Der Papst unter dem Kreuz

Angesichts der weltweiten Stimmungslage sehen viele Medien den Augenblick gekommen, das Pontifikat Benedikts XVI. für gescheitert zu erklären. Dem Papst gelinge es nicht, auch nur eine seiner Positionen der heutigen Welt und Kirche zu vermitteln. Seine Wahl zum obersten Hirten der Kirche entwickle sich zu einer einzigen Tragödie. Und mit allem Nachdruck wird versucht, dieses Urteil in die Öffentlichkeit hineinzutragen. Aber müssen wir uns diese Meinung aufdrängen lassen? Trägt nicht dieses Pontifikat die siegreichen Züge des Kreuzes Christi an sich? Es gilt zu erkennen, welchen Siegeszug dieses Pontifikat für das Reich Gottes bedeutet. Je mehr es uns gelingt, die derzeitigen Ereignisse im Licht unseres Glaubens zu begreifen, umso wirksamer können wir die verunsicherten Gläubigen in ihrer Treue zur Kirche stärken.

Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel

Mitarbeiter der Wahrheit

Das Pontifikat Papst Benedikts XVI. fordert die Welt heraus. Mit seinem Zeugnis steht er der modernen Entwicklung auf vielfache Weise im Weg. Doch die Widerstände schüchtern ihn nicht ein. Denn er weiß sich der Wahrheit verpflichtet. Sein Wahlspruch, den er sich schon zu seiner Weihe als Erzbischof von München und Freising am 28. Mai 1977 genommen hat, lautet: „Cooperatores veritatis – Mitarbeiter der Wahrheit“. Das Motto ist aus dem dritten Brief des hl. Apostels Johannes genommen, wo es um die Unterstützung der Wandermissionare geht. Dort heißt es: „Darum sind wir verpflichtet, solche Männer aufzunehmen, damit auch wir zu Mitarbeitern für die Wahrheit werden“ (3 Joh 8). Eine wunderbare Losung für einen Hirten und sein Selbstverständnis. Er sieht sich nicht so sehr als Einzelkämpfer, der mit seinem eigenen Wort die Wahrheit verteidigen muss und darin seine „Mitarbeit an der Wahrheit“ versteht, sondern er ist in erster Linie „Mitarbeiter der Wahrheit“, indem er die anderen unterstützt, die in der Verkündigung stehen und den Dienst am Evangelium ausüben. Schöner könnte man das Charisma Benedikts XVI. wohl kaum ausdrücken. Seine Gelehrsamkeit verbindet er mit dem Herzen des Lieblingsjüngers Johannes, demütig und kindlich rein. So findet er zu den schwierigsten Fragen Worte, die alle verstehen können. Es sind aber deshalb auch Worte, denen niemand ausweichen kann.

Schicksal des hl. Stephanus

Die Ausübung des Hirtenamtes unseres Papstes erinnert an das Zeugnis des hl. Stephanus, von dem es heißt: Einige „erhoben sich, um mit Stephanus zu streiten; aber sie konnten der Weisheit und dem Geist, mit dem er sprach, nicht widerstehen“ (Apg 6,10). So sahen seine Gegner keinen anderen Ausweg, als das Volk gegen ihn aufzuhetzen. In ihrem Hass setzten sie Verleumdungen in die Welt und stifteten einen Aufruhr an. Auf diese Weise gelang es ihnen schließlich, Stephanus durch Steinigung zu beseitigen. Etwas Ähnliches spielt sich heute ab. Mit Argumenten kommen die Gegner der Kirche nicht gegen Benedikt XVI. an, so versuchen sie ihn als Person anzugreifen und zu zerstören.

Noch vor wenigen Jahren wäre es unvorstellbar gewesen, dass Anwälte und Juristen in den USA ernsthaft den Versuch unternehmen, den Papst persönlich für Missbrauchsfälle durch katholische Priester verantwortlich zu machen und seine Vorladung vor weltliche Gerichte durchzusetzen. Ebenso abenteuerlich klingt die Forderung der bekannten Atheisten Richard Dawkins und Christopher Hitchens, den Papst zu verhaften, sobald er britischen Boden betritt. Bekanntlich ist dieses Jahr ein Papstbesuch nach England geplant, in dessen Rahmen John Henry Newman am 19. September selig gesprochen werden soll. Dem Papst wird vorgeworfen, mit seinem Schweigen zu Missbrauchsfällen „Verbrechen gegen die Menschheit“ begangen zu haben. Die weltbekannten Anwälte Geoffrey Robinson und Mark Stephens, anerkannte Menschenrechtsexperten, wurden bereits beauftragt, den Casus gegen den Papst beim „Crown Prosecution Service“, der britischen Staatsanwaltschaft, vorzubereiten und registrieren zu lassen. Die Juristen möchten die gleichen Rechtsprinzipien anwenden, die auch 1998 zur zeitweiligen Gefangensetzung von Chiles Ex-Diktator Pinochet auf der britischen Insel geführt haben. Letztes Jahr erwirkten pro-palästinensische Aktivisten ebenfalls einen Arrestbefehl gegen die frühere israelische Außenministerin Tzipi Livni, die daraufhin von ihrem geplanten Besuch in London Abstand nahm. Von der Zeitung „Die Welt“ werden diese beiden Beispiele ins Feld geführt, um aufzuzeigen, dass die Ankündigung der britischen Kronanwälte nicht nur eine lächerliche Drohung oder einen Mediengag darstellt. Und natürlich sähen die Initiatoren der Aktion gegen den Papst nichts lieber, als dass der Vatikan die geplante Reise aus Verunsicherung und Angst absagt.

Schadensersatzforderungen an den Vatikan

Wo setzten die Widersacher Benedikts XVI. ihren Hebel an? Im Jahr 2001 verfügte Papst Johannes Paul II. auf Drängen Kardinal Ratzingers, des damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, dass alle Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern durch katholische Priester seinem Dikasterium (vatikanischen Ministerium) gemeldet und dort verhandelt werden müssen. Dahinter stand die Absicht, gegen Pädophilie konsequent durchzugreifen und strengere Regeln einzuführen. Von Anfang an vertrat Kardinal Ratzinger auch die Auffassung, solche Verbrechen ohne falsche Rücksichten auf das Ansehen der Kirche vor die weltlichen Gerichte zu bringen und zu bestrafen. Nun werfen die Opferanwälte dem heutigen Papst vor, durch seine Maßnahme viele Fälle verschleppt zu haben, zumal das entsprechende „Motu proprio“ des Papstes ausdrücklich die „päpstliche Geheimhaltung“ zusichert. Übeltäter seien erst lange nach der Meldung der Vorfälle durch ihre Bischöfe nach Rom an der Fortsetzung ihres schrecklichen Treibens gehindert worden. Natürlich brauche ein vatikanisches Verfahren Zeit, doch gerade deshalb habe der Kardinal in einzelnen Fällen nachweislich das Gegenteil von dem erreicht, was er womöglich angestrebt habe. Wie dem auch sei, Benedikt XVI. habe alle Verbrechen persönlich zu verantworten, welche durch die betroffenen Priester nach der Überstellung ihrer Akten auf den damaligen Schreibtisch Ratzingers begangen worden seien. Gleichzeitig geben sich die amerikanischen Anwälte siegesbewusst und sicher, dass sie auf diesem Hintergrund schon bald Schadensersatzforderungen direkt dem Vatikan gegenüber geltend machen können. Bisher mussten die Diözesen für ihre Priester in die Bresche springen. In den USA belaufen sich die von ihnen gezahlten Wiedergutmachungen inzwischen auf Milliardenhöhe und haben verschiedene Bistümer bereits in den Bankrott geführt.

Das angebliche Schweigen des Papstes

Dass es die heutige Welt wagt, auf diese Weise als Ankläger gegen den Papst aufzutreten, offenbart das wahre Ausmaß der Feindseligkeit gegen die katholische Kirche, den Eisberg, der sich unter dieser Spitze verbirgt. Es geht den Machern längst nicht mehr um Missbrauchsopfer, auch nicht um die Wahrheit. Denn jeder ehrliche Beobachter muss zugestehen, dass niemand so zielstrebig für die lückenlose Aufklärung der Missbrauchsfälle und die Heilung der Opfer gekämpft hat wie Ratzinger als Kardinal und später als Papst. Man denke nur an die schonungslose Auseinandersetzung mit dem Gründer der „Legionäre Christi“. Die Forderungen des Papstes in Bezug auf sexuellen Missbrauch sind alle seit langem bekannt. Wenn ihm nun Schweigen vorgeworfen wird, geht es um etwas anderes. Diejenigen, denen das unfehlbare Lehramt der katholischen Kirche ein Dorn im Auge ist, wittern Morgenluft. Sie möchten den Felsen Petri mit seinem kompromisslosen Einsatz für die Würde des menschlichen Lebens, diese Festung in der Brandung des Meeres zu Fall bringen. Da die Gegner plötzlich eine entscheidende Chance zu sehen glauben, setzen sie zum Generalangriff an. Wer bedenkt, mit welch heiliger Demut und Aufrichtigkeit Benedikt XVI. die Kirche von ihren Übeln zu reinigen versucht, kann die derzeitigen Manöver nur als Szenarium des Widersachers deuten. Er scheint ungeheure Angst vor den Auswirkungen dieses Pontifikats zu haben und reagiert wie immer mit Aggression. Schon im Neuen Testament wird er als „Ankläger unserer Brüder“, bezeichnet, „der sie bei Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte“ (Offb 12,10). Jesus selbst stellte dem aufgebrachten Volk und seinen Führern die Frage: „Viele gute Werke habe ich im Auftrag des Vaters vor euren Augen getan. Für welches dieser Werke wollt ihr mich steinigen?“ Und angesichts des Kreuzes konnte Jesus schließlich nur noch völlig schweigen. Ähnlich scheint auch Benedikt XVI. seinen Anklägern gegenüber das Schweigen zu wählen. Denn er weiß, dass er sich ihrer Bosheit mit keinem noch so klugen oder richtigen Wort entziehen kann. Sie wollen nur Fallen stellen und werden jede Äußerung für neue Anschuldigungen benützen. So beugt er sich wie Jesus vor der Ehebrecherin lieber schweigend nieder und schreibt angesichts der unzähligen gefallenen Priester voll Scham und Reue in den Sand der Erde, um sie am Ende zur Umkehr aufzurufen.

