Der Gehorsam und die Dynamik der wahren Erneuerung

Benedikt XVI. zur Pfarrer-Initiative

Unmöglich kann ein Papst zu jeder Krise, zu jedem Glaubensirrtum oder liturgischen Ungehorsam in der Kirche öffentlich Stellung beziehen. Dass Papst Benedikt XVI. aber jetzt genau dies gegenüber dem Aufruf von Msgr. Schüller getan hat, zeigt, wie besorgt der Papst ist und wie wichtig es ihm ist, den österreichischen Bischöfen bei der Lösung der Krise beizustehen. Nun, was sagt der Papst? Er beginnt mit dem für jedes Gespräch so wichtigen Bemühen, das Herz seines Gegenübers zu öffnen. So will er die Schüller-Gruppe motivieren, die Argumente wirklich an sich heranzulassen. Schade, dass Schüller dies im Fernsehen als eine Art „Bestätigung“ für die Berechtigung seiner Initiative missdeutet hat! Denn die Worte des Papstes sind alles andere als Anerkennung. Vielmehr widerspricht der Papst – aus Höflichkeit in Form einer Frage, aber dennoch in aller Entschiedenheit. (Weihbischof A. Laun) Die Predigt des Papstes am Gründonnerstag, 5. April 2012, im Petersdom.

Von Papst Benedikt XVI.

Liebe Schwestern und Brüder! In dieser Heiligen Messe gehen unsere Gedanken zurück in die Stunde, in der der Bischof uns mit Handauflegung und Gebet in das Priestertum Jesu Christi hineingenommen hat, so dass wir „in der Wahrheit geheiligt sind“ (Joh 17,19), wie Jesus in seinem hohepriesterlichen Gebet es für uns vom Vater erbetet hat. Er selbst ist die Wahrheit. Er hat uns geheiligt, das heißt für immer an Gott übergeben, damit wir von Gott her und auf ihn hin den Menschen dienen können. Aber sind wir auch in der Wirklichkeit unseres Lebens geheiligt – Menschen, die von Gott her in der Gemeinschaft mit Jesus Christus wirken? Mit dieser Frage steht der Herr vor uns, stehen wir vor ihm. „Wollt ihr dem Herrn Jesus Christus enger verbunden und gleichgestaltet werden, auf euch selbst verzichten und die Versprechen erneuern, eure heiligen Pflichten, die ihr am Weihetag mit Freude übernommen habt?“ So werde ich nach dieser Homilie jeden einzelnen und auch mich selbst fragen. Zweierlei wird da vor allem gesagt: Es geht um eine innere Verbindung, ja, um Gleichgestaltung mit Christus, und dabei geht es notwendig um ein Überschreiten unserer selbst, um den Verzicht auf das bloß Eigene, auf die viel beschworene Selbstverwirklichung. Es geht darum, dass wir, dass ich mein Leben gerade nicht für mich selbst beanspruche, sondern es einem anderen – Christus – zur Verfügung stelle. Dass ich nicht frage: Was habe ich davon, sondern frage: Was kann ich für ihn und so für die anderen geben? Oder noch konkreter: Wie muss diese Gleichgestaltung mit Christus, der nicht herrscht, sondern dient; der nicht nimmt, sondern gibt – wie muss sie in der oft dramatischen Situation der Kirche von heute aussehen?

Vor kurzem hat eine Gruppe von Priestern in einem europäischen Land einen Aufruf zum Ungehorsam veröffentlicht und dabei gleichzeitig auch konkrete Beispiele angeführt, wie dieser Ungehorsam aussehen kann, der sich auch über endgültige Entscheidungen des kirchlichen Lehramtes hinwegsetzen soll wie zum Beispiel in der Frage der Frauenordination, zu der der selige Papst Johannes Paul II. in unwiderruflicher Weise erklärt hat, dass die Kirche dazu keine Vollmacht vom Herrn erhalten hat. Ist Ungehorsam ein Weg, um die Kirche zu erneuern? Wir wollen den Autoren dieses Aufrufs glauben, dass sie die Sorge um die Kirche umtreibt; dass sie überzeugt sind, der Trägheit der Institutionen mit drastischen Mitteln begegnen zu müssen, um neue Wege zu öffnen – die Kirche wieder auf die Höhe des Heute zu bringen. Aber ist Ungehorsam wirklich ein Weg? Spüren wir darin etwas von der Gleichgestaltung mit Christus, die die Voraussetzung jeder wirklichen Erneuerung ist oder nicht doch nur den verzweifelten Drang, etwas zu machen, die Kirche nach unseren Wünschen und Vorstellungen umzuwandeln?

Aber machen wir es uns nicht zu leicht. Hat nicht Christus die menschlichen Traditionen korrigiert, die das Wort und den Willen Gottes zu überwuchern drohten? Ja, er hat es getan, um den Gehorsam zum wirklichen Willen Gottes, zu seinem immer gültigen Wort neu zu wecken. Es ging ihm gerade um den wahren Gehorsam, gegen die Eigenwilligkeit des Menschen. Und vergessen wir nicht: Er war der Sohn, mit der einzigartigen Vollmacht und Verantwortung, den reinen Gotteswillen freizulegen, um so den Weg von Gottes Wort in die Welt der Völker zu eröffnen. Und endlich: Er hat seinen Auftrag mit seinem eigenen Gehorsam und seiner Demut bis ans Kreuz hin konkretisiert und so seine Sendung beglaubigt. Nicht mein, sondern dein Wille: Dies ist das Wort, das den Sohn, seine Demut und seine Göttlichkeit zugleich zeigt und uns den Weg weist.

Lassen wir uns noch einmal fragen: Wird mit solchen Erwägungen nicht doch der Immobilismus, die Erstarrung der Traditionen verteidigt? Nein. Wer auf die Geschichte der Nachkonzilszeit hinschaut, der kann die Dynamik der wahren Erneuerung erkennen, die in lebendigen Bewegungen oft unerwartete Gestalten angenommen hat und die unerschöpfliche Lebendigkeit der heiligen Kirche, die Anwesenheit und die Wirksamkeit des Heiligen Geistes geradezu greifbar werden lässt. Und wenn wir auf die Menschen hinschauen, von denen diese frischen Ströme des Lebens ausgingen und ausgehen, dann sehen wir auch, dass zu neuer Fruchtbarkeit das Erfülltsein von der Freude des Glaubens, die Radikalität des Gehorsams, die Dynamik der Hoffnung und die Kraft der Liebe gehören.

Liebe Freunde, es bleibt dabei: Die Gleichgestaltung mit Christus ist Voraussetzung und Grund aller Erneuerung. Aber vielleicht erscheint uns manchmal die Gestalt Jesu Christi zu hoch und zu groß, als dass wir wagen könnten, daran Maß zu nehmen. Der Herr weiß das. Deshalb hat er für Übersetzungen in Größenordnungen gesorgt, die uns zugänglicher und näher sind. Paulus hat aus eben diesem Grund seinen Gemeinden ohne Scheu gesagt: Ahmt mich nach, ich aber gehöre Christus. Er war für seine Gläubigen eine Übersetzung von Christi Lebensstil, die sie sehen und der sie sich anschließen konnten. Seit Paulus hat es die ganze Geschichte hindurch immerfort solche Übersetzungen von Jesu Weg in geschichtliche Lebensgestalten hinein gegeben. Wir Priester können an eine große Schar heiliger Priester denken, die uns als Wegweiser vorangehen: von Polykarp von Smyrna und Ignatius von Antiochien angefangen, über die großen Seelsorger Ambrosius, Augustinus und Gregor dem Großen bis hin zu Ignatius von Loyola, Karl Borromäus und bis zu Johannes Maria Vianney und den Priestermärtyrern des 20. Jahrhunderts und schließlich bis zu Papst Johannes Paul II., der im Tun und Leiden die Gleichgestaltung mit Christus uns als „Gabe und Geheimnis“ vorgelebt hat. Die Heiligen zeigen uns, wie Erneuerung geht und wie wir ihr dienen können. Und sie lassen uns auch wissen, dass Gott nicht auf die große Zahl und auf die äußeren Erfolge schaut, sondern seine Siege im demütigen Zeichen des Senfkorns erringt.

Liebe Freunde, ganz kurz möchte ich noch zwei Stichworte aus der Erneuerung des Weiheversprechens berühren, die uns in dieser Stunde der Kirche und unseres eigenen Lebens zu denken geben sollten. Da ist zunächst die Erinnerung daran, dass wir – wie Paulus es ausgedrückt hat – „Ausspender der Geheimnisse Gottes sind“ (1 Kor 4,1) und dass uns der Dienst der Lehre (munus docendi) obliegt, der ein Teil dieses Ausspendens von Gottes Geheimnissen ist, in denen er uns sein Gesicht und sein Herz zeigt, um uns sich selber zu schenken. In der Begegnung der Kardinäle anlässlich des jüngsten Konsistoriums haben mehrere der Hirten der Kirche aus ihrer Erfahrung von einem religiösen Analphabetismus gesprochen, der sich mitten in unserer gescheiten Gesellschaft ausbreitet. Die Grundlagen des Glaubens, die früher jedes Kind wusste, werden immer weniger gekannt. Aber damit wir unseren Glauben leben und lieben können, damit wir Gott lieben können und damit recht auf ihn zu hören fähig werden, müssen wir wissen, was Gott uns gesagt hat; muss unser Verstand und unser Herz von seinem Wort berührt werden. Das Jahr des Glaubens, das Gedenken an die Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren soll uns ein Anlass sein, mit neuem Eifer und neuer Freude die Botschaft des Glaubens zu verkündigen. Die finden wir natürlich grundlegend und zuallererst in der Heiligen Schrift, die wir nicht genug lesen und bedenken können. Aber dabei machen wir alle die Erfahrung, dass wir Hilfe brauchen, um sie recht in die Gegenwart zu übertragen; dass sie uns wirklich ins Herz trifft. Diese Hilfe finden wir zuallererst im Wort der lehrenden Kirche: Die Texte des II. Vaticanums und der Katechismus der Katholischen Kirche sind die wesentlichen Instrumente, die uns unverfälscht zeigen, was die Kirche vom Wort Gottes her glaubt. Und natürlich gehört der ganze, noch längst nicht ausgeschöpfte Schatz der Dokumente dazu, die uns Papst Johannes Paul II. geschenkt hat.

All unsere Verkündigung muss Maß nehmen an dem Wort Jesu Christi: „Meine Lehre ist nicht meine Lehre“ (Joh 7,16). Wir verkündigen nicht private Theorien und Meinungen, sondern den Glauben der Kirche, deren Diener wir sind. Aber das darf natürlich nicht heißen, dass ich nicht mit meinem ganzen Ich hinter dieser Lehre und in ihr stehen würde. Ich muss dabei immer an das Wort des heiligen Augustinus denken: Was ist so sehr mein wie ich selbst? Und was ist so wenig mein wie ich selbst? Ich gehöre nicht mir selbst, und ich werde ich selber gerade dadurch, dass ich mich überschreite und durch die Überschreitung meiner selbst in Christus und in seinen Leib, die Kirche, hineinfinde. Wenn wir nicht uns selbst verkündigen und wenn wir inwendig ganz eins geworden sind mit dem, der uns gerufen hat als seine Botschafter, so dass wir vom Glauben geformt sind und ihn leben, dann wird unsere Predigt glaubhaft werden. Ich werbe nicht für mich selbst, sondern ich gebe mich selbst. Der Pfarrer von Ars war kein Gelehrter, kein Intellektueller, das wissen wir. Aber er hat die Menschen ins Herz getroffen mit seiner Verkündigung, weil er selbst ins Herz getroffen war.

Das letzte Stichwort, das ich noch anrühren möchte, heißt Seeleneifer (animarum zelus). Es ist ein altmodischer Ausdruck, der heute kaum noch gebraucht wird. Das Wort Seele gilt in manchen Kreisen geradezu als ein verbotenes Wort, weil es angeblich einen Dualismus zwischen Leib und Seele ausdrücke, den Menschen zu Unrecht zerteile. Natürlich ist der Mensch nur einer, mit Leib und Seele zur Ewigkeit bestimmt. Aber das kann doch nicht bedeuten, dass wir nun keine Seele mehr hätten, kein konstitutives Prinzip, das die Einheit des Menschen in seinem Leben und über seinen irdischen Tod hinaus gewährleistet. Und natürlich sorgen wir uns als Priester um den ganzen Menschen, gerade auch um dessen leibliche Nöte – um die Hungernden, um die Kranken, um die Obdachlosen. Aber wir sorgen uns nicht nur um den Leib, sondern gerade auch um die seelischen Nöte des Menschen: um die Menschen, die unter der Zerstörung des Rechts oder unter zerstörter Liebe leiden; um die Menschen, die sich im Wahrheitsdunkel befinden; die unter der Abwesenheit von Wahrheit und Liebe leiden. Wir sorgen uns um das Heil der Menschen an Leib und Seele. Und als Priester Jesu Christi tun wir es mit Eifer. Die Menschen dürfen nie das Gefühl haben, dass wir unsere Pflichtstunden gewissenhaft ableisten, aber zuvor und danach nur uns selbst gehören. Ein Priester gehört nie sich selbst. Die Menschen müssen unseren Eifer spüren, durch den wir glaubhaft das Evangelium Jesu Christi bezeugen. Bitten wir den Herrn, dass er uns mit Freude an seiner Botschaft erfülle und dass wir so mit freudigem Eifer seiner Wahrheit und seiner Liebe dienen dürfen. Amen.

Eine erste Antwort auf die Pfarrer-Initiative

Protest gegen was und gegen wen?

Von Anfang an hat Weihbischof Dr. Andreas Laun gegen die so genannte „Pfarrer-Initiative“ Stellung bezogen und deutlich den gemeinsamen Nenner aller Protestbewegungen benannt: Sie wollen aus der „Kirche Jesu“ ihre eigene Kirche machen und sie ihren Vorstellungen und denen des Zeitgeistes gemäß umbauen. Außerdem wendet sich Laun dagegen, dass die Initiatoren so tun, als ob sie die Sprecher „des Kirchenvolkes“, also aller Katholiken wären. Wahr sei vielmehr: Sie vertreten eine zwar lautstarke, aber eben doch nur eine Minderheit! Ihre Anhänger fühlen sich nur als Mehrheit, weil die wirkliche Mehrheit sich einerseits nicht genug wehrt und andererseits medial nicht gestützt wird. Wenn Msgr. Schüller davon spreche, er und seine Anhänger würden „Druck machen“, bis sie ihre Ziele erreicht hätten, klinge und schmecke das nach Politik, nicht nach Kirche. Aber die Kirche sei keine Partei, sie sei nicht Menschenwerk. Gleichzeitig schließt sich Weihbischof Laun dem Aufruf von Kardinal Schönborn an, der Msgr. Schüller öffentlich gebeten hat, zurückzukommen. Dazu macht sich Laun die Mühe, auf den Protest der Initiative hinzuhören und eine Antwort zu geben.

Von Weihbischof Andreas Laun

Der letzte Text der „Pfarrer-Initiative“ ist überschrieben mit: „Protest für eine glaubwürdige Kirche“. Protestieren kann man eigentlich nur „gegen“ etwas, nicht „für etwas“! Abgesehen von dieser sprachlichen Unklarheit: „Glaubwürdig“ ist letztlich nur Jesus selbst und Seine Kirche nur, insofern in ihr Seine Herrlichkeit sichtbar wird! Aber wie auch immer der Titel gemeint ist: Die dann angeführten Punkte sind eigentlich längst bekannt, die Antwort ist nicht schwer:

Protest: In dem „Aufruf zum Ungehorsam“ bekennen wir uns dazu, „künftig in eigener Verantwortung Zeichen der Erneuerung unserer Kirche zu setzen“.

Antwort: Erneuerung der Kirche geschieht immer nur in „eigener Verantwortung“ wie alle anderen bewussten Handlungen eines Menschen auch, allerdings nie durch „Ungehorsam“! Das Haupt-Missverständnis der ganzen Initiative und ihrer Vorläufer (wie des „Kirchenvolks-Begehrens“) ist ihre Rede von „unserer Kirche“. Denn eine „unsere Kirche“ gibt es nicht, nur die eine Kirche Jesu Christi! Wer aufmerksam die Heilige Messe – den liturgischen Texten gehorsam – feiert oder mitfeiert, hört und bekennt mehr als einmal, dass es „Seine“ Kirche ist, nicht „unsere“!

