach Polizei, durch Ruf nach der Kirche mundtot zu machen.“[38] Faulhaber wirbt um Verständnis für Gerlichs manchmal überharte Tonart und schließt mit dem Hinweis auf die Morddrohungen gegen den Journalisten: „Wenn Dr. Gerlich in der Form eine scharfe Klinge schlägt und zuweilen über die Schnur haut, auch am Zentrum und seinen Männern Kritik übt, so sind das eben Begleiterscheinungen, die im Kampf der Geister bei einem neu auf den Plan tretenden Kämpen immer wieder vorkommen werden. Als Katholik aber hat Dr. Gerlich die besten Absichten. Der hiesige Klerus ist begeistert, dass endlich auf katholischer Seite ein Mann aufgetreten ist, der den Gegnern die Stange hält, wenn er nicht, wie ihm angedroht wurde, durch Meuchelmord stumm gemacht wird.“[39] Bereits im Juli 1932 war Gerlich in einem Leserbrief angedroht worden, er werde noch auf einem „Scheiterhaufen von Christuskreuzen“ schmoren.[40]

Lange sollte es nicht mehr dauern. Die entschiedene Christusfrömmigkeit, die ihm durch die Begegnung und Freundschaft mit Therese Neumann bekannt geworden war und die mehr und mehr sein Leben prägte, ließ ihn nicht nur immer klarer das gottlose Herrenmenschentum Hitlers durchschauen, sondern gab ihm auch die Kraft, letztlich mit Leib und Leben für die erkannte Wahrheit einzustehen.

Verhaftung – Folter – Ermordung

Noch am Abend des 9. März 1933, des Tags der Entmachtung der bayerischen Regierung durch die Nationalsozialisten, stürmte die SA die Redaktion des geraden Weges in der Münchner Innenstadt und verwüstete Büro, Archiv und alles Material.[41] Gerlich wurde brutal zusammengeschlagen und in „Schutzhaft“ genommen. Gerlich, der von den Vorgängen nicht überrascht war, hatte den Rat seiner Mitarbeiter, in die Schweiz zu fliehen, wo ein größerer Geldbetrag für ihn bereitliege, zurückgewiesen: „Und Sie alle soll ich hierlassen? Dass Sie für mich büßen müssten? Versuchen Sie also nicht, mich zu überreden! [...] Ich bin bereit, für das, was ich geschrieben habe, mit meinem Leben einzustehen. Ich werde den Schreibtisch nicht verlassen!“[42]

Im Münchener Ordinariat verfolgte man das Schicksal Gerlichs. Domdekan Scharnagl erwähnte in seinem Bericht an Faulhaber vom 13. März 1933 über die Vorgänge der vorangegangen Tage ausdrücklich die Zerstörung der Redaktionsräume des geraden Wegs sowie die Misshandlung und Inhaftierung Gerlichs.[43] Drei Tage darauf erwähnte er in einem Schreiben, dass Gerlich „immer noch in Haft“[44] sei. Als Faulhaber Hitler in einem Telegramm vom 24. Juli 1933 zum Abschluss des Reichskonkordats gratulierte, kam er abschließend auf die politischen Gefangenen zu sprechen: „Krönen Sie die große Stunde mit einer großmütigen Amnestie für jene, die ohne Verbrechen, nur wegen einer politischen Gesinnung in Schutzhaft sind und mitsamt ihren Familien seelisch furchtbar leiden.“[45] Faulhaber äußerte den bayerischen Bischöfen gegenüber, denen er von diesem Telegramm Kenntnis gibt, die Befürchtung, dass aufgrund dieser Schlussbitte das Telegramm nicht veröffentlicht werden wird.[46]

Durch eine ganze Reihe von Zeugen weiß man um Gerlichs Schicksal in der Zeit seiner Inhaftierung. Besonders kostbar sind die Tagebuchaufzeichnungen des ungarischen Regisseurs und Journalisten Stefan Lorant (1901-1992), der zusammen mit Gerlich am 9. März 1933 inhaftiert wurde und nach seiner Freilassung Ende September 1933 nach London auswanderte. Dort veröffentlichte er in englischer Sprache seine im Gefängnis gemachten Aufzeichnungen.[47] Erst 52 Jahre später erschienen sie auch in deutscher Sprache.[48]

Im Mai 1933 versuchte man Gerlich durch Folterung zur Preisgabe seiner Informanten bei der SA zu bringen. Lorants Tagebuch vermerkt unter dem 17. Mai 1933 – Lorant wusste darum, weil er als Protokollant hinzugezogen worden war:

„Heute nacht haben SA-Männer Dr. Gerlich verprügelt. [...] Gegen Mitternacht wurde er zum Verhör geholt. Der Wachtmeister öffnete die Zelle und zwei SA-Männer führten ihn ab. Im Korridor des Polizeipräsidiums verbanden sie ihm die Augen und führten ihn dann treppauf, treppab, damit er nicht merke, wohin er gebracht wurde. Als man ihm die Binde von den Augen abnahm, fand er sich in einem großen Raum. Scheinwerfer waren auf ihn gerichtet, im Dunkel dahinter standen Männer. Eine Stimme brüllte: ‚Woher hattest du die Informationen über das Braune Haus?‘ ‚Für alle Aufsätze, die in meinem Blatt erschienen sind, trage ich allein die Verantwortung‘, antwortete Gerlich ruhig. ‚Du willst also deine Helfer nicht verraten?‘ ‚Nein!‘ Eine Weile herrschte Stille. Dann wurde Gerlich von zwei Männern gepackt und auf den Schreibtisch geworfen. Gummiknüppel sausten auf ihn nieder. Gerlich faltete seine Hände und betete. Jemand schrie: ‚Hast du deine Informationen von Dr. Bell bekommen?‘ Gerlich schwieg. ‚Wir werden dich schon weich kriegen, du Hund!‘, rief einer der Männer, und wieder hagelte es Schläge. ‚Willst du endlich gestehen?‘ Gerlich antwortete nicht. Ein Revolver knallte vor ihm auf den Tisch und eine Stimme befahl: ‚Hier: Erschieß dich, du Schuft!‘ Gerlich entgegnete mit fester Stimme: ‚Ich erschieße mich nicht. Ich bin Katholik.‘ Er kniete nieder und wartete betend auf sein Ende. Doch sie trauten sich nicht, ihn zu töten und schleppten ihn in seine Zelle zurück. Unterwegs stießen sie ihn die Treppe hinunter. Als Gerlich versuchte, sich am Treppengeländer festzuhalten, trat ihm einer der SA-Männer auf die Hände. ‚Verrecken sollst du, du Hund!‘ brüllte er und trampelte mit den Stiefeln auf dem hilflosen Mann herum. Die Schergen packten ihn am Hals und an den Füßen und zerrten ihn in seine Zelle. Als Frank, der Leiter des Polizeigefängnisses, am Morgen von dem Vorfall erfuhr, war er außer sich. Er ging zu Gerlich in die Zelle und versprach ihm, den Fall untersuchen zu lassen. Der Misshandelte wurde zum Arzt gebracht. Dann wurde ihm aufgetragen, über die nächtlichen Ereignisse einen Bericht zu schreiben. Da er mit seinen zertretenen Händen nicht schreiben konnte, erlaubte Frank ihm, mir zu diktieren, was ihm geschehen war. Sein Bericht war drei Seiten lang.“[49]