Der Bußruf von Fatima

Die Antwort des Papstes lautet: Wir müssen für die begangenen Verbrechen Buße tun. Gott lässt es bewusst zu, dass uns die Welt unsere Sünden vor Augen hält. Und wenn der Papst dabei ausdrücklich von „unseren Sünden“ spricht, identifiziert er sich in der Schicksalsgemeinschaft des Volkes Gottes wie Jesus selbst bereits mit den Sündern und ihrer Schuld vor Gott. Warum er es trotzdem noch nicht für angemessen erachtet, im Namen der Kirche und stellvertretend für die sündigen Priester vor der Welt eine Bitte um Verzeihung zu äußern, bleibt letztlich sein persönliches Geheimnis. Aber klar ist: Er kann und darf die sündigen Glieder des Leibes Christi nicht um ihre Bekehrung bringen. Jeder Einzelne muss in sich gehen und sich seiner persönlichen Verantwortung für die ganze Kirche stellen. So sprach der Papst am 15. April 2010 bei einer Messe für die Mitglieder der Bibelkommission in seiner Predigt von der Notwendigkeit der Buße. Seine Worte erinnerten so sehr an die Botschaft von Fatima, dass es den Anschein hatte, als blickte er bereits auf seinen dortigen Besuch am 12. und 13. Mai voraus. „Wir Christen“, so Benedikt XVI., „haben auch in jüngster Zeit, das Wort ,Buße‘ vermieden, weil es uns zu hart erschien. Aber angesichts der Angriffe der Welt, die von unseren Sünden spricht, erkennen wir, dass es eine Gnade ist, Buße tun zu können. Und wir sehen, wie notwendig es ist, Buße zu tun und zu erkennen, was in unserem Leben falsch ist.“ So sei der Schmerz der Reue eine Gnade, da er Reinigung und Erneuerung bedeute. Gleichzeitig aber deutete der Papst die derzeitige Bedrängnis der Kirche in die andere Richtung, nämlich als eine „subtile oder auch weniger subtile Aggression gegen die Kirche“. Heute herrsche auch ohne ein offenes totalitäres Regime ein Druck, so zu denken, wie alle anderen. Die Angriffe auf die Kirche zeigten, wie „dieser Konformismus wirklich eine echte Diktatur sein kann“.

Der Papst steht der neuen Diktatur im Weg

Diese neue Form der Diktatur, die Benedikt XVI. als Konformismus bezeichnet, will alle Menschen zur Annahme ihrer Werte zwingen. Sie ist dabei, ihr eigenes Weltethos zu schaffen. Im Mittelpunkt des Denkens und Handelns steht der Mensch ohne letzte Verantwortung gegenüber Gott und seiner Wahrheit. Benedikt XVI. steht diesem Ethos im Weg. Seine Verkündigung mit ihren scharfsinnigen Akzenten macht der neuen Weltdiktatur andauernd einen Strich durch die Rechnung. Und deshalb muss er verschwinden, mit ihm zusammen am besten die ganze katholische Kirche.

Warum kommen die Geschütze aus England? Schon ein kleines Beispiel zeigt, dass dies kein Zufall ist. Das Angebot des Papstes an anglikanische Gemeinschaften, sich ohne größere Hindernisse der katholischen Kirche anschließen zu können, hat einen dezidierten Hintergrund. Jeder kennt den Auslöser für den Wunsch von anglikanischen Hirten und Gemeinden, zur katholischen Kirche überzutreten. Es ist das offene Bekenntnis der Anglikanischen Kirche zur gelebten Homosexualität bis hin zur Berufung Homosexueller und Lesben in das Bischofsamt. Die Maßnahme des Papstes sitzt nun wie ein Stachel im Fleisch. Immer, wenn sich Anglikaner, welche die Homosexuellen-Ideologie in der Anglikanischen Kirche nicht mehr hinnehmen wollen, an Rom wenden, geht von neuem ein beredtes Signal gegen diese Speerspitze des Konformismus aus. „Mitarbeiter der Wahrheit“ ist Benedikt XVI. dadurch geworden, dass er die suchenden und bekennenden Anglikaner – man denke an die „Wandermissionare“ im Johannesbrief – ohne großen Lärm einfach nur unterstützt.

Medizin gegen kirchliche Fehlentwicklungen

Alle Punkte, die dem Papst von den Medien als Fehlgriffe vorgeworfen werden, bergen ohne Zweifel Zündstoff. Aber letztlich bedeuten seine unliebsamen Vorstöße eine notwendige Kurskorrektur. Sie wirken wie eine heilsame Medizin gegen Fehlentwicklungen innerhalb und außerhalb der Kirche, manchmal sogar wie ein Befreiungsschlag.

Um nur einige Beispiele anzudeuten: Die Wiederzulassung der sog. „Alten Messe“ hatte in keiner Weise die Absicht, die Liturgiereform aufzuheben. Aber die Beschäftigung mit der Bedeutung des alten Ritus bewirkte in der ganzen Kirche ein neues Verständnis für das, was „Liturgie“ überhaupt bedeutet. Wir hatten weithin das Gespür dafür verloren.

Die Versöhnungsgespräche mit der Piusbruderschaft brachten plötzlich ans Tageslicht, dass das II. Vatikanische Konzil nicht von einem virtuellen „Geist des Konzils“ her, sondern im Licht der gesamten Tradition der Kirche verstanden und interpretiert werden muss.

Die Aufnahme von anglikanischen Gemeinden machte deutlich, worin der eigentliche Knackpunkt in der Ökumene mit allen reformatorischen Gemeinschaften besteht: im katholischen Priestertum und den damit verbundenen Sakramenten. Denn der Papst tastete deren Strukturen und liturgische Traditionen nicht an, sondern verlangte im Wesentlichen nur die Priesterweihe deren Pastoren.

Seine Aufmerksamkeit, die er innerkirchlich den Priestern schenkt wie z.B. durch das „Jahr des Priesters“, lässt neu verstehen, dass die pastorale Fruchtbarkeit von der persönlichen Lauterkeit und Vollkommenheit des Amtsträgers abhängt.

Das Jesus-Buch rollt den Umgang mit der Heiligen Schrift neu auf und bringt eine ungläubige Exegese zum Einsturz. Die kirchliche Basis ist ihm weltweit gefolgt und lässt das Wort Gottes in neuem Glanz erstrahlen. Die Regensburger Rede machte offenbar, wie blauäugig ein Dialog mit dem Islam ist, der die Frage nach der Gewalt ausklammert. Sein Umgang mit dem Volk Israel zeigt die Notwendigkeit, das jüdische Erbe von politischer Vereinnahmung zu lösen und es in seiner geistlichen Dimension fruchtbar zu machen. Nur so können wir es auch für die Kirche zurückgewinnen.

Der Papst steht unter dem Kreuz. Als „Mitarbeiter der Wahrheit“ bezahlt er für seinen Einsatz einen hohen Preis. Aber sein Pontifikat trägt die siegreichen Züge des Kreuzes Christi an sich. Benedikt XVI. führt die Kirche auf dem Weg der Reinigung ihrer Erneuerung entgegen.

„Pfarrzellsystem“ zur Evangelisierung

Der deutsche Kurienkardinal Paul-Josef Cordes ist Präsident des vatikanischen Hilfswerks „Cor unum“. Mit großem Nachdruck unterstützt er seit vielen Jahren Bewegungen und neue geistliche Gemeinschaften, die sich für die Erneuerung des kirchlichen Lebens einsetzen. Ein besonderes Anliegen ist es ihm, den Aufbruch in den Pfarreien zu fördern. So ist es nicht verwunderlich, dass er an Pfingsten, dem 23. Mai 2010, nach Türkheim kommen wird, um mit der dortigen Pfarreiengemeinschaft den neuen Weg der pfarrlichen Evangelisationszellen zu eröffnen. Der zuständige Pfarrer Bernhard Hesse, der besonders durch die ewige Anbetung in seiner Pfarrei bekannt geworden ist, lädt alle Interessierten zur Teilnahme an diesem pfingstlichen Ereignis ein.

Von Bernhard Hesse

Viele von uns bewegt der Zustand unserer Pfarrgemeinden und der gesamten Kirche in Deutschland und ganz Mitteleuropa und mancher blickt mit banger Sorge in die Zukunft. Jesus hat seinen Jüngern einmal verheißen: „Ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt“ (Joh 15,16).

Beispiel der Pfarrei SantEustorgio in Mailand

Auf der Suche nach Wegen für unsere Pfarreiengemeinschaft, die nachhaltig Frucht verheißen, sind wir auf das „Pfarrzellsystem zur Evangelisierung“ der Pfarrei Sant’ Eustorgio in Mailand und ähnlicher Pfarreien in Frankreich gestoßen und sind dabei ganz normalen Pfarrgemeinden begegnet, die sich im Verlauf von einigen Jahren in äußerst lebendige missionarische Gemeinden verwandelt haben.

Für unsere Pfarreiengemeinschaft haben wir uns entschieden, diesen Weg bei uns auszuprobieren und uns auf das Pfarrzellsystem zur Evangelisierung einzulassen. Nach einigen vorbereitenden Schritten sind wir nun dabei, diesen Evangelisationsweg in unserer Pfarreiengemeinschaft am kommenden Pfingstfest, dem 23. Mai 2010, feierlich zu eröffnen.

Josef Kardinal Cordes zu Gast in Türkheim

Zur Unterstützung für diesen neuen Evangelisationsweg haben wir einen besonderen Gast aus Rom eingeladen, der mit dem Pfarrzellsystem gut vertraut ist. Ohne zu zögern hat uns Paul Josef Kardinal Cordes zugesagt, zu uns nach Türkheim zu kommen, um uns beim Aufbau des Zellsystems zu helfen.

Wir haben den Tag unter das Thema gestellt: „Feuer auf die Erde werfen – Aufbruch zu einer evangelisierenden Pfarreiengemeinschaft“. Um 10.00 Uhr wird Kardinal Cordes mit uns in der Pfarrkirche in Türkheim die Festmesse feiern, um 14.30 Uhr werden wir mit einer gemeinsamen Eucharistischen Anbetung fortfahren und um 16.00 Uhr wird Kardinal Cordes ebenfalls in der Türkheimer Pfarrkirche einen Vortrag über die Neu-Evangelisierung mit anschließender Aussprache halten. Um 18.00 Uhr werden wir die Begegnung mit einer feierlichen Vesper abschließen.  

Einladung an alle interessierten Seelsorger

Dieses Fest wäre auch für andere Priester eine gute Gelegenheit, einen kleinen Einblick in diesen besonderen Weg der Neu-Evangelisierung zu bekommen. Und so haben wir uns entschlossen, viele Priester, Diakone und andere Interessenten zu diesem Tag nach Türkheim einzuladen.

Nähere Informationen über das Zellsystem: www.pfarrzellen.de

Lebensschützer brauchen die Unterstützung der Bischöfe

Für einen sog. Lebensmarsch scheut Weihbischof Dr. Andreas Laun keine Mühe. Wann immer er sich frei machen kann, nimmt er daran teil und stellt sich in die vorderste Reihe. So hat er öffentliche Kundgebungen für das Leben in Wien, Budapest, Salzburg, München, Berlin und zuletzt auch in Prag angeführt. Das mag man „Pro-Life-Tourismus“ nennen. Doch Weihbischof Laun sieht die dringende Notwendigkeit, dass die Lebensschützer von ihren Bischöfen unterstützt und ermutigt werden. Für ihn aber geht es nicht nur darum, dabei zu sein und ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Bei Lebensschutz-Aktivitäten müssen die Bischöfe selbst ihre Stimme erheben. Durch ihr Zeugnis vor der Welt, durch ihre Autorität als Hirten der Kirche und durch ihren Segen können sie die Gläubigen zum Dienst am Leben formen.

