Franziskus lobt prophetische Lehre Pauls VI.

Papst bricht Lanze für die Familie

Seine Apostolische Reise nach Sri Lanka und auf die Philippinen vom 12. bis 19. Januar 2015 nützte Papst Franziskus, um seine Sicht der christlichen Familie vor der Weltöffentlichkeit unmissverständlich zu bezeugen. Seine leidenschaftliche Art, mit der er sich zu kinderreichen Familien, zum gemeinsamen Familiengebet sowie zur Lehre der Kirche über Verhütung und verantwortliche Elternschaft bekannte, ließ erkennen, dass er – insbesondere auf dem Hintergrund der Familiensynode im vergangenen Herbst – auf diese „Bühne“ geradezu gewartet hatte. Überrascht stellten die Medien fest, wie er vom vorbereiteten Konzept abwich und seinen Vorgänger Paul VI. zu loben begann. Seit seinem Amtsantritt habe sich Franziskus noch nie so eindeutig hinter die katholische Sexualmoral gestellt wie bei der Begegnung mit den Familien in der Mall of Asia Arena von Manila am Freitag, den 16. Januar 2015. Nachfolgend die wichtigsten Abschnitte seiner Ansprache.

Von Papst Franziskus

Die Kirche in den Philippinen ist gesegnet durch das Apostolat vieler Bewegungen, die sich um die Familie kümmern, und ich danke ihnen für ihr Zeugnis!

Die Heilige Schrift spricht selten vom hl. Josef, doch wenn sie es tut, finden wir ihn oft ruhend, während ein Engel ihm im Traum Gottes Willen offenbart. In dem Evangelienabschnitt, den wir eben gehört haben, treffen wir Josef gleich zweimal ruhend an. Lasst uns darüber nachdenken, was uns der Herr damit sagen will. Es gibt in diesem Abschnitt drei Aspekte, die zu bedenken ich euch bitte. Erstens: ruhen im Herrn; zweitens: mit Jesus und Maria aufstehen; drittens: eine prophetische Stimme sein.

Schafft Raum für das Ruhen in Gott, das Gebet!

Ruhen im Herrn. Die Ruhe ist so notwendig für die Gesundheit unseres Geistes und unseres Leibes und oft so schwer zu erlangen wegen der vielen Anforderungen, die an uns gestellt werden. Aber Ruhe ist auch wesentlich für unsere spirituelle Gesundheit, damit wir Gottes Stimme hören und verstehen können, was er von uns verlangt. Josef war von Gott erwählt, Jesu Pflegevater und Marias Gemahl zu sein. Als Christen seid auch ihr berufen, wie Josef ein Heim für Jesus zu bereiten. Ihr bereitet ihm ein Heim in euren Herzen, euren Familien, euren Pfarreien und euren Gemeinschaften.

Ihr müsst jeden Tag Zeit schaffen, um im Herrn zu ruhen, ja, um zu beten. Gebet ist Ruhen in Gott. Nun könnt ihr einwenden – ich weiß es: Hl. Vater, ich möchte beten, aber es ist so viel Arbeit zu erledigen! Ich muss mich um meine Kinder kümmern, ich habe Pflichten im Haus, ich bin sogar zu müde, um gut zu schlafen. Das stimmt, das mag wahr sein, aber wenn wir nicht beten, werden wir das Wichtigste von allem nicht erkennen: Gottes Willen für uns. Und trotz all unseres Tuns, unserer Betriebsamkeit, werden wir ohne Gebet sehr wenig vollbringen.

In Ruhe zu beten ist besonders wichtig für Familien. Die Familie ist der erste Ort, wo wir beten lernen. Vergesst nicht: Wenn die Familie zusammen betet, bleibt sie zusammen. Das ist wichtig. Dort lernen wir Gott kennen, dort lernen wir zu gläubigen Menschen heranzuwachsen, uns selbst als Glieder einer größeren Familie, der Kirche, zu sehen. In der Familie lernen wir, wie man liebt, wie man vergibt, wie man großherzig und offen ist, nicht verschlossen und selbstsüchtig. Wir lernen, über unsere eigenen Bedürfnisse hinauszugehen, anderen zu begegnen und unser Leben mit ihnen zu teilen. Das ist der Grund, warum es so wichtig ist, als Familie zu beten! So wichtig! Das ist der Grund, warum die Familien so wichtig sind in Gottes Plan für die Kirche! Ruhen im Herrn ist beten. Gemeinsam beten in der Familie.

Nehmt euch vor den zerstörerischen Ideologien von außen in Acht!

Der zweite Aspekt: mit Jesus und Maria aufstehen. Diese kostbaren Momente des Ausruhens, der Ruhe beim Herrn im Gebet, sind Momente, die wir vielleicht gerne verlängern würden. Doch wie der hl. Josef müssen wir, wenn wir die Stimme Gottes vernommen haben, aufstehen und handeln (vgl. Röm 13,11). Der Glaube entfernt uns nicht von der Welt, sondern er zieht uns tiefer in sie hinein. Das ist sehr wichtig! Wir müssen tief in die Welt eindringen, aber mit der Kraft des Gebetes. Jeder von uns hat nämlich eine spezielle Rolle bei der Vorbereitung der Ankunft des Reiches Gottes in unserer Welt.

Das Geschenk der Hl. Familie wurde dem hl. Josef anvertraut, damit er sie voranbringen sollte. Jedem von euch wird der Plan Gottes anvertraut, damit er vorangebracht wird. Der Engel des Herrn offenbarte Josef die Gefahren, die Jesus und Maria bedrohten und sie zwangen, nach Ägypten zu fliehen und sich danach in Nazareth niederzulassen. So fordert Gott in unserer Zeit auch uns auf, die Gefahren zu erkennen, die unsere eigenen Familien bedrohen, und sie vor Schaden zu bewahren.

Passen wir auf, nehmen wir uns in Acht vor den neuen ideologischen Kolonisierungen, die versuchen, die Familie zu zerstören. Sie gehen nicht aus dem Gebet, aus der Begegnung mit Gott hervor, aus dem Auftrag, den Gott uns gibt; sie kommen von außen, und darum sage ich, dass es Kolonisierungen sind. Verlieren wir nicht die Freiheit des Auftrags, den Gott uns gibt, den Auftrag der Familie! Und wie unsere Völker in einem bestimmten Moment ihrer Geschichte zu der Reife gelangten, „nein“ zu sagen zu jeglicher politischer Kolonisierung, so müssen wir als Familie sehr, sehr klug, sehr geschickt, sehr stark sein, um „nein“ zu sagen zu jeglichem Versuch ideologischer Kolonisierung der Familie.

Schützt die Schönheit und die Wahrheit der Familie in Gottes Plan!

Die wirtschaftliche Situation hat dazu geführt, dass Familien aufgrund von Migration und Arbeitsplatzsuche getrennt sind. Die Familie ist außerdem bedroht durch zunehmende Bemühungen einiger, die Institution der Ehe selbst neu zu definieren – durch Relativismus, durch die Kultur der Kurzlebigkeit und durch mangelnde Offenheit für das Leben.

Ich denke an den sel. Paul VI. In einem Moment, in dem sich das Problem des Bevölkerungswachstums stellte, hatte er den Mut, die Offenheit für das Leben in der Familie zu verteidigen. Er wusste um die Schwierigkeiten, die es in jeder Familie gab, und darum war er in seiner Enzyklika sehr barmherzig gegenüber den Sonderfällen. Und er bat die Beichtväter, mit den Sonderfällen sehr barmherzig und verständnisvoll umzugehen. Doch sein Blick reichte darüber hinaus: Er schaute auf die Völker der Erde und sah diese Bedrohung der Zerstörung der Familie durch Kinderlosigkeit. Paul VI. war mutig, er war ein guter Hirte und warnte seine Schafe vor den kommenden Wölfen. Möge er uns heute Abend vom Himmel her segnen!

Unsere Welt braucht gute und starke Familien, um diese Gefahren zu überwinden! Die Philippinen brauchen heilige und liebende Familien, um die Schönheit und die Wahrheit der Familie in Gottes Plan zu schützen und um anderen Familien Unterstützung und Vorbild zu sein. Jede Gefährdung der Familie ist eine Gefährdung der Gesellschaft selbst. Die Zukunft der Menschheit geht – wie der hl. Johannes Paul II. oft betonte – über die Familie (vgl. Familiaris Consortio, 86). Schützt also eure Familien! Seht in ihnen den größten Schatz eures Landes, und nährt sie stets durch das Gebet und die Gnade der Sakramente! Die Familien werden immer ihre Prüfungen haben, aber fügt ihnen nie weitere hinzu! Seid stattdessen lebendige Beispiele von Liebe, Vergebung und Fürsorge. Seid Heiligtümer der Achtung vor dem Leben, indem ihr die Unantastbarkeit jedes menschlichen Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod verkündet. Welch ein Geschenk wäre es für die Gesellschaft, wenn jede christliche Familie ihre edle Berufung ganz und gar leben würde! Steht also auf mit Jesus und Maria, brecht auf und macht euch auf den Weg, den der Herr jedem von euch vorzeichnet.

Tragt Jesus durch das Zeugnis eures Familienlebens in die Welt!

Schließlich erinnert uns das Evangelium an unsere christliche Pflicht, prophetische Stimmen inmitten unserer Gemeinschaften zu sein. Josef hörte auf den Engel des Herrn und kam dem Ruf Gottes, für Jesus und Maria zu sorgen, nach. Auf diese Weise spielte er seine Rolle in Gottes Plan und wurde zum Segen nicht nur für die Hl. Familie, sondern für die gesamte Menschheit. Gemeinsam mit Maria diente Josef dem Jesusknaben als Vorbild, als dieser heranwuchs, seine Weisheit zunahm und er bei Gott und den Menschen Gefallen fand (vgl. Lk 2,52). Wenn Familien Kinder zur Welt bringen, sie im Glauben und in gesunden Werten erziehen und sie lehren, ihren Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, werden sie zum Segen in unserer Welt. Gottes Liebe wird gegenwärtig und wirksam durch die Art, wie wir lieben, und durch die guten Werke, die wir vollbringen. Wir breiten Christi Königreich in dieser Welt aus. Dadurch erfüllen wir die prophetische Sendung, die wir in der Taufe erhalten haben.

Seid bereit, aus euren Häusern herauszugehen und für unsere Brüder und Schwestern zu sorgen, die am meisten in Not sind. Ich bitte euch speziell, euch derer anzunehmen, die keine eigene Familie haben, besonders der älteren Menschen und der elternlosen Kinder. Lasst nie zu, dass sie sich isoliert, allein und verlassen fühlen, sondern helft ihnen zu erkennen, dass Gott sie nicht vergessen hat. Ihr mögt vielleicht selber materiell arm sein, aber ihr habt den Menschen einen Überfluss an Geschenken zu bieten, wenn ihr ihnen Christus und die Gemeinschaft seiner Kirche anbietet. Versteckt euren Glauben nicht, versteckt Jesus nicht, sondern tragt ihn in die Welt und gebt das Zeugnis eures Familienlebens!

Liebe Freunde in Christus, ihr sollt wissen, dass ich immer für die Familien bete. Ich bete, dass der Herr weiter eure Liebe zu ihm vertiefe und dass diese Liebe in eurer Liebe zueinander und zur Kirche offenbar werde. Betet oft und tragt die Früchte eures Gebetes in die Welt, damit alle Jesus Christus und seine barmherzige Liebe kennen lernen. Und bitte, betet auch für mich, denn ich habe eure Gebete wirklich nötig und werde immer von ihnen abhängen! Vielen Dank!

Christa Meves wird 90 Jahre alt

„Wider den Zeitgeist“

Am 4. März 2015 wird Christa Meves – so Gott will – ihren 90. Geburtstag feiern. Bis heute nimmt sie mit frischem Geist und unverwüstlicher seelischer Kraft zu den verschiedensten aktuellen Ereignissen und Entwicklungen des gesellschaftspolitischen Lebens Stellung. Ihr ständig erweitertes Wissen auf den Gebieten Familie, Erziehung und Behandlung von psychischen Leiden, ihre reiche Erfahrung und ihr tiefer christlicher Glaube tragen zu Beurteilungen und Entscheidungen bei, die von einer unbestechlichen Weisheit zeugen. Weihbischof Dr. Andreas Laun geht auf den letzten Rundbrief „Meves-aktuell“ vom 11. Dezember 2014 ein und wirft von da aus einen Blick auf das gesamte Lebenswerk von Christa Meves, mit der er sich in echter Freundschaft verbunden weiß.

