„Ökumene der Heiligkeit“

Am 16. August wurde Frère Roger Schutz, der weltbekannte Gründer und Prior der Gemeinschaft von Taizé, im Alter von 90 Jahren während des Abendgebets von einer psychisch gestörten 36-jährigen Frau getötet. Die Trauerfeier am 23. August wurde zu einem bewegenden Ausdruck „ökumenischer Weggemeinschaft“. Mit mehr als 12.000 Menschen aus aller Welt nahmen Geistliche der katholischen, orthodoxen, evangelischen und anglikanischen Kirche gemeinsam Abschied von Frère Roger, der Vorbild und geistlicher Vater für Millionen von Jugendlichen geworden war. Während der Begräbnisritus auf dem Dorffriedhof neben der kleinen romanischen Kirche in Taizé von orthodoxer Seite vollzogen wurde, feierte zuvor Kurienkardinal Walter Kasper, der höchste „Ökumene-Vertreter“ der katholischen Kirche, den Trauergottesdienst in der Versöhnungskirche als katholische heilige Messe. Auf ausdrücklichen Wunsch der Gemeinschaft von Taizé setzte die katholische Kirche dieses außergewöhnliche Zeichen für einen calvinistisch getauften, reformierten Theologen, um ihre „Dankbarkeit für das Leben und Beispiel von Frère Roger, für sein unermüdliches Zeugnis für das Evangelium von Frieden und Versöhnung“ zum Ausdruck zu bringen. Nachfolgend die Ansprache von Kardinal Kasper, in der er Gott bittet, Frère Roger in die Gemeinschaft der Heiligen aufzunehmen.

Von Walter Kardinal Kasper

Ein geistlicher Vater unserer Zeit

Eminenzen, Exzellenzen, liebe Brüder der Communauté de Taizé, Brüder und Schwestern – wir stehen alle unter dem Eindruck des Todes von Frère Roger, einer der großen geistlichen Gestalten und auch eines geistlichen Vaters unserer Zeit. Und doch verwandelt sich unsere Trauer in Hoffnung. Frère Roger überließ sich dem Willen Gottes und gab sich schließlich selbst hin; und dies wurde bei ihm zu einer Quelle inneren Friedens, der Hoffnung, ja des Glücks. Wer hätte gedacht, dass diese schlichte Selbsthingabe eines Tages unter solchen Umständen zu Ende gehen sollte. Und dennoch, selbst und vor allem in einem solchen Augenblick können wir Worte wiederholen, die Frère Roger gerne sagte: „Du liebst uns, dein Verzeihen und deine Nähe lassen in uns die Klarheit des Lobpreises hervorheben.“

Hier blühte der Frühling der Ökumene

Durch das Zeugnis seiner Freunde und seiner Diener geleitet Gott seine Kirche unaufhörlich und eröffnet ihr eine Zukunft. Mit seiner Gegenwart, seinem Wort und seinem Beispiel hat Frère Roger einen Strahl der Liebe und der Hoffnung verbreitet, weit über die Grenzen und Spaltungen dieser Welt hinaus. Als Mensch der Gemeinschaft hielt er in seinem Herzen und in seinem Gebet tiefe Sehnsucht nach Versöhnung und Begegnung wach. Zusammen mit den Brüdern der Communauté de Taizé wollte er einen Sauerteig der Einheit in die Kirche und die Welt legen. Der erste Bruch, der Frère Roger schmerzte, betraf die Spaltung unter den Christen. Seit seiner Jugend vereinte er sich mit dem Gebet Christi, „dass alle eins seien, wie du, Vater, in mir bist, und ich in dir bin“ (Joh 17,21). Er wollte den Glauben der ungeteilten Kirche leben, ohne mit irgend jemandem zu brechen, in tiefer Brüderlichkeit. Er glaubte vor allem an die Ökumene der Heiligkeit, jener Heiligkeit, die den Grund der Seele verändert und allein zur vollen Gemeinschaft führt. Ja, der Frühling der Ökumene hat auf dem Hügel von Taizé geblüht, in dieser Kirche der Versöhnung, wo sich Glieder der verschiedenen christlichen Traditionen in Achtung und Zwiesprache, in Gebet und brüderlichem Teilen begegnen, inspiriert durch die Gegenwart und das Beispiel Frère Rogers.

Unerschütterliches Vertrauen in die junge Generation

Der zweite Bruch, der Frère Roger wehtat, betraf die Spaltung zwischen Völkern und Nationen, reichen und armen Ländern. Jede Form von Ungerechtigkeit oder des Mangels an Solidarität betrübten ihn tief. Er wollte, dass die Brüder der Communauté in mehreren Ländern mit den Ärmsten in kleinen Fraternitäten leben, als schlichtes Zeichen der Liebe und der Gemeinschaft. Dieses einfache Zeugnis war ihm sehr wichtig als ein prophetisches Zeichen des Reiches Gottes im Kleinen, als Keim der Freundschaft und der Versöhnung in einer von Gleichgültigkeit heimgesuchten Welt. Für Frère Roger bestand ein bruchloser Übergang von der Liebe zu Gott zur Liebe zu den Menschen, zwischen Gebet und Engagement, Aktion und Kontemplation. Frère Roger war ein kontemplativer Mensch, ein Mann des Gebets, den der Herr zur Stille und Einsamkeit des monastischen Lebens gerufen hatte. Dennoch wollte er sein mönchisches Herz und die Communauté de Taizé für die Jugendlichen der ganzen Welt, für ihre Suche und ihre Hoffnung, ihre Freuden und ihre Leiden, für ihren Lebens- und Glaubensweg öffnen. Die letzten Zeilen seines vor einem Monat erschienenen Buches lauten: „Ich würde bis an das Ende der Welt gehen, wenn ich es könnte, um immer wieder neu mein Vertrauen in die junge Generation auszudrücken.“

Widerschein der universalen Liebe Gottes

Frère Roger war mehr als ein Begleiter oder geistlicher Meister, er war für viele wie ein Vater, eine Art Widerschein des ewigen Vaters und der Universalität seiner Liebe.

Wir sind jetzt nicht in dieser Kirche zusammen, um ein Leben zu erzählen, sondern um Gott zu loben und zu preisen. Wir sind dankbar für alles, was die Kirche Christi und die Menschheit durch das Leben Frère Rogers und sein Zeugnis empfangen haben, und vertrauen ihn heute der ewigen Liebe Gottes an.

Herr, lass deinen Diener „den Himmel offen schauen und Jesus an der Rechten des Vaters stehen sehen“ (Apg 7,55), Jesus, den er ein Leben lang so geliebt und gesucht hat. Lass ihn im Heiligen Geist in die Gemeinschaft der Heiligen und die vollkommene Liturgie des Himmels eingehen, jene Gemeinschaft in Gott, in der er jeden Tag leben, singen und beten wollte.

Lass ihn das Antlitz des ewigen Lebens in seiner ganzen Schönheit betrachten, jenes Gesicht, in dem jeder Blick aus Liebe seine Erfüllung findet und auf dem das Leben leuchtet, das ohne Ende ist, und schenke uns die Gnade, gemäß seinem Beispiel und voll Hoffnung weiterzugehen auf dem Weg der Versöhnung, der Gemeinschaft und des Friedens, als Vorwegnahme deines ewigen Reiches.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 10/Oktober 2005
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)

Der Tod von Frère Roger im Licht des Weltjugendtags

Bei der Generalaudienz am 17. August legte Papst Benedikt XVI. ein ergreifendes Zeugnis über seine Beziehung zu Frère Roger Schutz ab. Erst am Morgen dieses Tages war ihm die Nachricht vom gewaltsamen Tod des Gründers von Taizé übermittelt worden. In Köln hatten tags zuvor bereits Hunderttausende von Jugendlichen aus aller Welt die Eröffnung des XX. Weltjugendtags gefeiert. Auch die Brüder aus Taizé waren gekommen, um in Köln und Bonn geistliche Zentren für die jungen Pilger zu eröffnen. So ist der Augenblick des Todes von Frère Roger wohl kein Zufall. Denn er war bereit, für die junge Generation sein Letztes zu geben. Nun scheint Gott sein Lebensopfer wie einen geheimnisvollen Beitrag zum Gelingen des Weltjugendtags angenommen zu haben. Dass umgekehrt die Jugendlichen aus der ganzen Welt sofort in ein Völker umspannendes Gebet für den modernen „Jugendapostel“ einstimmen konnten, kann als besondere Fügung betrachtet werden. Sein Brief an den Papst bestätigt, wie sehr ihm der Weltjugendtag in Köln und die Verbindung zur katholischen Kirche am Herzen lagen.

Von Papst Benedikt XVI.

