Bischof Mixa auf Visitation im Ural

Der Augsburger Diözesanbischof Dr. Walter Mixa ist zugleich der höchste Verantwortliche für die katholische Seelsorge in der Bundeswehr. Als Militärbischof war er vor kurzem nach Vilnius und Moskau zu offiziellen Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Kirche eingeladen. In Russland konnten erste Schritte in Richtung eines ernsthaften Austauschs mit Verantwortlichen der orthodoxen Kirche über die Militärseelsorge getan werden. Einen besonderen Abschluss fand diese Dienstreise durch den Besuch der siebenköpfigen Delegation in der Wirkungsstätte von Pfarrer Erich Maria Fink im Westural. Die Leiterin der Pressestelle des Katholischen Militärbischofsamtes, Frau Marlene Beyel, war mit dabei. Nachfolgend schildert sie ihre bewegten Eindrücke.

Von Marlene Beyel

Festliche Begrüßung durch den orthodoxen Bischof

Auf seiner Litauen- und Russlandreise vom 25. Juni bis 2. Juli 2007 besuchte Bischof Dr. Walter Mixa den Augsburger Priester Erich Maria Fink (46), der vor sieben Jahren im Ural in Beresniki eine Gemeinde errichtet hat, um die dort lebenden Russlanddeutschen seelsorgerlich zu begleiten.

Herzlich und freundschaftlich ist die Begegnung zwischen dem Augsburger Bischof und seinem ehemaligen Kaplan Erich Maria am Flughafen in Perm, einer Binnenhafenstadt an der Kama nahe dem Gebirge Ural. Pfarrer Fink hat Bischof Mixa eingeladen, damit sich dieser ein Bild von seiner Missionsarbeit in Russland machen kann. Der agile Priester hat für seinen Bischof ein vielfältiges Programm zusammengestellt: ein Abendessen mit dem orthodoxen Bischof Irinarch in Perm, die Grundsteinlegung der neuen Kirche „Unserer Lieben Frau von Fatima“ in Rjabinino, 130 km nördlich von Beresniki, das 75-jährige Stadtjubiläum mit Kulturprogramm und Begegnung mit dem Bürgermeister und zum Schluss ein Pontifikalamt mit Firmung in seiner Pfarrkirche  „Königin des Friedens“.

Zeugnis für die Würde der Ausgestoßenen

Es ist taghell, als um Mitternacht Pfarrer Fink und seine Gäste in Beresniki, drei Auto-Stunden von Perm entfernt, ankommen. Eine Begrüßungsdelegation steht am Pfarrhaus bereit, um den Bischof zu empfangen. Es sind ehemalige Drogensüchtige und Alkoholabhängige sowie Straßenkinder, denen Erich Maria Fink im Pfarrzentrum ein Zuhause gibt. An eine Nachtruhe ist nicht zu denken. Pfarrer Fink scheint nie müde zu werden und so zeigt er voller Freude und Stolz seinem Bischof die vor drei Jahren erbaute Pfarrkirche „Königin des Friedens“. Fink hat sich in den sieben Jahren seines Russland-Aufenthaltes viel vorgenommen und viel erreicht. Längst sind dieser Ort und das Land zu seiner Heimat geworden. Er lebt mit den Menschen und für diese Menschen. Vielleicht ist dies das Geheimnis seines Erfolgs. Er gibt den gesellschaftlich Ausgestoßenen ihre Würde zurück, indem er sie resozialisiert. Er hat Ackerland gemietet und bestellt mit seinen Mitbewohnern Kartoffel- und Gemüsefelder, zunächst für den Eigenbedarf, eventuell später auch für den Verkauf. Vieles Handwerkliche und Künstlerische in seinem Pfarrzentrum machen die Bewohner in Eigenarbeit.

Grundsteinlegung einer neuen Kirche

Damit ist aber nicht genug. Pfarrer Fink hat ein Grundstück in Rjabinino, 130 km nördlich von Beresniki erworben, wo er eine neue Kirche „Unsere Liebe Frau von Fatima“ baut. Rjabinino ist ein Ort, in dem noch viele Wolgadeutsche leben, die 1941 nach Sibirien in Zwangslager deportiert worden sind. Der Empfang in Rjabinino ist sehr herzlich, voller Respekt vor dem hohen Gast. Bischof Mixa ist dort zur Grundsteinlegung gekommen, feiert mit den Gläubigen aus diesem Anlass einen Festgottesdienst mit Firmspendung. Das Schicksal ist den Wolgadeutschen in ihre Gesichtzüge geschrieben. Tränen rinnen den beiden alten Frauen über die faltigen Wangen, als Bischof Mixa ihnen das Sakrament der Firmung spendet. Menschen, die vom Leben nicht verwöhnt worden sind, erleben dieses Ereignis mit einer ganz anderen Intensität. Irgendwie wollen sie sich für so viel Gutes revanchieren und veranstalteten am Nachmittag ein wunderbares Folkloreprogramm aus eigenen Kräften. Der Zusammenhalt unter den Menschen im Ural scheint größer zu sein, vielleicht weil sie nicht so mit materiellen Gütern ausgestattet sind wie die Menschen im Westen. Leon, ein 84-jähriger Wolgadeutscher, der noch deutsche Gedichte spricht und deutsche Lieder singen kann, ist glücklich, dass Pfarrer Erich alle drei Wochen zu ihnen kommt, um mit ihnen in ihrem Kulturzentrum die heilige Messe zu feiern.

Empfang beim Bürgermeister der Stadt

Erich Maria Fink erfährt viel Unterstützung von seinen Gemeindemitgliedern. Andre und Marina, ein Arztehepaar in Beresniki, beide im Pfarrgemeinderat, helfen wo sie nur können. Beispielhaft ist die Gastfreundschaft in diesem Land. Eine Pilgergruppe aus Süddeutschland, dabei die Mutter von Pfarrer Fink, ist in Privatunterkünften untergebracht, eine Selbstverständlichkeit für die Bewohner. Welch hohen Stellenwert Pfarrer Fink und seine Sozialprojekte haben, zeigt der Kulturabend aus Anlass des 75-jährigen Bestehens der Stadt Beresniki. Die Stadt hat ca. 170.000 Einwohner und ein gewaltiges Potential an Bodenschätzen. Die Hauptbedeutung der Industrie haben die Pottasche- und Magnesiumsalzlager. Das Unternehmen Uralkali hat auch seinen Sitz in Beresniki. Die Gemeinde kann sich beim Kulturprogramm präsentieren. Bischof Mixa ist überwältigt, auch durch das Gespräch mit dem Bürgermeister der Stadt, welchen großen Raum die Pfarrei einnimmt.

Freundschaftlicher Kontakt zu den russisch-orthodoxen Mitbrüdern

In Beresniki wurde auch ein interreligiöser Rat eingerichtet, bei dem sich die verschiedenen Religionsgemeinschaften zusammensetzen und miteinander reden. Pfarrer Fink hat sehr guten Kontakt mit dem orthodoxen Bischof von Perm, Bischof Irinarch, und mit seinen russisch-orthodoxen Mitbrüdern. In Russland sind trotz jahrzehntelanger kommunistischer Herrschaft 80 Prozent der Bevölkerung getauft. Bischof Mixa zitiert eine wissenschaftliche Studie, in der festgestellt worden ist, dass die russische Bevölkerung durch die Ikonen ihre Religiosität besser leben konnten als die Menschen in Ostdeutschland zu Zeiten der DDR. Das gelebte Zeugnis des Glaubens sei wichtig, so der Bischof, dies sehe man ja an Pfarrer Fink, dessen Arbeit durch seine von Gott getragene Liebe zu den Menschen reichhaltig Frucht bringe.

Ulrichsmedaille für Pfarrer Fink

Zum Abschluss seiner Reise feierte Bischof Mixa in der Pfarrkirche „Königin des Friedens“ ein Pontifikalamt mit Firmspendung. Die Gläubigen waren so überwältigt, dass fast alle Gemeindemitglieder sich persönlich von Bischof Mixa segnen ließen.

Bevor der Augsburger Bischof mit seiner Delegation den Heimflug antrat, überreichte er Erich Maria Fink die Ulrichsmedaille für sein beispielhaftes, selbstloses Wirken und für seine in Jesus Christus begründete Liebe zu den Menschen.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 8+9/August+September 2007
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Auf dem Weg zum neuen Gender-Menschen (Teil III)

Im dritten und abschließenden Teil ihres Beitrags geht Gabriele Kuby ganz konkret auf die Bedeutung von „Gender“ ein. Der Großteil unserer Bevölkerung ist sich nicht bewusst, was damit gemeint ist und wie weit diese Ideologie unsere Politik bzw. unser öffentliches Leben bereits beherrscht. „Immer weniger Familie, immer mehr Staat“, so warnt Kuby am Ende des zweiten Teils ihrer Untersuchung: „Der Staat legt die Hand auf die Kinder.“ Gleichzeitig stellt sie als Frage in den Raum: „Eltern, deren ‚natürliches Recht und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht’ die Pflege und Erziehung der Kinder sind (GG Art 6,2) sollte es interessieren, ob die Erziehungsziele des Staates mit ihren eigenen übereinstimmen.“

Von Gabriele Kuby

Welche Erziehungsziele hat der Staat?