Von Weihbischof Andreas Laun, Salzburg

Die Lebensschützer sind, jedenfalls soweit ich sie kenne, fast alle katholisch, sie sind eine grenzüberschreitende Gemeinschaft mit klarer Zielsetzung, geeint in der Überzeugung von der Unantastbarkeit des unschuldigen menschlichen Lebens und im Glauben an Gott, wie Ihn Jesus der Welt gezeigt hat! So kann es nicht verwundern: Wo immer ich mit Lebensschützern beisammen war und bin, ist es, als ob ich alte Freunde träfe, Familienmitglieder, die ich zwar gestern noch nicht kannte, die aber heute schon meine Freunde sind. Die Lebensschützer sind, könnte man sagen, wie eine große Familie, verstreut über alle Länder, eingebettet in die weltumspannende Gemeinschaft der katholischen Kirche!

„Vor meinem Sohn werden Sie Achtung haben!“ (Mt 21,37)

Ja, es ist wahr, der Rauch Satans, von dem Papst Paul VI. sagte, dass er in die Kirche eingedrungen sei, hat sich weiter ausgebreitet, er hat auch das 5. Gebot erreicht, hat es für die Augen mancher Christen unerkennbar gemacht, ihre Gehirne vernebelt, auch „universitär gebildete, professorale“ Hirne! Die Entwicklung erinnert an das Gleichnis Jesu, in dem er von dem Gutsbesitzer erzählt, dessen Knechte den Pachtzins einholen sollten. Aber sie werden von den Pächtern abgewiesen und verprügelt. Zuletzt denkt der Besitzer: Ich schicke meinen Sohn, denn „wenn sie diesen sehen, werden sie sich scheuen“ (Lk 20,13). Aber das Gegenteil geschieht, sie bringen den Sohn einfach um. Ähnlich geht es in der Frage des Lebensschutzes und der Abtreibung: Wie viele Jahre schon wird die kirchliche Lehre zur Verhütung oder zum vorehelichen Verkehr in Theorie und im Leben missachtet und verhöhnt? Mindestens seit 1968, seit der Veröffentlichung von Humanae vitae. Aber bisher konnte man meinen: Es gibt eine unüberwindbare Scheu, eine Grenze, die ein Katholik nie und nimmer überschreiten wird: „Vor dem Leben selbst werden sie Achtung haben, das Nein zur Abtreibung ist unumstößlich!“ Aber nein, so ist es schon lange nicht mehr!

Theorie der „Güterabwägung“ zerstört die Ethik

Um ein Beispiel zu nennen: Erst vor kurzem meinte ein Redner in einer Versammlung für kirchliche Mitarbeiter in Salzburg, die Kirche müsse in Fragen der Sexualmoral endlich verschiedene Meinungen zulassen und dies gelte auch für Abtreibung! Die Reaktion war nicht, wie sie es für Katholiken sein müsste, Empörung, sondern Applaus der überwiegenden Mehrheit im Saal! Ein Einzelfall? Nein und es wäre auch höchst unwahrscheinlich angesichts bestimmter Lehr-Entwicklungen: Scharfsinnig und zwingend logisch hat im Vatikan-Magazin (März 2010) erst kürzlich Pater Recktenwald darauf hingewiesen: Die in der Moraltheologie verbreitete Theorie der „Güterabwägung“ hat die Einbrüche auf dem Gebiet der Moral vorbereitet und ermöglicht! Denn sie hat „den Weg freigemacht“, jedwede Tat zu rechtfertigen, weil sie sich auf alle Gebiete der Moral anwenden lässt, auf Pädophilie ebenso wie eben auch auf Abtreibung! Johannes Paul II. hat diese Theorie als Zerstörung der Ethik gebrandmarkt und in seiner Enzyklika Veritatis splendor widerlegt, aber seine Stimme wurde nur von wenigen, keineswegs von der ganzen Kirche im deutschen Sprachraum gehört, eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Text fand nicht statt, man hat dem Papst einmal mehr nicht gehorcht!

Pro-Life-Märsche sind mehr als „Demonstrationen“

Ich habe schon viele Lebensschutz-Aktivitäten begleitet, mit allen anderen zusammen: betend vor allem, aber auch öffentlich Zeugnis gebend, was mehr ist als eine „Demonstration“! Wir, die Lebensschützer, sind mit und ohne Kreuze gegangen, wir haben Texte verlesen oder laut gebetet. Sehr oft waren wir begleitet von denen, die ein „Recht auf Abtreibung“ fordern und uns so sehr hassen, dass wir des Polizeischutzes bedurften! Mehrfach habe ich versucht, mit den Gegnern zu sprechen, habe sie eingeladen auf ein Bier und dabei auf ein Gespräch ohne Trillerpfeifen, aber es ist mir nie gelungen. Was immer die Lebensschützer tun, sagen, vorschlagen: Die Reaktionen sind blasphemische und ordinäre Sprüche, ab und zu werfen sie auf uns, einmal war es eine brennende Bibel, sinnvoller Weise in der Nähe des Platzes, auf dem auch die Nazis Bücher verbrannten! Und außerdem: Die Gesichter der Feinde sind fast immer hässlich, leer, verzerrt, hasserfüllt! Die Gesichter „der Unseren“ hingegen sind schön, strahlen Freude und Frieden!

Notwendiger „Pro-Life-Tourismus“ eines Hirten

Ich habe Lebensschutz-Demonstrationen mitgemacht in Wien, in Budapest, in Salzburg, München und Berlin, einmal oder mehrfach, zuletzt auch in Prag! Pro-Life-Tourismus? Ja, weil die Lebensschützer die Ermutigung durch Bischöfe dringend brauchen, und weil Weihbischöfe sich leichter freimachen können, um mit den Menschen auf diese Weise auf die Straße zu gehen! Aber es gehen, Gott sei Dank, auch Bischöfe und Erzbischöfe auf die Straße „für das Leben“, besonders in den USA, in Spanien und Belgien, aber auch in anderen Ländern!

In Brüssel konnte ich leider nicht teilnehmen, aber viel besser: Es kam der neuernannte Erzbischof Leonard – was für eine besondere Freude, was für ein starkes Zeichen für die Lebensschützer!

Ich übernehme nachfolgend einen Bericht, den mir meine Prager Freunde zugeschickt haben und ergänze ihn nur mit der Erinnerung an ein Erlebnis, das ich bisher nur einmal im Leben, nämlich in Lemberg hatte: Menschen baten mich auf offener Straße um den Segen des Bischofs, einzelne knieten dabei vor den Augen der Passanten sogar nieder! Wenn man bedenkt, wie viele Jahre in Prag ein aggressiver, staatlich geordneter Atheismus herrschte: Was für eine Freude, die Lebensschützer zu erleben! Zuerst bei der Heiligen Messe in der übervollen Dominikanerkirche, dann auf der Straße, zahlreicher als in anderen Städten!

Über 2000 Teilnehmer am Prager Lebensmarsch 2010

Bericht der Veranstalter aus Prag:

„Eine zunehmende Zahl von Menschen nahm am Prager Lebensmarsch teil. Mehr als zweitausend Personen marschierten beim zehnten Jubiläumsmarsch am Samstag, 20. März 2010, durch das Zentrum Prags. Eine Vielzahl von ihnen trug weiße Holzkreuze, welche von den Organisatoren als Symbole für die Opfer des Abtreibungsgenozids vorbereitet worden waren. Im Zuge dieses Genozids werden in unserem Land jährlich mehr als  25.000 empfangene Kinder ums Leben gebracht.

Die „Pro-Life-Bewegung“ der Tschechischen Republik (HPŽ ČR) will durch den Lebensmarsch immer wieder der breiten Öffentlichkeit die Frage stellen, ob die Abtreibungsgesetzgebung aus den Jahren 1986 bzw. 1957 tatsächlich notwendig ist.

Dem diesjährigen Lebensmarsch ging eine Konferenz zum Thema „Fallen der künstlichen Befruchtung“ voraus. Dabei hielten folgende Ehrengäste ihre Vorträge: der Salzburger Weihbischof Andreas Laun, der Direktor der Jugendsektion der Tschechischen Bischofskonferenz P. Vít Zatloukal, der Gynäkologe MUDr. Mario Šmehil sowie die Vizepräsidentin der Pro-Life-Bewegung HPŽ ČR Zdeňka Rybová. Bischof Laun als weltweit anerkannter Moraltheologe fasste in seinem Beitrag die Gründe zusammen, welche zur Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Therapie von Unfruchtbarkeit und assistierter Reproduktion führen. P. Zatloukal behandelte aus seiner Erfahrung in der Jugendseelsorge die zu erwartenden Gefahren, welchen die mittels IVF geborenen Heranwachsenden und jungen Erwachsenen ausgesetzt sind, und erwähnte das Problem der Suche nach der eigenen Identität. Dr. Šmehil erklärte als Gynäkologe, wie die einzelnen Prozesse der In-Vitro-Fertilisierung ablaufen und wo problematische Stellen sind, welche die medizinische Ethik bisher nicht beantworten kann, und zwar mit einer Antwort, welche die Integrität der menschlichen Person in den Anfangsmomenten ihrer biologischen Entwicklung berücksichtigen würde. Zdeňka Rybová informierte kurz über Lösungen bei Unfruchtbarkeit in Form der Kinderadoption.

Auf die Konferenz folgte ein Festgottesdienst in der Dominikanerkirche St. Aegidius in der Prager Altstadt. Gemeinsam mit Bischof Laun konzelebrierten Bischof Ladislav Hučko und 23 Priester aus der ganzen Tschechischen Republik. Die Kirche war voll gefüllt. In seiner Predigt betonte Bischof Laun, dass sich katholisch niemand nennen könne, der nicht ein Verteidiger des Lebens der schwachen, wehrlosen Menschen sei. Bischof Laun hob hervor, dass der Kampf um die Wiederherstellung der Achtung vor dem Leben eine der wichtigsten Aufgaben in unserer Zeit sei. Am Ende der Messe übermittelte Radim Ucháč, der Präsident der HPŽ ČR, an die Teilnehmer Grüße von einer Reihe tschechischer und mährischer Bischöfe, die sich von der Teilnahme entschuldigt hatten. In der anschließenden Prozession des Lebensmarsches, der sich nach 14 Uhr von der Dominikanerkirche in Richtung Wenzelsplatz bewegte, schritt an der Spitze der Salzburger Weihbischof Andreas Laun. Der Lebensmarsch wurde vor 16 Uhr an der St.-Wenzel-Statue mit dem St.-Wenzel-Choral und der tschechischen Nationalhymne beendet.

Die Medien berichteten über den Lebensmarsch meistens in Form von Agenturnachrichten. Eine Ausnahme war das christliche Radio Proglas, welches seinen Zuhörern einen Live-Bericht direkt aus der schreitenden Prozession übermittelte. Am Lebensmarsch waren die ganze Zeit über auch Mitarbeiter des christlichen Fernsehens TV NOE (Noah) sowie des tschechischen Fernsehens ČT und des Fernsehens NDTV anwesend.“

 

March for Life – Brüssel 2010

Vor 20 Jahren wurde die Abtreibung in Belgien eingeführt. Aber der Widerstand gegen dieses Gesetz des Tötens wächst. Nahezu 2000 Lebensschützer, viele unter ihnen junge Studenten, gingen am Sonntag, dem 28. März, zum ersten Mal in Brüssel auf die Straße, um ihre Stimme für die Ungeborenen zu erheben.

