Wie gehen wir in der Kirche miteinander um?

Im Geist des hl. Franziskus

Papst Franziskus wird nicht müde zu erklären, worin das Wesen der Kirche besteht. Sie ist das Instrument, mit dem der Schöpfer seine Liebe zu den Menschen bringen möchte. Entsprechend muss sich jeder Gläubige für das göttliche Geheimnis öffnen und es in seinem Verhalten widerspiegeln. Man könnte die Art und Weise, die Franziskus im Zugehen auf die Mitmenschen anmahnt, einen franziskanischen Stil nennen. Gekennzeichnet ist er vom Geist der Seligpreisungen bzw. der Bergpredigt. Pfarrer Erich Maria Fink hat Gedanken aus den morgendlichen Ansprachen zusammengestellt, die Franziskus in freier Rede vorträgt. Selbst wenn der Vatikan unterstreicht, dass es sich bei den oft spontan formulierten Äußerungen nicht um eine offizielle Lehrverkündigung handelt, so zeigen sie doch sehr deutlich, was den Papst innerlich bewegt und was er der Kirche vermitteln möchte.

Von Erich Maria Fink

Papst Franziskus hält bei den täglichen hl. Messen im „Domus Sanctae Marthae“ freie Predigten. Seine Gedanken stoßen weltweit auf größtes Interesse. P. Lombardi SJ, Direktor des Vatikanischen Pressebüros, hat in Erinnerung gerufen, dass den Äußerungen des Papstes je nach Situation unterschiedliche Verbindlichkeiten zukämen. Die Ansprachen im „Domus Sanctae Marthae“ hätten familiären, privaten Charakter. „Eine ‚vollständige‘ Veröffentlichung würde eine Transkription und Korrektur verlangen und damit der Intention des Hl. Vaters widersprechen“, so schreibt Lombardi in seiner Erklärung. Nach eingehender Überlegung beschränke sich der Vatikan darauf, der Welt die Predigten in einer Zusammenfassung mit großen direkten Zitaten zur Verfügung zu stellen. Dies geschehe durch den Osservatore Romano bzw. durch Radio Vatikan.

Auf der Internet-Seite kath.net werden die Aktivitäten des Papstes vor allem durch Prof. Dr. phil. Armin Schwibach (geb. 1964) vorgestellt. Der aus dem niederbayrischen Pfarrkirchen stammende Philosoph und Theologe doziert an verschiedenen römischen Universitäten und arbeitet als freier Publizist. Was er durch seine Medienberichte für den deutschen Sprachraum leistet, ist von unschätzbarem Wert. Aus dem Zentrum der Weltkirche vermittelt er eine Fülle von Informationen, die uns den Puls des katholischen Lebens fühlen lassen. Auf treffende Weise fasst er die Ereignisse und Äußerungen des Vatikans zusammen und hilft durch behutsame Auswertungen zu einer sachgemäßen Einordnung. Ohne seinen Dienst gingen viele Impulse aus Rom unter und kämen nicht zur Geltung. Besondere Verdienste hat sich Schwibach auch im Zusammenhang mit den Ansprachen des Papstes im Haus St. Martha erworben. Ich greife bei der nachfolgenden Zusammenstellung vor allem auf seine Beiträge zurück, die ausführlichere Zitate enthalten als andere Publikationen.

Papst Franziskus analysiert immer wieder die Art und Weise, wie wir in der Kirche miteinander umgehen bzw. umgehen sollten. Er mahnt einen neuen Stil an und nennt die verschiedenen Formen des Fehlverhaltens deutlich beim Namen. Erst wenn wir unsere Motive und unser Handeln vom unguten Geist reinigen, können wir in der Pastoral fruchtbar arbeiten und das Evangelium wirksam verkünden.

Der Papst fordert die Hochachtung auch gegenüber Außenstehenden und Atheisten ein. Damit sagt er nicht, dass seiner Überzeugung nach auch entschiedene Atheisten gerettet sind. Vielmehr geht es ihm um die missionarische Grundhaltung, welche in jedem Menschen ein vom Schöpfer geliebtes und zur Rettung berufenes Abbild Gottes sieht. Das Urteil über den Heils- oder Unheilszustand des Einzelnen können wir Gott überlassen. Uns muss es darum gehen, durch unsere Offenheit und Annahme unseren Mitmenschen die Sehnsucht des Vaterherzens Gottes erfahrbar zu machen.

Es lohnt sich, auf die Stimme des Papstes zu hören und sich auf seine Betrachtungen einzulassen. Damit seine Worte unmittelbarer wirken können, habe ich bei den Textabschnitten, welche die Ansprachen zusammenfassend wiedergeben, auf die indirekte Rede verzichtet. Die wörtlichen Zitate sind gekennzeichnet und in ihrer „rohen“ Fassung belassen. Am Ende der Abschnitte ist immer der Tag angegeben, an dem Franziskus die jeweilige Ansprache im Haus der hl. Martha gehalten hat. Bei den nachfolgenden Punkten handelt es sich also um Auszüge aus sieben ausgewählten Predigten des Papstes.

1. Die Kirche ist eine große Liebesgeschichte

„Die Kirche ist kein menschliches Unternehmen, sie ist etwas anders“ (vgl. Apg 12,24-13,5). „Nicht die Jünger sind es, die die Kirche machen, sie sind Gesandte, Gesandte Jesu. Und Christus ist vom Vater gesandt.“ So sieht man, „dass die Kirche dort beginnt, im Herzen des Vaters, der diese Idee gehabt hat… Ich weiß nicht, ob er eine ‚Idee‘ gehabt hat, der Vater: der Vater hat geliebt. Und so hat diese große Liebesgeschichte begonnen, diese Geschichte der Liebe, die schon so lange andauert in der Zeit und die noch nicht zu Ende ist. Wir, Frauen und Männer der Kirche, sind mitten in einer Liebesgeschichte: jeder von uns ist ein Ring in dieser Kette der Liebe. Und wenn wir das nicht verstehen, verstehen wir nichts von dem, was die Kirche ist“.

Die Versuchung besteht darin, die Kirche wachsen zu lassen, ohne den Weg der Liebe zu beschreiten. Doch „die Kirche wächst nicht aus menschlicher Kraft. Einige Christen haben aus historischen Gründen Fehler begangen, den falschen Weg eingeschlagen, sie haben Heere aufgestellt, Religionskriege geführt: das ist eine andere Geschichte, die nicht diese Liebesgeschichte ist. Auch wir lernen aus unseren Fehlern, wie diese Liebesgeschichte läuft. Wie aber wächst sie? Jesus hat es einfach gesagt: wie das Senfkorn, sie wächst wie der Sauerteig im Mehl, ohne Lärm.“

Die Kirche wächst immer „von unten her, langsam“. Aber „wenn sich die Kirche ihrer Größe rühmen will und Organisationen schafft, Büros einrichtet und mehr und mehr bürokratisch wird, verliert sie ihr eigentliches Wesen und läuft Gefahr, sich in eine NGO zu verwandeln“. Doch „die Kirche ist keine NGO! Sie ist eine Geschichte der Liebe!“ „Ja, alles ist notwendig, die Büros sind notwendig, sie sind schon recht! Doch sie sind notwendig nur bis zu einem bestimmten Punkt: als Hilfe für diese Geschichte der Liebe. Wenn aber die Organisation den ersten Platz einnimmt, bricht die Liebe ein.“ (24. April 2013)

2. Die offene und freie Gemeinde

Warum wurde die Gemeinschaft der Juden in Antiochia, „ein Grüppchen“, „gute Menschen“, derart eifersüchtig, als sie die Scharen der Christen sah und so begann, diese zu verfolgen (Apg 13,44-52)? „Ganz einfach, weil sie ein verschlossenes Herz hatten, weil sie nicht offen waren für die Neuheit des Heiligen Geistes.“ „Sie glaubten, dass alles bereits gesagt sei, dass alles so sei, wie sie dachten, dass es so sein müsse. Und deshalb fühlten sie sich als die Verteidiger des Glaubens und begannen, gegen die Apostel zu sprechen, sie zu verleumden…“

Genau darin besteht die Haltung dieser „verschlossenen Religiosität“, die nicht die Freiheit hat, sich dem Herrn zu öffnen: „Ihr Gemeinschaftsleben zur beständigen Verteidigung der Wahrheit – denn sie glauben die Wahrheit zu verteidigen – ist immer die Verleumdung, das Geschwätz… Wirklich, sie sind eine Gemeinde von Schwätzern, die dagegenreden, die den anderen zerstören und nach innen schauen, immer nach innen, wie von einer Mauer abgeschottet. Die freie Gemeinde dagegen ging mit der Freiheit Gottes und des Heiligen Geistes voran, auch unter den Verfolgungen. Und das Wort des Herrn verbreitete sich in der ganzen Gegend.“

Das Vorangehen, das Sich-Verbreiten ist gerade die Eigenschaft der Gemeinde des Herrn, „denn das Gute ist so: es verbreitet sich immer! Das Gute zieht sich nicht in sich zurück. Das ist ein Kriterium, ein Kriterium für das Kirche-Sein, auch für unsere Gewissenserforschung: Wie sind unsere Gemeinden, die religiösen Gemeinschaften, die Pfarrgemeinden? Sind sie Gemeinden, die für den Heiligen Geist offen sind, der sie immer vorwärts bringt, um das Wort Gottes zu verbreiten, oder sind sie verschlossene Gemeinden mit ganz genauen Geboten, die auf den Schultern der Gläubigen viele Gebote abladen, wie der Herr den Pharisäern gesagt hatte?“

Die Verfolgung beginnt „gerade aus religiösen Gründen und aus Eifersucht“. Doch die Jünger „waren nicht nur voll der Freude des Heiligen Geistes, sie sprechen mit der Schönheit, sie eröffnen Wege“.

Die verschlossene und selbstsichere Gemeinde „spricht mit gehässigen Worten“. „Derartige Gemeinden wissen nichts von Zärtlichkeit, sie wissen etwas von der Pflicht, wie man etwas macht. Sie verstehen es, sich in einer scheinbaren Beachtung der Gebote zu verschließen. So hatte ihnen Jesus gesagt: ‚Ihr seid wie ein Grab, wie ein Grabmal, weiß, wunderschön, doch nicht mehr.‘ Denken wir heute an die Kirche, die so schön ist: diese Kirche geht voran. Denken wir an die vielen Brüder und Schwestern, die wegen dieser Freiheit des Geistes leiden und verfolgt werden, jetzt, in vielen Teilen der Welt. Doch diese Brüder und Schwestern sind im Leiden von Freude und vom Heiligen Geist erfüllt.“ (27. April 2013)

3. Sprechen in Wahrheit und Liebe

Die Frage, ob es erlaubt sei, dem Kaiser Steuern zu zahlen (Mk 12,13-17), wird mit weichen Worten vorgebracht, „mit schönen Worten, mit zu süßen Worten“. Doch die Absicht der Fragenden bestand darin, Jesus in eine Falle tappen zu lassen. Sie versuchten, sich als Freunde zu zeigen, „doch alles ist falsch“. Denn diese Leute „lieben nicht die Wahrheit, sondern nur sich selbst, und so versuchen sie, zu täuschen, den anderen in ihre Lügerei mit hineinzunehmen, in ihre Lüge. Sie haben ein verlogenes Herz, sie sind nicht imstande, die Wahrheit zu sagen“.

„Die Heuchelei ist die Sprache der Verderbtheit. Als Jesus zu seinen Jüngern spricht, sagt er: ‚Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen‘ (vgl. Mt 5, 37). Die Heuchelei ist keine Sprache der Wahrheit, da die Wahrheit nie für sich alleine gegeben ist. Nie! Sie ist immer mit der Liebe verbunden! Es gibt keine Wahrheit ohne Liebe. Die Liebe ist die erste Wahrheit. Wo keine Liebe ist, ist keine Wahrheit. Jene wollen eine Wahrheit, die ihren eigenen Interessen unterworfen ist. Es ist da schon eine Liebe, können wir sagen: doch es handelt sich um die Selbstliebe, die Liebe zu sich selbst – jener narzisstische Götzendienst, der sie dazu bringt, die anderen zu verraten, der sie zum Vertrauensmissbrauch führt.“

„Die Sanftmut, die Jesus von uns will, hat nichts, überhaupt nichts mit dieser Schmeichelei zu tun, mit dieser süßlichen Weise des Vorgehens. Nichts! Die Milde ist einfach. Sie ist wie jene eines Kindes. Und ein Kind ist kein Heuchler, weil es nicht verdorben ist. Wenn Jesus sagt: ‚Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein‘, wie bei Kindern, so sagt er das Gegenteil von dem, wie diese anderen reden.“

„Denken wir heute gut darüber nach: Wie sprechen wir? Sprechen wir in Wahrheit, mit Liebe, oder sprechen wir ein wenig mit jener sozialen Sprache der Wohlerzogenheit, die auch schöne Dinge sagt, ohne dass wir diese jedoch spüren? Unsere Rede muss dem Evangelium entsprechen, Brüder! Diese Heuchler, die mit Verlockungen, Schmeicheleien und all diesen Dingen beginnen, enden dabei, falsche Zeugen zu suchen, um den, den sie bestrickt hatten, anzuklagen. Bitten wir den Herrn heute, dass unsere Sprache die Sprache der Einfachen sei, eine Sprache wie die von Kindern, eine Sprache als Kinder Gottes, eine Rede in der Wahrheit aus der Liebe.“ (4. Juni 2013)

4. Die wahre Macht in der Kirche ist der Dienst

Jesus spricht von seinem Leiden. Die Jünger dagegen diskutieren darüber, wer der Größte von ihnen sei (vgl. Mk 9,30-37). „Der Kampf um die Macht in der Kirche ist nicht ein Phänomen unserer Tage, er hat schon damals mit Jesus begonnen.“ In der Perspektive des Evangeliums jedoch „darf es den Kampf um die Macht in der Kirche nicht geben, da die wahre Macht, jene, die der Herr uns mit seinem Beispiel gelehrt hat, die Macht des Dienstes ist: wie Christus, der nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen, und sein Dienst ist der Dienst des Kreuzes gewesen.“

Christus „hat sich bis zum Tod erniedrigt, bis zum Tod am Kreuz, für uns, um uns zu dienen, um uns zu retten. Und in der Kirche gibt es keinen anderen Weg, um vorwärtszugehen. Wenn wir diese christliche Regel nicht lernen, werden wir nie und nimmer die wahre Botschaft Jesu zur Macht verstehen können.“

„Die Straße des Herrn ist sein Dienst. Wie er seinen Dienst getan hat, müssen wir hinter ihm den Weg des Dienstes gehen. Das ist die wahre Macht in der Kirche. Ich möchte heute für uns alle beten, dass uns der Herr die Gnade schenke, dies zu begreifen: dass die wahre Macht in der Kirche der Dienst ist. Und auch die Gnade, jene goldene Regel zu begreifen, die er uns mit seinem Beispiel gelehrt hat: für einen Christen bedeutet das Fortschreiten, sich zu erniedrigen, immer mehr. Bitten wir um diese Gnade!“ (21. Mai 2013)

5. Nicht Karriere, sondern die Ehre Gottes suchen

Jesus sagt: „Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe“ (Joh 10,1-10). Die einzige Tür zum Himmelreich, zur Kirche, „ist Jesus selbst“. Wer „anderswo einsteigt, will nur den Profit für sich selbst: einer, der ‚aufsteigen‘ will“.