Bei der Diskussion um staatliche Kindererziehung, die mit der Krippe beginnen soll, wird die „Professionalität“ der Betreuerinnen stillschweigend als Garant für eine rechte Kindererziehung gesehen. Aber was sind eigentlich die Ziele der staatlichen Erziehung in Krippen und Kindergärten? Es gibt keine „neutrale“ Erziehung, deren Güte am Grad der Qualifikation der Erzieher/innen zu messen wäre. Auch die Ausbildung der Erzieher/innen beruht auf Wertentscheidungen. Wir leben in einer post-christlichen, säkularen Kultur, die sich zunehmend mit heidnischer Spiritualität füllt. Im staatlichen Bildungssystem darf christlicher Glaube nicht mehr vermittelt werden. Vermittelt werden sollen „Werte“. Aber welche Werte?

Gender Mainstreaming: Leitlinie der Politik[1]

Auf der Homepage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung heißt es: „Gleichstellungspolitik mittels der politischen Strategie des Gender Mainstreaming hat die Bundesregierung als durchgängiges Leitprinzip und Querschnittsaufgabe festgelegt. Damit reiht sich die Bundesregierung in die weltweiten Aktivitäten zur wirkungsvolleren Durchsetzung von Gleichstellungspolitik ein."[2] Federführend für die Umgestaltung der Gesellschaft nach den Prinzipien des Gender Mainstreaming ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Schaut man sich auf der Homepage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend um unter den Begriffen „Gleichstellung“, „Gender Mainstreaming“, „GenderkompetenzZentrum“, um herauszufinden, was eigentlich Ziel der Familienministerin ist, so entdeckt man unter scheinbar leeren Phrasen des Rätsels Lösung: Die Geschlechtsdifferenzierung von Mann und Frau und die Heterosexualität als Norm soll aufgehoben werden. Dazu wurde der Begriff „Gender“ erfunden. Diese neue Ideologie wird durch virtuose Beherrschung des politischen Apparats in gesellschaftliche Wirklichkeit verwandelt. Dies gelingt durch Unterlaufen der demokratischen Strukturen ohne jede öffentliche Debatte. Schaltstelle ist die „Interministerielle Arbeitsgruppe Gender Mainstreaming (IMA GM), die dem Bundesfamilienministerium untersteht. Dort werden die Strategien erarbeitet, wie über „Gesetzesfolgenabschätzung“ und „Implementierung in die Arbeit der Bundesregierung“, durch „Gender Budgeting“, das heißt die Umlenkung der Staatsfinanzen, in Zusammenarbeit mit dem vom Familienministerium finanzierten „GenderkompetenzZentrum“ der geschlechtsvariable Mensch geschaffen wird.

Die Sprache ist verräterisch, denn ohne Veränderung der Sprache ist die Veränderung der Gesellschaft nicht möglich. An der Außenseite begegnet man Phrasen, die so nichtssagend sind, dass sie aufhorchen lassen. Dringt man über die Verweise und Links auf der Homepage tiefer in die Brutstätten des neuen Menschen ein, dann stößt man auf Klartext.

www.bmfsfj.de

Die scheinbar leeren Phrasen lauten:

„Mehr Chancen für Frauen und Männer in allen Lebensbereichen.“

Aha! Allen soll es überall besser gehen.

„Kennzeichen unserer modernen Gleichstellungspolitik ist es, bei unseren Maßnahmen die ganze Vielfalt von Frauen- und Männerleben, wie sie sich heute in Deutschland darstellt, zu betrachten.“

„Die ganze Vielfalt?“ Was meint die Ministerin?

„Es geht um gleiche Chancen von Frauen und Männern mit und ohne Kinder, in allen Altersstufen und Lebensphasen ebenso wie in besonderen Lebenssituationen.“

Von Familie keine Rede. Von Kindern keine Rede. Gleiche Chancen für alle überall. Was ist mit „besonderen Lebenssituationen“ gemeint?

„Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer ist heute das zentrale gleichstellungspolitische Anliegen: Ohne eine Aufhebung der geschlechtsspezifischen Verantwortlichkeiten in Familie und Beruf und ohne das Bereitstellen der hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen ist Gleichstellung nicht durchsetzbar.“

Hier nun kommen wir dem Kern der Sache näher: Die Geschlechtsrollen von Mann und Frau sollen aufgehoben werden. Mutter und Vater sind aber geschlechtsspezifische Verantwortlichkeiten. Eine Mutter kann nicht Vater, ein Vater nicht Mutter sein, auch nicht, wenn er zwei Monate lang den Hausmann macht.

„Die Arbeit der Bundesregierung ist durchgängig am Konzept einer Gleichstellungspolitik orientiert, die die Verwirklichung der Gleichberechtigung als prozessorientierte Querschnittsaufgabe betrachtet. Diese Strategie basiert auf der Erkenntnis, dass es angesichts der unterschiedlichen Lebenssituationen von Männern und Frauen keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.“

Früher ging es um „Gleichberechtigung“ der Frauen mit den Männern, jetzt geht es um deren „Gleichstellung“, nämlich um den Prozess der Auflösung der gesellschaftlichen Wirklichkeit, welche die Geschlechtsdifferenz von Mann und Frau spiegelt.

„Gender bezeichnet die gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Geschlechtsrollen von Frauen und Männern. Diese sind – anders als das biologische Geschlecht – erlernt und damit auch veränderbar. Mainstreaming bedeutet, dass eine bestimmte inhaltliche Vorgabe, die bisher nicht das Handeln bestimmt hat, nun zu einem wichtigen Bestandteil bei allen Vorhaben gemacht wird.“

Die Veränderung der geschlechtlichen Identität, die bisher nicht das politische Handeln bestimmt hat, soll nun bei allen Vorhaben realisiert werden.

Beim „GenderkompetenzZentrum“ erfährt man in dem Artikel „Geschlecht als sozial konstruierte Kategorie“, dass das „duale    Ordnungsschema der Zweigeschlechtlichkeit“ überwunden werden muss. Aber was ist der Mensch, wenn er nicht Mann oder Frau ist? Das Familienministerium gibt darauf keine offensichtliche Antwort. Es tauchen Begriffe wie „Trans-Identität“, „Intersexualität“ und „queer“ auf, bei denen sich nur jene winzige Minorität etwas vorstellen kann, die darin befangen ist.

UN – EU – Familienministerium: Alle ziehen an einem Strang

Die EU ist weniger auf Verschleierung bedacht. Sie kämpft für die Gleichstellung, der „lesbian, gay, bisexual and transgender (LTGB) community“.

Die staatlichen Gender-Aktivisten sind über diese Kategorisierung bereits hinaus und arbeiten mit dem neuen Wort „queer“. Solange von Homosexualität geredet wird, gibt es immer noch eine polare Zuordnung zur Heterosexualität. Es soll aber jede Geschlechtsidentität aufgelöst werden. „Queer“ bezeichnet eine „dezidierte Nicht-Identität"[3]

Unter dem Punkt „Implementierung von Gender Mainstraming in die Arbeit der Bundesregierung“ erfährt man, dass die Interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung des Familienministeriums „mit einem hohen Grad an Verbindlichkeit“ arbeitet, um „in mehreren Schritten Gender Mainstreaming als Element einer unbürokratischen, effizienten und zielgerichtet arbeitenden Verwaltung zu etablieren“.

Mit dem Instrument der „Gesetzesfolgenabschätzung“ werden sämtliche Gesetze in „einem sehr frühen Stadium“ auf Gender Mainstreaming getrimmt.

Durch „Gender Budgeting“ „lassen sich … Prioritäten verändert setzen und Mittel umverteilen, um einen geschlechtssensiblen und gerechten Haushalt aufzustellen.“ Gender Budgeting setzt also die Strategie des Gender Mainstreaming im Bereich der Haushaltspolitik um.