Dramatische Nachricht

Wir haben zugleich von Trauer und Freude gesprochen. In der Tat habe ich heute morgen eine sehr traurige, dramatische Nachricht erhalten. Gestern Abend wurde während des Abendgebets der liebe Frère Roger Schutz, Gründer der Gemeinschaft von Taizé, durch Messerstiche getötet, möglicherweise von einer Geistesgestörten. Diese Nachricht betrübt mich umso mehr, als ich gerade gestern einen sehr ergreifenden und freundschaftlichen Brief von Frère Roger erhalten habe. Er schreibt darin, dass er mir von ganzem Herzen mitteilen möchte: „Wir stehen mit Ihnen und mit all denen, die jetzt in Köln versammelt sind, in Gemeinschaft.“

„Gemeinsam mit dem Heiligen Vater“

Dann schreibt er weiter, dass er aufgrund seines Gesundheitszustandes leider nicht persönlich nach Köln kommen könne, er sei jedoch mit seinen Brüdern spirituell anwesend. Schließlich schreibt er mir in diesem Brief, dass er den Wunsch habe, möglichst bald nach Rom zu kommen, um mir einen Besuch abzustatten und um mir mitzuteilen, dass „unsere Gemeinschaft von Taizé gemeinsam mit dem Heiligen Vater vorangehen möchte“. Und dann fügt er noch handschriftlich hinzu: „Heiliger Vater, ich versichere Sie meiner Empfindungen der tiefen Verbundenheit. Frère Roger von Taizé.“

Tiefe geistliche Verbundenheit

In diesem Moment der Trauer bleibt uns nur, der Barmherzigkeit des Herrn die Seele seines treuen Dieners anzuvertrauen. Wir wissen, dass aus der Trauer – wie wir soeben im Psalm gehört haben – wieder Freude entsteht. Frère Schutz hat nun Anteil an der ewigen Gnade, der ewigen Liebe, er ist zur ewigen Freude gelangt. Er ermahnt uns und ruft uns auf, stets treue Arbeiter im Weinberg des Herrn zu sein, auch in traurigen Situationen, mit der Gewissheit, dass uns der Herr begleitet und uns seine Freude schenken wird.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 10/Oktober 2005
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)

Kommunionempfang von Frère Roger Schutz

Bei der Beisetzungsfeier für Papst Johannes Paul II. am 8. April reichte der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., dem Protestanten Roger Schutz die heilige Kommunion. Das erregte weltweit Aufsehen. Dass der Begräbnisgottesdienst nun als katholische heilige Messe gefeiert wurde – zudem von einem der höchsten Vertreter des Heiligen Stuhls, war ebenfalls mehr als bemerkenswert. Verwirrend empfanden es vor allem katholische Gläubige, die treu zur Kirche stehen. Wie ist das Verhalten des Heiligen Stuhls gegenüber einem Calvinisten zu verstehen, der nie offiziell zur katholischen Kirche übergetreten war? Der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen hat nun im Nachklang zur Trauerfeier in Taizé eine hilfreiche Erklärung herausgegeben.

Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel

Die kirchliche Regelung

Es lohnt sich, zunächst einen Blick auf die allgemeingültige Regelung der Kirche zu werfen, um dann den Sonderfall Taizé einordnen zu können. In der Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ vom 17. April 2003 führte Papst Johannes Paul II. zur Kommunionspendung an nicht katholische Gläubige Folgendes aus:

„(45.) Wenn auch beim Nichtvorhandensein der vollen Gemeinschaft die Konzelebration in keinem Fall statthaft ist, so trifft diese Zurückhaltung nicht zu hinsichtlich der Spendung der Eucharistie unter besonderen Umständen und gegenüber einzelnen Personen, die zu Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften gehören, welche nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen. In diesem Fall besteht die Zielsetzung in der Tat darin, einem schwerwiegenden geistlichen Bedürfnis im Hinblick auf das ewige Heil einzelner Gläubiger zu entsprechen, nicht aber darin, eine Interkommunion zu praktizieren, die unmöglich bleibt, solange die sichtbaren Bande der kirchlichen Gemeinschaft nicht vollständig geknüpft sind. In diesem Sinne hat sich das Zweite Vatikanische Konzil verhalten, indem es die zu befolgende Praxis gegenüber den Orientalen bestimmte, welche, in gutem Glauben getrennt von der katholischen Kirche lebend, spontan um den Empfang der Eucharistie aus der Hand eines katholischen geweihten Amtsträgers bitten und in rechter Weise darauf vorbereitet sind. Diese Vorgehensweise ist des Weiteren von den beiden Codices bestätigt worden, in denen mit den entsprechenden Anpassungen auch der Fall der anderen, nicht orientalischen Christen berücksichtigt wird, die nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen.

(46.) In der Enzyklika ,Ut unum sint‘ habe ich selbst meine Wertschätzung für diese Norm zum Ausdruck gebracht, die es erlaubt, mit angemessenem Urteilsvermögen für das Heil der Seelen Sorge zu tragen: ,Ein Grund zur Freude ist in diesem Zusammenhang, daran zu erinnern, dass die katholischen Priester in bestimmten Einzelfällen die Sakramente der Eucharistie, der Buße und der Krankensalbung anderen Christen spenden können, die zwar noch nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber sehnlich den Empfang der Sakramente wünschen, von sich aus darum bitten und den Glauben bezeugen, den die katholische Kirche in diesen Sakramenten bekennt. … Es tut Not, diese Bedingungen, die unumgänglich sind, genau zu beachten, obgleich es sich um begrenzte Einzelfälle handelt. Denn die Ablehnung einer oder mehrerer Glaubenswahrheiten hinsichtlich dieser Sakramente und, unter diesen, die Leugnung jener Wahrheit, welche das zu ihrer Gültigkeit unabdingbare Erfordernis des Weihepriestertums betrifft, macht den Bittsteller indisponiert für den Empfang beziehungsweise für die rechtmäßige Spendung der Sakramente. Und auch umgekehrt wird ein katholischer Gläubiger die heilige Kommunion in einer Gemeinschaft, in der das gültige Weihesakrament nicht vorhanden ist, nicht empfangen können.“

Glaube als entscheidende Voraussetzung

Damit bringt die Kirche klar zum Ausdruck: Die entscheidende Voraussetzung dafür, dass ein nicht katholischer Christ im Einzelfall den Leib Christi „aus der Hand eines katholisch geweihten Amtsträgers“ empfangen kann, ist der Glaube der katholischen Kirche an die wirkliche und wesenhafte Gegenwart Jesu Christi in der heiligen Eucharistie. Mit diesem Glauben muss auch das Bewusstsein um die notwendige Vorbereitung und Reinigung des Herzens verbunden sein. Das bedeutet, dass einem nicht katholischen Christen unter den genannten Voraussetzungen auch der Zugang zum Sakrament der Versöhnung offen steht. Gleichzeitig bekennt sich ein nicht katholischer Christ durch einen solchen Kommunionempfang in der katholischen Kirche auch zum Weihesakrament. Sollte dieses in seiner Konfession nicht gegeben sein, so hat er diesen Mangel anzuerkennen. Er muss sich dessen bewusst sein, dass in seiner eigenen Glaubensgemeinschaft – wie beispielsweise beim protestantischen Abendmahl – Jesus Christus nicht wesenhaft, sondern nur symbolisch bzw. geistig gegenwärtig ist.

Andererseits aber verlangt die Kirche vom Einzelnen nicht ausdrücklich die Anerkennung des päpstlichen Primats als Voraussetzung für eine ausreichende Disposition. Dies ist von besonderer Bedeutung für Gläubige der Ostkirchen, die nicht mit Rom vereint sind. Die katholische Kirche räumt ihnen ein, dass ihr eigenes Verständnis von Eucharistie und Weihepriestertum dem der katholischen Kirche entspricht und für einen Kommunionempfang in der katholischen Kirche ausreicht. Erbittet aber ein Protestant unter den genannten Voraussetzungen die hl. Kommunion, so ist mit dem Sakramentenempfang in der katholischen Kirche für ihn eine Glaubensentscheidung verbunden, die bezeugt, dass er seine Identität und seine religiöse Heimat im Grunde genommen bereits in der katholischen Kirche gefunden hat. Allerdings erkennt die Kirche mit der Zulassung zum Kommunionempfang unter besagten Bedingungen an, dass es besondere Umstände geben kann, die es dem Einzelnen nicht bzw. noch nicht ermöglichen, offiziell in die katholische Kirche einzutreten, obwohl er ihren Glauben bereits teilt.

Das Zeugnis von Frère Roger

In der Erklärung des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen heißt es nun in Bezug auf die Begräbnisfeier von Frère Roger: „Die Feier war ein Widerhall des tiefen Bewusstseins der Gemeinschaft mit der katholischen Kirche, welches das innere Leben von Frère Roger getragen hat und für das er bei zahlreichen Gelegenheiten öffentlich Zeugnis abgelegt hat. Sein bevorzugter Ausdruck, um seinen geistlichen Weg zu beschreiben, war der Satz, den er 1980 im Petersdom vor Papst Johannes Paul II. verkündete: ‚Ich habe meine Identität als Christ darin entdeckt, den Glauben meiner Herkunft mit dem Geheimnis des katholischen Glaubens in mir selbst auszusöhnen, ohne dabei die Gemeinschaft mit irgendjemandem zu brechen.‘ Es war im Licht dieses katholischen Glaubens, in dem Frère Roger gelebt hat und bestimmte Wirklichkeiten gedeutet hat, einschließlich der Feier der Sakramente, der realen Gegenwart Christi in den eucharistischen Gestalten und des Dienstes der Einheit, ausgeübt durch den Bischof von Rom. Aus diesem Grund empfing er täglich die Kommunion, die in einer katholischen Messe konsekriert worden war. Gleichzeitig und zwar aus Gründen, die mit dem Verständnis der besonderen Berufung von Taizé als ‚Beispiel der Gemeinschaft‘ verbunden sind, wünschte er nicht, die Gemeinschaft ‚mit irgendjemandem‘ abzubrechen.“ Wir dürfen annehmen, dass sich Joseph Kardinal Ratzinger sehr wohl im Klaren darüber war, was er tat, als er am 8. April Frère Roger vor den Augen der ganzen Welt die heilige Kommunion spendete. Ganz bewusst hatte ihm auch Papst Johannes Paul II. bei seinen Rombesuchen immer wieder die heilige Eucharistie gereicht. Denn gerade das Zeugnis von Frère Roger machte deutlich, dass die Öffnung der Kommunionspendung an nicht katholische Christen insbesondere an den katholischen Eucharistieglauben gebunden ist und nichts mit einer unterschiedslosen Austeilung der Eucharistie an evangelische Christen zu tun hat, wie sie beispielsweise von dem deutschen Theologen Gotthold Hasenhüttl gefordert wird.

Die Eucharistiefeier in Taizé

Daneben geht die Erklärung auch auf die in Taizé seit den 70er Jahren gepflegte Form der Eucharistiefeier ein. Es wird zunächst festgestellt, dass diese Praxis bereits damals im Dialog und Einverständnis mit dem Heiligen Stuhl entwickelt wurde und den besonderen Umständen der Gemeinschaft von Taizé entgegenkommt. „Alles Mögliche wurde getan, um sicherzustellen, dass die Eucharistie in einer Weise gefeiert wird, die Verwirrung im Hinblick auf die Kirchenmitgliedschaft sowie den Verstoß gegen geltende Regeln ausschließt.“ So hätten seit dieser Zeit alle katholischen Eucharistiefeiern unter Vorsitz eines katholischen Priesters oder Bischofs in der großen Versöhnungskirche stattgefunden, während alle anderen Feiern wie die Göttliche Liturgie orthodoxer Christen oder die Abendmahlsfeier von Anglikanern und Lutheranern zur Unterscheidung ganz bewusst in der Romanischen Dorfkirche abgehalten worden seien.