„Auch in den christlichen Gemeinden gibt es diese Aufsteiger, nicht? Karrieristen, die nur das Ihre suchen und bewusst oder unbewusst so tun, als träten sie ein. Doch sie sind Diebe und Räuber. Warum? Weil sie Jesus die Herrlichkeit stehlen, ihre Herrlichkeit wollen, und das ist, was er den Pharisäern sagte: ‚Ihr reicht euch die Herrlichkeit gegenseitig herum.‘ Eine Religion, die ein wenig wie eine Geschäftemacherei ist, nicht? Ich gebe dir die Herrlichkeit und du gibst sie mir. Doch diese Leute sind nicht durch die wahre Tür eingetreten. Die Tür ist Jesus, und wer nicht durch diese Tür eintritt, macht einen Fehler.“

„Wir haben das Verlangen danach, die Interpretationsschlüssel von allem zu besitzen, den Schlüssel und die Macht, unseren Weg zu gehen, welcher es auch immer sei, unsere Tür zu finden, um welche es sich auch handeln möge.“

Bisweilen ist der Mensch versucht, zu sehr Herr seiner selbst zu sein und nicht demütiges Kind und demütiger Diener des Herrn. Das ist die Versuchung, „andere Türen oder andere Fenster zu suchen, um in das Reich Gottes einzutreten“. Doch: „Alle, die aufsteigen, um durchs Fenster reinzukommen, sind Diebe und Räuber.“ „ Geht nicht hin, um andere Türen zu suchen, die leichter scheinen, bequemer, einfacher! Nur jene: Jesus. Und Jesus enttäuscht nie, Jesus täuscht nicht, Jesus ist kein Dieb, er ist kein Räuber. Er hat sein Leben für mich gegeben; ein jeder von uns muss das sagen: ‚Und du, der du das Leben für mich gegeben hast, bitte: mach auf, damit ich eintreten kann!‘“ (22. April 2013)

6. Sich nicht in das Leben der anderen einmischen

„Was geht das dich an?“ Diese Frage richtete Jesus an Petrus, als sich dieser in das Leben eines anderen eingemischt hatte, in das Leben des Jüngers Johannes, „den Jesus liebte“ (vgl. Joh 21,20-25). Petrus hat zuerst einen Dialog der Liebe mit dem Herrn geführt, doch dann „ist der Dialog auf eine andere Ebene abgeglitten“, und auch er erlag der Versuchung, sich in das Leben der anderen einzumischen.

Es gibt zwei Arten, wie man sich in das Leben der anderen einmischen kann. Eine Art besteht vor allem darin, dass wir uns mit anderen vergleichen: „Wenn es zu diesem Vergleichen kommt, enden wir in der Bitterkeit und auch im Neid. Doch der Neid zerfrisst die christliche Gemeinde, er schadet ihr sehr. Und der Teufel will dies.“

Die andere Art besteht im Geschwätz. Es fängt gern „auf so wohlerzogene Weise“ an, doch man endet dann dabei, „dem Nächsten die Haut abzuziehen“. „Es ist, als wolle man den Anderen herabmindern: Statt dass ich wachse, lasse ich den Anderen kleiner werden und fühle mich groß. Das geht nicht!“ „Das Geschwätz in der Kirche ist destruktiv. Es entspricht ein wenig dem Geist des Kain: den Bruder umbringen – mit der Zunge!“ 

Wie präsentiert sich das Geschwätz? In drei Formen: Zum einen „betreiben wir Fehlinformation und sagen nur die Hälfte, die, die uns passt, und verschweigen die andere. Die andere Hälfte sagen wir nicht, weil es für uns unbequem ist.“ In einer zweiten Weise präsentiert sich das Geschwätz in der Form der Diffamierung: „Wenn jemand wirklich einen Mangel hat, etwas Schlimmes angestellt hat, dann wird das erzählt. Und man ‚macht den Journalisten‘… Und der gute Ruf dieser Person ist ruiniert. Die dritte Art des Geschwätzes besteht in der Verleumdung: Dinge sagen, die nicht wahr sind. Das bedeutet im wahrsten Sinn des Wortes, den Bruder umzubringen! Alle drei – Fehlinformation, Diffamierung und Verleumdung – sind Sünde! Das ist Sünde! Das bedeutet, Jesus in der Person seiner Kinder, seiner Brüder zu ohrfeigen!“

Aus diesem Grund handelt Jesus mit uns wie mit Petrus, wenn er ihn tadelt: „Was geht das dich an? Du folge mir nach!“ „Es ist, als sage er: ‚Bildet euch ja nicht ein, dass das Heil darin liegt, sich mit den anderen zu vergleichen, oder im Geschwätz. Das Heil liegt darin, mir nachzufolgen.‘ Jesus nachfolgen! Wir wollen heute Jesus, den Herrn, bitten, dass er uns diese Gnade gebe, uns nie in das Leben der anderen einzumischen, nie Christen mit guten Manieren und schlechten Gewohnheiten zu werden, Jesus nachzufolgen, hinter Jesus zu gehen, auf seiner Straße. Und das genügt!“ (18. Mai 2013)

7. Eine Kultur der Begegnung schaffen

Die Jünger Jesu wollten einen, der nicht zu ihrer Gruppe gehört, daran hindern, das Gute zu tun (Mk 9,38-40). „Sie beklagen sich; denn sie sagen: ‚Wenn er nicht einer von uns ist, kann er nicht das Gute tun. Wenn er nicht zu unserer Partei gehört, kann er nicht das Gute tun.‘“ Jesus aber korrigiert sie: „Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden.“ Die Jünger „waren ein wenig intolerant, verschlossen in der Vorstellung, die Wahrheit zu besitzen, in der Überzeugung, dass alle, die nicht die Wahrheit haben, nicht das Gute tun können.“ Dies jedoch war falsch. Und Jesus erweitert den Horizont.

Die Wurzel dafür, dass alle die Möglichkeit haben, das Gute zu tun, „liegt in der Schöpfung“: „Der Herr hat uns nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen und wir sind Bild des Herrn. Er tut das Gute und wir tragen im Herzen dieses Gebot: Tu das Gute und nicht das Böse! Wir alle. ‚Aber Pater, der ist doch nicht katholisch! So einer kann doch nicht das Gute tun!‘ Doch, er kann. Er muss. Er kann nicht, er muss! Denn er trägt in sich dieses Gebot. ‚Aber Pater, der ist kein Christ, er kann das nicht!‘ Doch, er kann es. Er muss es. Die Verschlossenheit dagegen, nicht zu denken, dass wir alle das Gute da draußen tun können, ist eine Mauer, die uns zum Krieg führt, und auch zu dem, was einige in der Geschichte gedacht haben: im Namen Gottes zu töten. Wir dürfen nicht im Namen Gottes töten. Das ist einfach Blasphemie!“

Der Herr dagegen „hat uns nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen und uns dieses Gebot im Innern des Herzens gegeben: Tu das Gute und unterlasse das Böse“. „Der Herr hat uns alle mit dem Blut Christi erlöst, nicht nur die Katholiken. Alle! ‚Pater, und die Atheisten?‘ Auch sie. Alle! Und dieses Blut macht uns zu Kindern Gottes erster Klasse! Wir sind als Kinder nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen worden und das Blut Christi hat uns alle erlöst! Und wir alle haben die Pflicht, das Gute zu tun. Und dieses Gebot, das Gute zu tun, so glaube ich, ist eine schöne Straße hin zum Guten. Wenn wir, jeder nach seinem Anteil, den anderen das Gute tun, so begegnen wir einander dort, im Tun des Guten, und schaffen so langsam, ganz langsam jene Kultur der Begegnung: wir brauchen sie so sehr: einander begegnen, indem wir das Gute tun. ‚Aber Pater, ich glaube nicht, ich bin Atheist!‘ Doch du tust das Gute: begegnen wir einander dort!“

Das Gute zu tun „ist keine Glaubensfrage, es ist eine Pflicht, es ist ein Personalausweis, den unser Vater allen gegeben hat, da er uns nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat. Und er tut immer das Gute, immer.“ (22. Mai 2013)

Prophetischer Blick auf das Pontifikat seines Nachfolgers

Benedikt XVI. und der hl. Franziskus

In seinem Werk „Jesus von Nazareth“ geht Benedikt XVI. gleich zu Beginn auf die Seligpreisungen ein. Er hebt das unerschöpfliche Potential dieser Schriftworte hervor. Was sie bedeuten, werde am meisten in jenen Menschen verständlich, die von ihnen ergriffen worden seien und sie gelebt hätten. Als Beispiel nennt er den hl. Franz von Assisi, der die erste Seligpreisung am dichtesten in menschliche Existenz übersetzt habe. Jede Erneuerung der Kirche müsse davon ausgehen, dass sie als Gemeinschaft der Armen Gottes erkennbar werde und entschiedene Demut wie dienstbereite Güte lebe. Prof. Dr. Stephan Otto Horn SDS sieht darin das Programm ausgedrückt, das sich Papst Franziskus zu eigen gemacht hat und auf besondere Weise zum Leuchten bringt.

Von P. Stephan Otto Horn SDS

Selig die Armen im Geist

Eine zentrale Stellung nimmt bei Benedikt XVI. die erste Seligpreisung ein: „Selig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich Gottes“ (Mt 5,3).[1] Diese Armen zeigen sich nach Benedikt schon in der Frömmigkeit vieler Psalmen. Die Armen Israels stehen in ihrer Demut dem Herzen Gottes besonders nahe im Gegensatz zu den Reichen, die nur auf sich selbst bauen; in ihnen reift die Offenheit der Herzen für Jesus Christus. Und so sieht Papst Benedikt die Armen, die Jesus meint, in Maria und Josef, in den Hirten, in den Zwölfen, die Jesus nachfolgen.

Aber er sieht sie auch in Paulus und in seiner Theologie. Die Armen, die Jesus meint, sind „Menschen, die nicht mit ihren Leistungen prunken… Es sind Menschen, die sich auch inwendig arm wissen, Liebende, die sich einfach von Gott beschenken lassen wollen und gerade so in innerer Übereinstimmung mit Gottes Wesen und Wort leben. Das Wort der heiligen Therese von Lisieux, sie werde einmal mit leeren Händen vor Gott stehen und sie ihm offen hinhalten, beschreibt in ganz ähnlicher Weise den Geist der Armen Gottes: „Sie kommen mit leeren Händen, nicht mit Händen, die greifen und festhalten, sondern mit Händen, die sich öffnen und schenken und so bereit sind für Gottes schenkende Güte.“[2] Hier kommt mir ein Wort Joseph Ratzingers in den Sinn, das er einem seiner Schüler sagte, der selber arbeiten wollte, um sein Studium zu finanzieren, statt sich helfen zu lassen: „Wer nicht bereit ist anzunehmen, kann auch andere nicht beschenken.“ Dieses Wort war einfach auf die Demut zu empfangen bezogen, die sich von Mensch zu Mensch vollzieht; es beleuchtet aber ebenso die Armut im Geiste vor Gott.

