Die Lübecker Märtyrer

Der deutsche Kirchenhistoriker Dr. Hubert Wolf (geb. 1959), Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Universität Münster, hielt im Rahmen eines Medienempfang des Erzbischofs von Hamburg am 5. September 2007 einen äußerst interessanten und aufschluss-reichen Vortrag über die sog. „Lübecker Märtyrer“. Nachdem Papst Benedikt XVI. am 30. Juni 2010 das Martyrium der drei Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange offiziell anerkannt hat, steht deren Seligsprechung nun nichts mehr im Weg. Der nachfolgende Beitrag gibt die Ausführungen von Prof. Wolf lediglich ein wenig gekürzt wieder.

Von Hubert Wolf

Kontakte zu Bischof Galen

Wie viel Dank ist die Menschheit schuldig diesen Blutzeugen nicht nur des Christenglaubens, sondern auch der Menschenwürde, die sie mit ihrem Blut und Leben verteidigt haben! Denn in dem Augenblick, in welchem menschliche Obrigkeit in ihren Befehlen dem klar erkannten, im eigenen Gewissen bezeugten Willen Gottes widerstreitet, hört sie auf, ,Gottes Dienerin‘ zu sein, zerstört sie ihre eigene Würde, verliert sie ihr Recht zu gebieten, missbraucht sie ihre Macht zu belohnen und zu bestrafen, und versucht sie freventlich, die von Gott gegebene Freiheit der menschlichen Persönlichkeit, das Ebenbild Gottes im Menschen zu erwürgen.“

Diese Worte sind nicht ausdrücklich auf die Lübecker Märtyrer gemünzt. Sie stammen vielmehr aus einer Predigt, die der Münsteraner Bischof Galen am 6. September 1936 in Xanten gehalten hat. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink und die katholischen Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller diese Predigt kannten. Die drei Kapläne hatten in Münster studiert und Karl Friedrich Stellbrink war sogar gebürtiger Münsteraner. Ihre Kontakte zu Bischof Galen sind mehrfach belegt; Kaplan Prassek zum Beispiel hatte auf seinem Schreibtisch das Bild des Bischofs stehen.

Gewissensnöte zahlreicher Katholiken

Es ist aufzuzeigen, vor welchem politischen Hintergrund die Lübecker Märtyrer agierten und an welchen religiösen Leitbildern sie sich orientierten. Das ist unverzichtbar, um ihnen gerecht zu werden: Wer die Lübecker Märtyrer nur an politischen Idealtypen misst oder sie ausschließlich einer der vielen Stufen eines ausgeklügelten Widerstandsbegriffs, wie ihn die moderne Zeitgeschichtsschreibung entwickelt hat, zuordnet, kann ihr Lebenszeugnis nicht angemessen würdigen. Sie zählen nicht zu den Kämpfern eines politisch motivierten Widerstands, noch weniger waren sie „Antifaschisten“ in der Definition des DDR-Regimes. Wer sie als solche vereinnahmen will, muss die Geschichte zurechtbiegen und die Persönlichkeit der Lübecker verzerrt darstellen. Beides ist immer wieder geschehen und hat zu entsprechend heftigen Gegenreaktionen geführt: Dann wurde Stellbrink, Prassek, Lange und Müller gleich jede Bedeutung abgesprochen, eine angestrebte Seligsprechung gar als lächerlich oder zumindest überflüssig hingestellt.

Aber kommen wir zunächst noch einmal auf die Predigt Galens zurück. Anlass war die „Viktorstracht“; eine feierliche Prozession mit dem Schrein des heiligen Viktor, eines antiken Märtyrers und Schutzheiligen der Stadt, die 1936 nach über 50 Jahren erstmals wieder stattfand und an der mehr als 25.000 Menschen teilnahmen. Galen nutzte die Gelegenheit, um grundsätzlich über Martyrium und Gehorsamspflicht der Christen zu sprechen. Er zitierte dabei zunächst den Römerbrief: „Jedermann sei untertan der obrigkeitlichen Gewalt. Denn es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott stammt.“ Doch er verwies auch auf die Apostelgeschichte: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“

Diese beiden Bibelzitate markieren das Spannungsfeld, in dem sich viele Katholiken in der Zeit des Dritten Reiches bewegten: Einerseits wurde der grundsätzliche Unrechts-Charakter des Nazi-Regimes immer deutlicher, wodurch zahlreiche Katholiken in arge Gewissensnöte gerieten. „Lieber sterben als sündigen!“, war die Parole, die Galen ausgab. Andererseits wehrten sich viele Katholiken entschieden dagegen, als „romhörige Ultramontane“ aus der Nation oder der Volksgemeinschaft herausdefiniert zu werden. Sie wollten sich als gute Deutsche beweisen und treu ihre Pflichten erfüllen – auch als Soldaten im Krieg, das war selbstverständlich.

Haltung der Bischöfe

Während die grundsätzliche Loyalität der Katholiken zum Deutschen Reich als solchem nie infrage stand, war die Position der katholischen Kirche zum Nationalsozialismus doch durch einige grundlegende Umbrüche gekennzeichnet. Vor 1933 war Katholiken die Mitgliedschaft in der NSDAP prinzipiell verboten. Als Hitler jedoch zum Reichskanzler ernannt worden war und damit die vermeintlich gottgewollte Obrigkeit repräsentierte, schwenkten die Bischöfe um. Die früheren „Verbote und Warnungen“ wurden „nicht mehr als notwendig betrachtet“. Doch die Hoffnungen auf ein gutes Auskommen mit dem Nationalsozialismus erwiesen sich bald als Illusion, die Konflikte spitzten sich immer weiter zu. Die deutschen Bischöfe zögerten jedoch, Klerus und Volk zum Widerstand aufzurufen. Im August 1935 ermahnten sie die Pfarrer sogar nachdrücklich, „auf der Kanzel, in der Schule und im Privatgespräch alle politischen Auseinandersetzungen und Anspielungen zu meiden“. Nicht selten wurde entschiedener Protest als leichtsinnige Dummheit abgetan. Etliche Priester und Laien, die unter den Verfolgungen des Regimes besonders zu leiden hatten, sahen sich von zurückhaltend agierenden Bischöfen alleingelassen. In einer Denkschrift, die Ludwig Wolker den Bischöfen vorlegte, hieß es: „Das ist es, was unter allen Umständen vermieden werden muß ...: Das Martyrium ohne Auftrag.“ Allerdings ist zu unterstreichen, dass sich die katholische Kirche – anders als die Protestanten – nie öffentlich von Mitgliedern distanziert hat, die wegen ihrer Haltung zum Nationalsozialismus verfolgt wurden. „Brückenbauer“ und „braune“ Pfarrer gab es im Katholizismus kaum.

Spaltung in den protestantischen Kirchen

Anders in den protestantischen Kirchen. Hier kam es zu einer Spaltung in die nationalsozialistische Glaubensbewegung der Deutschen Christen und die Bekennende Kirche. Die Deutschen Christen verfochten eine nach dem Führerprinzip organisierte Reichskirche, die Übernahme der nationalsozialistischen Rassenlehre, die Streichung des Alten Testaments aus der Bibel und die Entlassung von „Pfarrern artfremden Blutes“. Doch auch die Gegner einer Politisierung der Religion im Allgemeinen und des Arierparagraphen für Pfarrer im Speziellen formierten sich: Innerhalb eines halben Jahres traten dem so genannten Pfarrernotbund, aus dem bald die Bekennende Kirche hervorgehen sollte, fast 50 Prozent der evangelischen Pfarrer bei. Es folgten langwierige Auseinandersetzungen innerhalb der evangelischen Kirche. Aber auch die meisten Mitglieder der Bekennenden Kirche sahen sich nicht in grundsätzlicher Opposition zum nationalsozialistischen Staat, sondern legten großen Wert auf ihre nationale Gesinnung. Der so genannte Kirchenkampf war somit in erster Linie ein Kampf in den protestantischen Kirchen und um die protestantische Kirche, kein Kampf der Bekennenden Kirche gegen die NS-Ideologie.

 Allerdings gedenkt auch die evangelische Kirche, die keine Heiligsprechung kennt und die katholische Heiligenverehrung ablehnt, durchaus ihrer eigenen Märtyrer, namentlich während der NS-Zeit. Als der Bruderrat der Evangelischen Kirche in Deutschland 1949 ein „Märtyrerbuch“ herausgab, das die ermordeten und in den Konzentrationslagern umgekommenen Mitglieder der Bekennenden Kirche aufführte, fehlte der Name Friedrich Stellbrinks. Denn dieser gehörte weder der Bekennenden Kirche noch den Deutschen Christen an, sondern dem „Bund für Deutsche Kirche“, einer kleineren, nationalistisch eingestellten evangelischen Bruderschaft, aus der er 1937 allerdings wieder austrat. Friedrich Stellbrink war nach einigen Jahren als Seelsorger für deutsche Siedler in Brasilien 1929 als glühender Nationalist nach Deutschland zurückgekehrt, wo er sehr bald in die NSDAP eintrat. Unter der linksgerichteten Landes- und Kirchenregierung Thüringens war er sogar als „Nazipastor“ verschrien. Nach 1933 distanzierte er sich allerdings bald von den neuen Machthabern, wurde 1936 aus der NSDAP ausgeschlossen. Da er sich weder mit den Deutschen Christen noch mit der ihm zu dogmatischen Bekennenden Kirche anfreunden konnte, saß er zwischen allen Stühlen.

Verurteilung zum Tod wegen Hochverrats

Mit den drei katholischen Kaplänen freundete sich Stellbrink hingegen schnell an, nachdem er Prassek 1941 eher zufällig kennen gelernt hatte. Nach einem schweren Bombenangriff auf Lübeck in der Nacht zum Palmsonntag (vom 28. auf den 29. März) 1942 wurde dem evangelischen Pfarrer eine Predigt zum Verhängnis, in der er ausführte, dass „Gott in diesem Feuerhagel mit mächtiger Stimme geredet“ habe. Die Gestapo, die schon länger einen Spitzel auf die Kapläne angesetzt hatte, verhaftete jetzt nach und nach den evangelischen Pastor und die drei katholischen Kapläne, aber auch 18 Laien. Man warf ihnen vor, ausländische Radiosender gehört, gegen den Nationalsozialismus gerichtete Schriften verteilt und damit „defaitistische Strömungen gestärkt“ sowie den Hass auf den Nationalsozialismus geschürt zu haben. Bei den Durchsuchungen fand die Gestapo unter anderem Abzüge der Predigten von Galens.

Im Juni 1943 wurden der Pastor und die drei Kapläne zum Tode wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und Rundfunkverbrechens“ verurteilt.  Hingerichtet wurden sie ein halbes Jahr später, am 10. November 1943 in Hamburg-Holstenglacis, und zwar mit dem Fallbeil – „enthauptet“, wie es, vermutlich mit Blick auf das Vorbild der antiken Märtyrer, in der Literatur häufig heißt.