Für die katholische Eucharistiefeier sei eine besondere Ordnung gefunden worden, die sich an eine Tradition der Ostkirche anlehnt. Dabei darf erwähnt werden, dass Taizé von Anfang an Elemente aufgenommen hat, die an die besondere ostkirchliche Überlieferung erinnern, wie z.B. die Ikonen oder die für die Gemeinschaft von Taizé typischen Gesänge. Die Erklärung des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen führt zur besonderen Form der Eucharistiefeier in Taizé schließlich aus: „Jenen, die aus irgendeinem Grund die Kommunion in der katholischen Kirche nicht empfangen können oder möchten, ermöglicht eine besondere Einrichtung den Empfang des ‚gesegneten Brotes‘. Nach der Verkündigung des Evangeliums wird bei jeder Eucharistiefeier vom Zelebranten ein Korb mit kleinen Brotstücken gesegnet und auf einen Tisch in der Nähe des Altars gestellt. Im Augenblick der Kommunion werden die Austeilung der Eucharistie und die Austeilung des gesegneten Brotes in einer Weise vollzogen, die den Unterschied klar zum Ausdruck bringt. Darin erkennen die Orthodoxie sowie die Katholiken mit ostkirchlichem Ritus ihre traditionelle Praxis der Austeilung des antidoron, nämlich Teile des Altarbrotes, das nicht konsekriert worden ist. Bei der Beerdigung von Frère Roger konnten die Anwesenden in Übereinstimmung mit der in Taizé üblichen Praxis entweder die konsekrierten eucharistischen Gestalten oder das gesegnete Brot empfangen.“

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 10/Oktober 2005
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)

Triumph des eucharistischen Herrn

Pfarrer Erich Maria Fink blickt auf den Weltjugendtag in Köln zurück, an dem er mit 140 Jugendlichen aus seiner Pfarrei „Königin des Friedens“ in Beresniki teilgenommen hat. Für die Gruppe aus Russland bedeutete Deutschland als Austragungsort eine einzigartige Chance. Von Anfang an stand die Pilgerfahrt zum Jugendtreffen unter einem besonderen Segen, der die ganzen drei Wochen über spürbar blieb. Das Gelingen schreibt er besonders der intensiven Vorbereitung der Fahrt zu, die Woche für Woche mit einer Heiligen Stunde vor dem Allerheiligsten begann.

Von Erich Maria Fink

Wie ein Bild aus biblischen Zeiten

Unter strahlend blauem Himmel hatten sich Abertausende von Jugendlichen aus der ganzen Welt auf den Poller Wiesen den Rhein entlang versammelt. Schon standen die ersten bis zu den Hüften im Wasser, so drängten die vordersten Reihen dem ankommenden Papst entgegen. Es erinnerte an ein Bild aus biblischen Zeiten, als Christus die Menschen am See Genezareth vom Boot aus lehrte. Und wie die heiligen Drei Könige selbst wurden die drei mit „jugendlichem Gefolge“ geschmückten Schiffe begeistert empfangen. Auf dem mittleren Schiff befand sich hoch oben auf dem Bug Papst Benedikt XVI. im Gespräch mit ausgewählten Vertretern der verschiedenen Kontinente. Er saß ruhig neben dem aufragenden Weltjugendtagskreuz auf einem einfachen Sessel und widmete sich intensiv den Einzelgesprächen.

Ein Paukenschlag zeigt die Richtung an

Am Ufer aber brach lauter Jubel los, als sich der Mann in Weiß schließlich erhob und seine Hände ausbreitete, als wollte er jeden Einzelnen umarmen. Ein Meer von Fahnen übermittelte dem Papst die Grüße unzähliger Nationen aus aller Welt. In Erinnerung an die Begrüßungsfeiern mit Papst Johannes Paul II. warteten die verschiedenen Gruppen schon gespannt auf den Augenblick, da der Papst ihre Sprachfamilie bzw. ihren Kontinent aufrufen würde. Wie Sportler, die in ihren Startlöchern sitzen, stellten sie sich auf eine möglichst lautstarke Erwiderung ein. Doch als Benedikt XVI. endlich seine freundliche Stimme erhob, überging er dieses Zeremoniell und sagte schon nach wenigen Sätzen: „Wie Ihr habe auch ich mich auf den Weg gemacht, um zusammen mit Euch niederzuknien vor der weißen konsekrierten Hostie, in der die Augen des Glaubens die reale Gegenwart des Erlösers der Welt erkennen.“ Wie ein Paukenschlag wirkte dieses Zeugnis in der erwartungsvollen Atmosphäre der ersten Begegnung des Papstes mit den Jugendlichen. Und alle hatten verstanden, dass sich dieser Weltjugendtag von den bisherigen unterscheiden würde. Benedikt XVI. hatte eine neue Richtung angezeigt.

Johannes Paul II. ist mit dabei

Am Ende seiner Begrüßungsansprache schlug der Papst gleich die Brücke zur bevorstehenden Vigilfeier auf dem Marienfeld: „,Maranatha!‘ – ‚Komm, Herr Jesus!‘ Meine Lieben, mit diesen Worten verabschiede ich mich von Euch und sage Euch allen ein herzliches ‚Auf Wiedersehen‘ in der Vigilfeier am Samstagabend!“ Ähnlich überraschend begann dieser Abend. Benedikt XVI. lenkte die Aufmerksamkeit der jungen Leute auf seinen Vorgänger. Bevor er überhaupt ein Wort der Begrüßung sprach, trug er in gesungener Weise ein Segensgebet vor, mit dem er eine riesengroße Glocke auf den Namen Papst Johannes Pauls II. „taufte“. Und was folgte, war ein gewaltiges Zeugnis für die Schätze der katholischen Kirche und ihre Formen, den Glauben und die Anbetung auszudrücken. Seine Meditation über das Thema des Weltjugendtags schloss der Papst mit den Worten: „,Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und beteten es an‘ (Mt 2,11). Liebe Freunde – das ist nicht eine weit entfernte, lang vergangene Geschichte. Das ist Gegenwart. Hier in der heiligen Hostie ist ER vor uns und unter uns. Wie damals verhüllt er sich geheimnisvoll in heiligem Schweigen, und wie damals offenbart er gerade so Gottes wahres Gesicht. Er ist für uns Weizenkorn geworden, das in die Erde fällt und stirbt und Frucht bringt bis zum Ende der Zeiten (vgl. Joh 12,24). Er ist da wie damals in Bethlehem. Er lädt uns ein zu der inneren Wanderschaft, die Anbetung heißt. Machen wir uns jetzt auf diesen inneren Weg und bitten wir ihn, dass er uns führe.“

Papst: Mein tiefstes Erlebnis beim Weltjugendtag

Unsere jungen Pilger aus Russland waren von der Gestaltung der Vigil berührt und begeistert, interessanter Weise besonders diejenigen, die im Leben unserer Pfarrei noch nicht sehr intensiv beheimatet sind. Und wir können als persönliche Eindrücke dieses Weltjugendtags nur bestätigen, was Kardinal Meisner in seinem Hirtenwort nach dem Jugendtreffen folgendermaßen zum Ausdruck gebracht hat: „Das Motto des Weltjugendtages ‚Wir sind gekommen, um Ihn anzubeten‘ hat in der eucharistischen Anbetung sein beeindruckendes Echo gefunden. In vielen geistlichen Zentren von Köln, Düsseldorf und Bonn war Tag und Nacht Gelegenheit zur eucharistischen Anbetung, die von Zigtausenden genutzt wurde. Auch hatten wir erstmalig bei einem Weltjugendtag in der Vigilfeier eine eucharistische Prozession mit eucharistischer Anbetung erlebt. Viele hatten davon abgeraten, weil sie meinten, eine so große Millionengemeinde würde nicht die innere Ruhe aufbringen, um dem Herrn im Sakrament zu begegnen. Genau das Gegenteil war der Fall. Die tiefe Stille, die über dem Marienfeld lag, als die Monstranz auf dem Altar stand und der Heilige Vater vor ihr betete, wird mir unvergesslich bleiben. Übrigens sagte mir der Heilige Vater, dass für ihn diese Minuten anbetenden Schweigens vor der Monstranz das tiefste Erlebnis beim Weltjugendtag war. Ein junges Mädchen erzählte mir, sie habe sich inmitten der Millionengemeinde auf den Knien vor dem Herrn im Sakrament ganz persönlich angesprochen gefühlt. Ebenfalls war bei der Eucharistiefeier am Sonntag das Hochgebet der heiligen Messe von anbetendem Schweigen begleitet. Gerade in diesem Augenblick konnte man die geistliche Dichte dieses großen Gottesdienstes erspüren.“

Ein Journalist: Ich wurde richtig neidisch!