Radikalität des hl. Franz von Assisi

Bei dieser Seligpreisung denkt Papst Benedikt besonders an Franz von Assisi. Er ist für ihn die Gestalt der Glaubensgeschichte, in der diese Seligpreisung am dichtesten in menschliche Existenz übersetzt worden ist. „Franz von Assisi hat die Verheißung dieses Wortes in letzter Radikalität ergriffen. Bis dahin, dass er sogar seine Kleider weggab und sich vom Bischof als dem Vertreter der Vatergüte Gottes … neu einkleiden ließ. Diese äußerste Demut war für ihn vor allem Freiheit des Dienens, Freiheit zur Sendung, letztes Vertrauen auf Gott, der nicht nur für die Blumen des Feldes, sondern gerade für seine Menschenkinder sorgt“.[3] Zu dieser Demut gehören „die Dynamik des missionarischen Unterwegsseins“ und die „innerste Offenheit für Christus“, sodass er nicht mehr „sein Selbst lebte, sondern als Wiedergeborener ganz von und in Christus existierte“.[4]

Papst Benedikt ordnet der ersten Seligpreisung die dritte zu: „Selig die Milden (Sanftmütigen), denn sie werden das Land erben (Mt 5,5).“[5] Er sagt geradezu, dass sie weithin ineinander übergehen. In der Tat entspricht das griechische Wort „die Sanftmütigen“ im Hebräischen dem Wort für die Armen („anawim“). Der Papst erschließt das Wort von zwei alttestamentlichen Stellen her. Von Mose heißt es in Num 12,3: „Mose aber war ein überaus sanftmütiger Mann, sanftmütiger (milder) als alle Menschen auf Erden.“ „Wer müsste dabei“, schreibt Benedikt dazu, „nicht an das Wort Jesu denken: ‚Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen‘ (Mt 11,29).“[6] Noch wichtiger ist der Bezug zu Sacharja, der einen Friedenskönig erwartet, der auf einem Esel reitet, der nicht mit Gewalt herrscht, sondern voll Demut und Sanftmut ist und dessen Königtum universal sein wird.[7] Im zweiten Band seines Werkes zeigt Papst Benedikt, dass Jesus sich bei seinem Einzug in Jerusalem genau als dieser Friedenskönig präsentiert. Seine Jünger nehmen denn auch den Hosanna-Ruf auf, mit dem Psalm 118 die Pilger in Jerusalem willkommen heißt, und machen ihn zu einem Jubelruf über Jesus, den messianischen Sohn Davids.[8]

Die Haltung des Empfangens

Wir können schon aus diesen Seligpreisungen ersehen, wie nach Papst Benedikt Jesus seine Jünger und auch uns in seine Nachfolge führt. Der Papst betont, dass bei Matthäus wie bei Lukas wirkliche Armut im Blick ist. Er unterstreicht aber ebenso die geistliche Bejahung der Armut als wesentliche Dimension der Seligpreisung. Bei Paulus ist diese Armut die des Apostels, sein Unterwegs-Sein für das Evangelium, das Annehmen all der Bedrängnisse, der Sorgen, der Ablehnung, die damit zusammenhängen. Es ist für ihn aber – wie wir schon gesehen haben – nicht bloß Bereitschaft zur Besitzlosigkeit, sondern vor allem Verzicht auf Leistung vor Gott. Er sieht von Paulus und Thérèse von Lisieux wie von Franziskus her: Es ist gemeint die Haltung des Empfangens, des Vertrauens und so vor allem der Demut, einer Demut, die zugleich Güte ist. So zeigt sich uns, dass es bei dieser Seligpreisung nicht einfach um eine Haltung neben vielen anderen handelt, sondern um eine Grundhaltung des Jüngers, um die Haltung dessen, der glaubt, der sich Gott ganz anvertraut, der sich im Glauben ganz fallen lassen kann. Glaube ist für ihn Bekehrung, die geradezu einen Subjektwechsel bedeutet. Seine eigene Erfahrung andeutend, sagt er dazu: „Das Ich geht nicht einfach unter, aber es muss sich in der Tat einmal ganz fallen lassen, um sich dann in einem größeren Ich und zusammen mit ihm neu zu empfangen.“[9] Die Grundhaltung des Jüngers ist Eintreten in die Haltung Jesu als des Sohnes und des Friedenskönigs.

Die Freude der Jünger in der Nachfolge Jesu

Wir haben die Seligpreisungen bis jetzt nur in ihrer ersten Dimension betrachtet: als die Situation der Jünger, die in vielfacher Bedrängnis sind und die nach den Weisungen leben und so die Bedrängnisse innerlich annehmen und geistlich bewältigen. Aber wir müssen auch die Freude, die Seligkeit in den Blick nehmen, die Jesus seinen Jüngern in den Seligpreisungen zusagt. Die Seligpreisungen bedeuten eine Umstürzung der weltlichen Maßstäbe, eine „Umwertung der Werte“.[10] Wer in der „Weggemeinschaft mit Jesus“[11] steht, lebt von neuen Maßstäben her. Das heißt aber auch: Von ihm her kommt ihm „Freude in die Drangsal“.[12] Im Blick auf die erste Seligpreisung beschreibt Papst Benedikt dies so: „Gerade die weltlich Armen und als verloren Angesehenen sind die wahrhaft Glücklichen, die Gesegneten und dürfen in all ihren Leiden sich freuen und jubeln.“[13] Er zeigt, wie dies beim Apostel Paulus zur „gelebten Erfahrung“ geworden ist. Dieser weiß sich auf den letzten Platz gestellt und macht doch, wie der Papst sagt, die Erfahrung einer „unendlichen Freude“.[14] Was der Völkerapostel erlebt, erfährt jeder wahre Bote Christi: Er steht in der Leidensgeschichte Jesu, aber gerade darin ist für ihn auch der „Glanz der Auferstehung spürbar und schafft eine Freude, ‚eine Seligkeit‘, die größer ist als das Glück, das er vorher auf weltlichen Wegen erfahren haben mochte. Jetzt erst weiß er, was wirklich ‚Glück‘, was wahre ‚Seligkeit‘ ist“.[15]

Diesen Glanz mitten im Leiden sieht Papst Benedikt beim Evangelisten Johannes ausgedrückt, wenn dieser das Kreuz Jesu als Erhöhung, als Verherrlichung beschreibt. Diese Erhöhung ist für ihn der „Akt der Liebe, die bis zum Äußersten Ernst macht und bis ans Ende geht, der Ort der Herrlichkeit – der Ort der eigentlichen Berührung und Einung mit Gott, der die Liebe ist (1 Joh 4,7.16).“[16] Von daher zeigt sich wohl der tiefste Grund der Freude der Seligpreisungen: Der, welcher in hingebender, selbstvergessener Weise mit Christus liebt, erfährt die Einung mit Gott, der die Liebe ist. In Menschen wie Franziskus, die nicht mehr für sich selbst leben, sondern ganz von und aus Christus, erfüllt sich die Seligpreisung: ‚Selig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Himmelreich‘. In ihnen bricht das Reich Gottes schon an, sie leben jetzt schon in einer tiefen inneren Gemeinschaft mit Christus und so in einer ganz tiefen Freude.

Fruchtbarkeit des neuen Lebens in Christus

Dieser innere Weg zur Verähnlichung mit Jesus schenkt der Kirche zugleich neue Fruchtbarkeit, neues Leben. So sagt Papst Benedikt in diesem Zusammenhang: „Die Bergpredigt ist als solche kein Sozialprogramm, das ist wahr. Aber nur wo die große Orientierung, die sie uns gibt, in der Gesinnung und im Tun lebendig bleibt, nur wo vom Glauben die Kraft des Verzichts und der Verantwortung für den Nächsten wie für das Ganze kommt, kann auch soziale Gerechtigkeit wachsen. Und die Kirche muss sich bewusst bleiben, dass sie als die Gemeinschaft der Armen Gottes erkennbar bleiben muss. Wie das Alte Testament sich auf die Er-Neuerung zum Neuen Bund von den Armen Gottes her geöffnet hat, so kann auch jede Erneuerung der Kirche immer nur von denen ausgehen, in denen die gleiche entschiedene Demut und dienstbereite Güte lebt.“[17] Kirche als die Gemeinschaft der Armen Gottes – ein Wort von Papst Benedikt, nicht, wie wir vielleicht eher vermuten würden, von Papst Franziskus!


[1] Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., Jesus von Nazareth. Erster Teil: Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung, Freiburg-Basel-Wien 2006, I, 104-109 (im Folgenden: I).
[2] I, 106.
[3] I, 108f.
[4] I, 109.
[5] I, 110.
[6] I, 110.
[7] I, 110-112.
[8] Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., Jesus von Nazareth. Zweiter Teil: Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung, Freiburg-Basel-Wien 2010, 18-22 (im Folgenden: II).
[9] Joseph Ratzinger, Wesen und Auftrag der Theologie, Einsiedeln 1993, 44.
[10] I, 101.
[11] I, 101.
[12] I, 101.
[13] I, 101.
[14] I, 103.
[15] I, 102f.
[16] I, 103.
[17] I, 107.

Rückblick auf den Eucharistischen Kongress in Köln

Sternstunde der Kirche in Deutschland

Vom Eucharistischen Kongress in Köln ging ein starkes Signal aus. Die Veranstaltung war mehr als ein buntes religiöses Fest, sie zeigte eine einzigartige Konzentration auf den Glauben an die wahrhaftige Gegenwart Jesu Christi in der heiligen Eucharistie. Blickt man auf die vergangenen Jahrzehnte im deutschen Katholizismus zurück, mutet das einhellige Zeugnis von Köln wie ein Wunder an. Am Horizont ist ein Licht aufgestrahlt, das die Überwindung des nachkonziliaren Modernismus ankündigt. Die fünf Tage vom 5. bis 9. Juni 2013 werden als Meilenstein in die Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland eingehen. Die Erfahrungen eines tiefen und frohen Glaubens, in Harmonie zwischen Gläubigen und Hirten erlebt, weisen der Neuevangelisierung den Weg.

Interview mit Weihbischof Dominikus Schwaderlapp, Köln

Kirche heute: Hochwürdigster Herr Weihbischof, in diesen Tagen ist der Nationale Eucharistische Kongress in Köln zu Ende gegangen. Haben sich die Erwartungen, welche die Kirche im Jahr des Glaubens in dieses Ereignis gesetzt hat, erfüllt?

WB Schwaderlapp: Meine Erwartungen in den Eucharistischen Kongress haben sich mehr als erfüllt. Es war tatsächlich ein großes Fest des Glaubens. Tausende von Pilgern sind gekommen, um sich dem zuzuwenden, der die Mitte unseres Glaubens ist: Jesus Christus, der in der Gestalt des Brotes mitten unter uns ist. Ich bin noch ganz erfüllt von diesen Tagen und allen dankbar, die dazu beigetragen haben, dass diese Tage gelungen sind.

Kirche heute: Im Vorfeld war die Rede davon, dass 40.000 Teilnehmer erwartet werden. Wie viele Gläubige sind letztlich zum Kongress gekommen?

WB Schwaderlapp: Es waren über 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dort. Doch viel wichtiger als die absoluten Zahlen sind die Menschen, die sich dahinter verbergen. Es hat mich sehr gerührt, Menschen getroffen zu haben, die in diesen Tagen Christus wieder gefunden haben. Es gab regelrechte Bekehrungserlebnisse.

Kirche heute: Wurde die Veranstaltung auch von jungen Menschen angenommen?

WB Schwaderlapp: Es war eines der wunderbaren Erlebnisse dieser Tage, dass alle Generationen vertreten waren, auch viele junge Menschen. Deutlich wurde das am Tag für die Schülerinnen und Schüler. Etwa 6200 der Klassen 9 waren aus ganz Deutschland gekommen. Ein besonderes Erlebnis war das Jugendfestival von Freitag bis Sonntag. Über 900 junge Menschen versammelten sich in der Nacht zu Anbetung und anschließender Sakramentsprozession in der Kirche St. Maria im Kapitol. Am Samstagmorgen hatte ich in unserem Jugendzentrum Crux eine Jugendkatechese zu halten. Ich rechnete mit etwa 100 Jugendlichen. Es kamen 600! Sie hörten aufmerksam zu, stellten kluge Fragen und feierten andächtig die hl. Messe mit. Gegenseitig konnten wir uns im Glauben stärken. Hier könnte ich ins Schwärmen geraten. Insgesamt gab es über 2000 Teilnehmer am Jugendfestival.

Kirche heute: Was waren die herausragenden Momente des Glaubensfestes?

WB Schwaderlapp: Auf diese Frage kann ich nur aus meiner persönlichen Perspektive heraus antworten. Ein Höhepunkt für mich war die stille Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes in St. Mariä Himmelfahrt, die von Mitgliedern der Familie Mariens gewährleistet wurde. Die Kirche war atemberaubend schön mit Blumen und Kerzen geschmückt. Schon allein dieser Schmuck war ein beeindruckendes Zeugnis des Glaubens an die heilige Eucharistie. Für mich persönlich waren die Zeiten der Anbetung dort eines der größten Geschenke dieser Tage. Ich denke aber auch an die Eröffnungsmesse mit der anschließenden Sakramentsprozession zum Dom, an die Nightfever-Gottesdienste und die eucharistische Anbetung dort. Ein Höhepunkt war sicher auch die Lichtinstallation „Lux Eucharistica“ im Dom. Dabei ging es nicht einfach um ein künstlerisches Spektakel, sondern um eine Hinführung zur Eucharistie. Musik und Gebetstexte führten in die Ruhe und die Begegnung mit Christus.

Kirche heute: Welches Echo gibt es von Seiten der Bischöfe? Wie hat Joachim Kardinal Meisner den Eucharistischen Kongress empfunden?

WB Schwaderlapp: Von Seiten der Bischöfe habe ich sehr viele positive Rückmeldungen bekommen. Den Organisatoren wurde Respekt gezollt und viele, nicht zuletzt unser Erzbischof, erlebten diese Tage auch als große Ermutigung für ihren eigenen Glauben.

Kirche heute: Wie wurde das Großereignis von der Öffentlichkeit aufgenommen?