Ideal des christlichen Martyriums

Eben dieses Ideal des Martyriums dürfte dem evangelischen Pfarrer und den drei katholischen Kaplänen angesichts ihres eigenen Schicksals durchaus vor Augen gestanden haben. Durch ihr bloßes Christsein und ihre Verkündigung wurden sie zum Anstoß und kamen zwischen die Mühlsteine der Mächtigen. „Martyria“ heißt ja zunächst einmal nichts anderes als „Zeugnis geben für Christus“, sei es gelegen oder ungelegen, mit allen Konsequenzen für den Zeugen. Der Tod für die Sache Jesu wird dabei nicht bewusst und gezielt angestrebt, er kann aber in der letzten Folge des Zeugnisgebens für Christus liegen. Nicht umsonst zählt die Martyria neben Liturgia, Diakonia und Koinonia, also dem Gottesdienst, dem Dienst am Menschen und der Gemeinschaft, zu den identitätsstiftenden Grundvollzügen kirchlichen Lebens. Gerade in der Konfrontation mit einem totalitären System wie dem Nationalsozialismus, der sich nicht nur als politische Partei sondern zugleich als politische Religion verstand, der das Christentum überwinden und ablösen wollte, ist in kirchgeschichtlicher Perspektive die Kategorie des Zeugnisses für das Handeln von Christinnen und Christen adäquater als der Begriff Widerstand. So hat beispielsweise Heinz Hürten mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich bei der Martyria um eine in der kirchlichen Tradition „vorgegebene Norm christlichen Verhaltens gegenüber einem unrecht handelnden Staat, offenes Bekenntnis zu Christus und geduldige Hinnahme der um seinetwillen erlittenen Schmach“ handelt.

Einer, der Zeugnis gibt für Christus, ein „Märtyrer“, ist kein Widerstandskämpfer im politischen Sinne. Er zeichnet sich eher durch passive Tugenden, eher durch Erleiden als durch Umsturzpläne und politische Konspirationen aus. „Amboss, nicht Hammer“ seien die Christen, erklärte Galen 1941 in einer seiner berühmten Predigten. Christen wehren sich nicht gewaltsam, nehmen die Waffe nicht in die Hand, sondern ertragen die Schläge. „Die Spiritualität des Martyriums ist nicht zuerst die Suche nach der eigenen Vervollkommnung oder eine persönliche Leistung, sondern die stellvertretende Ausprägung des gekreuzigten Christus am eigenen Leib.“ Diesem Ideal wurden auch die Lübecker Märtyrer gerecht. „Wenn sie mich holen, tun sie nur das, worauf ich lange warte“; erklärte Prassek besorgten Gemeindemitgliedern. Und das Ende seines Prozesses kommentierte er mit den Worten: „Gott sei Dank, dass dieser Quatsch vorbei ist!“ In den Abschiedsbriefen wird eine erstaunliche Gelassenheit und Zuversicht angesichts des Todes deutlich. „Wenn ihr mich fragt, wie mir zumute ist, kann ich Euch nur antworten: ich bin 1. froh bewegt, 2. voll großer Spannung!“, schrieb Lange in dem Brief an seine Eltern, den Thomas Mann als „das schönste Zeugnis für die Gabe christkatholischen Glaubens“ bezeichnete.

Zeugnis der katholischen Kleriker

In der nationalsozialistischen Wahrnehmung zählten die katholischen Geistlichen neben Juden, Kommunisten und Freimaurern zu den wichtigsten „Staats- und Volksfeinden“. Die Zahl der vom Regime verfolgten Priester ist beeindruckend hoch: Von 43.000 Welt- und Ordensgeistlichen gerieten 11.500 mit Staats- oder Parteistellen in Konflikt, unter den Ordensmitgliedern jeder zehnte, unter den Weltpriestern mehr als jeder Dritte. Insgesamt 848 Mal verurteilten Gerichte katholische Geistliche zu Gefängnisstrafen, 1.183 Freiheitsstrafen verhängte die Gestapo, 417 deutsche Kleriker wurden in ein Konzentrationslager eingeliefert, zumeist nach Dachau, 109 von ihnen kamen dort ums Leben. 74 weitere Priester wurden hingerichtet oder ermordet.

Die regelmäßigen Versuche der kirchlichen Obrigkeit, zugunsten der verfolgten Pfarrer bei Staats- und Parteistellen zu intervenieren, blieben meistens ohne Erfolg. So auch im Fall der Lübecker: Der zuständige Osnabrücker Bischof Berning ließ seine Kapläne nicht im Stich. Auf mehreren Ebenen versuchte er eine Begnadigung zu erreichen. Ohne Erfolg: Am 5. Juli besuchte er die Kapläne im Untersuchungsgefängnis und verfasste anschließend einen Brief an Langes Eltern. Der Bischof berichtete: „Die Stunde, die ich bei meinen drei Priestersöhnen zubrachte, war eine der größten und ergreifendsten in meinem Bischofsleben. Die Stunde werde ich nie vergessen. Ich bete mit meinem ganzen Klerus weiter für die drei lieben Mitbrüder, ich bete auch für Sie, dass Sie so standhaft und gottergeben sein mögen wie ihr Sohn.“

Auch Bischof von Galen antwortete am 5. August 1942 auf eine Mitteilung Langes mit den Worten: „Ich kann es gut mitempfinden, welche Sorge Sie bedrückt, da nicht wenigen meiner mir so nahe stehenden Priester ein ähnliches Los zuteil geworden ist. Und da ich denselben nicht helfen kann! … So schwer es werden mag: Wir wollen nicht vergessen, dass unser Heiland seinen Jüngern vorausgesagt hat, dass sie in der Welt Verfolgung leiden, und dass es das Zeichen der Auserwählung ist, wenn die Welt uns hasst. Und dass allen, die um der Gerechtigkeit willen Verfolgung leiden, das Wort gilt: Freut euch und frohlocket, denn euer Lohn ist groß im Himmel.“

Am 21. Oktober lehnte der Reichsjustizminister Thierack das Gnadengesuch Bernings endgültig ab, nachdem zwei Monate zuvor eine neue Verordnung Begnadigungen erschwert hatte. Noch fünf Tage vor der Hinrichtung beauftragte Kardinalstaatssekretär Luigi Maglione den Berliner Nunitus Cesare Orsenigo, sich für eine „Suspendierung“ der gegen die drei katholischen Geistlichen verhängten Todesurteile einzusetzen. Vielleicht tauchen im Rahmen des Seligsprechungsprozesses im Vatikanischen Geheimarchiv ja noch neue Dokumente dazu auf?

Schicksal des evangelischen Pastors Stellbrink

Während sich Berning und Galen für die katholischen Kapläne einsetzten, hatte Stellbrink von seinem Bischof, einem Mitglied der NSDAP, keine Hilfe zu erwarten. Im Gegenteil: Er wurde zunächst vorläufig und nach der Verurteilung endgültig seines Amtes enthoben, seine Angehörigen verloren alle Versorgungsansprüche. Immerhin wandte sich die Lübecker Pastorenschaften am 9. Juli 1943 mit einem Gnadengesuch „um der Familie des Verurteilten wegen“ an den Reichsminister der Justiz. Die Pastoren machen an die Ideologie der Machthaber erhebliche Zugeständnisse: Das Vergehen ihres ehemaligen Amtsbruders verurteilen sie „auf’s Schärfste“, Stellbrink habe sich aber „für deutsche Art und deutsches Volkstum mit allen seinen Kräften eingesetzt“, bevor er „auf die Bahn des Verbrechens gegen das Volk geraten“ sei. Sie verwiesen auf ein psychologisches Gutachten, dass Stellbrink angeblich „an der Grenze eines Wahns“ einordnete.

Es deutet einiges darauf hin, dass Stellbrink kein ganz einfacher Mensch war, sondern ein leidenschaftlich, ja fast fanatischer Wahrheits- und Gerechtigkeitssucher. Aber das erklärt noch nicht, warum sich die evangelische Kirche noch nach 1945 sehr schwer mit ihm tat. 1948 fragte Pfarrer Wilhelm Niemöller, ein Bruder Martin Niemöllers, Bischof Johannes Pautke, ob Stellbrink unter die Blutzeugen zu rechnen sei. Der Bischof erwiderte, das sei nicht leicht zu entscheiden. Stellbrink habe eher einen „politischen Kampf gegen das Dritte Reich“ geführt und dabei eine „unvorstellbare psychopathische Unvorsichtigkeit, ja Torheit“ an den Tag gelegt. Erst 1993 rehabilitierte die Kirchenleitung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche den Pfarrer.

Die Lübecker Märtyrer als Vorbilder

Stellbrink starb im Alter von 49 Jahren, die drei Kapläne der Lübecker Herz-Jesu-Kirche waren erst Anfang 30. Ihre Charaktere werden sehr unterschiedlich gezeichnet. Johannes Prassek galt als ungestümer, mitreißender Mensch, als stadtbekannter Charismatiker, dem Kritiker seine zu große, unvorsichtige Offenheit und seine menschliche Unmittelbarkeit zum Vorwurf machten. Hermann Lange hingegen war ein ruhiger, nachdenklicher Mensch, ein intellektueller „Bücherwurm“. Eduard Müller wiederum war ein zupackender Handwerker aus Neumünster, ein Spätberufener, dessen Priesterausbildung am Seminar in Driburg vor allem durch Spenden finanziert wurde, was ihm offenbar immer ein wenig peinlich war. Den Gemeindemitgliedern blieb Müller als ein durchschnittlich begabter, aber eifriger und beliebter Priester mit einem Sinn für die Alltagsprobleme der Menschen in Erinnerung.

Was ergibt sich nun aus all diesen kirchenhistorischen Bemühungen um eine sachgerechte Einordnung der Kapläne Prassek, Lange und Müller? Soll man sie nun zur Ehre der Altäre erheben oder wäre es nicht angemessener, angesichts des offenkundigen Fehlens von aufsehenerregenden Aktionen gegen das NS-Regime die Finger von einem Seligsprechungsverfahren zu lassen? Braucht wirklich jede deutsche Diözese ihren Seligen aus der Zeit des Nationalsozialismus? Geht es hier wirklich nur um die amtliche „Feststellung des Tugendgrades eines Dieners Christi“ oder sucht man schlicht eine Möglichkeit, um vom Versagen von Kirche und Gläubigen im Kontext der systematischen Ermordung von mehr als sechs Millionen Juden während des Dritten Reiches abzulenken? Braucht Hamburg die Lübecker Märtyrer, weil Rottenburg seinen Bischof Sproll selig gesprochen haben will, wie Münster es für Bischof Galen schon erreicht hat?

Vielleicht sollte man sich die Unterschiede zwischen einer Selig- und einer Heiligsprechung bewusst machen. Nach dem derzeit geltenden Kirchenrecht wird bei einer Heiligsprechung allen Gläubigen auf der ganzen Welt die gelungene Nachfolge „eines Dieners Christi“ als leuchtendes Beispiel vor Augen geführt. Bei einem Seligsprechungsverfahren hingegen geht es nur um die Erlaubnis zur Verehrung einer bestimmten Person in einer bestimmten Ortskirche, also einer Diözese oder Kirchenprovinz. Der Selige soll zur Identitätsstiftung einer Teilkirche, nicht der ganzen Weltkirche beitragen.