Das „GenderkompetenzZentrum“

„Wissenschaftliche“ Zuarbeit leistet das GenderkompetenzZentrum, dessen Errichtung im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen 2002 vereinbart wurde. Es ist an der Juristischen Fakultät der Humboldt Universität bei Professor Baer angesiedelt. Finanziert wird es durch Drittmittel vom Bundesfamilienministerium. Es bildet in einem Magister-Studiengang namens „Gender-Studies“ Gender-Kader aus und „versteht sich als Wissens- und Informations-Drehscheibe zwischen anwendender, forschender und beratender Seite“. „Der Präsident der Humboldt Universität setzt sich für Forschung und Lehre in Geschlechterstudien und die Förderung von Wissenschaftlerinnen aktiv ein.“ (Gender-Studies kann man inzwischen an fast jeder deutschen Hochschule studieren.) Vertreter der Kirchen können sich beim GenderkompetenzZentrum Rat holen, „wie sie ihre Predigten und Andachten in geschlechtssensibler Sprache verfassen können und weshalb das wichtig ist“.

„Diese konzeptionelle Neuausrichtung soll – nicht zuletzt im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 – Erfolgsvoraussetzungen und -strategien anderer Länder, insbesondere der nordischen Staaten, aufnehmen und erkennbare Erfolge in Deutschland ermöglichen.“ (Was das konkret heißt, hat Tina Moll vorgeführt: siehe im zweiten Teil dieses Artikel, veröffentlicht in „Kirche heute“ 7/07, S. 18.)

Als letzte Tat hat der scheidende Generalssekretär der UN, Kofi Annan, einen Bericht mit dem Titel „Delivering As One“ verfasst. Darin setzt er sich dafür ein, „die Förderung der Gender-Gleichheit bei allen UN-Aktivitäten in den Mitgliedstaaten sowie bei der Budgetierung des Haushalts für Entwicklung in den Mittelpunkt zu stellen."[4]

Die neue „Ideologie des Bösen“

Es zeigt sich: Gender Mainstreaming ist das politische Programm zur Aufhebung der Geschlechtsidentität von Mann und Frau. Es ist das Zerstörungsprogramm der Familie. Es ist das Zerstörungsprogramm des Christentums. Es ist das Programm unseres so genannten Familienministeriums. Welch ein Coup, dass eine siebenfache Mutter im Auftrag der Christlich Sozialen Union das Werk der Gender-Revolution entschlossen vorantreibt.

Gender Mainstreaming ist die neue, globale „Ideologie des Bösen“,[5] die von den Macht-Eliten dieser Welt zur sozialen, menschlichen Wirklichkeit gemacht wird. Die Zentrale dieser heimlichen Revolution in unserem Land ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Es geht der Familienministerin nicht um die Schaffung von Bedingungen, unter denen Männer und Frauen Eltern werden wollen und Kinder gute Voraussetzungen für das Heranwachsen haben. Es geht um Social Engineering, um die Schaffung des neuen Menschen. Das Wesensmerkmal des neuen Gender-Menschen ist es, seine geschlechtliche Identität und sein sexuelles Verhalten losgelöst von jeder moralischen Norm „frei“ zu bestimmen und auszuleben – von Kindesbeinen an.

Um den neuen Gender-Menschen zu schaffen, muss man sich der Jugend bemächtigen – so früh wie möglich. Elterngeld und Krippe, welche die Auslieferung der Kinder an den Staat bereits mit einem Jahr forcieren, sind Schritte zu diesem Ziel.

Aber muss der Sozialstaat die Kinderbetreuung nicht übernehmen, wenn die Familien versagen? Bei so vielen kaputten Familien müssen die Kinder doch – so wird argumentiert – schnellstmöglich in die Hand „professioneller“ Fremdbetreuerinnen. Durch die kontinuierliche Verschlechterung der Existenzbedingungen von Familien mittels Steuer- und Sozialgesetzgebung steigt die Zahl der kranken und krank machenden Familien, wie jedes Jugendamt bestätigen kann. Ihnen muss geholfen werden. Aber wenn der Staat wirklich nur dort einspringen wollte, wo Menschen durchs Netz gefallen sind, dann wäre die Zielvorgabe nicht 750 000 Krippenplätze, die angeblich ein Drittel, in Wahrheit aber zwei Drittel aller Kleinkinder mit Krippenplätzen versorgen. Ziel ist vielmehr „die Aufhebung der geschlechtsspezifischen Verantwortlichkeiten in Familie und Beruf“.

Es ist die gleiche Dynamik wie bei der Sicherheit. Weil es Terror gibt und der Staat die Bürger vor Terror schützen muss, werden die Kontrollsysteme über den Einzelnen immer mehr ausgeweitet. Weil es immer mehr kaputte Familien gibt, wird den Eltern das Erziehungsrecht aus der Hand genommen. So rechtfertigt reale Not die Vorbereitung des totalitären Staates.

Staatliche Anleitung zur Sexualisierung von Kleinkindern

Wie wird das Gender Mainstreaming konkret in Kindererziehung umgesetzt? Aufschluss geben die Schriften der „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ (BZgA). Der Bereich Sexualaufklärung untersteht dem Familienministerium, der Rest dem Gesundheitsministerium. Die BZgA verteilt Aufklärungsschriften und Ratgeber millionenfach kostenlos im ganzen Land (über die Homepage mühelos zu bestellen). Der „Ratgeber für Eltern zur kindlichen Sexualerziehung vom 1. bis zum 3. Lebensjahr“ (Bestell-Nr. 13660100) ist eine detaillierte Anweisung zur Sexualisierung von Kleinkindern. Mütter und Väter zögern nämlich noch, „von sich aus das Kind anzuregen, und äußern die Sorge, es könne ‚verdorben‘ oder zu früh ‚aufgeklärt‘ werden … Nach allem, was an Untersuchungen vorliegt, kann diese Sorge als überflüssig zurückgewiesen werden.“ „Das Notwendige [soll] mit dem Angenehmen verbunden [werden]“, „indem das Kind beim Saubermachen gekitzelt, gestreichelt, liebkost, an den verschiedensten Stellen geküsst wird“ (S. 16). „Scheide und vor allem Klitoris erfahren kaum Beachtung durch Benennung und zärtliche Berührung (weder seitens des Vaters noch der Mutter) und erschweren es damit für das Mädchen, Stolz auf seine Geschlechtlichkeit zu entwickeln“ (S. 27). Kindliche Erkundungen der Genitalien Erwachsener können „manchmal Erregungsgefühle bei den Erwachsenen auslösen“ (S. 27). „Es ist ein Zeichen der gesunden Entwicklung Ihres Kindes, wenn es die Möglichkeit, sich selbst Lust und Befriedigung zu verschaffen, ausgiebig nutzt“ (S. 25). Wenn Mädchen (1–3 Jahre!) dabei eher Gegenstände zur Hilfe nehmen, dann soll man das nicht „als Vorwand benutzen, um die Masturbation zu verhindern“ (S. 25). Der Ratgeber fände es „erfreulich, wenn auch Väter, Großmütter, Onkel oder Kinderfrauen einen Blick in diese Informationsschrift werfen würden und sich anregen ließen – fühlen Sie sich bitte alle angesprochen!“ (S. 13).

Im „Ratgeber für Eltern zur kindlichen Sexualentwicklung vom 4.–6. Lebensjahr“ (Bestell-Nr. 13660200) werden die Eltern darüber aufgeklärt, dass „Genitalspiele in diesem Alter Zeichen einer gut verlaufenden psychosexuellen Entwicklung sind“, dass Selbstbefriedigung unterstützt werden soll (S. 21) und alle anderen Formen von sexuellen Spielen, etwa „die Imitation des Geschlechtsaktes“ und „der Wunsch nach Rückzug in Heimlichkeit“.

Weiter geht’s im (Pflicht?)Kindergarten. Hier ein paar Kostproben aus dem Lieder- und Notenheft „Nase, Bauch und Po“ (Bestell-Nr. 13702000):

Wenn ich meinen Körper anschau und berühr, entdeck ich immer mal, was alles an mir eigen ist … Wir haben eine Scheide, denn wir sind ja Mädchen. Sie ist hier unterm Bauch, zwischen meinen Beinen. Sie ist nicht nur zum Pullern da, und wenn ich sie berühr, ja ja, dann kribbelt sie ganz fein.

 „Nein“ kannst du sagen, „Ja“ kannst du sagen, „Halt“ kannst du sagen, oder „Noch mal genau so“, „Das mag ich nicht“, „Das gefällt mir gut.“ „Oho, mach weiter so.“

Verhütungsunterricht

Vom Kindergarten in die Schule, nach Wunsch des Staates in die Ganztagsschule. Wenn die Pornographie noch nicht zu Hause zur Familienunterhaltung[6] gehört hat, dann zeigen sich die Kinder entsprechende Videoclips auf dem Handy. Mit neun Jahren beginnt der Verhütungsunterricht, genannt Sexualkunde, weil sie nun ins Alter kommen, wo die niedlichen Kinderspiele eine höchst unerwünschte Folge haben können: Schwangerschaft. Wie in Ingolstadt geschehen, fährt man die lieben Kinder in Bussen zu Aufklärungsveranstaltungen, wo sie üben, Kondome über Plastikpenisse zu ziehen, um sich so für den „Kondomführerschein“ zu qualifizieren.