WB Schwaderlapp: Die regionalen Medien haben – in aller Regel – gut und ausführlich über das Ereignis berichtet. Es kam „rüber“, dass es ein großes Fest des Glaubens war. Allerdings habe ich die Berichterstattung in den überregionalen Medien vermisst. Angesichts der Tatsache, dass viele Belanglosigkeiten an prominenter Stelle in Nachrichtensendungen berichtet werden, war die Berichterstattung in den großen öffentlich-rechtlichen Sendern mehr als dürftig. 

Kirche heute: Im ZDF hieß es zum Auftakt des Kongresses: „Die Demonstration althergebrachter Volksfrömmigkeit dürfte nach Ansicht von Beobachtern eher konservativ orientierte Katholiken ansprechen. Kardinal Meisner schrieb im Vorwort des Programms, Sinn des Kongresses sei es, Jesus anzubeten.“ Was würden Sie dazu im Rückblick sagen?

WB Schwaderlapp: Konservativ und progressiv sind für mich keine hilfreichen Kategorien. Durch den Kongress wurden viele Menschen angesprochen jenseits dieser „Schubladen“. Ich habe mit Menschen gesprochen, die auf der Suche sind und sich von der Begegnung mit Christus in der Eucharistie haben ansprechen lassen. Viele bekundeten mir, dass sie gestärkt in den Alltag zurückkehren und einen neuen Zugang zur hl. Eucharistie gefunden haben. Wer mit offenem Herzen in diese Tage gegangen ist, der wurde beschenkt. Wer sein Herz dafür verschlossen hat, der hat etwas verpasst.

Kirche heute: Welche Bedeutung hat das Glaubensfest für die Zukunft der Kirche in unserem Land? Werden von diesem Kongress Impulse für das Leben in unseren Pfarreien ausgehen?

WB Schwaderlapp: Ich hoffe sehr, dass von diesem Kongress Impulse für das Leben der Kirche in Deutschland ausgehen. Wenn wir wieder entdecken, dass die hl. Eucharistie der Schatz der Kirche ist, aus dem wir leben und der uns in die Zukunft führt, dann werden wir alle Herausforderungen der Gegenwart bewältigen. Denn dann wird uns deutlich: Die Kirche lebt nicht aus menschlicher Kraft und Planung, sondern allein vom Herrn, der in ihr insbesondere durch die hl. Eucharistie bleibend gegenwärtig ist. Unser Erzbischof ermunterte in seiner Predigt bei der Abschlussmesse, in den Pfarreien und Gemeinschaften wöchentlich eine Zeit der eucharistischen Anbetung zu halten. Überall, wo dies geschieht, wird sich das segensreich auswirken, davon bin ich überzeugt.

Kirche heute: Worin bestand der Hauptakzent im Blick auf das Sakrament der hl. Eucharistie?

WB Schwaderlapp: In den Tagen des Eucharistischen Kongresses wurde das Geheimnis der Eucharistie von vielen Seiten beleuchtet. In theologischen Foren wurden dogmatische und liturgische Aspekte der hl. Eucharistie bedacht. In den Museen gab es Sonderausstellungen, die aus künstlerischer Perspektive die hl. Eucharistie beleuchteten. Hauptakzent war aber die direkte Begegnung mit Jesus Christus im Altarsakrament, sowohl in der hl. Messe als auch in der eucharistischen Anbetung.

Kirche heute: Wie würden Sie die gesamte Initiative im Nachhinein bewerten? Wurde die Chance, die mit dem angebotenen Programm verbunden war, im Blick auf die uns aufgegebene Neuevangelisierung genützt?

WB Schwaderlapp: Ich bin unserem Erzbischof Kardinal Meisner sehr dankbar, dass er die Initiative zum Eucharistischen Kongress ergriffen hat, und dass die Deutsche Bischofskonferenz diese Initiative so positiv aufgenommen hat. Der Eucharistische Kongress führte uns zum Mittelpunkt unseres Glaubens, und damit in die Tiefe. Neuevangelisierung bedeutet, die Menschen mit Christus in Berührung zu bringen, ihnen eine Brücke zu Gott zu bauen. Das kann uns nur gelingen, wenn wir selbst in Jesus Christus verwurzelt sind, und wie kann dies besser geschehen als in der hl. Eucharistie. Die hl. Eucharistie ist die Quelle lebendiger Neuevangelisierung. Ich wünsche mir, dass dieser Zusammenhang immer tiefer in das Bewusstsein von uns katholischen Christen eindringt, damit wir eine neue apostolische Dynamik gewinnen.

Kirche heute: War der Kongress eine angemessene Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit? Sollte die katholische Kirche solche Feiern des Glaubens vermehrt anbieten?

WB Schwaderlapp: Der Kongress hatte niemals den Anspruch, alle Probleme und Herausforderungen unserer Zeit zu lösen. Aber er hat uns eine Perspektive eröffnet, in der es uns gelingen kann, die Herausforderungen unserer Tage anzunehmen: Mit Christus in der hl. Eucharistie in unserer Mitte brauchen wir niemanden und nichts zu fürchten, haben wir immer Grund zu Freude und Zuversicht. Unser Glaube will nicht nur verkündet, sondern auch gefeiert werden. Insofern sind solche Ereignisse wichtiger denn je.

Kirche heute: Herr Weihbischof, wir danken Ihnen von ganzem Herzen für dieses eindrucksvolle Zeugnis und wünschen Ihnen für Ihren Dienst Gottes reichen Segen.

Höhepunkt des christlichen Glaubens

Begegnung mit dem eucharistischen Herrn

Mit dem Eucharistischen Kongress in Köln Anfang Juni wollten die deutschen Bischöfe einen Beitrag zum „Jahr des Glaubens“ leisten. Ihre Botschaft lautet: In der Anbetung Gottes unter der Gestalt des Brotes drückt sich unser christlicher Glaube in Hochform aus. So sagte Kardinal Meisner im Vorfeld, Sinn des Kongresses sei es, Jesus anzubeten. Dr. Veronika Ruf, die an dem Kongress teilgenommen hat, ist Referentin für Neuevangelisierung im „Institut für Neuevangelisierung und Gemeindepastoral“ der Diözese Augsburg. Sie hält u.a. Vorträge in Pfarreien, Pfarreiengemeinschaften und kirchlichen Einrichtungen zur Neubelebung und geistlichen Vertiefung des Glaubens. Hier stellt sie uns den Glauben an die Eucharistie vor, wie er heute vermittelt werden kann.

Von Veronika Ruf

Sakrament – Zeichen der Nähe Gottes

Wer freut sich nicht über ein Geschenk? Es ist Zeichen von Liebe und Wertschätzung. Unter den vielen Geschenken, die Gott uns gibt, ist das größte von allen sein Sohn Jesus Christus. Durch den Heiligen Geist ist er in der Kirche anwesend, wenn sie zusammenkommt, Gottes Wort hört und die Sakramente feiert. Die Kirche ist Gottes zweites Geschenk. In ihr hat der Herr eine Garantie für seine Zuneigung gegeben. So ist die Kirche als ganze Sakrament, das heißt wirksames Zeichen der Nähe Gottes.

Die einzelnen Sakramente Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Krankensalbung, Weihe und Ehe fließen aus der Kirche hervor wie sieben Ströme aus einer einzigen Quelle. Sie sind Zeichen, die mittels einer fassbaren Materie – wie z.B. Wasser bei der Taufe oder Brot und Wein bei der Eucharistie – und dem gesprochenen Wort Gottes Nähe schenken und sein Heil bewirken. Die Sakramente sind so wichtig, weil sie die normalen und sichersten Kanäle sind, durch die uns Gottes Gnade zufließt und Christus uns begegnet.

Unter allen Sakramenten hat die Eucharistie einen besonderen Platz. Eucharistie heißt „Danksagung“. Die Kirche dankt durch Christus dem Vater für die Schöpfung und Erlösung. Die Eucharistie ist „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 11), weil in ihr Christus auf eine Weise gegenwärtig ist wie sonst nirgendwo. Sie ist der Gipfel des Christseins, denn hier begegnet uns Jesus Christus als Gott und Mensch mit Leib und Blut persönlich und leibhaftig.

Hingabe

Die Lebenshingabe Jesu am Kreuz vor 2000 Jahren wird wieder Wirklichkeit jedes Mal, wenn Eucharistie gefeiert wird. Ja, seine sich am Kreuz verschenkende Liebe und Eucharistie sind ein und dasselbe. Die Kirche bekennt: „Unser Erlöser hat beim Letzten Abendmahl … das eucharistische Opfer seines Leibes und Blutes eingesetzt, um dadurch das Opfer des Kreuzes durch die Zeiten hindurch bis zu seiner Wiederkunft fortdauern zu lassen und so der Kirche … eine Gedächtnisfeier seines Todes und seiner Auferstehung anzuvertrauen“ (Liturgiekonstitution, Nr. 47). Eucharistie ist also das Opfer Jesu, das in unblutiger Weise weitergeht bzw. erneuert wird, damit wir daran teilnehmen können, so als ob wir gerade jetzt mit ihm auf Golgatha stünden.

Das gibt uns die Kraft, auch unser Leben hinzugeben – konkret im Dienst an Menschen, die unsere Hilfe nötig haben. Wenn wir Christus in der Eucharistie finden, dann werden wir ihn auch in den Menschen um uns herum finden. Die selige Mutter Teresa von Kalkutta hat oft erfahren, dass sie die Kraft zur Hingabe an die Ärmsten der Armen aus der Eucharistie schöpfen konnte: „Das eucharistische Opfer ist die geistliche Nahrung, die mich am Leben erhält. Ohne sie könnte ich keinen einzigen Tag, ja keine Stunde meines Lebens überstehen. In der heiligen Eucharistie empfangen wir Christus in der Gestalt des Brotes. In den Slums sehen und berühren wir Christus in den ausgezehrten Leibern und in den im Stich gelassenen Kindern.“

Leibhaftige Gegenwart

Gerade in der Eucharistie ist die Gegenwart Jesu Christi dicht oder real im Sinne von fassbar und leibhaftig. Es ist keine rein geistige oder gar nur symbolische Gegenwart, sondern er ist mit seiner ganzen Person, d.h. auch mit seinem verklärten Leib anwesend. „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt“ (Joh 6,51). Brot und Wein werden wirklich verwandelt in den Leib und das Blut Christi und bleiben es auch. Es ist Jesus Christus – zum Anschauen, zum Anfassen, zum Essen und Trinken. Hier verdichtet und konkretisiert sich die Gegenwart des Herrn bis ins Materielle hinein.

Der Herr ist zwar nicht in seiner natürlichen Erscheinungsweise in der Eucharistie da, d.h. so wie er als Mensch auf dieser Erde gelebt hat, aber doch in seinem Wesen, d.h. in dem, was ihn in seiner Person ausmacht. Die äußeren Erscheinungsweisen von Brot und Wein bleiben auch nach der Wandlung in Leib und Blut Christi erhalten, dennoch ist die innere Wirklichkeit der Eucharistie Jesus Christus selbst.

Diese Wahrheit übersteigt bei weitem das menschliche Fassungsvermögen. Allein dem Glauben ist dies zugänglich. „Sich vor das hinzustellen, was aussieht wie Brot, und zu sagen: es ist Gott, das ist reiner Glaube“ (Charles de Foucauld).

Gemeinschaft

Letztlich ist das Ziel dieses Sakraments die Gemeinschaft mit Jesus Christus. Er ist nicht gekommen, um irgendeine Lehre zu bringen, sondern sich selbst. Er möchte sich von uns nicht nur berühren, sondern sogar essen und trinken lassen, um wirklich in uns sein zu können. So ist Eucharistie letztlich auf Kommunion ausgerichtet, d.h. auf Mahlgemeinschaft mit ihm. In dieser Begegnung mit Jesus werden wir mit ihm vereint, im Glauben gestärkt, von Schuld befreit, im Leben geheiligt und zum Vater geführt, um für immer bei ihm zu leben. Diese Gemeinschaft soll in der Tat ewig fortbestehen. Der Kirchenvater Ignatius von Antiochien nannte die Eucharistie „Medizin der Unsterblichkeit“ und „Gegengift gegen den Tod.“ Diese Einigung und Heiligung geschieht natürlich nicht auf einmal. Sie erneuert und vertieft sich bei jeder Feier der Eucharistie. Darum ist die regelmäßige Teilnahme an der Eucharistie so wichtig.

Begegnung erschöpft sich nicht in der Begegnung des Herrn mit dem einzelnen. Eucharistie ist immer auf die Gemeinschaft der Kirche angewiesen und auf sie ausgerichtet. Durch die Eucharistie verwirklicht sich die Kirche, weil sie dadurch immer mehr zu dem zusammenwächst, was sie an sich schon ist: Leib Christi. So hat der Empfang des Leibes und Blutes Christi als Ziel nicht nur das Einswerden mit Jesus Christus, sondern auch die Gemeinschaft mit allen, die an ihn glauben. Weil Eucharistie eine Ewigkeitsdimension hat, sind daran auch alle beteiligt, die je in ihrem Leben zu Christus gehört haben und noch zu ihm gehören werden. Sie ist Gemeinschaft mit der Gemeinschaft der Heiligen.

Ein Geschenk erfüllt nur dann seinen Zweck, wenn es auch angenommen wird. Die Gegenwart des Herrn in der Eucharistie als Geschenk annehmen heißt, sich bewusst für seine Liebe zu öffnen und mit ihm eins zu werden. Seine Verheißung gilt für alle: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm“ (Joh 6,56).