Wenn die Hamburger Kirche ein Seligsprechungsverfahren nach dem Buchstaben des Kirchenrechts anstrebt, muss sie sich die Frage stellen, was die Lübecker Märtyrer aus der Masse der Opfer des Nationalsozialismus hervorhebt, was sie so einmalig und unverwechselbar macht, dass sie es verdienen, zu den Ehren der Altäre erhoben zu werden. Ein „Alleinstellungsmerkmal“ lässt sich für die drei Kapläne nicht finden. Vielmehr teilen sie das Schicksal einer ganzen Generation von Priestern, auch wenn nicht alle ihr Zeugnis für Christus mit dem Leben bezahlen mussten. Die Lübecker Märtyrer waren keine Menschen ohne Fehl und Tadel, sie konnten nicht alle Grenzen überwinden, die ihre Zeit, ihre Gesellschaft, ihre Veranlagung, ihre Erziehung und ihre Kirche ihnen setzten. Aber müssen Selige als Vorbilder im Glauben das eigentlich können? Denn wie sollte das exemplarische und vorbildhafte ihres Zeugnisses für uns „Otto-Normal-Christen“ wirksam werden können, wenn sie schon zu Lebzeiten in dermaßen himmlischen Höhen geschwebt hätten, dass sie für uns unerreichbar wären? Nur wenn man diese Frage verneint und sich gleichzeitig von jeder vollmundigen Widerstandrhetorik verabschiedet, kommt ein Seligsprechungsverfahren aus kirchenhistorischer Sicht überhaupt infrage. Dann geht es einfach um die christliche Grundkategorie des Zeugnisses, der Martyria, das im Extremfall bis zum Martyrium im heutigen Wortsinn führen kann. Das Zeugnis der Lübecker war nicht so spektakulär und wirkungsmächtig wie die Predigten eines Galen oder der Attentatsversuch eines Stauffenberg. Es war nicht die große Geste eines Widerstands im engeren, politischen Sinne. Aber nicht umsonst steht im Ersten Korintherbrief: „Das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen“ (1 Kor 1, 27). Die Lübecker Märtyrer gerieten in die Mühlen der Mächtigen, weil sie so waren, wie sie waren, und durch ihr bloßes Dasein als Christen in einem totalitären System Anstoß erregten. Weil sie in der Bedrängnis gleichgesinnte Christen suchten und fanden auch über Konfessionsgrenzen hinweg, was damals keineswegs selbstverständlich war und in der Urteilsbegründung eigens hervorgehoben wurde. Die Lübecker wurden, um die eingangs zitierten Worte Galens wieder aufzugreifen, zu „Blutzeugen nicht nur des Christenglaubens, sondern auch der Menschenwürde“. Spätestens als die Nationalsozialisten daraufhin mit aller Härte gegen sie vorgingen, wurde vielleicht die Schwäche, auf jeden Fall aber die Schande der vermeintlich Starken offenbar.

Kurzportraits der Märtyrer: 

Hermann Lange, der in gutbürgerlichen Verhältnissen aufwuchs (geb. am 16.4.1912 in Leer), war der Intellektuelle im Bunde der drei Kapläne und überzeugte durch seine anspruchsvollen Predigten. Er vervielfältigte und verteilte Flugblätter und NS-kritische Schriften, u.a. die Predigten von Galens.

Eduard Müller (geb. am 20.8.1911 in Neumünster) kam aus armen Verhältnissen und lernte Tischler. Sein Studium wurde schließlich durch Spenden finanziert. Der beliebte Seelsorger hatte kei­ne politischen Ambitionen, war sich aber im Klaren, dass Nationalsozialismus und Christentum unvereinbar waren.

Johannes Prassek gilt als Kopf der drei Lübecker Kapläne (geb. am 13.8.1911 in HH-Barmbek). Kennzeichnend für den großen und asketischen Mann war seine vertrauensvolle Hinwendung zu den Menschen. Als Prediger vertrat er offen seine Meinung und scheute keine Kritik an der NS-Ideologie.

Junger Blutzeuge aus Slowenien

Am Sonntag, den 13. Juni 2010, wurde in der slowenischen Stadt Celje von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone SDB der junge Blutzeuge Lojze (Alois) Grozde (27.5.1923 - 1.1.1943) seliggesprochen. Sein Martyrium war von den slowenischen Medien bis heute fast völlig verschwiegen worden. Nun feierte Lojze Grozde seinen öffentlichen Triumph. Im Rahmen eines nationalen Eucharistischen Kongresses fand mit 30.000 Gläubigen und 750 Priestern aus dem In- und Ausland im Fußballstadion von Celje die Seligsprechung statt. Bertone bezeichnete ihn als Vorbild für ein Leben aus der Eucharistie, die angesichts gewalttätiger Verfolgung eine Quelle „des Trostes, der Kraft und der Unterstützung“ geworden sei. Msgr. Prof. Dr. Anton Štrukelj (geb. 1952) stellt den neuen Seligen vor und geht besonders auf eine Schilderung des grauenvollen Martyriums ein, die auf authentischen Protokollen beruht.

Von Anton Štrukelj

Meilensteine seines Lebens

Der junge Märtyrer Lojze (Alois) Grozde wurde am 27. Mai 1923 in Vodale in Slowenien geboren. Als unehelicher Sohn wurde er von seiner Mutter verstoßen und wuchs ohne die Atmosphäre familiärer Liebe bei einer Tante auf. Mit seinem Schicksal hadernd zog er sich als Kind in die Einsamkeit der Wälder zurück und wurde Hirte.

Mit dem Eintritt in die Schule blühte er jedoch auf. Es zeigte sich seine außerordentliche Begabung, die er mit einem leidenschaftlichen Interesse für Bücher verband. Schon früh entwickelte er ein Talent für Poesie. Er begann zu dichten, war hilfsbereit und fromm. Immer wieder taucht in den Gedichten die Vorahnung seines frühen Todes auf. In einem Sonett sieht er die Muttergottes, wie sie ihm eine „Lilie“ (der Jungfräulichkeit) und ein „Schwert“ (des Martyriums) entgegenhält. Die „heilige Eucharistie“ nannte er „die Sonne meines Lebens“. Während seines Studiums in Ljubljana nahm er 1935 am Eucharistischen Weltkongress teil, der für ihn zu einem einschneidenden Erlebnis wurde. – Als Mitglied der Katholischen Aktion und später als Vorstand der Marianischen Kongregation übernahm er apostolische Verantwortung und wirkte vor allem durch sein ausstrahlendes Vorbild. Er führte ein tiefes Gebetsleben und empfing täglich die hl. Kommunion. Schließlich reifte in ihm der Entschluss, Priester zu werden. Getragen war diese Entscheidung von dem brennenden Wunsch, Seelen zu retten.

Am Sonntag, den 27. Dezember 1942, beichtete er in der Vorbereitung auf den Herz-Jesu-Freitag und zugleich Neujahrstag sowie auf den Mariensamstag. An Neujahr 1943 fuhr er mit dem Schlitten nach Stična, wo er in der Zisterzienserkirche eine Sühnenandacht hielt. Die letzte in seinem Leben!

Biographie des Präfekten

Prälat Prof. Dr. Anton Strle (1915-2003) war Studienpräfekt im Marianum in Ljubljana. Der junge verheißungsvolle Student Lojze Grozde war ihm bestens bekannt. Dr. Strle verfasste über ihn kurz nach seinem Tod ein Buch[1] und wurde dafür von 1947 bis 1952 ins Gefängnis gesperrt. Außer diesen fünf Jahren hatte er sich im Anschluss an seine Haft noch drei Jahre Entziehung der Staatsbürgerrechte „verdient“.

Im vorletzten Kapitel seines Buchs berichtet er anhand der verfügbaren Protokolle in aller Nüchternheit und Sachlichkeit über die Ereignisse rund um das Martyrium, das der junge Lojze wegen angeblicher Propaganda gegen den Kommunismus erleiden musste.

Schilderung des Martyriums

„Aus Stična fuhr Lojze mit dem Zug nach Trebnje. Dort setzte er sich mit auf einen Wagen in Richtung Mirna. In Mirna umstellten Partisanen den Wagen und nahmen Grozde schon bei der Einfahrt ins Dorf fest. Sie schleppten ihn ins Gasthaus ‚Zum Koračin’, wo das erste Verhör stattfand. Es begann schon finster zu werden. Etwa um sechs Uhr hielten sie ihn eine Weile im Gasthaus ‚Zum Vidmar’ fest. Es wird berichtet, dass man hier Grozde entkleidete und schlug. Man fand bei ihm nur das lateinische Messbuch, einige Bücher der Mutter Gottes von Fatima und die „Nachfolge Christi“. Das war alles. Am Abend ging man in die Häuser und lud, wie man sagte, zum ‚Lustspiel’ in das Sokolheim ein. Dort wurde Grozde längere Zeit grauenhaft gefoltert, wie es später an den Verletzungen des gefundenen Leichnams zu sehen war. Die Folterung hätte wahrscheinlich noch länger gedauert, wenn die Mannschaft nicht den Befehl erhalten hätte, unverzüglich nach Primskovo zu ziehen, weil es dort einen Angriff gab. Darum schleppte man Grozde in den Wald. Lange Zeit konnte man nicht ausfindig machen, wohin man seinen Leichnam gebracht hatte, obwohl Kinder beauftragt worden waren, ihn sorgfältig zu suchen.

Am 23. Februar fanden schließlich Kinder, welche Schneeglöckchen suchten, im Wald nahe des Mirna-Schlosses, eine gute Viertelstunde von Mirna entfernt, im Tal des Baches Vejeršca den noch nicht begrabenen Grozde. Sie legten gleich die ersten Schneeglöckchen bei ihm ab, die in jenem Jahr an den sonnenseitigen Hängen besonders früh aufgeblüht waren. Der Leichnam von Lojze Grozde war vollkommen unversehrt erhalten, ohne die geringste Spur einer Verwesung, obwohl er schon sieben Wochen im Freien lag und die Temperatur etliche Grad über Null aufwies. Er war mit Unterhose, Hemd, Unterjacke und Weste bekleidet, aber ohne Kopfbedeckung und Schuhe. An den Füßen waren die Zeichen der Folterung deutlich erkennbar: alle Zehen waren an den Zehenspitzen zugeschnitten; an den Händen waren die Abdrücke des Stricks sichtbar, mit dem er verbunden war, während man ihn folterte. Es war genau zu sehen, dass das ganze rechte Ohr abgeschnitten war, samt der rechten Wange über die Lippe bis zum Unterkiefer. Die gesamte Wangenhaut war zusammen mit dem Ohr weggerissen. Auch die untere Hälfte des linken Ohrs war abgeschnitten. Ebenfalls war das rechte Auge ausgeschnitten. In das linke Auge hatte man mit einem scharfen Gegenstand gestochen, so dass es ausgelaufen war. Am Kopf war eine etwa acht Zentimeter lange und sechs Zentimeter tiefe gähnende Wunde zu erkennen. Das muss wohl der Todesstoß mit einem stumpfen Werkzeug, mit der Spitzhacke oder Hacke, gewesen sein.

So das Protokoll, das zehn Augenzeugen des Leichnams von Grozde unterzeichnet haben.

Wie aus einem Zusatzprotokoll zu entnehmen ist, wies auch der Unterkiefer auf der linken Seite eine große Wunde auf. Durch diese Öffnung hindurch war ihm, wie berichtet wird, die Zunge an der Wurzel abgeschnitten worden. Am Bein fand man unter dem Knie die Spuren, dass ihm die Sehnen abgeschnitten worden waren. Am Mittelfuß und an den Fußsohlen war die Haut teilweise heruntergezogen.

Wie schrecklich musste also Grozde während der Folterung leiden, besonders auch danach, als man ihn ganz zerschlagen und zerfleischt mehr als fünfzehn Minuten Fußweg in den Wald trieb, wo er den Todesstoß erhielt.

Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, konnte sie die roten Blutflecken aufstrahlen lassen, die kaum sichtbar auf den weißen Schnee färbten. Es scheint, als ob dies jener Morgen war, den Grozde mit so wunderbar zarten Farben in der sechsten Schulklasse gemalt hatte: „Junger Morgen, rein und weiß. …Und das Blut hat die Erde bedeckt, die weißen Felder gerötet.“[2]

Weg zur Seligsprechung

Am 27. September 1992 hatte der Erzbischof von Ljubljana, Msgr. Dr. Alojzij Šuštar, das offizielle Verfahren zur Anerkennung des Martyriums von Lojze Grozde eröffnet. Am 27. März 2010 unterzeichnete Papst Benedikt XVI. das Dekret über das Martyrium und genehmigte die Veröffentlichung des Dekretes für die Seligsprechung des Dieners Gottes Lojze Grozde, der aus Hass gegen den Glauben am 1. Januar 1943 getötet worden war. Am 10. April ernannte der Heilige Vater Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone zum Päpstlichen Legaten für den Nationalen Eucharistischen Kongress in Slowenien, in dessen Rahmen am 13. Juni 2010 in Celje die Seligsprechung stattgefunden hat.