Von Weihbischof Andreas Laun

Angesichts der Zuspitzung unserer Situation hier eine kleine Zusammenstellung des Wesentlichen“, schrieb Christa Meves noch kurz vor Weihnachten. Ich habe die Ehre und Freude, Frau Meves schon viele Jahre zu kennen und einer ihrer jüngeren Freunde zu werden! Wenn ich weit zurückdenke, fällt mir auch meine Mutter ein, die viel von ihr las, zu einer Zeit, wo ich noch kein Interesse zeigte, Frau Meves kennen zu lernen. Das hat sich geändert. Heute sehe ich in ihr eine der ganz großen prophetischen Frauen, die Gott uns in diesen tatsächlich immer schwieriger werdenden Zeiten geschenkt hat. Von ganzem Herzen „Gott sei Dank“ für Christa Meves! Diese meine Überzeugung bestätigte auch ein Erlebnis in einer TV-Sendung mit Frau Maischberger: In der Diskussion erwähnte und zitierte ich Frau Meves. Der Mann neben mir fuhr beim Namen Meves wie von der Tarantel gebissen hoch und schleuderte ein ordinäres Wort gegen sie in die Runde! So derb, dass Frau Maischberger nicht anders konnte, als ihn zu rügen! Ich dachte: Das ist wirklich teuflisch, wie er sie hasst, aber das zeigt auf der anderen Seite, dass das Werk von Frau Meves von Gott kommt!

Tatsächlich, jeder, der sie kennt – sei es durch Bücher oder durch einen ihrer Vorträge – weiß, mit welch klarem Verstand sie die anstehenden Probleme der Zeit durchdringt, Irrtümer entlarvt und die Wahrheit sagt. Darum möchte ich unseren Lesern auch die folgenden Punkte ihrer Botschaft vorlegen und bitte sie, nicht zu meinen, was sie sagt, sei maßlos übertrieben. Ich bin überzeugt, es ist höchste Zeit, dass die Menschen merken, dass tatsächlich ein Tsunami des Bösen auf uns zukommt. Frau Meves schreibt:

Der diabolische Plan zur Beherrschung der Welt

A. Die Strategie

Der Gesamtplan zur Weltbeherrschung der Menschen zielt auf die internationale Bemächtigung aller Instanzen, wobei die Seele jedes Einzelnen verderbt werden soll. Es ist der ubiquitäre Plan des Widersachers gegen Gott, den Herrn, ganz direkt. Dabei lässt sich die Handschrift des absolut Bösen – wie bei jedem Angriff in der Geschichte – an bestimmten Kriterien erkennen:

1. an der Verschleierung der Vorgehensweise und dem Vollzug in nicht durchschaubaren Etappenzielen, deren Zusammenhang oberflächlich kaum erkennbar ist;

2. an den durch Korruption gekauften maßgeblichen Akteuren in Politik und Medien;

3. an der raffinierten, scheinlogischen Täuschung der maßgeblichen Intellektuellen mithilfe verwirrender philosophischer Gedankenspiele;

4. an der Verdrehung der Begriffe, und zwar in ihr direktes Gegenteil;

5. an der Verleugnung des Faktenwissens;

6. an der Nutzung der Massenpsychologie (der Schafsnatur des Menschen);

7. an der Ausschaltung Hellhöriger, besonders auch kirchlicher Insider, durch Diskriminierung, Verspottung und – bei starker Wirksamkeit dieser – durch ihre direkte Beseitigung.

B. Die derzeitigen Ziele

Unter der Vorgabe, die Überbevölkerung in der Welt zum Wohl aller einschränken zu wollen, ist allgemein die Minderung von Fortpflanzung vorgesehen:

1. durch Förderung der Massenabtreibung (durch Aufweichen der entsprechenden Gesetze und durch Trends zur Löschung des Unrechtbewusstseins;

2. durch das Hochfahren der Verhütungsindustrie;

3. durch Favorisierung der Perversionen;

4. durch Scheidungserleichterung;

5. durch Minderung der Ehefähigkeit mithilfe feministischer Ansprüche der Frau;

6. durch Genderismus, d.h. durch Verunsicherung der Kinder und Jugendlichen in Bezug auf ihre geschlechtliche Identität;

7. durch Förderung des Jugendsex und damit durch Minderung der physischen Fortpflanzungsfähigkeit der Frau;

8. durch Minderung der Bindungsfähigkeit mithilfe von Frühkollektivierung und damit Minderung von gesunder Familienbildung;

9. durch einen chronischen Geburtenschwund unter das Soll der Staatserhaltung;

10. durch die Entstehung von seelischen und körperlichen Erkrankungen in einer die Wirtschaft tief beeinträchtigenden Zahl.

Was können Christen tun?

Abwehrmöglichkeiten gegen die straff durchgeführte, jetzt bereits weit fortgeschrittene globale Durchführung dieses Plans:

1. durch Information über diese Pläne und über ihre weitreichende Verschleierung;

2. durch die bußfertige Bereitschaft, dem durch Gottvergessenheit entstandenen Sündenfall der Moderne zu begegnen;

3. durch Vernetzung der Christen miteinander;

4. durch Intensivierung des Gemeindelebens;

5. als Notprogramm die Bereitschaft zu überkonfessionellen allgemeingültigen Zusammenschlüssen;

6. durch gegenseitige Stärkung mithilfe Gebetsgemeinschaften, Exerzitien, Wallfahrten;

7. durch gegenseitige Unterstützung der Familien, bes. der Großfamilien, unter Hochachtung der Mütter als Hauptberuf;

8. durch Bemühung um unbekümmerte Haltung von siegesgewissem Gottvertrauen;

9. durch Konzentration auf die Aussagen von Christus in der Heiligen Schrift;

10. durch ein Leben in Christus und der Intensivierung des Gebets.

Persönliches Nachwort

Lieber Leser, es handelt sich nicht um eine abstruse Verschwörungstheorie, wie es deren immer wieder welche gibt! Ich gebe ihnen diesen Text weiter aus zwei Gründen: Alles, was Frau Meves anführt, entspricht weitgehend dem, was ich seit Jahren beobachte und erlebe. Dabei dachte ich, als das Unheil anfing sich zu entwickeln: Sehr schlimm, aber weiter wird es nicht gehen – aber es ging weiter, immer, immer weiter. Zum Beispiel das Töten ungeborener Menschen. Oder: Gender – so eine Verrücktheit werden höchstens Verrückte annehmen! Irrtum, es wird von „gescheiten“ Menschen verbreitet und gelehrt. Oder: Über Euthanasie wird man nach den Erfahrungen im Nationalsozialismus nicht einmal zu reden wagen – Irrtum: Sie wurde in etlichen Ländern bereits eingeführt, in anderen Ländern fordert man sie ein. Oder: Wir haben in Europa seit 1945 und dann 1989 eine, so schien es, unverlierbare Freiheit – Irrtum: Sie geht mehr und mehr, fast täglich verloren: Man zwingt uns bestimmtes Denken auf, man entmündigt die Eltern und man hat ganz unblutige Methoden, diejenigen zu bestrafen, die sich wehren. Und, und, und! Die Liste lässt sich erweitern, man lese die beiden Bücher:

Gabriele Kuby: Die globale sexuelle Revolution – Zerstörung der Freiheit im Namen der Freiheit (€ 19,95) und Vladimir Palko: Die Löwen kommen – Warum Europa und Amerika auf eine neue Tyrannei zusteuern (€ 12,80), zu beziehen auch direkt unter Tel. +49 (0) 756 392 006 beim fe-Medienverlag in Bad Kisslegg.

Der Preis ist Verwüstung und der Tod der Liebe

Es gibt noch einen anderen Grund, warum ich Frau Meves glaube und aus eigener Einsicht recht geben muss: Ich bin ein Nachkriegskind. Irgendwann habe ich begonnen, die Geschichte zu studieren und die Zeugen zu lesen: Wie konnte „damals“ der Teufel an die Macht kommen, demokratisch gewählt? Heute gibt man sich erstaunt und empört – aber zugleich sind zwar die Uniformen von damals verschwunden, aber nicht der Geist, den sie verkleideten. Der Teufel hat seinen Pelz umgefärbt und die Methoden verfeinert, aber er ist geblieben der, der er ist, und er tut alles, um sich zu „globalisieren“!

Was ist die Wurzel all der heraufziehenden und schon etablierten Übel? Der neue Absolutismus des Menschen – nicht die sich absolut verstehende Herrschaft eines Königs, sondern die sich absolut verstehende Herrschaft des Menschen: Kein Gesetz, das höher stünde als sein eigenes Wollen und Können. In allen Gefahren, die Frau Meves auflistet, steckt der Größenwahn der Gottlosigkeit. Wenn Gott nicht existiert, bleibt die Leere der Sinnlosigkeit und das Vakuum, das gefüllt werden „muss“: Der Mensch will sich und die Welt selbst neu erschaffen und gestalten um jeden Preis. Aber der Preis ist Verwüstung und der Tod der Liebe. Übrig bleibt das gequälte Lachen derer, die nichts mehr zum Lachen haben.

Dieser König wird uns retten

Darum verstehe ich, was Frau Meves sagt. Meine eigenen Einsichten und das Wissen um unsere jüngste Erfahrung bestätigen sie. Wir müssen aufwachen und uns wehren, es könnte eine Zeit kommen, dass dies kaum noch möglich sein wird, und wir wissen nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt. Unser Trost bei all dem ist der Psalm zwei: „Warum toben die Völker, warum machen die Nationen vergebliche Pläne? Die Könige der Erde lehnen sich auf, und die Herren ratschlagen miteinander wider den Herrn und seinen Gesalbten. ,Lasst uns ihre Fesseln zerreißen und von uns werfen ihre Stricke!‘ Doch er, der im Himmel thront, lacht, der Herr verspottet sie. Dann aber spricht er zu ihnen im Zorn, in seinem Grimm wird er sie erschrecken: ,Ich selber habe meinen König eingesetzt auf Zion, meinem heiligen Berg.‘“ Und dieser König wird uns retten!

Eine prophetische Frau

Mit 90 Jahren kann die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Christa Meves auf ein erfülltes Leben zurückschauen. Sie publizierte 121 Bücher, in denen sich ihr Einsatz für die seelische Gesundheit sowie die Leistungs- und Bindungsfähigkeit der jungen Generation widerspiegelt. Mit über 3000 Vorträgen und unzähligen Sendungen in Radio und Fernsehen ist sie zu einer unüberhörbaren Stimme geworden, die wertvolle Ratschläge erteilt und mahnend in die Zukunft weist. Geboren am 4. März 1925 im schleswig-holsteinischen Neumünster war sie ab 1946 mit dem Augenarzt Dr. Harald Meves verheiratet, der 2003 verstarb. Sie hat zwei Töchter, sechs Enkel und einen Urenkel. Das Interview zeigt ihren wachen und feinfühlenden Geist.

Interview mit Christa Meves

Kirche heute: Verehrte Frau Meves, in Kürze dürfen Sie ihren 90. Geburtstag feiern. Wie fühlen Sie sich in diesem Alter? Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Christa Meves: Wenn man wie ich noch mit einem lebendigen Geist begnadet ist und mein Leben durch die seelische Not von Menschen immer noch bestimmt wird, dann empfindet man den offensichtlichen Abbau der physischen Möglichkeiten als misslich, ja manchmal geradezu als ärgerlich, dennoch bin ich bis heute mit Gesundheit gnädig beschenkt. Ich habe seit  Jahren nicht mal mehr die früher obligatorische Wintergrippe.

Kirche heute: Wie kamen Sie zur Psychologie und vor allem zur Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen?

Meves: Das Seelische der Menschen in meinem Umfeld hat schon vom Jugendalter an begonnen, mich sehr zu interessieren und ich habe dann im Studium weit über die notwendigen Studienfächer hinaus psychologische und psychiatrische Vorlesungen und Seminare besucht. Die speziellen Erfahrungen habe ich dann im Umgang mit meinen eigenen beiden Töchtern von der Kleinkindzeit an erworben.

Kirche heute: Sie sind durch Ihre über 100 Bücher sowie Ihre unzähligen Vorträge zu einer der bekanntesten Frauen in Deutschland und darüber hinaus geworden. Welche Publikationen scheinen Ihnen am gelungensten?