Kulturkampf im 21. Jahrhundert

Sexualkundestopp in Kroatien

Das kroatische Verfassungsgericht hat nach Angaben der Katholischen Nachrichten-Agentur den Sexualkundeunterricht an Schulen für unzulässig erklärt. Wie örtliche Medien berichten, setzten die Richter Mitte Mai den seit Februar geltenden Lehrplan im Fach Gesundheitskunde außer Kraft. Der Lehrplan für den Sexualkundeunterricht trage dem Recht der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder nicht ausreichend Rechnung, heißt es in der Urteilsbegründung. Der Staat müsse die Inhalte überarbeiten. Gegen den Unterricht hatten sich vor allem die Bischöfe entschieden zur Wehr gesetzt.

Von Weihbischof Andreas Laun, Salzburg

Wie eine Pest hat sich die so genannte, schön geredete „Sexualerziehung“ fast über die ganze Welt ausgebreitet, mit schlechten Argumenten, mit Geld und Gewalt vorangetrieben! Sie ist, wie könnte es anders sein, mit der Gender-Ideologie, mit der Homosexuellen-Lobby, der Abtreibungs-Industrie und mit – allgemein gesprochen – der Ideologie der so genannten „sexuellen Revolution“ vernetzt. Sie ist die politische Umsetzung dieser Ideologien in die Pädagogik, sie ist ein Griff des Teufels in die Seelen der Kinder! Ungerechte, zu scharfe Verurteilung? Nein! Natürlich, die Befürworter dieser Programme sind nicht so dumm, nur Schlechtes auf den Lehrplan zu setzen. Aber eine vergiftete Speise wird nicht genießbar dadurch, dass man auch gute Beigaben zusetzt! Wahr ist: In den Hexenkessel der Sexualerziehung haben die Verantwortlichen alles hineingemischt, was gegen die Ordnung der Schöpfung ist und zu vielen Handlungen, die Sünde sind, führt. Die Kinder nötigt man, dieses scheußliche Gebräu zu essen! Es ist Heuchelei, sich über den Missbrauch von Kindern zu empören, wenn man gleichzeitig diese „Sexualerziehung“ betreibt, auch sie ist Kindesmissbrauch! Denn sie zerstört nachhaltig eines der kostbarsten Geschenke Gottes an den Menschen: die Fähigkeit zur ehelichen Liebe, zur Treue, zur Möglichkeit, Vater und Mutter zu werden – und das mit Freude und Dankbarkeit, nicht als Last, die man tunlichst verhüten sollte!

Sexualerziehung, wie sie heute vielerorts läuft, ist ein Werk des Teufels und das kann nur derjenige leugnen, der sich von Gott und auch von seinem natürlichen Empfinden wie von seinem Verstand längst verabschiedet hat oder, im günstigsten Fall, keine Ahnung hat, was da vor sich geht! Wer sich informieren will, möge die Arbeit von Gabriele Kuby „Die sexuelle Revolution“ lesen, welche dieses harte Urteil belegt! Er wird lesen und sich immer wieder sagen: „Das kann doch nicht wahr sein“, aber er sollte sich der Realität beugen: Es einfach „nicht glauben wollen“ ist der erste Schritt ins große Vertuschen, das man beklagt bei Anderen, selbst aber übt!

Die Sexualerziehung in den Schulen ist auch deswegen falsch, weil sie sich nicht auf Biologie beschränkt, was wünschenswert wäre, sondern sich ins Intimleben der Kinder massiv einmischt und damit ein fundamentales Elternrecht wegnimmt – und dies mit Methoden, die man nur aus totalitären Staaten kennt!

Positiv ist, dass sich gegen diese ideologische Front der Kinderverführung Widerstand zu regen beginnt: Die Kroaten, allen voran ihre Bischöfe, haben die, übrigens von Homosexuellen entworfenen, „Sexualerziehung-Programme“ gestoppt, Litauen beginnt sich gegen die liberalen Abtreibungsgesetze zu wehren, in Frankreich gehen tausende Franzosen auf die Straße, um gegen Homoehe und Adoption von Kindern durch Homosexuelle zu protestieren, und in Norwegen hat ein Kabarettist die Lächerlichkeit der Gender-Ideologie so treffend geoutet, dass die Regierung von ihr abgerückt ist. Auch in Russland kommt Widerstand in Bewegung, indem man Ländern mit Adoptionsrecht von Homosexuellen keine russischen Kinder zur Adoption überlassen will!

Die Entwicklung wird weitergehen! Der Kampf ist zwar noch nicht zu Ende, aber es gibt auch keinen Grund zu glauben, die „Anderen“ hätten gesiegt und jetzt könne man nichts mehr machen! Ein Vorteil ist: So wünschenswert es ist, aber man muss nicht erst Christ werden, um die Lügen und Irrtümer der die Sexualerziehung speisenden Ideologien zu durchschauen, es genügt bereits die Vernunft und das Gesetz, das Gott jedem Menschen ins Herz geschrieben hat! So wie es nicht nötig ist, ein Doktorat zu haben, um zu verstehen, dass nicht artgerecht gehaltene Tiere krank werden, so auch hier: Es ist leicht zu verstehen: Wer wirklich durch die heutige Sexualerziehung vergiftet ist und nicht immunisiert wurde – durch etwas, durch seine Eltern oder die Kirche – wird kein glücklicher Vater, keine glückliche Mutter, keine glückliche Gattin oder Gatte werden können! Unsere Hilfe ist der „Name des Herrn“, aber auch die Erfahrung: Die Wahrheit kann eine Zeit lang untergehen, aber sie ertrinkt nicht! Gott sei Dank!

Kinderschuhe auf dem Hauptmarkt

Kundgebung in Trier

Das Tabuthema Abtreibung wurde am 15. Juni 2013 in Trier durch eine ergreifende Kundgebung in den Blick der Öffentlichkeit gerückt: Mit 650 Paar Kinderschuhen auf dem Trierer Hauptmarkt machte der Verein „Durchblick e.V.“, das „Trierer Bündnis für Lebensrecht und Menschenwürde“ und die „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA), Regionalverband Trier, auf die Abtreibungszahlen in Rheinland-Pfalz aufmerksam. Thomas Schührer, der Vorsitzende des „Durchblick e.V.“, berichtet von der Aktion.

Von Thomas Schührer

Nach der offiziellen Statistik wurden in Rheinland-Pfalz 2012 jeden Monat 325 Abtreibungen vorgenommen. Durch die Dunkelziffer erhöht sich die Zahl auf das Doppelte. Darauf machten wir am 15. Juni 2013 mit 650 Paar Kinderschuhen auf dem Trierer Hauptmarkt aufmerksam. So viele Kinderschuhe müssen jeden Monat leer bleiben, weil die Kinder, die sie tragen sollten, gar nicht zur Welt kommen dürfen. Wir wollen niemanden anklagen, schon gar nicht Frauen, die sich in einer Konfliktsituation gegen ihr Kind entschieden haben. Aber eine sachliche Diskussion kann man nur führen, wenn man die Fakten kennt. Deswegen machen wir auf die Tatsache aufmerksam, dass bei jeder Abtreibung ein Mensch getötet wird und betroffene Frauen oft große psychische und körperliche Schäden davontragen.

Für besondere Betroffenheit unter den Zuhörern sorgten die Berichte zweier betroffener Frauen über ihre traumatischen Abtreibungserlebnisse. Die Sängerin Claudia Wellbrock berichtete, dass sie als DDR-Bürgerin eine Abtreibung hatte vornehmen lassen. Niemand habe ihr Schuldgefühle eingeredet, so Wellbrock, sie selbst habe sofort nach dem Eingriff begriffen, welch schweren Fehler sie begangen habe. Erst nach langer Zeit, geprägt von Depressionen, stationärer psychiatrischer Behandlung und einem Suizidversuch, habe sie ihre traumatischen Erfahrungen verarbeiten können. Heute berichtet sie in Schulen von ihren Erlebnissen und warnt vor Abtreibung. Ihre Erfahrungen hat Wellbrock in ergreifenden Liedern verarbeitet. Einige davon trug sie in Trier vor.

Ursula Linsin-Heldrich, die Vorsitzende der Selbsthilfegruppe „Rahel“, trug Gedichte zum Thema vor. Auch sie hatte vor vielen Jahren ihr Kind abtreiben lassen. In der Folge wurde sie alkoholkrank und ihre Ehe ging in die Brüche. „Ich warne alle Mädchen und junge Frauen vor einer Abtreibung, an der ich selbst so sehr gelitten habe“, sagte Linsin-Heldrich. Deshalb helfe sie betroffenen Frauen, die oft allein gelassen würden. Während der Kundgebung war viel Betroffenheit unter den Zuhörern zu spüren. Rund 300 Passanten blieben spontan stehen, um die ergreifende Kulisse zeitweilig zu betrachten und den fesselnden Beiträgen zu folgen.

In der Woche nach der Kundgebung verschickten wir über 20.000 Embryo-Modelle an alle Haushalte in Trier. Das Embryo-Modell zeigt ein ungeborenes Kind im Alter von zehn Wochen. Viele Menschen sind beim Anblick dieser Modelle erstaunt, wie weit ein Kind in dieser Zeit schon entwickelt ist, und beginnen, ihre Sicht zur Abtreibung zu überdenken.

Sorgen eines Bischofs am Amazonas

Gefahr der Sekten in Brasilien

Bei einer Reise nach Lateinamerika besuchte André Stiefenhofer den Bischof von Rio Branco im brasilianischen Bundesstaat Acre, Joaquín Pertíñez Fernández. Im Gespräch äußerte der Oberhirte seine Sorge angesichts des aggressiven Vorgehens zahlreicher Sekten und schilderte deren zum Teil betrügerische Methoden. Der Übergang zu religiösen Gemeinschaften wie evangelikale Freikirchen, welche wirklich den Glauben an Jesus Christus ins Zentrum stellten, sei fließend. Der einzige Weg aus der prekären Lage, in denen sich die einst von der katholischen Kirche missionierten und nun von den Sekten umworbenen Gläubigen befänden, sei eine intensive religiöse Unterweisung.

Von André Stiefenhofer

Sie tragen Namen wie „Versammlung Gottes“, „Universelle Kirche der Herrschaft Gottes“ oder „Gott ist Liebe“. 16.000 religiöse Vereinigungen sind in Brasilien registriert; viele davon muss man als echte „Sekten“ bezeichnen. Sie arbeiten mit unlauteren Methoden, sind mafiöse „Glaubensunternehmen“, denen es nur ums Geld geht. Sicher gibt es auch zahlreiche freikirchliche Gemeinden, bei denen wirklich der Glaube im Mittelpunkt steht. Sie erkennt man daran, dass sie ihr Geld redlich verwalten und in ihre Gemeinderäume, religiösen Unterricht oder soziale Projekte, wie zum Beispiel Drogenvorsorge, stecken. Doch oft ist der Übergang zur Sekte fließend. Bei der großen Mehrzahl dieser „Wölfe im Schafspelz“ werden die Kollekten nach dem Schneeballprinzip von unten nach oben verteilt; die Sektenführer werden dadurch schnell reich und mächtig. Im Juni 2012 besuchte eine Delegation des weltweit tätigen katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ das unwegsame Amazonasgebiet im Nordosten von Brasilien und sprach mit katholischen Bischöfen über dieses beunruhigende Phänomen.

Die Sektentempel haben sich inzwischen bis in das hinterste Dorf verbreitet. Jedes kleine Nest, egal wie klein und abgelegen, hat eine solche Versammlungsstätte – und meist ist er das prächtigste Gebäude am Ort. In den Großstädten sind die Bauten regelrecht bombastisch. Bischof Joaquín Pertíñez Fernández aus Rio Branco im brasilianischen Bundesstaat Acre erklärt sich den gewaltigen Zulauf der Sekten vor allem durch die Wundergläubigkeit der Menschen, aber auch durch den Wunsch nach materiellem Reichtum. „Die Sekten versprechen den Menschen Wunder, Heilung und Wohlstand“, sagt Bischof Fernández. Dabei schrecken sie nicht einmal vor „Taschenspielertricks“ zurück. „Das funktioniert so: Ein unbekannter Fremder wird einer Dorfgemeinde als schwer krank vorgestellt und dann vor aller Augen durch die Gebete des Sektenpredigers geheilt“, erklärt der Bischof. Der Fremde sei dabei ein bezahlter Schauspieler, doch das Spektakel verleite viele Menschen dazu, dem „Heiler“ ihr gesamtes Geld in der Hoffnung auf ein eigenes Wunder zu geben. Wenn das ausbleibe, könne sich der Sektenführer immer noch damit herausreden, dass der Geldbetrag oder das „Gottvertrauen“ der Menschen wohl zu gering gewesen sei. „Die Sekten behaupten: Wenn man zu geizig ist, straft Gott. Und nur, wenn man bezahlt hat, hilft er“, erklärt Bischof Fernández. Falls die Menschen aber tatsächlich alles gegeben haben und nichts geschieht, mangele es eben am Glauben. „Ein echtes Totschlagargument“, sagt der Bischof bitter. Der biblische „Zehnte“ im genauen Wortsinn sei in den Sekten stets direkt an die Gemeindeleitung zu entrichten. Bezahle man diesen Betrag nicht, drohen Fluch und Ausgrenzung aus der Gemeinde. 