[1] Anton Strle: Lojze Grozde, Ljubljana 1944, 123 Seiten.
[2] Anton Strle, ebd., 114f.

Glaubenshelden unter den Priestern im Dritten Reich

Am 12. August 1945 starb der sel. Karl Leisner an den Folgen seiner KZ-Haft in Dachau, ein Märtyrerpriester der katholischen Kirche. Mit dem nachfolgenden Lebensbild will P. Notker Hiegl OSB einen Blick auf die „Glaubenshelden im Dritten Reich“ werfen und bewusst einen Kontrastpunkt zur gegenwärtigen Diskussion über das katholische Priestertum setzen. Auf dem Hintergrund der unseligen Missbrauchsskandale wurde bei vielen Menschen die Vorstellung von der Kirche vollkommen entstellt, besonders das Bild des Priesters. Die leuchtenden Vorbilder für Standhaftigkeit und Bekennermut können hier wieder neue Orientierung geben und das eigentliche Geheimnis des Reiches Gottes verstehen helfen.

Von Notker Hiegl OSB

Nach meiner Priesterweihe am 11. Juli 1980 besuchte ich für zwei Semester die Hochschule der Salesianer im oberbayerischen Benediktbeuern. Dieses Zusatzstudium wurde für mich zu einem außergewöhnlich erlebnisreichen Jahr. Doch ein Ereignis stürmte so stark auf mich ein, dass ich es mehrmals wiederholen musste: der Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Dachau. Neben den Stacheldraht- und Elektro-Anlagen über den Zäunen, den Ausstellungs- und Dokumentationshallen, den Grundmauern der abgebrochenen Lagerbaracken, der breiten Lagerstraße, des Priesterblocks und den Krematoriumsöfen war es vor allem der Sühne-Karmel am Ende dieser Elendsstraße, der sich mir tief einprägte. Das Karmelkloster Heilig Blut war bereits 1964 errichtet worden, also ein Jahr vor der offiziellen Eröffnung der KZ-Gedenkstätte, welche auf Initiative und nach Plänen überlebender Häftlinge entstand.

Geschichte des Konzentrationslagers Dachau

Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler als Reichskanzler vereidigt. Diesen Tag feierten die  Nationalsozialisten als Beginn ihrer Machtübernahme. Bereits wenige Wochen später wurde in Dachau ein Konzentrationslager für politische Gefangene eingerichtet. Der 22. März 1933 gilt als Beginn dieses mörderischen Unternehmens. In den zwölf Jahren seines Bestehens waren hier und in zahlreichen Außenlagern über 200.000 Menschen aus ganz Europa inhaftiert, 41.500 wurden ermordet. Am 29. April 1945 befreiten amerikanische Truppen die Überlebenden. Im KZ Dachau hatte sich die SS einen „Staat im Staate“ geschaffen, in dem sie weltanschauliche Gegner festhielt, unterdrückte und umbrachte. Der Lagerkommandant konnte Häftlinge zum Tod verurteilen, sofern zwei von ihm ernannte SS-Wachen dem Urteil zustimmten, was sie verständlicherweise immer taten. Interniert wurden Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaftler, Konservative, Liberale und Monarchisten. Dazu kamen zahlreiche katholische Priester aus dem ganzen Reich und besonders von Polen, welche aus den verschiedensten Konzentrationslagern schlussendlich zur „Auslöschung“ hierher verlegt wurden, 2579 bekennende katholische Glaubenshelden.

Die Eindrücke von der Gedenkstätte lassen die Gräueltaten der SS erahnen. Beim sarkastisch beschilderten Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ wurde der Gefangene von den Schergen empfangen, angebrüllt, eingeschüchtert, seiner Kleider beraubt, in eine oft nicht passende Sträflingskleidung gesteckt und geschoren. Davon berichten Bilder im lang gezogenen Bau der Gedenkstätte an der Frontseite des Geländes. Ein davor stehendes monumentales, bizarres Mahnmal versucht, mit seinen gebeinartigen Teilen „Unaussagbares“ auszusagen. Erschütternd sind die Bilderreihen über die „medizinischen Versuche“ mit „Freiwilligen“, vom ersten verlegenen Lächeln bis zum Todesbild des Opfers. Dann der Hieb-Block, in den das Opfer seine Füße hineinstellen, sich dann mit entblößtem Hinterteil über den Folterblock beugen und selber seine erhaltenen Prügelschläge zählen musste, sich vor Schmerz verzählte und die Prozedur von neuem begann. Hölle auf Erden. Vor dem Priesterblock blieb ich ergriffen stehen, Diener Gottes, glaubensstark und zum Martyrium bereit, jeder Generation zum Vorbild. Heilige ohne Zahl.

Christus ist meine große Leidenschaft

Am 17. Dezember 1944, dem dritten Adventssonntag, wurde hier ganz im Geheimen, von den bösartigen SS-Blut-Schergen unbemerkt, ein absolut verrückt anmutendes Fest gefeiert. Einige Dutzend Priester versammelten sich in der armseligen Lagerkapelle vor dem aus Kisten und Blechbüchsen zusammengenagelten Tabernakel, mit ausgezehrten Gesichtern, müde, in ihren gestreiften Häftlingskleidern. Unter feierlichem Gesang zieht ein Bischof ein, in einem heimlich genähten „Pontifikalgewand“, unter dem die Sträflingshosen herausschauen, den Bischofsstab aus Eichenholz in der Hand, geschnitzt von einem ebenfalls inhaftierten Benediktiner. „Victor in Vinculis – Sieger in Fesseln“, so lautet die hintergründige Inschrift des Stabs. Am Finger trägt der französische Bischof Gabriel Piguit aus Clermont-Ferrand in der Auvergne (gest. 1952) einen Ring, den ein Russe in der lagereigenen Waffenschmiede aus Messing getrieben hat, mit dem eingravierten Bild der Gottesmutter. Auf einem Holzschemel sitzt bleich und von innerer Erregung zitternd ein schmächtiger Häftling, dem jetzt der Bischof die Hände zur Priesterweihe auflegt, danach alle anwesenden Priester in ihrem Sträflingsaufzug, einer nach dem andern. Draußen vor der Baracke spielt ein jüdischer Freund der Geistlichen mit seiner Geige, um die SS-ler von der Festlichkeit in der Baracke abzulenken. Die Hölle auf Erden verzaubert er mit seinen melodischen Tönen in einen Vorhof des Himmels. Priesterweihe im KZ. Und kein Kapo-Spitzel ahnt etwas davon. Der bleiche, schwer hustende Kandidat im Sträflingsgewand, den der Bischof an diesem Ort des Grauens, der Gewalt und Angst zum Priester weiht, ist der 29-jährige Diakon Karl Leisner aus Rees. Als mitreißender Jugendführer hat sich Leisner erfolgreich abgemüht, junge Menschen vor dem Zugriff der braunen Rattenfänger zu bewahren. Schon mit 20 Jahren hatte er in sein Tagebuch notiert: „Christus ist meine große Leidenschaft… Er hat meinen Charakter geprägt.“ Und 1938: „Wohin du mich stellst, da will ich stehen“. Nun empfängt er sechs Jahre später im KZ Dachau die Weihe „zum Priester auf ewig“.

Hitlerjugend: „Nein, das tue ich nicht!“

Karl Leisner wurde am 28. Februar 1915 in Rees/Niederrhein geboren und besuchte von 1921 bis 1934 die Volksschule und das Gymnasium in Kleve Schon als 12-Jähriger war er Gruppenführer der katholischen Jugend, mindestens einmal im Monat ging es auf große Fahrt mit Lagerfeuerromantik, Übernachtungen in Scheunen und Heuböden. Ab 1934 wurde er Bezirksjungscharführer, seine Jungs bewunderten und liebten ihn. Er arbeitete hartnäckig an sich selbst. Die Kraftquelle in all seinen Kämpfe war nicht Katechismuswissen oder ein Streben nach Pflichterfüllung, sondern die Leidenschaft für das Zentrum und das Licht seiner Existenz, nämlich: Jesus Christus. Nach einer besonders schönen Gruppenstunde im Kreis gleichgesinnter Jugendlicher wurde er mit Gesang und Freudenjubel auf ihren Schultern vom Gruppenheim hinaus auf den Kirchenplatz getragen, wo sich ein Trupp der Hitlerjugend provokativ aufgestellt hatte und diese Demonstration katholischen Selbstbewusstseins drohend verfolgte. Ab 1934 postulierten die Nazis die totale Herrschaft über die Jugend. Karl Leisner stellte sich in seinem Tagebuch die Frage: „Soll ich mit der HJ mitlaufen, mitschreien, mitziehen? Nein, das tue ich nicht!“ Hitler scheint ihm, so ein Tagebucheintrag zwei Monate nach der Machtergreifung, „nicht glaubhaft“. Brüning, der nüchterne Zentrumskanzler, der letzte Staatsmann der Weimarer Republik mit Format – ja, das sei sein „Ideal“. Am Tag, nachdem die Nazi-Behörden das Jugendheim seiner Gruppe beschlagnahmt hatten, wurde er zum Rektor der Schule vorgeladen. Er wird angehalten, „jede verleumderische Haltung gegen die Regierung zu unterlassen“. Nach dem Abitur tritt er mit 19 Jahren in das Münsteraner Collegium Borromäum ein. Von hier aus war er zwei Jahre lang Diözesanjungscharführer (1934-1936). Die Gestapo-Leitstelle Düsseldorf legte bereits damals eine Akte „Karl Leisner“ an. Im „Externen-Jahr“ 1936/37 setzte Leisner sein Studium in Freiburg im Breisgau fort.

Überfall der Geheimen Staats-Polizei

In Freiburg konzentriert er seine Kräfte stärker auf die akademische Arbeit sowie auf die Fremdsprachen: Englisch, Französisch, Italienisch und Flämisch. Die Pfingstferien bringen ihm eine positiv-abenteuerliche Begegnung: Mit zwei Freunden aus der Jugendarbeit fährt er nach Rom, ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben des Jesuiten Constantin Noppel, der bis vor einem Jahr das Germanikum in Rom geleitet hat. Noppel ist ein Freund von Kardinal Caccia, der Papst Pius XI. als Privatsekretär dient. Nach Abgabe der Referenz werden sie vom Kardinal zum Mittagessen in das vatikanische Staatssekretariat eingeladen. Danach geleitet der Kardinal die drei deutschen Jugendlichen zu einer Privat-Audienz beim Papst. Dieser sitzt hinter seinem Schreibtisch und beginnt mit ihnen eine lebhafte Unterhaltung über die brisante Situation in Deutschland. Ein Jahr später erschien die berühmte Enzyklika „Mit brennender Sorge“ gegen Rassismus und Staatsvergötzung. 1937 wird auch das Studium Karl Leisners durch die Einberufung zum Reichsarbeitsdienst unterbrochen: sieben Monate Lagerleben in Sachsen und im Emsland, harte Arbeit bei der Begradigung eines Flusses. Hier holt er sich einen Lungen-Schaden. Nach seiner Rückkehr vom Arbeitsdienst erlebt er eine böse Überraschung, eine negativ-abenteuerliche Begegnung: Die Gestapo veranstaltet eine erste dreistündige Hausdurchsuchung und beschlagnahmt sämtliche Tagebücher, Briefe, Quittungen und Liederhefte für seine Jugendgruppen. 1938 tritt er wieder in das Priesterseminar in Münster ein und empfängt nach einem Praktikum ein Jahr später die Diakonatsweihe. Wegen seiner nun ständigen Lungenbeschwerden – man stellt auf beiden Lungenflügeln Tuberkulose fest – muss er eine Kur in St. Blasien im Schwarzwald antreten. Am 8. November 1939 installiert der Tischlergeselle Georg Elser im Münchner „Bürgerbräukeller“ eine Höllenmaschine, die den dort bei einer Festlichkeit anwesenden Hitler töten soll. Dieser verlässt jedoch vor der Detonation die Versammlung und entgeht dem Attentat. Leisner gibt auf diese Radio-Nachricht hin unvorsichtigerweise einen bedauernden Kommentar ab, wird denunziert – und diesmal schlägt die Gestapo sofort zu. Der schon so lange missliebige führende katholische Theologie-Student wird verhaftet.