Meves: Diese Frage lässt sich nicht mit der Angabe eines einzigen Buches beantworten. Die Bücher hatten ja immer ein spezifisches Gebiet zum Thema. Von der wissenschaftlichen Argumentation her habe ich die neurobiologischen Grundlagen meiner Anthropologie in dem Buch „Geheimnis Gehirn“ anzupeilen versucht. Am erfolgreichsten – mit unzähligen Auflagen und aktualisiert bis heute auf dem Markt – ist mein Buch „Erziehen lernen“. Und international am erfolgreichsten war mein Taschenbuch „Ehe Alphabet“.

Kirche heute: Was ist Ihnen in den darin behandelten Themen besonders wichtig?

Meves: Am wichtigsten ist mir die Beachtung der entwicklungspsychologischen Aspekte der Kindheit, die neurobiologischen Wurzeln und das theistische Ziel der ontogenetischen Entwicklung des Menschen. Die von unserem leisen Gott sogar physisch und erst recht seelisch-geistig unterlegte Möglichkeit, mit der Ausreifung des Lebens sein Ziel von der Natur zum Geist ins Auge zu fassen, erscheint mir eine dringend notwendige Erkenntnis zu sein.

Kirche heute: Gibt es Dinge, Schritte in Ihrem Leben, die Sie aus heutiger Sicht nicht mehr tun würden?

Meves: Ich würde nicht noch einmal einer Berufung zur  EKD-Synode zustimmen.

Kirche heute: Sie sind 1987 in die katholische Kirche eingetreten. Was hat Sie damals dazu veranlasst?

Meves: Ich hatte Einblick gewonnen, dass die evangelisch-lutherische Kirche sich in zunehmendem Maße von den grundlegenden biblischen Aussagen entfernte und sich mit dem Zeitgeist verheiratete. Aber das bewirkte lediglich meinen Austritt von dort. Mein Eintritt in die katholische Kirche wuchs zwischen 1978 und 1987 durch die vielen Messen, an denen ich als Eingeladene zu Vorträgen von katholischen Pfarrern teilnahm.

Ich erlebte dadurch eine Vertiefung des Glaubens, ganz besonders seit dem intensiven Studium der Enzykliken von Papst Johannes Paul II. Mittlerweile hatte ich begriffen, dass meine öffentliche Warnung vor der Gottvergessenheit eine dringliche Aufgabe war und dadurch diesen völlig unerwarteten Erfolg hervorrief. Damit stand ich aber dem maßgeblichen Trend des Zeitgeistes entgegen und damit völlig allein in der Landschaft. In den so gravierenden Aussagen des neuen Papstes erlebte ich auf einsamen Pfaden einen Gleichgesinnten von höchstem Rang.

Kirche heute: Haben Sie sich in der kath. Kirche auch später am richtigen Platz gefühlt?

Meves: Ja, immer, bis heute. Ich empfinde im Nachherein den Verlust des Papsttums und der hierarchischen Gestaltung sowie die brüske Ausschaltung der Marienverehrung seit dem 19. Jahrhundert in der evangelischen Kirche als ein Aufgeben wesentlicher, von Gott eingesetzter, biblisch festgelegter Zuweisungen.

Kirche heute: Was schätzen Sie heute am meisten an Ihrer Kirche?

Meves: Als sehr wohltuend empfinde ich die Beachtung der kirchlichen Handlungen in dem hohen Respekt vor ihrer Heiligkeit. Bereits die Stille im Gotteshaus, die Kniebeugen, die sich diszipliniert zurücknehmenden Kirchenbesucher, die andächtige Bewahrung des Numinosen, das alles ist mir zu einem unaufgebbaren Bedürfnis geworden.

Kirche heute: Sie haben in Ihrem Leben immer wieder unglaublichen Widerstand erfahren. Und dennoch sind Sie Ihren Weg unbeirrt weitergegangen. Was hat Ihnen dazu die Kraft gegeben?

Meves: Ich wurde ja gleichzeitig von unserem Herrn beschützt! Und außerdem hatte ich an meiner Seite einen voll mit mir in diese Arbeit involvierten Ehemann, der mit mir litt, der mich tröstete, der auch manchmal ganz direkt für mich einstand und sich für mich wehrte.

Kirche heute: Welche Standpunkte wurden und werden am meisten angegriffen?

Meves: Am meisten Widerstand erfuhr ich von der feministischen Position, die mit ihren Machtkämpfen gegen den Mann den Scheidungsboom verursachten. Meine Begründung, dass Kinder zu ihrem Aufwachsen der Familie bedürfen, sowie einer dominant für die Kleinkinder konstant präsenten Mutter, führte zu viel Diskriminierung von dieser Seite her. Ich wurde hier jahrzehntelang als ein Anwalt des Rückschritts zwischen „Kindern, Küche und Kirche“ verhöhnt, obgleich ich doch nach Wegen für die verselbstständigten jungen Mütter suchte und sie entwarf, eben als Wege der modernen Familie in unserer durch die Technik und den Wohlstand veränderten Lebensweise.

Kirche heute: In diesen Tagen sind große Worte über Meinungsfreiheit zu hören. Wie beurteilen Sie den historischen Marsch in Paris mit über 40 Staatsoberhäuptern?

Meves: Als ein Trauerspiel. So satanisch dieses Massaker ist, so muss man doch die beleidigende Art, wie hier zuvor die Heiligkeit des Religiösen mit Füßen getreten wurde, ablehnen; denn durch obszöne Verhöhnungen bildhafter Art wurde in dieser Zeitung auch der christliche Glaube verunglimpft  – und das in einem fortgesetzt so gewollten Stil. Solche journalistischen Schändlichkeiten sollten auch von uns Christen mit Empörung bedacht werden, allerdings gewiss nicht mit Orgien von Gewalt. 

Kirche heute: Papst Franziskus stellte in einem kurzen Statement klar, dass die Meinungsfreiheit auch Grenzen habe. Was meinen Sie dazu?

Meves: Wenn durch solche Bekundungen die Sicherheit in einem hohen Ausmaß gefährdet ist, so mag sie hier eine Grenze finden. Aber es ist ein Aufgeben einer solchen berechtigten Einstellung, wenn einige Tage später eine friedliche Großdemonstration in Dresden verboten wird, weil angeblich ein Protagonist eine Morddrohung erhalten hat.

Kirche heute: Wie sollte Ihrer Ansicht nach die Kirche auf die Pegida-Bewegung reagieren?

Meves: Mit Toleranz für die Notwendigkeit einer friedlichen, öffentlichen Meinungsäußerung einer Gruppe von Bürgern.

Kirche heute: Sehen Sie mit den Antidiskriminierungsgesetzen die Meinungsfreiheit bedroht?

Meves: Das ist gewiss eine Gefahr. Wir erleben z.Zt. ja, dass eine von der Bevölkerung überhaupt nicht begreifbare Forderung, wie der Genderismus in Schulgesetze umgemünzt werden soll. Das ist Diktatur und hat mit der so hoch gehaltenen Toleranz nichts mehr gemein.

Kirche heute: Wo sollten die Christen Ihrer Meinung nach besonders mutig ihre Werte verteidigen und vor einem freimütigen Zeugnis nicht zurückschrecken?

Meves: Wenn Vereinheitlichung der Meinung durch eine Lobby wie z.B. LSBTTI-Q gefordert wird und deren allgemeine Durchsetzung lautstark erzwungen werden soll, wenn sich aber 98 Prozent per Befragung als Menschen erweisen, die sich als heterosexuell bezeichnen, dann ist es nicht fair, die Favorisierung von perversen Kleingruppen – nach Möglichkeit durch Änderung der Gesetze erzwingen zu wollen. Und es hat deshalb erst recht nichts mit Gerechtigkeit zu tun, wenn die auf diese Weise angegriffene Mehrheit der Normalen z.B. als „homophob“ diskriminiert wird, ohne dass diese sich als intolerant erwiesen hätte.

Kirche heute: Welchen Rat können Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Meves: Unsere Gesellschaft in Europa ist z. Zt. in eine unsägliche Wirrnis geraten, die die moralischen Maßstäbe gänzlich durcheinanderwirbelt. Der Halt des Menschen an die Dreifaltigkeit, das tägliche Hinauffragen bei wichtigen Entscheidungen und Einstellungen, durch Befragen unseres Lehramtes auch, das tägliche Bitten um Erbarmen unseres Gottes, das feste Zusammenhalten mit den Gemeinden ist unumgänglich geworden, angesichts dieser diabolischen Großangriffe; denn diese bleiben ja nicht fern, nicht jenseits des Privatlebens.

Kirche heute: Was bewegt Sie im Augenblick am meisten, das Sie gerne mit uns teilen möchten?

Meves: Mich bewegt vor allem die bange Frage, ob wir es angesichts dieser Situation schaffen, unwichtigere Einzelheiten beiseite zu stellen und in fortgesetzten, immerwährenden Bittgebeten unseren Herrn anzuflehen, uns durch sein direktes Eingreifen zur Hilfe zu kommen.

Kirche heute: Aufrichtigen Dank für dieses wertvolle Gespräch. Verehrte Frau Meves, wir wünschen Ihnen von Herzen, dass Sie Ihren 90. Geburtstag in froher Runde begehen und noch viele Jahre Ihren unermüdlichen Einsatz fortsetzen können, vor allem aber, dass Ihr Lebenswerk vielen Menschen Orientierung und Kraft schenkt. Möge Gott Ihnen Ihren Mut und Ihren treuen Dienst reich belohnen, hier auf Erden, aber vor allem einmal im Himmel.

Dank an Papst Franziskus

Hochachtung für die Mütter

Seit Jahrzehnten setzt sich Christa Meves für das Modell „Mutter als Beruf“ ein. Alles sollte Ihrer Meinung nach dafür getan werden, dass auch berufstätige Frauen wenigstens in den ersten Jahren nach der Geburt ganz bei ihren Kindern sein können. Damit werde die Grundlage für eine gesunde seelische Entwicklung geschaffen. Die Worte, die Papst Franziskus bei seiner ersten Generalaudienz in diesem Jahr für die Mütter gefunden hat, betrachtet sie als einen erfreulichen Anstoß, der die Voraussetzung für eine „Gesundung“ unserer Gesellschaft zum Ausdruck bringt.

Von Christa Meves

In der Generalaudienz am 7. Januar 2015 hat Papst Franziskus der Welt einen großen Dienst erwiesen. Er hat diese Generalaudienz zu einem Fanal für die Mütter gemacht: für alle Mütter – vermutlich nicht einmal der katholischen allein –, die vor allen Dingen in Deutschland seit 40 Jahren so sehr ins Hintertreffen geraten, so sehr abgewertet worden sind, dass sich das in einer außerordentlich üblen Weise auf die Familie und ihre Gesundheit ausgewirkt hat. Hier die wichtigsten Passagen:

„Jeder Mensch verdankt sein Leben einer Mutter, und fast immer verdankt er ihr viel von seiner folgenden Existenz, von seiner menschlichen und geistlichen Bildung. Ihr wird jedoch im täglichen Leben wenig Gehör geschenkt – sie erfährt wenig Hilfe und wird in ihrer zentralen Rolle in der Gesellschaft wenig gewürdigt. Häufig wird die Opferbereitschaft der Mütter für ihre Kinder sogar ausgenutzt, um Sozialausgaben zu sparen. Auch in den christlichen Gemeinschaften kommt es vor, dass die Mutter nicht gebührend geachtet wird, dass man wenig auf sie hört. Vielleicht müssten die Mütter, die zu so vielen Opfern für ihre Kinder bereit sind, mehr Gehör finden.

Die Mütter sind das stärkste Heilmittel gegen die Ausbreitung eines egozentrischen Individualismus. Sie sind es, die Mütter, die den Krieg, der ihre Kinder tötet, am meisten hassen. Ja, Muttersein bedeutet nicht nur, ein Kind auf die Welt bringen, sondern es ist auch eine Lebensentscheidung. Eine Gesellschaft ohne Mütter wäre eine unmenschliche Gesellschaft; denn Mütter wissen immer, auch in den schlimmsten Momenten, Zärtlichkeit, Hingabe und moralische Stärke zu bezeugen.

Die Mütter vermitteln häufig auch den tiefen Sinn der religiösen Praxis: In die ersten Gebete, in die ersten Gesten der Frömmigkeit, die ein Kind lernt, ist der Wert des Glaubens im Leben eines Menschen eingeschrieben. Ohne die Mütter gäbe es nicht nur keine neuen Gläubigen, sondern der Glaube würde einen guten Teil seiner Einfachheit, seiner Tiefe, seiner Wärme verlieren.