Der spätere Münchener Weihbischof Johannes Neuhäusler schreibt in seinem Buch „Amboß und Hammer“ (1967) über eine Begegnung mit Gerlich im Münchener Polizeigefängnis im Dezember 1933: „Am nächsten Morgen wurde ich in eine andere Zelle gebracht. Außerdem durfte ich auf dem Gang auf und ab gehen. Dort traf ich zu meiner großen Freude einen der größten und tapfersten Kämpfer gegen Hitler, den ehemaligen Hauptschriftleiter der ‚Münchner Neuesten Nachrichten‘ und späteren Herausgeber der Wochenzeitung ‚Der gerade Weg‘, Dr. Fritz Gerlich. In keiner Weise gebrochen, im Gegenteil, auch jetzt im Gefängnis mit den Wachtmeistern und Aufsichtspersonen disputierend und alle seine Bedenken gegen den Nationalsozialismus äußernd, erbaute und bestärkte er alle anwesenden Leidensgenossen. Diese Begegnung mit einem so tapferen und aufrechten Christen war allein schon die schwere Nacht wert, die ich im Polizeigefängnis zubringen musste.“[50]

Auch die Aufzeichnungen des Gefängnisseelsorgers, des Kapuzinerpaters Sigisbert Greinwald, liegen vor, aus denen Erwein von Aretin in seinem Lebensbild schon geschöpft hat. Der Priester brachte Gerlich ab dem 28. August 1933 jeden Dienstag die Heilige Kommunion und unterhielt sich anschließend jeweils eine Stunde mit ihm. Ihm zufolge trug sich Gerlich mit dem Plan einer vergleichenden Darstellung der verschiedenen Christus-Offenbarungen von Therese Neumann, Anna Katharina Emmerich, der hl. Kreszentia Höß und anderer.[51]

Den maschinenschriftlichen Memoiren des Fürsten Waldburg-Zeil ist zu entnehmen, dass er Mitte Juni 1934 Dr. Gerlich aufgefordert habe, sich endlich an seinem Bruchleiden operieren zu lassen, um ihm angesichts des drohenden Machtkampfes zwischen Hitler und Röhm eine Fluchtmöglichkeit zu eröffnen. „Gerlich ging nicht darauf ein, sondern bat seine Frau, dem Fürsten zwei Bücher aus seiner Bibliothek zu schenken: ‚Das Leiden im Weltplan‘ und ‚Die Kirche der Märtyrer‘. So konnte er [...] dem Fürsten sagen, dass er beabsichtige, dem Tod nicht aus dem Weg zu gehen.“[52]

Noch einen Tag vor seiner Ermordung traf Gerlich mit einem Münchener Priester zusammen, der aufgrund einer verbotenen Gruppenstunde mit katholischen Jugendlichen für ein paar Tage inhaftiert wurde. Es handelt sich um den Katecheten und späteren Stadtpfarrer der Pfarrei „Maria, Königin des Friedens“ in München-Giesing, Alfons Beer. Beer hatte am 29. Juni 1934 ein langes Gespräch mit Gerlich. Zuerst ließ dieser sich Beers Schicksal erzählen und dann vertraute Gerlich dem Priester seinen Werdegang an. Aretin hält fest, „dass Beers priesterlich kundiges Ohr staunend erkannte, zu welchem Grad der inneren Vollkommenheit sein Partner in so langer Haft gediehen war. Er sagt heute, dieser Tag habe ihm noch mehr gegeben als der Tag seiner Priesterweihe, der sich an diesem Freitag wieder einmal jährte.“[53]

In der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1934 schließlich wurde auch Fritz Gerlich im Zusammenhang mit der Ermordung von verschiedenen anderen Regimegegnern (der Terminus „Röhmputsch“ entstammt der Nazi-Propaganda und sollte allenfalls in Anführungszeichen gebraucht werden) nach Dachau gebracht und dort erschossen.[54] Seine Frau erhielt ein paar Tage später auf Nachfrage die Auskunft, dass sie die Urne ihres Mannes entgegennehmen könne, wenn sie die Verbrennungskosten zahle. Mit Recht zweifelte sie am Wahrheitsgehalt dieses Angebots und verzichtete darauf. So sind wahrscheinlich die sterblichen Überreste Gerlichs zusammen mit denen mehrerer anderer Opfer zunächst auf dem Münchener Ostfriedhof begraben und dann später auf den Friedhof am Perlacher Forst überführt worden, wo heute ein Gedenkstein an 4.092 Opfer nationalsozialistischer Willkür erinnert.

Fritz Gerlich hat sein Schicksal angenommen als Kreuzweg in der Nachfolge Jesu. Die Tage im Gefängnis wurden ihm auch zur Zeit innerer Läuterung. Fritz Gerlich kam durch nüchterne Analyse der Persönlichkeit Hitlers und des Nationalsozialismus zu einer entschiedenen Ablehnung der neuen politischen und weltanschaulichen Bewegung. Dabei kamen ihm seine hervorragenden Kenntnisse der Geschichte zugute. Das Licht des Glaubens aber, das ihm in den letzten Jahren seines Lebens vor allem durch Therese Neumann aufgegangen war, ließ ihn die Zusammenhänge so klar erkennen, dass er geradezu prophetisch die weiteren Entwicklungen vorhersah und vor ihnen warnte. Als getaufter und gefirmter Christ ließ er sich mit seinen Fähigkeiten und seiner beruflichen Kompetenz und trotz aller Ecken und Kanten seines Wesens von Gott in Dienst nehmen. Somit wurde er zu einem leuchtenden Beispiel für ein recht verstandenes Laienapostolat. Unserer Zeit, die zurecht als Medienzeitalter charakterisiert wurde, ist Gerlich ein überzeugendes Vorbild für einen verantwortungsvollen, an der Wahrheit orientierten Umgang mit der Macht der veröffentlichten Meinung.[55] Sein Glaube schließlich gab ihm die Kraft, in der Stunde der Wahrheit diese auch mit seinem Blut zu bezeugen. Wie sollte nicht auch für ihn in besonderer Weise das Wort unseres Herrn gelten: „Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich“ (Mt 5,10). Selbstverständlich wurde Fritz Gerlich in das vom Heiligen Vater im Zuge der Vorbereitungen auf die Millenniumsfeier 2000 angeregte „Martyrologium germanicum“ aufgenommen.[56]

Die neueste Meldung in diesem Zusammenhang ist, dass in München im Mai 2014 mit den Vorbereitungen für einen Informativprozess zu einer möglichen Seligsprechung begonnen wurde. Offenbar hat der zuständige Ordinarius, der Erzbischof von München und Freising, den Eindruck, dass mittlerweile eine hinreichend große Verehrung von Fritz Gerlich im gläubigen Volk diesen Schritt rechtfertigt und nötig macht.