Den Abend hatte ich selbst an der vordersten Absperrung erlebt, da ich zu Beginn von einer Wohltäterin unserer Gemeinde per Handy nach vorne gerufen wurde. Als ich gegen Ende zu unserer Gruppe zurückkam, war ich hocherfreut, die aufmerksame Stimmung unter unseren jungen Leuten zu sehen, denen unsere Übersetzerin mit Hilfe eines tragbaren Lautsprechers alles in russischer Sprache nahebrachte. Denn leider wurde die Feier im Rundfunk nicht auf Russisch übertragen, wie ursprünglich angekündigt war. Gerade endete die Vigil, als der Akku unseres Gerätes leer war. So machte ich mich für die Eucharistiefeier am nächsten Tag auf die Suche nach einem elektrischen Anschluss. Ich betrachte es als Fügung Gottes, dass ich so in dieser Nacht zum Zelt der Versöhnung geführt wurde, wo mir die Verantwortlichen sofort erlaubten, das Aufladegerät einzustecken. Was ich während dieser Nachtstunden erleben durfte, übertraf alle meine Erwartungen. Scharen von Jugendlichen strömten hier ernsthaft und freudig zum Sakrament der Buße oder knieten im Anbetungszelt daneben vor dem Allerheiligsten. Ebenso ergreifend waren die unzähligen Priester, die sich dem Dienst der Versöhnung widmeten. Ich bin glücklich darüber, dass auch dieses Gnadengeschenk im genannten Hirtenbrief von Kardinal Meisner Erwähnung fand. Dort heißt es: „Weithin unbemerkt von den Medien bot der Weltjugendtag einen weiteren geistlichen Akzent von beeindruckender Intensität in der Spendung des Bußsakramentes. Bewegt berichteten mir viele Priester von den langen Schlangen vor den Beichtstühlen. Sogar noch auf dem Marienfeld wurde bis tief in die Nacht hinein gebeichtet. Ein Journalist berichtete angesichts vieler auf die Beichte wartender Jugendlicher: ‚Ich wurde richtig neidisch auf diese Jugendlichen und sagte mir: Das möchtest du auch können, einmal dir alles von der Seele reden und dabei wissen, Gott nimmt alles weg, was Schuld und Sünde ist.‘ Ich wünsche uns allen solche Erfahrungen. Entdecken wir das große Geschenk des Bußsakramentes neu, in dem uns Gott mit seiner versöhnenden Barmherzigkeit begegnet.“

Benedikt XVI.: „Eine mutige Entscheidung!“

Seit dem Weltjugendtag in Köln kommt der Papst immer wieder auf dieses Ereignis zu sprechen. Beim Angelus am 4. September hob er noch einmal hervor, dass es ganz und gar nicht selbstverständlich war, im Rahmen des Weltjugendtags die eucharistische Anbetung an die erste Stelle zu setzen. Diesem außergewöhnlichen Glanz des Jugendtreffens ging ein Ringen unter den Verantwortlichen selbst voraus. So bezeugt er wörtlich: „Beim jüngsten Weltjugendtag gab es zahlreiche Bezugnahmen auf das Mysterium der Eucharistie. Ich denke beispielsweise an die eindrucksvolle Vigil am Samstagabend, dem 20. August, auf dem Marienfeld zurück, die ihren Höhepunkt in der eucharistischen Anbetung hatte: eine mutige Entscheidung, bei der die Blicke und Herzen der jungen Menschen auf den im allerheiligsten Altarsakrament gegenwärtigen Jesus gelenkt wurden. Außerdem erinnere ich mich, dass während jener denkwürdigen Tage in manchen Kirchen von Bonn, Köln und Düsseldorf Tag und Nacht die ewige Anbetung gehalten wurde. Daran nahmen viele junge Menschen teil, die auf diese Weise die Schönheit des kontemplativen Gebets gemeinsam entdecken konnten!“ Und er fügte hinzu: „Ich bin zuversichtlich, dass sich dank des Engagements von Hirten und Gläubigen die Teilnahme an der Eucharistie in allen Gemeinden immer regelmäßiger und überzeugter vollziehen wird.“

Triumph des eucharistischen Herzens Jesu

Von vielen Heiligen und Hirten der Kirche wurde in der neueren Zeit vom „Triumph des eucharistischen Herzens Jesu“ gesprochen, den wir erwarten dürfen, der aber auch eine Berufung bedeutet und nach Einsatz und Mitarbeit verlangt. Ohne Zweifel kann der Weltjugendtag 2005 in Köln als Meilenstein auf dem Weg zu diesem Triumph betrachtet werden. Als wir uns auf dem Marienfeld befanden, spürten wir intuitiv den prophetischen Charakter dieses Ereignisses. Wir sehnten uns plötzlich gar nicht mehr nach einer Stimmung, die von Ausbrüchen der Begeisterung gekennzeichnet war. Vielmehr blickten wir auf die großen Schirme und verstanden, dass diese Bilder nun von Millionen von Menschen am Bildschirm zu Hause in ihren Wohnungen mitverfolgt werden. Wir begriffen, dass es nicht nur darauf ankommt, wie es den anwesenden Jugendlichen bei der Feier geht, sondern auch darauf, wie dieses Zeugnis auf der ganzen Welt seine Wirkung entfaltet und zu den Herzen der Menschen vordringt, gerade in Deutschland. Mit großer Genugtuung fühlten wir uns als einen entscheidenden Teil dieses Zeugnisses für den eucharistischen Herrn und entdeckten miteinander auf diesem Hintergrund den missionarischen Charakter der Weltjugendtage ganz neu. Wir waren einfach stolz, dass wir zu diesen 1,1 Millionen Jugendlichen gehören durften, die sich in diesem Augenblick stellvertretend für die ganze Menschheit auf dem Marienfeld befanden. So wurde dieser Tag für sehr viele von unserer Gruppe zum absoluten Höhepunkt unserer Fahrt, obwohl es viele andere unvergleichliche Erlebnisse gab.

Himmlisches Schauspiel

Das Wetter dieser Tage glich einem himmlischen Schauspiel. Idealer hätte es die Regie von oben wohl nicht organisieren können. Eröffnung und Begrüßungsfeier konnten bei strahlender Sonne die Herzen öffnen. Den Freitag erlebten wir mit dem Kreuzweg in unserer Pfarrei „Maria Königin“ in Bergisch Gladbach, wo wir in einer Schule untergebracht waren, in fast apokalyptischem Rahmen. Unmittelbar vor Beginn ging ein Wolkenbruch nieder, wie er nur selten zu sehen ist. Niemand wollte die Schule verlassen. Fast wie Jesus vor seinem Kreuzweg am Ölberg gerungen hat, kämpften unsere jungen Leute mit sich und den Betreuern. Doch schließlich hielten die Wolken inne und unsere Gruppe schloss sich dem Zug von mehreren Tausend Jugendlichen an, der sich das Rheinufer bergauf in Bewegung setzte. Angekommen vor einem herrlichen Schloss mit Blick auf die Stadt Köln und dem bereits beleuchteten Dom zu unseren Füßen öffnete sich die Wolkendecke am Horizont und das Sonnenlicht hüllte das große mitgetragene Holzkreuz sowie die versammelte Menge in einen faszinierenden rötlichen Schimmer. In diesem Augenblick wurde ich von einem tiefen Frieden und von unendlicher Dankbarkeit erfüllt. Unterstützt wurde dieses Empfinden durch die wunderschönen Texte, die zu den einzelnen Stationen in verschiedenen Sprachen vorgetragen wurden. Ähnliches wiederholte sich, als im Park vor einem Krankenhaus – bereits in völliger Dunkelheit – jeder eine brennende Kerze in seinen Händen hielt und der Kreuzweg seinen Abschluss fand. Unglaublich gestaltete sich auch die Zeit auf dem Marienfeld. Als wir bereits unser Lager aufgeschlagen hatten, wurde es immer brenzliger. In jedem Augenblick hätte der Regen einsetzten können. Per Handy erfuhren wir, dass in der Stadt Köln selbst bereits Schauer niedergingen. Dies hielt uns zusammen. Und als kurz vor der Vigil eine völlige Entwarnung gegeben wurde, konnten sich alle wie befreit auf die Meditation konzentrieren. Im Abendschimmer wirkte dabei die immer deutlicher hervortretende künstliche Wolke über dem Altarhügel der 70 Nationen wie ein Gotteszeichen vom Berg Sinai. Der Hochnebel am Sonntag schließlich diente wiederum einer aufmerksamen Mitfeier, der vor allem ein Leiden in sengender Hitze verhinderte. Unsere Jugendlichen waren jedenfalls so gefesselt, dass sie gar nicht merkten, wie die drei Stunden im Flug vergangen waren.

Dank an Kardinal Meisner

Unsere Gruppe hat von organisatorischen Schwierigkeiten nichts mitbekommen. An allen wichtigen Veranstaltungen konnten wir – auch dank der Nähe zum Zentrum – ohne Verspätungen oder sonstige Einschränkungen teilnehmen. Seit 15 Jahren war ich bei jedem internationalen Treffen dabei. Aber keines habe ich bisher in einer solchen Intensität erleben dürfen wie Köln. Nach der Begrüßungsfeier auf den Poller Wiesen verfolgten wir dort gleich anschließend in aller Ruhe den Dombesuch des Papstes per Bildschirm mit dem Blick auf die Kathedrale im Hintergrund. Unser eigener Dombesuch wurde auf 6.30 Uhr am Freitagmorgen festgesetzt. Doch das Opfer in aller Frühe hat sich gelohnt. Eine menschenleere Stadt und ein fast leerer Dom erlaubten uns, in der Morgensonne ohne Behinderung den eindrucksvoll gestalteten geistlichen Weg der Vorbereitung am Rhein entlang mit russischer Übersetzung zu gehen und fast eine Stunde beim Dreikönigsschrein in der Kathedrale zu verweilen. Dazu konnten wir anschließend noch an der dritten russischsprachigen Katechese mit unserem Moskauer Erzbischof teilnehmen. Dazwischen reichte uns die Zeit, an den Gräbern der Heiligen wie des sel. Adolf Kolping vorbeizuschauen, oder die von der JUGEND 2000 vor dem ausgesetzten Allerheiligsten gestaltete Stunde der göttlichen Barmherzigkeit in der Kirche „Mariä Himmelfahrt“ zu besuchen. Durch einen glücklichen Umstand wurden wir auch in das Rhein-Energie-Stadion zum Eröffnungsgottesdienst mit Kardinal Meisner eingelassen. Für mich persönlich war die Teilnahme als Konzelebrant ein einzigartiges Geschenk Gottes. Auch diese Messfeier wird mir unvergessen bleiben. Vom ersten Augenblick an wurde mir bewusst, was wir Joachim Kardinal Meisner zu verdanken haben. Sein unglaubliches Feuer bildete das Fundament für den ganzen Weltjugendtag, seine Treue zum Programm Johannes Pauls II. prägten den Geist dieser Tage, seine Worte rissen die jungen Menschen mit, sein Gottvertrauen zog die Fülle des Geistes Gottes auf das Welttreffen der Jugend herab. Wir sind ihm für seinen wunderbaren Dienst an den jungen Menschen unendlich dankbar. Als Bundespräsident Köhler nach der hl. Messe zu den Jugendlichen sprach, stand es Spitz auf Knopf, ob er – aufgrund der überschwänglichen Atmosphäre im Stadion – seine Rede abbrechen würde, was für die ganze Eröffnungsfeier ein immenser Schaden gewesen wäre. Es war der Kardinal, der ihm zu Hilfe kam und ihn offensichtlich ermutigte, einfach abzuwarten, bis sich die Jugendlichen wieder beruhigt hätten. So konnten sie gemeinsam die Situation auffangen und in einen Gewinn für alle Beteiligten umwandeln. Eure Energie und Begeisterung wünsche ich mir für unser Land und die ganze Menschheit, mit diesen Worten fuhr der Präsident fort, als ihn das junge Publikum wieder zu Wort kommen ließ. So trat er nach geduldigem Hinhören gleichsam in einen Dialog mit den jungen Menschen ein. Allein diese Live-Übertragung war für die katholische Kirche in Deutschland gewiss von unschätzbarem Wert und versetzte die Ungläubigen in Staunen.