Homosexualisierung im Unterricht

Ab zehn Jahren setzen in den Schulen die Werbungs- und Schulungsmaßnahmen zur Homosexualität (lesbisch, schwul, bi und trans) ein,[7] noch nicht überall so krass wie in Berlin, Hamburg und München, aber mit einheitlicher Ausrichtung. Eine „Handreichung für weiterführende Schulen“ des Senats von Berlin zum Thema „Lesbische und schwule Lebensweisen"[8] ist eine ausgefeilte Anleitung zur Homosexualisierung der Schüler, auszuführen in „Biologie, Deutsch, Englisch, Ethik, Geschichte/Sozialkunde, Latein, Psychologie“. Infomaterial, Vernetzung mit der örtlichen Homoszene, Einladung an Vertreter/innen von Lesben und Schwulenprojekten in den Unterricht, Filmveranstaltungen und Studientage zum Thema sollen angeboten und durchgeführt werden. Im Unterricht sollen Rollenspiele stattfinden, etwa:

Du sitzt an der Theke einer Schwulenbar und könntest heute eigentlich einen hübschen Mann in deinem Bett gebrauchen. Ein Neuer betritt den Raum, den du eigentlich ganz schnucklig findest. Wie ergreifst du deine Chance?

Du bist Peter, 29 Jahre. Du willst mit deinem Freund Kemal eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Heute wollt ihr es seiner Mutter erzählen.

Du bist Evelyn Meier, 19 Jahre. Du willst mit deiner Freundin Katrin eine Eingetragene Lebenspartnerschaft schließen. Heute geht ihr zu der evangelischen Pfarrerin, Frau Schulz, weil ihr gerne auch kirchlich heiraten wollt.

Kein Schutz der Verfassungsrechte durch die Gerichte

Ist die Anleitung von Eltern und Erziehern zur sexuellen Stimulation von Kindern durch Schriften der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verfassungskonform? Ist die Verführung der Kinder und Jugendlichen innerhalb des Schulunterrichts zur Homosexualität und Bisexualität und Transsexualität gesetzeskonform? Was hier geschieht, hat mit Freiheit, Toleranz und Antidiskriminierung gar nichts zu tun, sondern es handelt sich um staatlich organisierte sexuelle Verführung von Kindern und Jugendlichen. Moral und Ethik nicht nur des Christentums, sondern aller Religionen, schützen den Menschen davor, sich der eigenen Triebhaftigkeit zu unterwerfen, weil dies den Menschen, die Familie und die Gesellschaft zerstört.

Klagen von Eltern bei deutschen Gerichten gegen den Zwang zur Teilnahme am Sexualkundeunterricht waren durchweg erfolglos – bis in die letzte Instanz. Am 31. Mai 2006 wurde eine Verfassungsbeschwerde gegen den Zwang zur schulischen Sexualerziehung abgewiesen. Es dürfe keine „Parallelgesellschaften“ geben. Was sich in Moscheen abspielt, ist etwas anderes. Homeschooling ist in diesem Land verboten und wird erbarmungslos von den Gerichten verfolgt.

Weg in den Totalitarismus

Sind die 60 Prozent Taufscheinchristen mit der Zwangssexualisierung durch Staat und Medien einverstanden? Sind es die Kirchen? Sind es die Muslime? Ist es denn die Mehrheit der Eltern ohne religiöse Bindung? Gewiss nicht, aber das große Schweigen liegt über dem Land – Merkmal eines prä-totalitären Zustandes der Gesellschaft.

Das ist so schwer zu erkennen, weil die Diktatoren keine Kontur haben. Lauter kleine und größere Rädchen, die aber durch einen einheitlichen Willen geeint sind. In dieser Phase der Vorbereitung des Totalitarismus geht es nicht um die Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen, sondern um das Gewähren grenzenloser Triebbefriedigung als Vehikel zu einem politischen Ziel. Diesen breiten Weg in die Diktatur hat Platon in „Der Staat“ beschrieben. Ein moralisch verwahrloster Mensch kann vom Staat, der ihn dazu verführt, später zu allem gebraucht und missbraucht werden. Er hat keine Kraft und kein Interesse, etwas anderes zu verteidigen, als die Möglichkeiten seiner eigenen Befriedigung.

Gender Mainstreaming ist die Strategie der UN, der EU und der Einzelstaaten, Deutschland an vorderster Front. Die Bevölkerung weiß nichts davon, nicht einmal die intellektuelle Elite akademisch gebildeter Zeitungsleser. In den Medien hört man nur das Herrjemine über die Folgen: Die Leistungen der Kinder fallen ab, sie werden lernresistent, ständiger Krawall im Klassenzimmer und auf dem Pausenhof, Gewalt unter Schülern, Gewalt gegen Lehrer, sexuelle Gewalt unter Minderjährigen.[9] Ach ja, und die Geburtenrate …

Weil Gender Mainstreaming die globale Agenda mit oberster Priorität ist, kann das Problem des Familienzusammenbruchs und der sinkenden Geburtenrate nicht gelöst werden. Es soll offenbar nicht gelöst werden. Fragt sich nur, wer hier eigentlich die Musik spielt, nach der die Politiker tanzen. Die gewollte moralische Verwahrlosung des Volkes ist die Wurzel des Übels. Deswegen ist die einzige Lösung die Umkehr, die Umkehr zu Gott, die Umkehr zu den Geboten Gottes.

Kriminalisierung des Widerstandes

Es sieht so aus, als wären wir schon über die Kuppe des Wasserfalls hinaus. Im Bereich von Politik, Medien und Universität – den Machteliten der Gesellschaft – steht auf Gender-Widerstand Verleumdung, Einflusslosigkeit, berufliche Ausgrenzung, wie ich aus Erfahrung weiß. Buttiglione war der spektakulärste Fall, aber Buttigliones gibt es überall. Meinungsfreiheit existiert nicht mehr in den Mainstream-Medien. Ein neues Schimpfwort wird zu einem juristischen Tatbestand, um den Widerstand zu kriminalisieren: Homophobie. Eine Phobie ist ein krankhafter Angstzustand. Wer also krank ist, sind jene, die daran festhalten, dass die Sexualität nur dann dem Menschen und der Gesellschaft zum Wohl gereicht, wenn sie Ausdruck der Liebesvereinigung von Mann und Frau ist, offen für die Fortpflanzung. „Homophobe“ sollen ebenso kriminalisiert werden wie Rassisten, Antisemiten und Fremdenhasser. Dazu dienen die Antidiskriminierungsgesetzte und die „hate laws“, die in vielen Ländern bereits existieren und um deren Durchsetzung überall gekämpft wird.

Die EU hat es angekündigt mit ihrer Entschließung B6-0025/2006 vom 18. Januar 2006, dass sie Homophobie „ausmerzen“ will. In Polen schreitet sie im Frühjahr 2007 zur Tat. Weil Polen keine „homosexuelle Propaganda in Schulen“ will, soll nach dem Willen der großen Mehrheit des EU-Parlaments (26. April 2007) in Polen eine „fact finding mission“ wegen „zunehmender Tendenz zu rassistischer, fremdenfeindlicher und homophober Intoleranz“ durchgeführt werden, um das Land beim Europäischen Gerichtshof anklagen zu können.

Polen lässt sich davon nicht einschüchtern. Auf dem Weltfamilienkongress in Warschau vom 11.-13. Mai 2007 erklärte Polens Bildungsminister und Vizepräsident, Roman Gierteych, dass Polen dem Druck der EU nicht nachgeben werde, die in allen Mitgliedstaaten das Recht auf Abtreibung und gleichgeschlechtliche „Ehe“ mit Adoptionsrecht durchsetzten will. Polen wolle die Kinder vor homosexueller Propaganda in den Schulen bewahren. Polen werde eine führende Rolle dabei spielen, den demographischen Winter in Europa zu beenden, der durch die sexuelle Freizügigkeit entstanden sei.

Aufwachen! Aufstehen!

Es ist an der Zeit aufzuwachen. Zu lange sind wir auf die ideologischen Phrasen von Freiheit, Toleranz und Antidiskriminierung hereingefallen. Sie dienen der Vorbereitung von Unfreiheit, der Abschaffung der Meinungs- und Religionsfreiheit und der Diskriminierung und Ausgrenzung jeglichen Widerstandes.