Michel De Keukelare, der verantwortliche Präsident der Kundgebung, kommentierte das Ereignis mit den Worten: „Wir geben heute den ungeborenen Kindern eine Stimme. Die Tötung unseres Nachwuchses ist ein Armutszeugnis für unsere Kultur in Europa, es lohnt sich jederzeit, für das Leben zu kämpfen, denn jeder ist einmalig und unendlich kostbar.“

Unter den vielen Teilnehmern war auch der Erzbischof von Brüssel, S. E. André-Mutien Léonard, der allen „Pro-Lifern“ seine Wertschätzung und seinen Dank aussprach. Darüber hinaus betonte er, dass der Papst höchstpersönlich von dieser Lebensschutzkundgebung wisse, „dafür bete“, und sich über dieses klare Zeichen und Eintreten für die Schwächsten freue.

Quelle: www.hli.at / HLI-Helpers jjb

 

Das Geheimnis der Eucharistie

Die sel. Mutter Teresa war überzeugt, dass „unser Leben mit der Eucharistie verwoben sein muss“. Die gelebte Verbindung mit Jesus im Allerheiligsten spielt für die Schwesterngemeinschaft, die sie gegründet hat, eine entscheidende Rolle. Wer diesem blühenden Orden der „Missionarinnen der Nächstenliebe“ begegnet, spürt sofort die Wertschätzung des Priestertums und der Eucharistie. Dies gilt auch für die anderen Gemeinschaften, die auf das Wirken der sel. Mutter Teresa zurückgehen, wie z.B. die Priestergemeinschaft „Corpus Christi“. Nachfolgend geben wir einzelne Äußerungen der sel. Mutter Teresa über das Geheimnis der Eucharistie wieder, die aus ganz unterschiedlichen Zusammenhängen stammen, aber ein kleines Mosaik bilden und ihre eucharistische Spiritualität aufscheinen lassen.[1] Ein anregender Beitrag besonders auch zum Jahr des Priesters.

Von Mutter Teresa, sel.

Geheimnisvolle Anziehungskraft

Seit meiner Kindheit empfand ich die zärtlichste Liebe für Jesus im Allerheiligsten.

Die Anziehungskraft des Heiligsten Sakramentes war zuweilen so groß. Ich sehnte mich nach der Heiligen Kommunion. Nacht für Nacht schwand der Schlaf – nur um diese Stunden – mich nach Seinem Kommen zu sehnen.

Quelle des Vertrauens

Wenn wir den Herrn in unserer Mitte haben – in der täglichen Heiligen Messe und in der Heiligen Kommunion, habe ich weder Angst um meine Schwestern noch um mich selbst. – Er wird uns behüten. Doch ohne Ihn kann ich nicht sein – bin ich hilflos.

Wie viele müssen wir sein, um das Allerheiligste in unserer Mitte zu haben? – Die Arbeit, die wir zu tun haben, wäre unmöglich, ohne Seine beständige Gnade vom Tabernakel her.

Schule der Sanftmut und Demut

Immer mehr fange ich an zu begreifen, warum Jesus möchte, dass wir von Ihm lernen, sanftmütig und demütig von Herzen zu sein. Weil wir ohne Sanftmütigkeit niemals andere akzeptieren oder den anderen so lieben können, wie Er uns liebt. – Und daher müssen wir, bevor wir Demut lernen, ohne die wir Gott nicht lieben können – lernen, uns gegenseitig zu lieben. – Wir brauchen Sanftmut und Demut, um das Brot des Lebens essen zu können. Wir brauchen Sanftmut und Demut, wenn wir Ihn im Hungrigen speisen wollen.

Ja, wenn wir doch nur zum Geist Christi zurückkehrten, – wenn wir doch nur das Eucharistische Leben noch einmal erlebten, wenn wir doch nur begriffen, was der Leib Christi ist – würde es nicht so viel Leiden geben – so viel von dem, was wir heute haben.

Ausdruck unendlicher Liebe

Christus sehnt sich danach, Ihre Nahrung zu sein. Umgeben von der Fülle der lebendigen Speise, erlauben Sie sich selbst zu verhungern. – Die persönliche Liebe, die Christus für Sie hat, ist unendlich.

Wir konnten jeden Tag vielleicht Anbetung halten und so unser Leben mit dem Brot des Lebens darbringen und miteinander verweben. Selbst Gott konnte keine größere Liebe zeigen, als Sich Selbst als Brot des Lebens darzubieten – um gebrochen und gegessen zu werden, damit Sie und ich essen und leben können – essen können, und so unseren Hunger nach Liebe stillen. – Und trotzdem schien Er noch nicht zufrieden zu sein, denn auch Er war hungrig nach Liebe. – Daher machte Er Sich Selbst zum Hungrigen, zum Dürstenden, zum Nackten, zum Heimatlosen, und darum rief Er uns ständig zu: Ich war hungrig, nackt und heimatlos. Das habt ihr mir getan. – Das Brot des Lebens und der Hungrige – das ist nur eine Liebe – das ist nur Jesus. Seine Demut ist so wundervoll. Ich kann Seine Majestät, Seine Größe verstehen, weil Er Gott ist – doch Seine Demut übersteigt mein Verständnis, weil Er Sich Selbst zum Brot des Lebens macht, so dass sogar ein Kind, das so klein wie ich ist, Ihn essen und leben kann. – Einige Tage zuvor – als unseren Schwestern im Mutterhaus die Heilige Kommunion gereicht wurde, begriff ich plötzlich, dass ich zwischen meinen Fingern Gott hielt. Die Größe der Demut Gottes. Es gibt wirklich keine größere Liebe – keine größere Liebe als die Liebe von Christus. – Sie müssen sich oft – da bin ich mir sicher – auch so fühlen, wenn auf Ihr Wort hin in Ihren Händen – das Brot zum Leib Christi, der Wein zum Blute Christi wird. – Wie groß muss Ihre Liebe für Christus sein. – Keine größere Liebe – als die Liebe des Priesters für Christus, Seinen Herrn und Gott.


[1] Die Aussagen der sel. Mutter Teresa, die im Artikel wiedergegeben sind, finden sich zum großen Teil in dem Buch Komm, sei mein Licht. Die geheimen Aufzeichnungen der Heiligen von Kalkutta (Pattloch Verlag 2007, 448 Seiten, ISBN: 978-3-629-02197-7, Euro 19,95 – zu beziehen auch unter Tel. 089-9271-223 oder Fax 089-9271-236).

Zur Rücktrittsforderung an den Papst

Professor Dr. Hans Schieser von der DePaul University Chicago wehrt sich entschieden gegen die Aufforderung, der Papst solle sich entschuldigen oder sogar zurücktreten. Gleichzeitig will es Schieser nicht einfach bei einer Erwiderung belassen, sondern aufzeigen, „woher das alles kommt“. Für ihn besteht der eigentliche Skandal darin, dass unsere Gesellschaft sowohl die Hintergründe als auch die katastrophalen Folgen der „Befreiung von allen Tabus und moralischen Regeln“ bis heute vertuscht und verschweigt. Nun werde der Kirche „Verschweigen“ vorgeworfen, obwohl sie im päpstlichen Lehramt als einzige moralische Autorität kompromisslos und ohne Unterbrechung ihre Stimme warnend und mahnend erhoben habe.

Von Hans Schieser

Recht des Kindes auf sexuelle Erfahrungen?

Da soll sich der Papst entschuldigen, ja sogar zurücktreten, weil in „Seiner“ Kirche eine Anzahl von Kindern und Jugendlichen sexuell missbraucht wurden.

Gewiss, es ist ein Skandal, wenn auch in der Kirche so etwas vorkommt. Das kam (und kommt) jedoch in allen Kulturen vor, nur dass es bisher noch nirgends als „salonfähig“ oder gar als „förderlich“ für die Entwicklung erachtet wurde.

Das ist neu in der Geschichte, dass man jetzt sogar vom „Recht des Kindes auf sexuelle Erfahrungen“ spricht und „Tabus“ im Bereich des Geschlechtlichen als „überholt und unhaltbar“ erklärt.

Der grandiose Schwindel von Margaret Mead

Die als Schwindel entlarvte „Forschung“ der „Anthropologin“ Margaret Mead (USA, 1901-1978) unter den Eingeborenen von Samoa (Coming of Age in Samoa, New York: Morrow, 1928)  scheint immer noch in den Köpfen der Anthropologen (und selbsternannten Pädagogen) fest zu sitzen und den Blick auf die Wirklichkeit zu vernebeln.

Mead hatte „herausgefunden“, dass die Jugendlichen auf Samoa ohne Tabus aufwachsen und ein unbeschwertes und unproblematisches Sexualleben führen. Australische Forscher haben dies schon vor über 30 Jahren als journalistisches Machwerk und grandiosen Schwindel erkannt (siehe D. Freeman: Margaret Mead and Samoa: The Making and Unmaking of an Anthropological Myth, Cambridge, Mass: Harvard University Press, 1983; und W. Lipp: Liebe ohne Aggression: Margaret Mead’s Legende von der Friedfertigkeit der Naturvölker, Soziologische Revue 1985, Aprilheft: S. 181f).

Mead stand im Dienst von politisch-sozial(istisch)en Ideologen und fälschte „Daten“ – ein Beispiel von „akademischer Prostitution“, die bis heute in der sozialistischen Bildungspolitik vorkommt.

Unzulässige Vereinnahmung Sigmund Freuds                                  

Selbst Freud’s „Expertise“ in Sachen Sexualität hatte ihr widersprochen, wenn er fand, dass „der Verlust des Schamgefühls das erste Zeichen von Schwachsinn [ist] … und Kinder, die sexuell stimuliert werden, nicht mehr erziehungsfähig [sind].“ Er hatte in seiner Praxis erkannt, dass „die Zerstörung der Scham eine Enthemmung auf allen anderen Gebieten bewirkt, eine Brutalität und Missachtung der Persönlichkeit des Mitmenschen“ (S. Freud: Gesammelte Werke, Band 7, London/ Frankfurt 1940-1968, S. 149).

Auch Freud wird heute immer noch für die Begründung einer „nicht-repressiven“ Haltung zur Geschlechtlichkeit herbeigeholt. Aber seine Beobachtungen widersprechen vielfach diesem Bild! Seine Schlussfolgerungen waren, wenn auch oft unwissenschaftlich, dennoch in mancher Hinsicht brauchbar. Als Befürworter der Päderastie kann man ihn kaum bemühen!

Verheerende Folgen von Sexualkunde und Pornographie

Von einer deutschen Ministerin kann man leider nicht erwarten, dass sie mit der anthropologischen und soziologischen Forschung vertraut ist, aber sie müsste mindestens die Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen.

Seit in den Schulen die „Sexualkunde“ läuft, mehren sich die Probleme: Sexualverbrechen, Missbrauch und Verwilderung und nicht zuletzt Geschlechtskrankheiten nehmen (immer noch!) zu. Publikationen und Forschungsdaten darüber sind in USA eher zu bekommen als in Europa, wo man zum Beispiel die Folgen der Abschaffung des „Porno-Paragrafen“ (die Regierung Kohl mit CDU und FDP entschied damals, dass Deutschland einen „erheblichen Nachholbedarf an Pornografie hat“!) bis heute einfach verschweigt. Und Verschweigen wirft man jetzt der Kirche vor!