Protest: „Wir aber setzen dem gegenwärtigen Aushungern der Gemeinden und der Seelsorge unter dem Druck des Priestermangels und der Überalterung des Klerus mehrfach ein entschiedenes NEIN entgegen.“ 

Antwort: Wer ist mit dieser Anklage des „Aushungerns“ gemeint? Sind es die Bischöfe, die „aushungern“ und schuld sind am Priestermangel? Ja, auch die Bischöfe, aber nicht nur sie, wir alle sind schuldig am Fehlen der Berufungen! Wer von uns weiß, wie viele Priesterberufe durch seine eigene fehlende Heiligkeit, durch sein schlechtes Beispiel, durch seinen Spott über Kirche und Papst, durch seine Irrlehren verhindert wurden? Wer wagt es zu behaupten: Durch mich sicher nicht, durch mich ging keine einzige Berufung verloren?

Protest: „Wir sagen NEIN, wenn wir zusätzlich immer weitere Pfarren übernehmen sollen, weil uns das zu reisenden Zelebranten und Sakramenten-Spendern macht, denen die eigentliche Seelsorge entgleitet. Wir widerstehen damit dem Trend, an vielen Orten flüchtig anwesend zu sein, aber keine spirituelle und emotionale Heimat zu finden und anzubieten.“

Antwort: Waren nicht, von Paulus an, unzählige Bischöfe und Priester „Reisende“ und dennoch gute Seelsorger? Wieso ist es schlecht und so schrecklich, wenn Priester in Europa auf guten Straßen mit guten Autos einige Kilometer fahren, um Eucharistie zu feiern, Sakramente zu spenden und zu predigen? War das nicht, auf Eseln und schlechten Straßen und durch Urwälder und Wüsten, sehr oft die Form der Seelsorge in allen Jahrhunderten, war das nicht viel „normaler“ als die heutige Sesshaftigkeit? Und waren Distanzen und Zeitabstände nicht viel, viel größer? Und überhaupt: Sollen wir klagen und jammern, ist der gesunde Priester deswegen wirklich so „überlastet“, dass er ein Recht hat, sich zu beklagen? Man denke und vergleiche den Einsatz des hl. Paulus in der Seelsorge (1 Thess 3,9)! Und weiter: Ist die „eigentliche Seelsorge“, von der hier die Rede ist, nur das Zusammensitzen mit den Gläubigen? Gibt es „spirituelle Heimat“ der Priester nur durch „Bleiben am Ort“ oder ist nicht gerade diese, zugegeben, auch schmerzende „Heimatlosigkeit“ des Priesters ein pastoral wichtiges Zeichen dafür, dass wir nur „Fremde“ und „Pilger“ auf Erden sind, wie es im Hebräerbrief (11,14ff.) heißt? Und worin besteht die „emotionale Beheimatung“ des Priesters, die es durchaus auch für Priester geben soll, aber doch so, dass das priesterliche Leben nicht allzu „bürgerlich“ wird?

Protest: „Wir sagen NEIN zu immer mehr Eucharistiefeiern am Wochenende, weil so die vielen Dienste und Predigten zu oberflächlichem Ritual und allzu routinierter Rede werden, während Begegnung, Gespräch und Seelsorge verkümmern. Kurz vor der Messe anzukommen und gleich danach weiterzufahren, macht unseren Dienst zur hohlen Routine.“

Antwort: Von wie vielen Messen und Predigten ist hier die Rede? Warum sollen mehrere Feiern der Hl. Messe und die dazugehörigen Predigten zum „oberflächlichen Ritual und allzu routinierter Rede“ werden? Ja, natürlich, mehrere Messen sind auch anstrengend, aber sind sie nicht auch schön, wenn man sie mit Liebe feiert und die Freude hat, das Wort Gottes verkünden zu dürfen? Ich bin auch nicht mehr ganz jung und nicht wenige Priester sind gesundheitlich wirklich nicht mehr sehr leistungsfähig. Aber: Mehrere Hl. Messen an einem Wochenende, je nach Umständen, halten ich und wohl die meisten Priester leicht aus. Ich werde vielleicht müde sein, aber müde sein ist nicht schlimm, vor allem dann nicht, wenn ich Eucharistie feiern und über Gott reden durfte! Was für eine Ehre und Freude! Nein, es gibt keinen Grund, diese Dienste so abzuwerten, wie die Verfasser des Protestes es tun. Es gibt genug Priester, die ihren Dienst auch in dieser anstrengenden Form immer noch sehr gerne und mit Hingabe tun! Und überhaupt, wenn wir unsere Belastung mit der beruflichen Belastung und dem Stress vieler, vieler Menschen in der Wirtschaft, in der Welt, vergleichen, haben wir Priester und Bischöfe in der Regel keinen Grund, uns zu beklagen, zumal der Sonntags- und Feiertags-Stress, wenn man so reden darf, nicht der der ganzen Woche ist!

Auch dass deswegen die anderen Elemente der Seelsorge verkümmern müssen, stimmt nicht: Was macht denn der Priester unter der Woche, von der hier gar nicht die Rede war? Die Bürokratie soll und kann er weitgehend delegieren, und dann bleibt genug Zeit, Hausbesuche zu machen, Gespräche zu führen – und sich dazwischen auch noch die Erholung zu gönnen, die ihm wirklich gebührt! Dass nicht alle Priester gleich leistungsfähig sind, ist wahr, aber auch physisch schwächere Priester können mit weniger Zeitaufwand sehr gute Priester und Pfarrer sein, die die Herzen der Menschen als Seelsorger erreichen. Papst Johannes Paul II. hat es uns vorgelebt!

Protest: „Wir sagen NEIN zur Zusammenlegung oder Auflösung der Pfarren, wenn sich keine Pfarrer mehr finden. Hier wird der Mangel zum Gesetzgeber erhoben, statt dem Mangel durch die Änderung unbiblischer Kirchengesetze abzuhelfen. Das Gesetz ist für den Menschen da – und nicht umgekehrt. Gerade das Kirchenrecht hat den Menschen zu dienen.“

Antwort: Mit den „unbiblischen Kirchengesetzen“ meint man wohl den Zölibat, ohne den es angeblich genug Priester gäbe, um alle Pfarren zu besetzen? Oder man denkt an Frauen, die endlich zur Priesterweihe zugelassen werden sollten? Dagegen steht die Beobachtung: Auch Diakone anzuwerben ist offenbar schwer, obwohl diese den Priestern viel wirkungsvoller helfen könnten als gläubige Laien, ohne damit deren kostbare Hilfe abzuwerten. Wer sich zum geistlichen Amt berufen fühlt, sollte Diakon werden und alles Andere Gott überlassen! Übrigens gehört zum Streben nach dem geistlichen Amt immer auch ein „heiliges Erschrecken“, das mit einem „Recht auf Weihe“, das man einfordern könnte, unvereinbar ist! Erinnert sei auch daran: Auch bei den evangelischen Christen gibt es „Pastorenmangel“! Und weiter: Der Zölibat soll „unbiblisch“ sein? Ohne das bekannte Jesus-Wort in der Bibel gäbe es ihn sicher nicht, er ist sehr wohl „biblisch“! Wahr ist freilich: Der Zölibat „müsste“ nicht sein, es gibt ihn bei den unierten-katholischen Kirchen nur in „abgeschwächter“ Form, nämlich für Bischöfe und für Witwer, die nicht mehr heiraten können. Aber umgekehrt gedacht: Ist der Zölibat nicht gerade, weil er auch ein Kreuz ist, eine Art Wunder: Dass normale Männer bereit sind, sogar auf die Ursehnsucht nach Frau und Familie zu verzichten, um auf diese Weise Zeugnis für Gottes Gegenwart abzulegen! Erklärt das nicht auch, warum so oft gerade die Kirchenfeinde den Zölibat abgeschafft wissen wollten? Wenn sie das Wohlbefinden der „armen“ Bischöfe und Priester nicht motiviert, was dann? Allein dieses Faktum sollte zu denken geben! Ist das staunenswerte Festhalten der Kirche an diesem Gesetz, auch vom Konzil bestätigt, nicht doch viel mehr eine Hilfe für die Seelsorge als ein Hindernis, vorausgesetzt, dieses Kreuz wird mit Liebe getragen und nicht mit einem inneren Dauerprotest mürrisch geschleppt?

Protest: „Wir sagen NEIN zur Überforderung der Pfarrer, die man in einen mehrfachen Pflichterfüllungsstress drängt, deren Zeit und Kraft für ein geistliches Leben wegadministriert wird und deren Dienste weit über das Pensionsalter hinaus beansprucht werden. So kann sogar das früher verdienstvolle Wirken durch allzu lange Beanspruchung beschädigt werden.“

Antwort: Auch ein Priester braucht nicht mehr zu tun, als er leisten kann! Dass es in seinem Leben auch Stress gibt und er sich da und dort und vor allem im Alter auch „überfordert“ fühlt, hat er gemeinsam mit allen anderen Menschen! Man muss sehen, wie man im Einzelfall helfen kann und er selbst soll einfach aufhören zu tun, was er nicht mehr kann, niemand wird ihm einen Vorwurf machen! Aber dass dadurch sein „geistliches Leben“ leidet, ist absurd! Das „geistliche Leben“ kann durch nichts „verunmöglicht“ werden, auch nicht durch Krankheit, weil es ja in der Liebe besteht und diese „bekanntlich“ stärker ist als der Tod (Hld 8,6)! Damit ist nicht geleugnet, dass es psychische Erkrankungen scheinbar „auslöschen“ können! Für uns mehr oder weniger gesunden Männer im geistlichen Amt gilt: Wir haben unsere Zeit und unsere Kräfte geschenkt bekommen, um sie in den Dienst des Herrn zu stellen! Darin besteht „das geistliche Leben“ und niemand kann es „wegadministrieren“! Und wenn ein Priester auch noch im – weltlich definierten – Pensionsalter tut, was er noch kann, ist das kein besonderes Leiden, sondern eine Gnade, die ihn bewahrt vor dem Leiden vieler alter Menschen, die mit der Pension in ein Loch fallen und an der Leere ihres Lebens und ihrer Einsamkeit leiden.

Protest: „Wir sagen NEIN, wenn das Kirchenrecht ein allzu hartes und unbarmherziges Urteil spricht: über Geschiedene, die eine neue Ehe wagen, über gleichgeschlechtlich Liebende, die in Partnerschaft leben, über Priester, die am Zölibat scheitern und deshalb eine Beziehung eingehen – und über die Vielen, die ihrem Gewissen mehr gehorchen als einem von Menschen gemachten Gesetz.“

Antwort: Das Kirchenrecht fällt überhaupt keine Urteile und kann nicht „unbarmherzig“ sein; Urteile fällen und unbarmherzig sein, können nur Personen! Kirchengesetze sind Menschenwerk, sie sollen dem Wort Gottes entsprechen und den Menschen keine unnötigen Lasten auferlegen! Bei den – zum wievielten Mal? – genannten „Reizthemen“ geht es nicht um „von Menschen gemachte Gesetze“, sondern allein um die Frage, was das Wort Gottes zu diesen Themen sagt! Die in diesem Absatz des Protestes suggerierte Annahme, alle Menschen, die von der Lehre und den Gesetzen der Kirche abweichen, täten dies auf Grund einer Prüfung ihres Gewissens, geht an der Wirklichkeit des Lebens vorbei! Heiligen Ungehorsam gegenüber Menschen als Folge des Gehorsams gegenüber Gott gibt es, aber niemals in der heutigen Form der Auflehnung gegen die Gebote Gottes und gegen Seine Kirche! Wie der „heilige Protest gegen die konkrete Kirche“ ausschaut, kann man lernen bei den Heiligen! Die „Ungehorsams-Initiative“, „Erklärungen“ und „Begehren“ hätten diese sicher nicht unterschrieben, sondern bekämpft, liebevoll, aber mit all ihren Kräften!

Protest: „Weil Schweigen als Zustimmung verstanden wird und wir unsere Verantwortung als Priester und Seelsorger wahrnehmen wollen, müssen wir diesen fünffachen Protest aussprechen. Er ist ein „Protest“ im wörtlichen Sinn: ein „Zeugnis für“ eine Kirchenreform, für die Menschen, deren Seelsorger wir sein wollen, und für unsere Kirche. Die Freudlosigkeit des heutigen Kirchenbetriebs ist kein gutes Zeugnis für die „frohe Botschaft“, die uns bewegt. Denn wir wollen „nicht über den Glauben herrschen, sondern der Freude dienen“(2 Kor 1,24).“

Antwort: Die Protestierer wollen Seelsorger für die Menschen sein? Das ist gut so, aber das ist nicht ihr Markenzeichen, denn das wollen alle Priester, die ihr Amt ernst nehmen. Die Antwort kehrt zum Anfang zurück: Es ist die „Kirche Jesu“ und die Priester können nur wirklich „Seelsorger“ sein, wenn sie nach den Vorgaben Jesu, treu seiner Botschaft, treu den von Ihm gesetzten Strukturen, mit den biblischen „Mitteln“ der Seelsorge dienen! Biblisch gesprochen: Die „Türe“ zur wahren Seelsorge geht immer nur über den Hirten und seine Vorgaben auf (Joh 10,7)! Auch ich kenne „Freudlosigkeit“ in der Kirche und auch in mir die Versuchung zu ihr! Aber eigentlich begegne ich der Freudlosigkeit immer nur dort, wo Menschen „kleingläubig“ sind und an der Kirche zweifeln, im Konflikt mit den Geboten Gottes leben und aufgehört haben, dankbar zu sein, Glieder dieser Kirche sein zu dürfen! Oft scheinen sie ihre „selbstgemachte“ Unzufriedenheit auf Papst und Kirche „auszulagern“, indem sie Gott und den „Anderen“ die Schuld zuweisen! Freude, viel Freude hingegen erlebe ich dort, wo Christen die Kirche lieben, Gott für Seine Kirche danken, ihr mit Hingabe dienen, sich mit ihren bösen Neigungen und Sünden nicht abfinden, sondern ständig bemüht sind, umzukehren, aus der Eucharistie zu leben und auf das Lehramt zu hören – dort sehe ich Freude, große Freude und viel Freude!

Schlusswort: Liebe Brüder „des Protestes“, der schon dem Wort nach so „protestantisch“ klingt, dass Ihr diese Worte nicht benützen solltet! Ich bitte Euch um eine „Umkehr“ der „Zielgruppe“ Eures „Protestes“: Protestiert nicht mehr gegen die Kirche, wie es alle Häretiker taten, sondern gegen die Sünden und Häresien in der Kirche Jesu, besonders gegen die Sünden, für die wir allein verantwortlich sind, nämlich gegen die eigenen Sünden! Protest ja, aber an die richtige Adresse und unter Berücksichtigung der Warnung Jesu vor dem „Urteilen über Andere“ und der Rede Jesu über die Splitter und Balken (Mt 7,4)!

Und zuletzt ein Gedanke, der mir beim Lesen einer Stelle von Jesaja im Brevier kam: „So spricht der Herr: Was wäre das für ein Haus, das ihr mir bauen könntet, was wäre das für ein Ort, wo ich ausruhen könnte? Denn all das hat meine Hand gemacht, es gehört mir ja schon!“ Ist es nicht so: Jesus hat „sich selbst ein Haus gebaut“, eben seine Kirche auf den Felsen Petri und auf das Fundament der Apostel! Und wir alle sollten nicht versuchen, Ihm eine andere Kirche zu bauen! Wir dürfen nicht Baumeister spielen, die ein altes Haus entkernen und umbauen in ein modernes, ganz anderes Haus. Vielmehr müssen wir uns verhalten wie ein Architekt, der einen alten Dom renoviert, indem er die ursprünglichen Strukturen wieder freilegt und die alte Schönheit neu zur Geltung bringt. Nicht Umbau ist unser aller Aufgabe, sondern Freilegen der „Form“, die Jesus seiner Kirche gab, in diesem Sinn Re-Form! Und wo fangen wir, Ihr und ich und alle Bischöfe, mit der Renovierung an? Ich zitiere die von uns allen verehrte Mutter Teresa, die auf die Frage, was sie in der Kirche verändert sehen möchte, antwortete: „Sie und mich!“ Also Euch, mich, alle Priester, Diakone und Bischöfe! Ein solcher Neuanfang würde uns von aller Freudlosigkeit befreien, wir könnten wieder wirklich miteinander reden und aufeinander hören – und alle „Bewegungen“, „Initiativen“, „Begehren“ und „Memoranden“ würden in ein Fest der Freude einmünden. Jesaja abwandelnd könnte man sagen: Wir, das Volk, das derzeit im Dunkel des Streites und der Spaltung lebt, würde wieder „ein helles Licht“ sehen (vgl. Jes 9,1ff.)! Dieses Licht würde uns, die wir in das „Land der Finsternis“, der Ausgrenzung, der Sprachlosigkeit geraten sind, wieder „aus der Höhe aufstrahlen“ und in der Kirche die „Stadt Gottes, die vom Himmel gekommen ist“ (Offb 21,23), erkennen lassen!