Es ist insbesondere für Christen an der Zeit aufzuwachen. Der Angriff richtet sich auf das Fundament des Christentums, nämlich die Ebenbildlichkeit des von Gott geschaffenen Menschen. In dem Maß, in dem Gender zum Mainstream wird, verschwindet das Christentum. Der Prozess ist weit, sehr weit fortgeschritten.

Widerstand leistet die katholische Kirche durch das Lehramt, durch Vertreter des Vatikans in den internationalen Organisationen und durch einige Bischöfe. Deswegen gibt es immer wieder Versuche, den Staat Vatikan aus der UN auszuschließen. Da ein Bischof von säkularen Instanzen nicht seines Amtes enthoben werden kann, bedient man sich anderer Mittel: Angelo Bagnasco, Erzbischof von Genua und Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz, steht seit Anfang April 2007 unter Polizeischutz. Es gab Morddrohungen gegen ihn, weil er sich gegen die Gleichstellung der homosexuellen Lebensgemeinschaft mit der Ehe ausspricht. Ende April fand er in einem Brief einen unmissverständlichen Hinweis: eine Pistolenkugel und sein Foto mit eingeritztem Hakenkreuz.

Die Kirche der westlichen Länder hätte die Organisationsstrukturen, um das Volk aus dem Schlaf zu wecken. Aber dazu muss der Prozess der Umkehr in den eigenen Reihen stattfinden.

Widerstand leistet die „Generation Benedikt“, die bei den Weltjugendtagen medial sichtbar wird – Millionen junger Menschen, die diese Welt zum Guten wenden wollen.

Widerstand leisten evangelikale Christen auf der ganzen Welt.

Widerstand leistet die „World Youth Alliance“, eine weltweit tätige Jugendorganisation mit einer Million Mitgliedern aus allen Kontinenten (www.wya.net). Durch ihre ständige Präsenz in den UN-Konferenzen und EU-Parlamentsdebatten kämpft sie für die Würde der Person, für Freiheit und Gerechtigkeit – die großen europäischen Errungenschaften, die Europa im Begriff ist aufzugeben.

Widerstand leisten alle, die trotz der Bedrängnis Familien gründen und jene Tugenden ausüben und weitergeben, die das Fundament von Familie sind: Treue, Solidarität, Verantwortlichkeit. In Deutschland hat sich das Familiennetzwerk gegründet, um den Familien eine politische Stimme zu geben (s. www.familie-ist-zukunft.de).

Widerstand leistet jeder Mensch, der sich entscheidet, nach den Geboten Gottes zu leben, weil sich nur so seine Sehnsucht nach Liebe erfüllen kann.

Wachen wir auf! Stehen wir auf, damit die „schöne neue Welt“, die Aldous Huxley in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts vorausgesehen hat, nicht Realität wird. Deren Bewohner, von denen keiner „jemals lange warten musste, dass man ihm gewähre, sobald er merkte, dass er begehre“, blicken mit Grausen auf die Zeit zurück, als es noch die „lebendgebärende Mutter“ gab, die ihre eigenen Kinder säugte „wie eine Katze ihre Jungen, aber eine Katze mit Redegabe, eine Katze, die ohne Unterlass: ‚Mein Kleines, mein Süßes‘ sagen konnte."[10]

Die wahre Quelle der Liebe

Unsere Gewissheit ist: Die wahre Quelle der Liebe kann nicht zerstört werden. Gott ist die Liebe, und wer die Tür öffnet, an die Jesus klopft, kann erfahren, dass er ein lebendiger, barmherziger Gott ist. Er hat den Menschen in seinem Ebenbild als Mann und Frau geschaffen, weil er sie zur Liebe berufen hat. Die Rebellion gegen Gott kann nicht radikaler, kann nicht wahnsinniger sein, als wenn der Mensch leugnet, dass er Mann und Frau ist. – Beschleicht jene, die sein wollen wie Gott, indem sie den Menschen nach ihrem eigenen Abbild schaffen wollen, niemals die bange Frage: Und wenn es Gott doch gäbe? Haben alle geirrt, die Gott verherrlicht haben in der Kunst, in Werken der Caritas, die Millionen, die für ihn gestorben sind?

Christen leben aus dem Glauben an den Sieg Christi. Für sie besteht die Aufgabe darin, treu zu bleiben, auch dann, wenn die Treue gefährlich wird. Jesus sagt es voraus: „Und weil die Missachtung von Gottes Gesetz überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten. Wer jedoch bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet“ (Mt 24,12-13).

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 8+9/August+September 2007
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)


[1] Gabriele Kuby: Die Gender Revolution, Relativismus in Aktion, Kisslegg 2006.
[2] Vgl. unter www.bmbf.de/de/532.php.
[3] Ulf Heidel et. al. (Hrsg.): Jenseits der Geschlechtergrenzen, Queerstudies an der Universität Hamburg, 2001.
[4] Friday Fax, 16.11.2006, Nr. 48, Jg. 9.
[5] Joh. Paul II.: Erinnerung und Identität, Kap. 2.
[6] Pornos im Kinderzimmer: Psychologen schlagen Alarm, ARD-Kulturmagazin: Verwahrlost der Sex, verwahrlost auch die Gesellschaft. 06.04.2007.
[7] Am Schulreferat der Stadt München gibt es die „Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen“.
[8] www.berlin.de/imperia/md/content/sen-familie/gleichgeschlechtliche_lebensweisen/lesbische_und_schwule_lebensweisen.pdf
[9] Im Kanton Zürich waren 1999 Minderjährige für 300 Fälle sexueller Gewalt an Gleichaltrigen verantwortlich. NZZ Online, 28.11.2006.
[10] Aldous Huxley: Schöne neue Welt, Kapitel 3.

Liturgie und Gemeinschaft

In seinem weltbekannten Büchlein aus dem Jahr 1918 entfaltete Romano Guardini den „Geist der Liturgie“ in sieben Schritten. Pater Dr. Johannes Nebel FSO stellte diese Einführung in das Wesen der Liturgie im Rahmen des Frühjahrs-Forums von „Kirche heute“ am 28. April 2007 in Wigratzbad vor. Im letzten Heft veröffentlichten wir den ersten Schritt mit dem Thema: „Liturgisches Beten“. Der zweite Gedankenkreis nun, den Guardini in seine Annäherung an den „Geist“ der Liturgie aufnimmt, betrifft die liturgische Gemeinschaftlichkeit. Guardinis Überlegungen sind ein brandaktuelles Korrektiv für den derzeitigen allgemeinen Standard der Pfarrliturgien. Es gilt, wieder in den Vordergrund zu stellen, worin Guardini den Hauptcharakter liturgischer Gemeinschaftlichkeit sieht.

Von Johannes Nebel

Konfrontation mit modernem Individualismus

Guardini geht die Frage der Gemeinschaftlichkeit der Liturgie mit einer Existentialität der Gedankenführung an, die auch heute nichts an Aktualität eingebüßt hat. In der Tat konfrontiert die Liturgie den Individualismus, der in der Moderne und Postmoderne immer mehr die Gesellschaft prägt und immer subtiler die Lebenseinstellung der Menschen ausmacht. Alles Gemeinschaftliche ist daher Auftrag an den einzelnen Menschen, das für eine größere oder kleinere Allgemeinheit Nachvollziehbare vorzuziehen gegenüber den rein individuellen Neigungen und Interessen. Sofern die Gemeinschaft, die hieraus entstehen soll, nur ein Gebilde zweckhafter Nützlichkeit ist, wie dies für Staat und Wirtschaft gilt, wird man in der Regel den Vorrang des Allgemeinwohles vor dem schrankenlosen Individualismus anerkennen. Schwieriger hingegen ist es, wenn es sich um eine innerliche Gemeinschaft handelt, bei der es also auch um Einstellungen, Lebenshaltungen und Ideale geht: Hiervon ist z.B. die Kultur der Familie betroffen.

Liturgie ist zweckfrei

Auch die liturgische Gemeinschaft versteht Guardini als eine solche innerliche Gemeinschaft: Aber im Unterschied etwa zu einem Familienleben, das doch in ein Geflecht an Zielen und Zwecken eingebunden bleibt, ist die Liturgie von ihrem Wesen her zweckfrei: Sie beabsichtigt nicht in erster Linie die Bewirkung eines ganz bestimmten Resultates, sondern sie ist eine Feier oder ein heiliges Spiel. Solange Zielvorgaben und Zweckmäßigkeiten noch bestimmend sind, kann man immerhin miteinander das Für und Wider diskutieren. Fällt dies aber weg, wie im Fall der Liturgie, wird der Verzicht auf die individuelle Neigung gegenüber dem Allgemeinempfinden erst recht zu einem Opfer, und zwar zu einem Opfer, welches einen sehr intimen Bereich des menschlichen Innenlebens berührt, nämlich das Gebet.