Durchbruch für die JUGEND 2000

Bei allen Veranstaltungen war die JUGEND 2000 mit ihren Fahnen präsent. Karl Kardinal Lehmann bedankte sich nach seinem Katechese-Gottesdienst in Wuppertal bei der JUGEND 2000 ausdrücklich für ihr Engagement. Mit unserer Gruppe aus Russland nahmen wir vor dem Weltjugendtag an einem internationalen Jugend-Camp der JUGEND 2000 in Wigratzbad teil. Diese Vorbereitung mit rund 1000 Jugendlichen aus etwa 10 verschiedenen Ländern war für unsere Jugendlichen ein entscheidender Schlüssel für das Gelingen der ganzen Fahrt. Schon am ersten Tag brachen die Herzen unserer jungen Leute auf. Denn immerhin waren etwa 20 Prozent unserer Teilnehmer der Kirche bisher fern stehend. Doch der überzeugende Gesang, der intensive Geist der Anbetung, die frohe Gemeinschaft und die echte Gläubigkeit der jungen Menschen hatten eine solche Wirkung auf unsere Gruppe, dass schon in kürzester Zeit bei den Gottesdiensten das kräftigste Echo aus der „russischen Ecke“ kam. Die Taufe eines tatarischen Mädchens aus unserer Pfarrei im Rahmen dieses Jugend-Camps war ein berührender Höhepunkt. Wie ein kirchliches Siegel erlebten wir den Abschluss dieser Tage mit Walter Kardinal Kasper. Nach einer hl. Messe segnete er vor der Wallfahrtskirche ein großes Holzkreuz zur Erinnerung an den Weltjugendtag sowie einen Gedenkstein für die Ungeborenen. Bei seinen Ansprachen legte der Kardinal eine solche Frische und Jugendlichkeit an den Tag, dass er die jungen Menschen mitten ins Herz traf. Die Ermutigung, die er der JUGEND 2000 mit auf den Weg gab, wird sich gewiss bis in den Ural auswirken und auch hier in Russland ihre Früchte bringen.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 10/Oktober 2005
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Alleinerziehende Frauen – Diskriminierung überwinden

In unserer letzten Ausgabe (S. 8f.) stellte Weihbischof Dr. Andreas Laun unter dem Titel „Katholische Heiratsvermittlung im Internet“ die Initiative „Kathtreff“ vor, die er selbst ins Leben gerufen hat. Die Zuschrift einer begeisterten Nutzerin dieser Heirats-Website veranlasste ihn zu einer eindringlichen Stellungnahme. Er bricht eine Lanze für allein erziehende Frauen und fordert, „dass Christen gerade in so lebensfeindlichen Zeiten wie diesen eine ganz klare, eindeutige Haltung einnehmen in allem, was die Liebe, die Sexualität, das Leben und die Kinder betrifft“. Und das heißt für ihn, „jede ledige Mutter zu ehren und ihr mit besonderer Zuneigung gegenüberzutreten“.

Von Weihbischof Andreas Laun, Salzburg

„Könnten Sie eine öffentliche Meinung über uns abgeben?“

Vor kurzem erhielt ich den nachfolgenden Brief. Ich möchte ihn unseren Lesern vorlegen und dann dazu Stellung nehmen. Der Leser wird sehen warum! Der Brief lautet:

„Sehr geehrter Herr Weihbischof Laun, ich bin seit Juni Mitglied bei ‚kathtreff.org‘ (= die Heirats-Website, die Weihbischof Laun angeregt hat). Ich finde diese Plattform wunderbar und einen Segen für uns alle. Ich danke Ihnen, dass Sie die Schirmherrschaft hierfür übernommen haben.

Aus besonderem Anlass möchte ich Sie um Ihre Hilfe bitten. Wir Alleinerziehenden bei Kathtreff (s. Forum Ehe+Familie/Alleinerziehende) spüren, dass besonders die Männer bei Kathtreff gegen bereits vorhandene Kinder eingestellt sind. Insbesondere dann, wenn es in Unehelichkeit zu einem Kind gekommen ist. Ich selbst habe bereits krasse zynische Meinungen gegen uneheliche Kinder entgegennehmen müssen, das mich sehr traurig stimmt. Gerade dann, wenn man aus einer gewissen Gutgläubigkeit gehandelt hat und dann vom Partner ‚weggeworfen‘ wird – vielleicht gerade weil ein Kind geboren wurde –, ist es besonders schmerzhaft, hier auch noch abgelehnt zu werden. Wir suchen bei Kathtreff warm- und barmherzige Menschen, die wie der hl. Josef handeln und ein Kind an Vaters statt annehmen.

In einem katholischen Buch, das ich leider nicht mehr benennen kann, habe ich mal gelesen, dass alle Männer, die ein Kind der Frau annehmen, kleine heilige Josefe sind. Kann man diesen Männern, die sich so schwer tun, arme verlassene Kinder (es gibt bei Kathtreff auch Halbwaisen) zu akzeptieren und Liebe zu schenken, vielleicht mal die Augen öffnen? Ich bitte Sie deshalb, Herr Weihbischof Laun, herzlichst, uns Alleinerziehenden zu helfen, indem Sie eine öffentliche Meinung über unsere Kinder und uns abgeben könnten. Wir wären Ihnen sehr, sehr dankbar dafür. Papst Johannes Paul II. hat über allein erziehende Frauen gesagt: ,Das sind heroische Frauen.‘ Leider weiß ich hierfür die Quelle nicht; es hat mir eine Frau aus meinem Gebetskreis gesagt, die bereits verstorben ist und die sehr eng mit der katholischen Kirche verbunden war. Vielleicht würde es helfen, wenn dieser Gedanke des großen Papstes in Kathtreff veröffentlicht werden würde – vielleicht erreichen diese Worte die harten Herzen mancher Männer. Sie sind nicht bereit, ein Kind als Geschenk Gottes anzuerkennen. Natürlich ist es falsch, wie z.B. in meinem Fall, unehelich ein Kind zu bekommen. Das wissen wir bei Kathtreff alle, aber demgegenüber steht eine verwahrloste, egoistische Generation, die den Kopf schüttelt und uns für altmodisch und prüde hält, wenn wir sagen, dass wir zuerst heiraten wollen. Dann sind wir ganz schnell wieder verlassen und alleine.

Außerdem: Wer weiß denn schon, ob die Kandidaten selbst mal eigene Kinder bekommen können? Vielleicht werden sie einmal froh sein, ein „fremdes“ Kind angenommen zu haben; diese Fälle gab es schon oft. Ein gewisser Egoismus ist hier jedenfalls bei manchen Männern zu verzeichnen. Einer schrieb von der ausschließlichen Weitergabe der eigenen Gene – meinte dabei aber nicht sich selbst. Eine Witwe schrieb: ‚Und was sollen wir Witwen sagen?‘

Dass unsere Kinder bei Kathtreff ein Problem sein könnten, darauf wäre ich wirklich nicht gekommen. Einer Frau, die abgetrieben hat, sieht man es nicht an – und die Probleme, die sie damit im Nachhinein hat, sieht man auch nicht. Wir, die wir Gottes Leben annehmen, stehen mit den Kindern alleine da und werden dafür auch noch abgelehnt. 

Wie gut täte meinem Sohn ein Vater, der mit uns zur Kirche gehen und nach Gottes Wort leben würde! Ich wünsche es uns allen Alleinerziehenden bei Kathtreff!

Für Ihre Antwort und Hilfe, dieses Thema bei Kathtreff zu bearbeiten, bin ich Ihnen sehr dankbar.

Mit herzlichen Grüßen und der Bitte um Ihren Segen für mein Kind und mich verbleibe ich, Ihre N.N.“

Eine Erinnerung aus meinem eigenen Leben

Soweit der Brief. Bevor ich darauf direkt antworte, eine Erinnerung aus meinem eigenen Leben: In unserer Familie gab es eine Frau, die sozusagen „immer“ da war. Ihre nie definierte Stellung war diejenige zwischen einer ledigen Freundin der Mutter, einer Betreuerin von uns Kindern und einer Haushaltshilfe. Mich liebte sie aus irgendeinem Grund ganz besonders und begleitete mit großer Anteilnahme meinen Weg zum Priestertum. Als ich schon etliche Jahre als Kaplan in Wien tätig war und sie um die 80 Jahre alt, erhielt ich eines Tages einen feierlichen Brief von ihr, in dem sie mich um ein Gespräch bat. Sie deutete an, dass sie mir ein Geheimnis anvertrauen wolle. Um es kurz zu machen: Als sie etwa 20 Jahre alt war, bekam sie ein uneheliches Kind. Damals, am Anfang des 20. Jahrhunderts, war das noch eine „Schande“. Darum riet ihr ein Priester, mit niemandem darüber zu sprechen, das Kind in aller Stille auf die Welt zu bringen und es dann ihrer Schwester zu überlassen. Der Schein blieb gewahrt, die Frau war für ihre eigene Tochter immer nur die „Tante“, und fast niemand wusste das „dunkle“ Geheimnis.