Das kleine gelbe Wunder

Bernhard Meuser, der die redaktionelle Koordination des Jugendkatechismus YOUCAT[1] unter sich hatte, gibt zunächst einen Einblick in die Entstehung dieses Projekts. Kardinal Schönborn bezeichnete die Erfolgsgeschichte schon bei der Vorstellung des Buchs in Rom im Jahr 2010 als das „kleine gelbe Wunder“. Inzwischen sei klar geworden, so Meuser, dass das Projekt YOUCAT nicht auf der Buchebene bleiben konnte. Nun wurde ein internationales YOUCAT-Zentrum mit Sitz in Augsburg ins Leben gerufen, das die verschiedenen Initiativen in aller Welt koordinieren soll. Bernhard Meuser stellt die Pläne und Perspektiven dieses Zentrums vor.

Von Bernhard Meuser

Ich hoffe“, so sagt Papst Benedikt XVI. in seinem Vorwort zu YOUCAT, „dass viele junge Menschen sich von dem Buch faszinieren lassen. Manche sagen, junge Menschen von heute interessiert das nicht. Ich bestreite das und bin sicher, recht zu behalten. Junge Menschen von heute sind nicht so oberflächlich, wie man ihnen unterstellt. Sie wollen wissen, worum es im Leben wirklich geht. Ein Kriminalroman“ – so sagt der Papst – „ist spannend, weil er uns in das Schicksal anderer Menschen hineinzieht, das auch das unsrige sein könnte. Dieses Buch ist spannend, weil es von unserem eigenen Schicksal redet und darum einen jeden von uns zutiefst angeht.“ Der Katechismus ist keine portionierte Tiefkühlpackung von Glaubenslehren, die mich nichts angehen, sondern die vernünftige Entfaltung von etwas, das „einen jeden von uns zutiefst angeht“. Warum? Weil der Katechismus „von unserem eigenen Schicksal redet“.

Jugendliche im Vatikanischen Pressesaal

Der 17. April des Jahres 2010 war ein strahlender Frühlingstag. Es war der Tag, dem wir alle entgegenfieberten. Wir – das waren etwa 30 Jugendliche, die vier Autoren des YOUCAT, dazu Kardinal Schönborn aus Wien. Wenige Monate zuvor hatte uns eine Einladung aus Rom ereilt. Wir sollten den Jugendkatechismus im Vatikan der Weltöffentlichkeit vorstellen. Fünf Jahre hatten wir an dem Buch gearbeitet. Nun durften zwei Jugendliche den YOUCAT in mehreren Sprachversionen dem Heiligen Vater überreichen. Die anderen Jugendlichen saßen in der „prima fila“ und konnten ihr Glück kaum fassen, dass Benedikt im Anschluss an die Audienz unsere Gruppe noch einmal extra empfing und ein Gruppenbild mit uns ermöglichte. Die Italiener hatten in aller Eile sogar einen App gebastelt und beobachteten voller Stolz, wie der Heilige Vater mit seinem Daumen über das Smartphone strich und die Sache in Bewegung setzte. Im Anschluss daran hasteten wir Kardinal Schönborn hinterher, der mit wehender Robe über den Petersplatz eilte, hinüber zum Pressesaal des Vatikans.

Der Pressesaal quoll über. Allein sieben Fernsehteams hatten ihre Kameras aufgebaut, denn was es zu sehen gab, war ungewöhnlich genug: Auf dem Podium, wo sonst nur Bischöfe und Kardinäle verlautbaren, saßen zwar auch zwei Kardinäle und ein Erzbischof, aber neben ihnen hatten junge Leute in gelben T-Shirts Platz genommen, die selbstbewusst „ihr“ Buch vorstellten. Ja, es war „ihr“ Buch, wie es das Buch der Kirche war, die diese Initiative von Jugendlichen, Priestern und Laien gewissermaßen adoptiert hatte und ein veritables Graswurzelprojekt, also ein Stück „Kirche von unten“, zu einem Projekt der ganzen katholischen Kirche gemacht hatte. Kardinal Schönborn war es, der damals vom „kleinen gelben Wunder“ sprach.

In die Euphorie dieses Tages mischten sich zwei bedeutende Pannen. Kurz vor dem Startschuss hatte es sich herausgestellt, dass sich sowohl in der italienischen wie in der französischen Version ganz schreckliche Übersetzungsfehler befanden, die man nicht rechtzeitig entdeckt hatte. Das Theologenteam des italienischen Kardinals, der für die Approbation zuständig war, hatte, warum auch immer, nicht bemerkt, dass in der Übersetzung der Eindruck erweckt wurde, als würde die Kirche künstliche Empfängnisverhütung erlauben, und bei den Franzosen hatte man ein einziges kleines Wörtchen vergessen, das Wörtchen „nicht“. „Nicht alle Religionen sind gleich“, sollte es heißen, hieß es aber nicht. Zwei französische Bischöfe standen vor Kardinal Schönborn, um ihm einzugestehen, dass man am Vortag die 25.000 Exemplare des Buches kurzerhand eingestampft hatte: „Sie müssen verstehen, dass wir dies nicht mit einem eingelegten Corrigenda-Zettel regeln konnten. Die Sache ist in Frankreich zu delikat. Bedenken Sie bitte, dass wir Christen in etwa zwölf Jahren nicht mehr die Religion der Mehrheit unserer Bevölkerung sein werden.“

Manchmal sind auch schlechte Nachrichten gute Nachrichten. Jedenfalls hatte die Weltpresse beste Gelegenheit für Schlagzeilen, was der Wahrnehmung unseres Projektes nicht schadete. Der YOUCAT war in aller Munde. Die Fehler sind längst behoben. Kardinal Schönborn trös-tete uns mit dem Hinweis, dass es auch beim großen Weltkatechismus ganze fünf Jahre gedauert habe, bis in allen Sprachversionen die letzten Fehler und Ungenauigkeiten behoben waren.

Vom „Kompendium“ zum Jugendkatechismus

Werfen wir einen Blick zurück! Im Jahr 2005 erschien weltweit das Kompendium zum Katechismus der Katholischen Kirche. Es war gewissermaßen ein später Wunsch des verstorbenen Papstes Johannes Paul II., dass dem 1992 erschienenen großen Weltkatechismus, dem Megaprojekt jener Jahre, eine Art Volkskatechismus hinzugefügt werden sollte. War der große Katechismus mehr für die Lehrer des Glaubens gedacht, die Bischöfe, die Priester, die Professoren, die Religionslehrer und Katecheten, so sollte das Kompendium das „Fußvolk“ erreichen; es sollte ein Familienbuch werden, ein Buch auch für die jungen Katholiken.

Und so hatte ich eines Tages den Text in der Hand, den ich voll Neugier studierte. Ich kann nicht verhehlen, dass ich etwas enttäuscht war, kannte und nutzte ich doch den Weltkatechismus, der mir als wichtiges und gutes Nachschlagewerk vertraut war. Auch das Kompendium erschien mir als verlässliche Handreichung, aber für Jugendliche teilweise doch recht schwer verständlich. Die Bearbeiter hatten versucht, 800 Seiten auf 300 einzudampfen; sie wollten dabei nichts Wesentliches vergessen, was natürlich in der Verdichtung zu einer gewissen Komplexität führte.

Es kam zu einem Gespräch mit Kardinal Schönborn. Wir ermunterten ihn, der zusammen mit dem damaligen Kardinal Ratzinger einer der Väter des Katechismus war, doch nach Rom zu gehen, um am Heiligen Stuhl die Erarbeitung eines Jugendkatechismus anzuregen. „So einfach ist das nicht, wie Sie denken“, meinte der Wiener Erzbischof. „Theologen in Rom haben nicht wirklich unmittelbaren Zugang zu Jugendlichen. Und einen Katechismus für die Jugend muss man mit Jugendlichen erarbeiten.“ Dieser Satz stellte sich im Nachhinein als wegweisendes Wort heraus. Ich hörte ihn und sagte zu Kardinal Schönborn: „Wenn dies das Problem ist, kann man ja was machen. Was halten Sie von der Idee, wenn wir ein kleines Team von Priestern und Laien zusammenstellen, die zusammen mit Jugendlichen an einer jugendgemäßen Übersetzung des großen Katechismus arbeiten? Ihnen entstehen keinerlei Verpflichtungen. Wir machen einfach einmal was, einen Entwurf. Aber Sie müssten das Patronat übernehmen.“ Der Kardinal reagierte aufgeschlossen, wollte uns aber keine allzu großen Hoffnungen machen: „Wenn es gut wird, will ich mich gerne dafür verwenden!“

Mit Benedikt XVI. zum Durchbruch

Vier Jahre später kam der Text auf den Tisch von Benedikt XVI., der anfangs etwas zauderte mit seiner Unterstützung, da ein allgemeiner katholischer Jugendkatechismus in der Theorie nicht vorgesehen war. Die Kardinäle Schönborn, Meisner und Rylko überzeugten den Papst aber, dass es eine große Sache sein könnte, den YOUCAT als Jugendkatechismus für den Weltjugendtag in Madrid zu haben. Damit war Benedikt XVI. einverstanden; er gab den Text an die Glaubenskongregation zur Prüfung weiter, ordnete seine Verwendung für Madrid an (alle Jugendlichen sollten dort ein kostenloses Exemplar erhalten) und versprach ein Vorwort.

Das großartige Hilfswerk „Kirche in Not“ sprang ein mit dem Löwenanteil der Finanzierung. Das war Durchbruch Nummer I; für Durchbruch Nummer II sorgte der Papst durch seinen eigenen Text, der wie eine Bombe einschlug. Im Sommer 2009 schickte er sein Vorwort. Es liest sich wie eine „Magna Charta“ der Jugendevangelisation. Der „Osservatore Romano“ publizierte es im Voraus, woraufhin in Windeseile nicht nur die sechs Sprachen beieinander waren, in denen der YOUCAT zum Weltjugendtag erscheinen sollte; es meldeten sich Bischöfe, Bischofskonferenzen und Verlage aus aller Welt, die dieses Buch auch für ihren Sprachraum haben wollten.

Eine einzige Stelle aus dem Vorwort muss ich hier zitieren, weil sie nämlich der Masterplan für alles ist, was gerade rund um den YOUCAT geschieht, weil es auch der Schlüssel ist für das, was mit dem YOUCAT hier in Augsburg passiert und passieren soll. Diese Stelle aus dem Vorwort lautet:

„Studiert den Katechismus mit Leidenschaft und Ausdauer!  Das ist mein Herzenswunsch. Opfert Lebenszeit dafür! Studiert ihn in der Stille Eurer Zimmer, lest ihn zu zweit, wenn Ihr befreundet seid, bildet Lerngruppen und Netzwerke, tauscht Euch im Internet aus. Bleibt auf jede Weise über Euren Glauben im Gespräch! Ihr müsst wissen, was Ihr glaubt. Ihr müsst Euren Glauben so präzise kennen wie ein IT-Spezialist das Betriebssystem eines Computers. Ihr müsst ihn verstehen wie ein guter Musiker sein Stück. Ja, Ihr müsst im Glauben noch viel tiefer verwurzelt sein als die Generation Eurer Eltern, um den Herausforderungen und Versuchungen dieser Zeit mit Kraft und Entschiedenheit entgegentreten zu können.“

Kardinal Lehmann meinte dazu: „Der Katechismus wird also der Jugend nicht einfach vorgesetzt, sondern die Jugend selbst ist in einem hohen Maße durch ihre Fragen, aber auch durch einzelne sprachliche Vorschläge zum ,Subjekt‘ des YOUCAT geworden. Dies ist ein außerordentliches Zeugnis für die Erneuerung der Katechismus-Tradition, das man nicht genügend hervorheben kann. Darin liegt auch ein wirklich neues Zugehen auf die junge Generation.“ Man kann im Aufruf des Papstes noch mehr sehen. Die Jugendlichen sind hier nicht „Objekte“, die bespielt, will sagen: katechetisiert werden. Sie selbst werden aufgerufen, sich den Glauben gewissermaßen zu holen, um selbst missionarisch zu werden.

Als Ende des letzten Jahres eine kurze Zwischenbilanz gezogen wurde, stellte man fest, dass innerhalb weniger Monate ca. 1,7 Millionen YOUCAT gedruckt vorlagen, in zwanzig verschiedenen Sprachen. Ende dieses Jahres werden es 30 oder mehr Sprachen sein. Die chinesische Übersetzung liegt vor; zurzeit sucht man nur noch nach einem Weg, ihn in Rotchina zu drucken und zu vertreiben. Die arabische Übersetzung steht kurz vor der Vollendung. Indische Jugendliche und Priester arbeiten an Übersetzungen in die vier größten indischen Nationalsprachen. In vielen Ländern wurde der YOUCAT zum Bestseller. Die Lateinamerikaner planen verbilligte Massenausgaben, insbesondere auf den Weltjugendtag in Rio hin.

Internationales YOUCAT-Zentrum in Augsburg

Schon im Mai 2011 war klar, dass das Projekt YOUCAT nicht auf der Buchebene bleiben konnte. Der Aufruf des Heiligen Vaters, ins Internet zu gehen, Lerngruppen zu bilden, ja eine junge Lernbewegung des Glaubens zu initiieren, durfte nicht ungehört verhallen. YOUCAT brauchte ein internationales Zentrum, um die verschiedenen Initiativen in der Welt zu koordinieren und auch armen Ländern und kleinen Sprachgruppen die Community-Bildung im Internet zu erlauben. Der neugegründete „Päpstliche Rat für Neuevangelisierung“ und sein Chef, der rührige Erzbischof Fisichella, zeigten und zeigen großes Interesse an dem Projekt. Dem mutigen Augsburger Bischof, Dr. Konrad Zdarsa, ist es zu verdanken, dass der Ort dieses Zentrums Augsburg ist. Sein entschiedener Wille zur Neuevangelisierung ermöglicht es derzeit, dass in recht kurzer Zeit der Rahmen geschaffen werden kann für ein internationales Pilotprojekt der Jugendevangelisierung, das von weltweitem Interesse ist, das aber auch ganz konkrete Früchte für einen jungen Aufbruch des Glaubens in der Diözese tragen soll.

Schon heute hat der Aufruf des Papstes, Lerngruppen junger Katholiken zu bilden, enormen Widerhall gefunden. Weltweit haben sich in Facebook etwa 150 Studygroups gebildet, die größte auf den Philippinen mit ca. 12.000 Mitgliedern.

Das YOUCAT-Zentrum in Augsburg wird aus vier hauptamtlichen jungen Mitarbeitern bestehen; dazu sollen Praktikanten- und Traineeplätze kommen. Diese vier jungen Leute betreiben Neuevangelisierung „young to young“. Jugendliche können anderen Jugendlichen Dinge sagen, die der Elterngeneration verwehrt sind. Jugendliche, die begeistert und kompetent im Glauben stehen, können andere Jugendliche wirklich entzünden und zu einer Entscheidung für Jesus Christus und seine Kirche bewegen. Das ist der Kern. Diese junge Truppe arbeitet nach der Methode THINC; das ist eine viergliedrige Methode, die aus dem Appell des Heiligen Vaters im Vorwort zum YOUCAT gewonnen wurde.

Das „TH“ steht für „Theologie“ – das Keyword für TH lautet: „Know!“ Hier geht es darum, den Glauben durch intensives Katechismusstudium wirklich von innen heraus kennenzulernen. Neue Buchprojekte sind in der Entwicklung: ein YOUCAT-Firmkurs, ein DOCAT (das ist die Übersetzung der katholischen Soziallehre in das YOUCAT-Format), ein Aufklärungsbuch „Alles über Liebe“, ebenfalls im YOUCAT-Format, ein Spiel nach Art von Trivial Pursuit, mithilfe dessen Jugendgruppen sich Glaubenswissen spielerisch aneignen können, usw.