Demut als Verzicht auf Persönliches

Daher kommt es, dass gerade in der Liturgie die Konfrontation des neuzeitlichen Individualismus oft hochsensibilisierte Ebenen des Empfindens berührt und auch nicht selten zu Konflikten und Auseinandersetzungen führt. Die Liturgie aber stellt gerade diese Forderung: das individuelle geistliche Leben und Empfinden den allgemeinen und historisch gewachsenen Ausdrucksformen unterzuordnen. Guardini schreibt dazu: „Was hier die Liturgie fordert, ist mit einem Wort zu sagen: Demut. Demut als Verzicht: nämlich die Hingabe der eigenen Selbständigkeit und Selbstherrlichkeit. Und Demut als Leistung: nämlich die Annahme eines dargebotenen, über die Kreise des eigenen Daseins hinausgehenden geistlichen Lebensinhaltes."[1]

Liturgische Gemeinschaft ist kein Sympathiebund

Doch neben der neuzeitlichen Neigung zum Individualismus kennt unsere Zeit auch eine Neigung zu einem Zusammenschluss von Gleichgesinnten, zu Parteiungen, Zweck- und Sympathiebünden, die für den einzelnen große Zugkraft haben mögen. Interessens- und Schicksalsgemeinschaften können unterschiedliche Menschen geradezu zusammenschweißen. In seiner Feinfühligkeit aber hält Guardini hierzu fest, dass liturgische Gemeinschaft hiervon unterschieden bleiben muss: All jenen, die menschliche Gemeinschaft vornehmlich durch gemeinsame Empfindungen, Neigungen und Interessen suchen, „wird die liturgische Gemeinschaft kühl und zurückhaltend erscheinen… Der Einzelne ist wohl Glied des Ganzen, aber nicht nur Glied; er geht im Ganzen nicht auf. Er ist ihm eingefügt, aber so, dass er durchaus bleibt, was er ist, eigenständige, in sich ruhende Persönlichkeit."[2] Hier kommt also für Guardini wiederum die Individualität des einzelnen Menschen zum Tragen.

Zurückhaltung gegenüber allem Zwischenmenschlichen

Sehr zurückhaltend ist die Liturgie daher im Ausdruck rein zwischenmenschlicher Beziehungen. Von der damaligen Liturgie konnte Guardini sagen, dass alles Zwischenmenschliche, sofern es vorkam, rituell ganz genau geordnet war. Wörtlich sagt Guardini: „Niemals ist der Einzelne in eine zu weit gehende unmittelbare Berührung mit dem Andern hereingezogen."[3] – „Die Gemeinsamkeit ist durch ein stets waches Abstandsgefühl, eine wechselseitige Ehrfurcht gemäßigt."[4] Genau in diesem Punkt zeigt sich in unserem nachkonziliaren Ritus freilich eine folgenschwere Änderung im Vergleich zur Tradition: Durch die Möglichkeit für den Zelebranten, schon ganz zu Beginn der Feier sich in persönlichen Worten an die Gottesdienstversammlung zu wenden, sowie durch den rituell nirgendwo geregelten Austausch des Friedensgrußes unter den Gläubigen vor der Kommunion, wie auch – zumindest gemäß dem deutschsprachigen Messbuch – durch das Einräumen freier Worte des Priesters vor dem Friedensgruß wurde die Tür zu einem neuen Ritusverhältnis geöffnet. Darin ist die Gefahr nicht mehr hinreichend gebannt, dass das rein menschliche Angesprochen-Werden und der zwischenmenschliche Affekt die eigentliche Sakralität und Gottesnähe der liturgischen Feier überlagern kann.

Begrenztes freies Ansprechen der Gottesdienstteilnehmer

Dagegen wird heute freilich von pastoraler Seite das teilweise berechtigte Anliegen geltend gemacht, die Kirche befinde sich heute in einem Verhältnis zur Zeit, das es nötig macht, die Menschen konkret anzusprechen und auch in der Liturgie auf menschliche Weise zu treffen. Was jedoch die Kirche in der Liturgie anzubieten hat, ist nicht derart, dass man damit in der mehr oder weniger bürgerlichen Form mitmenschlichen Affektes auf die Menschen zugehen könnte: Das Mysterium, das in der Liturgie gefeiert wird, ist auf dem Weg zwischenmenschlicher Kommunikation nicht vermittelbar. Die frei geübte Mitmenschlichkeit kann nur auf einer äußerlicheren Sphäre die Menschen unserer Zeit einladen, sich dem Mysterium zu öffnen. Man sollte deshalb freilich nicht ins Gegenteil zurückfallen und alles wieder radikal abschaffen. Doch freies Ansprechen der Gottesdienstteilnehmer müsste – von der Predigt nach dem Evangelium einmal abgesehen – wieder deutlich und erkennbar von dem liturgischen Tun als solchem unterschieden und auch getrennt werden. Ein freies einladendes Wort an die Gottesdienstversammlung hat daher innerhalb der Liturgie nur in knappen und disziplinierten Worten einen angemessenen Platz, in größerem Ausmaß aber nur etwa vor dem Einzug des Zelebranten und der übrigen Diener oder im Anschluss an die liturgische Feier.

Gemeinschaftlichkeit als gemeinsame Ausrichtung auf Gott

Was daher Guardini hier zur Gemeinschaftlichkeit sagt, ist ein brandaktuelles Korrektiv für den derzeitigen allgemeinen Standard der Pfarrliturgien, die genau dies in den Hintergrund stellen, worin Guardini zurecht den Hauptcharakter liturgischer Gemeinschaftlichkeit sieht, nämlich in der gemeinsamen Ausrichtung aller auf Gott. Hier erkennt Guardini, wie reich die Liturgie ist, wenn er sagt: „Die Gemeinschaft liegt in Gesinnung, Gedanken und Wort, in der Richtung der Augen und der Herzen auf das gleiche Ziel; besteht darin, dass alle dasselbe glauben, das nämliche Opfer darbringen und das gleiche göttliche Brot essen; darin, dass ein Gott und Herr sie alle zur geheimnisvollen Einheit verbindet. Untereinander aber, als besondere, leibhaftige Persönlichkeiten, greifen sie nicht in die wechselseitigen Innengebiete über."[5]

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 8+9/August+September 2007
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)


[1] Romano Guardini: Vom Geist der Liturgie, 49.
[2] Ebd., 52f.
[3] Ebd., 53.
[4] Ebd., 54.
[5] Ebd., 54.

 

 

Ist muslimisch gleich militant?

An vielen internationalen Konfliktherden stehen sich Angehörige verschiedener Religionen oder Konfessionen feindlich gegenüber. Birgt Religion also Gewaltpotential? Oder, provokanter gesagt: Ist Religion gefährlich? Dieser Frage stellt sich der Europapolitiker Bernd Posselt in seinem neuen Buch mit dem Untertitel „Wahrheit und Terrorismus“.[1] Er kommt zu dem interessanten Ergebnis, dass religiöse Ansprüche immer Sprengkraft und Konfliktpotentiale in sich bergen, dass aber gleichzeitig die unterschiedlichen Kulturen nur in der Religion Motivation und Kraft finden, ein friedliches Miteinander zu gestalten. Wie ausgewogen er insbesondere auf das aktuelle Problem islamistisch begründeter Gewalt eingeht, zeigt der nachfolgende Auszug aus dem vierten seiner acht Beiträge.

Von Bernd Posselt

Fundamentaler Unterschied zwischen Jesus und Mohammed

Zu den fundamentalen Unterschieden zwischen den Stiftern der beiden größten Weltreligionen, Jesus Christus und Mohammed, gehört ihr Verhältnis zur Gewalt. Ersterer predigte nicht nur Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit, sondern lebte sie konsequent. Für die Sünden der Menschen starb er den Opfertod am Kreuz. Die einzige „Gewalttat“, die von ihm berichtet wird, war die Verjagung der Wechsler aus dem Tempel – eine eher harmlose Demonstration gegen die Entweihung einer heiligen Stätte.

Mohammed – als Prophet nach muslimischem Verständnis eigentlich kein Religionsgründer, sondern deren Verkünder – hat ebenfalls große Friedenstaten vollbracht und Friedfertigkeit gepredigt. Er war aber auch ein berühmter Feldherr, ebenso wie die ersten Kalifen, die noch seiner Familie entstammten und sein Eroberungswerk fortsetzten.