Der Priester hat seinen Rat sicher in bester Absicht gegeben und angesichts der damals üblichen gesellschaftlichen Ächtung „gefallener Mädchen“ war es nicht einmal nur falsch. Aber war er sich eigentlich bewusst, dass man der jungen, sitzen gelassenen Frau die Freude des Mutter-Seins wegnahm und irgendwie denen Recht gab, die sich das Recht anmaßten, ledige Mütter zu verurteilen?

Die „böse Unlogik“ von heute

Aber so war das damals, und leider gibt es aus dieser Zeit noch viel schlimmere Geschichten: Nicht selten jagten Eltern ihre eigene Tochter aus dem Haus, weil sie ein Kind erwartete. Ja, und in der Zeit der großen Prüderie stürzte die erbarmungslose öffentliche Meinung so manche ledige Mutter so sehr in Verzweiflung, dass sie keinen Ausweg mehr wusste, als den Gang zur „Engelmacherin“ anzutreten oder dass sie überhaupt gleich Selbstmord beging. Und leider muss man zugeben: Es gab Priester, die an dieser Atmosphäre nicht unschuldig waren, weil sie das Nein zum außerehelichen Verkehr nicht mit dem Erbarmen gegenüber der Sünderin zu vereinen wussten.

Man möchte meinen, diese Zeiten sind vorbei, und zwar aus dem einfachen, wenn auch nicht lobenswerten Grund, dass Geschlechtsverkehr vor der Ehe (und in manchen Kreisen auch außerhalb der Ehe) von der breiten Mehrheit der Bevölkerung ohnehin für erlaubt und gut gehalten wird. Man möchte meinen, jetzt könne es keine Diskriminierung lediger Mütter mehr geben.

Aber in böser Unlogik ist es nicht so: „Man“ rümpft die Nase nicht über diejenigen, die unehelich zusammen leben, wohl aber verurteilt man Frauen, die, „zu dumm zur Verhütung“, ungewollt ein Kind erwarten und es dann nicht abtreiben wollen.

Die wahrhaft katholische Haltung

Nein, nein und noch einmal nein! Die wahrhaft katholische Haltung ist eine andere, anders als die von „damals“ und anders als die von „heute“:

• Wahr ist, und das sagt auch meine liebe Briefschreiberin, dass die sexuelle Vereinigung ihren legitimen Platz nur in der Ehe hat. Für ungläubige Menschen wohl „hart“, und auch für Gläubige nicht gerade leicht zu leben – und schon deswegen wäre Zurückhaltung im Urteilen angesagt, wenn ein anderer dieses Gebot nicht einzuhalten scheint, zumal in liberalen Zeiten wie heute.

• Aber die Feststellung, dass vorehelicher Verkehr objektiv eine – je nach Umständen mehr oder weniger schwere – Sünde ist, ist etwas anderes als die Verurteilung derer, die diese Sünde begehen. So notwendig es bei anderen, verbrecherischen Sünden (Judenverfolgung, Abtreibung, Kindesmissbrauch...) sein kann, sie anzuprangern, so streng verboten ist es dem Christen, andere Menschen persönlich zu verurteilen, sich als Richter über sie aufzuspielen, sich moralisch über sie zu entrüsten. Die Erfahrung zeigt: Auf keinem anderen Gebiet stehen so rasch und so viele selbsternannte Sittenrichter auf als bezüglich der Sexualität, da ist das „Pfui, wo?“ sehr schnell zur Hand!

• Erst recht gilt dieses Gebot des Nicht-Urteilen-Dürfens dann, wenn eine Frau ein Kind erwartet. Ihre vorausgehende Sünde ist ihre Sache, sie soll sie bereuen und beichten, aber die „Anderen“ geht das alles nichts an. Sache der Umgebung ist es einzig und allein, ihr und damit auch ihrem Kind mit aller Liebe und fragloser Solidarität beizustehen. Allein erziehende Frauen sind tatsächlich „heroische Mütter“. Ich weiß nicht, ob sich Papst Johannes Paul II. wörtlich so ausgedrückt hat, aber das spielt keine Rolle, er könnte es so gesagt haben, weil er tatsächlich so gedacht und in diesem Sinn gesprochen hat.

• Wie oft werden „Witwen und Waisen“ in der Heiligen Schrift als diejenigen Menschen genannt, denen gegenüber eine besondere Verpflichtung zur Nächstenliebe und Barmherzigkeit besteht. Die modernen „Witwen und Waisen“ sind ganz besonders die ledigen Mütter. Dies umso mehr angesichts des diabolischen Drucks Richtung Abtreibung, den die Umgebung auf sie ausübt. Wie groß mag dann die Versuchung im Einzelfall sein! Die „Zeichen der Zeit“ verlangen heute gebieterisch, jede ledige Mutter zu ehren und ihr mit besonderer Zuneigung gegenüberzutreten: Wenn sich ihr Bauch zu wölben beginnt, hat sie bereits eine erste Großtat mütterlicher Liebe vollbracht, sie hat ihr Kind den „Schergen des Herodes“ nicht preisgegeben und mütterlichen Widerstand geleistet. Ihr Kind lebt, sie hat sich als Mutter bewährt.

• Und die Männer? Die Einstellung vieler Feministinnen ist häufig die Folge ihrer bitteren Erfahrungen, die sie mit „Männern“ machen mussten, oft genug schon in ihrer Kindheit missbraucht. Dennoch: Männer sind an sich nicht besser und nicht schlechter als Frauen auch, aber so wie sie sonst in mancher Hinsicht „anders“ sind, so auch in der Sünde: Seit jeher und zu allen Zeiten haben Männer die Neigung, Frauen zuerst zu drängen, zu täuschen und zu benützen, dann aber, wenn die Frau schwanger wird, die vorher heiß Begehrte samt dem – doch gemeinsamen! – Kind fallen zu lassen und sich selbst aus dem Staub zu machen. Man kann nicht deutlich genug sagen: Das ist auch eine Form von „Abtreibung“ und ebenso wie diese eine sehr schwere Sünde.

• Ja, ich denke wie meine Briefschreiberin: Männer sollten ledige Mütter nicht nur nicht verurteilen, sondern auch bereit sein, sie zu heiraten und ihr Kind an Vaters statt anzunehmen. Heiraten natürlich nicht aus Mitleid, sondern nur aus Liebe, und zwar Liebe zu Mutter und Kind. Dann sollte das ledige Kind wirklich kein Hindernis sein! „Wer ein Kind um meines Namens willen aufnimmt, der nimmt mich auf“, sagt Jesus, und so ist auch der Vergleich der Briefschreiberin mit dem großen heiligen Josef legitim. Einem solchen Mann möchte ich (ähnlich wie der Engel dem heiligen Josef im Traum) sagen: „Fürchte dich nicht, deine Frau mit dem Kind zu dir zu nehmen, denn sie und ihr Kind sind ein Geschenk Gottes.“ Niemand behauptet, man dürfe sich nicht ein Kind aus dem eigenen Samen wünschen, aber es wäre dennoch eine Abart von Rassismus, die väterliche Liebe grundsätzlich den „eigenen Genen“ vorbehalten zu wollen.

• Natürlich ist es richtig, unberührt in die Ehe zu gehen, ein hohes Ideal für die Frau und auch für den Mann! Der ledigen Mutter möchte ich dennoch zugute halten: Sie hat gezeigt, dass sie zu ihrer Verantwortung steht und dass sie weiß, was Muttersein heißt.

Warum schreibe ich das alles? Weil ich es für ganz wichtig halte, dass Christen gerade in so lebensfeindlichen Zeiten wie diesen eine ganz klare, eindeutige Haltung einnehmen in allem, was die Liebe, die Sexualität, das Leben und die Kinder betrifft. Was „kathtreff.org“ anlangt, wünsche ich mir Männer, die ledige Mütter in keiner Weise diskriminieren, sondern im Gegenteil, dass sie sie als mögliche Ehefrauen in Betracht ziehen – manchmal vielleicht sogar deswegen, weil sie bereits ein Kind haben.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 10/Oktober 2005
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Die hl. Edith Stein im Gewand einer „Ikone“

Am 9. August 2005 fand in der katholischen Kirche St. Martin in Bad Bergzabern die feierliche Segnung einer Ikone der hl. Theresia Benedicta vom Kreuz (Edith Stein) statt. Gemalt wurde sie von Makarius Tauc anlässlich des Todestags der Heiligen. Auf eindrucksvolle Weise überträgt der Künstler die Regeln der Ikonenmalerei aus der Tradition der Ostkirche auf neue Motive aus dem kirchlichen Leben anderer Konfessionen. Ein besonderes Licht fiel auf die Ikonenweihe durch den Weltjugendtag in Köln, der den Jugendlichen aus der ganzen Welt die hl. Edith Stein als Vorbild auf der Suche nach Wahrheit und Erfüllung vor Augen stellte.

Von Werner Schiederer

„Altes und Neues“

Ikonen gehören zur religiösen und kulturellen Überlieferung der Ostkirche. Nicht zuletzt im Zug der ökumenischen Öffnung der katholischen Kirche haben während der vergangenen Jahrzehnte die Ikonen auch im Westen eine hohe Wertschätzung erlangt. Man findet sie in den Wohnungen privater Liebhaber wie in Kirchen, wo sie zur öffentlichen Verehrung ausgestellt sind. Einer der bekanntesten Ikonenmaler im deutschsprachigen Raum ist Makarius Tauc aus Wiesbaden. Er hat sich intensiv mit der Welt der Ikonen, mit ihrer Mystik und Maltechnik beschäftigt. Seine Kunstwerke sind durch ihre hohe technische und künstlerische Qualität in Fachkreisen geschätzt und anerkannt.