[32] P. Ingbert Naab, in: Der gerade Weg Nr. 1 vom 3.1.1932, zitiert nach: Prophetien wider das Dritte Reich (wie in Anm. 6), 201 und 203f. Vgl. auch Franz Herre, Die Straße, welche die gerade heißt, in: Neues Abendland 9 (1954), 339-336.
[33] Fritz Gerlich, in: Der gerade Weg Nr. 31 vom 31. Juli 1932, zitiert nach: Prophetien wider das Dritte Reich (wie in Anm. 6), 437.
[34] Nach Kardinal Faulhabers Beobachtung hat Gerlich zunächst die Naturrechtslehre des hl. Thomas entdeckt, um von dort her zu einer tieferen Kenntnis des katholischen Glaubens fortzuschreiten: „Eminenz billigte diesen Entschluss und meinte, ich solle den Geschehnissen gegenüber erst mehr Distance gewinnen und ausserdem würde das, was mein Schicksal lehren könnte, nicht in einer solchen kurzen Biographie zu sagen sein. Denn mich hätten ja gerade die Erfahrungen des Politikers in der geistigen Auflösung der letzten Jahrzehnte zuerst zu Thomas von Aquin und dann zum vollen katholischen Glauben gebracht. Eminenz kommt zu dieser Auffassung deswegen, weil er erstens meinen Entwicklungsgang, besonders meine publizistische Annäherung an den Thomismus, selber verfolgt hat und aus Gesprächen mit mir vieles über den Gang dieser Entwicklung weiss“ (Fritz Gerlich in einem Brief an Bischof Georgius von Grüneck, Chur, in: Rudolf Morsey [Bearb.], Fritz Gerlich – ein Publizist gegen Hitler. Briefe und Akten 1930-1934 [= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A: Quellen, Bd. 56] Paderborn u.a. 2010, 153).
[35] Vgl. dazu v.a. Richardi/Schumann, Geheimakte Gerlich/Bell (wie in Anm. 3).
[36] Vgl. Morsey, Fritz Gerlich (wie in Anm. 5), 52.
[37] Rudolf Morsey, Fritz Gerlich (1883-1934), in: Jürgen Aretz/Rudolf Morsey/Anton Rauscher (Hgg.), Zeitgeschichte in Lebensbildern, Band 7, Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts, Mainz 1994, 21-38, 293f. (Literatur), hier: 33f.
[38] Brief Faulhabers an Bischof Sproll, Rottenburg, vom 13. September 1932, veröffentlicht in: Ludwig Volk, Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917-1945, Bd. I, 1917-1934 (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A: Quellen, Bd. 17), Mainz 1975, 639-640, hier: 639f. Mit dem Ernstnehmen der Pflichten eines katholischen Mannes dürfte Faulhaber an ein früheres außereheliches Verhältnis Gerlichs anspielen. Vgl. Wolfgang Johannes Bekh, Therese von Konnersreuth oder die Herausforderung Satans. Ein Leben für die Wahrheit, München 1994, 181: „Konnersreuth hatte sein Leben endgültig und von Grund auf geändert. Reuevoll bekannte er seine Sünden, gab eine in glaubenslosem Leichtsinn eingegangene außereheliche Liebesbeziehung – wirklich eine Beziehung der Liebe – auf und kehrte zu seiner Gattin zurück.“ Zu Gerlichs zeitweiligen Alkoholproblemen und deren Überwindung vgl. Aretin, Fritz Michael Gerlich (wie in Anm. 7), 60, 127.
[39] Faulhaber an Sproll (wie in Anm. 38), 640.
[40] Abgedruckt auf der Titelseite von Der gerade Weg Nr. 31 vom 31. Juli 1932.
[41] Auch die Redaktionsräume der sozialdemokratischen Münchener Post werden verwüstet. Auch Redakteure der Münchener Neuesten Nachrichten werden später verhaftet, die Zeitung der neuen politischen Richtung unterworfen. Vgl. Richardi/Schumann, Geheimakte Gerlich/Bell (wie in Anm. 3), 113-128.
[42] Erwein Freiherr von Aretin, Fritz Michael Gerlich (wie in Anm. 7), 118f.
[43] Bericht Anton Scharnagls an Faulhaber vom 13. März 1933, in: Volk, Akten Kardinal Faulhabers (wie in Anm. 38), 664-668, hier: 667.
[44] Anton Scharnagl an Faulhaber vom 16. März 1933, in: Volk, Akten Kardinal Faulhabers (wie in Anm. 38), 668-669, hier: 669.
[45] Bestand: Bundesarchiv Koblenz (jetzt Berlin) R 43 II 176. Druck: Hans Müller, Katholische Kirche und Nationalsozialismus. Dokumente von 1930-1935, München 1963, Nr. 77, 170f. Teilweise: Bernhard Stasiewski, Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, Band I (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A: Quellen, Band 5), Mainz 1968, Nr. 60, 271.
[46] Stasiewski, Akten deutscher Bischöfe I (wie in Anm. 45), Nr. 61, 272.
[47] Stefan Lorant, I was Hitler’s prisoner. Leaves from a prison diary, London 1935. Mehrere Auflagen.
[48] Stefan Lorant, Ich war Hitlers Gefangener. Ein Tagebuch, 1933, München 1985.
[49] Lorant, Ich war Hitlers Gefangener (wie in Anm. 48), 100-102.
[50] Johannes Neuhäusler, Amboß und Hammer. Erlebnisse im Kirchenkampf des Dritten Reiches, München 1967, 35. Neuhäusler (1888-1973), seit 1932 Domkapitular in München und von Kardinal Faulhaber u.a. mit der Aufgabe betraut, die kirchenfeindliche Agitation zu beobachten und entsprechende Maßnahmen einzuleiten, war von 1941 bis 1945 im KZ Dachau gefangen. 1947 Weihbischof, 1955 Dompropst, hat er sich besonders um die Errichtung des Karmelitinnen-Klosters „Heilig Blut“ auf dem ehemaligen Gelände des KZ Dachau verdient gemacht. Vgl. auch seine umfangreiche Dokumentation zum Kirchenkampf der katholischen Kirche 1933-1945: Johannes Neuhäusler, Kreuz und Hakenkreuz. Der Kampf des Nationalsozialismus gegen die katholische Kirche und der kirchliche Widerstand, München 1946. Vgl. Hans-Jörg Nesner, Das Metropolitankapitel zu München (seit 1821), in: Georg Schwaiger (Hg.), Monachium Sacrum, Festschrift zur 500-Jahr-Feier der Metropolitankirche Zu Unserer Lieben Frau in München, Bd. I, München 1994, 475-613, hier: 501f.
[51] Erwein Freiherr von Aretin, Fritz Michael Gerlich (wie in Anm. 7), 134f.
[52] Rudolf Beck, Widerstand aus dem Glauben, in: Allgäuer Geschichtsfreund 93 (1993) 135-157, hier: 153, Anm. 153.
[53] Erwein Freiherr von Aretin, Fritz Michael Gerlich (wie in Anm. 7), 138.
[54] In Berlin wurde am 30. Juni 1934 Dr. Erich Klausener, Polizeipräsident und Vorsitzender der Katholischen Aktion, erschossen. Vgl. Walter Adolph, Erich Klausener, Berlin 1955. Der Reichsführer der Deutschen Jugendkraft, Adalbert Propst, wurde in Braunlage im Harz verhaftet und „auf der Flucht erschossen“.
[55] Fritz Gerlich vom Geraden Weg und die Redakteure der Münchener Post der Aufmerksamkeit vor allem auch der deutschen Journalisten zu empfehlen, ist eines der erklärten Ziele der deutschen Ausgabe von Ron Rosenbaum, Explaining Hitler, New York 1998 (dt. Die Hitler-Debatte. Ursprung des Bösen, München/Wien 1999, hier 14f.: „Schließlich möchte ich die Aufmerksamkeit meiner deutschen Leser auf eine andere Botschaft lenken, die hoffentlich nicht von der Geschichte übergangen oder vergessen werden wird, zumal bei den Deutschen nicht: die Botschaft und das Beispiel der heroischen hitlerfeindlichen Journalisten im Deutschland der Weimarer Republik, vor allem der Reporter und der Redakteure der Münchener Post und Fritz Gerlichs Der Gerade Weg. [...] Ich glaube, ihre tragische, aber mutige Geschichte verdient in Deutschland mehr Aufmerksamkeit, besonders bei deutschen Journalisten. In einer Zeit, in der der Journalismus in Verruf geraten ist, gemahnen sie daran, wie wichtig der Mut und die engagierte Wahrheitssuche von Zeitungsleuten sein können.“ Ausgehend von einer ihm gesprächsweise von Dr. Johannes Steiner mitgeteilten Begebenheit, dass nämlich Gerlichs Mörder seiner Frau den Tod ihres Mannes dadurch anzeigten, dass sie ihr seine blutverschmierte Brille zukommen ließen, versteht Rosenbaum sein ganzes Werk als „Blick auf Hitler durch Gerlichs blutige Brille“ (Rosenbaum, Die Hitler-Debatte, 30f.).
[56] Georg Schwaiger, Dr. Fritz Michael Gerlich, in: Helmut Moll (Hg.), Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, Bd. I, Paderborn 1999, ³2001, 394-397.