Leidensweg des jungen Diakons

Schon einen Tag danach, also am 9. November, kommt Leisner ins Freiburger Gefängnis. Im März 1940 wird er in das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin verlegt und im Dezember desselben Jahres schließlich ins KZ Dachau. Dorthin werden zu dieser Zeit alle inhaftierten Geistlichen aus ganz Deutschland zusammengelegt. Leisner erhält die Häftlingsnummer 22356. Mit knapp 200 Priestern haust er in einer engen Baracke, schläft auf einer Holzpritsche und arbeitet auf der „Plantage“. Das bedeutet, bei Wind und Wetter auf den Knien in stinkenden Wasserlöchern herumzukriechen, Beete auszuheben, Schubkarren zu fahren – ohne die geringste Brotzeit. Später kommt er in der Küche unter. Dreimal täglich müssen bei der Essensausgabe jeweils zwei Priester die mit Inhalt gut 75 Kilo schweren Eisenkübel durch das ganze Lager schleppen, am Ende ihrer Kräfte, stolpernd, angetrieben von prügelnden SS-Leuten. Am Karfreitag spielt die Wachmannschaft mit 60 Gefangenen aus dem „Priesterblock“ Kreuzigung. Sie fesseln ihnen die Hände auf den Rücken und ziehen sie mit Ketten an Bäumen so hoch, dass ihre Fersen knapp über dem Erdboden schweben. Einige sterben später an dieser gotteslästerlichen Tortur, viele behalten verkrüppelte Hände. Ein andermal lässt ein SS-Mann „alle Saupfaffen“ unter den Tisch kriechen, den sie dann mit den Köpfen balancieren müssen. Danach werden sie auf die Spinde hinaufgehetzt und müssen oben sitzend den Choral von Paul Gerhard singen: „O Haupt voll Blut und Wunden“. Wenn es die Zeit erlaubt, spielt Karl Leisner für seine Leidensgenossen Lieder zur Klampfe. Von der eigenen knappen Ration verteilt er Brot an noch hinfälligere Häftlinge. Um seine Angehörigen zu beruhigen, schreibt er ihnen: „Mit meiner Heimkehr geduldet Euch noch ein wenig. Ich hab`s Warten gelernt, und`s geht mit der Zeit ganz prima.“ Die ständigen Schmerzen und seine zunehmende Schwäche ließ sich der an hochgradiger Tuberkulose leidende Häftling nicht anmerken. Er musste aber immer öfters in die Krankenstation wechseln, wo bis zu 150 Tuberkulosepatienten auf einer einzigen „Stube“ lagen, stöhnend, hustend, in der stickigen Luft fiebernd.

Einzige Priesterweihe im KZ Dachau

Karl Leisner brachte seinen Leidensgenossen in der „Lazarettstube“ eine übernatürliche Tröstung. Aus einer Blechbüchse heraus reichte er ihnen heimlich die Kommunion, die er vom Priesterblock mitgebracht hatte. Um sich mit den vielen sowjetischen Häftlingen unterhalten zu können, ließ er sich ein wenig Russisch beibringen. Als im Herbst 1944 der französische Bischof Piguet in Dachau eingeliefert wurde, geschah das Unglaubliche und völlig Unerwartete. Der Traum Karl Leiseners wurde noch Wirklichkeit: Priesterweihe im KZ. „Hier, an der Stelle, wo Priesterleben und Priesterwirken so brutal vernichtet wurde, sollte ein neuer Priester geboren werden! Hier erfassten wir erst ganz, dass die Priesterweihe eine Bluttaufe ist für die Ewigkeit“, so sein Mithäftling Reinhold Friedrichs. Die fünfeinhalb Jahre Haft und Lagerleben im KZ seien für Karl ein „hartes Priesterseminar“ gewesen. Die in Dachau ebenfalls internierten evangelischen Pastoren bereiteten dem Bischof, dem Neugeweihten und seinen Freunden auf weiß gedeckten, blumengeschmückten Tischen ein Festmahl mit Kaffee und Kuchen. Und immer noch merkten die SS-Wachen nichts. Am 26. Dezember, dem Fest des Erzmärtyrers Stephanus, feierte Karl Leisner in der Lagerkapelle seine Primiz: die erste Messe seines Lebens und zugleich die letzte. Längst ist er ein Todeskandidat. Innerhalb einer Woche magert er um acht Pfund ab. Der Krieg geht schließlich zu Ende. Nach der Befreiung des Lagers durch US-Truppen bemüht man sich im Lungensanatorium Planegg bei München vergeblich um die Rettung seines Lebens. Eine Lungenentzündung mit eitrigem Auswurf aus der Lunge kommt hinzu. Am Schluss ist der Neupriester zu schwach zum Essen. Seine Mutter füttert ihn mit Brei wie ein Kind. „O wiedergefundene Liebe und Würde des Menschen“, so schreibt er am 23. Juli 1945 noch in sein Tagebuch. Zwei Tage später lautet sein letzter Eintrag: „Segne auch, Höchster, meine Feinde!“ Am 12. August ist der Kampf zu Ende. Karl Leisner ist nur 30 Jahre alt geworden. In Kleve wird er zu Grabe getragen. Seit 1966 ruht Karl Leisner in der Krypta des Xantener Doms, umgeben von Opfer-Urnen mit Asche aus Dachau, Bergen-Belsen und Auschwitz.

Das sühnende Gebet des Heilig Blut Karmels

Durch den nördlichen Wachturm des ehemaligen Konzentrationslagers betrat ich damals 1980/81 den Vorhof des Karmelitinnen-Klosters Heilig Blut. Was will ein Kloster an dieser Stätte des Grauens, der Angst, des Blutes den Besuchern sagen? Was bedeutet es vor allem für die dortigen Nonnen? Was ist der Sinn des Lebens dieser Schwestern hier am Ende der Lagerstraße, auf der die Häftlinge mit Schulterriemen wie Zugtiere die riesengroßen Walzen zur Planierung zogen, auf welcher sie zur Prügelstrafe geführt wurden oder ihren letzten Weg auf dem Leichenkarren zum Krematorium nahmen? Die Gründerin und erste Priorin dieses Karmels, Mutter Maria-Theresia von der gekreuzigten Liebe, die nach nur fünfjährigem Bestehen dieses Klosters im März 1970 verstarb, schrieb an Kardinal Julius Döpfner: „Dachau wird in der ganzen Welt als Inbegriff der Konzentrationslager angesehen. Ein Ort, wo so gefrevelt wurde, wo so viele Menschen Unsagbares gelitten haben, dürfte nicht zu einer neutralen Gedenkstätte oder gar einem Besichtigungs-Ort erniedrigt werden. Es sollte stellvertretende Sühne geleistet werden durch das Opfer unseres Herrn Jesus Christus und verbunden damit durch das Opfer und die Sühne von Menschen, die sich dem leidenden und sühnenden Herrn in Liebe und Gehorsam anschließen. Der Orden des Karmel ist in besonderer Weise zu opferndem und sühnendem Gebet berufen.“ Vor dem Bau dieser Sühnestätte gab es zunächst fast unüberwindliche Schwierigkeiten. Weihbischof Dr. Johannes Neuhäusler, selbst ehemaliger Häftling in Dachau, machte sich jedoch für dieses Vorhaben stark. Im Oktober 1963 liefen die Bauarbeiten an, im Wechsel halfen die Schwestern selbst als Hilfsarbeiterinnen mit, auch Mutter Maria-Theresia wurde so zur Steine-Schlepperin. Am 1. Juli 1964, dem Fest des Kostbaren Blutes, wurde auf der Baustelle die erste Heilige Messe gefeiert. An Kreuzerhöhung, dem 14. September 1964, fand die Übersiedlung nach Dachau statt, Kirche und Altar erhielten ihre Weihe am 22. November. Schon einen Tag später errichtete Weihbischof Neuhäusler die päpstliche Klausur. – Vor wenigen Monaten trat dort eine junge Frau aus einer meiner Pfarreien ein…

Notwendige Reform des Religionsunterrichts

In der vorletzten Ausgabe von „Kirche heute“ veröffentlichte Weihbischof Dr. Andreas Laun den Brief einer 15-jährigen Schülerin, in dem sie schildert, was sie in ihrem Religionsunterricht erlebt. Im folgenden Beitrag legt Laun dar, was seiner Meinung nach angesichts dieses Berichts und anderer, ähnlicher Schilderungen getan werden sollte – vor allem von Seiten der „Wächter“, von denen bereits im Alten Testament gesprochen werde.

Von Weihbischof Andreas Laun, Salzburg

Turning point“ des katholischen Religionsunterrichts

In einem Podiumsgespräch der Tagespost mit dem Münchner Erzbischof Reinhard Marx und dem Berliner Medien-Fachmann Norbert Bolz über die Entchristlichung des Christentums nannte Bolz als eine der „Gefahren im Inneren der Kirche“ unter anderem „den entkernten schulischen Religionsunterricht“ und meinte, die Kirche bedürfe des Bekenntnisses zum Dogma und des Mutes zur Orthodoxie“. Im Verlauf des Gespräches sagte Bischof Marx, es müsse „ein turning point“ des Religionsunterrichts gefunden werden und nannte die Wahrheitsfrage und den Wahrheitsanspruch akuter denn je.[1] Hinter diesen Anmerkungen in der Diskussion steht eine Erfahrung, die vor allem Eltern längst schon gemacht haben: Es steht nicht gut um den katholischen Religionsunterricht und es gibt Eltern, die ihre Kinder abmelden – nicht, weil sie den Glauben der Kirche ablehnen, sondern im Gegenteil, weil sie ihn ihren Kindern bewahren wollen! Nicht, dass es nicht auch gute Religionslehrer gäbe, Tatsache ist aber: Diejenigen, die klagen, können Dinge erzählen, die man nie und nimmer für möglich gehalten hätte. Vor allem Zeitgeist-Ideologien wie das Ja zur Evolution, zu Abtreibung, zu sexueller Freizügigkeit und Gendermainstream sind weithin eingedrungen. Die oft gehörten Klagen über den Religionsunterricht, in Österreich so gut wie in Deutschland und anderen Ländern, sind, das lässt sich nicht leugnen, in den meisten Fällen berechtigt. Vor kurzem fand ich in Kath.net einen Bericht über Belgien: Eltern kämpfen seit Jahren gegen einen „Katechismus“ wegen seiner freizügigen Darstellungen und zweideutiger Texte, in denen eine Mutter eine schwere sexuelle Belästigung sieht! Erst recht bekannt sollte der unermüdliche, scharfsinnige Kampf von Dr. François Reckinger sein, der seit Jahren schwerwiegende Fehler und Irrlehren in deutschen katholischen Religionsbüchern nachgewiesen hat und nachweist.[2] In Österreich hat Christoph Kardinal Schönborn nach US-Vorbild den Katechismus als Richtschnur für Religionsbücher gefordert, was nicht hindert, dass ein Buchautor offenbar die Fristenlösung für richtig hält (trotz KKK 2273), ein anderer lehren lässt, dass Homosexualität heute akzeptiert sei (ohne die Unterscheidung zwischen öffentlicher Meinung und kirchlicher Lehre, trotz KKK 2257) und ein dritter das häretische Kirchenvolksbegehren als Reformbewegung in der Kirche bezeichnet.