Das „I“ von THINC steht für „Internet“, und das Keyword lautet hier: „Share!“, also: Teilen! Es geht hier darum, dass sich unsere jungen Leute bemühen, möglichst viele junge Katholiken zu einer aktiven katholischen Community des Glaubens zusammenzufassen, ihren Austausch anzuregen und ihn zu begleiten.

Das „N“ von „THINC“ steht für „Networking“, und das Keyword lautet: Meet! – Trefft euch in der Realität! Lernt euch, die ihr in den Gemeinen häufig allein dasteht, kennen. Befreundet euch! Beschreitet den Weg von Community zu Communio! Seid auf eine neue Weise Kirche! Organisiert Jugendwallfahrten! Macht Sommercamps! Bildet Studiengruppen, die sich in den Städten und Dörfern treffen! Bestärkt euch gegenseitig auf den schwierigen Weg in säkularisierten Gesellschaften, die christliche Alternative zu leben!

Das „C“ von „THINC“ schließlich steht für „Creativity“, und das Keyword hier lautet: Express! Drückt Euren Glauben auf vielfältige Weise aus. Komponiert Lieder! Dreht Filme! Macht Fernsehen und Radio! Schreibt Blogs! Seid auch sozial kreativ! Geht in die Altenheime! Engagiert Euch politisch! Seid das Salz in der Suppe Eurer Gesellschaften!

Konkret wird das so aussehen, dass das Augsburger YOUCAT-Zentrum nicht nur ein Internet-Betrieb ist, auch nicht nur ein Thinc-Tank für YOUCAT international. Firmgruppen, die nach Augsburg kommen, um den Dom zu sehen, werden in wenigen Monaten auch ins YOUCAT-Zentrum eingeladen sein, um sich für den Glauben begeistern zu lassen. Messdienergruppen, Jugendgruppen, Studenten – sie alle sollen angesprochen, angezündet und involviert werden. Im YOUCAT-Zentrum soll auch YOUCAT.TV entstehen, eine zunächst monatliche, dann vielleicht wöchentliche Sendung, die von Jugendlichen für Jugendliche gemacht wird. Junge Priester wurden angesprochen, die im Rahmen dieser Sendung zusammen mit ihren Jugendlichen Talkmaster spielen und in 10-Minuten-Stücken jeweils eine Frage aus dem YOUCAT diskutieren, und so weiter. Ob Segen auf der Sache liegt, wird sich in der Realität erweisen. Wir sind jedenfalls glücklich, dass Bischof Zdarsa und die Augsburger Diözesanleitung diesem „Experiment des lb. Gottes“ einen gewaltigen Vertrauensvorschuss entgegenbringen.


[1] Youcat – Jugendkatechismus der Katholischen Kirche, Pattloch Verlag, Flexcover, 304 Seiten, Euro 12,99 (D), ISBN 978-3-629-02194-6.

Leicht überarbeiten und massiv verbreiten:

Plädoyer für YOUCAT

Dr. François Reckinger hält den Jugendkatechismus YOUCAT für eine gelungene Sache. Er wünscht sich eine weitere Verbreitung des Glaubensbuches, von dem bereits über 1,7 Millionen Exemplare gedruckt worden sind. Einen neuen Impuls erhofft er sich von einem Projekt, das Bernhard Meuser, der verlegerische Koordinator des YOUCAT, im Frühjahr dieses Jahres angekündigt hat (Die Tagespost, 1.3.2012, S. 6). Unter dem Namen Docat soll für Jugendliche eine Zusammenfassung der katholischen Soziallehre erscheinen. Allerdings regt Reckinger an, den YOUCAT vor einer neuen Drucklegung gründlich zu prüfen und Ungenauigkeiten zu korrigieren. Nachfolgend benennt er einige problematische Aussagen und Formulierungen, die ihm bei einer ersten Durchsicht aufgefallen sind.

Von François Reckinger

Der YOUCAT ist der Jugendkatechismus, der 2010 von der Österreichischen Bischofskonferenz mit Zustimmung der Deutschen und der Schweizer Bischofskonferenz in mehreren Sprachen erschienen ist und der den wesentlichen Inhalt des Katechismus der Katholischen Kirche (im Folgenden: KKK) in jugendgemäßem Stil wiedergibt. Er ist mit gutem Erfolg u.a. beim Weltjugendtag 2011 in Madrid benutzt worden. Darüber kann man sich im Hinblick auf die notwendige Neuevangelisierung bei uns und den Fortgang der Erstevangelisierung in anderen Ländern nur herzlich freuen und Gott danken. Meiner Überzeugung nach sollte der YOUCAT jedoch an einigen Stellen hinsichtlich weniger Zeilen überarbeitet werden.

1. Hoffen, dass die Hölle „leer“ ist?

Am wichtigsten erscheint mir das Gesagte bezüglich der Nr. 161 zu sein. Diese behandelt das Thema „Hölle“ und fasst die Aussagen der Nummern 1033-1037 des KKK im Wesentlichen korrekt zusammen. Doch da erscheint auf einmal mitten in diesem guten Text ein Satz, der sich keineswegs im KKK findet: „Ob wirklich jemand im Moment des Todes der absoluten Liebe ins Gesicht sehen und immer noch nein sagen kann, wissen wir nicht.“

Damit wird der vor allem von Hans Urs v. Balthasar propagierten „Hoffnung auf das Heil aller“ Ausdruck gegeben. Wer diese Hoffnung hegt und verbreitet, muss versuchen, sie mit dem zu vereinbaren, was zu Recht im vorhergehenden Satz des YOUCAT gesagt ist: „Wer bewusst und aus vollem Willen in schwerer Sünde stirbt, ohne zu bereuen, und Gottes barmherzige, verzeihende Liebe für immer ausschlägt, schließt sich selbst aus der Gemeinschaft mit Gott und den Seligen aus.“ Er muss seine „Hoffnung“ ebenso mit der Tatsache konfrontieren, dass die meisten Menschen sorglos unzählige Taten setzen, die der KKK entsprechend der Lehre der Kirche als schwere Sünden bezeichnet; und dass unter ihnen wiederum die allermeisten sterben, ohne Anzeichen von Reue erkennen zu lassen.

Dass viele von ihnen dennoch gerettet werden, kann und muss man m. E. erhoffen aufgrund der Einsicht, dass manche Menschen bei ihrem objektiv sündigen Tun subjektiv nicht schwer schuldig werden, weil sie infolge ihrer Lebensumstände die schwere Sündhaftigkeit ihrer Entscheidungen nicht erfassen können. Aber man kann das nicht von ihnen allen annehmen, denn damit würde man, abgesehen von den religiös eifrigen Christen, alle übrigen Menschen nicht ernst nehmen.

Der zweite Weg, der vorgeschlagen wurde, um die „Hoffnung für alle“ zu untermauern, besteht darin, anzunehmen, dass uns Menschen in einer Art Niemandsland zwischen dem Tod und dem Erwachen im Jenseits noch eine Art „Nahtod-Erlebnis“ geschenkt wird, bei dem wir unser vergangenes Leben wie einen Film ablaufen sehen würden und uns hinsichtlich unserer vergangenen Entscheidungen noch einmal neu entscheiden könnten: eine Art „Nach-Prüfung“ also.

Aber das ist eine völlige Gratisannahme. Zudem wären deren Vertreter zu fragen: Werden wir in diesem Zustand wissen, dass unser irdisches Spiel ausgespielt ist und wir nur noch Gottes Gericht und dessen Folgen zu erwarten haben? Wenn nein, wenn wir in diesem Zustand meinen könnten, wir hätten noch die Möglichkeit, wieder gesund zu werden und das irdische Leben fortzusetzen, dann würde auch die Zukunft derer unsicher, die sich bis dahin für Gott entschieden haben, und es könnte keine Heiligsprechungen mehr geben.

Wenn man dagegen annimmt, in jenem rein hypothetischen Zwischenzustand würden wir sehr wohl erkennen, dass unser irdisches Leben zu Ende ist, dann gäbe es für niemanden ein Motiv, sich gegen Gott zu entscheiden, denn die Güter und Genüsse, wegen derer Menschen das in dieser Welt getan haben, stünden ja dann nicht mehr zur Verfügung.[1]

Umso mehr wäre das der Fall, wenn die sonderbare Variante dieser Hypothese zuträfe, die der YOUCAT in der zitierten Zeile vorgelegt hat: dass jene hypothetische Entscheidung „im Angesicht der absoluten Liebe“, d.h. im Angesicht Gottes getroffen würde. Damit kann nicht schon die Gottesschau gemeint sein, denn das wäre ja bereits der Zustand „Himmel“, und es könnte von einer neuen Entscheidung gegenüber Gott nicht mehr die Rede sein.

Damit die in dieser Weise abgewandelte Hypothese überhaupt einen Sinn ergibt, muss man daher annehmen, dass Gott dem Sterbenden (oder eben Verstorbenen?) in einer Gestalt erscheinen würde, die nicht er selbst ist (etwa so wie dem Mose im brennenden Dornbusch), dass jedoch der Empfänger die Vision unfehlbar als „die absolute Liebe“ erkennen könnte.

Alles das ist ein Gedankenspiel, das auf nichts beruht. Aber einmal angenommen, es wäre Wirklichkeit, dann ergäbe sich tatsächlich das, was der verwunderliche Satz besagt: Wir könnten nicht wissen, ob ein Mensch in einer solchen Situation „immer noch nein sagen“ könnte. Eher könnte er es wohl nicht, wozu sollte er es auch – er würde ja jetzt sehen, dass er außer Gott nichts mehr zur Verfügung hat, was ihn befriedigen und wobei Gott ihn „stören“ könnte.

Ein solches Gedankenspiel widerspricht in jeder Hinsicht der Situation, in der Jesus sagt, dass wir eine wirkliche Entscheidung für oder gegen Gott zu treffen haben: in dieser realen Welt, in der das Tor zum Verderben weit und der Weg dorthin breit ist, das Tor zum Leben dagegen eng und der Weg dorthin schmal (vgl. Mt 7,13f).

Von daher wäre der zitierte Satz unbedingt aus dem Text des YOUCAT zu tilgen.

2. Wie schreibt man „Die katholische Kirche“?

Als Überschrift über Nr. 129 wird sehr korrekt aus dem Großen Glaubensbekenntnis zitiert: „Ich glaube … die eine heilige, katholische und apostolische Kirche.“ Wir glauben nicht etwa an die Kirche, wie an Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, sondern wir glauben Gott (Dativ) die Kirche (Akkusativ), d.h. das, was er mit der Kirche gewollt und uns über sie offenbart hat.

An dieser Stelle ist „katholische“, wie oben ersichtlich, kleingeschrieben, wie es auch überall geschieht, wo das Glaubensbekenntnis ausgedruckt wird – auch bei evangelischen Herausgebern. Wird dagegen unabhängig vom Glaubensbekenntnis von unserer, von Papst und Bischofskollegium geleiteten Kirche gesprochen, hat sich in letzter Zeit weitgehend selbst in katholischen Veröffentlichungen der Brauch eingebürgert, in diesem Fall das Wort groß zu schreiben. Und so geschieht es dann leider auch mehrfach im YOUCAT: in den Nummern 130 und 134.

Manche Katholiken übernehmen diese Schreibweise vielleicht gutgläubig und willig, weil sie meinen, damit unserer Kirche größere „Ehre“ zu erweisen. In Wirklichkeit aber ist es irreführend, das Wort außerhalb des Glaubensbekenntnisses anders zu schreiben als innerhalb desselben. Denn damit wird der Eindruck erweckt, als würden wir (wie inzwischen manche katholische Theologen es tatsächlich tun) die reformatorische Lehre von der Kirche übernehmen. Diese Lehre besagt, dass „katholisch“ im Glaubensbekenntnis nicht im „konfessionellen“ Sinn zu verstehen sei und darum nicht unsere konkrete, sichtbar verfasste katholische Kirche meine.

Bei den Anglikanern wurde stattdessen die Theorie von den „drei Zweigen“ der Kirche entworfen. Dafür haben sie (nicht wir) für unsere Kirche die Bezeichnung „römisch-katholisch“ in Umlauf gebracht. Parallel dazu haben sie sich selbst als „anglikanisch-katholisch“ und die orthodoxen Kirchen als „orthodox-katholisch“ bezeichnet.

Demgegenüber hat John Henry Newman 1845, wenige Monate vor seinem Übertritt in unsere Kirche, sobald er aufgrund seiner Forschungen hinsichtlich der altkirchlichen Tradition zur Überzeugung gelangt war, dass die katholische Kirche seiner Zeit mit der Kirche des Anfangs identisch sei, aufgehört, die Katholiken als „römische“ Katholiken zu bezeichnen: aufgrund der Einsicht, dass die mit Rom verbundenen Katholiken die einzigen Katholiken und darum von keinerlei anderen Katholiken zu unterscheiden sind.

Was den wahren Sinn des Wortes „katholisch“ im Glaubensbekenntnis betrifft, kann dieser nur festgestellt werden durch die Untersuchung des Gebrauchs dieses Wortes in der Zeit, in der das Apostolische Glaubensbekenntnis und das Große Glaubensbekenntnis entstanden sind, d.h. vom 2.-5. Jahrhundert. Das Ergebnis einer solchen Untersuchung habe ich 2004 in einem Artikel vorgelegt.[2] Man könnte die zahlreichen darin angeführten Belege um manche weitere vermehren. Sie beweisen eindeutig: „katholisch“ wurde von Christen und Nichtchristen als Bezeichnung der christlichen Großkirche gebraucht, die schon damals in allen Ländern des Mittelmeerraumes, Vorderasiens und Westeuropas verbreitet war. Durch diesen Namen unterschied sie sich – und unterschieden Außenstehende sie – von den auch damals zahlreichen dissidenten christlichen Kirchen und Gemeinschaften. Taufbewerber und übertrittwillige nichtkatholische Getaufte mussten sich, um in diese Kirche aufgenommen zu werden, nicht nur zum dreifaltigen Gott und zum Heilsgeschehen in Christus bekennen, sondern auch zu ihr, der katholischen Kirche. Genau das war der Grund, warum sie, die Kirche, ins Glaubensbekenntnis aufgenommen wurde, das zuerst ein Taufbekenntnis gewesen ist.

Im ersten Jahrtausend ist keine Spur des Gedankens zu erkennen, der besagt, dass „katholisch“ im Glaubensbekenntnis eine unsichtbare Kirche bedeute, die mehr oder weniger in allen sichtbaren christlichen Gemeinschaften verwirklicht wäre. Eine solche Vorstellung ist erst im Gefolge der abendländischen Kirchenspaltungen seit dem 11. Jahrhundert und insbesondere seit der Reformation aufgekommen und kann daher bei der Abfassung des Glaubensbekenntnis-Textes keine Rolle gespielt haben.

Angesichts dieses Befundes ist es nicht verwunderlich, dass der KKK (abgesehen von seinem eigenen Namen, S. 29) das Adjektiv in „Die katholische Kirche“ kleinschreibt: z.B. in der Überschrift vor Nr. 836.

3. Gottesdienste „besuchen“?

Bei diesem dritten Punkt handelt es sich um einen bloßen Schönheitsfehler in der Wortwahl: Nr. 345: „Gottesdienstbesuch“; ähnlich Nr. 365. Man besucht Freunde und Verwandte, Museen und Ausstellungen – u. U. auch Kirchen, um sie außerhalb der Gottesdienstzeiten zu besichtigen. An Veranstaltungen dagegen, bei denen ein Mittun, etwa durch Wortmeldungen, wenigstens möglich, wenn nicht gar gefragt ist, nimmt man teil.

Umso mehr ist dies der Fall, wenn es sich dabei um ein Fest handelt: Dann feiert man es mit. Und die Messe ist sehr wohl ein Fest: der Anfang des ewigen Festes Gottes mit den Menschen – von daher der Wein als unerlässliche Bedingung ihres Vollzuges. Passend ist demnach: Gottesdienstteilnahme; an der Messe teilnehmen; oder: sie mitfeiern.


[1] Vgl. dazu: F. Reckinger, „Alle, alle in den Himmel?“ Die sperrige Wahrheit im Evangelium, Altenberge 2002, 152-179.
[2] „Die katholische Kirche“: „katholisch“ klein und ohne Zusatz, in: Forum Katholische Theologie 20, 2/2004, 113-131.