Keine „Bezahlung“, sondern Werk der Barmherzigkeit

Ihre Mess-Intention hilft der Kirche weltweit!

„Es gibt nichts, was der Eucharistie an Größe gleichkäme“ (hl. Pfarrer von Ars). Unter diesem Motto versucht das Hilfswerk „Kirche in Not“ alles zu tun, um Priestern in den entferntesten Winkeln der Erde die Ausübung ihres Dienstes zu ermöglichen. Oft ist das Mess-Stipendium ausschlaggebend für die Möglichkeit, Tag für Tag zu überleben. Kaum eine Organisation steht in so engem Kontakt mit den Seelsorgern an den äußersten „Fronten der Armut“ wie „Kirche in Not“.[1]

Von André Stiefenhofer

Mess-Stipendien sind für viele Priester auf der Welt die einzige Einkommensquelle. Beim Hilfswerk „Kirche in Not“ in München können Sie unbürokratisch eine Heilige Messe in Ihrem Anliegen bestellen und damit gleichzeitig den Lebensunterhalt von Priestern weltweit sichern. Die Gabe, die die Gläubigen dem Priester für eine Heilige Messe geben, ist keine „Bezahlung“, sondern eine Geste der Liebe und der Dankbarkeit gegenüber demjenigen, der im Auftrag Jesu Christi dessen Opfer am Kreuz auf dem Altar vergegenwärtigt. Für viele Priester in aller Welt ist diese kleine Gabe überlebenswichtig.

Auf einsamen Inseln zwischen Australien und Mexiko

Zum Beispiel in Kiribati. Dieser Inselstaat im Pazifik besteht aus vielen Inseln, die über ein großes Gebiet verstreut gelegen sind. Kiribati liegt 2200 Kilometer südlich von Hawaii und knapp 3800 Kilometer vor der Ostküste Australiens. Von der Fläche her ist der Staat etwas kleiner als Berlin. Manche der 63.000 Katholiken, die ungefähr die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, leben auf kleinen, weit abgelegenen Inseln. Die Priester müssen beschwerliche Wege zurücklegen, um die Gläubigen zu betreuen. Bischof Paul Mea schreibt, die Menschen seien zwar großzügig, aber so arm, so dass sie nicht in der Lage sind, die Priester ausreichend finanziell zu unterstützen. Die Bewohner der Inseln leben vom Fischfang und von der Erzeugung von Kopra (getrocknetem Kokosnussfleisch, das für die Ölgewinnung genutzt wird). Durch den Klimawandel tragen die Kokospalmen jedoch immer weniger Früchte. Auf den kleinen Inseln, wo nur wenige Menschen leben, lässt sich auch durch Fischfang nur wenig verdienen. Daher hatte der Bischof um Mess-Stipendien für 28 Priester gebeten und insgesamt 2800 Mess-Intentionen von „Kirche in Not“ weitergeleitet bekommen. Er schreibt: „Meine Priester und ich können Ihnen nicht genug danken für Ihre große Großzügigkeit, und daher bitten wir Gott darum, Sie zu segnen und Ihnen diese wunderbare Gabe zu vergelten, die unter unseren Priestern zu gleichen Teilen verteilt wird.“

Unter zunehmend extremen Muslimen vor der Ostküste Afrikas

Dankbar sind auch die Priester in Sansibar. Dieser Archipel besteht aus den beiden Inseln Unguja und Pemba, die seit 1964 zu Tansania gehören. Im Januar 2014 feierte die gleichnamige Diözese hier das 150. Jubiläum des katholischen Glaubens, der von Spiritanerpatres dorthin gebracht wurde. Heute leben auf Unguja und Pemba nach Angaben des Päpstlichen Jahrbuchs 13.600 Katholiken, was rund einem Prozent der Bevölkerung entspricht. Eigentlich haben die Christen mit der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung stets friedlich zusammengelebt. Als die ersten Missionare die Inseln erreichten, wurden sie von Sultan Sayyeid Majid bin Said willkommen geheißen: „Seid willkommen! Mein Haus ist euer Haus, mein Volk ist euer Volk. Ich bin euer Bruder!“ Viele Muslime wissen es bis heute zu schätzen, dass die karitativen Initiativen der Kirche auch ihnen offenstehen. In der letzten Zeit mehren sich jedoch Probleme mit extremistischen Gruppen. Bischof Augustine Shao, selbst Spiritaner wie die ersten Missionare, macht sich Sorgen um seine Priester, denn am 13. September 2013 wurde einer von ihnen mit Säure übergossen und angezündet. Der Priester überlebte, aber sein Gesicht, seine Brust und seine Arme sind stark verbrannt. Es war bereits der vierte Angriff dieser Art. Bischof Shao sagt: „Dieser Vorfall hat tatsächlich Angst ausgelöst – bei mir, den Priestern, den Ordensleuten und den Gemeindemitgliedern. Wir leben, als wären wir gesuchte Verbrecher. Es ist traurig genug, dass keiner der Angreifer von der Polizei festgenommen wurde, abgesehen davon, dass dieser kriminelle Akt bei Tag auf einem Marktplatz geschah!“ Die Erfahrung von Gewalt hat die Menschen aber auch in ihrem Glauben gestärkt. Viele entscheiden sich bewusster für ein Leben im Sinne der Frohen Botschaft und empfangen die Sakramente mit größerer Hingabe. Dieses Jahr ist als Jubiläumsjahr der Kirche in Sansibar eine besondere Gelegenheit, den Glauben zu stärken und zu feiern. So haben die Priester in den neun Pfarreien der Diözese viel zu tun. Zudem bemühen sie sich, auf allen Ebenen zu einem harmonischen Zusammenleben von Christen und Muslimen beizutragen. Der Bischof von Sansibar möchte seine Priester unterstützen. Alles, was ihnen von den Gläubigen für ihren Dienst gegeben wird, teilen die Priester brüderlich untereinander, aber sie können kaum davon leben. Daher hat Bischof Shao um Mess-Stipendien für seine achtzehn Priester gebeten. „Kirche in Not“ leitete 2014 insgesamt 1000 Mess-Intentionen nach Sansibar weiter.

Auf dem „kleinen Weg“ der hl. Therese von Lisieux in Indien

Einer „kleinen Blume“ kommen viele Mess-Stipendien in Indien zugute, denn „Little Flower“ wird die heilige Thérèse vom Kinde Jesus auf Englisch liebevoll genannt. Ihr „kleiner Weg“ der Liebe wurde weltberühmt – eine Spiritualität, die ganz von einem kindlichen Vertrauen auf die grenzenlose Liebe Gottes geprägt ist, ohne sich von den eigenen leeren Händen entmutigen zu lassen. Dieser „kleine Weg“ verbreitete sich über den ganzen Erdkreis und berührte im südindischen Kerala einen Priester namens Thomas Panat, der als „Pater Basilius“ bekannt wurde. Vor mehr als 80 Jahren übersetzte er die „Geschichte einer Seele“ der heiligen Thérèse und wurde immer tiefer von diesem Geist beseelt, den Jesus im Evangelium mit den Worten beschreibt: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich gelangen.“ Er wurde davon so ergriffen, dass er diesen Weg gemeinsam mit anderen Priestern gehen wollte. Bereits 1931 schloss er sich mit Erlaubnis seines Bischofs mit anderen jungen Männern zusammen, um in diesem Geist zu leben. Daraus entstand im Jahr 1947 die „Congregation of the Little Flower“. Pater Basilius starb 1976 im Alter von 85 Jahren. Die „Congregation of the Little Flower“ erfreut sich bis heute zahlreicher Berufungen. In Indien gehören ihr fast 300 Priester an. Sie widmen ihren Dienst Waisen, den armen, alten, kranken und benachteiligten Menschen, die in abgelegenen Gebieten leben. Sie errichten in Gebieten, in denen es kaum Infrastruktur gibt, Kliniken, Schulen, Berufsschulen für Jugendliche, Wohnheime für Jungen und geistliche Zentren und stehen Kleinbauern zur Seite. Da die Ordensmänner für ihren Dienst kein Geld erhalten, hat der Obere der St.-Thomas-Provinz „Kirche in Not“ um Mess-Stipendien für 72 Priester gebeten. Insgesamt wurden 800 Messen gestiftet.