Liebe Mütter, danke, danke für das, was ihr in der Familie darstellt, und für das, was ihr der Kirche und der Welt gebt!“

Hier ist von unserem Papst ein wahres Wort gelassen ausgesprochen worden! Wie einfach wäre es, den immer mehr heraufdrohenden Geburtenschwund und die daraus resultierenden zukünftigen Existenzprobleme in unserer Gesellschaft zu stoppen: indem durch betonte Anerkennung – vor allem von der Politik her – den Müttern wieder Ehre zuteilwerden würde!

Ohne Mütter gibt es keine Zukunft!

Ohne Mütter erkaltet die Liebe in der Welt!

Mutterschaft ist der wichtigste, der unaufgebbarste Beruf aller Berufe!

Wir könnten bald wieder zu einer gesunden Hochachtung für die Mütter und damit zu familiärem Zuwachs finden, wenn wir nur dem gesunden Menschenverstand folgen würden. Noch heute spielen kleine Mädchen vornehmlich und langanhaltend mit Puppen. Sie würden als junge Frauen dem gesunden ursprünglichen Wunsch nach Mutterschaft und Familie auch heute noch wieder in großer Zahl mit Freude folgen, wenn dieses neu als ein anerkannter Beruf eingerichtet werden würde, mit finanzieller Unterstützung, solange die Mutter wegen der Erziehung der Kinder aus der Erwerbstätigkeit ausscheidet – wie auch mit einer favorisierten Hilfe zum Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit nach der häuslichen Pause und mit einer eigenständigen Berentung.

Dieses Modell „Mutter als Beruf“ ist von unserem Freundeskreis bereits vor 30 Jahren entwickelt und mit Zigtausenden von Unterschriften der Regierung (damals noch in Bonn) zugeleitet worden – leider ohne jedes Echo und ohne jede Wende von dort – im Gegenteil. Frühe Erwerbstätigkeit der jungen Mütter und die so bedenkliche Kollektivierung der Kleinkinder wurde gegen jedes Kindeswohl und mit der Minderung von gesunder Familienbildung als Folge einer kurzsichtigen finanziellen Begünstigung und neuer Gesetze bis heute zu einer verhängnisvollen Weiterführung des vor 45 Jahren eingeschlagenen Trends.

Welche Hilfe nun durch Papst Franziskus! Er gibt der existenziellen Notwendigkeit von Familienbildung durch die verdiente Hochachtung der Mütter der in später Stunde angstvoll aufwachenden Bevölkerung einen hervorragenden Anstoß.

Danke, Heiliger Vater!

 

Ausgewählte Buchtitel von Christa Meves:

• Auf die Liebe kommt es an. Müttergeschichten. Kartoniert, 128 S., ISBN: 978-3-9811452-0-5, € 8,90

• Auf dich kommt es an. Antworten für Jugendliche. Taschenbuch, 208 S., ISBN: 978-3-9811452-2-4, € 12,90

• Charaktertypen. Wer passt zu wem?  Kartoniert, 157 S., ISBN: 978-3-9813003-3-8, € 12,90

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Aufruf zu konstruktivem Widerstand:

Eltern haben das Recht zu „hospitieren“

Die Vereinigung „Verantwortung für die Familie e.V.“ macht einen interessanten Vorschlag, um dem geplanten Unterricht zur „sexuellen Vielfalt“ ein wirksames Zeichen entgegenzusetzen. Sie erinnert an das offizielle Recht der Eltern, den Unterricht ihrer Kinder zu hospitieren, um auf diese Weise ihre erste Verantwortung für deren Erziehung wahrzunehmen. Von diesem Recht sollten alle Gebrauch machen, die sich aufgrund der neuen Bildungspläne Sorgen machen. Der Aufruf hat einen ausgesprochen konstruktiven Charakter und könnte eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen in Bewegung bringen. Es wäre zu wünschen, dass bei den Schulleitungen zahlreiche schriftliche Anträge zur Teilnahme von Erziehungsberechtigten an den entsprechenden Veranstaltungen im Rahmen des Unterrichts eingehen.

Verantwortung für die Familie e.V.

Die durch politische Kräfte in schulische Bildungspläne eingebrachten Papiere zur sog. „sexuellen Vielfalt“ sind unserer Ansicht nach keine „Bildungspläne“, sondern Anleitungen zur Indoktrination von Kindern und Jugendlichen, die sich allein nicht wehren können, durch das System Schule. In einem Entwicklungsabschnitt, in dem die eigene Sexualität sich erst im Aufbau befindet, ist ein Querschnittsunterricht zur sexuellen Vielfalt kontraproduktiv und destruktiv.

Eine Hinführung zu einem nicht heterosexuellen Lebenskonzept durch ein Aufzeigen angeblicher Nachteile oder durch Fragen, z.B. „Wann und warum hast du dich entschlossen, heterosexuell zu sein?“ (S. 20),[1] wie dies im Zusammenhang der LSBTTI-Initiative offensichtlich gefordert wird, ist nicht hinnehmbar, weder per schulischem Lehrplan, noch durch andere Initiativen.[2] In Niedersachsen hat der Landtag die Durchführung von Schulaufklärungsprojekten in Abwesenheit der Lehrer Vereinigungen wie „SchLAu Niedersachsen“ – „SchwulLesbische BiTrans*Aufklärung“ übertragen.[3]

Will eine Minderheit ihre Grundsätze jedoch der Mehrheit aufpfropfen, stellt sie sich damit selbst ins Aus. Sie erweist sich als gewalttätig und missbrauchend (zit. n. Dr. Albert Wunsch).[4]

Sofern Eltern ihre Kinder dieser sexuellen Indoktrination jedoch nicht aussetzen wollen, sollten sie die Möglichkeiten der Schulgesetze nutzen: In den – in jedem Bundesland etwas verschiedenen – Schulgesetzen heißt es z.B. im Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V):

„Die Schule achtet das natürliche und zugleich verfassungsmäßige Recht der Erziehungsberechtigten, über die Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen. Sie strebt die Mitwirkung dieser an der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages unter anderem im Rahmen einer Erziehungsvereinbarung an.“

Also können Sie mitwirken! Eltern haben auch ein Informations- und Auskunftsrecht:

„Klassenelternschaften und Schulelternrat sind von der Schulleitung, dem Schulvorstand, der zuständigen Konferenz oder den Bildungsgangs- und Fachgruppen vor grundsätzlichen Entscheidungen, vor allem über die Organisation der Schule und die Leistungsbewertung, zu hören. Schulleitung und Lehrkräfte haben ihnen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Insbesondere sind die Erziehungsberechtigten über Ziele, Inhalte und Gestaltung der Sexualerziehung rechtzeitig zu unterrichten, damit die Erziehung im Elternhaus und die Erziehung in der Schule sich so weit wie möglich ergänzen. Die Sexualerziehung [...] soll die Schülerinnen und Schüler mit den Fragen der Sexualität altersgemäß vertraut machen, ihr Verständnis für Partnerschaft, insbesondere in Ehe und Familie, entwickeln und ihr Verantwortungsbewusstsein stärken. Dabei sind ihr Persönlichkeitsrecht und das Erziehungsrecht der Eltern zu achten.“

Es empfiehlt sich daher, die Elternvertreter zu veranlassen, dass sie die entsprechenden Wünsche der Eltern nachhaltig vertreten, auch im Stadt-, Gemeinde-, Kreis-, Landes- und Bundeselternrat (BER)! Ein Musterschreiben (hier z.B. für Niedersachsen) findet sich im letzten Newsletter.[5]

Möglichkeiten weiterer elterlicher Einflussnahmen werden auf der Tagung „Zukunft gestalten für unsere Kinder“ auf Burg Rothenfels a. Main vom 26. bis 28.6.15 erarbeitet. Referenten: Dr. Horst Schetelig, Karl-Heinz B. van Lier, Dr. Rainer Böhm, OStD Dr. Jürgen Fiedler, Prof. Dr. jur. Gregor Kirchhof, Pastor Jens Motschmann, Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer. Machen Sie mit!

 


[1] www.vfa-ev.de/fileadmin/Dateien/ PDF/GEW-L-S-Lebenswesen_2013_web.pdf
[2] Vgl. auch: echte-vielfalt.de
[3] www.schlau-nds.de/pages/ueber-uns/ schlau-niedersachsen.php
[4] www.vfa-ev.de/fileadmin/Dateien/ PDF/Dr._Wunsch.pdf
[5] www.vfa-ev.de

Blick in den Spiegel

Was offenbart das PEGIDA-Phänomen?

Dr. Martin Voigt hatte an einer Konferenz über die „Theologie des Leibes“ Johannes Pauls II. in Eichstätt teilgenommen und Verbindung mit unserer Redaktion aufgenommen. Nun hat er „Kirche heute“ einen Artikel zur Verfügung gestellt, der eine eindrucksvolle Veranschaulichung der Aussagen von Weihbischof Dr. Andreas Laun und Christa Meves darstellt. Voigt gehört einer evangelischen Kirche an und ist vor allem durch seine kritischen Veröffentlichungen zu den Bildungsplänen der schulischen Sexualpädagogik bekannt geworden. Er hat nicht die Absicht, PEGIDA zu bewerten, sondern deckt auf, was sich hinter den gesellschaftlichen Erschütterungen unserer Tage letztlich verbirgt.

Von Martin Voigt

Suche nach der eigenen Identität

Die kaum noch schleichende Islamisierung des Abendlandes ist nur der äußere Anlass für PEGIDA. Der Schritt auf die Straße unter tausende „Spaziergänger“ ist die Bestätigung und Suche nach der eigenen Identität angesichts eines Flüchtlingsstroms aus völlig fremden Kulturräumen. Der Ruf „Wir sind das Volk“ ist als Frage zu verstehen. Wer sind wir eigentlich? Welche Werte wollen wir verteidigen? Und da wird es schwammig. Unser Wertesystem lässt sich nicht so einfach erfassen wie die messbare Zahl an Zuwanderern.

Die Inventur unseres moralischen Zustands soll mit dem Programm jener Politiker beginnen, die sich weigern, die Nationalhymne zu singen, die christliche Feiertage und Symbole abschaffen und den Gottesbezug aus Verfassungen streichen: Abtreibung als Menschenrecht, Babys in die Krippe, Alte ins Heim, Sterbehilfe auf Rezept. Haben Politiker Schuld oder sind sie ein Symptom? Sie wollen das Ehegattensplitting und Betreuungsgeld abschaffen und reden von „Nur-Hausfrauen“ und „Heimchen am Herd“. Sie fordern Ganztags- und Gemeinschaftsschulen und Abitur für alle. Sexuelle Vielfalt soll in jedes Schulbuch. „Habt Spaß, probiert alles mal aus,“ sagen die Pädagogen von pro familia.

Jene kinderlosen Politiker, die Pornos verharmlosen und Drogen legalisieren, haben mit sich genug zu tun, aber wie geht es uns und unserer supertoleranten, weltoffenen Spaß-Gesellschaft? Werden aus Kindern, die von einer Aufbewahrungsanstalt in die nächste gebracht werden, die ihre emotional verkrachten Eltern als gestresste Arbeitnehmer erlebt und als Teenager alles ausprobiert haben, später glückliche Ehepaare, die sich rührend um ihre 1,4 Kinder kümmern?

Kulturelle und identitäre Ausdünnung politisch gesteuert

Wir haben eine hohe Scheidungsrate, dafür aber die Homo-Ehe. Wir sind Spendenweltmeister, aber treiben im Jahr über 100.000 Babys ab. Wir sind gegen Tierversuche, aber haben die größte Kosmetik-Industrie. Wir knuddeln unser Haustier, aber bringen unser Einjähriges in die Kita, wegen der Sozialkompetenz. Na klar. Wir reden von Menschenwürde und gucken RTL. Wir posten R.I.P. auf Facebook, wenn ein Udo Jürgens oder Joe Cocker stirbt, aber bringen unseren Opa ins Heim. Unser Gebet in einer Kirche ist länger her als der Besuch bei YouPorn. Wir verteilen Kondome in der sechsten Klasse und hoffen, dass unsere Kinder die große Liebe finden.