Dennoch wäre es zu einfach, den Unterschied zwischen Christen und Muslimen hauptsächlich am Thema Gewalt festzumachen. Zum einen dienten die Eroberungen Mohammeds und seiner unmittelbaren Nachfolger der Ausbreitung des islamischen Staatsgebietes und nicht automatisch der gewaltsamen Durchsetzung des Islam bei den „Ungläubigen“. Vor allem die Buchreligionen wie Christentum und Judentum konnten unter islamischer Herrschaft – trotz mancher Bedrängnis – 1500 Jahre lang überleben und sind in vielen arabischen Ländern sowie in der Türkei erst in der heutigen Zeit existentiell bedroht. Zum anderen kennt nicht nur der Koran, sondern auch die Bibel manche Passage, die sich als Rechtfertigung von Gewalt interpretieren lässt. Die Erinnerung an die christlichen Kreuzzüge gegen die Araber sowie die Zwangsbekehrungen von Muslimen und Juden während der spanischen Reconquista sind heute noch tief ins Bewusstsein der islamischen Welt eingegraben.

Koran als Grundlage friedlichen Zusammenlebens?

Kritiker oder Gegner des Islam arbeiten gerne damit, dass sie Suren aus dem Koran zitieren, die in ihren Augen den Islam an sich als genuin militant brandmarken. Dezidiert friedfertige Aussagen, die sich im Koran ebenfalls finden, werden von ihnen als nachrangig oder gar als Täuschung abgetan. Doch wohin soll eine solche grundsätzliche Verdammung des Koran an sich führen? Kann man die zweitgrößte Weltreligion, der weit über eine Milliarde Menschen anhängt, einfach verbieten und den Koran, der für Muslime das geoffenbarte Wort Gottes ist, einfach umschreiben? Solche Vorstellungen sind schlichtweg absurd, so dass sich nur ein anderer gangbarer Weg bietet:

Das heilige Buch der Muslime kann ebenso wie die Bibel auf eine Weise gedeutet und gelebt werden, die sich als Basis für ein friedliches Zusammenleben der Menschen, Völker und Religionen eignet. Wer dies anstrebt, wird leicht als naiv abgestempelt; aber ist es nicht naiver zu glauben, man könnte die wirkliche oder vermeintliche Gefährlichkeit des anderen mindern, indem man ihm Zitate an den Kopf wirft, die das eigene Misstrauen stützen und den anderen als unglaubwürdig abstempeln sollen? Der Umgang miteinander braucht realistische Grundlagen und darf auch unbequeme Themen nicht aussparen. Wer ihn aber von vornherein mit Angst und Misstrauen überfrachtet, erzeugt oftmals selbst erst die Katastrophe, die er fürchtet.

Überwindung historischer Erinnerungen und Klischees

Was trennt, sind meist nicht so sehr die heiligen Schriften, sondern historische Erinnerungen und Klischees auf beiden Seiten. Im Zeitalter Mohammeds begann Europa gerade, sich von der Völkerwanderung zu erholen und auf der Basis des Christentums zusammenzuwachsen. Das Papsttum Gregors des Großen gab dem Abendland einen Mittelpunkt, und das fränkische Herrschergeschlecht der Merowinger verband sich mit der irischen und angelsächsischen Festlandsmission. Andererseits ging in Spanien das Reich der Westgoten unter, als die adelige Opposition gegen König Roderich die muslimischen Truppen zu ihrer Unterstützung ins Land rief. Das christliche Abendland formierte sich sozusagen unter dem Druck der herandrängenden arabischen Eroberer, die 732 bei Tours und Poitiers zwar von Karl Martell besiegt wurden, aber weiterhin nicht nur in Spanien, sondern eine Zeitlang auch in Südfrankreich Herrschaftsgebiete errichteten.

Leitlinie für die Gegenwart

Der Islamwissenschaftler Bassam Tibi hat mit Recht darauf hingewiesen, dass der eigentliche Urvater Europas und Enkel Karl Martells, Karl der Große, mit zwei verschiedenen Erscheinungsformen des arabischen Islam konfrontiert war: „Er führte gleichermaßen einen Dialog mit dem friedlichen Ost-Islam in Bagdad als auch Krieg gegen den expansiven West-Islam in Cordoba. Diese Dualität war kein Widerspruch, und dieses Erbe bietet eine Leitlinie für die Gegenwart: Dialog mit dem friedlichen Islam, Sicherheitspolitik gegen den aggressiven Islamismus“ (S. 41-43).

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 8+9/August+September 2007
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)


[1] Bernd Posselt: Ist Religion gefährlich? Wahrheit und Terrorismus, kart., 128 S., 128x180 mm, 9,90 Euro (D), ISBN 978-3-936484-95-3.

Einladung des Papstes ins Europaparlament

Professor Hans-Gert Pöttering (CDU) hat Benedikt XVI. zu einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg eingeladen. Damit realisierte er in seinem neuen Amt als EU-Parlamentspräsident einen Wunsch, den er dem Papst bereits am 30. März vergangenen Jahres vorgetragen hatte. Anlässlich ihrer Studientage in Rom waren damals Mitglieder der EVP-ED-Fraktion – der stärksten im Europäischen Parlament – von Benedikt XVI. zu einer Audienz empfangen worden. Als Fraktionsvorsitzender hielt Pöttering vor dem Papst eine Ansprache, in der er die christlichen Grundwerte als Fundament für den europäischen Einigungsprozess hervorhob. Im Mittelpunkt des politischen Programms seiner Fraktion stehe die Würde des Menschen in seiner transzendenten Dimension. Als Anwalt der christlich-jüdischen Werte verteidige die Fraktion die geistig-moralische Dimension der europäischen Einigung. Als sich nun unter der Führung der niederländischen Linksliberalen Sophie in’t Veld Widerstand gegen die Einladung des Papstes erhob, antwortete Bernd Posselt, Europaabgeordneter und außen- und kulturpolitischer Sprecher der CSU im Europäischen Parlament, mit einem offenen Brief, der sehr treffend die Bedeutung eines solchen Papstbesuchs zum Ausdruck bringt.

Von Bernd Posselt

Sehr geehrte Kollegin in ’t Veld,

mit Interesse habe ich Ihre Stellungnahme zur Einladung des Papstes durch das Parlamentspräsidium und die Fraktionsvorsitzenden gelesen. Darin gehen Sie meines Erachtens von drei falschen Voraussetzungen aus:

1. Die große europäische Errungenschaft ist nicht, wie Sie behaupten, die Trennung von Religion und Politik, sondern die Trennung von Kirche und Staat. In der Tat soll sich der Staat nicht in die Angelegenheiten der Kirchen und Religionsgemeinschaften einmischen und umgekehrt die Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht das politische Tagesgeschäft übernehmen. Beide Seiten müssen aber zusammenwirken, um die ethischen und humanitären Fundamente der Gesellschaft zu stärken, denn, wie einer der bedeutendsten Verfassungsrechtler der Gegenwart gesagt hat, „der Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann“.

2. Europa ist nicht irgendeine künstliche Neuerfindung, wie Sie dies zumindest für die Europäische Union postulieren, sondern eine in der Spätantike entstandene kulturelle Identität, die viel älter ist als die Nationalstaaten und nach dem endgültigen Scheitern des nationalstaatlichen Prinzips im II. Weltkrieg als gemeinsame Grundlage der europäischen Völker wieder entdeckt beziehungsweise revitalisiert wurde. Die europäische Identität war es auch, die entscheidend dazu beigetragen hat, den Eisernen Vorhang zu überwinden. Polen oder Tschechen waren zwar von einer fremden Macht unterdrückt, aber jeder wusste, dass sie seit Entstehung ihrer Nationen Europäer waren. Auch heute muss Europa wieder stärker auf seine Identität blicken, denn ein Europa ohne Europäer wäre sinnlos. Der erste deutsche Bundespräsident nach dem II. Weltkrieg, Prof. Theodor Heuss, ein Liberaler, pflegte wiederholt zu sagen, dass Europa auf drei Hügeln ruhe: Akropolis für die griechische Philosophie, Kapitol für das Römische Recht und Golgotha, obwohl es geographisch außerhalb Europas liegt, für das Christentum. Wer offenen Auges unsere europäische Kultur sowie die gewachsenen Strukturen der europäischen Städte und Dörfer betrachtet, weiß, dass Europa ohne Christentum undenkbar ist, auch wenn er selbstverständlich frei ist, etwas anderes oder auch nichts zu glauben. Auch Kommunismus, Sozialismus, Liberalismus, Humanismus oder Aufklärung wären undenkbar, wenn ihnen das Christentum nicht vorausgegangen wäre.