Benedikt XVI. auf den Spuren Johannes Pauls II.:

Stern der Erst- und Neuevangelisierung

Vom 22. bis 29. März 2012 besuchte Papst Benedikt XVI. die beiden lateinamerikanischen Länder Mexiko und Kuba. Überall wurde er mit einer unbeschreiblichen Begeisterung aufgenommen. Als er die aufrichtige und warmherzige Freude der Gläubigen erlebte, war von den Strapazen der Reise auf seinem Gesicht nichts mehr zu erkennen. Der 85-jährige Pontifex blühte geradezu auf. Aber es ging ihm nicht um seine Person. Vom ersten bis zum letzten Augenblick seiner Reise lenkte er den Blick auf Jesus Christus und seine Botschaft. Die Neuevangelisierung war sein großes Anliegen. Und die Menschen spürten, dass Benedikt XVI. nur eines im Sinn hat: dem Herrn vollkommen zu dienen und die Menschen zur wahren Nachfolge zu bewegen. Dabei legte er die große Herausforderung der Neuevangelisierung ganz in die Hände der Gottesmutter. Pfarrer Erich Maria Fink blickt unter diesem Aspekt auf die Ereignisse zurück und zeigt den marianischen Akzent der Pastoralreise auf.

Von Erich Maria Fink

Als Papst Benedikt XVI. im März dieses Jahres nach Mexiko und Kuba aufbrach, betonte er nachdrücklich, dass er das Erbe seines Vorgängers weiterführen möchte. Schon auf dem Hinflug sagte er zu den Journalisten: „Ich fühle mich bei dieser Reise völlig in Kontinuität zu Papst Johannes Paul II. Ich erinnere mich sehr gut an seine erste Reise nach Mexiko, die wirklich historisch war. In einer rechtlich noch sehr verwirrten Situation hat sie die Tür geöffnet, es hat eine neue Phase der Zusammenarbeit zwischen Kirche, Gesellschaft und Staat begonnen. Und ich erinnere mich auch gut an seine erste historische Reise nach Kuba. Ich möchte also auf seinen Spuren wandeln und das fortsetzen, was er begonnen hat.“

Indem Benedikt XVI. an die Pastoralbesuche seines Vorgängers anknüpfte, weckte er große Erwartungen. Immerhin war Mexiko im Januar 1979 das Ziel der ersten Auslandsreise Johannes Pauls II., noch bevor er im Juni desselben Jahres seine Heimat Polen besuchen konnte. Und weitere vier Male, nämlich 1990, 1993, 1999 und 2002, kam er in dieses sein geliebtes Land. Die innige Beziehung bestätigte Benedikt XVI., als er nun am 25. März vor dem Kolleg Miraflores ganz spontan ausrief: „Jetzt kann ich verstehen, warum Papst Johannes Paul II. gesagt hat: ‚Ich fühle mich als mexikanischer Papst!‘“

Seine einzige Kuba-Reise vom 21. bis 26. Januar 1998 hatte damals die ganze Welt in Staunen versetzt und das Verhältnis des kommunistischen Regimes zur katholischen Kirche grundlegend verändert. So ist es nur allzu verständlich, dass der Pastoralbesuch Benedikts XVI. vom 22. bis 29. März 2012 auch in Deutschland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wurde. Interesse fanden vor allem seine Äußerungen zum sog. „Drogenkrieg“ in Mexiko und zum US-Embargo gegen Kuba, sein Eintreten für uneingeschränkte Religionsfreiheit sowie seine kritischen Anmerkungen zur „marxistischen Ideologie“, welche „nicht mehr der Wirklichkeit“ entspreche und kein geeignetes Gesellschaftsmodell mehr darstelle. Die Berichterstattung musste durchgehend anerkennen, dass der Jubel für den Papst fast keine Grenzen kannte und durch die wenigen Gegenstimmen nicht geschmälert werden konnte.

Doch nur vereinzelt klang in den Medien sein wichtigstes Anliegen an, nämlich die Menschen im Glauben zu stärken und zu einem entschiedenen christlichen Leben zu ermutigen. Noch weniger aber kam zur Sprache, worauf der Papst beim Bemühen um eine solche Neuevangelisierung baut: auf den mütterlichen Beistand Mariens. Selbst in den kirchlichen Nachrichten wurde der marianische Geist, der die gesamte Papstreise prägte, fast völlig verschwiegen. Der Gottesmutter aber vertraute Benedikt XVI. all seine großen Anliegen an, die Erneuerung des kirchlichen und religiösen Lebens, die Überwindung von Unfreiheit und Gewalt, den Aufbau einer menschenwürdigen und glücklichen Zukunft.

Die wahre Verehrung der Jungfrau Maria

In Mexiko knüpfte Papst Benedikt XVI. an die Erscheinungen der Gottesmutter von Guadalupe im Jahr 1531 und in Kuba an die Auffindung des Gnadenbildes der Barmherzigen Jungfrau von El Cobre vor 400 Jahren an. Ständig sprach er von Unserer Lieben Frau von Guadalupe und ihrer Bedeutung für die mexikanische Nation sowie den ganzen Kontinent. Wichtig war ihm dabei, dass die Menschen nicht bei einer gefühlsmäßigen Religiosität stehen bleiben, sondern den Glauben mit ihren geistigen Kräften vertiefen und vor ihrer Vernunft verantworten.

Bei der Pressekonferenz im Flugzeug forderte er anzuerkennen: „In Lateinamerika ist es im allgemeinen sehr wichtig, dass das Christentum nie so sehr eine Sache der Vernunft, sondern des Herzens ist. Die Gottesmutter von Guadalupe wird von allen anerkannt und geliebt, da sie verstehen, dass sie eine Mutter für alle und von Anfang an in diesem neuen Lateinamerika nach der Ankunft der Europäer gegenwärtig ist. Und auch in Kuba haben wir die Gottesmutter von Cobre, die die Herzen berührt, und alle wissen intuitiv, dass es wahr ist, dass diese Gottesmutter uns beisteht, dass es sie gibt, dass sie uns liebt und uns beisteht. Doch diese Intuition des Herzens muss sich mit der Rationalität des Glaubens und mit der Tiefe des Glaubens verbinden, die über die Vernunft hinausgeht. Wir müssen versuchen, das Herz nicht zu verlieren, sondern Herz und Vernunft miteinander zu verbinden, so dass sie zusammenwirken, da der Mensch allein auf diese Weise vollständig ist und wirklich zu einer besseren Zukunft beitragen und sich für sie einsetzen kann.“

Ähnlich ermahnte er die Gläubigen beim Angelus am 25. März im Bicentenario-Park von León: „Vergesst nicht, dass die wahre Verehrung der Jungfrau Maria uns immer näher zu Jesus bringt und ‚weder in unfruchtbarem und vorübergehendem Gefühl noch in irgendwelcher Leichtgläubigkeit besteht, sondern aus dem wahren Glauben hervorgeht, durch den wir zur Anerkennung der Erhabenheit der Gottesmutter geführt und zur kindlichen Liebe zu unserer Mutter und zur Nachahmung ihrer Tugenden angetrieben werden‘ (Lumen gentium, 67). Maria lieben, heißt sich verpflichten, auf ihren Sohn zu hören; Unsere Liebe Frau von Guadalupe verehren, heißt, nach den Worten der gebenedeiten Frucht ihres Leibes leben.“

Stern der Erst- und Neuevangelisierung

Als Benedikt XVI. im Rahmen der Ansprache zu diesem Angelus „dieses Land“, also Mexiko, „ganz Lateinamerika und die Karibik“ der Gottesmutter anvertraut und „erneut ihrem liebevollen Blick anheimstellt“, bringt er zunächst in Erinnerung: „Meine Vorgänger auf dem Stuhl Petri verehrten sie unter besonderen Titeln wie Frau von Mexiko, Himmlische Patronin Lateinamerikas, Mutter und Herrscherin dieses Kontinents. Ihre gläubigen Kinder, die ihre Hilfe erfahren, rufen sie ihrerseits voll Vertrauen mit liebevollen und vertrauten Namen wie Rose von Mexiko, Frau des Himmels, Jungfrau ‚Morena‘, Mutter von Tepeyac, Edle ‚Indita‘ an.“ Und während er alle Anwesenden einlädt, ihre „Augen im Geiste auf den Hügel Tepeyac“ zu richten, „den Ort, wo die Mutter Gottes seit Jahrhunderten mit Inbrunst unter dem Titel ‚Immerwährende heilige Jungfrau Maria von Guadalupe‘ als Zeichen der Versöhnung und der unendlichen Güte Gottes für die Welt verehrt wird“, fasst er all diese Titel in der einen Anrufung Mariens zusammen: „Stern der Erst- und Neuevangelisierung“. 

Und im Sinn einer Marienweihe verkündet er: „Alle ihre Kinder vertraue ich ihr, dem Stern der Erst- und Neuevangelisierung, an. In mütterlicher Liebe hat sie die christliche Geschichte dieser Länder beseelt und dabei den großen Ereignissen ihrer Geschichte, ihren gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Initiativen, dem Familienleben, der persönlichen Frömmigkeit und der Misiòn continental, die in euren Ländern durchgeführt wird, ein besonderes Gepräge gegeben. In Zeiten der Prüfung und des Leids wurde sie von vielen Märtyrern angerufen, die mit dem Ruf ‚Es lebe Christus König und Maria von Guadalupe‘ ein bleibendes Zeugnis der Treue zum Evangelium und der Hingabe an die Kirche gegeben haben. Ich bete dafür, dass ihre Gegenwart in eurem Land weiterhin einen Aufruf zur Achtung, Verteidigung und Förderung des menschlichen Lebens bedeute wie auch zur Festigung der Brüderlichkeit, indem sinnlose Rache vermieden und trennender Hass verbannt werden. Maria, Unsere Liebe Frau von Guadalupe, segne uns. Sie erwirke uns auf ihre Fürsprache reiche Gnaden des Himmels.“

Schutz vor dem Bösen

Das übernatürliche Gnadenbild von Guadalupe hat mit seiner Symbolik dem mexikanischen Volk vor fast 500 Jahren gezeigt, dass Maria zwar nicht selbst Gott ist, aber als Muttergottes die Menschen von ihren Ängsten befreien und vor der Bedrängnis durch das Böse beschützen kann. Heute hat in Mexiko das Böse besonders die Form des Drogenkriegs angenommen, dem seit 2006 bereits über 50.000 Menschen zum Opfer gefallen sind.

Papst Benedikt sprach auf seiner Reise den Drogenhandel und die damit verbundene Gewalt außer beim Interview im Flugzeug nur einmal direkt an. Und dies geschah im Zusammenhang mit Maria, die uns helfen möge, die Auswirkungen des Bösen zu überwinden: „In dieser Zeit, in der zahlreiche Familien getrennt oder zur Auswanderung gezwungen sind, in der viele unter Armut, Korruption, häuslicher Gewalt, Drogenhandel und Kriminalität wie auch an der Krise der Werte leiden, wenden wir uns an Maria und suchen bei ihr Trost, Kraft und Hoffnung. Die Mutter des wahren Gottes lädt uns ein, uns mit Glauben und Liebe unter ihren Schutz zu stellen, um so alles Böse zu überwinden und eine gerechtere und solidarischere Gesellschaft zu schaffen.“

Im Vorfeld der Papstreise erschien ein Interview mit Paul Badde, dem bekannten Verfasser des Buchs „Maria von Guadalupe. Wie das Erscheinen der Jungfrau Maria Weltgeschichte schrieb“. In diesem Interview stellte Badde heraus, dass Mexiko „für das Unwesen des Bösen gegen die Kirche Christi … ein Lehrbeispiel wie nur wenige andere Länder“ sei. Und er erklärte: „Denn nach der wunderbaren Christianisierung Mexikos ab dem Jahr 1531 hat der Satan hier auch gegen die Kirche gewütet wie kaum irgendwo sonst – und zwar lange vor seinem Wüten in der Sowjetunion, bei den Nazis oder anderen neuzeitlichen Höllenregimes. … Seit der Unabhängigkeitserklärung Mexikos von Spanien im Jahr 1810 und der Gründung seiner Freimaurerrepublik im Jahr 1823 … ist die Geschichte des Landes von Wirren, offenem Terror, Bürgerkriegen, Verstaatlichungen von Kirchengütern, von immer neuen und stets antichristlichen Revolutionen und Diktaturen geprägt. Seitdem war Mexiko führend in seinen Christenverfolgungen und in seinen fanatischen Vernichtungsfeldzügen gegen die Kirche. 1874 wurden die christlichen Feiertage wie in dem revolutionären Frankreich abgeschafft und religiöse Feiern außerhalb der Kirche verboten, fast 50 Jahre vor ähnlichen Exzessen unter den Bolschewiken Sowjetrusslands. Über dreitausend Priester haben in diesen Verfolgungen ihr Leben gelassen. Zahllose Seminaristen wurden gefoltert, gehängt, erschossen, erstochen, verbrannt und zu Tode gemartert. Es waren immer neue Wellen der Gewalt, bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. In vielen Orten wurden alle Kirchen zerstört. Am 14. November 1921 wurde sogar ein (missglücktes) Bombenattentat gegen das Gnadenbild Unserer Lieben Frau von Guadalupe ausgeführt, dem Nationalheiligtum Mexikos, wo nichts mehr als heilig gelten sollte.“

Auffallend oft erwähnte der Papst das 200-jährige Jubiläum der Unabhängigkeit, so auch bei der Vesperfeier am 25. März mit den mexikanischen Bischöfen. Er sagte: „Der katholische Glaube hat das Leben, die Gebräuche und die Geschichte dieses Kontinents, in dem viele seiner Nationen gerade das zweihundertjährige Jubiläum ihrer Unabhängigkeit feiern, deutlich geprägt. Es ist ein historischer Moment, in dem der Name Christi, der durch hervorragende und großherzige Missionare hierher gelangte, weiter seine Strahlkraft bewahrt.“ Benedikt XVI. stellte fest, dass es dem Bösen nicht gelungen war, den Plan der Erlösung zu zerstören. Trotz der Verfolgungen der Kirche nach dem Schritt Mexikos in die staatliche Unabhängigkeit bewahrte das Volk seinen katholischen Glauben. Noch heute bekennen sich zu ihm 80 Prozent der Bevölkerung, wie der Papst hervorhob.