Fast möchte man sagen, jedes Volk hat die Vertreter, die es verdient; aber ganz so simpel ist das nicht. Eine bestimmte Politikerkaste hat einen siebten Sinn für gesellschaftliche Steuerungen, die dem familiären Zusammenhalt schaden und zur kulturellen und identitären Ausdünnung beitragen. Wie um den Sack zu zu machen, schleudern sie uns ins Gesicht: „Eine kinderarme, alternde Gesellschaft braucht mehr Migration.“

Drei wesentliche Zielscheiben der Kulturrevolution

Der marxistische Philosoph Antonio Gramsci erkannte, dass für die kommunistische Revolution die Zerstörung der Gesellschaft nötig ist. Sozialismus und Kommunismus sind nicht mehr en vogue. Aber der kulturelle Wandel schreitet seit den späten Sechzigern auch ohne offiziellen „ismus“ voran. Das Ziel ist nach wie vor, Ehe und Familie abzuschaffen, denn in diesen natürlichen Bindungen entstehen die wirksamen Resistenzen gegen Ideologien. Drei wesentliche Zielscheiben hat die Kulturrevolution: 1) Mutter-Kind-Bindung, 2) Familie, 3) Polarität der Geschlechter und stabile sexuelle Bindungen. Der schleichende Bevölkerungsaustausch betrifft Völker, die in diesen drei Punkten seelisch marode sind.

Beispiel: Rotherham. Gelang der organisierte Missbrauch von 1400 Kindern und Teenagern nur über Drohung, Gewalt und Erpressung? Wo war in den ganzen Jahren die existenzielle Wut zutiefst verletzter Eltern? Fehlanzeige! Die Dauervergewaltigung gedieh nicht ohne Grund in einem Milieu vorstädtischer Arbeitersiedlungen mit zerrütteten Familien. Emotional verwahrloste Mädchen waren die perfekten Opfer: Kein positives Bild von Vater und Mutter, keine Vorstellung von Geborgenheit und von sich als ein Mensch, der geliebt wird. Da reichten fünf Minuten geheucheltes Interesse und die zwölfjährigen Mädchen fraßen ihren muslimischen Vergewaltigern aus der Hand.

Ganztagsbetreuung als Teil eines totalitären Systems

Die totalitären Tendenzen deutscher Familienpolitik beschreibt Hanne K. Götze in ihren Beiträgen zu den psychosozialen Spätfolgen der Krippenerziehung: „Die Bindung muss – je früher, umso wirksamer – gestört werden, denn instabile Persönlichkeiten mit unsicheren Bindungsmustern sind umso leichter zu manipulieren.“ Rot-Grün weiß das nicht erst seit Manuela Schwesig. Schon 2002 schwärmte Olaf Scholz vom Ausbau der Ganztagsbetreuung und von einer SPD, die „die Lufthoheit über den Kinderbetten“ und „die kulturelle Revolution“ erreicht.

„Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen.“ Das afrikanische Sprichwort muss oft als Rechtfertigung für Ganztagsbetreuung und neue Familienmodelle herhalten und soll die Kernfamilie als romantisches Ideal entlarven; ein naturalistischer Fehlschluss. Mutter und Vater waren stets die primäre und sekundäre Bindungsperson innerhalb eines Bindungskomplexes aus Großfamilie und Dorfstruktur. Die in Ballungszentren vereinzelte Kleinfamilie mit Eltern, die den ganzen Tag außerhalb des Sichtfelds ihrer Kinder auf Arbeit sind, ist ein postmoderner Unfall.

Bewusste Zerstörung der Familien

Die sexuelle Revolution gibt den Familien den Rest. Sie greift das an, was uns als mitfühlende Wesen ausmacht. Freie Liebe, promiskuitives Verhalten und wechselnde Beziehungen sind das Gegenteil von Treue, Wertschätzung und echter Liebe. Das schrittweise Auflösen und Ersetzen der Sexualmoral durch eine Pille-Porno-Puff-Idylle ist der bewusste Angriff auf die natürliche Würde und Identität des Menschen.

Wie durch ein Krebsgeschwür zerfallen Familien von innen heraus und suchen verzweifelt nach dem neuen Patchwork-Glück. Neben der ökonomischen Belastung kinderreicher Familien liegt hier eine weitere Ursache für den demographischen Wandel. „Aber Kinder kriegen die Leute doch immer“, entschuldigte Konrad Adenauer seine Konstruktionsfehler im Rentensystem. Er implizierte intakte Ehen mit einer emotional stabilen Bindung sowie ein Sexualverhalten, das Kinderwünsche nicht ausschließt. Doch es kam anders: Die sexuell befreiten Geschlechter verachten sich gegenseitig und verschieben das Kinderkriegen auf später, wenn der richtige Lebensabschnittspartner da ist.

Dass tierische Gemeinschaften à la Kommune 1 für das Gefühlsleben keine Befreiung bedeuten, hat sich herumgesprochen. Aber wie glücklich sind eigentlich Ehen, wenn die Ex-Beziehungen ihren Schatten in die Gegenwart werfen? Die Eskalation passiert, wenn nicht klar ist, wer den Geschirrspüler zuletzt eingeräumt hat, aber Enttäuschung und Wut schwelten schon lange im Unterbewussten und so kommt es, dass viele Kinder ihren Papa nur noch am Wochenende sehen. Das ist dann der perfekte Start in ein stabiles Liebesleben? Eher nicht. Die dritte befreite Generation, die Enkel der 68er entwickeln sich zu einem bindungsunfähigen, egozentrischen, konsumorientierten Proletariat, das auf einfache Reize reagiert, Universitäten an ihr Limit bringt, an Windenergie glaubt, irgendetwas „Soziales“ wählt und den x-ten Ex via WhatsApp abserviert.

Selbsthass und gewaltsame Verhöhnung der Gegner

Manchmal finden sich noch ein paar Eltern zusammen, die gegen die staatliche Sexualisierung im Schulunterricht demonstrieren oder Mahnwachen gegen Abtreibung abhalten. Die Antifa bewirft sie mit kotverschmierten Kondomen und ruft ihnen höhnisch entgegen: „Eure Kinder werden wie wir“, ahnend, wie zuverlässig die sexuelle Revolution ihre Wirkung entfaltet. Ihre Plakatsprüche sind Ausdruck eines aus biografischen Brüchen resultierenden Familien- bzw. Selbsthasses, der stark sexuell aufgeladen ist: „Lieber Sperma im Haar als Kuchenbasar“, „Wichsen gegen Rechts“, „Rudelfick statt Physik“, „Gang-Bang-Sause statt große Pause“, „Muschi, Pimmel, Regenbogen, so wird ein Kind erzogen“ oder „Deutschland ist Scheiße, wir sind die Beweise“. Die hier offenbar werdende sexualisierte Wut auf die eigene Kindheit überträgt sich auf Kinder, die die Geborgenheit einer intakten Familie ausstrahlen. Die Opfer der sexuellen Revolution werden ihre besten Soldaten, denn ihre emotionale Not soll anstecken. Sie stacheln zu Drogenkonsum und sexuellen Experimenten an, auch ohne die „Sexualpädagogik der Vielfalt“ gelesen zu haben.

Der Hass auf die eigene Herkunft ist der gemeinsame Nenner jeglicher linker Couleur von den steuerfinanzierten Autonomen über Queer-Aktivisten bis zu den Vertretern der evangelischen Kirche. Es ist folglich keine bunte Truppe, die auf Anti-PEGIDA-Demos ihren Weltschmerz in die Nacht brüllt, bevor die Gratis-Konzerte losgehen.

Protest gegen die Islamisierung wird zur Gretchenfrage

Wer vor 25 Jahren auf die Straße ging, hatte klare Fronten: Wir, das Volk, sind gegen die kommunistische Führungsriege. Wer heute gegen die Islamisierung des Abendlandes auf die Straße geht, muss wissen, mit welchen Werten er der fremden Kultur begegnen will. Für welche moralischen Überzeugungen steht er ein, damit ihn das hedonistische Werte-Vakuum nicht aufsaugt? Der Schritt auf die Straße ist ein Blick in den Spiegel und nur vordergründig ein „Wir gegen die da oben“. Wir sind das Abendland, aber wer sind wir? Wie lebendig ist das Christentum? „Der Glaube ist heute zur Intimsphäre geworden, während wirklich Intimes überall publik gemacht wird,“ sagte Bischof Heiner Koch mit offensichtlichem Bezug zu Sigmund Freud: „Schamlosigkeit ist das erste Anzeichen von Schwachsinn.“

Cui bono, wenn die Enthemmung nicht der Porno-Industrie allein überlassen wird, sondern das Schamgefühl bereits Grundschülern abtrainiert wird? Was ist das für ein krankes Volk, das Prostituierte in Schaufenstern präsentiert und seinen Mädchen die erste Pille-Packung wie in einem Initiationsritus überreicht? Welches kulturelle Bewusstsein hat ein Volk, das Weltmeister im Porno-Gucken ist? Wer seine Würde verliert, wird zum Spielball. Ist das das Ziel? Sozialistische Diktaturen waren etwas, gegen das man seine Seele wappnen konnte. Sexualisierung wirkt hingegen wie ein schleichendes Gift. Wenn das emotionale Ökosystem einmal kippt, braucht es weder Mauern noch Panzer, um ein „vielfältiges“ Volk (ab-)zuschaffen.

Protest gegen die Islamisierung wird zur Gretchenfrage: Ist die Ostergeschichte nur noch Folklore? Die EKD setzt sich lieber für sexuelle Vielfalt als für die Botschaft der Bibel oder verfolgte Christen ein. Anstatt mit Eltern gegen Taschenmuschis, Dildos und Gruppensex-Rollenspiele im Unterricht zu protestieren, bildet sie mit Queer-Aktivisten und Antifa das so genannte „breite bürgerliche Bündnis“. Die Kirche auf der dunklen Seite ist nichts Neues, aber wie voreilig sie diesmal das Licht ausmacht, ist schon erstaunlich.

Der Fels des Atheismus

Die Frage nach dem Leid

Erzbischof Dr. Karl Braun hat sich bei einem Vortrag im August 2014 dem sog. „Theodizee“-Problem gestellt. Es geht um die drängende Frage, wie Gott das Leid zulassen kann. Ist der christliche Glaube in der Lage, darauf eine Antwort zu geben, oder muss er vor diesem „Felsen des Atheismus“ kapitulieren? Nachfolgend der Teil, in dem Erzbischof Braun die Sicht des Evangeliums herausgearbeitet hat.

Von Erzbischof em. Karl Braun, Bamberg

Unser Leben ist ein großes Rätsel. Denn es ist zwar über weite Strecken hin schön; ja es ist wunderbar zu leben. Doch es gibt kein Leben ohne Leiden und auf uns alle warten einmal das Sterben und der Tod. Das härteste, unausweichliche Menschheitsproblem lautet jedoch: Warum lässt Gott – wenn er wirklich existiert – das Leid zu?

„Fritz Zorns Buch ,Mars‘ ist das Lebenszeugnis eines verzweifelten, an Krebs sterbenden Mannes, der nicht nur über das Leben selbst abgrundtiefen Hass empfindet, sondern auch über Gott: ,Ich verstehe es, dass die gequälte Menschheit Gott ununterbrochen ans Kreuz schlägt, und ich weiß auch, warum: aus Wut über das, was Gott der Welt angetan hat, schlägt ihn die Menschheit ununterbrochen ans Kreuz … und ich will, dass er ununterbrochen stirbt.‘[1] Diese Anklage Gottes entspricht dem, was man gemeinhin Theodizee-Problem nennt: die Frage danach, warum so genanntes natürliches Übel (malum physicum), also etwa durch Naturkatastrophen und Krankheiten verursachtes Leid, als auch das so bezeichnete moralische Übel (malum morale), das von Menschen verursachte Leid, existiert, ja wieso der Mensch überhaupt Leid, Schuld und Tod ausgeliefert ist (malum metaphysicum), wenn ein als gleichermaßen allmächtig wie gut und gerecht definierter Gott existiert. Er könnte doch dieses Leid beseitigen oder hätte es sogar schon im Schöpfungsakt ausschließen können. Gibt es aber Übel in der Welt, dann kann es Gott entweder nicht beseitigen, und so ist er nicht allmächtig, oder er will es nicht beseitigen, dann aber ist er nicht gut und gerecht. Beide Möglichkeiten bedeuten, dass Gott nicht wirklich vollkommen ist, mithin nicht Gott."[2]

„Warum leide ich? Das ist der Fels des Atheismus“, der Fels der Leugnung jeder göttlichen Wirklichkeit. Die Frage, die Georg Büchner in „Dantons Tod“ so prägnant zuspitzte, beschäftigte schon immer die Theologen, also jene, die sich der wissenschaftlichen Lehre von Gott widmen, und alle an einen Gott Glaubenden.