Vertuschung des „Post Abortion Syndrom“

Aber noch einfacher: Die Zahl der bei uns bekannt gewordenen Fälle sexuellen Missbrauchs steht in keinem Verhältnis zur Anzahl der massenhaften brutalen – aber ganz legalen und sogar vom Staat unterstützten („im allg. gesellschaftlichen Interesse“, lt. der früh. „Gesundheitsministerin“ Ulla Schmid) – Tötung ungeborener Kinder in Deutschland. Es dürften an die 300.000 jährlich sein! Die medizinischen und psychischen Folgen der Abtreibung (z.B. „Post Abortion Syndrom“) werden immer noch verschwiegen, und nicht einmal die demografischen Auswirkungen werden zur Kenntnis genommen. Das weiß heute jeder, aber es ist „kein Thema“ – also auch hier ein Verschweigen und Vertuschen!

Unüberhörbar warnende Stimme der Kirche

Nun: Wer muss sich da entschuldigen, wenn das alles überhaupt entschuldbar ist? Wer müsste da zurücktreten? Zuallererst diejenigen, die sich immer noch für eine Gesellschaft einsetzen, die „von allen Tabus und moralischen Regeln befreit“ das irdische Paradies genießen soll, jedoch in den Barbarismus zurückfällt!

Den Papst und die katholische Kirche kann man des Verschweigens nicht beschuldigen, eher muss man manchen Bischöfen den Vorwurf machen, die verschiedenen Warnungen der Päpste (z.B. die Enzykliken Humanae vitae, 1968, und Evangelium vitae, 1995) nicht nur kritisiert, sondern gar nicht weitergegeben zu haben.


Die zwei Tücher des gekreuzigten und auferstandenen Herrn

Die aktuelle Ausstellung des Turiner Grabtuchs bietet Pfr. Erich Maria Fink den Anlass, auf das jüngst veröffentlichte Buch von Paul Badde über dieses „wunderbare Dokument von der Menschwerdung Gottes“ einzugehen. Das Neue, das Badde in seiner Zusammenfassung bereits bekannter Fakten vorlegt, besteht nach Fink in zwei Grundgedanken: Zum einen stellt Badde eine durchgehende Verbindung zwischen den beiden Tüchern von Turin und Manoppello her, zum anderen betrachtet er die Ursprungsgeschichte dieser Reliquien im Licht der jüdischen Reinheitsgebote, was bisher in der Forschung eindeutig vernachlässigt worden ist. Auch darin erweist sich Paul Badde wiederum als genialer Pionier.

Von Erich Maria Fink

Vom 10. April bis 23. Mai 2010 wird das Grabtuch von Turin seit zehn Jahren wieder zum ersten Mal öffentlich ausgestellt. Der Ansturm ist enorm. Millionen von Menschen möchten das geheimnisvolle Abbild des Gekreuzigten sehen. Am 2. Mai wird auch Papst Benedikt XVI. die einzigartige Reliquie in der Turiner Johannes-Basilika besuchen.

Genau rechtzeitig zu diesem Ereignis erschien das neue Buch des bekannten Korrespondenten und Geschichtsforschers Paul Badde mit dem Titel: „Das Grabtuch von Turin“.[1] Darin setzt er seine Entdeckungsreise fort, die ihn in den vergangenen Jahren zunächst von Rom nach Manoppello geführt hatte. Nun stellt er eine unmittelbare Verbindung zwischen dem kleinen Muschelseidentuch in den Abruzzen und dem großen Tuch her, das in Turin aufbewahrt wird.

Der Bericht des Johannes-Evangeliums

Die Osterberichte beginnen im Johannes-Evangelium mit der Entdeckung des leeren Grabs durch Maria Magdalena (vgl. Joh 20,1-10). „Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat“, so fährt der Apostel Johannes in seiner Erzählung fort. Dabei dürfen wir nach der neueren exegetischen Forschung durchaus für historisch halten, dass Johannes der Verfasser des Evangeliums ist und sich hier selbst als „Jünger“ ausweist, „den Jesus liebte“. Er beschreibt also als Augenzeuge seine ersten Erfahrungen mit dem Geheimnis der Auferstehung. Warum ist ihm nun die Sache mit den Tüchern so wichtig? Er beschreibt im Folgenden eigentlich nur diese Entdeckung und zwar mit einer Akribie, die im ersten Moment völlig unverständlich erscheint. „Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen dorthin, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als erster ans Grab. Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging aber nicht hinein.“ Johannes beschäftigte also nicht die Tatsache, dass das Grab leer war. Vielmehr geht er gleich einen Schritt weiter und lenkt die Aufmerksamkeit von Anfang an auf die Leinenbinden. Dass er Petrus den Vortritt lässt, hängt natürlich damit zusammen, dass er dessen Amt und seine eigene Hochachtung vor der Stellung des Petrus hervorhebt. Gleichzeitig aber geht es ihm offensichtlich auch um dessen Zeugenfunktion in diesem entscheidenden Augenblick der Heils- und Kirchengeschichte. So heißt es: „Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle. Da ging auch der andere Jünger, der zuerst an das Grab gekommen war, hinein; er sah und glaubte.“ Was sah er und warum glaubte er, als er wie Petrus die Leinenbinden und das Schweißtuch wahrgenommen hatte? Und was bzw. woran glaubten sie nach diesem Erlebnis? Johannes gibt den entscheidenden Hinweis, wenn er mit der Bemerkung abschließt: „Denn sie wussten noch nicht aus der Schrift, dass er von den Toten auferstehen musste. Dann kehrten die Jünger wieder nach Hause zurück.“ 

Offenbarung in der dunklen Grabkammer

Paul Badde vertritt mit einer kühnen Gewissheit die Überzeugung, dass die ersten Zeugen Petrus und Johannes bereits an diesem Ostermorgen in der dunklen Grabkammer auf den beiden Tüchern das Abbild des gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus Christus entdeckt haben. Dies ist für ihn der Grund, warum der Evangelist die Geschichte mit den Tüchern so sorgfältig wiedergibt und warum er darin die Ursache sieht, dass sie zum Glauben gefunden haben. Gleichzeitig ist sich Badde sicher, dass es sich bei dem Grabtuch von Turin um die „Leinenbinden“ und bei dem Muschelseidentuch von Manoppello um das „Schweißtuch“ handelt, „das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte“. In ihrer Kombination legen die Tücher Zeugnis vom Übergang Jesu aus dem Reich des Todes in die Herrlichkeit der Auferstehung ab. Denn auf dem Turiner Grabtuch ist Jesus mit geschlossenen, auf dem Muschelseidentuch aber bereits mit geöffneten Augen zu sehen. Manchem Betrachter, der das Gesicht Jesu auf dem Grabtuch von Turin kennt, kommt das Bild aus Manoppello zunächst etwas fremd vor, besonders, wenn er es nur von einer Fotografie her kennen lernt. Doch Badde zeigt anhand wissenschaftlicher Untersuchungen auf, dass es sich eindeutig um ein und dasselbe Gesicht mit einer identischen Physiognomie handelt. Damit aber handelt es sich bei dem Muschelseidentuch nicht um ein Schweißtuch, das, wie es die Tradition erzählt, Jesus von einer Frau namens Veronika gereicht worden ist und in das er auf dem Kreuzweg sein blutiges Angesicht eingedrückt hat. Vielmehr ist das Tuch, das bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts als wertvollste Reliquie der Ewigen Stadt in der römischen Peterskirche aufbewahrt worden ist, um das Schweißtuch aus dem Grab, das Johannes im Evangelium erwähnt. Warum es als Tuch der Veronika bezeichnet wurde, erklärt Badde mit der Wortbedeutung: „Veronika“ leitet sich von den beiden Wörtern „vera“ und „icona“ ab und bedeutet „wahres Abbild“. Ähnlich wurde auch das Abbild auf dem Grabtuch durch die zweitausendjährige Geschichte hindurch als das „nicht von Menschhand gemachte Bild“ Christi bezeichnet.

Das jüdische Reinheitsgebot

Wenn uns diese beiden Tücher tatsächlich erhalten geblieben sind, so Badde in seiner unglaublichen Begeisterung, dann stellen sie das fünfte Evangelium dar, das erste, das von Jesus selbst geschrieben worden ist. Natürlich wurde dieser kostbare Schatz von den Aposteln an sich genommen und in der frühen Kirche gehütet. Warum aber hören wir fast nichts davon? Badde gibt eine frappierend plausible Erklärung. Er betrachtet den Vorgang im Licht der Reinheitsgebote, die für das Judentum eine wesentliche Rolle gespielt haben. Der Leichnam eines Menschen galt als Quelle der Verunreinigung schlechthin, als „Vater der Väter der Unreinheit“. Und auch alle Gegenstände, die mit Leichen in Berührung gekommen waren, galten als unrein. Deshalb war es unmöglich, die Tücher aus dem Grab als Reliquien aufzubewahren. Und ein Leichentuch zu verehren, war einfach undenkbar. Es musste schnell versteckt werden! „Das Christentum hätte seine ersten Tage kaum überlebt, wenn damals schon in Jerusalem erzählt worden wäre, dass die Apostel dieses Tuch aufbewahrten und verehrten. Dieses Geheimnis umhüllte das Grabtuch in den ersten Jahrhunderten offensichtlich weiter wie eine eigene Aura“, so Badde. Erst viel später, als es Kreuzritter aus dem Orient nach Frankreich gebracht hätten, sei es möglich geworden, sich den Tüchern ohne diese kulturelle Beschränkung zuzuwenden.

Das majestätische Antlitz Gottes

Die Wissenschaft steht vor einem absoluten Rätsel. Kein einziger Zweifel, der im Lauf der vergangenen hundert Jahre gegen die Echtheit des Turiner Grabtuchs vorgebracht wurde, war wissenschaftlich haltbar. Die Radiokarbon-Datierung zwischen 1260 und 1390, die 1988 für Aufsehen gesorgt hatte, wurde inzwischen ebenfalls relativiert. So erklärte kürzlich Giulio Fanti, einer der vier Wissenschaftler, die damals die Daten der C14-Untersuchung ausgewertet hatten, das Ergebnis sei durch eine Verunreinigung der Probe zustande gekommen. Im Leinen seien äußere Verschmutzungen vorhanden, die nicht berücksichtigt worden seien, so sein Bericht in einer Fachzeitschrift. Er gestand zu, die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem 4,36 mal 1,10 Meter großen Tuch um eine mittelalterliche Fälschung handele, liege bei eins zu 18,6 Milliarden. Auch wenn zu fragen bleibt, wie er zu dieser Zahl kommt, stellt die Aussage das unumstößliche Bekenntnis eines Experten dar, der sich intensiv mit der Materie befasst hat.