3. Der Papst ist nicht nur der oberste Repräsentant der größten Religionsgemeinschaft der Welt sowie der Kirche, der die große Mehrheit der EU-Bürger angehört, sondern Oberhaupt eines europäischen Staates, der von Anfang an den Friedens- und Versöhnungsgedanken der Europäischen Einigung unterstützt und die Beseitigung des Eisernen Vorhanges vorangetrieben hat. Insbesondere der vorherige und der jetzige Papst haben sich hier mit ihrer großen moralischen Autorität in besonderer Weise engagiert. Deshalb wäre es eine Aufwertung für das Europäische Parlament, wenn Papst Benedikt XVI. – wie eine lange Reihe von Staatsoberhäuptern vor ihm und wie auch seinerzeit Papst Johannes Paul II. – nach Straßburg kommen und vor uns sprechen würde. Er verdient zumindest dieselbe respektvolle Aufnahme wie die anderen Staatsoberhäupter, die wir bisher im Europäischen Parlament empfangen haben.

Diese drei Gesichtspunkte sollten Sie bedenken und sich einfach einmal anhören, was der Papst zu sagen hat.

Mit den herzlichsten Grüßen

Bernd Posselt MdEP

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 8+9/August+September 2007
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)

Wundersames Öl an Myrnas Leib

Seit November 1982 dauern die außergewöhnlichen Ereignisse in Sufanieh/Damaskus an. Bei einer einfachen Mutter von zwei Kindern (geb. 1964), Maria al-Akhras, meist nur Myrna genannt, treten Wundmale, Ölabsonderungen, Ekstasen und Erscheinungen mit Botschaften auf. Begleitet wird die Mystikerin von Msgr. Professor Dr. Adel Theodor Khoury, der an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster doziert hat und von der Echtheit der Vorkommnisse überzeugt ist. Myrna gehört der griechisch-katholischen Kirche an, die sehr eng mit der byzantinischen Tradition der orthodoxen Kirchen verbunden ist. Außerordentliche Phänomene wurden besonders dann beobachtet, wenn der Termin des Osterfestes in der Ost- und in der Westkirche zusammenfiel. Dies geschah auch in diesem Jahr. Für KIRCHE heute haben wir nachfolgend den Bericht eines Augenzeugen zusammengefasst, der das österliche Triduum 2007 in Sufanieh miterlebte.

Von Farid Boulad

Außergewöhnliches Medieninteresse

Wenn das Osterfest bei den Orthodoxen und den Katholiken auf denselben Tag fiel, war in früheren Jahren bereits der Gründonnerstag von außergewöhnlichen Phänomenen wie der Erscheinung von Wundmalen auf Myrnas Leib geprägt. Neben Pilgern aus zahlreichen Ländern waren an diesem Tag auch der kanadische, chilenische und argentinische Botschafter gekommen sowie mehrere Personen, die in der Vertretung der Vereinten Nationen in Syrien arbeiten. Russische Medienleute (NTV) koordinierten ihre Begegnung und ihren Dokumentarfilm mit Gabriel Berberian aus Kanada, mit Libanesen (LBC), mit dem Vertreter einer brasilianischen Fernsehstation und mit dem syrischen Satellitenfernsehen. Als am Gründonnerstag jedoch nichts Außergewöhnliches eintrat, reiste die russische Delegation noch am selben Abend ab.

Vertreter des Bürgermeisters von Kazan

Am Karfreitag begann um 10.30 Uhr der Ritus der Kreuzabnahme Christi, der von den Patres Elias Zahlaoui und Boulos Fadel geleitet wurde. In einer ergreifenden Atmosphäre beteten die Pilger um 15 Uhr den Rosenkranz der Göttlichen Barmherzigkeit.

Danach kam Dimitry Khafizov zu Besuch, ein Vertreter des Bürgermeisters von Kazan, der für religiöse Angelegenheiten zuständig ist. Kazan ist die Hauptstadt von Tatarstan, einem Staatenmitglied der russischen Föderation. Dieser Mann, groß an Leib und Seele, stellte die Geschichte der Ikone von Kazan vor. Aus einer einfachen Nachbildung dieser Ikone war zu Beginn der außerordentlichen Ereignisse in Soufanieh Öl ausgetreten. Eine Stunde lang berichtete er über den Ursprung der Ikone und die Ereignisse, die das Bild der Gottesmutter durch die Jahrhunderte hindurch begleitet hatten. Die Ikone ist einerseits für ihre Wunderheilungen bekannt, andererseits gilt sie als Symbol der Einheit, sowohl zwischen Muslimen und Christen als auch unter Christen, die unterschiedlichen Riten angehören. Die Bevölkerung von Damaskus setzt sich wie die von Kazan aus Muslimen und Christen zusammen. Khafizov kannte Soufanieh bereits und wollte sich über das Wallfahrtswesen an diesem Ort informieren. Ihm ist es ein Anliegen, dass Soufanieh ein vorbildlicher Wallfahrtsort wird, der für alle offen ist.

Nach 18 Uhr forderte Myrna die Leute auf, die Karfreitagsfeier in den Kirchen zu besuchen. Sie selbst ging in die Kirche Unsere Liebe Frau von Damaskus (im Wohnviertel Koussour). Viele folgten ihr in die bis auf den Vorplatz gefüllte Kirche.

„Mein letztes Gebot für euch…“

Die letzte Botschaft Christi vom Karsamstag 2004 („Mein letztes Gebot für euch …“) hatte streng geklungen. Die meisten, die oft nach Soufanieh kommen, fühlten dies vor der diesjährigen Karwoche: Wir sind nicht auf der Höhe dessen, was Christus von uns erwartet. Dieses Gefühl wurde durch das völlige Ausbleiben des hl. Öls während der letzten drei Jahre verstärkt.

Am Karsamstagabend 2007 herrschte eine inbrünstige Gebetsatmosphäre. In den Herzen und Blicken der Pilger war jedoch eine Mischung aus Traurigkeit und einer gewissen Ergebung zu spüren. Alle hatten das Gefühl, dass die Botschaft Christi vom 10. April 2004 wirklich die letzte gewesen war. So würde es nun in Soufanieh auch dieses Jahr nichts Neues mehr geben.

Am Ende der Ostermesse jedoch, die bereits um 18 Uhr gefeiert wurde, erhob sich Maya von ihrem Stuhl, der gegenüber dem Altar stand. Nachdem die Patres Fadel und Besnier den Schlusssegen gegeben hatten, gingen sie zu Myrna, die neben den Patres auf der Seite ihrer Zimmertüre stand. Nach einem kurzen Wortwechsel machte Maya mit aufgeregten Handzeichen darauf aufmerksam, dass aus Myrnas Händen Öl austrat. Es floss so reichlich von ihren Händen, dass es auf den Boden tropfte. Myrna konnte ihre Ergriffenheit nicht verbergen und ging direkt zum Altar, wo sie unter Tränen betete. Auch ihr Gesicht war von Öl überströmt, als sie zu den Pilgern sagte: „Weil ihr Jesus innig liebt, habt ihr ihn dazu gebracht, ein Wunder zu wirken.“

Nach einem Lobpreis sprach sie von neuem zu den Gläubigen: „Die Wundmale sind ein Trost und eine Freude. Und es ist eine große Wunde, wenn es keine Wundmale gibt. Das Fehlen von Botschaften ist auch eine Botschaft. Damit sagt uns Gott: Geht wieder in euch. Prüft euer Gewissen. Setzt in die Tat um, was Ich euch gesagt habe. Ich kann nicht mehr sagen als das.“

Dann segnete Myrna – wie in einer solchen Situation üblich – alle Personen, die im „Haus der Heiligen Jungfrau“ anwesend waren, indem sie mit dem hl. Öl, das sie empfangen hatte, ein Kreuzzeichen auf deren Stirn zeichnete. Das Öl reichte für alle aus. Es kam Freude zusammen mit einer riesigen Erleichterung auf, gefolgt von einer Begeisterung, die der am Anfang der Geschichte von Soufanieh glich. Bis spät in die Nacht hinein blieben Pilger im „Haus der Heiligen Jungfrau“ und dankten Christus innig für das Geschenk seiner Güte und Barmherzigkeit.

Soufanieh ist ein großer Aufruf, den Gott von neuem bekräftigt hat, ein Aufruf zur Versöhnung mit Gott und miteinander, zu mehr Einheit in den Kirchen, zu mehr Liebe und Solidarität unter den Menschen aller Art von Zugehörigkeit.[1]

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 8+9/August+September 2007
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)


[1] Literatur: (1) Adel Th. Khoury: Sufanieh – Eine Botschaft für die Christen in der Welt. 172 S.,  erweit. Aufl. 2006, 14,– Euro; 23,80 CHF; (2) Unsere Liebe Frau von Sufanieh (Damaskus, Syrien), 4-seitiges Gebetsbildchen, 7,5x12,2 cm, 20 Stück: 4,– Euro; 6,– CHF.

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