Der Begriff „Theodizee“, unter dem diese Problematik seit dem Philosophen und Naturwissenschaftler Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) behandelt wird, setzt sich aus den griechischen Wörtern für „Gott“ und „Gerechtigkeit“ zusammen. Es geht dabei um die „Rechtfertigung Gottes“ beziehungsweise um die Verteidigung des Glaubens an einen Schöpfergott angesichts der Übel und des moralischen Bösen in der Welt.

Die biblische Offenbarung

„Im Alten Testament ist Leid nach Ausweis der Ur-Geschichte (Gen 1-11) Kennzeichen eines durch menschliche Schuld verursachten Unheilszustandes in der Schöpfung. Im Anschluss an den Sündenfall verfügt nämlich Gott, dass der Mensch, der in der Sünde der Macht des Bösen Raum gewährt hat, dafür zur Strafe einer hasserfüllten Bedrohung durch diesen Feind – die Macht des Bösen – ausgesetzt bleibt (3,15). Der wegen des Sündenfalls ergangene Fluch beschert dem Menschen ein Dasein voller Mühsal und Not mit Leid, Sterben und Tod (3,17ff). Die Erlösung vom Leid erfolgt erst durch die Aufhebung der für den Unheilszustand verantwortlichen Schuld, und zwar zunächst so, dass Gott insbesondere durch den ,Knecht Gottes‘ als Heilsmittler (Jes 53, 1-12) das infolge des Sündenfalls entstandene Unheil mitträgt. Dadurch nimmt Gott dem Leid den Stachel der Sinnlosigkeit. Schließlich jedoch setzt Gott mit der Manifestation seiner ewigen Königs-Herrschaft dem Wirken der Macht des Unheils ein Ende. Nach der Vernichtung des Todes in der unzerstörbaren Heilsgemeinschaft mit ihm (Jes 25,6ff) macht Gott das Leid für immer unmöglich.[3]

Keine Religion gibt eine glatte Antwort auf die Frage nach dem Leid. Auch das Christentum verfügt über keine mathematische Formel oder logisch zwingende Erklärung. Die Theologie kann nur einige aus dem Glauben kommenden Hinweise geben. Diese erhellen das Dunkel des Geheimnisses ein wenig, ohne es aufzulösen. Dennoch macht es Sinn, sich auf eine Spurensuche zu begeben.

Lange hat man sich besonders im theologischen Denken gegenüber der grundlegenden Rätselhaftigkeit des Leids durch die Annahme zu helfen versucht, das Übel und das Böse hätten schon einen uns eben jetzt noch entzogenen Sinn, der sich erst später in einer höheren Harmonie enthülle; in diese habe jedoch jetzt nur Gott selbst Einsicht. „Man solle durchaus klagen, mit Gott streiten, aber dennoch anerkennen, dass er der je Größere sei, somit undurchdringliches Geheimnis. Was bleibe, sei allein die gläubige Haltung des Vertrauens auf den Gott, der die Welt erschaffen hat und sie vollenden werde.

Ein weiterer Antwortversuch besteht darin, das Leid als Strafe Gottes für begangene Sünden zu interpretieren. Eine mildere Variante dieser Antwort versteht das Leid als quasi pädagogische Maßnahme Gottes. Er wolle uns durch das Leid hindurchgehend zur sittlichen Reifung und damit zur Selbstvervollkommnung führen. Leiden gelte es dann nicht zu bekämpfen, sondern geduldig und demütig auszuhalten.

Ein dritter Antwortversuch ist die so genannte Privationsthese:[4] Das Böse existiere an sich nicht, sondern sei allein ,privatio boni‘, Mangel an Gutem. Dementsprechend sei alles, was ist, gut und das Böse sei allein ein Residuum (Überbleibsel) des Nichts, aus dem alles geworden sei. So könne Gott nicht für das Übel verantwortlich sein, denn er habe es nicht erschaffen.

Einen vierten Lösungsversuch hat Leibniz vorgelegt. Er lehrt, dass Gott in seiner Allmacht und seiner Allgüte gar keine andere Welt hätte erschaffen können. Gott müsse aufgrund seiner Vollkommenheit die ,beste aller möglichen Welten‘ schaffen. Das bedeute: Eine andere Welt sei gar nicht möglich, und vor allem: Gott könne das Leid nicht reduzieren, ohne diese Harmonie außer Kraft zu setzen und damit einen Widerspruch in die logische Notwendigkeit dieser Weltordnung hineinzutragen beziehungsweise seiner eigenen Schöpfung zu widersprechen – und so sich selbst. Also gelte es, diese Welt als Gottes Schöpfung so anzunehmen, wie sie ist, und darauf zu hoffen, dass Gott sie in seiner Allmacht und seiner Allgüte zu einem guten Ende führen möge. Das Theodizee-Problem erwiese sich dann als Scheinproblem."[5]

Doch all diese Antwortversuche können uns keine befriedigende Erklärung geben. Dazwischen stehen vor allem ganz existenziell die Erfahrungen beispielsweise mit zwei Weltkriegen, besonders aber mit Stalingrad, Auschwitz und dem Holocaust. Es gibt eben unsägliches, durch und durch unverständliches Leid. Man kann es im Grunde auch nicht verstehen, denn jedes Verstehen hat immer auch etwas von Rechtfertigung an sich.

Antwort im Licht des Evangeliums

Unbeschadet der Begrenztheit unseres Verstandes und der menschlichen Vernunft leuchtet in aller Ratlosigkeit der christliche Glaube mit seiner Botschaft vom Kreuz, vom leidenden und auferstandenen Gottessohn unter allen Antwortversuchen am hellsten auf. Halten wir fest, dass das Christentum die einzige Religion ist, die an einen Gott glaubt, der Mensch geworden ist. Während die anderen Religionen Gott „draußen“ suchen, sich hinausmeditieren oder sich nur auf das Jenseits konzentrieren, glauben die Christen, dass ihr Gott in unsere Endlichkeit „herein“-gekommen ist. Gott ist aber nicht nur irgendwie Mensch geworden, sondern er hat von der Krippe an Not und Leiden mit uns geteilt. Zum zentralen Symbol des christlichen Glaubens ist daher das Kreuz geworden. Christen glauben an einen Gott, der selbst durch die Tiefe der Qual und des Leids hindurchgegangen ist. Gott kommt in das Leid und ist den Leidenden nahe – das ist bedeutsamer als jedes Warum. Christen schauen im Leiden und Sterben auf den Gekreuzigten. Er ist auch in der Tiefe der Prüfung da – in einer geheimnisvollen Gegenwart, die nur der Glaube erfasst und die in ihrer Wirkkraft nichts Gleiches hat, wenn seine starke Hand einen festhält. Jesus ist das menschgewordene „Mit-Leid“ Gottes mit uns.

Auf die Frage des Leids hat uns Gott keine Antwort, sondern seinen gekreuzigten Sohn gegeben. „Durch sein Leiden am Kreuz ist Jesus zur personifizierten Theodizee geworden“ (Josef Bordat). In ihm wird Gott solidarisch mit dem leidenden Menschen und mit all seiner Not. Der Glaube an Jesus Christus sagt mir: Aller Schmerz und alles Leid wird in die Ewigkeit Gottes hinein erlöst zu einem „Leben in Fülle“ (Joh 10,10): Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott in einer Liebe, die uns restlos erfüllen wird. Nach christlicher Überzeugung ist demnach nicht das Leid das Letzte. Das „Letzte“, was wir erwarten dürfen, ist die Auferstehung und die Überwindung allen Leids in der Vollendung, in einem verwandelten ewigen Leben bei Gott, in einem „neuen Himmel“ und einer „neuen Erde“ (s. Jes 25,8; Apk 21,4). Dass dies weder als billiger Trost noch als Verharmlosung real erfahrenden Leids missbraucht werden darf, liegt auf der Hand.

Hier also zeigt sich „die große Theodizee Gottes, nämlich die Zusage der Vollendung in Fülle – und zwar nicht nur für die Durchgekommenen, sondern vor allem auch für die Opfer der Geschichte. Die eigentliche Antwort auf die Theodizee-Frage ist somit die eschatologische (endzeitliche) Hoffnung auf das von Gott zugesagte Heil. … Darin vereinen sich Gottes Allmacht und Allgüte, denn nur ein allmächtiger Gott vermag dieses Heil herbeizuführen, und nur ein allgütiger Gott vermag dieses zu wollen und dem leidenden Geschöpf überhaupt zuzusagen. Anders gesprochen, ohne Gottes große Theodizee in der Fülle der Zeit hätten wir, die leidende Kreatur, nichts zu hoffen, und Gott hätte auch von uns nichts zu erwarten, weder Verehrung noch Liebe."[6]

Trotz aller Leid-Erfahrung werden Christen kraft dieser Hoffnung den Glauben an Gottes Führung und Beistand nie preisgeben. Das Bittgebet, das für den Glaubenden eine Lebensnotwendigkeit darstellt, ist dabei Ausdruck des Vertrauens, das das bedürftige Geschöpf auf die Allmacht des Schöpfers setzt. Es ist wesentlich ein Akt der Hingabe an den Willen Gottes, der sich am Menschen in einer bestimmten Situation mächtig erweisen soll. Was den Effekt eines solchen Gebetes angeht, so bleibt es bei Gott nicht ohne Reaktion, was der Vorstellung von einem regungslosen und apathischen Gott widerspricht. Er „reagiert“ freilich nicht zeithaft und momentan, sondern zeitlos, d.h. kraft der göttlichen Vorsehung, in der voraussehend die Akte des Geschöpfes schon berücksichtigt sind. Deshalb ist das Gebet um die Hilfe Gottes nach wie vor angebracht, zumal wenn es sich einbringt in die Gesinnung Jesu Christi: „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst“ (Mt 26,39).

Schließlich führt die Konfrontation mit dem Theodizee-Problem in christlicher Perspektive zu einer Empfindsamkeit des Glaubens gegenüber konkreten Leid- und Unrechtsverhältnissen und zur Solidarität der Glaubenden mit den Leidenden, zu jener Solidarität, die ein zentrales Motiv des christlichen Glaubens ist.[7]

 


[1] Frankfurt 1979, 218.
[2] Saskia Wendel in: Herder Korrespondenz Spezial 1, 2014, 10-13.
[3] Zum Ganzen vgl. LThK 6, SP 782-783, Herder 1997.
[4] Vgl. Augustinus: De civitate Dei, XI, 22.
[5] Vgl. Saskia Wendel, a.a.O., auszugsweise.
[6] Saskia Wendel, a.a.O.
[7] Saskia Wendel, a.a.O.

Zur Sexuallehre der Kirche

Was ist recht vor Gott?

Auf der Webseite des Bistums Passau findet sich eine bemerkenswerte Stellungnahme des Diözesanbischofs zur Sexuallehre der Kirche. Anlass waren die Diskussionen rund um die Familiensynode im Herbst des vergangenen Jahres. Mit wohltuender Klarheit geht Bischof Dr. Stefan Oster SDB auf die Frage ein: „Welcher Sex ist recht vor Gott?“ Die Forderung nach einer Liberalisierung der kirchlichen Lehre auf dem Gebiet der menschlichen Geschlechtlichkeit entspringt seiner Ansicht nach einem Mangel an geistlichem Leben. So stellte er seine Überlegungen unter das Thema: „Die Gottesvergessenheit und Sexualität – Unzeitgemäße Gedanken zu einem biblischen Zusammenhang“. Nachfolgende Auszüge lassen seinen Grundgedanken aufleuchten.

Von Bischof Stefan Oster SDB, Passau

Die Debatten in und außerhalb der Kirche zum Thema Sexualität und allem, was damit zusammenhängt, reißen nicht ab. Sie scheinen in medialen Wellenbewegungen immer neu auf die Kirche zuzurollen – in wechselnden Themen: Mal sind es die wiederverheirateten Geschiedenen, mal der Zölibat, mal der Umgang der Kirche mit Menschen, die homosexuelle Neigungen haben – um nur die am meisten diskutierten Themen aufzugreifen. Und ist es nicht paradox? Da nimmt sich der Papst mit der Bischofssynode des Themas der Familie an und das Wesentliche, was Monate vor, während und nach der Synode vordringlich zum Thema wird, sind zwei Menschengruppen, die gerade nicht in Verhältnissen leben, die den Normalfall von Familie bilden: wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle. In beiden Fällen geht es aber im Kern der Debatte letztlich um die Praxis gelebter Sexualität, die nicht dem entspricht, was die Kirche in diesem Bereich seit jeher für Weisung und Willen Gottes hält.