Dass sich die beiden Bilder bis heute erhalten haben, ist für Badde ebenso atemberaubend wie beglückend. „Und heute sind wir in der privilegierten Lage, erstmals wie nie zuvor einen sehr guten Überblick über verschiedene Tücher zu haben, die jeden Indizienprozess gewinnen könnten, dass sie mit diesen Tüchern aus dem Grab identisch sind“, so Badde. Die Tücher also sind für ihn eine besondere Botschaft für unsere Zeit. Gott selbst schenkt der angefochtenen Menschheit eine Glaubenshilfe. „Gott, der seit seiner Menschwerdung ja schon selbst endgültig Bild geworden ist, hat auch von der Auferstehung Christi erste Bildspuren zurück gelassen.“ Dass Gott Mensch geworden sei, dass also der Schöpfer des Himmels und der Erde sein Gesicht gezeigt habe, sei und bleibe unglaublich. Doch die Tücher aus dem Grab Jesu zeigten: „Am Anfang unseres Glaubens stand kein Lehrgebäude und keine Theorie, sondern der lebendige und barmherzige Gott: Mensch geworden in Jesus Christus.“

Was Millionen von Menschen nach Turin zieht, ist für Badde „die Sehnsucht, einmal über den Tellerrand unserer irdischen Existenz zu schauen“. Wenn sie vor dem Grabtuch stehen, finden sie „ein Antlitz von majestätischer Barmherzigkeit“.


[1] Paul Badde: Das Grabtuch von Turin – oder Das Geheimnis der Heiligen Bilder, Pattloch Verlag 2010, 160 S. mit 80 Abb., ISBN: 978-3-629-02261-5, Euro 22,–.

 

 

„Das Evangelium der Urgemeinde“

Ein Auszug aus dem 9. Kapitel des Buches
„Das Grabtuch von Turin"[1]

Von Paul Badde

Das muss es ja einmal gegeben haben: ein Ur-Evangelium gewissermaßen, also einen heißen Kern aller Niederschriften und Verkündigungen über die Ereignisse in Jerusalem und das Leben, die Passion und die Auferstehung Jesu Christi. Anders ging es nicht. Jede Überlieferung hat solch eine Mitte. Die Mitte der Evangelien – die wahre Feuersäule, die blaue Flamme, an der ihr heiliges Licht entzündet wurde – ist natürlich Jesus von Nazareth. Die ersten Seiten dieser Evangelien aber, das weiß ich heute, können kein Text gewesen sein, der sich aus dem einen oder anderen Evangelium herausfiltern lässt. Die ersten Seiten der Evangelien sind auch nicht fünf oder zehn oder zwanzig Jahre nach dem Tod Jesu niedergeschrieben worden, sondern in der ersten Osternacht. Die ersten Seiten der Evangelien sind die beiden Bildtexte der Grabkammer. Die Hieroglyphen dieser beiden Tücher haben das wahre Evangelium der Urgemeinde zuallererst erzählt.

Kein anderes Dokument kann diesen Rang für sich in Anspruch nehmen. Das große Tuch in Turin mit den Spuren der Passion ist die erste Seite der Evangelien. Das zarte kleine Schweißtuch, das so lange in Rom als „Schleierbild der Veronika aus Jerusalem“ verehrt worden ist, das zweite. Beide stammen aus der Stunde Null des Christentums. Zwei Bilder – und keine neuen Schriftrollen – bilden also den heißen Kern des Evangeliums der Christenheit. Die Bilder waren da, als die Worte fehlten – und die Apostel noch sprachlos waren. Diese Tücher waren das Erste, dann kamen die Erzählungen der Frauen und Apostel untereinander über die Osternacht, viel später erst die Aufzeichnungen, die wir Evangelien nennen. Anders ist es gar nicht denkbar. Diese beiden Tücher bildeten das Evangelium der Urgemeinde.

Das mag absurd klingen, ist aber nicht anders denkbar, wenn wir – noch einmal – eins und zwei addieren und das Oster-Evangelium des Johannes und diese Tücher ernst nehmen und für authentisch halten. Am Anfang des Christentums steht also nicht eine Art Urschriftstück über das, was Jesus Wahres gesagt und Wunderbares getan hat. Das hätte den Raketenschub einer Weltreligion nicht bewirkt. Am Anfang der Kirche steht, was er erlitten hat und wie er aussah. Keine Worte, sondern zwei Urbilder erzählten an diesem Anfang davon, dass die Auferstehung wirklich ist und der Tod seitdem nur noch ein Schatten seiner selbst. Das Leben ist das Leben. Der Tod ist ein Schatten. Die Liebe ist das Leben. Oder, wie Thornton Wilder rund 2000 Jahre später in seiner „Brücke über den San Louis Rey“ schrieb: „Da ist ein Land der Lebenden und ein Land der Toten. Und die Brücke zwischen ihnen ist die Liebe – das einzig Bleibende, der einzige Sinn.“ Das steht auch schon in diesen beiden Bildern. Sie sind ein einziger Liebesbrief und sie sind vollkommen widerspruchsfrei zur Bergpredigt und widerspruchsfrei zu der Rede von dem Gekreuzigten, der sich zwei Nächte und drei Tage nach seinem Tod den Lebenden wieder als Lebendiger vorstellte.

Das Tuch in Turin bildet die Majestät des „Königs der Juden“ in gewisser Weise noch alttestamentarisch ab, als schweigenden Priester, das Schweißtuch in den Abruzzen zeigt ihn hingegen schon als Messias, als den „Heiligen Israels“, nach dem sich die Propheten ausgestreckt hatten.

Leinen war im Judentum für priesterliche Kleidung vorgesehen, der kostbare Byssus hingegen, die Muschelseide des Schweißtuchs, war den Prachtgewändern der Hohenpriester vorbehalten. Byssus ist auch der prominenteste Stoff vom letzten Buch der Bibel, der Geheimen Offenbarung des Johannes. Beide Tücher bilden deshalb auch auf geheimnisvolle Weise die beiden Naturen Christi ab, den menschlichen sterblichen Leib ebenso wie seine unvergängliche, unverwesliche göttliche Natur. Auf dem einen „Bild“ sehen wir: Er wurde ausgepeitscht. Ihm wurden riesige Nägel durch die Handgelenke und die Füße getrieben – und zwar ein Nagel für beide Füße übereinander (die Römer waren praktisch veranlagt und sparsam). Er hatte Blut regelrecht geschwitzt. Er wurde mit Dornen „gekrönt“. Er hat einen Hieb ins Gesicht bekommen. Er war auf die Nase gefallen. Ihm wurde die Seite „durchbohrt“ und – wahrhaftig – „Blut und Wasser“ traten aus dieser Wunde hervor. Das lässt sich hier jetzt noch ablesen. Der Mann war tot. Und hier liegt er ausgestreckt als „Gottesknecht“ vor uns, wie ihn Jesaia schon über 700 Jahre vorher mit Worten besungen hat, die hier – in dieser „Schriftrolle“ – noch einmal in Bilderschrift aufgezeichnet wurden: „Er hatte keine schöne und edle Gestalt, so dass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen fanden an ihm. Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht. … Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, vom ihm getroffen und gebeugt. … Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. … Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, so tat auch er seinen Mund nicht auf. … Er wurde vom Land der Lebenden abgeschnitten. … Nachdem er so vieles ertrug, erblickt er das Licht.“

In Manoppello aber sehen auch wir auf seinem Gesicht schon einen Vorschein des Lichtes, das er erblickte, wie in der Stunde seiner Verklärung auf dem Tabor, wo er uns ein paar Hügel weiter über dem See Genezareth auch die Botschaft der Bergpredigt zugerufen hatte: „Selig, die arm sind vor Gott: denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden: denn sie werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden … Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Eurer Lohn im Himmel wird groß sein. … Ihr seid das Salz der Erde. … Ihr seid das Licht der Welt.“

Beide Tücher bergen Lichtbilder, das eine schwach und schattenhaft – das andere überaus deutlich. Das eine Grabtuch ist riesengroß, in dem anderen Schweißtuch ist sein Porträt gerade so groß wie ein menschlicher Kopf, mit dem wir ihn lebend wahrnehmen, doch nach dem Tod, nicht davor, mit den Wunden der Passion, doch befreit, gelassen, gütig. Das Tuch in Turin enthält außer dem zarten Bild auch noch viele Blutspuren des Gefolterten; das Schweißtuch zeigt das geschlachtete „Lamm Gottes“ unversehrt und durch und durch rein und gereinigt, mit einem „Gesicht, das Schmerz und Leid und Licht so dicht in sich vereint, wie es nur die Liebe kann“, wie Erzbischof Bruno Forte mir 2004 sagte, als er den Schleier gerade kennengelernt hatte.

Hier ist er der, der durch verschlossene Türen geht und seinen Jüngern die Wunden der Nägel in seinen Handgelenken und den Füßen und die Wunder der Lanze in seiner Seite zeigt. Hier ist er der, der die Jünger anhaucht und sagt: „Empfangt den Heiligen Geist!“ Der, der sagt: „Fasst mich an!“ Oder: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ Hier ist er der, der sie in alle Welt aussendet und auf dem Weg nach Emmaus die Schrift auslegt und den Frieden wünscht und das Brot mit ihnen bricht. Wo er ihnen sagt: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ – „Es ist der Herr!“, flüsterten die Apostel sich zu, als der Auferstandene ihnen begegnete. So ist es auch hier. Oder wo sie wie Thomas in die Knie sinken mit den Worten: „Mein Herr und mein Gott!“ So ist es auch hier. Ja, jedes Wort der Bergpredigt ist in diesem Gesicht abgespeichert, und die unbegreifliche Barmherzigkeit Gottes, ohne jeden Hauch der Rache. Deus Caritas est! Gott ist die Liebe. Hier schaut sie uns an.

Zusammen bilden beide Tücher jenes „Geheimnis des Glaubens“ ab, das Katholiken nach der Verwandlung von Brot und Wein in das Leib und Blut Christi bis heute immer neu mit den Worten preisen: „Deinen Tod, oh Herr, verkünden wir und Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit.“ Ja, in diesen beiden Tüchern ist das Geheimnis des christlichen Glaubens dargestellt wie in keinem anderen Dokument. Sie füllen den knappen Text des Evangeliums auf wunderbare Weise auf. Beide sind ohne Entsprechung in der großen Pinakothek unserer Geschichte, die doch übervoll ist von Abbildungen des Gekreuzigten und von Porträts vom Antlitz Christi. Beide zusammen sind der innere Bezugspunkt all dieser Gemälde, als das WAHRE BILD. Wollte man alle Ikonen der Frühzeit und alle Christusbilder der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends in einen Rechner geben und die Schnittmenge daraus berechnen, käme diese doppelte Bildmutter darunter zum Vorschein, als Essenz der Bilder Christi und als Urmeter all unserer Vorstellungen von Jesus von Nazareth. Zusammen wischen sie wie mit einer Handbewegung die Behauptung weg, dass wir nicht wissen, was uns nach dem Tod erwartet. Denn wir wissen doch, WER uns erwartet. Das wissen nur Christen. Nur Christen kennen Gottes Gesicht.

Am Schluss löst das Doppelbild deshalb auch das Rätsel, warum alle vier Evangelien kein Wort über das Aussehen Jesu verlieren. Das war eben nicht, weil das Gesicht unwichtig gewesen wäre, in dem Gott seine Züge gezeigt hatte. Ganz im Gegenteil. Das war, weil dieses Gesicht ganz am Anfang, in diesem Evangelium der Urgemeinde mit zwei Bildern schon genauer beschrieben war, als alle Worte es je vermocht hätten. Danach brauchte keiner der Evangelisten mehr ein Wort über sein Antlitz, seinen Ausdruck, seine Größe, Haartracht oder seine Gestalt zu verlieren. Ein Bildwunder hat uns von Anfang an über das schöne Gesicht Gottes aufgeklärt – in einem Labor des lieben Gottes selbst, in der Grabkammer Christi, die er in die Herzkammer der christlichen Offenbarung verwandelte.