Die größeren Sekten haben oft viele Hierarchie-Ebenen, die gemäß dem Schneeballsystem aufgebaut sind: Die einfachen „Dorf-Pastoren“ der Sekten geben ihre Beiträge an überregionale Stellen weiter. Die Obersten der Gemeinden seien oft nicht zu identifizieren. „Das liegt daran, dass die Sektenführer ihr Geld im Ausland horten“, erklärt der Erzbischof von Manaus, Luiz Soares Vieira. Dieses „Schneeballsystem“ führe unter anderem auch dazu, dass die Sekten wie kommerzielle Unternehmen aufgebaut sind. „Die Ausbildung der ‚Pastoren‘ geht im Gegensatz zu der unserer katholischen Priester sehr schnell“, betont der Erzbischof. Es genüge ein Rhetorik-Kurs, Theologie komme in der Ausbildung kaum vor. Die Verkündigung des Evangeliums diene oft nur als „Mittel zum Zweck“, um beispielsweise die Autorität des Sektenführers zu untermauern. Werden Mitglieder krank, wird ihnen nahegelegt, Heilmittel der Sekte zu kaufen. Manchmal seien das nur Stofffetzen, die vom „Pastor“ berührt wurden. „Wird jedoch der Sektenführer selbst krank, geht er ins beste Krankenhaus nach Sao Paulo oder gleich nach Europa“, sagt Erzbischof Vieira. „Unnötig zu sagen, dass die Mitglieder der Gemeinde das nicht mitbekommen.“ Solche offensichtlich betrügerischen Systeme können nur Bestand haben, weil die Bevölkerung einen sehr niedrigen Bildungsstand hat. „Wir Katholiken müssen meist ohnmächtig zuschauen“, gibt Vieira zu, „wir haben die Gegend zwar missioniert, aber die Menschen danach oft allein gelassen.“ Die großen Entfernungen und der Priestermangel hätten eine flächendeckende Seelsorge oft unmöglich gemacht. „Die Sekten haben das ausgenutzt, die christliche Lehre aufgegriffen, pervertiert und zu einem Geschäftsmodell gemacht“, betont der Erzbischof.

Die katholische Kirche ist meist der einzige Gegner der Sekten, die durch Korruption enge Verbindungen mit den örtlichen Politikern pflegen. Sie macht im Gegensatz zu den Sekten keine voreiligen Versprechungen. Sie sagt den Leuten nicht, dass man Gott „kaufen“ kann. Sie verkündet die Liebe Gottes, die selbstbewusst und frei macht. Leider ist der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung in den letzten Jahren gesunken, wohingegen die Sekten Zulauf bekamen. Das liegt wohl auch daran, dass sich die Orden aus Europa, die einst den Glauben brachten, mangels Nachwuchs zunehmend aus Brasilien zurückziehen. Die Ortskirche muss auf eigenen Beinen stehen, doch sie ist arm an Priestern und Geld.

Das wichtigste Mittel im Kampf gegen die Ausbeutung ist Bildung. Hier ist die katholische Kirche weitflächig tätig. Religiös und weltlich gebildete Menschen fallen nicht so leicht auf die Irrlehren und falschen Versprechungen herein. „Wer sich mit dem Wort Gottes auskennt, weiß eben, dass die Praktiken der Sekten nicht zur Liebe und Barmherzigkeit Gottes passen“, erklärt der Bischof von Boa Vista, Roque Paloschi. Ebenso wichtig wie Bildung sei die Präsenz der katholischen Kirche vor Ort. Das geschehe unter anderem durch intensive Radio- und Fernseharbeit – auf diese Weise gelange das Evangelium täglich zu den Menschen. „Es muss aber auch genügend Seelsorger geben und die Priester- und Katechetenausbildung will finanziert sein“, betont Bischof Paloschi. „Die Seelsorger brauchen geeignete Fahrzeuge, um zu den zum Teil sehr abgelegenen Gemeinden zu gelangen.“

Bei alldem setzt die Hilfe von „Kirche in Not“ an. Helfen Sie der Kirche am Amazonas mit ihrer Spende. Damit ermöglichen Sie die Ausbildung und Ausrüstung von Priestern, Ordensleuten und Laien.

 

Spendenkonto/Empfänger:
Kirche in Not, Kontonummer: 215 20 02, BLZ: 750 903 00, LIGA Bank München, IBAN: DE63750903000002152002, BIC: GENODEF1M05, Verwendungszweck: Brasilien.

Kongress „Freude am Glauben“ 2013

„Damit der Glaube neu erstrahlt“

Seit 2001 organisiert das „Forum Deutscher Katholiken“ jedes Jahr den Kongress „Freude am Glauben“. Heuer findet er vom 30. August bis 1. September in der Augsburger Kongresshalle statt. Das Generalthema lautet „Damit der Glaube neu erstrahlt“. Es lehnt sich an Worte Papst Benedikts XVI. in seiner Predigt zum Beginn des „Jahres des Glaubens“ am 11. Oktober 2012 an. Am 50. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils erinnerte er daran, wie er selbst diese Ereignisse miterlebt hatte. Und er sprach von der „bewegenden inneren Spannung“, die während des Konzils herrschte, „angesichts der gemeinsamen Aufgabe, die Wahrheit und die Schönheit des Glaubens im Heute unserer Zeit erstrahlen zu lassen“. Diese Aufgabe griff Benedikt XVI. auch für das „Jahr des Glaubens“ auf, zu dem der Kongress „Freude am Glauben“ einen Beitrag leisten möchte.

Interview mit Hubert Gindert

Kirche heute: Herr Professor Dr. Gindert, Sie können auf eine erfolgreiche Geschichte der Kongresse „Freude am Glauben“ zurückblicken. Wie kam es zu dieser Einrichtung und welche Ziele standen hinter der Initiative?

Gindert: Es waren Vertreter von so genannten Initiativkreisen, aber auch von anderen Gemeinschaften und Einzelpersönlichkeiten, die am 30. September 2000 in Fulda zusammenkamen, um das „Forum Deutscher Katholiken“ zu gründen. Vorausgegangen war im Juni diesen Jahres ein Gespräch mit Erzbischof Johannes Dyba. Es ging am 30. September 2000 nicht darum, einen neuen Verein zu gründen, sondern ein Forum, das allen Katholiken, die eindeutig zur Lehre der Kirche, zum Papst und den mit ihm verbundenen Bischöfen stehen, zu sammeln. Die Kongresse „Freude am Glauben“ dienen diesem Zweck.

Kirche heute: Worin sehen Sie die Bedeutung des Kongresses angesichts der neuen Herausforderungen, denen die Kirche in unseren Tagen gegenübersteht?

Gindert: Wir stehen vor neuen Herausforderungen, wenn die Existenz Gottes infrage gestellt wird, weil damit auch sein Abbild, d.h. die Würde und die Natur des Menschen berührt ist. Mit der Infragestellung Gottes wird der Mensch zum Objekt, dessen Wert sich nach der Nützlichkeit für die Gesellschaft bemisst. Dann wird der Mensch schon vor der Geburt auf seine Brauchbarkeit untersucht und evtl. abgetrieben und bei Alter und Krankheit euthana­siert. Der Unterschied der Geschlechter wird eingeebnet, Ehe wird zur Zweckgemeinschaft. Eine weitere Herausforderung haben wir, wenn Jesus Christus zum bloßen Religionsstifter neben anderen wird. Dann wird auch das, was er durch seine Kirche sagt, als unverbindlich, überflüssig, ja sogar als gesellschaftsschädlich oder menschenfeindlich deklariert.

Es gibt weitere Herausforderungen heute, die keine „religiösen Insiderprobleme“ sind, weil sie auch die säkulare Gesellschaft betreffen. Ich meine neue Abhängigkeiten wie Computer-, Sex-, Spielsucht und neue Drogen. Romano Guardini hat einmal gesagt: „Die Kirche darf die Gesellschaft nicht im Stich lassen.“ Der Kongress stellt sich den Herausforderungen unserer Zeit.

Kirche heute: Heuer ist der Kongress ganz auf das „Jahr des Glaubens“ abgestimmt. Welche Schwerpunkte haben Sie gesetzt?

Gindert: Als gläubige Christen sind wir überzeugt, dass der Glaube eine Antwort auf die Herausforderungen hat. Gerade im „Jahr des Glaubens“ bemühen wir uns auf dem Kongress, „Verständnis und Sprachbarrieren“, die dem Glauben entgegenstehen, zu überwinden. Um bei den oben genannten Beispielen zu bleiben:

P. Karl Wallner OCist spricht auf dem Kongress zum Thema „Gott existiert – zur Gottverges­senheit in Europa“, Gabriele Kuby über „Gender – eine Bedrohung für Familie, Gesellschaft und Kultur“, Birgit Kelle über „Ehe und Familie – der Schlüssel für eine bessere Zukunft“.

Zum „Jahr des Glaubens“ gehören auch Überlegungen, wie wir unseren Glauben besser kennen lernen und weitergeben können. Damit beschäftigt sich ein Podium, das mit einer Religionslehrerin, einem Pfarrer, einem Vertreter von „Nightfever“ und dem Leiter des „Youcat-Zentrums“ besetzt ist. Glaubensinhalte sind in allen Jahrhunderten auch über künstlerische Darstellungen weitergegeben worden. Der Publizist und Regisseur Ingo Langner wird das mit „Kunst als Weg zum Glauben“ verdeutlichen. Papst Franziskus hat bereits in seiner ersten Ansprache vor den Kardinälen angemahnt, dass zum Glauben auch das Bekenntnis gehört. Der frühere Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Werner Münch nimmt das Wort des Papstes auf, wenn er zum Ende des Kongresses über „Den Glauben mutig bekennen!“ spricht.

Der Kongress ist in den vorausgehenden Jahren den Problemen der säkularen Gesellschaft nicht aus dem Weg gegangen. In diesem Jahr geschieht dies mit dem Podiumsgespräch über „Wege aus Abhängigkeit und Sucht – am Beispiel christlicher Modelle“ und mit einem Referat des Sozialethikers Prof. Dr. Lothar Roos zum Thema „Das Hineinstrahlen des Evangeliums in Handel und Wandel der Menschen“.

Kirche heute: Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie die Referenten und mitwirkenden Gemeinschaften ausgewählt?

Gindert: Es geht zunächst um Kompetenz. Die Referenten sollen ja auf die Fragen der Menschen von heute Antworten geben können. Was uns ebenso wichtig wie die Kompetenz ist, sind Loyalität und Treue der Referenten zum Lehramt. Kompetenz und Loyalität zur Kirche gehören zusammen. Unsere Kongressteilnehmer erwarten zu Recht die katholische Stimme und nicht einen mehrstimmigen Chor, aus denen sich jeder das aussuchen kann, was ihm gefällt.

Kirche heute: Wie wurde das Angebot für die Jugend in den vergangenen Jahren angenommen?

Gindert: Zu den Kongressen kommen Jugendliche aus verschiedenen geistlichen Gemeinschaften, aber auch solche, die nicht gebunden sind, die auch nicht zum Weltjugendtag fahren und in die Jahresprogramme der geistlichen Gemeinschaften nicht integriert sind. Diese finden vermehrt zu uns.

Kirche heute: Welche Akzente weist das Jugendprogramm dieses Jahr auf?

Gindert: Das Jugendprogramm muss bunt und vielfältig sein, weil auch die Interessen breit gestreut sind. Das sind einmal die Dauerbrenner wie die Workshops „Liebe und Beziehung“ oder der über „Sexualmoral der Kirche – Spaßbremse oder Revolution?“ oder ein anderer „Was ist Glück?“. Dann haben wir die Fragen zum Glauben, wobei es auch um eine missio­narische Haltung geht, z.B. bei „Glaubst du nur oder evangelisierst du schon?“ Für ältere Jugendliche steht das Podiumsgespräch „Familie werden – Beruf und Berufung finden“ im Programm. Aktuell sind auch Workshops wie „Internet für Fortgeschrittene: Facebook etc.“.

Kirche heute: Welche Impulse für die Weitergabe des Glaubens sind vom diesjährigen Kongress zu erwarten?

Gindert: Der Kongress hat den Namen „Freude am Glauben“. Diese Freude wird vom Kongress in Augsburg ausstrahlen. Die Spaßgesellschaft hat diese Freude bitter nötig. Die Teilnehmer werden eine Menge Informationen über den Glauben bekommen. Aber das reicht nicht. Sie werden auch die Geborgenheit im Glauben erfahren, das Erlebnis der Gemeinschaft und das Empfinden, dass sie nicht einem verlorenen Haufen angehören. Vor allem wird der Kongress dazu beitragen, dass die Teilnehmer die Freundschaft mit Christus und die Liebe zur Kirche erneuern.

Kirche heute: Der Augsburger Diözesanbischof Dr. Konrad Zdarsa wird den Kongress mit einem Pontifikalamt im Dom eröffnen. Welche Unterstützung erfahren Sie durch die Bistümer?

Gindert: Da ist einmal die Präsenz der Bischöfe. Rund ein Drittel der deutschen Bischöfe haben bisher auf den Kongressen als Zelebranten der Gottesdienste oder als Referenten und bei Podiumsgesprächen mitgewirkt. Wir freuen uns auch auf jedem Kongress über die Grußbotschaften von Bischöfen, die uns zugehen. Schließlich bekommen wir auch Unterstützung vom Verband der „Diözesen Deutschlands“ und darüber hinaus von einzelnen Diözesanbischöfen, bei denen die Kongresse stattfinden.

Kirche heute: Was gibt Ihnen die Kraft, sich immer wieder neu an die Arbeit zu machen, uns solche Kongresse vorzubereiten?