Aber auch hier zeigte er den marianischen Hintergrund auf: „Auf dem schönen Bild, das in diesem Gotteshaus verehrt wird, hält die heilige Jungfrau ihren Sohn mit großer Zärtlichkeit in der einen Hand, während sie die andere ausstreckt, um den Sündern zu helfen. So sieht die Kirche aller Zeiten Maria; sie preist sie, weil sie uns den Erlöser geschenkt hat, und vertraut sich ihr an, weil sie die Mutter ist, die ihr göttlicher Sohn uns vom Kreuz aus übergeben hat. Darum rufen wir sie oft als ‚unsere Hoffnung‘ an, weil sie uns Jesus gezeigt hat und die Wunder, die Gott für die Menschheit vollbracht hat und vollbringt, in einfacher Weise übermittelt hat, als würde sie diese den Kleinen im Haus erklären. Ein entscheidendes Zeichen dieser Wunder bietet uns die Kurzlesung, die in dieser Vesper vorgetragen wurde. Die Einwohner von Jerusalem und ihre Führer haben Christus nicht erkannt, doch indem sie ihn zum Tode verurteilten, haben sie in Wirklichkeit die Worte der Propheten erfüllt (vgl. Apg 13,27). Ja, die Niedertracht und die Unwissenheit der Menschen vermag den göttlichen Heilsplan, die Erlösung, nicht aufzuhalten. Das Böse kann nicht viel ausrichten.“

Unsere Liebe Frau vom Licht

Das Gotteshaus, von dem Benedikt hier spricht, ist die Kathedrale „Unserer Lieben Frau vom Licht“ in León. Er schloss seine dortige Ansprache an die Bischöfe mit den Worten: „Möge die Muttergottes, die unter dem Titel der Jungfrau Maria vom Licht angerufen wird, die Finsternis unserer Welt vertreiben und unseren Weg erleuchten, damit wir das lateinamerikanische Volk in seinen Mühen und Hoffnungen im Glauben stärken können, mit Festigkeit, Mut und dem unerschütterlichen Glauben an den, der alles vermag und alle bis zum Äußersten liebt.“

Als „Wächter“ sollten sich die Bischöfe vom Licht der Jungfrau Maria leiten lassen und diejenigen, die sich auf die „Evangelisierung“ vorbereiten, darin „ermutigen, sich nicht zu rühmen, etwas anderes zu wissen ‚außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten‘“. „Liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst“, so Benedikt der XVI. in León, „die Kirche in Lateinamerika, die sich viele Male mit Jesus Christus in seiner Passion verbunden hat, muss weiterhin ein Same der Hoffnung sein, der allen die Möglichkeit gibt, zu sehen, wie die Früchte der Auferstehung diese Länder erreichen und bereichern.“

Erwartungsgemäß bemängelten die Kommentatoren in Deutschland, dass der Papst in Mexiko nicht auf den Skandal des Missbrauchs durch Priester eingegangen sei. Benedikt XVI. aber erinnerte die Bischöfe behutsam an ihre Pflicht gegenüber ihren Priestern: „Nicht weniger grundlegend ist die Nähe zu den Priestern, denen nie das Verständnis und die Ermutigung ihres Bischofs und, falls nötig, auch die väterliche Ermahnung in Bezug auf unangebrachtes Verhalten fehlen darf. Sie sind in der sakramentalen Gemeinschaft des Priestertums eure ersten Mitarbeiter, denen ihr beständig und in bevorzugter Weise nahe sein müsst.“

Unersetzliche Rolle im Mysterium Christi

In Kuba brachte der Papst gleich bei der Begrüßungsfeier zum Ausdruck, was im Lauf der Reise mit ähnlichen Worten immer wieder anklang: „Ich freue mich sehr, mich mit euch in der Freude anlässlich der 400-Jahr-Feier der Auffindung des Gnadenbildes der Barmherzigen Jungfrau von El Cobre zu vereinen. Ihre einzigartige Gestalt war von Anfang an sowohl im persönlichen Leben der Kubaner als auch in den großen Ereignissen des Landes sehr gegenwärtig, besonders als es seine Unabhängigkeit erlangte. Sie wurde von allen als wahre Mutter des kubanischen Volkes verehrt. Die Verehrung der ‚Virgen Mambisa‘ hat den Glauben gestärkt und dazu ermutigt, zu verteidigen und zu fördern, was die Lebensbedingungen des Menschen und seine Grundrechte würdig macht. Sie tut es heute weiterhin mit noch größerer Kraft und gibt so ein sichtbares Zeugnis für die Fruchtbarkeit der Verkündigung des Evangeliums in diesem Land und die tiefen christlichen Wurzeln, die der innersten Identität der kubanischen Seele Leben verleihen. Der Spur der vielen Pilger im Laufe der Jahrhunderte folgend, möchte auch ich mich nach El Cobre begeben und zu Füßen der Mutter Gottes niederknien, um ihr für ihre Hilfe für alle ihre kubanischen Kinder zu danken und sie um ihre Fürsprache anzurufen, damit sie den Lauf dieser geliebten Nation auf Pfade der Gerechtigkeit, des Friedens, der Freiheit und der Versöhnung führe.“

In den Predigten aber wurde der Papst theologischer. Er entfaltete die Eckpunkte einer Mariologie, stellte Maria als „die erste der Glaubenden“ vor und fasste die Mitwirkung Mariens bei der Erlösung in die Worte: „Daher dürfen wir bei der Betrachtung des Geheimnisses der Menschwerdung nicht unterlassen, unsere Augen auf Maria zu richten, um voller Staunen, Dankbarkeit und Liebe zu sehen, dass unser Gott beim Eintritt in die Welt auf die freie Zustimmung eines seiner Geschöpfe vertrauen wollte. … Die Jungfrau Maria ist wegen ihrer unersetzlichen Rolle im Mysterium Christi Bild und Vorbild der Kirche. Wie die Mutter Christi ist auch die Kirche dazu aufgerufen, das Geheimnis Gottes, der kommt, um in ihr zu wohnen, in sich aufzunehmen.“ Bei jedem Gnadenwirken also ist es Gott, der die Initiative ergreift, doch es verlangt immer die freie Annahme durch den Menschen.

Ausblick

Mit der Reise nach Mexiko und Kuba hat Benedikt XVI. ein unübersehbares Zeichen für die Neuevangelisierung gesetzt. Für ihn ist sie mit dem mütterlichen Wirken Mariens untrennbar verbunden und kann nur gelingen, wenn wir unser ganzes Bemühen in ihre Hände übergeben. „Lasst alle wissen, dass ich der Muttergottes die Zukunft … anvertraut habe“, damit wir auf „dem Weg der Erneuerung und der Hoffnung … voranschreiten“. „Zugleich habe ich ihr die jungen Menschen an ihr unbeflecktes Herz gelegt, damit sie glaubwürdige Freunde Christi seien und nicht Angeboten nachgeben, die in ihnen Traurigkeit zurücklassen.“ Maria „begleitet den Weg der Kirche“ und spricht allen „Mut“ zu, „damit sie von Christus her den wahren Sinn ihrer Sehnsüchte und Wünsche entdecken, die im menschlichen Herzen wohnen, und die nötige Kraft erhalten, um eine solidarische Gemeinschaft aufzubauen, in der sich niemand ausgeschlossen fühlt“.

Benedikt XVI. betont eine christusorientierte und von der Vernunft getragene Marienverehrung. Gleichzeitig aber bekennt er sich zu den Erscheinungen der Gottesmutter und zu den Impulsen, die davon für die Neuevangelisierung ausgehen. Er zieht eine Linie vom Wunder der Auferstehung bis hin zu den Wundern, welche die Gottesmutter vermittelt. Wenn er im Blick auf Guadalupe Maria unter dem Titel „Stern der Erst- und Neuevangelisierung“ anruft, so knüpft er ohne Zweifel an die Ereignisse des Jahres 1531 an. Dazu gehört auch das Bild, das Maria auf wunderbare Weise auf dem Umhang des hl. Juan Diego hinterlassen hat. Mit der Verehrung des Bildes hatte damals eine umfassende Christianisierung Mexikos und des ganzen Kontinents eingesetzt, welche innerhalb weniger Jahre ihren Abschluss fand. Und heute zieht das Gnadenbild in der Basilika von Guadalupe am Stadtrand Mexiko-Citys jedes Jahr rund 20 Millionen Pilger an. Dieser in der Geschichte unvergleichliche Vorgang erinnert an die Wirkung anderer Marienerscheinungen wie in Lourdes und Fatima. Papst Benedikt XVI. zeigt der Gottesmutter für ihr mütterliches Eintreten nicht nur Anerkennung und Dankbarkeit. Vielmehr sieht er darin eine Einladung, bei der Neuevangelisierung auf Maria und ihre Hilfe zu bauen: „Alle ihre Kinder vertraue ich ihr, dem Stern der Erst- und Neuevangelisierung, an!“

Kunst aus den Quellen des Glaubens

Vor 120 Jahren wurde die Gold- und Silberschmiede Cassau in der Paderborner Innenstadt gegründet. Sie widmet sich sowohl sakraler als auch weltlicher Kunst. Der Schwerpunkt aber liegt auf kirchlichem Gebiet und dem Ausdruck christlicher Glaubensinhalte. Derzeitiger Inhaber ist Bernd Cassau, der am 5. Mai 1952 geboren wurde und der Paderborner Goldschmiede-Familie in vierter Generation entstammt. Zum Jubiläum durften wir mit ihm ein Interview führen und einen Einblick in die geistige Welt gewinnen, die sich hinter seinem Kunst-Handwerk verbirgt.

Interview mit Bernd Cassau

Kirche heute: Herr Cassau, nach dem Tod Ihres Vaters übernahmen Sie im Jahr 1986 die Geschäftsführung des Hauses Cassau. Mit welchen Gefühlen haben Sie das Erbe Ihrer Familie angetreten? Empfanden Sie eher die Last der Verantwortung oder die Chance, sich und Ihre Talente in der Gold- und Silberschmiede zu verwirklichen?

Bernd Cassau: Von jeher hatte ich große Freude, mich in meinem Wunschberuf des Gold- und Silberschmiedes mit Schwerpunkt kirchliche Kunst zu verwirklichen. Die Herausforderung habe ich gerne angenommen. Kraft für meine tägliche Arbeit nehme ich aus dem festen Glauben an die Botschaft des Herrn. Mein Anliegen ist es, Kunstwerke zu schaffen, die unserer Nachwelt erhalten bleiben und vielen Menschen in Kirchen, Seniorenheimen und Kindergärten dienen. Durch meine Kreativität finde ich Freude und Bestätigung. Gleichzeitig spüre ich aber auch eine gewisse Ehrfurcht, wenn ich kirchliche Kostbarkeiten anfertigen darf.

Kirche heute: Was hatte Ihren Urgroßvater Hermann Cassau dazu bewogen, eine solche Schmiede zu eröffnen?

Bernd Cassau: Mein Urgroßvater Hermann Cassau war aus Lüneburg gekommen und gründete die Gold- und Silberschmiede im Jahr 1892. Sieben Mitarbeiter waren seinerzeit der Grundstock. Er baute das Unternehmen aus und schuf Werke, die heute in Kirchen auf der ganzen Welt stehen, vornehmlich in Missionsländern wie Brasilien und Afrika. Eine Monstranz, die um 1900 entstanden ist, befindet sich in der St. Nikolaus-Kirche in Olsberg. Es ist eine filigrane Gold- und Silberschmiedearbeit, eine Jahresarbeit, die zeigt: Für den Gründer waren sicherlich das Können und die Liebe zum Detail ausschlaggebend. 

Kirche heute: Wie hat sich der Familienbetrieb in den vergangenen 120 Jahren entwickelt?

Bernd Cassau: Die Kunstwerkstätten haben sich immer zeitgemäß weiterentwickelt und die große Herausforderung kirchlicher Kunst als Unikate für den besonderen Kirchenraum angenommen. Das Leitwort heißt für uns: bewährte Qualität der heutigen Zeit angepasst.

Die Tradition ist das Fundament, auf dem die Zukunft steht. Das gilt auch oder gerade für das kirchliche Schaffen. Als Gold- und Silberschmied braucht man das Fundament der Erfahrung vorausgegangener Generationen, um seinen eigenen Weg zu finden. Die Freude am Beruf ist ein wesentlicher Grundstock. Das Planen, Entwerfen, Ausführen, der Umgang mit den Materialien müssen einfach Spaß machen.

So haben sich in unserem Betrieb als wesentliche Komponenten herausgebildet: Klarheit der Strukturen sowie der künstlerischen Aussage, sachlich kompetente Beratung und vorbildliche Betreuung vor Ort in den Kirchen weit verzweigter Kirchenkunden, aber auch der Mut zu neuen Gestaltungsmöglichkeiten kirchlicher Kunst auf der Basis der überlieferten und heutigen theologischen Integration.

Kirche heute: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt heute Ihr Betrieb?

Bernd Cassau: Wir beschäftigen in unserer kirchlichen Werkstätte fünf Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Kirche heute: Bilden Sie auch junge Leute im Goldschmiede-Handwerk aus?

Bernd Cassau: Wir bilden aus, um Talente zu fördern, und haben auch Jahrespraktikanten, die gerne das Berufsbild des Gold- und Silberschmiedes kennenlernen wollen.

Kirche heute: Zu welchen Teilen widmen Sie sich jeweils der sakralen und der weltlichen Kunst?

Bernd Cassau: Die sakrale Kunst ist der größte Auftraggeber, und zwar sicherlich mit 80 Prozent. Davon gehen natürlich auch Projekte kirchlicher Kunst ins europäische Ausland und in die Welt, besonders in weltweite Missionsprojekte. Als weltliche Kunst finden Sie viele Arbeiten von uns in der Stadt Paderborn.

Kirche heute: Mit welchen Materialien und Werkstoffen arbeiten Sie?

Bernd Cassau: Die Materialien sind vielseitig und verlangen Disziplin zum Werkstück. Wir verwenden Gold, Silber, Bronze, Messing, Aluminium, Email, Holz, Elfenbein, Edelsteine und Glas als Gestaltungselement.

Kirche heute: Wie würden Sie Ihren Stil bezeichnen bzw. charakterisieren?

Bernd Cassau: Als Kunstwerkstätte hat man sich in 120 Jahren einen ganz persönlichen Stil erarbeitet. Den kennt man, er ist wohlwollend bekannt, modern, stilgerecht und passt sich der Architektur der Kirchen an. Aus vielen Kunstwerken kann man die frohe Botschaft erkennen.

Kirche heute: Welche Bedeutung hat Ihr persönlicher Glaube für Ihr Kunsthandwerk?

Bernd Cassau: Für mich und unser Kunsthandwerk ist der Glaube der Grundstock. Kirchliche Kunst kann ein Stück Glaubensvermittlung sein.

Kirche heute: Welche Ziele haben Sie sich dabei gesetzt?

Bernd Cassau: Meine Ziele sind weitreichend: unser Familienunternehmen weiter auszubauen, der sakralen Kunst neue Aspekte zu geben, mit unseren Kunstwerken zu überzeugen, damit sie Blicke anziehen, zum Nachdenken anregen und vielleicht auch verschüttete Quellen des Glaubens wieder öffnen.

Kirche heute: Was ist für Sie das Entscheidende bei der sakralen Kunst?

Bernd Cassau: Das für mich ganz Entscheidende ist die Berufung, Werke zu schaffen, die von der Kunst her genau passend zum Sakralraum entworfen und gearbeitet werden. Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg.

Kirche heute: Wie sehen Sie die Zukunft der sakralen Kunst?

Bernd Cassau: Kirchen sollten erhalten bleiben und damit auch die sakrale Kunst. Die Zukunft wird nicht einfacher werden. Die Herausforderung der sakralen Kunst besteht darin, das Kommende im festen Glauben anzunehmen. Gerade der sakralen Kunst wird diese Aufgabe zufallen.

Kirche heute: Bei welchen Gelegenheiten kommen Ihnen die zündenden Ideen?

Bernd Cassau: Ich bin ein leidenschaftlicher Radfahrer, bin mit dem Fahrrad gerne durch Wald und Wiesen unterwegs und lasse mit dem lieben Gott gerne die Seele baumeln. Da kommen mir viele gute Gedanken. Aber auch im wunderschönen Bayern auf einer Alm und bei einer guten Brotzeit fallen mir ganz besondere Ideen ein. Mein Beruf ist mein Hobby.

Kirche heute: Warum fordert Ihr Beruf, wie Sie einmal sagten, viel Idealismus?

Bernd Cassau: Für unseren Beruf des Gold- und Silberschmiedes benötigt man viel Idealismus, weil die Arbeit oftmals mehr Zeit in Anspruch nimmt, als man denkt. Eine besondere Herausforderung ist die sakrale Kunst und dabei geht es um die Unikate, die mit viel Liebe angefertigt werden. Man muss sich ausgeschlafen in die schöne „Kunst“ fallen lassen und das „Werk“ mit ausgereiften Ideen genießen können, auch wenn es manchmal spät in der Nacht wird.

Kirche heute: Über welche Ihrer Werke freuen Sie sich am meisten?

Bernd Cassau: Über die Schneekristallmonstranz für einen Wintersportort, die bis ins Detail nach dem Bild von Schneekristallen entstanden ist und sicherlich eine der schönsten sakralen Kunstwerke bildet, die hier gearbeitet worden sind.

In meiner geliebten Heimatstadt Paderborn steht seit 2003 an einem zentralen Ort der Innenstadt, vor der Marktkirche, mein größtes Werk – die Bronzeplastik „Paderborn zum Sehen und Fühlen“. Diese Plastik, die regelmäßig von Besuchern der Stadt umlagert ist, trägt ihren Namen nicht zu unrecht. Die Betrachter sind dazu eingeladen, die Stadt in Bronze mit ihren Fingern zu erfühlen. Für blinde Menschen sind dazu alle Gebäude mit Blindenschrift versehen.

Auch freue ich mich über die künstlerischen Geschenke zur Hundertjahrfeier von Borussia Dortmund, die ich persönlich in der Dreifaltigkeitskirche in Dortmund überreichen durfte.

Kirche heute: Können Sie uns kurz beschreiben, was Sie mit diesen Werken zum Ausdruck bringen wollten?

Bernd Cassau: Eine Monstranz zu erschaffen ist seit je her etwas Besonderes. Bei der Schneekristallmonstranz stand die Idee im Vordergrund. In der Nachlese wurde sie zu einem Kunstwerk. Aus Schneeflocken und Schneekristallen eine Monstranz zu kreieren, das ist einfach toll! Auch kann man hier gut sehen, dass ein Sakralgefäß durchaus ein außergewöhnliches Kunstwerk sein darf.