Andere Beispiele wären leicht zu nennen, die Diagnose ist nicht schwer zu erstellen und die Richtung, in der die Therapie gehen müsste, lässt sich skizzieren:

Auf der einen Seite hat und hätte die Kirche in Mitteleuropa immer noch – wie lange noch? – die historisch einzigartige Chance, die Kenntnis des katholischen Glaubens im Rahmen der Schule und großteils vom Staat bezahlt weiterzugeben. Aber angesichts der fehlerhaften Bücher, angesichts der vielen Klagen über den Religionsunterricht und auch angesichts des religiösen Nichtwissens der Jugend trotz jahrelangen Unterrichts ist dies unabweisbar: Die Kirche nutzt ihre Jahrhundert-Chance mit dem in der Schule verankerten Religionsunterricht nicht wirklich gut! Daraus ergibt sich die Frage: Woran liegt es? Die Antwort: Es sind die Unterlagen nicht, wie sie sein sollten; es liegt an schlecht gebildeten und verbildeten, manchmal sogar an nicht wirklich gläubigen Lehrern; das Übel kommt von den Ausbildungsstätten der Lehrer und zuletzt von den Theologischen Fakultäten.

Wenn diese Diagnose stimmt, lässt sich der „turning point“, von dem Bischof Marx gesprochen hat, beschreiben: Man muss die Bücher korrigieren, sich bemühen um eine Erneuerung der Lehrer, die Religion unterrichten, und ebenso um eine Reform der Religions-Akademien für Religionslehrer – und zuletzt um Reform der Katholischen Universitäten!

Korrektur und Erneuerung der Religions-Bücher

Unmittelbaren und leichten Zugang haben die Verantwortlichen zu den Büchern und anderen Materialien im Religionsunterricht. Auch wenn es das „vollkommene Buch“ nicht geben mag, ein fehlerfreies Buch, das mit den Lehren der Kirche übereinstimmt, zu schaffen, ist möglich. Nach einer ebenfalls notwendigen Korrektur der Lehrpläne kann man die Bücher sehr wohl ändern. Falsch wäre dabei die Annahme, man könne die Bücher nur „schrittweise“ ändern! Warum nicht sofort, warum „schrittweise“, welche Schritte könnten gemeint sein? Ein kritischer guter Theologe kann ein Religionsbuch durcharbeiten und „in einem Schritt“ korrigieren, was zu korrigieren ist! Man stelle sich vor, jemand wollte bei Fehlern in einem Medizinischen Handbuch oder in der Bedienungsanleitung für einen Airbus „schrittweise“ Verbesserungen vorschlagen! Wie viele Menschen wären schon tot, bis die Bücher „fertig“ korrigiert sind? Nein, fehlerhafte Religionsbücher kann man sofort und vollständig fehlerfrei machen!

Nur ein Ahnungsloser kann meinen, mit der Korrektur der Bücher wäre schon fast alles getan. Natürlich nicht, damit könnte nur ein langer Weg beginnen, der steiler wird, je weiter man ihn geht: Verpflichten auf ein Buch kann man die Lehrer nicht, wenn sie das Buch erbittert ablehnen und die katholischen Inhalte selbst nicht für wahr halten! Es wäre, wie wenn man einen Piloten zwingen wollte, ein Flugzeug zu fliegen, auf das er nicht eingeschult wurde! Aber immerhin, man könnte katholische Bücher auf den Markt bringen und sie wenigstens „gleichberechtigt“ zu den noch existierenden, anderen Büchern anbieten! – Eine persönliche Anmerkung sei an dieser Stelle erlaubt: Ich selbst habe eine Serie von acht „orthodoxen“ Religionsbüchern (s. auf der Website www.glaube-und-leben.at) geschrieben: es wäre leicht, sie als erste Notmaßnahme einzusetzen!

Reform bei den Lehrern

Nicht Bücher lehren, sondern Menschen! Darum wäre es das Wichtigste, mit den Lehrern ins Gespräch zu kommen: über den katholischen Glauben, über das Für-wahr-Halten von Dingen, die man nicht sieht, über das Lehramt der Kirche. Ebenso müsste besprochen werden, was „kirchlicher Gehorsam“ bedeutet und dass der Religionslehrer angestellt und bezahlt wird für die Vermittlung der katholischen Lehre und nicht die seiner, des Lehrers persönliche, vom Glauben der Kirche abweichende Meinung. Er sollte sich auch klar werden: Wenn er den Glauben der Kirche wirklich nicht mehr teilt und sich auch nicht mehr in der Lage sieht, ihn sachlich und objektiv zu lehren (wenigstens so neutral, wie er den Islam und andere Religionen darstellt), sollte er redlicherweise gehen.

Der nächste Schritt könnte die Veränderung des Nachwuchses sein: Zunächst müsste die Erteilung der venia legendi ernsthaft gehandhabt werden, mit Hilfe eines ernsthaften, wirklichen Scrutiniums der Kandidaten. Es darf nicht genügen zu hören, der Bewerber sei „engagiert“. Das ist kein katholisches Gütesiegel, daraus folgt keineswegs, dass der Bewerber wirklich rechtgläubig und bereit ist, den Glauben der Kirche zu lehren, im Konfliktfall auch trotz einer anderen „eigenen Meinung“. „Engagiert“ waren alle Häretiker der Geschichte und engagiert ist auch der Teufel selbst!

Zudem könnte man die Lehrer nachschulen in verpflichtenden Sommer-Seminaren! Viele, nicht alle, könnte man so erreichen und zu wirklich katholischen Religionslehrern formen. Niemand wird vermuten, dass dann alle Religionslehrer wirklich gläubige Katholiken und glänzende Pädagogen sein werden! Das nicht, aber es wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung!

Religionslehrer-Akademien

Schwieriger wird es sein, die Akademien zu verändern, an denen die Religionslehrer ausgebildet werden. Dazu wird es vieler Gespräche bedürfen, aber auch sanften Drucks: Wenn die Akademie nicht orthodoxe Lehrer ausbildet, können ihre Absolventen nicht in den Dienst der Kirche übernommen werden und müssen in andere Berufe ausweichen! Dann wird es vielleicht nötig sein, alternative, rechtgläubige Ausbildungsstätten zu schaffen.

Die Universitäten

Der letzte Schritt ist der schwierigste: die Veränderung der katholischen Universitäten. Der einzelne Bischof wird kaum die Möglichkeit haben, eine nachhaltige Reform herbeizuführen. Aber anfangen müsste man und der erste Schritt wäre: die Situation zu analysieren, sich auch ein bedrückendes Ergebnis einzugestehen und dann nicht mehr aufzuhören darüber nachzudenken, was man machen könnte. Die Verantwortlichen müssten sich benehmen wie Feldherren früherer Zeiten, die den Auftrag haben, eine Burg zu erobern: Nachdem sie die Schwierigkeit oder scheinbare Unmöglichkeit festgestellt haben, hören sie nicht auf, die Mauern der Burg geduldig und aufmerksam zu umkreisen, um vielleicht doch einen Weg ins Innere der Burg ausfindig zu machen!

Es ist klar, die hier vorgelegten Gedanken müssten sorgfältig bedacht und auch diskutiert werden. Wer sich darauf einlässt, muss wissen: Es wird ein langer Weg sein und ein steiniger! Das ist wahr, aber jeder lange Weg beginnt mit dem ersten Schritt und dieser erste Schritt wird es sein, nach dem Gott uns zuerst fragen wird!


[1] Vgl. Tagespost v. 8.7.2010, Nr. 80, S. 5.
[2] Vgl. F. Reckinger: Verfälschung des Glaubens. Was derzeit alles in Religionsbüchern steht, Stein am Rhein, 2. Aufl. 1990. Ebenso R. Dörner: Wie sollten sie an den glauben, von dem sie nicht gehört haben. Der Kampf um den Religionsunterricht, Münster 2002.

Ein Buch über Priester: „Wen Gott ruft“

Von André Stiefenhofer

Unter dem Titel „Wen Gott ruft – Gespräche und Reportagen im Priesterjahr“ gibt das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ ein neues Buch mit Interviews und Reportagen über das Leben und die Berufungsgeschichten moderner Priester in Deutschland und der Welt heraus. In dem Buch kommen prominente Geistliche wie der Eichstätter Bischof Dr. Gregor Maria Hanke ebenso zu Wort wie ein junger Kaplan aus dem Bistum Würzburg oder ein englischer Missionar am Amazonas. Mit dieser Veröffentlichung wolle „Kirche in Not“ ein „Ausrufezeichen hinter das Priesterjahr setzen“, betont Buchautor André Stiefenhofer.

Jede Berufung sei so einzigartig wie der Mensch, der von Gott gerufen werde. „Wen Gott ruft“ gehe nach Aussage Stiefenhofers deshalb den zentralen Fragen der Berufung nach: „Wie spricht Gott Menschen an? Wie erkennt man Berufung? Was bedeutet Priester-Sein? Und: Wie leben moderne Priester ihre Berufung?“ Das Buch solle junge Menschen ermutigen, ihrer Berufung zu folgen und rufe alle Gläubige zum Gebet für Geistliche auf.

„Wen Gott ruft“ kann für 3,– Euro auf www.kirche-in-not.de/shop oder im Münchner Büro von „Kirche in Not“ bestellt werden: Kirche in Not, Lorenzonistr. 62, 81545 München, Tel. 089-6424888-0, Fax: 089-642488850, E-Mail: kontakt@kirche-in-not.de

Johannes Paul II. und Medjugorje

Anfang dieses Jahres veröffentlichte Slawomir Oder, der Postulator für den Seligsprechungsprozess Johannes Pauls II., zusammen mit dem bekannten Journalisten Saverio Gaeta ein Buch mit wichtigen Ergebnissen seiner Nachforschungen. Innerhalb von zwei Monaten erschien es bereits in vierter Auflage. „Warum ist er heilig“, so beginnt der Titel: Perchè è Santo. Il vero Giovanni Paolo II raccontato dal postulatore della causa di beatificazione“, Milano 2010. Ein Abschnitt ist dem Verhältnis Johannes Pauls II. zu Medjugorje gewidmet. Nachfolgend eine Übersetzung des Textes, der mit dem Zitat des Papstes eingeleitet wird: „Wenn ich nicht Papst wäre, würde ich bereits in Medjugorje Beichte hören!“

Von Slawomir Oder und Saverio Gaeta

Fatima und das Attentat 1981

Seine tiefe Liebe zu Maria fand ihre letzte, intensive Steigerung, als er das dritte Geheimnis von Fatima ausdrücklich in Bezug setzte zum Attentat vom Mai 1981. Auch die Erscheinungen der Königin des Friedens in Medjugorje, im ehemaligen Jugoslawien, die Ende Juni desselben Jahres begannen, brachte Johannes Paul II. mit jenem dramatischen Ereignis in Verbindung, wie viele ihm sehr nahe stehenden Zeugen bestätigen. Diese Verbindung wurde noch durch eine weitere Botschaft Marias vom 25. August 1994 unterstrichen in eben den Tagen, als der Papst seine Pastoralreise nach Kroatien vorbereitete, die am  folgenden 10. und 11. September stattfinden sollte: „Liebe Kinder, heute bin ich mit euch im Gebet in besonderer Weise verbunden. Denn ich bete für das Geschenk der Gegenwart meines geliebten Sohnes in eurem Vaterland. Betet, Kinder, für das Heil meines geliebten Sohnes, der leidet, aber den ich für diese Zeiten auserwählt habe.“

Keine offizielle Stellungnahme

Offiziell hat Papst Wojtyla zu diesen Erscheinungen nicht Stellung genommen, aber privat hat er seine Überzeugung nie verheimlicht. Monsignore Murilo Sebastião Ramos Krieger, dem Erzbischof von Florianopolis in Brasilien, der zum vierten Mal zum Heiligtum der Königin des Friedens wallfahrtete, versicherte er: „Medjugorje ist das spirituelle Zentrum der Welt.“ Im Jahr 1987 vertraute Karol Wojtyla während eines kurzen Gespräches der Seherin Mirjana Dragicevic: „Wenn ich nicht Papst wäre, würde ich schon in Medjugorje Beichte hören.“ Diese Intention findet ihre Bestätigung durch das Zeugnis des Kardinals Frantisek Tomasek, des emeritierten Erzbischofs von Prag, der ihn sagen hörte, wenn er  nicht Papst geworden wäre, wäre er gerne nach Medjugorje gegangen, um den Pilgern mit seiner Hilfe beizustehen.