In drängender Armut und Ungewissheit auf Kuba

Die Bitte von Erzbischof Dionisio García Ibáñez ist kurz, aber dafür eindeutig: „Die kritische wirtschaftliche Situation in Kuba, insbesondere in der Erzdiözese Santiago von Cuba, macht es schwer, alle Bedürfnisse zu decken – darin eingeschlossen auch die liturgischen und pastoralen Anforderungen jeder Pfarrei oder Gemeinschaft“. Deshalb hat der Erzbischof um Mess-Stipendien für 31 Priester seiner Erzdiözese gebeten. „Kirche in Not“ hat ihm 1200 Missae Ordinariae sowie 31 Novenen versprochen. Damit wäre der Unterhalt der Priester wenigstens für einige Monate gesichert. Auch für elf Priester in der Diözese Ciego de Ávila, im Zentrum des Landes, werden Mess-Stipendien bereitgestellt. „Dieses Geld hilft uns sehr, denn die Einnahmen der Kirche sind nur symbolisch“, schreibt der dortige Bischof Mario Mestril Vega. Selbst die Kollekte in der Kathedrale betrage maximal umgerechnet ungefähr neun Euro, zumal es nur wenige Gottesdienstbesucher gebe. Ein Brot kostet auf der Lebensmittelmarke etwa 16 Cent. Pro Monat muss in Kuba ein halber Monatslohn allein in den Bedarf an Grundnahrungsmitteln investiert werden. In den Gemeinden gibt es einmal pro Jahr eine Kollekte für das Seminar, doch auch diese kann den Unterhalt der Priester nicht decken. Pater Alexander Rojas Zapata  schreibt uns: „Ich kann es nicht lassen, ihnen für Ihre Hilfe zu danken.“ Mess-Stipendien haben ihm den Unterhalt gesichert. Zum Dank möchte er 100 Messen für seine Wohltäter feiern. „Der Durchschnittslohn in Kuba liegt bei umgerechnet 18 US-Dollar“, erzählt der spanische Pater Juan Pozuelo Jiménez. „Ein Paar Schuhe kosten zwischen 15 und 18 Dollar. Mit diesem Gehalt ist es nicht möglich, die Kosten für Lebensmittel, Strom und Kleidung zu decken“, schreibt er. In der Diözese Sankt Clara hoffen 33 Priester auf Hilfe. „Wir wissen, dass die Mess-Stipendien für bedürftige Diözesen weit von der Heimat weniger werden“, schreibt Bischof Marcelo Arturo González Amador. Deshalb versichert er, dass „diese Messen immer gefeiert werden“ und er dankt allen Wohltätern sehr herzlich, die sich nicht von der großen Entfernung abhalten lassen.


[1] Nähere Informationen zu Mess-Stipendien erhalten Sie im Münchner Büro von „Kirche in Not“: Lorenzonistr. 62, 81545 München, Tel.: 089 64 24 88 8-0, Fax: -50, E-Mail: info@kirche-in-not.de – Online Mess-Stipendien bestellen: www.kirche-in-not.de/wie-sie-helfen/spenden/mess-stipendien-online

Der Mensch ist gefährdet – was rettet ihn?

Wir alle müssen Missionare werden

Pfarrer Edmund Dillinger schildert seine Empfindungen, welche der diesjährige Kongress „Freude am Glauben“ in seinem Herzen wachgerufen hat. Die Glaubenssituation in unserem Land lässt ihm keine Ruhe. Niemand darf sich in den Sessel zurücklehnen, der den Glauben an Jesus Christus gefunden hat und die Orientierungslosigkeit um sich herum wahrnimmt. Er muss zum Missionar werden, der voller Mut und Kraft Zeugnis von seinem christlichen Leben ablegt. Dillinger fühlt sich angespornt durch Papst Franziskus, der uns die Richtung vorgibt.

Von Edmund Dillinger

Alle, die am diesjährigen Kongress „Freude am Glauben“ in Fulda im Juli teilgenommen haben, kennen den Leitgedanken, der als Wort von Papst Franziskus über der Versammlung stand: „Der Mensch ist gefährdet – was rettet ihn?“

Bei einer Umfrage in Amerika kam heraus, dass weniger als die Hälfte der Befragten der Auffassung waren, dass in schweren Zeiten und Notlagen die Kirche und der religiöse Glaube helfen können. Doch der Mensch von heute muss wieder Gott suchen, er muss den Kontakt zu Gott aufbauen, der ihm allein Lebenssinn, Zielrichtung und Zukunft geben kann. Es stimmt: Die Menschen von heute suchen, aber suchen sie immer im richtigen Umfeld? Gerade las ich in religiösen Nachrichten, dass es im katholischen Spanien dreimal so viele „Wahrsager“ wie Priester gibt!

Wenn wir an Gebetstreffen, an Versammlungen katholischer Gruppen, an katholischen Jugendtreffen teilnehmen, sind wir begeistert, welchen Gebetseifer, welche Glaubenstiefe und welche echte Freude und Heiterkeit man dort erlebt. Den echten Kern unserer Kirche, wie Christus ihn gewollt hat, gibt es noch. Aber diese gläubigen Katholiken dürfen nicht unter sich bleiben, sie dürfen sich nicht abschotten, sondern müssen „Missionare“ werden. Und das ist unsere Antwort auf die Feststellung und die darauf folgende Frage von Papst Franziskus: „Der Mensch ist gefährdet – was rettet ihn?“ 

Mission ist unser aller Aufgabe

Mission ist unser aller Aufgabe. Am Schluss der hl. Messe sagt der Priester im lateinischen Wortlaut: „Ite, missa est!“ – „Gehet hinaus, ihr seid gesandt!“ Das heißt: „Ihr seid aus der Gnade des eben gemeinsam gefeierten Erlösungsopfers gesandt.“ Darf ich etwas ironisch den in deutscher Sprache oft missverstandenen Entlassungsruf deuten: „Gehet hin in Frieden – und schlaft weiter!“ So darf es nicht sein!

In einer alten Missionszeitschrift las ich vor kurzem einen Artikel, der mich sehr schockiert hat. Ein Pater schreibt: „Während eines Aufenthaltes in Hamburg stieg ich in ein Taxi, dessen Fahrer – wie ich beim Gespräch mit ihm erfuhr – Türke und Moslem war. Ich sagte ihm – da ich keine Priesterkleidung trug –, dass ich katholischer Priester sei. Nun sagte er, dass er während seines jahrelangen Aufenthaltes in Deutschland noch nie mit einem Priester gesprochen habe. Und er fügte hinzu, dass er auch noch nie mit einem Christen gesprochen habe. Wie kann das sein, fragte ich, da doch die Mehrheit der deutschen Bewohner Christen seien, auch seine Berufskollegen? Mit einer wegwerfenden Handbewegung meinte der türkische Taxifahrer: Ach was, wenn man die fragt, ob sie an Gott glauben, legen sie ihren Geldbeutel auf den Tisch und sagen: Das ist mein Gott. Oder beim Essen zeigen sie auf das Schnitzel auf ihrem Teller und behaupten: Daran glaube ich.“

Ich meine, diese Darstellung gibt genau die Situation in unserer Gesellschaft wieder. Unsere Heimat ist Missionsland geworden. Sieht man uns an, dass wir Christen sind? Strahlen wir Frieden, Freude, Liebe, Brüderlichkeit aus in unsere Umgebung, zu unseren Mitmenschen, denen wir begegnen? Wir wundern uns oft, dass man türkischen oder arabischen Frauen bei uns durch ihre Kleidung und das Kopftuch ansieht, welcher Religion sie angehören. Muslimische Männer in unseren Städten tragen auf der Straße die Gebetskette in der Hand. Haben wir schon einmal einen Katholiken mit dem Rosenkranz in der Hand auf der Straße gesehen?