Gindert: Als wache Katholiken sehen wir die gewaltigen Herausforderungen, die auf Kirche und Gesellschaft zukommen. Denken wir nur an den Versuch, die Grundzelle der Gesellschaft Ehe und Familie auf die gleiche Stufe wie andere Formen des Zusammenlebens zu stellen, oder an die demografische Zeitbombe. Wir dürfen auch die Krisen im Inneren der Kirche nicht totschweigen, den Massenabfall vom Glauben, der kaum eine Familie unberührt lässt, die erschreckende religiöse Unwissenheit, den offenen Ungehorsam gegenüber dem Lehramt. Wer das sieht und die Kirche und die Menschen liebt, kann nicht gleichgültig wegschauen und untätig bleiben. Ein Wichtiges kommt hinzu: Das Bewusstsein, dass unsere Situation nicht aussichtslos ist. Eine Wende ist möglich! Der Kongress findet in Augsburg statt. Als Petrus Canisius, der zweite Apostel Deutschlands, 1560 nach Augsburg kam, hatte sich die Mehrheit der Bewohner vom katholischen Glauben abgewandt. Als er 1566 von Augsburg wegging, war Augsburg wieder mehrheitlich katholisch geworden. Petrus Canisius hatte in diesen Jahren über sechshundertmal zu den Menschen gesprochen. Können wir bei einem solchen Vorbild die Hände in den Schoß legen?

Kirche heute: Wir danken Ihnen ganz herzlich für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg mit dem Kongress, vor allem eine zahlreiche Teilnahme!

Oberschwaben nach Indien und Burma: „Mama Angela“

„Hier verlor ich mein Herz“

Angela Jacobi gehört zu „Deutschlands starken Frauen“. So urteilt „Bild der Frau“, die größte Frauenzeitschrift des Landes. Vierhundert prominente Gäste aus Politik, Wirtschaft und Showgeschäft lauschten Ende März atemlos ihrer Geschichte, als die tatkräftige, humorvolle Katholikin mit der „Goldenen Bild der Frau“ ausgezeichnet wurde. Die Zeitschrift ehrt mit diesem Preis außergewöhnliche Frauen, die mit „klugem Kopf und ganzem Herzen für hilfsbedürftige Menschen, für Gerechtigkeit und mehr soziales Miteinander kämpfen“.

Mehr als tausend Straßenkindern in Indien und Burma hat die ehemalige Lehrerin und Arzthelferin eine menschenwürdige Zukunft gesichert. Vor einem Millionenpublikum in einer von der ARD übertragenen Gala zur Preisverleihung bekannte die inzwischen als „Mama Angela“ weit herum bekannte Wohltäterin freimütig, dass es ihr katholischer Glaube ist, aus dem heraus sie sich für andere engagiert. Ihrem mitreißenden Auftritt folgten Einladungen in andere Sendungen, etwa von Frank Elstner und Frank Plasberg. Über den Berichten vom Leid der Straßenkinder vergisst sie nie, den Einsatz der Schwestern von Mutter Teresa und der Salesianer Don Boscos zu würdigen. Für „Kirche heute“ schildert Angela Jacobi, wie alles begann.

Von Angela Jacobi

Während einer Indien-Reise im Jahre 2004 besuchten wir die Schwestern von Mutter Teresa in Neu Delhi und haben den Norden Indiens bereist. Überall sahen wir die Bettler, die kranken Menschen und die vielen Kinder auf der Straße. Die Augen der Kinder ließen uns nicht mehr los – traurig, hoffnungslos und schon viel zu alt, nach all dem, was sie sehen und erleben mussten in ihrem kleinen Leben. Wir suchten nach einer Möglichkeit, diesen Kindern ein wenig zu helfen, nach dem Motto von Mutter Teresa: „Wenn es nur einem Kind auf dieser Welt besser geht, dann ist das schon eine bessere Welt.“ Doch die Vereine und Organisationen, die dort tätig waren, strahlten nicht den Geist aus, den wir suchten.

So entschloss ich mich, selbst nach Kalkutta zu fliegen, ermutigt durch eine Begegnung mit Schwester Anand MC, die heute 92-jährig in Essen lebt und jeden Tag mindestens fünf Stunden Briefe an die leidenden und kranken Mitarbeiter der „Missionarinnen der Nächstenliebe“ schreibt. Dort begegnete ich nicht nur Mutter Teresa, für die Schwester Anand mir einen Brief mitgegeben hatte, sondern kam auch in das Don Bosco Ashalayam im Stadtteil Howrah und damit begann unser neues Leben – am Karfreitag 1997.

Die Kinder konnten nicht verstehen, warum ich als verheiratete Frau keine Kinder habe, ein trauriges Schicksal für eine indische Ehefrau. Am Gründonnerstag hatte mich Mutter Teresa noch getröstet und mir gesagt: „Sei nicht traurig, Angela, du hast so viele Kinder hier.“ Was sie damit meinte, wusste ich am Ostersonntag.

Nach der Ostermesse im Mutterhaus machte ich mich auf den Weg zu den Kindern im Ashalayam, ich wollte mit ihnen Ostern feiern. Am Tor wartete schon Probhat, heute Doktor der Psychologie und Sozialwissenschaften und bei den Missionarinnen der Nächstenliebe beschäftigt. Ich hatte versprochen, wiederzukommen, und er vertraute darauf, dass ich mein Versprechen hielt. Mit acht Jahren hatte er schon den Vater und schließlich auch die Mutter verloren und landete, verstoßen von seinen Verwandten, auf der Straße. Dort fand ihn ein Salesianer-Pater und nahm ihn mit in sein neues Zuhause, dem Heim der Hoffnung (Ashalayam). Er strahlte mich an und meinte: „Wir haben uns etwas überlegt: Du bist eine Mutter ohne Kinder und wir sind Kinder ohne Mutter. No more problem! Jetzt hast du uns!

So wurde ich zu einer Mutter von 450 Jungen, später kamen 120 Mädchen dazu. Wie ich es Mutter Teresa versprochen hatte, reiste ich jedes Jahr nach Kalkutta, lebte mit meinen Kindern, spielte mit ihnen, lachte mit ihnen und manches Mal weinte ich auch mit ihnen.

Im Jahre 2006, ein Jahr nach dem Weltjugendtag in Köln, zu dem auch zwei meiner Jungen aus dem Ashalayam gekommen waren, traf ich den Erzbischof von Rangun, Charles Maung Bo SDB, in Kalkutta. Sein Bruder Bernard arbeitete ehrenamtlich nach seiner Pensionierung im Ashalayam und betreute die Jugendlichen bei ihrer Berufsausbildung. Ich war gerade aus Assam wiedergekommen, wo ich mich um die Kinder der Teepflückerinnen kümmerte, da kam mir Bernard mit einem Herrn entgegen und meinte: „Angela, darf ich Dich meinem Bruder Charles vorstellen, dem Erzbischof von Rangun? Ich war so erschrocken, dass ich einen Knicks machte und der Erzbischof seinen Bruder lachend fragte: „Ist das in Deutschland üblich? Nach den erschütternden Berichten des Erzbischofs über die Zustände in seinem Land reiste ich spontan von Kalkutta nach Burma (Myanmar), um mir selbst ein Bild zu machen, und sah sehr bald: Auch hier braucht es eine helfende Hand! Waisenkinder, kranke Kinder, Bettlerkinder, ehemalige Kindersoldaten, Kinder, die keine Chance haben, zur Schule zu gehen, weil der Schulweg zu weit ist. Hier verlor ich noch einmal mein Herz und bin froh und glücklich, dass es vier Kammern hat.

Inzwischen war ich viele Male in Burma, mindestens einmal im Jahr, und wir betreuen Kinder, die ohne unsere Unterstützung keine Chance hätten. Besonders die Kinder der Flüchtlinge aus dem Kachin-State im Norden Burmas, in dem viele Christen leben, liegen mir am Herzen. Sie sind oft krank und traumatisiert durch die Vertreibung durch die Regierung, die sich die Kontrolle über Jade-Minen sichern will.

Und so kommt mir ein zweiter Satz von Mutter Teresa in den Sinn: „Wir sind uns bewusst, dass das, was wir tun, nur ein Tropfen im Ozean ist. Aber gäbe es diesen Tropfen nicht, würde er im Ozean fehlen.“

 

Hinter „Mama Angela“ steht die „Dr. Michael und Angela Jacobi Stiftung“, Neue Steige 19, 88273 Fronreute, mjacobi@t-online.de.

Die Botschaften von San Nicolás in Argentinien

Das Umfeld des heutigen Papstes

In San Nicolás, rund 260 km nordöstlich von Buenos Aires, sollen vom 25. September 1983 bis zum 11. Februar 1990 Erscheinungen stattgefunden haben. Begleitet vom zuständigen Ortsbischof wurden die Botschaften, welche die Seherin Gladys Herminia Quiroga de Motta täglich durch die Gottesmutter und monatlich auch durch Jesus empfing, an die Öffentlichkeit weitergegeben. Sie riefen ein gewaltiges Echo hervor. Der Aufruf zu Gebet und Umkehr entfaltete eine solche Wirksamkeit, dass sich bis heute Hunderttausende zu Gottesdiensten und Prozessionen versammeln. Mit kirchlicher Unterstützung wurde ein von der Gottesmutter gewünschtes Heiligtum errichtet. Die Erscheinung habe ihre Echtheit durch ihre „geistlichen Früchte erwiesen“, so der Bischof. So gilt sie aufgrund der zahlreichen bischöflichen Äußerungen als kirchlich anerkannt, obgleich kein offizielles Dekret über die Gewissheit der Übernatürlichkeit der Ereignisse vorliegt. Ein Auszug aus dem Rundbrief „Christ von Morgen“, den Alfons Sarrach im März dieses Jahres veröffentlicht hat.

Von Alfons Sarrach (†)

Die Welt aus der der Papst kommt

Verständlicherweise richtet sich nach der Wahl eines Argentiniers zum Oberhaupt der katholischen Kirche das Interesse auf sein Umfeld, in dem er bisher gelebt hat und von dem er geprägt wurde. In den Jahren von 1983 bis 1990 will in San Nicolás de los Arroyos eine Frau, Gladys Herminia Quiroga, Jahrgang 1937, Visionen der Gottesmutter gehabt haben. Die Mutter des Herrn soll in einer Botschaft gesagt haben, „die Menschheit steht vor dramatischen Augenblicken“, die Welt „ist in großer Gefahr“. Aber was wie ein Sieg des Bösen aussehe, werde sich bald ins Gegenteil verkehren.

Wie der zuständige Bischof, Mario Luis Bautista Maulion, erklärte, sei diese Botschaft anerkannt. Die Vorgänge im Jahre 1990 abgeschlossen. Sollten es neue geben, müssten sie von der Kirche geprüft werden. „Der Inhalt dieser Botschaften ist sehr spirituell“, so der Bischof. „Es ist ein Aufruf zur Umkehr, zum Gebet und zur Hoffnung in einer hoffnungslosen Welt. Die Weihe an die Gottesmutter führt zu einem heiligen Leben, was ja das Ziel der Taufe überhaupt ist. Es ist eine Antwort auf die Säkularisierung und den Materialismus unserer Zeit“.

In Sorge um ihre Kinder

Die jetzigen bischöflichen Aussagen stützen sich auf die Haltung des früheren Bischofs, Domingo Castagna. Dieser gab seinerzeit den Bau eines Gotteshauses bekannt, um Raum zu schaffen für die immer größeren Massen von Gläubigen, die den Ort der Erscheinungen kennenlernen wollten. Zusammen mit dem Erzbischof, Jorge Lopez Rosario, gaben sie ihre Stellungnahme bekannt, die kaum Zweifel zuließ, das beide Oberhirten überzeugt waren, dass sich „Gott durch die Allerseligste Jungfrau“ offenbare. Im Laufe der Jahre zählte man mindestens neunzig Besuche des Heiligtums durch Kardinäle, Bischöfe und Weihbischöfe.

Die Erklärung des jetzigen zuständigen Oberhirten Maulion war eine Reaktion auf eine Anfrage des amerikanischen Internetdienstes „Spirit Daily“. In der es u.a. heißt, „der wichtigste Aspekt dieser Erscheinungen sind die geistlichen Früchte, das sind Gebet, Bekehrungen und andere übernatürliche Manifestationen unserer Lieben Frau, die gekommen ist in Sorge um ihre Kinder, und diese empfangen viele Gnaden. Ich bin überzeugt, dass hier seit Beginn der Erscheinungen viele geistliche Früchte zu bemerken waren, etwa ein Wachstum im Glauben, was der Kirche die Möglichkeit gibt, diese bei der Betreuung der Gläubigen zu nutzen. Wenn die Frucht gut ist, ist der Baum gut. Über diese Erscheinungen hat die Selige Jungfrau vielen Menschen viele Gnaden vermittelt.“

Jede Sünde bedarf der Umkehr

Auf die Frage, ob es Sonnenphänomene oder andere Zeichen gegeben hat, sagte der Bischof, dass es so viele Heilungen, Bekehrungen und Wunder gegeben habe, dass man sie gar nicht alle untersuchen konnte. Die Zeugnisse von Gläubigen und Pilgern wären beeindruckend. Sie beziehen sich vor allem auf die von der Gottesmutter vermittelten Gnaden.“

San Nicolás liegt etwa 145 Meilen nördlich von Buenos Aires.