Es geschieht etwas Besonderes

Noch beredter ist, was der Bischof von San Angelo, Monsignore Michael David Pfeifer, USA, schwarz auf weiß dazu in seinem Pastoralbrief vom 5. August 1988 seiner Diözese geschrieben hat: „Während meines Ad-limina-Besuches mit den Bischöfen von Texas habe ich in einer privaten Unterhaltung den Heiligen Vater gefragt, was er über Medjugorje denke. Der Papst sprach höchst wohlwollend darüber und sagte: „Zu behaupten, dass in Medjugorje nichts Besonderes geschehe, würde bedeuten, das lebendige und inbrünstige Zeugnis von Tausenden Menschen zu leugnen, die dort gewesen sind.

Fortsetzung von Fatima

Am 26. März 1984 ereignete sich ein Vorfall, der vom slowakischen Erzbischof Pavel Hnilica, einem der vertrautesten Prälaten des Pontifex, überliefert wurde. Als er zum Mittagessen zu Johannes Paul II. ging, um ihn über seine geheime Mission in Moskau zu informieren – im Verborgenen eine Messe in den Mauern des Kreml zu feiern – wurde er vom Papst gefragt: „Pavel, bist du schon in Medjugorje gewesen?“ Auf sein Nein, das durch die ablehnende Haltung einer vatikanischen Autorität bestimmt war, sprach der Papst: „Mache inkognito einen Besuch, komm zurück und berichte mir, was du gesehen hast.“ Dann führte er ihn in seine Privatbibliothek und zeigte ihm ein Buch von Pater René Laurentin, in dem einige Botschaften der Königin des Friedens berichtet wurden. Dazu sagte er: „Medjugorje ist die Fortsetzung von Fatima, ist die Verwirklichung von Fatima.“

Ich gehe jeden Tag im Gebet dorthin!

Nach dem Tod Johannes Pauls II. stellten die Freunde Marek und Zofia Skwarnicki die Briefe zur Verfügung, die vom Papst an sie gerichtet waren und die reich an Verweisen auf Medjugorje sind. Am 28. Mai 1992 schrieb der Papst an das Ehepaar: „Nunmehr wenden wir uns jeden Tag im Gebet an Medjugorje.“ Als er sie im selben Jahr zur Feier seines Geburtstages, am 8. Dezember, empfing, schrieb er auf die Rückseite eines Heiligenbildchens: „Ich danke Zofia für alles, was Medjugorje betrifft. Auch ich gehe jeden Tag im Gebet dorthin: Ich bin allen verbunden, die dort beten und die von dort den Ruf zum Gebet erhalten haben. Heute verstehen wir diesen Ruf besser.“

Zeugnis vor dem Europäischen Parlament

Dr. Alveda King, die Nichte von Martin Luther King Jr., hielt am 22. Juni 2010 auf einer Veranstaltung der „Arbeitsgruppe für die Menschenwürde“ im Europäischen Parlament eine ergreifende Rede. Sie überträgt das Anliegen ihres Onkels, der „einen Traum hatte“, auf die ungeborenen Kinder, die von den Mächtigen schutzlos dem Tod ausgeliefert werden. „Die Ungeborenen von heute sind die Schwarzen von gestern!“

Von Alveda King

Meine Botschaft kommt aus meinem Herzen, aus Liebe zum Leben und zur Familie, und aus einer ererbten Verpflichtung, die Schwächsten der Gesellschaft zu verteidigen.

Meine Rede heute und meine Arbeit als Menschenrechtsaktivistin gehen von drei einfachen Wahrheiten aus:

1. Jeder Mensch verdient Respekt aufgrund seines Mensch-Seins.

2. Niemals kann das Leben eines Menschen weniger menschlich oder mehr menschlich werden.

3. Jedes menschliche Leben beginnt an seinem physischen Anfang.

Aus diesen drei Prämissen folgt, dass jeder Mensch, geboren oder ungeboren, Rechte hat und diese Rechte von der Gesellschaft und dem Gesetz geschützt werden sollten. – Umkehr ist der erste Schritt zur Erlösung; sie ist auch der erste Schritt in der Veränderung einer Gesellschaft. Ich weiß das, weil ich in meiner Lebenszeit gesehen habe, wie sich meine Kultur, mein Amerika verändert haben.

So viel Blutvergießen, so viel Unglück ist geschehen, weil einige Leute in den Vereinigten Staaten meinten, die Afro-Amerikaner würden keinen Respekt verdienen. Wir wurden angespuckt. Wir wurden zusammengeschlagen. Und gelyncht. Wir wurden getötet, weil wir als weniger menschlich angesehen wurden. So geschieht es auch mit den Leben der ungeborenen Kinder – im Bauch werden sie heute gelyncht.

Der Rassismus unterdrückte nicht nur Afro-Amerikaner – er versengte auch die Gewissen der Unterdrücker. Manche Auswirkungen des Rassismus machten das Leben dieser Menschen scheinbar angenehmer, bequemer, und so überließen sie sich den Falschheiten. Sie wurden von diesen Falschheiten in gewisser Weise abhängig. Und so begannen sie an das zu glauben, was sie in ihren Herzen doch als falsch erkannten. Und so ist es auch heute mit den Lügen derer, die abtreiben.

Die Ungeborenen von heute sind die Schwarzen von gestern – am besten außer Sichtweite und weit weg von unserem Denken, damit wir uns möglichst wenig mit der Ungerechtigkeit, die wir verursachen, beschäftigen müssen. Das Problem der Abtreiber und ihrer Unterstützer ist aber das gleiche Problem, das die Rassisten und Segregationisten hatten: die Wirklichkeit. Ungeborene Kinder lassen sich nicht verstecken. Die Abtreibungsindustrie muss also denen, die sie ausbeutet und diskriminiert, die Menschlichkeit absprechen.

Aber was, wenn die Wegrationalisierung nicht mehr klappt, wie bei der Chefin einer Abtreibungsklinik, die ihren Beruf aufgab, als sie am Ultraschall eine Abtreibung beobachtete? Was, wenn die Wahrheit so klar und so stark wird, dass die Gesellschaft der Lüge nicht mehr gleichgültig gegenüber stehen und an der Lüge nicht mehr mitwirken kann? Dann müssen wir etwas tun, das eigentlich unserer Natur widerspricht: uns demütigen, das Falsche zugeben und unser Handeln verändern.

Das ist es, was mein Land auf die Bemühungen der Menschenrechtsbewegung hin gemacht hat. Amerika hat sich verändert, weil Amerikaner in ihrem Herzen berührt worden sind. In den Herzen, in die – wie es in der Bibel steht – Gottes Gesetz geschrieben ist. Wir können weghören, unser Gewissen ausschalten, uns indoktrinieren und zudröhnen lassen: Aber ein Gefühl für richtig und falsch haben wir alle. Dieses moralische Bewusstsein hat Amerikas Kultur in der Frage des Rassismus verändert.

Ich glaube, dass dieses moralische Bewusstsein jede Kultur in der Frage der Abtreibung ändern kann. Nicht über Nacht. Aber das Umdenken hat schon begonnen.

In unseren Herzen wissen wir das. Zu lange haben wir weggeschaut. Wir wollten uns nicht engagieren. Wir hatten uns selbst überzeugt, dass die Menschen sich nie ändern werden in der Abtreibungsfrage. Ich bin heute hier, um euch zu sagen, dass das nicht stimmt. Ich habe die Veränderung erlebt, an mir selbst, an anderen und in meiner Nation. Was bei der Sklaverei und mit dem Rassismus geschehen ist, geschieht heute mit der Abtreibung. Die Mächtigen müssen für die Verfolgten eintreten – denn wir sind der Wächter unserer Brüder – und was ihnen geschieht, geschieht auch uns.

Dr. Martin Luther King Jr. schrieb in einer Gefängniszelle: „Ungerechtigkeit egal wo, ist eine Bedrohung der Gerechtigkeit überall.“ Ob ein Kind in Birmingham/Alabama oder Birmingham/England abgetrieben wird: Es ist immer ein Angriff auf die „geliebte Gemeinschaft“, die meinem Onkel so wichtig war.

Mein Onkel Martin hatte einen Traum. Er malte sich aus, dass wir alle das erleben würden, was eigentlich selbstverständlich ist: Dass alle Menschen gleich sind. Er hat Amerika aufgerufen, das Falsche zuzugeben und zurückzulassen.

Heute rufe ich uns alle auf, egal welcher Herkunft, Rasse oder Religion, unsere Irrtümer zuzugeben und uns von ihnen abzuwenden. Ich glaube, dass die Verletzung des Rechtes auf Leben die größte Ungerechtigkeit ist, die wir heute erleben. Im Töten gibt es kein Mitleid. Wo man Menschen ihre Menschlichkeit abspricht, ist keine Gerechtigkeit.

Ich frage nur: Wie kann der Traum weiterleben – der Traum der Gleichheit für alle –, wenn wir unsere Kinder töten? Wie kann der Traum weiterleben, wenn wir anderen Menschwürde und Respekt verwehren? Wie kann der Traum weiterleben, wenn wir uns für diese Menschen nicht einsetzen?[1]


[1] Siehe auch unter www.europe4christ.net

Fatima christologisch betrachtet

Im zweiten Teil ihrer Abhandlung über Fatima geht die Theologin Anna Roth auf die beiden ersten Botschaften vom 13. Mai und 13. Juni ein. Sie stellt sich die Frage, ob das, was Maria den Kindern vor über 90 Jahren gesagt hat, auch für uns heute noch aktuell ist. In ihrer Analyse hebt Roth vor allem den Stellvertretungscharakter der christlichen Existenz hervor. Fatima ist eine Schule, um dieses grundlegende Geheimnis unserer Erlösung zu entdecken, das letztlich im radikalen Füreinander besteht. Gleichzeitig ist Roth davon überzeugt, dass jeder, der an der Seite Marias und gemeinsam mit ihr für die Bekeh-rung der Sünder kämpft,  auch von Gott dazu mit der notwendigen Gnade, die ihn stärkt und leidensfähig macht, ausgestattet wird.