Das Blindenprojekt in der Heimatstadt hat die Größenordnung von zwei mal drei Meter. Es entstand aus meiner herzlichen Verbindung zu blinden Menschen. Mein innerstes Bestreben war es, mit diesem großartigen Projekt allen Menschen und besonders blinden Menschen etwas von der Stadt zu geben, in der ich lebe und die ich sehr liebe.

Für das erste Kreuz des BVB Dortmund habe ich die Dreifaltigkeitskirche gewählt, weil in dieser Gemeinde der Verein entstanden ist. Mit dem zweiten großen Kreuz wollte ich alle sportlichen Erfolge des Vereins in einem Lebensbaum zum Ausdruck bringen. Das dritte Kreuz zeigt die Dreifaltigkeit als Erleuchtung für die Spieler, die für die sportlichen Erfolge verantwortlich sind, und dokumentiert gleichzeitig noch einmal die Dreifaltigkeitskirche als Entstehungskirche.

Kirche heute: Was fällt Ihnen an Ihrem Beruf am schwersten? Welche Hindernisse stellen sich Ihnen heute in den Weg?

Bernd Cassau: Manchmal ist es schwer, ganz besondere künstlerische Arbeiten abzugeben, die monatelang in den Werkstätten waren, dann in die Welt gehen und die ich nicht mehr wieder sehe. Mühsam ist auch der Kunde, der in einer Barockkirche neugotische Leuchter haben möchte, weil er sich in der Kunstgeschichte nicht auskennt.

Kirche heute: Sie haben 1999 das Museum „Ars sacrale“ eröffnet.[1] Was schwebte Ihnen dabei vor Augen?

Bernd Cassau: Es war mein Jugendtraum, ein eigenes Museum ins Leben zu rufen. Er wurde wahr. In den vielen Jahren meiner Ausbildung sah ich jeden Montagabend durch unsere Straße blinde Menschen ins Hallenbad zum Schwimmen gehen. Da wurde die Idee geboren, die Einnahmen aus dem Museum der „Westfälischen Schule für Blinde“ zu spenden. Noch heute freue ich mich jeden Tag darüber, dass ich meinen Traum verwirklichen konnte und Kardinal Johannes Joachim Degenhardt, ein Freund unseres Hauses, das Museum eingeweiht hat.

Kirche heute: Wie wird das Museum angenommen?

Bernd Cassau: Das Museum „Ars sacrale“ wird angenommen, nicht zuletzt deshalb, weil Sie durch Ihre gute Pressearbeit und Ihre Berichte auf das Museum aufmerksam machen. Manchmal könnten natürlich noch mehr Besucher kommen. Da bin ich auch auf Ihre Hilfe angewiesen.

Kirche heute: Soweit es in unseren Kräften steht, möchten wir Ihnen dabei gerne helfen. Seit 1997 sind Sie Kurator der Goldschmiedegilde des hl. Eligius. Was steckt hinter dieser Einrichtung bzw. einer solchen Aufgabe?

Bernd Cassau: Als Kurator der Gilde habe ich vielfältige Aufgaben. Zum einen sind alle Mitglieder Gold- oder Silberschmiede oder Freunde der Gilde. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht:

• das geistige und berufliche Andenken des hl. Eligius als Schutzheiliger der Gold- u. Silberschmiede zu erhalten und zu vertiefen;

• die Tradition der Eligiusverehrung und seine Dokumentation in Schrift und Bild zu sammeln und zu verbreiten;

• die berufliche Kollegialität im Sinne einer geistigen Erneuerung nach dem christlichen Vorbild des hl. Eligius zu pflegen;

• den hl. Eligius zu verehren und uns zu bemühen, seine Tugenden in unserem Alltag sowie Berufsstand Wirklichkeit werden zu lassen: Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Aufrichtigkeit und Großmut;

• in der Nachahmung des hl. Eligius Verantwortung zu tragen für einen christlichen Auftrag des Gold- und Silberschmiedes durch Förderung und Entwurf sakraler Goldschmiedekunst;

• Begegnungen mit gleichgesinnten Vereinigungen auf nationaler und internationaler Ebene zu fördern.

Jedes Jahr sind alle Mitglieder eingeladen, an der Jahrestagung teilzunehmen, wo wir uns austauschen und die Bischofsstädte – wie im Jahr 2011 Krakau, das Rom des Nordens – mit kunsthistorischen Führungen erkunden. Diesen Kunstgenuss bereite ich als Kurator der Gilde bis ins Detail vor. Wir freuen uns über die vielen neuen Mitglieder der St. Eligiusgilde, die 2011 zu uns gekommen sind. Als Gold- und Silberschmiede sind wir in der Eligiusgilde freundschaftlich miteinander verbunden. Wir fördern unseren Nachwuchs und stellen uns sowie unser Handwerk und unsere Kunst in Dienst der Kirche. Mit unseren Talenten wollen wir Werke schaffen, die zur Ehre Gottes beitragen und der Stärkung des Glaubens dienen.

Kirche heute: Welche Träume haben Sie für die Zukunft?

Bernd Cassau: Ich würde mich freuen, eine neu gebaute Kirche zu gestalten, in einer Zeit, wo leider Kirchen geschlossen werden. Ich möchte lieben Menschen weiterhin viel Freude bereiten durch das Entstehen von kleinen Kostbarkeiten, die unsere Kunstwerkstätten verlassen. Diese Träume sind die schönsten.

Kirche heute: Sie feiern dieses Jahr Ihren 60. Geburtstag und Ihr Betrieb feiert sein 120-jähriges Bestehen. Wie werden Sie diese „Jubiläen“ begehen?

Bernd Cassau: Ich feiere diesen besonderen Geburtstag mit meinen Freunden, Geschäftspartnern und Bekannten und widme die Geschenke – wie auch vor 10 Jahren – der „Westfälischen Schule für Blinde“.[2] Das ist für mich eine Herausforderung und ein Bedürfnis. Es werden Geistliche aus dem ganzen Bundesgebiet kommen und ich freue mich über Laudatoren, die mich seit Jahrzehnten begleiten.

Kirche heute: Herr Cassau, wir danken Ihnen von Herzen für das interessante und bewegende Gespräch.


[1] „Ars sacrale“ – Museum für sakrale Kunst in Paderborn (Grube 7). Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9.30 bis 18.30 Uhr, Samstag 9 bis 13 Uhr und nach Vereinbarung – Tel. 05251/23558 + 23712.
[2] Sie würden Herrn Cassau eine besondere Freude bereiten mit einer Spende für die Westfälische Schule für Blinde in Paderborn – „Spendenkonto B. Cassau“, IBAN: DE90472601218755050600, BIC: DGPBDE3MXXX, Verwendungszweck: Blindenschule. Sie erhalten eine Spendenbescheinigung. Vergelt’s Gott!

Krippen als Bildungsinstanz überschätzt

Achter Familienbericht der Bundesregierung

Der öffentlichen Auseinandersetzung um das ab 2013 geplante Betreuungsgeld liegt eine massive Fehleinschätzung der Leistungsfähigkeit von Kinderkrippen zu Grunde. Dies bestätigt nun auch der Achte Familienbericht der Bundesregierung zum Thema „Zeit für Familie. Familienzeitpolitik als Chance einer nachhaltigen Familienpolitik“, der am 14. März 2012 vom Bundeskabinett beschlossen und dem Bundestag vorgelegt worden ist. Der Bericht warnt davor, dass Kinder aus Mittelschichtfamilien selbst bei guter Qualität der externen Betreuungseinrichtung an persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten verlieren. Auch bei „Risikokindern“ zeigen sich nach diesem Bericht nur geringe Effekte.

(4.2.2) Infrastruktur und Betreuungsbedarfe von Familien mit Kleinkindern (zwei Auszüge):

Die Betreuungsquote (Tageseinrichtungen und Tagespflege zusammengenommen) lag in Deutschland im Jahr 2010 für Kinder unter drei Jahren bei 23%. Von den betreuten Kindern besuchten etwa 85% eine Kindertageseinrichtung und 15% waren in Tagespflege. Die Quote der Ganztagsbetreuung bei unter 3-Jährigen lag bei 12%. Bei der Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren gibt es große regionale Unterschiede, insbesondere zwischen Ost- und Westdeutschland. Während die Betreuungsquote der 0- bis 3-Jährigen in Westdeutschland 2010 bei lediglich 17% lag, betrug diese in Ostdeutschland bereits 48%. Erheblich unterscheidet sich auch die Quote der ganztagsbetreuten Kinder unter drei Jahren mit 7% im Westen und 35% im Osten (BMFSFJ 2010a, S. 35).

Mütter mit Migrationshintergrund und Haushalte mit vielen Kindern nutzen für unter 3-Jährige seltener Tageseinrichtungen und Tagespflege als vergleichbare Haushalte ohne Migrationshintergrund bzw. mit lediglich einem oder keinem älteren Geschwisterkind. Demgegenüber zeigt sich, dass Mütter mit höherem Bildungsabschluss ihre Kinder öfter durch Tageseinrichtungen/Tagespflege betreuen lassen als anderweitig vergleichbare Mütter mit niedrigem oder mittlerem Bildungsabschluss (BMFSFJ 1994). (S. 99f.)

… Andere Analysen zeigen jedoch, dass die Berufstätigkeit der Mütter mit negativen Entwicklungsergebnissen des Kindes zusammenhängt, wenn die Familien nicht in ökonomisch belasteten Situationen sind (Mittel- und Oberschichtfamilien). Dies unterstützt wiederum die „lost resource“-Hypothese für diese Familientypen (NICHD 2003). Dem Kind entgeht also durch die außerfamiliäre Betreuung die Bildung und Erziehung durch seine gut gebildete und erziehungskompetente Mutter. Dieser Befund deckt sich mit Studien, nach denen Kinder aus niedrigen sozioökonomischen Lebenslagen am meisten von der Bildungsanregung der Kindertageseinrichtungen profitieren, jedoch auch nur dann, wenn diese eine gute Qualität aufweisen. Für Kinder aus der Mittel- und Oberschicht bleibt das Bildungsangebot in den Kindertageseinrichtungen hinter der familiären Bildungsanregung zurück. (S. 102)

Auf die im Bericht Bezug genommene Großstudie des renommierten National Institute of Child Health and Development (NICHD) geht Dr. Rainer Böhm in seinem Artikel „Die dunkle Seite der Kindheit“ ein, der am 4. April 2012 in der FAZ (S.7) veröffentlicht wurde. Die Studie berücksichtigt nahezu alle Faktoren, die für die kindliche Entwicklung relevant sind. Böhm schreibt:

Am beunruhigendsten war indes der Befund,  dass Krippenbetreuung sich unabhängig von sämtlichen anderen Messfaktoren negativ auf die sozioemotionale Kompetenz der Kinder auswirkt. Je mehr Zeit kumulativ Kinder in einer Einrichtung verbrachten, desto stärker zeigten sie später dissoziales Verhalten wie Streiten, Kämpfen, Sachbeschädigung, Prahlen, Lügen, Schikanieren, Gemeinheiten begehen, Grausamkeiten, Ungehorsam oder häufiges Schreien. Unter den ganztags betreuten Kindern zeigte ein Viertel im Alter von vier Jahren ein Problemverhalten, das dem klinischen Risikobereich zugeordnet werden muss. Später konnten bei den inzwischen 15 Jahre alten Jugendlichen signifikante Auffälligkeiten festgestellt werden, unter anderem Tabak- und Alkoholkonsum, Rauschgiftgebrauch, Diebstahl und Vandalismus. Noch ein weiteres, ebenfalls unerwartetes Ergebnis kristallisierte sich heraus: Die Verhaltensauffälligkeiten waren weitgehend unabhängig von der Qualität der Betreuung. Kinder, die sehr gute Einrichtungen besuchten, verhielten sich fast ebenso auffällig wie Kinder, die in Einrichtungen minderer Qualität betreut wurden. Grundsätzlich zeigte sich aber, dass das Erziehungsverhalten der Eltern einen deutlich stärkeren Einfluss auf  die Entwicklung ausübt als die Betreuungseinrichtungen.

Die Autoren der NICHD-Studie leiteten aus diesen Ergebnissen zahlreiche Empfehlungen ab. Kurz gefasst lauten diese: Die Qualität der Betreuung müsse gesteigert werden,  die Dauer der Betreuung sei zu reduzieren, während die Eltern in ihrem Erziehungsauftrag gestärkt werden müssten. In den Vereinigten Staaten hat man sich allenfalls des ersten Punktes angenommen. In Deutschland wiederum sind die Politiker auf dem besten Weg, die erste und dritte Empfehlung nicht ernst zu nehmen und die zweite Empfehlung – die Verringerung der Betreuungsdauer – in ihr Gegenteil zu verkehren.

Warum dieses Vorgehen mehr als bedenklich ist, zeigen wissenschaftliche Daten, die in den vergangenen zehn Jahren erhoben wurden. Die belegen, dass es sich bei den Verhaltensauffälligkeiten, die in der NICHD-Studie registriert wurden, nur um die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs  handelt.

Die Liebe kennt kein Maß

Selige Ulrika Nisch

Am 8. Mai feiert die Kirche den Gedenktag der sel. Ulrika Nisch. Mit 31 Jahren ist sie am 8. Mai 1913 im Kloster Hegne am Ufer des Bodensees gestorben. Heuer also werden es 130 Jahre, dass sie am 18. September 1882 geboren wurde, und nächstes Jahr dürfen wir ihren hundertsten Todestag begehen. Ulrika Nisch war Ordensschwester der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz, den sog. Ingenbohler Schwestern. Sie ist ein leuchtendes Beispiel für unsere Zeit. Immer verbreitete sie Heiterkeit. Auch im tiefsten Leiden verlor sie nie den österlichen Herzensfrieden. Nicht irdische Befriedigungen machten sie glücklich, sondern die vollkommene Hingabe und Liebe zu Jesus und ihren Mitmenschen. Bei der Seligsprechung vor 25 Jahren stellte sie Papst Johannes Paul II. der Welt als Vorbild für die Verwirklichung der Seligpreisungen vor.

Von Notker Hiegl OSB

Was macht diese Schwester mit dem steifen Schleierschmuck und dem weißen Stirnband bis über die Augenbrauen so anziehend? Warum spricht man noch heute von ihr wie von einer regionalen Helden-Figur? Hatte sie doch nur ein kurzes Leben von knapp 31 Jahren, das sie zunächst als Dienstmagd „in der Welt“ und danach als Kreuzschwester in der Verborgenheit einer klösterlichen Anstaltsküche verbrachte! Selbst im Kloster war sie nur wenigen Schwestern persönlich bekannt: Nach dem Eintritt ins Noviziat und der Versetzung in die Großküche erkrankt sie bald an Tuberkulose und stirbt. Worin liegt das Geheimnis ihres scheinbar so bedeutungslosen Lebensweges? Es ist das Geheimnis Christi, das aus dieser so schlichten Seele strahlt, die Gnade Seines Anrufs, der das Niedrige, Verächtliche, Geringe auserwählt, um das, was vor den Menschen etwas gilt, zunichte zu machen, der den „kleinen Lebensweg“ erhöht.

Unebener Start ins Leben

Als Klothilde Dettenrieder am 18. September 1882 in Mittelbiberach, einem Dorf zwischen Biberach und Oberndorf, ein zartes Mädchen zur Welt brachte, herrschte im Geburtshaus keine allzu große Freude; denn der kleinen Erdenbürgerin fehlte der gesetzliche Vater. Zunächst wurde das Kind auf den Vornamen Franziska und den Familiennamen der Mutter ins amtliche Register eingetragen. Die Mutter, älteste von zehn Geschwistern, arbeitete in einer Gaststätte, um sich das Allernotwendigste für das Leben zu verdienen. Ihr Bräutigam Ulrich Nisch, ebenfalls mittellos, verdingte sich als Rossknecht auf einem Gutshof. Der Ortsbürgermeister verweigerte den beiden „Habenichtse“ die standesamtliche Trauung. Doch heiraten wollten die beiden unter allen Umständen. Eine „Herdstelle“ aber wurde nur jungen Familien mit einem Kind gewährt. Da ist es nicht verwunderlich, dass der bauernschlaue Gedanke auftauchte, wenn erst ein Kind da ist, wird keiner mehr die Zustimmung zur Hochzeit verweigern. Und so war es auch. Im folgenden Jahr durften Ulrich und Klothilde heiraten und das kleine außereheliche Kind bekam nun den Namen des Vaters „Nisch“. 