Wir sagen, wir seien eine pluralistische Gesellschaft. Das ist zwar richtig, aber müssen wir das als unveränderliche Tatsache hinnehmen? Wenn der hl. Papst Johannes XXIII. beim Konzil sagte, wir müssen die Fenster und Türen der Kirche weit öffnen, dann hat er damit nicht gemeint, wir müssen den gottlosen Wind aus der Welt von draußen in die Kirche hereinwehen lassen, sondern wir müssen als Glieder und Mitarbeiter der Kirche wahre Missionare für die Gesellschaft werden, das Denken und Handeln, das Bewusstsein unserer Mitmenschen aus unserem christlichen Geist heraus prägen, die öffentlichen Medien beeinflussen und überzeugen. Wir müssen den geistlichen Wind aus der Kirche hinauswehen lassen.

Der hl. Papst Johannes Paul II. schreibt in seiner Missionsenzyklika Redemptoris missio (1990): „Ich halte die Zeit für gekommen, dass alle kirchlichen Kräfte für die Evangelisierung und für die Mission einzusetzen sind. Keiner, der an Christus glaubt, keine Institution der Kirche kann sich dieser obersten Pflicht entziehen: Christus muss allen Völkern verkündet werden“ (Nr. 3). 

Dem Glaubensschwund aktiv entgegentreten

Viele Vertreter der Kirche ruhen sich auf einem bequemen Ist-Standpunkt aus. Sie raffen sich höchstens noch zu einer Kritik an Papst und Lehramt auf. Wieviel Arbeitskraft wird im Raum der Kirche für den Umbau der Strukturen wie Pfarrzusammenlegungen eingesetzt! Wieviel Zeit verlieren wir durch Diskussionen, ob Laien predigen dürfen, ob Frauen Priester werden können, ob der Zölibat noch zeitgemäß ist! Die eigentliche Seelsorge leidet. Der pastorale Kontakt mit den Gläubigen und die Betreuung der vielen einsamen, kranken und alten Menschen kommen wirklich zu kurz. Der Priester gehört vornehmlich nicht an einen Schreibtisch, sondern zu den Menschen vor Ort. Nicht der weitere Ausbau der Generalvikariate und Katholischen Büros mit immer mehr Personal dient der Evangelisierung, sondern die Mission im Gespräch, im Zeugnisgeben, in der Darstellung des Glaubens in der Öffentlichkeit. – Wenn unser Glaube dauernd hinterfragt, abgelehnt, ausgehöhlt oder umgedeutet wird, wenn oft sogar Irrlehren verbreitet werden, fühlen sich die Gläubigen verunsichert, abgestoßen oder sogar aus der kirchlichen Gemeinschaft vertrieben. Die Bistümer sprechen von den großen Austrittszahlen aus der Kirche. Dies ist aber oft nicht auf einen Glaubensschwund bei diesen Christen zurückzuführen. Viele ausgetretene Katholiken glauben fest an die Erlösung durch den Kreuzestod Jesu Christi. Sie gehen zu Gemeinschaften, die nicht der katholischen Kirche angehören, aber einen echten Glauben vertreten. Dort finden sie Heimat, Geborgenheit, Brüderlichkeit, Verständnis und keine Bürokratie. Dort wird gebetet, geholfen, getröstet, Zuspruch erteilt und Glauben verkündet. Wo findet man das bei uns in unserer Kirche? Hier ist bei uns eine Rückkehr, eine Bekehrung erforderlich.

Ich frage mich oft: Unter uns leben vier Millionen Ausländer und die Zahl steigt ständig. Viele junge Menschen aus Afrika und Asien, die bei uns studieren, sind Moslems, Buddhisten, Hindus oder gehören Naturreligionen an. Bis jetzt kenne ich kaum eine Initiative der Kirche, die sich um eine Glaubensverkündigung unter diesen Menschen bemüht. Warum missioniert man nicht unter den vielen Asylanten, von denen viele so zum ersten Mal etwas von Christus hören würden? Im Gegenteil: Viele Katholiken aus Afrika, die zu uns zum Studium gekommen sind, kehren als Ungläubige in ihre Heimat zurück. Als Vertreter der von mir gegründeten CV-Afrika-Hilfe e.V. war ich von einer protestantischen Pfarrei zu einer Afrika-Tagung eingeladen. Mit Freude erlebte ich Trommler und Pfeifenspieler, die in Deutschland studieren. Ich kam mit ihnen ins Gespräch und erzählte, dass ich als Priester in Kamerun und Togo gearbeitet habe. Da stellte sich heraus, dass die Studenten alle katholisch waren. Und sie klagten ihr Leid. Ihren deutschen Kommilitonen dürften sie niemals erzählen, dass sie jeden Sonntag in die Messe gehen, regelmäßig beichten und jeden Abend beten. Man würde sie für mittelalterlich halten und vielleicht die Bemerkung machen: „Ja, ihr seid ja aus dem Urwald. Wir hier sind modern und haben eine Kirche des 21. Jahrhunderts.“

„Die Menschen haben Gott vergessen, daher kommt alles Übel“

Auf dem Forum in Fulda wurde der russische Literaturpreisträger Alexander Solschenizyn zitiert, der schon vor Jahren geschrieben hat: „Die Menschen haben Gott vergessen, daher kommt alles Übel.“ Es ist unsere Aufgabe, die Gebetsgruppen in unseren Pfarreien zu unterstützen, gute geistliche Gemeinschaften wie Bruderschaften oder die katholischen Pfadfinderschaften bekanntzumachen und für Mitglieder zu werben. Die Erneuerung der Gesellschaft ist nur durch eine Rückkehr zu Gott möglich. Unsere Bischöfe sollten sich weniger mit innerkirchlichen Streitthemen befassen als vielmehr ihren missionarischen und pastoralen Auftrag wahrnehmen.

Die kirchliche Lehre ist die Lehre Jesu Christi. Sie beinhaltet Liebe, Barmherzigkeit, Vergebung und Verständnis. Das ist die wichtige Verkündigung unseres gegenwärtigen Papstes Franziskus. Die Kirche darf kein Staatsanwalt und Verurteiler sein, sondern muss den in die Irre gegangenen Schafen wie Christus in Liebe nachgehen, sie auf die Schulter nehmen und zur Herde zurücktragen. Wenn unsere Kirche sich so in unserer Gesellschaft zeigt, stellt sie eine bessere Alternative dar. Sie wirkt anziehend und kann in unserer von Hass und Gemeinheit erfüllten Zeit die Menschen wieder begeistern.