Von Anna Roth

Erste Botschaft Marias vom 13. Mai 1917

Maria sagt: „Habt keine Angst! Ich tue euch nichts Böses! Ich bin vom Himmel! Ich bin gekommen, euch zu bitten, dass ihr in den folgenden sechs Monaten jeweils am 13. zur selben Stunde hierherkommt. Dann werde ich euch sagen, wer ich bin – und was ich will. Ich werde danach noch ein 7. Mal hierher zurückkehren. Wollt ihr euch GOTT anbieten, um alle Leiden zu ertragen, die ER euch schicken wird, zur Sühne für alle Sünden, durch die ER beleidigt wird und als Bitte für die Bekehrung der Sünder?“

Die Kinder bejahen es. Sie wollen es tun. Maria sagt: „Ihr werdet also viel leiden müssen, aber die Gnade GOTTES wird eure Stärke sein!“

Die Kinder berichten: Maria öffnete ihre Hände und übermittelte uns ein so starkes Licht, das wie ein Widerschein von ihren Händen ausging. Es drang uns in die Brust und bis in die tiefste Tiefe der Seele. Und wir erkannten uns selber in Gott, der dieses Licht war, viel klarer – als wir uns im besten Spiegel sehen konnten.

Nach einigen Augenblicken fügte Unsere Liebe Frau hinzu: „Betet täglich den Rosenkranz um den Frieden der Welt und um das Ende des Krieges zu erlangen.“

Analyse der Botschaft: Stellvertretung und Leidensfähigkeit

Zunächst fällt auf, dass Maria die Kinder wie erwachsene Personen behandelt. Sie fragt höflich an, ob die Kinder bereit sind, für Gott Leiden auf sich zu nehmen. Das heißt, die Kinder sind in die Entscheidungsfreiheit gestellt. Der freie Wille der Kinder erhält und behält seine volle Akzeptanz. Und Maria verschweigt den Kindern nichts. Sie deckt die Karten auf. Und sie macht den Kindern klar, dass sich gleichzeitig mit dem Ja-Wort, das heißt in der Konsequenz des Ja-Wortes, die Öffnung des Leidensweges für Gott vollzieht.

Um was geht es? Es geht einerseits um den Begriff der Stellvertretung und andererseits um die Leidensbereitschaft. Denn die Kinder sollen stellvertretend für die Sünden der anderen Leiden ertragen, die der Herr ihnen auferlegen wird.

Aber auch die Tröstung bleibt nicht aus, denn Maria verspricht ihnen, dass er sie mit seiner Gnade stark machen wird. Das heißt also, Gott wird die Kinder leidensfähig machen. Denn niemals verlangt Gott etwas von uns, das über unsere Kräfte hinausgeht.

Diese Gnade Gottes zeigt sich schon sehr deutlich an der Ausdrucksweise der Kinder bei der Erscheinung der Mutter Gottes. Die Kinder, die noch nicht einmal lesen können, sind von dem starken Licht, das von den geöffneten Händen Marias ausgeht, in ihrem ganzen Sein durch und durch durchdrungen. Und sie bekennen, dass das starke Licht in ihre Brust drang – bis in die tiefste Tiefe der Seele – und sie erkannten sich selber in Gott, der dieses Licht war, viel klarer als wir uns im besten Spiegel sehen konnten.

So können Kinder unmöglich in diesem Alter ohne jede Bildung reden. Wer von uns könnte diese Behauptung aufstellen, dass er sich selbst in Gott erkennt? So werden die Kinder allein durch die Gnade Gottes befähigt – ja zu sagen zum Leidensweg. Die Gnade Gottes dient als die Kraftquelle an sich. Das erinnert an Paulus (1 Kor 15,10): „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine mir geschenkte Gnade ist nicht unwirksam geblieben.“

Zweite Botschaft Marias vom 13. Juni 1917

Auch in dieser Botschaft geht es konkret darum, für Gott – aus Liebe zu Ihm – Leiden auf sich zu nehmen, damit die Sünder sich bekehren.

Maria sagt: „Ich möchte, dass ihr alle Tage den Rosenkranz betet und lesen lernt. Später sage ich euch, was ich möchte.“

Lucia sagt zur Muttergottes: „Ich möchte Sie bitten, uns in den Himmel mitzunehmen.“

Maria antwortet: „Ja! Jacinta und Francesco werde ich bald holen. Du aber bleibst noch einige Zeit hier. Jesus möchte sich deiner bedienen, damit die Menschen mich erkennen und lieben. Er möchte auf Erden die Verehrung meines Unbefleckten Herzens begründen.“

Lucia fragt traurig: „Bleibe ich hier allein?“

Maria antwortet: „Nein, mein Kind! Leidest du sehr? Lass dich nicht entmutigen. Niemals werde ich dich verlassen. Mein Unbeflecktes Herz wird deine Zuflucht sein und der Weg, der dich zu GOTT führen wird.“

In diesem Augenblick, wo Maria diese letzten Worte sprach, öffnete sie die Hände und übermittelte uns zum zweiten Mal den Widerschein dieses unermesslichen Lichtes. Darin sahen wir uns wie in Gott versenkt, so drückten es die Kinder in einer ihnen von Gott her eingegebenen spirituellen und theologischen Erkenntnis aus. Jacinta und Francesco schienen in dem Teil des Lichtes zu stehen, der sich zum Himmel erhob, und Lucia schien in dem Teil zu stehen, der sich zur Erde ergoss.

Analyse der Botschaft: Rosenkranz als christologisches Gebet

Um was geht es? Zunächst bittet Maria die Kinder, täglich den Rosenkranz zu beten, aber die Kinder sollen sich auch darum bemühen, lesen zu lernen. Also eine gewisse Bildung ist auch gefordert.

Warum sollen die Kinder den Rosenkranz beten, kann es denn nicht ein anderes Gebet sein? Ist der Rosenkranz nicht zu langatmig und zu eintönig?

Johannes Paul II. verweist in seinem Apostolischen Schreiben „Rosarium Virginis Mariae“ auf die Wichtigkeit des betrachtenden Betens. Und er ordnet das Rosenkranzgebet den kontemplativen Gebeten zu. Es geht nämlich darum, beim Rosenkranzbeten gleichsam Christus zu betrachten. Und zwar: Seinen Lebensweg, den ER – als das Mensch gewordene Wort – hier auf Erden gegangen ist. Das heißt, es geht darum, Seinen Lebensweg geistig und im Herzen schauend mitzugehen.

Denn, wenn wir beten, sollen wir nicht plappern wie die Heiden (vgl. Mt 7,6). Denn die zehn Wiederholungen des Ave Maria dienen einzig der vertiefenden Schau des Stillwerdens – des Hinhorchens auf das WORT, so dass gleichsam der Blick frei wird.

Und Johannes Paul II. bezeichnet Maria als Vorbild der Kontemplation. Sie, Maria, hat sich wirklich der Betrachtung des Antlitzes Christi mit großer Beharrlichkeit hingegeben. Hier macht Johannes Paul II. deutlich, dass es sich beim Rosenkranz um ein christologisches Gebet handelt, denn es führt uns näher zu Ihm hin und verbindet uns mit Ihm.

Betrachtung des „Lucia-Weges“: Jesus-Weg mit Maria

Lucia wollte doch so gerne, dass Maria sie mitnimmt in den Himmel. Aber was antwortet Maria? Sie gibt Lucia unmissverständlich zu verstehen, dass sie zwar ihre Gefährten Jacinta und Francesco bald holen wird, aber nicht Lucia.

Maria eröffnet Lucia einen neuen Weg. Der Lucia-Weg steht für: Einsamkeit – ein Leben ohne Freunde – das Leiden. Die beiden besten Freunde, mit denen Lucia die Erscheinungen Marias erlebt hat, ihre Spielgefährten, werden ihr genommen werden – und zwar bald. Das ist eine Kreuzes-Botschaft für Lucia. Denn Lucia ist noch ein Kind. Sie kann noch nicht einmal lesen. Und diese Botschaft Marias, bald die besten Freunde zu verlieren, hätte auch jeden von uns stark getroffen.

Aber, was sagt Maria auf die Frage von Lucia: Bleibe ich hier allein? – „Nein, mein Kind!“ Was soll das heißen? Maria nimmt Lucia doch ihre allerliebsten Gefährten weg – und behauptet dennoch, Lucia würde nicht allein bleiben? Wie soll das verstanden werden? Zunächst baut Maria die kleine Lucia erst einmal auf: „Leidest du sehr?“ – fragt Maria. „Lass dich nicht entmutigen.“ Das heißt: Maria motiviert Lucia und stärkt sie. Und jetzt schenkt Maria Lucia ein himmlisches Versprechen, sie sagt: „Niemals werde ich dich verlassen.“ Sie nimmt Lucia sozusagen in ihr mütterliches Herz und sagt zu ihr: „Mein Unbeflecktes Herz wird deine Zuflucht sein und der Weg, der dich zu Gott führen wird.“

Jetzt ist es klar: Maria selbst übernimmt ab jetzt den Lebensweg von Lucia. Keine Sekunde – wird Lucia ohne Maria sein. Jeden Schritt – wird Maria mit Lucia gemeinsam gehen. Maria selbst ist es, die Lucia einst zu Gott führen wird. Maria übernimmt also die volle Verantwortung für Lucia, und damit für das Leben und das Lebenswerk von Lucia.

Dies alles geschieht natürlich auf der geistigen Ebene. Denn: Maria wird nicht sichtbar neben Lucia herschreiten. Und Lucia wird Maria nicht sehen. Trotzdem wird Lucia ab jetzt in dem sicheren Bewusstsein leben, ich bin zwar allein, wenn meine beiden allerbesten Freunde zu Gott geführt werden. Aber nur scheinbar bin ich allein. In Wirklichkeit ist Maria immer bei mir. Lucia wird also tief in den geistigen Weg eingeführt. Sie wird eingeführt in die geistige Zweisamkeit mit Maria. Sie wird eingeführt in dieses „Hineingenommensein“ in Maria.

Was sollen wir darunter verstehen? Konkret heißt das, dass Lucia den Weg zu Gott nicht verfehlen kann, denn sie hat von Maria selbst eine persönliche Garantie. Lucia ist das auserwählte Werkzeug von Jesus. Und Jesus hat mit Lucia einen ganz bestimmten Lebensweg vor. Und damit Lucia diesen „JESUS-Weg“ gehen kann, schenkt ER ihr das kostbarste Geschenk: nämlich MARIA – SEINE MUTTER.

Was können wir hieraus lernen?

Wenn Gott sich eines Menschen bedient – wenn ER jemanden in Seinen Weinberg beruft – dann lässt ER ihn nicht allein – dann stattet ER sein Werkzeug mit überreichlicher Gnade aus. Denn – was schreibt Paulus im Römerbrief (8,28-30)? „Wir wissen auch, dass Gott denen, die IHN lieben, alles zum Guten wirkt, denen, die nach Seinem Ratschluss berufen sind. Denn, die ER im voraus erkannt hat, hat ER auch vorherbestimmt, dem Bild Seines Sohnes gleichgestaltet zu werden, damit Dieser der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei. Die ER aber vorherbestimmt hat, hat ER auch berufen – die ER aber berufen hat – hat ER auch gerechtfertigt – die ER aber gerechtfertigt hat – die hat ER auch verherrlicht.

Was bedeutet das für uns? Gott überfordert uns nicht. Er stattet uns aus, gemäß den Aufgaben, die ER uns gibt. Gott ist zuverlässig und treu. Und wen Gott beruft und wer diese Berufung annimmt, den beschenkt ER mit seinen Gnaden reichlich und im Überfluss.

Dies erkennen wir an Sr. Lucia, an ihrem Leben, das sie ganz gemäß dem Willen Marias geführt hat. Denn den Auftrag von Fatima erfüllen heißt: Werkzeug Marias sein. Und Werkzeug Marias sein – heißt Werkzeug Gottes sein.

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