Der mediale, der öffentliche und gesellschaftliche Druck auf die Kirche wächst. Und so neigen wir als Kirchenverantwortliche vielleicht allzu leicht zu der Ansicht, wir könnten endlich einmal „punkten“, wenn sich am innerkirchlich im Grunde wenig geliebten Sexthema endlich mal ein paar, wenigstens kleine „Fortschritte“ zeigen könnten.

Was sagen Schrift, Tradition und der Glaube?

Aber wie befragen wir die Möglichkeit von vermeintlichen „Fortschritten“ auf diesem Gebiet? Wie befragen wir, welche Formen gelebter Sexualität gut und recht sind in Gottes Augen? Wir blicken auf das Evangelium und erkennen: Es gibt im Grunde keine einzige Form vollzogener Sexualität außerhalb der Ehe, die von der Hl. Schrift nicht entweder Unzucht oder Ehebruch genannt würde. Wir lesen aber auch, dass das Thema in der Schrift immer wieder prominent behandelt wird. Und wir lesen vor allem, dass da ein geheimnisvoller Zusammenhang hergestellt wird zwischen dem, wie Gott den Menschen sieht und will einerseits und sittlicher und sexueller Reinheit andererseits (vgl. Mt 5,28, Eph 5,3f, 1 Kor 6,18-20, Röm 1,21ff, 1 Thess 4,3f, Hebr 12,14ff). In der Bergpredigt preist Jesus die Menschen selig, die ein reines Herz haben, sie würden Gott schauen (Mt 5,8), um nur wenige Zeilen später zu sagen, dass schon der lüsterne Blick auf eine Frau eben dieses Menschenherz in seiner Reinheit eintrübe und in eine quasi ehebrecherische Verfassung bringe (Mt 5,28)!

Gott will den Menschen seinem Sohn ähnlich machen. Er will ihm die Gnade und Kraft schenken, ein heiliges Leben zu leben. Dabei ist Heiligkeit freilich nicht misszuverstehen als eine Art religiöser Leistungssport, gepaart mit außergewöhnlichen Anstrengungen in der Übung der Tugenden. Heiligkeit ist zunächst das Erfülltsein des Menschen mit Gottes Gegenwart, das Geschenk überfließender Gnade, die aus ihm, aus Gott selbst kommt. Erst sekundär folgt aus dieser Erfahrung des Beschenktseins von Gott und des Lebens aus dieser Gegenwart die Fähigkeit, in der Freiheit des Christenmenschen gut und selbstlos, also auch tugendhaft zu leben.

Das Kernproblem: Gottesvergessenheit

Aber meines Erachtens rühren wir genau hier am entscheidenden Problem: Es ist das Ernstnehmen der Gegenwart Gottes. Der Glaube daran, dass Gott in Christus wirklich da ist, dass er uns real und schon in diesem Leben berühren, heilen, verwandeln kann in ein neues, besseres, gottbezogenes und gottgefälliges Leben, dieser Glaube scheint in unseren Breiten in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr zu verdunsten. Wie viele glauben wirklich noch, dass Christus das Leben eines Einzelnen tatsächlich im Hier und Jetzt spürbar erneuern kann? Wie viele glauben wirklich noch, dass sie durch Christus „neu geboren“ (Joh 3,3) sind, tatsächlich „neue Schöpfung“ (2 Kor 5,17) sind? Und zwar so, dass sie es an realen und konkreten Lebensvollzügen festmachen können? Die Schrift ist aber voll davon, dass die Brüder und Schwestern, jetzt wo sie den Glauben angenommen haben, ihrem alten Leben entronnen sind, ihrer Gefangenschaft in solchen Bedürfnissen, Trieben und Egoismen, die auf alles Mögliche, aber nicht auf Gott hin orientiert waren (vgl. 1 Petr 1,14; 2 Petr 1,9, Hebr 10,32; 1 Thess 1,9; Kol 3,7; Eph 4,17-20 u.a.). Wer hat in volkskirchlichen Breiten, in denen der Glaube von Jahr zu Jahr, von Generation zu Generation schwindet, denn noch die reale Erfahrung von Bekehrung und wer hätte konsequent auch noch zusätzlich das Bestreben, kraft einer geduldigen, beständigen, alltäglichen Bekehrung mit der Hilfe Gottes ein neuer Mensch, ein echter Christ zu werden? Einer, der Gott, der Christus kennt, der ihm wirklich nachfolgen, der sein Kreuz tragen will? Einer, der von ihm die Fülle und die Freude erwartet und diese nicht leicht verwechselt mit den Freuden, die nur diese Welt gibt? All das ist Kern einer christlichen Anthropologie und des christlichen Menschenbildes, von dem wir – ohne diesen Kern wahrzunehmen – allzu schnell und damit oft auch allzu weich gespült in unserem gesellschaftlichen Diskurs reden.

Wer müht sich denn noch „mit Furcht und Zittern“ (Phil 2,12) um sein Heil, wie es Paulus nahe legt, weil nach der Schrift und aus der Sicht Jesu völlig ohne Zweifel die Möglichkeit besteht, auch verloren zu gehen? Viel mehr aber noch ist Paulus von der Hoffnung getragen, dass er, der Allmächtige, uns aus Liebe zu neuen Menschen machen will und schon damit begonnen hat.

Gott will die Sexualität durch seine göttliche Liebe verwandeln und heilen

Eine Liebe, die aus Gott kommt, meint den anderen Menschen wirklich um seinet- und um Gottes Willen. Sie manipuliert nicht hintergründig und will den Geliebten nicht wie einen Besitz „haben“. Zu dieser Liebe will uns Gott nach dem Zeugnis der Schrift befähigen und die Schrift erklärt auch, dass da der ganze Mensch dazu gehört, mit Leib und Seele und Geist.

Deshalb ist die menschliche Sexualität in diese Bewegung der Heilung und Heiligung mit hineingenommen und bleibt gerade nicht davon unberührt. Und von diesem Anspruch her gibt es von Gott bejahte und konkret vollzogene sexuelle Aktivität in ihrer ganzheitlichen Zielrichtung auch nur ganz oder gar nicht. Das heißt nur und ausschließlich in einer Ehe zwischen einem Mann und einer Frau, mit der Offenheit auf Lebensweitergabe, mit Verbindlichkeit und Treue und der Sorge um das gegenseitige Wohl der Ehepartner – bis zum Lebensende wenigstens eines der Partner. Katholische Christen glauben ja, dass Gott in und durch Christus diese Kraft zur Treue schenken kann und will, ja dass er darin selbst als der Treue gegenwärtig ist und bleibt. Das ist, knapp gesagt, der Inhalt dessen, was sie Sakrament nennen. Sie glauben auch, dass Christus darin die Kraft und Schönheit der Sexualität auch reifen lassen und ebenfalls tiefer und heiler machen will. Immer mehr weg von der Möglichkeit bloßer Triebabfuhr oder Triebbefriedigung, hin zu einer ganzheitlichen Erfahrung, in der der eine ganze Mensch in Leib und Seele auf den einen Partner ebenfalls als ganzen Menschen liebend ausgerichtet ist und bleibt.

Das Bemerkenswerte ist also: Schon für den konkreten Weg der Ehe sieht Gott einen Weg der Verwandlung vor – und zwar auch der Sexualität der Partner und ihrer Ausrichtung und Integration. Ehrliche Liebe, die sich von Gott begnadet weiß, verwandelt, heilt und integriert auch das sexuelle Begehren, die Sehnsucht, die Bedürfnisse. Wie gesagt, alles das setzt voraus, dass ich überhaupt an die Gegenwart Christi in meinem Leben glaube und vertraue, dass er mein Leben schon jetzt verwandeln kann und will und wird. Unser christliches Nachdenken über Sexualität hat nur unter dieser Voraussetzung überhaupt Sinn! Anders werden Christen in dem, was sie über Sexualität sagen, gar nicht (mehr) verstanden werden können. Schon gar nicht in stark säkularisierten Zeiten.

Das erste in der christlichen Verkündigung – auch über diese Themen – wäre also aus meiner Sicht nicht zuerst die Bekanntgabe von moralischen Vorschriften, sondern das Hineinhelfen in die Berührung mit der Gegenwart eines Gottes, der uns liebt und dem es gerade deshalb nicht egal ist, wie wir leben und zwar auch als sexuelle Wesen.

Christentum verlangt „übernatürlichen“ Glaubenssinn

Das Wort „übernatürlich“ galt bei vielen Theologen der 70er Jahre, die sich als „modern“ bezeichneten, als suspekt und wurde aus dem Vokabular gestrichen. Mit Nachdruck wurde daran gearbeitet, diese Vorstellung aus dem Geist und auch aus den Herzen der Gläubigen verschwinden zu lassen, entgegen den expliziten Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Professor Dr. Dr. Ralph Weimann, der zur Zeit an der Päpstlichen Hochschule „Regina Apostolorum“ und der Päpstlichen Universität vom „Heiligen Thomas von Aquin“ in Rom doziert, zeigt Gründe für das Entstehen dieser falschen Vorstellung auf und zugleich einen Weg, um ganz „normal“ zu glauben. In Anlehnung an Ausführungen von Papst Benedikt XVI. wird die Bedeutung des „übernatürlichen“ Glaubenssinns deutlich, ohne den es kein Christentum und keine Neuevangelisierung geben kann.

Von Ralph Weimann

Gründe für die Schwierigkeit mit dem Wort „übernatürlich“

Auch heutzutage bereitet das Wort „übernatürlich“ vielen, darunter Priestern, Ordensleuten und selbst vielen Theologieprofessoren, Schwierigkeiten. Mit akademischer Präzision ist dieses Wort aus dem gängigen Vokabular gestrichen worden, schließlich stehe es für ein veraltetes Stockwerksdenken, dass es ja gar nicht gebe. Der Einfluss protestantischer Theologen ist dabei nicht zu unterschätzen. So schrieb Rudolf Bultmann 1941: „Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muss sich klar machen, dass er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht."[1] Dieser 1941 unternommene Versuch, der erst später seine Wirkungsgeschichte auch innerhalb der katholischen Theologie entfalten sollte, bestand vor allem darin, die Theologie dem modernen Wissenschaftskanon zu unterwerfen. Damit schieden Wunder, Engel, Mystik und alles, was die Natur überstieg, aus. Zurück blieb entweder ein religiöses Gefühl, oder eine Leere, die häufig dazu führte, die Religion auch noch abzustreifen, nachdem man den Glauben bereits hinter sich gelassen hatte. Diese Tendenz beschränkt sich vornehmlich auf den deutschsprachigen Raum. Heute kann dieser Versuch als gescheitert betrachtet werden.

Der Weg des Heils übersteigt die Natur

Das Proprium des christlichen Glaubens besteht darin, eine Perspektive aufzuzeigen, die nicht mit dem Tod endet. Dem Gläubigen öffnet sich in Jesus Christus die Pforte zum ewigen Leben (vgl. Joh 10,7). Dieses hoffnungsvolle Versprechen kann aber nur dann wahr sein, wenn der Tod (natürlich) durch göttliche Handlung (übernatürlich) überwunden wird. Die übernatürliche Dimension ist also für den Glauben zentral, denn ohne eine solche Sicht würden auch die Sakramente der Kirche unverständlich. Gelegentlich wurde die Behauptung aufgestellt, dass das Konzept „übernatürlich“ durch das Zweite Vatikanische Konzil überwunden wurde. Ein Blick auf die Texte zeigt allerdings, dass das Gegenteil davon richtig ist. Bereits in der dritten Nummer der Dogmatischen Konstitution Dei Verbum wird vom Weg des Heiles gesprochen, der „übernatürlich“ ist. Die christliche Hoffnung gründet auf Gott, der die bloße Natur übersteigt, daher ist der Glaube an Gott notwendiger Weise übernatürlich, oder aber er ist kein Glaube.