[1] Paul Badde: Das Grabtuch von Turin – oder Das Geheimnis der Heiligen Bilder, Pattloch Verlag 2010, 160 S. mit 80 Abb., ISBN: 978-3-629-02261-5, Euro 22,–.

Fatima: Geheimnis der Stellvertretung

Die Theologin und Autorin Anna Roth analysiert die sog. Engelgebete von Fatima und erblickt darin eine Zusammenfassung der gesamten Botschaft, die die Gottesmutter durch drei Kinder an die ganze Welt gerichtet hat. Von Anfang an erhält dadurch die Botschaft von Fatima eine christologische Ausrichtung. Außerdem zeigt sie den Gläubigen auf, wie sie das Gebot der Nächstenliebe am tiefsten verwirklichen können: durch die stellvertretende Mitwirkung an der Rettung der Seelen.

Von Anna Roth

Engelerscheinungen in Fatima

Vor den Erscheinungen Marias im Jahr 1917 fanden in Fatima von 1915 bis 1916 drei Engelerscheinungen statt. Gerade sie zeigen, dass die Botschaft von Fatima heute noch aktuell ist. Sie zieht sich wie ein roter Faden bis in unsere Zeit, in das „Jetzt“ hinein. Fakt ist, dass Maria nie im Alleingang, sondern immer im Auftrag ihres göttlichen Sohnes erscheint. Denn Gott möchte ja durch die Botschaften, die Maria an die drei Kinder richtet, etwas bewirken. Konkret geht es um die Bekehrung der Sünder, d.h. um die Umkehr der Herzen zu Gott hin.

Der Engel lehrte den drei Kindern Lucia, Jacinta und Francisco folgendes zweiteiliges Gebet:

Teil 1 des Engelgebets:

„Mein Gott, ich glaube an Dich, ich bete Dich an und ich liebe Dich. Ich bitte Dich um Verzeihung für jene, die an Dich nicht glauben, Dich nicht anbeten, auf Dich nicht hoffen und Dich nicht lieben.“

Teil 2 des Engelgebets:

„Heiligste Dreifaltigkeit, Vater – Sohn – und Heiliger Geist, in tiefer Ehrfurcht bete ich Dich an und opfere Dir auf den kostbaren Leib und das Blut, die Seele und die Gottheit JESU CHRISTI, gegenwärtig in allen Tabernakeln der Erde, zur Wiedergutmachung für alle Schmähungen, Sakrilegien und Gleichgültigkeiten, durch die ER selbst beleidigt wird. Durch die unendlichen Verdienste Seines Heiligsten Herzens und des unbefleckten Herzens Marias, bitte ich Dich um die Bekehrung der armen Sünder. Amen.“

Stellvertretung für die Nichtglaubenden

Worum geht es in diesem Gebet? Nehmen wir eine Textanalyse vor. Der erste Teil des Engelgebets beginnt mit einem persönlichen Bekenntnis. Die betende Person wendet sich ganzheitlich zu Gott hin und bekennt, dass sie an Gott glaubt, Ihn anbetet, auf Ihn hofft und Ihn liebt. Hier kommen die drei göttlichen Tugenden „Glaube – Hoffnung – Liebe“ voll zum Ausdruck.

In einem zweiten Schritt wendet sich die betende Person mit einer Bitte an Gott, und zwar ganz konkret und in Stellvertretung für die Menschen, die nicht an Gott glauben, Ihn nicht anbeten, nicht auf Ihn hoffen, Ihn nicht lieben. Es wird also noch einmal der gleiche Gebetstext in der Verneinung wiederholt. Das heißt, es wird bewusst gebetet für die, die Gott fernstehen, die Gott als ihren Gott nicht anerkennen wollen. Hier ist also von Gott das stellvertretende Gebet der Glaubenden für die Nichtglaubenden gefordert.

Die beiden Säulen: Gottesliebe und Nächstenliebe

Auch die beiden Säulen der Gottes- und Nächstenliebe sind Bestandteil des ersten Teils des Engelgebets, wobei sich die Nächstenliebe, wie schon angedeutet, in der Stellvertretung manifestiert. Der Engel stellt hier eine Forderung an die drei Kinder: Er macht deutlich, dass diejenigen, die an Gott glauben – Ihn anbeten – auf Ihn hoffen – Ihn lieben, Mitverantwortung tragen für die, die diesen Glauben an Gott nicht haben.

Das Gebet macht auch deutlich, dass der Glaube überhaupt erst die Basis für einen solchen stellvertretenden Dienst ist. Erst aus dem Glauben heraus ist man dazu bereit. Außerdem wird man nur aufgrund des Glaubens dazu fähig, Gott anzubeten, auf Ihn zu hoffen, Ihn zu lieben. Und weil eben so viele Menschen diesen Glauben nicht teilen, bittet der Engel die drei Kinder um Solidarität mit diesen armen Menschen. Das heißt, dass wir, die glauben, Mitverantwortung tragen für den – der nicht glaubt. Wir sind aufgefordert, den Nichtglaubenden mit unseren Gebeten mitzutragen, damit er im letzten doch noch den Weg zum Vater findet.

Berufung aller Christen

Der andere ist jeder. Es ist der, den ich vielleicht kenne. Es ist der, den ich nicht kenne. Fakt ist, dass alle gläubigen Christen aufgerufen sind, diesen Gebetsakt der Solidarität jetzt und immerfort zu leisten. Die Sachlage erinnert an das größte Gebot (Mt 22,37), das Jesus den Pharisäern, die Ihn auf die Probe stellen wollten, sagte:

„Du sollst deinen Herrn lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Vernunft. Das ist das größte und erste Gebot. Das zweite Gebot ist diesem ersten Gebot gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das Gesetz und die Propheten.“

Das heißt, die Gottesliebe ist nicht von der Nächstenliebe zu trennen, sondern sie kann erst in der Verwirklichung der Nächstenliebe fruchtbar werden.

Benedikt XVI. bringt es auf den Punkt, er betont, dass es an den Heiligen und ganz besonders an Maria sichtbar wird, dass der, der zu Gott geht, nicht weggeht von den Menschen, sondern ihnen erst wirklich nahe wird.[1] Wenn diese Nähe auch nicht immer sichtbar erfahren wird, so bildet sich durch das stellvertretende Gebet für den Nächsten eine geistige Nähe, eine mitfühlende und eine mit dem Leiden des Anderen mittragende Nähe, die mit Hilfe der Gnade Gottes zur Heilung der Seele führen kann.

Aufopferung und Wiedergutmachung

Der längere zweite Teil des Engelgebets ist in drei Themenblöcke gegliedert: Anbetung, Aufopferung und Wiedergutmachung, Bekehrung der Sünder.

Zunächst geht es um die Ehrerweisung gegenüber dem Dreifaltigen Gott, den der Mensch in tiefer Ehrfurcht anbeten soll. Denn diese Haltung gegenüber Gott ist die Voraussetzung bzw. die Basis, damit alles weitere und besonders die Nächstenliebe und das stellvertretende Gebet auf fruchtbaren Boden fällt.

Dann geht es um Aufopferung und Wiedergutmachung. Diese beiden Themen bedingen sich gegenseitig, denn ohne Aufopferung kann Gutmachung nicht erfolgen. Und der Hinweis, dass Jesus wirklich Gott ist und dass Er als Gott gegenwärtig ist in allen Tabernakeln der Erde, ist ein sehr ernst zu nehmender und wichtiger Aspekt, der gerade heute ständig neu den Menschen nahegebracht werden muss. So ist es doch eine Freude für uns heute, dass es Wiedergutmachung gibt. Sie ist möglich, indem ich hingehe und diese Aufopferung mit gläubigem Herzen vollziehe.

Die vereinten Herzen Jesu und Mariens

Die Verdienste, die das Heiligste Herz Jesu aus purer Liebe für uns Menschen durch sein Leiden und Sterben für uns erlitten hat, können in menschlicher Sprache nicht ausgedrückt und schon gar nicht mathematisch aufgerechnet werden.

Und Maria überragt nicht nur alle Geschöpfe aufgrund ihrer Heiligkeit und Sündenlosigkeit, sondern auch aufgrund ihrer Leidensfähigkeit, die sich aus ihrer Liebesfähigkeit herleitet. Ist sie nicht ihrem göttlichen Sohn bis unter das Kreuz gefolgt? So hat sich die Weissagung des Simeon erfüllt, dass ein Schwert durch die Seele Marias dringen wird (vgl. Lk 2,35b).

Hiermit ist die Überleitung zum dritten Themenblock schon gegeben, denn es geht um das Hauptanliegen der Gesamtbotschaft von Fatima, nämlich um die Bekehrung der Sünder. Wie könnte die Bekehrung der Sünder besser bewerkstelligt werden als mit Hilfe der beiden Herzen von Jesus und Maria? Wenn wir also Gott bitten, um der Verdienste der beiden Herzen willen, den Sündern Barmherzigkeit zu schenken, damit sie sich bekehren, wird unser Gebet mit Sicherheit nicht unerhört bleiben.

Gemeinsamer Dienst an der ganzen Menschheit

Das Gebet des Engels ist ein durch und durch christologisches Gebet. Indem wir es beten, helfen wir, Seelen zu retten für Christus. Maria – die Gottesmutter – steht immer und einzig nur im Dienst Christi. Sie ist die Mutter aller Menschen, ohne Ausnahme. Und ihre große Aufgabe besteht darin, möglichst viele Seelen für Christus zu gewinnen; und als Mutter nimmt sie uns in diese ihre Aufgabe mit hinein, indem sie uns bittet, ihr doch zu helfen.

So gibt sie uns die Chance, im stellvertretenden Beten und Opfern für die Sünder, trotz unserer eigenen Sündhaftigkeit, an der Rettung vieler Seelen mitzuwirken. Ja – so ist sie, unsere Mutter Maria. Sie traut uns etwas zu. Sie will nicht einsam, sondern gemeinsam mit uns für Christus Seelen gewinnen. Wer von uns könnte sich diesem mütterlichen Hilferuf Marias verweigern, doch wohl niemand.


[1] Vgl. Benedikt XVI.: Enzyklika  Deus caritas est, Herder, Freiburg 2006.

 

 

Ein neues Pfingsten der Kirche

In seinem neuen Büchlein „Charismatische Erneuerung. Ein Weg der Neuevangelisierung“, das wir in unserem Kirche-heute-Verlag herausgeben dürfen,[1] erwähnt Dr. Hansmartin Lochner ein besonderes Erlebnis, das ihm im Mai 1972 zuteil geworden ist. In einer prophetischen Schau habe ihm Gott einen neuen Frühling der Kirche gezeigt, der mit einer umfassenden Zusammenführung der getrennten kirchlichen Gemeinschaften einhergehen werde. Nachfolgend geben wir ein ausführlicheres Zeugnis dieser einschneidenden Erfahrung wieder, wie sie in seinem Buch nicht zu finden ist. Dr. Lochner wurde 1926 in Oberfranken geboren, studierte Zeitungswissenschaft, Volkswirtschaft und Geschichte, konvertierte 1949 zum katholischen Glauben, heiratete 1951 und ist Vater von sechs Kindern. Nachdem seine Frau 1982 an Krebs gestorben war, durfte er 1987 im Alter von 61 Jahren die Priesterweihe empfangen. Seitdem setzt er sich vor allem für den Aufbau der „Charismatischen Erneuerung“ in Deutschland ein.