Nach einer Prophezeiung befragt, die sich auf die Sünde bezieht und ein kommendes Strafgericht, meinte der Oberhirte: „Jede Sünde bedarf der Umkehr und Reinigung. Vor allem in dieser unserer Zeit, in der die Werte durch die Welt sich verändern. So scheint es folgerichtig zu sein: Umkehr durch Leiden auf der lokalen, der persönlichen und der nationalen Ebene. Strafgericht und Prüfungen bringen Umkehr. Es ist göttliche Intervention, die hier durch die Mutter des Herrn sichtbar wird. Von mütterlicher Liebe erfüllt, erkennen wir die Hoffnung für jene, die um ihre Fürbitte als Mutter der immerwährenden Hilfe gebetet haben.“

Nicht mehr Mittelpunkt

Die Botschaften von San Nicolás zeigen Parallelen zu zwei anderen Stätten in Lateinamerika: Betania in Venezuela und Cuapa in Nicaragua. Beide wurden offiziell von der Kirche anerkannt. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden mystische Ereignisse vor allem in Europa bekannt, aber Europa ist nicht mehr der Mittelpunkt der Welt – und wird es immer weniger. Darauf will der Himmel wohl aufmerksam machen.

Zum Tod von Alfons Sarrach

„Die wahre Macht ist das Dienen“

Am 6. Juni 2013 ist der bekannte Schriftsteller Alfons Sarrach verstorben. Mit seinen Publikationen war er unzähligen Menschen eine kraftvolle und leuchtende Orientierung. Mutig hatte er seine Stimme erhoben, kindlich hatte er sich der Gottesmutter anvertraut und ihren Plänen gedient. In der letzten Ausgabe seines Rundbriefs „Christ von Morgen“ (Juni 2013) schrieb er: „Für Christen darf es nur ein Leitbild geben: Das ist die Liebe. Ein ganzes Leben ist es zu verinnerlichen.“ In Dankbarkeit für die Zusammenarbeit blicken wir kurz auf sein Leben zurück.

Von Werner Schiederer

Opfer des NS-Regimes

Alfons Sarrach, 1927 im damaligen Freistaat Danzig geboren, wuchs in einer deutsch-polnischen Kultur auf. Am 1. September 1939 erlebte er dort den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Zehn Mitglieder der Familie wurden als Gegner des NS-Regimes sofort in ein Konzentrationslager eingeliefert. Einige Monate später erlitt er als Zwölfjähriger mit seiner ganzen Familie dasselbe Schicksal. Nach der Entlassung traf sie die Ausweisung aus der Heimat. Die Erfahrungen von Widerstand und Verfolgung haben sein ganzes späteres Denken geprägt.

Beruflicher Werdegang

Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er Philosophie, Theologie und Psychologie in Rom, Paris, Posen und Warschau. Von 1952 bis 1965 war er im Bildungswesen tätig, zunächst in Polen, ab 1958 in der Bundesrepublik. 1964 nahm er in einer Filmproduktion an Dreharbeiten in Indien (Bombay) teil und 1966 an solchen im Herzen Brasiliens, in den Urwäldern des Mato Grosso. Er besuchte die ostafrikanischen Länder Kenia, Uganda und Tansania kurz nachdem sie unabhängig geworden waren. Später Burma und Thailand. Häufige Besuche führten ihn nach Südindien und ließen ihn zu einem Experten des Subkontinentes werden. 1965 wandte er sich dem Journalismus zu und wurde später leitender politischer Redakteur bei mehreren Tageszeitungen.

Familienleben

Sarrach heiratete die Historikerin Anneliese Hempel. Sie stammte aus Erfurt und konnte ihre Abstammung bis in die Nähe von Martin Luther nachweisen. 1977/78 adoptierte das Ehepaar drei Kinder aus Indien. Sie wollten damit Zeichen für eine multikulturelle Zivilisation setzen.

In seinem Buch „Ich adoptierte Kinder aus Indien“ skizzierte er die Bemühungen, seine indischen Töchter in die westliche Welt zu integrieren.

Der Titel „Weine über Deutschland, mein Kind“ behandelt die Enttäuschungen, die er dabei erleben musste. Gleichzeitig stellt es einen Ruf nach einer Zivilisation dar, die sich auf dem „Prinzip gegenseitiger Wertschätzung“ gründen sollte. 

Schriftstellerische Arbeit

Schon das erste Buch mit dem Titel „Das polnische Experiment“, das 1964 erschienen ist,  zeigte die prophetische Ader von Alfons Sarrach. Er versuchte darin den Westen auf die Dynamik des polnischen Katholizismus aufmerksam zu machen, der 15 Jahre später mit dem Arbeiterführer Lech Walesa und Karol Wojtyla als Papst Johannes Paul II. tatsächlich das Ende des Kommunismus einläutete. Zukunftsweisend waren auch seine zahlreichen Veröffentlichungen über das außerordentliche Wirken der Gottesmutter in unserer Zeit. In dem romanhaften Bericht „Komm Thomas, leg‘ deine Hand in meine Seite“ listete er Beweise für den Aufenthalt des hl. Apostels Thomas in Indien auf und lotete die Bedeutung seiner Missionstätigkeit auch für die heutige Zeit aus.

Der „Jahrhundertskandal“

Schließlich beschäftigte sich Sarrach in dem 2003 erschienenen Buch „Jahrhundertskandal“ mit der einseitigen Bibelkritik. Sie berufe sich auf die Vernunft, forsche aber gegen die Vernunft. Sarrach zeigte auf, dass neueste Forschungsergebnisse und Entdeckungen die Glaubwürdigkeit der Berichte in den Evangelien stützten. Die Bibelkritiker der letzten 200 Jahre hätten Millionen Menschen in geistige Orientierungslosigkeit und Sinnkrisen gestürzt. Erst wenn die Bibel wieder als Wort Gottes ernst genommen werden könne, bilde sie das Fundament für einen tragfähigen Glauben und schenke den Menschen Hoffnung und Zuversicht. Darin besteht eines der entscheidenden Vermächtnisse von Alfons Sarrach an seine Nachwelt.

Ermutigung, einfach zu leben: Franziskus und Klara

Von Dr. Peter Dyckhoff (geb. 1937), dem bekannten Experten für das christliche Ruhegebet, ist im Mai dieses Jahres ein neues Buch erschienen. Sein Beitrag ist mehr als die Vorstellung seiner jüngsten Publikation. Dyckhoff vertieft auf anschauliche Weise das Titelthema „Im Geist des hl. Franziskus“, mit dem der franziskanische Stil des neuen Papstes zum Ausdruck gebracht werden soll. Nach Dyckhoff steckt in der Weisheit des hl. Franziskus eine außergewöhnliche spirituelle Kraft. Sie hilft, die christliche Botschaft im Alltag zu leben. Der Heilige gibt uns ein Lebensmodell, in dem die Lehre Jesu Christi im Mittelpunkt steht.

Von Pfr. Peter Dyckhoff

Als am 13. März 2013 Jorge Mario Kardinal Bergoglio, Erzbischof von Buenos Aires, zum Papst gewählt wurde, wählte er den Namen „Franziskus“. Wer dachte in diesem Augenblick, als der Papst im schlichten weißen Gewand – ohne die hermelinverzierte Mozetta und ohne Brokat-Stola – auf den Balkon trat, nicht sofort an Franziskus, den „Poverello“ aus Assisi? Mir wurde erneut bewusst, dass Einfaches einem Menschen oft mehr gibt, als Aufwändiges.

Als mein Vater 1945 aus der russischen Gefangenschaft zurückkehrte, waren wir glücklich. Um auch mir eine Freude zu machen, errichtete er im Hof zwei Längsbalken, die er oben mit einem Querbalken verband. Hieran befestigte er zwei Seile, deren Enden durch zwei Löcher eines Brettes führten. Unter dem Brett machte er zwei feste Knoten in die Seile, sodass dieses gehalten wurde. Ich schaute ihm staunend zu, da er mir vorher gesagt hatte: „Jetzt baue ich etwas ganz Wunderschönes für dich!“

Die Schaukel war fertig, und Vater gab dem Brett einen gewaltigen Schub… Ich wusste immer noch nicht, was jetzt geschehen sollte. Ohne etwas zu sagen oder zu erklären, schnappte mich mein Vater und setzte mich auf das Brett, hieß mich, an den Seilen rechts und links von mir festzuhalten und gab mir einen Schubs. Zunächst hatte ich entsetzliche Angst, zu fallen, da alles so schnell und gleichzeitig so leicht war. Vaters Stimme beruhigte mich und er gab mir – während ich langsam auspendelte – einige hilfreiche Verhaltensregeln, die ich sofort und gern befolgte, da sie mir Sicherheit gaben.

Vater, der hinter meinem Rücken stand, gab mir einen erneuten, aber kräftigen Anstoß, und ich flog durch die Luft. Vaters Gegenwart und seine freudige Stimme nahmen mir alle Angst und ließen mich meine Leichtigkeit und Freiheit immer jubelnder erfahren. Vater hatte erreicht, was er sich vorgenommen hatte: mir endlich einmal eine „wagemutige Freude“ zu bereiten, und ich erfuhr nach den Schrecken des Krieges, den Nächten in Kellerräumen und Bunkern zum ersten Mal in meinem Leben, was Freiheit ist und wie sie sich anfühlt. Ich konnte nicht genug davon aufnehmen. Ich flog über die hohe Hecke unseres Hofes und konnte in die Gärten der Nachbarn schauen und noch weit darüber hinaus… Welch eine erhebende Freude und Leichtigkeit.

Gott, unser Vater, den wir nicht sehen, der aber existiert, weil er uns ins Leben gerufen hat und uns bewegt, schenkt uns durch seinen Heiligen Geist immer neue Lebensimpulse, Anstöße und Schübe, damit wir das Leben haben, es bestehen und es in Freiheit genießen dürfen. Je weniger wir durch Ballast beschwert sind, umso höher und leichter bewegen wir uns in ganz neuen und entgrenzenden Perspektiven. Bewegt und geführt vom Heiligen Geist, wird unser Leben gelingen.

Stellen wir uns vor, es kämen Verwandte zu Besuch und sehen die Ärmlichkeit der so schlichten, einfachen Schaukel. Sie meinen es gut und legen ein Kissen auf das Brett. Dann nagelt jemand eine Rückenlehne an, es kommen Armstützen hinzu und ein Fußbrett. Damit die Schaukel nicht nass wird, montiert ein anderer einen kleinen Baldachin. Und so verwandelt sich der Sitz der Schaukel allmählich in einen Thron: Rücken- und Armlehnen werden mit brokatenem Stoff überzogen und der Sitz wird zu einem rotsamtenen Sofa. Die herrliche Pracht der Schaukel, die bewundert wird und das Auge fasziniert, hat einen großen Nachteil, den viele vorerst nicht bemerken: Infolge ihrer Beladenheit und Schwere hat die Schaukel an Beweglichkeit und Leichtigkeit verloren, sodass sie mit ihrer ursprünglichen Bestimmung nicht mehr viel gemein hat, da ihr so viel „angehängt“ wurde.

Der wahre und heitere Lebensimpuls des Ursprungs, des Vaters, den er einem jeden von uns durch seinen Heiligen Geist zukommen lassen möchte, wird mehr und mehr durch unser Besserwissen oder durch unsere Sucht nach Ansehen und Macht überlagert und kommt schließlich durch das Belastende zum Stillstand.

Und dann kommt eines Tages ein Mann, der die Nachfolge Christi und die Bergpredigt ernst nimmt: Franziskus, in dem die Güte Gottes auf Erden sichtbar wird.

Er, in dem das Feuer der Liebe Gottes brennt, nimmt all den Ballast von der Schaukel und führt sie in ihren Urzustand der Armut und gleichzeitig der höchsten Beweglichkeit zurück. Franziskus erkennt diese eine Wirklichkeit unter vielen verschleiernden Pseudowirklichkeiten und legt sie in seiner Radikalität der Liebe wieder frei. In der Zeit des Übergangs und der allgemeinen Krise, in der sich religiöse Werte und Lebensformen befinden, deckt er einen klar definierten Weg für uns auf.

Um die Schaukel von allem Ballast zu befreien, distanziert sich Franziskus von vielem, was in Kirche und Gesellschaft selbstverständlich geworden ist. Nur so kann der Zug in die kosmische Weite und die heilsgeschichtliche Universalität wieder erfahrbar werden: indem eine geschwisterliche Verbundenheit mit allen – auch den Behinderten, den am Rande Stehenden und den „Aussätzigen“ – langsam wieder wächst.

In den zwölf Kapiteln der Glaubens- und Lebensregel gibt der Namensgeber unseres Papstes, der heilige Franziskus, uns ein Lebensmodell, in dem die Lehre, das Leben, das Leiden, der Tod und die Auferstehung Jesu Christi den Mittelpunkt bilden. Dieses Lebensmodell will nicht vorschreibendes Gesetz, sondern möchte Evangelium sein – also: ein Schlüssel zum Leben und zum ewigen Leben. Als erste Ordensgründerin folgt Klara von Assisi diesem hohen Ideal des Franziskus:

•                zum Wesen der Einfachheit zurückkehren,

•                mehr Freude am Leben und der gesamten Schöpfung finden,

•                tiefe Ruhe inmitten der Aktivität erleben,

•                inmitten des Vergänglichen das Unvergängliche und damit die                       Liebe Gottes zu einem jeden von uns erfahren und erwidern,

•                Christus näher kommen.

 

Peter Dyckhoff: Franziskus und Klara. Ermutigung, einfach zu leben. Geb., 11,5 x 17 cm, 96 Seiten. ISBN 978-3-9815698-9-6. Direkt bestellen unter Tel. 07303-952331-0, Fax: 07303-952331-5, E-Mail: buch@media-maria.de – Internet: www.media-maria.de

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