Der junge Professor Ratzinger hat diesen Aspekt bereits in seiner Einführung in das Christentum auf den Punkt gebracht, er schrieb: „Christlicher Glaube – wir sagten es schon – bedeutet die Option dafür, dass das Nichtzusehende wirklicher ist als das zu Sehende. Er ist das Bekenntnis zum Primat des Unsichtbaren als des eigentlich Wirklichen, das uns trägt und daher ermächtigt, mit gelöster Gelassenheit uns dem Sichtbaren zu stellen – in der Verantwortung vor dem Unsichtbaren als dem wahren Grund aller Dinge. Insofern ist freilich – man kann es nicht leugnen – christlicher Glaube in doppelter Hinsicht ein Affront gegen die Einstellung, zu der uns die heutige Weltsituation zu drängen scheint."[2]

Ohne den Primat des Unsichtbaren gibt es keinen Glauben und auch keine Theologie, denn – wie der spätere Papst Benedikt XVI. bekräftigte – die Theologie ist die Reflexion über den Glauben und setzt Glauben voraus.[3] Ohne Glauben gibt es keine Theologie, sie würde zur Ideologie. Durch den Glauben ordnet der Mensch seinen Verstand und Willen Gott völlig unter, er antwortet auf den göttlichen Anruf.[4] Zugleich ist der Glaube, so drückt es der Katechismus aus, „ein Geschenk Gottes, eine von ihm eingegossene übernatürliche Tugend."[5]

Die Kirche selbst hat „sakramentalen“ Charakter

Aus dem Gesagten leiten sich auch Schlussfolgerungen für das Selbstverständnis der Kirche ab. Sie ist kein frommer Verein, keine bloß menschliche Institution, sondern sie ist „in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit."[6] Diese Aussage über die Kirche ist wegweisend und sie ist oft grundlegend falsch verstanden worden. Den Vätern des Konzils ging es um ein ganz bestimmtes Verständnis von Kirche, das untrennbar mit dem übernatürlichen Glaubenssinn verbunden ist: eine sakramentale Sicht. Heute wird Kirche jedoch oft ausgehend von ihrer Funktion bewertet, oder es werden gar utilitaristische Kriterien herangezogen. Gemäß einer solchen Perspektive, um ein konkretes Beispiel zu nennen, teilen Kommunionhelfer die heilige Kommunion aus, auch wenn genug Priester oder Diakone vorhanden sind. Gemäß einer funktionalen Sicht steht dem nichts im Weg, denn Laien können gewisse Funktionen ebenso gut erfüllen. Dann aber wäre die Kirche ein Verein, wie jeder andere. Um derartige Missverständnisse zu vermeiden, hat das letzte Konzil sich für eine sakramentale Sicht der Kirche entschieden und die Kirche selbst als „Sakrament“ bezeichnet. Ein Sakrament ist ein von Christus für seine Kirche eingesetztes sichtbares Zeichen der verborgenen Heilswirklichkeit.[7] Ein derartiges vom Konzil gewünschtes Verständnis von Kirche ist zwar im deutschen Sprachraum mitentwickelt worden, doch nach dem Konzil gerade dort vielfach auf Ablehnung gestoßen. Es lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Verlust des übernatürlichen Glaubenssinns und dem Verlust der sakramentalen Ebene feststellen. Dieser Prozess wird durch die Säkularisierung weiter beschleunigt und führt zwangsläufig zu einer Entsakralisierung und Protestantisierung.

Gerade heute ist es notwendig, den Blick wieder auf Gott zu richten. Es braucht ein neues Vertrauen, dass Gott der Herr der Geschichte und der Kirche ist. Papst Benedikt hat mit Worten, die in diese Richtung gehen, sich von der Welt verabschiedet. Am Ende seiner letzten Generalaudienz am 27. Februar 2013 sagte er auf dem Petersplatz: „Gott leitet seine Kirche, er stützt sie immer, auch und vor allem in den schwierigen Momenten. Verlieren wir niemals diese Sicht des Glaubens, die die einzig wahre Sicht des Weges der Kirche und der Welt ist. Möge in unserem Herzen, im Herzen eines jeden von uns immer die frohe Gewissheit herrschen, dass der Herr uns zur Seite steht, uns nicht verlässt, uns nahe ist und uns mit seiner Liebe umfängt. Danke!"[8]

Wir müssen die wahre „Entweltlichung“ finden

Schon die Apostel hatten mit diesem übernatürlichen Glaubenssinn zu kämpfen. Sie hatten mit Jesus Christus gelebt, gesehen, wie er Wunder wirkte, Tote auferweckte, Kranke heilte, Dämonen austrieb. Sie sind ihm nach der Auferstehung begegnet und doch zweifelten sie. Die Grundschwierigkeit, den Blick vertrauensvoll zu Gott zu erheben, ist eine Grundherausforderung für alle Zeiten und setzt ein Abstand-nehmen zur Welt voraus. Die Mahnung des Apostels Paulus an die Römer ist in diese Richtung zu interpretieren: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist“ (Röm 12,2). Gerade daran hat Papst Benedikt XVI. bei seiner Rede im Freiburger Konzerthaus erinnert, als er den engagierten Christen mit auf den Weg gab: „Um so mehr ist es wieder an der Zeit, die wahre Entweltlichung zu finden, die Weltlichkeit der Kirche beherzt abzulegen."[9]

Papst Franziskus hat diesen Gedanken gleich in seiner ersten Predigt aufgegriffen und mit etwas gröberen Worten gesagt: „Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, da kommt mir das Wort von Léon Bloy in den Sinn: ‚Wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel.‘ Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, bekennt man die Weltlichkeit des Teufels, die Weltlichkeit des Bösen.“

In der Exhortation Evangelii gaudium warnt Franziskus eindringlich vor der spirituellen Weltlichkeit, die einen Manager-Funktionalismus, der mit Statistiken, Planungen und Bewertungen überladen sei, an die Stelle des Glaubens treten lasse.[10]

Diese Sicht des Glaubens bedeutet immer auch ein beherztes Ringen, denn sie steht im Gegensatz zum Zeitgeist. Dies hat sich auch bei der Außerordentlichen Familiensynode gezeigt, über deren Verlauf Kardinal Gerhard Ludwig Müller in einem Interview mit der polnischen Zeitung Nasz Diennik sagte: „Leider habe es Vertreter der Kirche, darunter sogar Bischöfe, gegeben, die sich von der säkularisierten Gesellschaft hätten blenden lassen, sodass sie das Hauptthema oder die Lehre der Kirche aus den Augen verloren hätten. Sie hätten über verschiedene Möglichkeiten nachgedacht und dabei auf die Grundlage vergessen. Für die Bischöfe dürfe es immer nur eine Agenda geben, die Agenda der Kirche auf der Grundlage der göttlichen Offenbarung, sagte Kardinal Müller abschließend."[11]

Gott greift helfend in die Geschichte ein

Im Kontext einer säkularisierten Gesellschaft kann es schwierig sein, den übernatürlichen Glaubenssinn zu pflegen, und doch kommt Gott immer wieder den Menschen entgegen. Dies verdeutlichen beispielsweise die eucharistischen Wunder, so wie viele andere Zeichen, die der Herr schenkt, damit wir glauben. Die Liste solcher göttlicher Interventionen ist lang, sie reicht vom Monte Sant’Angelo über Lanciano und Orvieto bis nach Guadalupe. Das Sonnenwunder von Fatima, mit dem sich die Heilung Kranker, sowie der Ruf nach Umkehr und Buße verbindet, ist in diesen Kontext einzureihen, genauso wie das Leben des hl. Pater Pio von Pietrelcina und vieler anderer Heiliger.

Selbstverständlich ist der übernatürliche Glaubenssinn nicht an private Offenbarungen gebunden und sollte sich auch in keine Abhängigkeiten begeben. Dennoch können derartige Ereignisse hilfreich sein. Wie das Wort „über-natürlich“ sagt, geht es um etwas, was die bloße Natur übersteigt, und das bedeutet immer auch eine Weitung des Horizonts, um „Mehr“ zu entdecken, das uns der Glaube erschließt.

Der Glaube ist zudem ein übernatürliches Geschenk, denn zum Glauben ist die innere Hilfe des Heiligen Geistes notwendig. Das bedeutet: wenn jemand den übernatürlichen Glaubenssinn verliert, verliert er den Glauben (der übernatürlich ist) und damit droht ihm auch das ewige Heil verloren zu gehen. Das ist auch der Grund, warum Papst Benedikt XVI. ein Jahr des Glaubens ausgerufen hatte. Im Motu Proprio Porta fidei spricht der Papst von einer schweren Glaubenskrise und der Notwendigkeit der Glaubensverkündigung und der Neuevangelisierung. Er schrieb: „An Jesus Christus zu glauben ist also der Weg, um endgültig zum Heil zu gelangen."[12]

Glaube wächst auf dem Fundament der Demut

Der übernatürliche Glaubenssinn setzt Demut voraus, die wiederum die Grundlage für das Wirken des Heiligen Geistes ist. Die Heiligen waren in der Regel einfache (demütige) Menschen und der Herr hat in der Heilsgeschichte immer wieder die „Kleinen“ erwählt, um durch sie Großes zu vollbringen. Die Heiligen sind zugleich Menschen, die dem Herrn mehr vertrauen als sich selbst. Der „Kleine Weg“ der hl. Therese von Lisieux ist dafür ein vortreffliches Beispiel. „Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ (Lk 18,14). In Maria hat diese demütige Haltung von Anfang an bestanden. Daher konnte sie mit Recht im Magnifikat rufen: „Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter“ (Lk 1,48).

Der hl. Augustinus hat die Demut als die Grundlage und die Krönung aller Tugenden bezeichnet, denn ohne eine tiefe Gottesfurcht kann keine andere Tugend außer Scheintugenden existieren. Und die hl. Theresa von Ávila bekräftigte: „In einem Akt der Demut findet sich mehr Wissen als in der ganzen Welt.“ Es lässt sich also sagen, dass ohne Demut Gott nicht gefunden werden kann. Wenn man also fragt, warum gerade Theologen das Wort „übernatürlich“ solche Probleme bereitet, dann mag man hier eine plausible Antwort finden. Es fehlt an der notwendigen Demut.

Das Gebet öffnet unser Herz auf Gott hin

„Die Demut ist die Grundlage des Betens, denn ‚wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen‘ (Röm 8,26). Um die Gabe des Gebetes zu empfangen, müssen wir demütig gesinnt sein. Der Mensch ist vor Gott ein Bettler [Vgl. Augustinus, serm. 56,6,9]."[13] Zur Demut gehört die Offenheit des Herzens, die es Gott erlaubt, die Initiative zu ergreifen.

Der Glaube kann sich allerdings erst dann entfalten, wenn man mit Gott ins Gespräch kommt. Pater Pio pflegte zu sagen, dass man in den Büchern nach Gott sucht, Ihn aber nur im Gebet findet. Das Gebet ist der Schlüssel, um das Herz auf Gott hin zu öffnen. Der Glaube an Jesus Christus bedeutet, Ihn als wahren Gott und Mensch anzuerkennen. Jesus Christus ist wahrer Gott, er ist der einzige Erlöser der Welt, ein Bekenntnis, das in der Geschichte oft verdunkelt wurde und auch heute verdunkelt wird.

Der Christ befindet sich in einem geistigen Kampf und soll in der Kraft des Glaubens den Angriffen des Bösen Widerstand leisten (vgl. 1 Petr 5,8). Die besten und wirksamsten Mittel, die der Herr uns dazu gegeben hat, sind die Sakramente, in denen wir Ihm begegnen. Um deren Wirkung zu verstehen und sie in uns fruchtbar werden zu lassen, braucht es den übernatürlichen Glaubenssinn.

Ein Wort von Papst Benedikt XVI., das er zu Beginn des Priesterjahres am 16. Juni 2009 verfasst hat, fasst das Gesagte treffend zusammen: „Der Glaube an den göttlichen Meister gibt uns die Kraft, vertrauensvoll in die Zukunft zu schauen. […] Christus rechnet mit euch. Nach dem Beispiel des hl. Pfarrers von Ars lasst euch von ihm vereinnahmen, dann seid in der Welt von heute auch ihr Boten der Hoffnung, der Versöhnung und des Friedens!"[14]

 


[1] Rudolf Bultmann: Neues Testament und Mythologie. Das Problem der Entmythologisierung der neutestamentlichen Verkündigung. 1941, Duisburg 2001, 18.
[2] Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis, München 92007, 66 f.
[3] Vgl. Joseph Ratzinger: Wesen und Auftrag der Theologie. Versuche zu ihrer Ortsbestimmung im Disput der Gegenwart, Einsiedeln, Freiburg 1993, 81.
[4] Vgl. DV 5.
[5] KKK 153.
[6] Ebd. 1.
[7] Vgl. KKK 774.
[8] Benedikt XVI. i. d. Generalaudienz v. 27.2.2013.
[9] Benedikt XVI. in der Ansprache v. 25.9.2011.
[10] Franziskus in Evangelii gaudium, 93-97.
[11] So zitiert in: www.kath.net/news/48155 [9.1.2015].
[12] Benedikt XVI. in Porta fidei, 3.
[13] KKK 2559.
[14] Benedikt XVI. im Schreiben zum Beginn des Priesterjahres, vom 16.6.2009.

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