Bei der Ikonenmalerei hält sich Makarius Tauc zwar streng an die vorgegebenen Formen, geht aber dennoch über das reine Kopieren weit hinaus. Er „gleicht einem Hausherrn, der aus seinem reichen Vorrat Neues und Altes hervorholt“ (Mt 13,52), mit diesen Worten Jesu könnte man seine besondere Leistung beschreiben. „Es geht darum, die alten Formen zu transformieren in die Zeit, in der der Künstler tätig ist“, erläutert Tauc. „Gleichwohl aber bleiben die uralten Formen erhalten.“ Das ist es, was ihn an dieser Kunst so fasziniert: „Der Kanon, also die Vorgaben, wie die Ikonen gemalt werden, ist unverändert seit der apostolischen Zeit.“

Tauc hat Verständnis für die festen Regeln; denn „man interpretiert nicht die eigenen Haltungen und Gefühle, sondern die Lehre der Kirche. Deshalb sieht man sich als Gottes Werkzeug, nicht als einen freischaffenden Künstler.“ Die einzelnen Kompositionen haben sich durch die Jahrhunderte hindurch entwickelt und spiegeln oft die lehramtliche Entwicklung der Kirche wider. So entstand im achten oder neunten Jahrhundert eine neue Auferstehungs-Darstellung mit der Höllenfahrt Christi. Auf älteren Oster-Ikonen sind lediglich die drei Frauen am Hl. Grab dargestellt. Als Antwort auf Häresien in Byzanz aber, die geleugnet hatten, dass Jesus tatsächlich die Hölle gesehen habe, wurde dieses neue Motiv in die Ikonenmalerei aufgenommen. Etwas Ähnliches kann man bei Kreuzigungs-Szenen beobachten. Während Christus auf früheren Ikonen mit offenen Augen zu sehen ist, hat er auf späteren geschlossene Augen, was seinen Tod symbolisiert. Denn Häretiker begannen die menschliche Seite Jesu und seinen tatsächlichen Tod am Kreuz in Frage zu stellen.

„Man hat aber auch Freiheiten“, so Tauc. „Zum Beispiel gibt es mehr als 300 verschiedene Möglichkeiten, die Gottesmutter darzustellen. Die Farben kann man zum Teil selbst bestimmen und jeder Ikonenmaler hat seine eigene Linienführung. Besonders interessant ist es, wenn ich einen Auftrag bekomme über einen Heiligen, den ich noch nicht kenne.“

Eigener Entwurf für die hl. Edith Stein

Die Ikone der hl. Benedikta vom Kreuz hat Tauc selbst entworfen. Sie ist im Ordensgewand der Karmelitinnen dargestellt. Ihr Gesicht hat er nach einem erhaltenen Foto möglichst getreu in die ikonogaphische Darstellungsweise übertragen. In ihrer rechten Hand hält sie ein leuchtend rotes Kreuz, das auf ihr Märtyrertum hinweist. In der Mitte des Kreuzes ist die Heilige Dreifaltigkeit gemalt, die die hl. Benedikta besonders innig verehrt hat. Die besondere Form des Kreuzes erinnert an den Lebensbaum und gleichzeitig an einen Stacheldraht, hinter dem sie ihren Märtyrertod erlangt hat. In der linken Hand hält die Heilige eine ausgerollte Schriftrolle, in der ihre eigenen wegweisenden Worte aufgeschrieben sind: „Das innerste Wesen der Liebe ist Hingabe“ und „Der Zugang zu allem ist das Kreuz“. In der einleitenden Initiale auf der Schriftrolle ist die katholische Kirche des hl. Martin in Bad Bergzabern dargestellt, in der Edith Stein getauft wurde. Aus dem linken oberen Rand neigt sich aus den himmlischen Sphären die hl. Theresa von Avila der Schwester Benedikta segnend zu. In ihrer linken Hand hält die hl. Theresa von Avila das Buch „Libro de la vida“, das sie verfasst hat, und reicht es der hl. Schwester Benedikta als Botschaft ihrer Lebenshaltung weiter. In ihrem Heiligenschein ist auf Latein ihr Name „Hl. Benedikta vom Kreuz“ einpunziert, während in der rechten Ecke von oben nach unten in roter Farbe „Hl. Edith Stein“ zu lesen ist.

Die Ikone im Format 82 mal 66 cm ist auf eine Holzplatte mit Eitempera und 24-karätigem Muschelgold gemalt.

Meilenstein auf dem Weg zu Christus

Makarius Tauc versteht seine Beschäftigung mit Ikonen als Berufung. Durch sie hat er letztlich den Weg zur Taufe gefunden. Er wurde 1957 in Prag geboren und wuchs ohne Glaubenserziehung auf. Seit seiner Kindheit interessierte er sich für Malerei. Er liebte besonders die alten Techniken der Gotik und der Renaissance, mit denen er sich während seines Studiums an einer Prager Kunstschule eingehend beschäftigte. Damals malte er gerne Portraits und religiöse Motive, welche in diesen Techniken ausgeführt waren. 1978 wurde er an der Kunstakademie in Prag aufgenommen, emigrierte aber kurz vor Semesterbeginn mit seiner Frau nach Schweden. „Es gab keine Freiheit. An der Kunstschule durften wir keine religiösen Themen malen“, so berichtet er. Ikonen kannte er damals jedoch noch nicht. Diese entdeckte er erst nach seiner Emigration, als er in seiner Malerei einen tieferen Sinn suchte. Es war 1980 auf einer Touristenreise nach Griechenland. Er stieß erstmals auf Ikonen und war so fasziniert, dass er seither nur noch Bilder dieser Art malt – mit Ausnahme von einigen Miniaturen auf Pergament, die aber auch die gleichen Motive zeigen. Tauc erzählt über diese Schlüsselerfahrung: „Nach Abschluss meines Studiums an der Kunstschule in Prag emigrierte ich nach Schweden, wo ich sechs Jahre lebte. Regelmäßig bin ich nach Griechenland zum heiligen Berg Athos gefahren. Dort habe ich den christlichen Glauben entdeckt und gleichzeitig auch die Ikonenmalerei. Zwar hatte ich bereits vorher Bilder mit biblischen Themen gemalt, als ich jedoch erstmals Ikonen gesehen habe, wusste ich: Das ist mein künstlerischer und mein geistlicher Weg. Später habe ich mich dann in Schweden griechisch-orthodox taufen lassen. In der damaligen Tschechoslowakei, in der ich aufwuchs, war dies nicht möglich.“ In Schweden wurde Tauc zunächst von einem finnischen Ikonenmaler unterrichtet, später folgten Studienreisen in orthodoxe Klöster in Amerika und Griechenland. Seit 1985 lebt er mit seiner Familie in Wiesbaden.

Künstlerisches Schaffen

Inzwischen hat sich Tauc mit vielen wichtigen Aufträgen aus dem In- und Ausland einen Namen gemacht: Altar-Ikonen schuf er für die orthodoxe Kirche im schwedischen Göteborg, arbeitete für Gotteshäuser in der Schweiz, in Afrika und in Litauen und stattete in Deutschland mehrere Kirchen mit Ikonostasen (Bilderwänden) aus. Unter anderem befinden sich seine Ikonen in der griechisch-orthodoxen Gemeinde in Rüsselsheim, in der katholischen Kirche Darmstadt-Wixhausen, im Wormser Dom, in der Kirche St. Andreas in Fulda sowie in der Erzabtei St. Ottilien in Bayern. Arbeiten von seiner Hand wurden auch Papst Johannes Paul II. und dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten George Bush zum Geschenk gemacht. Im Jahr 2003 malte er das Tafelbild der „Gottesmutter von Philermos“, das der Malteser Orden für das 50-jährige Jubiläum des Malteser-Hilfsdienstes in Auftrag gegeben hatte. Es wurde von Joachim Kardinal Meisner im Kölner Dom feierlich geweiht. Sein bisher bedeutendstes Werk jedoch ist das 2,35 mal 1,14 Meter große Tafelbild der hl. Agnes von Böhmen für die Seitenkapelle des St. Veits-Doms in seiner Heimatstadt Prag aus dem Jahr 1999. Das Prager Domkapitel hatte ihm den Auftrag dazu erteilt, da er bereits aus Anlass der Heiligsprechung für die Generalpostulatur des Minoritenordens in Rom ein entsprechendes Werk geschaffen hatte. Im Zusammenhang mit der Erstellung dieser offiziellen Ikone zur Heiligsprechung berichten er und seine Frau Katharina: „Als wir den Auftrag erhielten, erzählte man uns von einer Prophezeiung aus dem 15. Jahrhundert: Wenn Agnes heilig gesprochen werde, bekämen die Tschechen ihre Freiheit. Wenige Tage nach der Heiligsprechung 1989 begann die Revolution.“

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 10/Oktober 2005
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Eucharistische Anbetung im Geist des hl. Petrus Julian Eymard

Zum Abschluss des Eucharistischen Jahres stellt Kaplan Norbert Traub in knapper Form einen großen Lehrer der Eucharistischen Anbetung vor, den hl. Petrus Julian Eymard. Traub lässt den Heiligen selbst zu Wort kommen und vermittelt uns damit einen authentischen Eindruck seiner Spiritualität, die ganz getragen ist von dem Wort Jesu: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast“ (Lk 10,21). Ein wertvoller Impuls für die Gestaltung einer Heiligen Stunde.