Unsere missionarische Aufgabe ist es, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein. Wir müssen uns mit Selbstbewusstsein und Überzeugungskraft dem Denken und dem Geschmack der säkularisierten Welt entgegenstellen, die Frohe Botschaft Christi als einzigen und wahren Wegweiser des Lebens unverkürzt verkünden. „Herr Jesus Christus, lass uns alle Missionare werden!“

Damit das Leben einen Glanz erhält

Im Trubel der Zeit Freundschaft begegnen

Freundschaft – ein Wort, das jeder von uns kennt, das jeder oftmals gehört hat und das jeder so oft wie möglich hören möchte. Doch existiert Freundschaft noch? So fragt sich Dr. Franz Weidemann, Pfarrer aus Dortmund im Erzbistum Paderborn. Sind wir, durchs Leben eilend, überhaupt in der Lage, Freundschaft zu definieren? Freilich, wir treffen Bekannte, wir haben verschiedene berufliche Kontakte, wir unterhalten und amüsieren uns, aber freunden wir uns mit jemandem an? Wir können helfen, gerührt sein, aber begreifen wir wirklich, worin Freundschaft besteht? Können wir über jemanden sagen, dass er ein Freund ist, und wichtiger noch – kann das jemand über uns sagen? Haben wir Zeit und Lust, uns darüber Gedanken zu machen?

Von Franz Weidemann 

Menschen wünschen sich Freunde. Sehr oft verwenden sie das Wort „Freundschaft“, um das zwischenmenschliche Verhältnis zu bestimmen. Die Wirklichkeit zeigt jedoch überdeutlich, dass sie sich des Wesens und des Inhalts des Wortes nicht immer bewusst sind. Sie betrachten die Freundschaft als eine Plattform gemeinsamer Interessen, gegenseitiger Einflussmöglichkeiten und bedeutsamer Beziehungen. Die auf diese Weise gewöhnlich begriffenen zwischenmenschlichen Beziehungen sind einfach Bekanntschaften, die sich durch gegenseitige Solidarität ausdrücken. Ein Bekannter ist nicht automatisch ein Freund. In manchen Regionen Italiens hat das Wort „Freundschaft“ sogar einen negativen Beigeschmack und wird mit mafiösen Verhaltensweisen in Verbindung gebracht. So hebt der französische Schriftsteller Nicolas Chamfort hervor, dass es im Leben drei Sorten von Freunden gibt: „… die, die uns lieben, die, denen wir egal sind, und die, die uns hassen“.

Freunde gewissenhaft auswählen

Die Freundschaft ist jedoch ein Bestandteil unseres Alltags. Ohne sie wäre das Leben inhaltslos und mühsam. Mit ihr ist es viel leichter zu leben. Mit jemandem ein freundschaftliches Verhältnis zu haben, bedeutet, sich vor ihm zu öffnen und sich geborgen zu fühlen. Es bedeutet auch, ihn näher als andere an sich heranzulassen, ihm eigene Freude und Erfolge, aber auch Probleme, Ängste und Befürchtungen anzuvertrauen. Man sollte jedoch nicht verkennen, dass man nur Freunde betrügt und verkauft. Einen Freund gewinnt man daher erst nach einer Bewährungsprobe. Diese Warnung ist das Hauptmotiv in dem Buch der Weisheit von Sirach (6,5-17). Er erinnert an die Notwendigkeit, einen Freund gewissenhaft auszuwählen, denn es gebe den einen Freund, der „je nach der Zeit“ da sei, einen anderen, der „zum Feind [wird], unter Schmähungen deckt er den Streit mit dir auf“, und einen weiteren, der „als Gast am Tisch“ in schwierigen Momenten nicht durchhält.

Was ist also das Wesen einer Freundschaft? Eine Freundschaft ist die schönste Form der menschlichen Liebe, oder anders gesagt, Freundschaft ist die reife Form der Liebe. Freundschaft gehört zu den wichtigsten Werten, die von der Macht des menschlichen Geistes zeugen. Dieser Wert erlebt heutzutage – ähnlich wie viele andere – eine Krise und wird immer mehr entwertet. Man sollte sich also bewusst machen, nach welchen Gesetzen die Freundschaft folgt, damit das menschliche Leben einen strahlenden Glanz erhält.

Gegenseitiges Ermahnen und Beraten

Eine Voraussetzung der Freundschaft ist Aufrichtigkeit. Sie beruht auf Wahrheit und hängt mit Vertrauen zusammen. Daher gehört nicht Schmeicheln und Bejahen zu ihrem Wesen, sondern gegenseitige Hilfe, gegenseitiges Ermahnen und Beraten. Die Wahrheit anzuerkennen ist der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis, und nur dort, wo die Wahrheit geehrt wird, kann Vertrauen entstehen. So wird die Wahrheit zur gegenseitigen Aufrichtigkeit und Weltoffenheit.

Die Freundschaft ist ein Wert, der keine Beurteilung voraussetzt; er lässt es auch nicht zu, sie auszuprobieren, denn man muss die Freundschaft erst schließen, bevor man sie überprüfen kann. Die beste Prüfungsform ist die Zeit. Cicero rät deshalb dazu, „starke, selbstbewusste und vernünftige Menschen auszusuchen“, denn nur auf solche kann man bauen und nur solche können treu bleiben. Epiktet dagegen nennt drei Arten von Menschen: Drohnen, Wespen und Bienen. Die Drohnen bestehen aus den Schmeichlern, die nichts tun, sondern das Gut anderer Menschen vergeuden. Zu den Wespen zählt er unzugängliche, eifersüchtige, nicht gern gebende Menschen, die letztlich nutzlos sind. Die Gemeinschaft der Bienen bilden ehrliche Leute, die von der Arbeit der eigenen Hände leben, tüchtige, freundliche Menschen, die für das Wohl der Freundschaft sorgen, verständnisvoll und – wenn nötig – kampfbereit sind. Wenn man echte Freundschaft finden will, so lohnt es sich, auf Bienen zu setzen und sich von Drohnen und Wespen zu befreien.

In der Freundschaft ist es sehr wichtig, Zeit für sie zu haben und sie zu pflegen. Das Leben ist so konstruiert, dass jeder nur für solche Werte und Menschen Zeit findet, die ihm am teuersten sind. Der Mangel an Zeit zeugt nur davon, dass die Freundschaft nicht das Wichtigste ist und sie zu pflegen eine Belastung ist. Man sollte sich dessen bewusst sein, dass die größten Feinde der Freundschaft und Liebe die Erschöpfung und der tägliche Stress sind. Der daraus resultierende Zeitmangel führt dazu, dass die Freundschaft abstirbt. Wenn es dem Menschen auf die Freundschaft ankommt, so muss er für das Zusammenkommen Zeit finden, denn so findet er zur Erholung und die Erholung erfüllt sich im Zusammenkommen mit dem Anderen.

Echte Freundschaft gleicht dem Flug der Adler

Eine echte Freundschaft ähnelt – wie Professor Edward Staniek hervorhebt – dem Flug der Adler: Man kann sie nicht mit Gewalt zusammenbinden, denn ihr gemeinsamer Flug basiert auf der Kraft der ausgebreiteten Flügel in der Freiheit endlosen Weite. Die Adler beschäftigen sich nicht mit dem Fliegenfangen, sondern gemeinsam streben sie zur Sonne und sind verbunden durch das in ihren Herzen liegende Vertrauen. Darum muss eine Freundschaft, die leben möchte, ein Gesicht haben.

Die Freundschaft hat noch einen weiteren Namen: Loyalität. Loyal sein bedeutet, in der Freundschaft sein, selbst wenn der Freund nicht da ist, und nach seinen Sachen zu schauen. Loyal sein bedeutet, sich – während der Abwesenheit des Freundes – so gegenüber den Menschen zu verhalten, dass man sich nicht schämen muss, wenn der Freund wieder auftaucht. Je länger die Freundschaft dauert, umso stärker wird ein illoyales Verhalten verpönt. In der Freundschaft leben heißt, sie ausdrücken zu können, ihr bei aller Schüchternheit sein Herz zu öffnen und, wenn nötig, für sie zu kämpfen. Ansonsten ist sie bedroht. Man muss aus den Fehlern anderer lernen, denn eine wahre Freundschaft ist wie die Gesundheit – wir lernen sie schätzen, wenn wir sie verlieren. – Während einer seiner Vorlesungen sprach der polnische Theologe und Philosoph Józef Tischner über zwei Arten von Menschen: diejenigen, mit denen man den Rosenkranz beten, und diejenigen, mit denen man Pferde stehlen kann. Er empfahl, dass man lieber mit denen Freundschaft schließen solle, mit denen man Pferde stehlen kann, denn mit denen könne man auch den Rosenkranz beten. Mit eingebildeten Menschen, die zu keiner Freundschaft fähig sind, kann man höchstens – und das auch nicht immer – nur das erste tun.