Der kleine Sonnenschein

Die Mutter musste weiterhin zur Arbeit gehen, da das Verdienst des Vaters keineswegs für drei Personen ausreichte. Franziska wuchs deshalb bei der Großmutter auf. Sie war ein aufgewecktes Kind, wurde von der Taufpatin oft in die Kirche mitgenommen und spielte dabei mit dem Rosenkranz, den die Patin aus Maria Einsiedeln mitgebracht hatte. Mit sechs Jahren kam das Kind zu den Eltern nach Unterstadion zurück. Der Vater hatte dort den Dorf-Backofen übernommen. Franziska musste nun Tag für Tag im nahe gelegenen Wald Holz sammeln und nach Hause schleppen. Die Not in der Familie war unbeschreiblich. Jahr für Jahr kam ein Kleines dazu und die Sorgen wuchsen. Aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten kam es öfters zu Streitigkeiten, doch die schuldige Ehrfurcht den Eltern gegenüber ließ die Älteste der Kinderschar nie fehlen. Es war etwas Liebes in ihrem Wesen. Mit ihrer Demut und Bescheidenheit gewann sie die Herzen der Erwachsenen. Beliebt war sie auch bei ihren Mitschülern und Lehrern an der sog. „Ganzschule“ mit den Klassen 1 bis 8, die in einem einzigen Raum unterrichtet wurden. Mit 13 Jahren empfing sie die Erste Heilige Kommunion und wurde noch im selben Jahr durch Bischof Reiser von Rottenburg gefirmt. Zu dieser Zeit gab der Vater den „Dorf-Backofen“ auf, da er mit dieser Tätigkeit die immer größer werdende Familie nicht mehr ernähren konnte. Er nahm eine Arbeit im Zementwerk bei Ehingen an der Donau auf. Nun brauchte Franziska kein Holz mehr holen und sie wurde als überzählige Esserin weitergegeben.

Im Geist des Dienens

Franziska kam zu einem Onkel mütterlicherseits nach Sauggart, der ein Gemischtwarengeschäft führte. Seine Frau hatte bei der Geburt des zweiten Kindes einen Gehirnschlag erlitten. Nun war sie pflegebedürftig und geistesgestört. Vom Martinstag 1898 an war Franziska ihre neue Magd. Die kranke launenhafte Hausherrin war nicht zufriedenzustellen. Franziska nahm ab, klagte aber mit keinem Wort. Am Martinitag des darauffolgenden Jahres wurde sie von ihrem Vater an eine Brauerei nach Biberach verdingt. So kam sie in die protestantische Familie Mühlschlegel. Doch bereits einige Monate später ging sie nach Rorschach auf die Schweizer Seite des Bodensees, wo sie mehr verdiente. Dadurch konnte sie die Familie zuhause finanziell besser unterstützen. Es war bereits ihre fünfte Stelle als Dienstmagd. Doch nun erkrankte sie schwer. Im Spital wurde sie von Kreuzschwestern aus dem Mutterhaus Ingenbohl sehr gut gepflegt. In der Folge dieses  Krankhausaufenthalts reifte in ihr der Entschluss, selber ins Kloster zu gehen. Für den 17. Oktober 1904 wurde sie nach Hegne in das badische Provinzhaus der Ingenbohler Schwestern bestellt. Ihre Eltern sahen den Klostereintritt nicht gerne, da sie auf das Verdienst der Tochter kaum verzichten konnten. Doch Franziska hatte ihren Weg gefunden.

Novizin bei den Kreuzschwestern in Hegne

Die Kongregation der Kreuzschwestern wurde 1856 von dem Schweizer Kapuziner Theodosius Florentinus zusammen mit Mutter Maria Theresia Scherer gegründet. Oberstes Ziel der Schwestern ist die Heiligung des Lebens in der Nachfolge des Kreuz tragenden Heilands im Dienst an den Mitmenschen. Die schwäbischen und badischen Mädchen, welche Kreuzschwester werden wollten, traten in Hegne ein. Als Kandidatin kam Franziska sofort in die Küche zum Herdrußen und Kesselfegen. Kurze Zeit später wurde sie auf eine Station nach Zell-Weiherbach geschickt, wo ihre Einsatzmöglichkeiten erprobt werden sollten. Hier war sie für den ganzen Hausputz zuständig. Nach eineinhalb Probejahren wurde sie für das Noviziat ins Mutterhaus zurückberufen. Bei der Einkleidung am 25. April 1906 erhielt sie nach ihrem Vater Ulrich den Schwesternnamen „Ulrika“. Nun war sie Dienstmagd im Kloster. Zunächst arbeitete sie als Gehilfin in der Küche zu Hegne. Schwester Adama bezeugte von ihr: „Schwester Ulrika kann man ins Geschirr spannen, wie man will.“

Glückliche Braut Christi

Ein Jahr nach der Einkleidung, am 24. April 1907, durfte sie die Profess ablegen, das dreifache Bekenntnis zu Christus, dem Gekreuzigten, in der Hingabeform von Armut, Gehorsam und Jungfräulichkeit. All ihr bräutliches Sehnen hatte nun seine Erfüllung gefunden. „Nichts Außergewöhnliches möchte und kann ich für dich tun, aber außergewöhnlich innig möchte ich dir meine Liebe zeigen. Kein Maß soll meine Liebe zu dir kennen, maßlos über alles will ich dich, meinen Seelen- und Kreuzes-Bräutigam lieben. Alles aus Liebe zu dir, mein Schöpfer und mein Heiland. Meine einzige geistige Nahrung soll Deine Liebe zu mir sein, ich will immer ganz in Deiner Gegenwart leben. Ich will viele Opfer, Tag für Tag, als Zeichen meiner Liebe zu dir bringen. Hilf du mir dazu, allein bin ich zu schwach. In all meinem Denken, Reden und Tun, in meinem Schweigen und Sühnen sollst Du verherrlicht sein. Was Du auch mir schicken magst, ich will es liebend aus Deiner Hand entgegennehmen. Ich habe dich unaussprechlich lieb!“ – Nach Abschluss der Gelübde-Feier konnte sie im Pfortenbereich ihren Vater und die Tante begrüßen, welche zu Besuch gekommen waren. Die Mutter war zu krank, um an der Festlichkeit teilzunehmen. Schwester Ulrika konnte ihren Lieben nur sagen: „Ich bin so glücklich, jetzt bin ich am Ziel!“ Dann verabschiedeten sich Vater und Tante. Sr. Ulrika ging zum Tabernakel und betete für ihre Mutter. Die Pforte hatte sich wieder geschlossen.

Der Tabernakel als Quelle der Kraft

Schon am Tag nach ihrer Profess kam die junge Schwester nach Bühl und bald darauf nach Baden-Baden, wiederum als Bei-Köchin. Ein Diamant muss geschliffen werden, damit er leuchten kann! Das war die Erziehungs-Devise fast aller Vorgesetzten in den Klöstern der damaligen Zeit. Die Novizenmeisterinnen und Novizenmeister meinten es „gut“ mit den ihnen Anvertrauten, mit dem „Absterben“ aller Diesseitigkeit, allen Stolzes und jeglicher Bequemlichkeit. Die aus dem Glauben erwachsene Antwort der jungen Schwester Ulrika war liebendes, demütiges Magdsein unter verschiedenen Oberinnen während ihrer kurzen Lebenszeit, bis ihr „Leidenskelch“ voll, der Kreuzweg oben auf Kalvaria angelangt war. Von Anfang an schonte sich Sr. Ulrika nicht. Schwitzend, mit der eng unterm Kinn gebundenen steifen Haube, stand sie tagaus, tagein in der schweren Ordenstracht am Herd. Nie ließ sie sich gehen, nie klagte sie. Stets war sie die Ausgleichende zwischen leitenden Schwestern und auszubildenden Lehrmädchen in der Großküche. Sie sprang ein, wo es Not tat, stets mit einem Lächeln im Gesicht. Ihr Gehorsam war schnell, bedingungslos, freudig. In ihren kurzen Erholungsphasen besuchte sie den Tabernakel. Dort holte sie sich die Kraft für all ihr Tun. In mystischer Tiefe bewältigte sie ihre körperlichen wie seelischen Schmerzen. „Kein Maß kennt die Liebe. Wir wollen nur in der Liebe und für die Liebe alles leiden und arbeiten.“ Eine kurze Notiz aus ihren wenigen Aufzeichnungen. Sie war bereit, in der Kreuzesnachfolge Jesu ihr Leben als Sühne hinzugeben, mit Christus zu leiden, um mit IHM österlich aufzuerstehen. Sr. Ulrikas Heiligkeitsstreben wurde von einem Franziskanerpater aus Gorheim fordernd und fördernd begleitet.

Heroisch getragene Leiden

Es ist ergreifend, Sr. Ulrikas letzte Lebensmonate zu betrachten. Sie wurde von starken Kopfschmerzen geplagt. Trotzdem war sie bei ihrer Arbeit in der Großküche unter den Schwestern und Lehrmädchen immer gleichmütig. Sie litt unter starkem Katarrh. Schließlich musste sie sich einer Operation unterziehen, weil sich eine Stirn- und Kieferhöhlen-Vereiterung eingestellt hatte, höchstwahrscheinlich Knochentuberkulose. Die Operation wurde im Haus selbst vorgenommen, ambulant, nicht stationär. Es ist bezeichnend, dass Sr. Ulrika noch am Herd stand, als der Arzt im Krankenzimmer bereits die Instrumente für die Kieferoperation vorbereitete. Die Krankenschwester rief Sr. Ulrika aus der Küche in die Infirmerie, die Krankenstation. Dort setzte sich Sr. Ulrika auf einen Stuhl und die Operation begann: Der Arzt meißelte die Backenknochen auf, um daraus den Eiter zu entfernen. Nach dem Eingriff bekundete er gegenüber der Infirmerie-Schwester, Schwester Ulrika müsse heroisch und schon lange gelitten haben. Denn die ganzen Backenknochen lagen im Eiter. Ihr Kreuzweg näherte sich mehr und mehr der Vollendung. Seelische Martern kamen hinzu. Dennoch nahm sie die körperliche Arbeit sobald wie möglich wieder auf, um an der Seite des leidenden, Kreuz tragenden Heilands weiterzugehen – sie war ja Kreuzschwester!

Heiter bis in den Tod

Als die Krankheit weiter fortschritt, durfte sie nicht mehr länger in Baden-Baden bleiben. Am 15. Juli 1912 kehrte sie nach Hegne ins Schwestern-Krankenhaus St. Elisabeth, Zimmer 14, zurück. Die junge Kranke aber war immer heiter, froh, vorbildlich, tugendhaft. Wenn sie merkte, dass eine Mitschwester einen Hustenanfall bekam, ging sie sofort zu ihr, nahm sie liebevoll in die Arme, richtete sie auf und war ihr behilflich, solange dies ihre eigenen Kräfte noch zuließen. Doch ihre Krankheit schritt unaufhörlich voran. Penicillin war noch nicht bekannt und die vielen Tuberkulose-Kranken starben nur so hinweg. Sr. Ulrika konnte mit ihrem Fieber das Bett nicht mehr verlassen. Vollkommen ergeben vereinigte sie ihr Leiden mit dem Leiden Jesu. Ihre Dankbarkeit gegenüber Gott kannte keine Grenzen. Sie, das uneheliche Kind armer Eltern, war berufen, als geweihte Braut an der Seite ihres Kreuz tragenden Bräutigams zu gehen. Wenn starker Husten sie quälte, sagte sie nur: „Alles für den lieben Heiland!“ Freudig empfing sie die Sterbesakramente: die Lossprechung, die Wegzehrung und die Krankensalbung. Am Abend des 8. Mai 1913 wollte ihr eine Krankenschwester gerade einen Dienst erweisen. Da bekam eine Mitschwester in der „Nebenkoje“ einen Hustenanfall. Sr. Ulrika schickte ihre Betreuerin zu ihr hinüber. Als diese wieder zu Sr. Ulrika zurückkam, war sie bereits zu Gott heimgegangen. Ein Akt der Nächstenliebe war der Ausklang ihres hingebungsvollen, gottgeweihten Lebens.

Im Kreuz der Schwindsucht, der Krankheit der Armen und Niedrigen, hat Sr. Ulrika ihre Vollendung in Jesu Christi Auferstehung hineingefunden. Kein Wunder, dass sich das einfache Volk in dieser Schwester ohne höhere Schulbildung und ohne leitende öffentliche Funktion wiederfand und sich an ihrem Beispiel aufbaute, um das eigene oft bittere Lebensschicksal in der Nachfolge des Kreuz tragenden Heilands anzunehmen. Ein Krönlein ruht auf ihrem Schrein in der Krypta zu Hegne – und liebend streicheln die Besucher auch das kleine Altargrab in der Kapelle „Maria Mutter Europas“ auf dem Gnadenweiler bei Beuron, in dem sich ebenfalls eine Reliquie dieser so demütigen Kreuzschwester befindet.

 

 

Gefäß der Liebe Gottes

Am Sonntag, den 1. November 1987, dem Hochfest Allerheiligen, sprach Papst Johannes Paul II. Schwester Ulrika SCSC zusammen mit Fratel Arnould und Schwester Blandine Merten im Petersdom in Rom selig. In seiner Predigt beschrieb er auf großartige Weise das Besondere und Heiligmäßige dieser einfachen Frau.

Von Papst Johannes Paul II.

Schwester Ulrika Nisch aus der Ordensgemeinschaft der Kreuzschwestern von Ingenbohl gehört zu jener „großen Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen“, die „in weißen Gewändern“ vor Gottes Thron stehen. Auch sie kommt „aus der großen Bedrängnis“ eines harten und geprüften Lebens, in dem ihre Liebe und Treue zu Christus in einem überragenden Maße aufgeleuchtet sind. Darum trägt sie nun „das Siegel des lebendigen Gottes“ auf ihrer Stirn und darf der Gemeinschaft aller Seligen Gottes zugezählt werden.

Wir dürfen Schwester Ulrika Nisch seligsprechen, weil sich an ihr in den 31 Jahren ihres irdischen Weges die Bedingungen der Seligpreisungen des Evangeliums erfüllt haben. Wer ihr Leben kennt, weiß von der großen Armut ihrer Kindheit, ihres Dienens an letzter Stelle, von den Prüfungen ihres kränklichen Leibes und einer zeitweiligen Dunkelheit im Beten. Diese harten Erfahrungen führten Sr. Ulrika zu jener Lauterkeit des Herzens, die in den kleinsten Dingen die gütige Vaterhand Gottes zu erblicken vermag und von ihm jede Stunde des Lebens in kindlicher Dankbarkeit entgegennimmt. Sie war wirklich „arm vor Gott“.

So fand die Liebe Gottes keinen Widerstand in ihrem Denken, Fühlen und Wollen: Sie hatte ein „reines Herz“, dem es schon zu Lebzeiten gegeben war, „Gott zu schauen“ in mystischer Vereinigung. Ihre Arbeit und ihre Nachtruhe begleitete ein fortwährendes Gebet; „alles ist ihr zum Gebet geworden“, bezeugt ein Beobachter voller Staunen.

Ganz von Gott erfüllt, wurde Ulrika Nisch immer mehr ein Gefäß seiner Liebe, die all ihr äußeres Wirken durchdrang und die einfachsten Dienste für die Menschen ihrer Umgebung zu einer Kostbarkeit machten. In ihrer Gegenwart fühlten sich die Menschen „wie im Paradies“. Fürwahr: Sie ist selig, weil sie „keine Gewalt angewandt“, sondern allein der Macht einer „Liebe ohne Maß“ vertraut hat.

So konnte Schwester Ulrika barmherzig sein, ohne zu verletzen; sie konnte geben, ohne zurückzufordern; sie konnte reich machen, obwohl sie selbst arm war. „Durch Schwester Ulrika bekam ich eine neue Seele“, bekennt eine Frau mit einem harten Lebensschicksal, die sich an der Seite der Ordensschwester wieder für Gott und die Menschen öffnen konnte.

Gerade diejenigen, die bei unserer neuen Seligen wahre, selbstlose Liebe gefunden haben, sind die ersten gewesen, die dieses äußerlich unscheinbare Leben für wertvoll und groß angesehen haben. Sie haben erkannt, dass hier die Bedingungen der Seligpreisungen Jesu erfüllt waren. Der Herr selbst hat Schwester Ulrika Nisch das Siegel einer Seligen Gottes aufgeprägt.

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