Von Norbert Traub

Lebensweg des Heiligen

Einer der großen Heiligen der Eucharistischen Anbetung ist Petrus Julian Eymard.[1] Er wurde 1811 in Frankreich geboren und entwickelte schon von Kindheit an eine außergewöhnliche Liebe zum heiligsten Altarssakrament. 1834 wurde er für die Diözese Grenoble zum Priester geweiht. Doch sollte er nach dem Plan Gottes nicht in der Pfarrseelsorge tätig werden, sondern den Grundstein für ein neues Apostolat der Eucharistischen Anbetung legen. Bei einer Wallfahrt zum Marienheiligtum Unserer lieben Frau von Fouvière erhielt er die Eingebung, eine Ordensgemeinschaft ins Leben zu rufen, die sich ganz der Verehrung der heiligsten Eucharistie hingibt. Nach großen Schwierigkeiten konnte er 1856 die Kongregation der Priester vom heiligsten Altarssakrament gründen, die sog. „Eucharistienerpatres“, wie sie kurz genannt werden. Auch im Zentrum Roms an der Piazza Venezia unterhält die Ordensgemeinschaft eine Kirche, in der die Ewige Anbetung gehalten wird. Im Gebet vor dem Allerheiligsten sollten die Ordensleute ihr Ideal ausformen, das ihnen der Gründer mit auf den Weg gegeben hatte. Es lautet nach den Worten Johannes des Täufers: Christus muss wachsen, ich aber abnehmen. Sein ganzes Apostolat und seine Ordensgemeinschaft stellte der hl. Eymard unter den Schutz der Gottesmutter, die er unter dem Titel „Unsere liebe Frau vom allerheiligsten Sakrament“ anzurufen pflegte. Er starb 1866 und wurde 1962 von Papst Johannes XXIII. heiliggesprochen.

Anregungen zur Gestaltung der Heiligen Stunde

Der hl. Petrus Julian Eymard schlug vor, die Anbetungsstunde in vier Schritte aufzuteilen. Während der einzelnen Viertelstunden soll der eucharistische Herr nacheinander durch Anbetung, Danksagung, Sühne und Bitte geehrt werden.

Erste Viertelstunde: Anbetung

„Betet zuerst einmal Unseren Herrn in seinem göttlichen Sakrament an durch eine würdige äußere Haltung. Kniet gleich nieder, sobald ihr vor Jesus in der anbetungswürdigen Hostie getreten seid. Verbeugt euch in tiefster Ehrfurcht und denkt dabei an die Weisen aus dem Morgenland, die sich niederwarfen und das göttliche Kind, das in armseligen Windeln gewickelt in einer einfachen Krippe lag, anbeteten. Nach diesem Akt der Huldigung betet unseren Herrn durch einen äußeren Akt des Glaubens an. Der Glaube öffnet euch für das Herz Jesu und seine Gnade.

Hierauf opfert euch Jesus Christus mit eurem ganzen Sein auf, schenkt ihm alle Fähigkeiten eurer Seele; opfert ihm euren Verstand, um ihn immer besser zu erkennen; euer Herz, um ihn zu lieben; euren Willen, um ihm zu dienen; euren Leib mit seinen Sinnen, damit jeder Sinn ihn auf seine Weise verherrliche. Opfert ihm eure Gefühle, indem ihr Jesus den Herrn und Gott eures Herzens nennt; euren Willen, dass er kein anderes Gesetz oder anderes Ziel anstrebe als seinen Dienst, seine Liebe und seine Ehre; euer Gedächtnis, um euch stets nur an ihn zu erinnern und so nur aus ihm, durch ihn und für ihn zu leben. Weil eure Anbetung so unvollkommen ist, vereinigt sie mit der Anbetung der heiligsten Jungfrau in Bethlehem, in Nazaret, auf dem Kalvarienberg und später zu Füßen der Hl. Eucharistie; vereinigt sie mit allen gleichzeitig stattfindenden Anbetungen der hl. Kirche und allen frommen Seelen, die Unseren Herrn in diesem Augenblick anbeten, mit dem ganzen himmlischen Hof, der ihn im Himmel verherrlicht. So wird eure Anbetung an der Heiligkeit und der Frucht ihrer Anbetungen teilhaben.“

Zweite Viertelstunde: Danksagung

„Betet an und preist die unendliche Liebe Jesu zu euch in seinem Hl. Sakrament. Dankt ihm für seine Gegenwart im Altarssakrament aus ganzem Herzen und mit all euren Kräften; dankt ihm zusammen mit allen Heiligen. Bewundert die Opfer, die Jesus sich in seinem sakramentalen Zustand auferlegt: er verbirgt seine göttliche und leibliche Herrlichkeit, um euch nicht zu blenden; er verhüllt seine Majestät, damit ihr es wagt, euch ihm zu nähern und mit ihm zu reden wie ein Freund zu seinem Freund; er bindet seine Macht, um euch nicht zu erschrecken oder zu strafen; er zeigt euch im Sakrament nicht seine vollkommenen Tugenden, um nicht eure Schwachheit zu entmutigen; er zügelt sogar die Flamme seines Herzens und seiner Liebe zu euch, weil ihr seine Milde und Kraft nicht ertragen könntet; er lässt euch nur seine Güte schauen, die in den hl. Gestalten aufscheint. Vereinigt eure Danksagung mit jener der heiligsten Jungfrau nach der Menschwerdung und vor allem nach der hl. Kommunion. Mit ihr wiederholt vor Freude und Glück das Magnifikat eurer Dankbarkeit und Liebe; sprecht ohne Unterlass: O Jesus in der Hostie, wie bist du so gut, liebend und liebenswürdig!“

Dritte Viertelstunde: Sühne

„Betet Jesus an und tröstet ihn in seiner Einsamkeit, verlassen von den Menschen in seinem Sakrament der Liebe. Der Mensch hat Zeit für alles, ausgenommen für den Besuch seines Herrn und Gottes, der ihn in seinem Tabernakel sehnsüchtig erwartet. Betet Jesus an und sühnt eine so große Undankbarkeit, soviel Entheiligungen, die in der Welt geschehen. Opfert in dieser Meinung alle Leiden auf, die ihr im Laufe des Tages und während der Woche durchstehen müsst.“

Letzte Viertelstunde: Bitte

„Betet schließlich Unseren Herrn in seinem Sakrament an, indem ihr den himmlischen Vater für euch bittet. Vereinigt eure Bitten mit den Bitten Jesu und erbittet das, was Jesus erbittet. Jesus bittet den Vater, er möge seine Kirche segnen, verteidigen und ermutigen. Betet inständig für die hl. Kirche, die so geprüft und in der Person des Stellvertreters Jesu Christi so verfolgt wird, damit Gott sie befreie von ihren Feinden. Jesus betet unaufhörlich für seine Priester, damit sie von seinem Geist und seinen Tugenden erfüllt seien. Betet innig für euren Bischof. Betet um die Bekehrung der großen Sünder. Betet schließlich auch für euch und eure Familien, dass ihr euch bessert und eurer Leben heiligmäßig verbringt.“

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 10/Oktober 2005
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[1] Literatur: Hl. Petrus Julian Eymard – Die Reale Gegenwart, Bozen 1990. Internet: www.eucharistie.cz

Der „Löwe von Münster“ wird seliggesprochen

Am Sonntag, den 9. Oktober 2005, wird Kardinal Clemens August von Galen (1878-1946), der „Löwe von Münster“, seliggesprochen. Die Feier findet im Petersdom statt und wird von José Kardinal Saraiva Martins, dem Präfekten der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen, geleitet.

Von Erich Maria Fink

Gerade in unserer Zeit, in der die Religion durch den Laizismus an den Rand gedrängt wird und sich eine „Kultur des Todes“ breit macht, kann Kardinal von Galen ein großes Vorbild sein: zum einen durch seine kompromisslose Verteidigung der Freiheit des Gewissens und des Glaubens, zum anderen durch seinen uneingeschränkten Einsatz für eine „Kultur des Lebens“.

Clemens August Graf von Galen (16.3.1878-22.3.1946) wurde im Herbst des Jahres 1933 nach 27 Jahren Seelsorgearbeit zum Bischof von Münster geweiht. Sein bischöflicher Wahlspruch lautete „Nec laudibus – nec timore“ (Weder Lob noch Furcht), den er in seinem ersten Hirtenbrief mit den Worten erklärte: „...Ich will darüber wachen, dass kein Irrtum und keine Irrlehre sich in die Lehre und den Glauben der Münsterischen Kirche einschleiche. Weder Menschenlob noch Menschenfurcht sollen mich daran hindern.“ Er wurde zur führenden Gestalt in der Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche während des Dritten Reichs. Im Sommer 1941 startete er von der Kanzel einen Frontalangriff auf das Regime Hitlers, was in der ganzen Welt Beachtung fand. Aufgrund des Rückhalts in der Bevölkerung aber waren die Nazis machtlos. Die Abrechnung mit dem mutigsten Bischof wurde für die Zeit nach dem Endsieg vorgesehen. Papst Pius XII. sicherte dem Bischof in dieser Zeit seine vollste Unterstützung zu und bezeichnete sein vorbildliches Wirken als großen Trost und Genugtuung. Als Ausdruck seiner Anerkennung berief er ihn am 21. Februar 1946, einen Monat vor seinem Tod, in das Kardinalskollegium.

Das für einen erfolgreichen Seligsprechungsprozess erforderliche Wunder ereignete sich im Fall des Kardinals von Galen in Indonesien: In Atumba/Timor wirkte die Schwester Vianelde Maria Keuß (SSpS). Diese hatte 1991 von Christoph Bernhard Graf von Galen, dem Neffen des Kardinals, ein Bild mit einem Gebetstext von Kardinal von Galen erhalten. Als im Januar 1995 der zwölfjährige Hendrikus Nahak dem Tod nahe war – die Ärzte hatten bereits alle Hoffnung aufgegeben – nahmen der schwer Erkrankte und die Ordensschwester im Gebet Zuflucht zu Kardinal von Galen. Binnen kürzester Zeit war Hendrikus völlig genesen. In einem Brief vom 26. Februar 1995 bestätigte der behandelnde Arzt Dr. Joice Manek die medizinisch unerklärliche Heilung des Jungen. Am gleichen Tag teilte die Ordensschwester in einem Brief an die Äbtissin von Burg Dinklage, Dr. Maire Hickey, den Vorgang mit. Nach den Untersuchungen durch medizinische und theologische Sachverständige bestätigte Papst Johannes Paul II. am 20.12.2004 den Heilungsvorgang als Wunder.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 10/Oktober 2005
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