Von Hansmartin Lochner

Das einschneidendste Ereignis meines Lebens geschah in der Nacht vom 30. zum 31. Mai 1972. Vorausgegangen war ein zehntägiges gruppendynamisches Training, das am Freitag vor Pfingsten begonnen hatte. Als ich später über diese Tage nachdachte, wurde mir bewusst, dass das Training ein gemeinsamer Umkehr– und Reinigungsprozess gewesen war. Wir haben uns damals gleichsam gegenseitig geholfen, die „Splitter und Balken“ in unseren Augen zu erkennen, sie nicht nur bewusst zu machen, sondern sie auch liebevoll zu entfernen – wenigstens so weit dies möglich war. Am Ende dieser Tage hatte es nur noch ein Thema gegeben, nämlich unsere Beziehungen zu Gott sowie all die Begegnungen, die wir mit ihm schon haben durften. Und ich glaube, dass jeder von uns spürte, wie nahe uns Gott in diesen Tagen gekommen war.

Unmittelbar nach diesem Training musste ich zu einer Tagung nach Mainz fahren. In der darauffolgenden Nacht, also vom 30. zum 31. Mai, geschah mit mir etwas, das sich nur schwer in Worten ausdrücken lässt. Vielleicht hatte es entfernt Ähnlichkeit mit dem Erlebnis, das der hl. Paulus im 2. Korintherbrief, Kap. 12 Vers 2 ff., beschreibt („ … ich weiß nicht, ob im Leibe oder außer dem Leibe …“). Es begann damit, dass ich den nächtlichen Sternenhimmel vor mir sah, in den ganz plötzlich in einer weißen Leuchtschrift der Name „Jesus“ groß hineingeschrieben wurde. Dann wechselte das Bild, und ich sah einen Teil der gekrümmten Erdoberfläche, wie sie etwa von einer Weltraumstation aus zu sehen ist. Es brauste ein Sturmwind über die Erde hinweg und wirbelte hohe Staubwolken auf. Dazu vernahm ich die Worte: „Es kommt eine große, weltweite Erneuerung der Kirche im Heiligen Geist – und sie heißt ,Pfingstbewegung‘. Ich berufe dich, dass du dich hierfür mit ganzer Kraft einsetzt.“ Zugleich mit dieser Botschaft wurde mir gezeigt, dass diese Erneuerung aus drei Gründen kommt:

1. um die Kirche und die kirchlichen Gemeinschaften zu erneuern;

2. um sie durch den Heiligen Geist zur Einheit zu führen;

3. um die Menschheit gemeinsam zu bekehren und sie so vor dem Untergang zu bewahren.

Als ich hinterher hellwach wurde, wusste ich zunächst nicht, wie mir geschehen war. Ein unglaubliches Glücksgefühl erfüllte mich (und hielt danach noch wochenlang an). Mir wurde das Pauluswort bewusst, dass Jesus in uns neu Gestalt gewinnen will. Irgendwie spürte ich, dass dieser Prozess jetzt in mir beginnen sollte.

Etwa vier Wochen nach diesem einschneidenden Erlebnis erfuhr ich von verschiedenen Seiten, dass es diese „Pfingstbewegung“, die mir in der Nacht genannt worden war, tatsächlich gibt und dass sie, von Amerika kommend, sich jetzt auch in Deutschland ausbreite. Auf diese Weise konnte ich schon bald mit Leuten in Verbindung treten, die von dieser Bewegung erfasst waren. Die Pfingstbewegung änderte allerdings schon bald ihren Namen in „Charismatische Erneuerung“.

In der Folgezeit spürte ich ganz deutlich, wie Gott mich zu führen begann und mir direkt auch Aufträge gab. Vor allem sollte ich zu meinem obersten Dienstherrn gehen – ich war damals im Ordinariat in München tätig – und sollte ihm, also Kardinal Döpfner, sagen, was ich erlebt hatte und welche Aufgabe mir jetzt neu aufgetragen worden war. In Unkenntnis, wie gehorsam man solchen Aufträgen gegenüber sein muss, stellte ich mich dabei reichlich ungeschickt an. Vor allem hatte ich große Angst, dass der Kardinal mich für verrückt erklären und mir die Kündigung in die Hand drücken könnte. Wie auch immer sich das im Einzelnen verhalten haben mag: Nach Wochen tiefster Freude und Beglückung kam im November eine Zeit der Finsternis über mich. Man kann da wohl von einer Art innerem Sterbeprozess sprechen. Er hielt eine ganze Reihe von Monaten an. Aber trotz dieser „geistigen Nacht“ suchte ich, soweit möglich, diesem an mich ergangenen Auftrag gerecht zu werden. Er führte mich nach einiger Zeit schließlich ins Diakonat und 15 Jahre später – nach dem Tod meiner Frau – ins Priestertum.


[1] Hansmartin Lochner: Charismatische Erneuerung. Ein Weg der Neuevangelisierung, Taschenbuch, Format 12x18 cm, 96 S., Stückpreis: Euro 6,90 zzgl. Versandkosten, Bestelladresse: Kirche heute Verlag, Postfach 1406, D-84498 Altötting, Tel. 08671-880430, Fax: 08671-880431, E-Mail: buero@kirche-heute.de – Internet: www.kirche-heute.de

Ökumenischer Kirchentag – eine vertane Chance!

Von Weihbischof Andreas Laun, Salzburg

Vor Jahren schon habe ich entsetzt festgestellt: Die Homosexuellen-Ideologie dringt mehr und mehr in die Strukturen der Kirche ein. Wieder und wieder stößt man auf „katholische“ Texte, die die gelebte Homosexualität rechtfertigen, ihr Ja zur Sünde „Offenheit“ nennen und behaupten, das Nein der Kirche „diskriminiere“ die Betroffenen!

Ebenso oder noch schlimmer: Auf katholischen oder ökumenischen Veranstaltungen treten homosexuelle Gruppen auf, ungehindert! Auf dem Osnabrücker Katholikentag stand ich fassungslos vor vier „einschlägigen“ Zelten, ihnen gegenüber die Zelte, die den Lebensschutz vertraten, aber von denen gab es nur zwei Zelte, zudem verbunden mit schikanösen Auflagen!

Der „Rauch Satans“, sagte Papst Paul VI., ist in das Heiligtum eingedrungen, und so ist es. Wenn in der Kirche und scheinbar in ihrem Namen Positionen vertreten und propagiert werden können, die im eindeutigen und unlösbaren Widerspruch zum Evangelium, zum Gebot Gottes, zur Lehre der Kirche stehen, dann steigt in mir die bange Frage auf: Wo sind die Hirten, wo die „Wächter“ (Ez 33,6f), die doch rufen müssten? Sie sind doch die letzten Entscheidungsträger bei solchen Veranstaltungen?

Dabei genügte doch ein Wort, ein kleines Wort mit vier Buchstaben: „Nein!“ Gäbe es einen „Aufstand“? Vielleicht einen kleinen, aber der wäre auszuhalten, leichter jedenfalls als das „Gericht Gottes“, das das Schweigen nach sich ziehen wird – und weil ich nicht der Richter bin, füge ich ein „vielleicht“ ein: also „vielleicht nach sich ziehen wird“!

Verliert die Kirche Gläubige, verliert sie durch eine solch klare Positionierung auch nur eine unsterbliche Seele? Ganz sicher nicht! Und was die Gläubigen betrifft: Viele, die meisten wären dankbar, warten schon lange auf ein solches „Nein“, würden sich gestärkt fühlen!

Welche Konsequenzen das Wegschauen der Wächter haben kann, erleben wir gerade jetzt! Ist dies nicht eine Mahnung zur Umkehr, und für Wächter heißt das: Hinschauen, wer immer der Feind auch sein mag!

Noch ein Wort zu Christen mit homosexuellen Neigungen: Euch sage ich, Brüder und Schwestern: Seid willkommen, Jesus wartet auf euch mit ausgebreiteten Armen, glaubt an Ihn und tretet in Seine Nachfolge ein! Niemand in der Kirche diskriminiert euch, ihr seid willkommen wie jeder andere sündige Mensch auch, und andere Menschen gibt es nicht, nur Sünder! Wer weiß, wie viele Menschen wie ihr schon in der Schar der Heiligen sind, weil sie Jesus gefolgt sind!

Dass mit untenstehendem Brief evangelische und katholische Christen gemeinsam protestieren, ist ein großes, gutes Zeichen für wahre Ökumene!

 

Offener Brief an die Leitung des Ökumenischen Kirchentages

Mit großer Besorgnis nehmen wir zur Kenntnis, dass das offizielle Programm des Ökumenischen Kirchentages – 12. bis 16. Mai 2010  in München – 28 Veranstaltungen von „Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern“ enthält. Diese Veranstaltungen beschäftigen sich mit Menschen, die sich auf ihre sexuellen Probleme konzentrieren und oft in schriller Weise Gottes Wort und die Lehre der Kirche missachten. Dabei bringen ihre lautstarken, aggressiven Wortführer nicht einmal die eigenen Reihen hinter sich.

Homosexuelle beiderlei Geschlechts und auch Bisexuelle können sich wie alle Teilnehmer in den Foren und Diskussionsgruppen einbringen, ohne diskriminiert zu werden. Ihre Privilegierung durch eine große Zahl eigener Veranstaltungen ist jedoch ungerechtfertigt. Ja, sie bedeutet in dieser Massierung besonders für junge Menschen auf ihrer Suche nach Sinn und innerem Halt eine Fehlorientierung.

In unserer für die Kirchen so schweren Zeit tritt der Mangel an geistlichem Leben und an biblischer Orientierung bei vielen Amtsträgern und Gläubigen täglich dramatisch zutage. In dieser Situation sollte der Ökumenische Kirchentag statt Irrwege zu empfehlen entschieden zu den geistlichen Quellen aus Hl. Schrift und Tradition zurückkehren und zu einem mächtigen missionarischen Bekenntnis kommen, das der Welt von Jesus Christus Zeugnis gibt.

Wir protestieren deswegen gegen ein Programm,

das Formen von schöpfungswidriger Sexualität privilegiert und das auch aus Kirchensteuern, d.h. mit dem Geld aller Gläubigen, finanziert wird.
Wir protestieren gegen eine solche Vereinnahmung!

Ein Ökum. Kirchentag mit einem derartig fragwürdigen Programm ist, obwohl er von den Bischöfen beider Konfessionen unterstützt wird, kein Zeichen eines gemeinsamen Zeugnisses in der Welt. Er verliert statt dessen seinen missionarischen Charakter. Auf dem Wege zu einer sichtbaren Einheit der Christen ist dieser Kirchentag kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt, den wir nur bedauern können.

Professor Dr. Hubert Gindert, Forum Deutscher Katholiken

Prof. Dr. Peter Beyerhaus DD und Pastor Ulrich Rüß, Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften

Kaufering und Hamburg, 12. April 2010

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