Die Freundschaft leben und in der Freundschaft leben bedeutet, seine Umwelt positiv zu gestalten, die bei den Menschen den Glauben und die Hoffnung auf ein größeres Wohl erweckt und die Überzeugung entstehen lässt, dass nicht alles endgültig verloren ist und die Niederlage von gestern sich in den Sieg von morgen umwandeln lässt. Es ist daher wichtig, welchen Menschen wir zu unserem Freund machen und welchem Umfeld wir zugehören, denn wir werden selbst so wie diejenigen, mit denen wir verkehren. Es lohnt sich also, Hoffnung zu haben, denn „die Hoffnung geht“ – wie der polnische Dichter Juliusz Słowacki in Anhelli schreibt – „von Euch auf die nächsten Generationen über, aber wenn sie in Euch stirbt, werden die nächsten Generationen aus toten Menschen bestehen.“

Freunde kommen und Freunde gehen, doch nur die wahren Freunde bleiben ein Leben lang – sagt das Sprichwort! Vergessen wir nicht, dass auch Gott uns seine Freundschaft in Jesus Christus anbietet. Dieses Angebot sollte ein jeder von uns annehmen, denn diese Freundschaft dauert ein Leben lang, ja sie geht über den Tod hinaus.

„Legio Mariae“ in Deutschland

70-Jahr-Feier

Die „Legion Mariens“ wurde am 7. September 1921 von mehreren Laien unter Leitung von Frank Duff in Dublin gegründet. Auf Initiative von Hilde Firtel begann die Bewegung ihr Apostolat 1944 auch in Deutschland, nachdem sie sich schon in vielen anderen Erdteilen ausgebreitet hatte. Die erste Gruppe bildete sich damals in Ravensburg. Nun feierte Weihbischof Thomas Maria Renz zum Jubiläum in Stuttgart einen Dankgottesdienst, von dem uns Dipl.-Theol. Markus Dörner berichtet. Er gehört der Legion Mariens seit 14 Jahren als aktives Mitglied an.

Von Markus Dörner

Am Sonntag, 7. September 2014, fand in der Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Barbara im Stuttgarter Stadtteil Hofen eine feierliche Dankmesse anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Laienbewegung „Legion Mariens“ in Deutschland statt. Nach einem Rosenkranzgebet zelebrierte Weihbischof Thomas Maria Renz (Bistum Rottenburg-Stuttgart) die Eucharistiefeier, bei der auch der geistliche Begleiter der Legion, Pfarrer Ludwig Mattes (Remshalden b. Stuttgart), lobende und ermunternde Worte für das lange und segensreiche Wirken der Bewegung in Deutschland fand.

1921 war die Bewegung der „Legion Mariens“ in Dublin (Irland) auf Initiative von Frank Duff entstanden. Er wollte ausgegrenzten und hilfsbedürftigen Mitmenschen vor allem geistliche Hilfestellung leisten. Heute treffen sich weltweit mittlerweile etwa 3,5 Mio. Menschen unter dem Dach der Legion Mariens, um in Kirchengemeinden sowie geistlichen Zentren an der Neuevangelisierung mitzuwirken. Nach Absprache mit dem Pfarrer oder einem anderen Priester versuchen sie, vor Ort die Gläubigen zu stärken und den katholischen Glauben bekannter zu machen.

Wöchentliche Treffen, bei denen jedem Mitglied ein konkreter Auftrag, etwa ein Krankenbesuch bei einem leidenden Gemeindemitglied, aufgetragen wird, bilden einen Grundpfeiler dieser Gruppierung.

Zu Beginn der Messfeier begrüßte der Gemeindepfarrer, Msgr. Oliver Lahl, die anwesenden Legionäre und wies ebenso auf das 60-jährige Jubiläum der Barbarakirche hin, die seit dem Marianischen Jahr 1954 privilegierter Wallfahrtsort zum Gnadenbild der „Stuttgarter Madonna“ geworden war. Bei der Predigt ließ Weihbischof Renz zuerst die gesellschaftlichen Ereignisse der letzten 100 Jahre Revue passieren. Er erinnerte daran, dass vor 100 Jahren der Erste und vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg ausgebrochen ist. Etwa zeitgleich seien zwei internationale marianische Gemeinschaften entstanden, was kein Zufall sei. Vor allem in Deutschland feiere die Kirche in diesem Jahr das 100-jährige Bestehen der Schönstattbewegung Pater Joseph Kentenichs und vor 70 Jahren, am Ende des Zweiten Weltkriegs, habe im Provinzstädtchen Ravensburg die Tradition der Legion Mariens in Deutschland ihren Lauf genommen.

Diese Zeugnisse seien, so Renz, bei weitem keine veralteten oder sterbenden Relikte, sondern Orientierung aus den Nöten einer Zeit heraus, wo vielen Menschen oft nichts anderes mehr blieb als die Treue zueinander und der Glaube an das Gute.

In einer Zeit, wo die Menschen älter werden und gesünder leben, sei es schwer, von einer Altersgrenze zu sprechen. Mit 60 oder 70 Jahren könne heute manches Leben wieder aufblühen. Das Geschenk zweier marianischer Organisationen in den tiefsten Notzeiten des Krieges zeige eine bleibende Sorge und Orientierung, welche den suchenden Menschen aller Zeiten angeboten würden. Es liege an uns, von diesen Gaben Gebrauch zu machen und sich jeden Tag neu zu fragen: Sind 70 Jahre in diesem Fall ein hohes Alter?

Mit einer eucharistischen Statio und dem Sakramentalen Segen klang die Dankesfeier aus. Anschließend lud die Präsidentin des Comitium der Legio Mariä Stuttgart, Helene Stein, alle Mitglieder und Gäste zum offiziellen Festakt ins nahegelegene Restaurant „Haus am See“ ein. Dabei durfte ich den Anfang der Legion Mariens und ihrer Arbeit während der Kriegs- und Nachkriegsjahre im Südwesten Deutschlands vorstellen. Ein junger französischer Ordenskandidat der Salettinermissionare, Frater Bernard Penelon, machte in seiner Zeit als Zwangsarbeiter in Ravensburg den Anfang. Da die Gründung der Legion dem 1949 verstorbenen „Bekennerbischof“ Joannes Baptista Sproll mit zu verdanken ist, erhalten wir, so bin ich überzeugt, einen wirklich tragfähigen Prozess seiner Seligsprechung nur, wenn wir als Bewegung, ja als ganzes Bistum, auch seine Sorge um die Legion berücksichtigen und daran anknüpfen. Zudem hatte die Legion durch den Bekennerbischof die Betreuung der Heimatvertriebenen in den Lagern und Bahnhöfen als Apostolat im Gebiet des gesamten Bistums zugewiesen bekommen.

Eine begeisternde geistliche Betrachtung zum Auftrag der Bewegung in Kirche und Welt hielt anschließend Dr. Jörg Pfeifer, Präsident der Legion Mariens für den Senatus Frankfurt. Am Schluss erklang im großen Saal das „Lied der Legionäre“, verfasst und komponiert von Hilde Firtel, der Legionsgesandtin der Anfänge, die im Auftrag der Legions-Zentrale, dem Conzilium in Dublin, in Deutschland die erste Gruppe gegründet hatte.

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