Die Bedeutung der bräutlichen Sehnsucht nach Gott beim hl. Franz von Sales

„Ich fand ihn, den meine Seele suchte“

Weihbischof Dr. Andreas Laun ist bereits zwei Jahre nach seiner Matura in die Ordensgemeinschaft der Oblaten des hl. Franz von Sales eingetreten. Seinem Ordensvater fühlte er sich immer sehr verbunden. Er schätzt seinen pastoralen Ansatz, aber auch seine theologischen Abhandlungen über die Gottesliebe, die ihm besonders aktuell erscheinen.

Von Weihbischof Andreas Laun

Daniel – ein „Mann der Sehnsucht“

In einem geistlichen Text aus dem 13. Jahrhundert heißt es: „Daniel brannte nach dem Kommen des Herrn. Deshalb nannte ihn der Engel: ,Mann der Sehnsucht!‘ Das Herz ging ihm über, hinzugehen an den Ort des wunderbaren Geheimnisses und zu schauen die Menschwerdung des Herrn und ihr Mysterium, das den Heiligen des Alten Bundes verborgen war…“ Es gibt dieses Wort eines Engels über den Propheten Daniel nicht in der Bibel, wohl aber steht dieser alte Satz im deutschen Brevier der Priester. Falsch? Am Buchstaben gemessen ja, aber dem Sinn nach ist das Gesagte ganz richtig! Denn der Mensch ist auf Gott hin geschaffen, und noch genauer: Die Erfüllung seiner Natur erreicht er nicht durch das Bemühen, sich durch Erreichen irgendwelcher irdischer Ziele „selbst zu verwirklichen“, was immer mit diesem „selbst“ und der vermeintlichen „Verwirklichung“ gemeint sein mag, sondern ist einzig die Vereinigung mit Gott.

Darin besteht folgerichtig der sog. „Sinn des Lebens“: Gott zu lieben und die anderen Menschen. Diese Liebe beginnt mit Gottes Gnade und Werben um den Menschen und erfüllt sich in der Antwort des Menschen mit seinem ersten Ja-Wort, das er bei der Taufe spricht oder später, wenn er alt genug ist, das stellvertretende Ja seiner Eltern zu bestätigen! Denn sein Leben besteht dann „nur“ noch darin: dieses Ja ganz wahr zu machen, zu festigen, wiederherzustellen, wenn es seine Wahrheit und Kraft mehr oder weniger verloren haben sollte.

Heiligkeit – Überwindung der „Halbherzigkeit“

Das damit bezeichnete Ziel ist das, was wir „Heiligkeit“ nennen: wenn nämlich das „Siehe ich bin die Magd des Herrn“ und das „Dein Wille geschehe“ ganz wahr geworden ist, ohne geheime Vorbehalte und Schwankungen – soweit dies einem von der Erbsünde beschädigten Menschen möglich ist. Dabei verhält es sich ähnlich wie in den menschlichen Liebeserklärungen, die ständig der Reinigung bedürfen, die es nötig haben, von allen Resten der Lüge, der Grenzen des „Bis daher und nicht weiter“ befreit zu werden. „Du bist mein ganzes Glück“, heißt es in der Operette, aber das ist erstens einem Menschen gegenüber auf jeden Fall falsch, weil kein Mensch des Anderen „ganzes Glück“ sein kann. Zweitens aber ist es nur Gott gegenüber angemessen. Aber um es wahr zu machen, bedarf es eines lebenslangen Ringens gegen alle Zwischenrufe der Abschwächung und Relativierung. „Heiligkeit“ – die Durchsetzung der Liebeserklärung gegenüber Gott im Alltag, die durchgehaltene Treue der Liebe!

Die Sprache kennt den Begriff der „Halbherzigkeit“. Auch so könnte man es sagen: Heiligkeit ist die Vereinigung des „halben Herzens“, das man Gott vorenthalten hatte, mit der Herzenshälfte die man ihm schon gab. Und wenn der Mensch das begriffen hat, dann wird und ist er ein „Mensch der Sehnsucht“. Und diese Sehnsucht lässt sich, so die Bibel und die ganze christliche Tradition, nicht besser beschreiben als im Bild von Bräutigam und Braut, als „Sehnsucht der Braut“.

Gottesliebe – erste Neigung der menschlichen Seele

Dazu passt nun ein Blick auf den hl. Franz von Sales und seine „Abhandlung über die Gottesliebe“, an deren etwas altmodischer Sprache man nicht hängenbleiben sollte. Geschrieben hat er sein Werk gegründet auf der Theologie der Kirche, veranschaulicht mit unzähligen Vergleichen, darunter auch vielen, die der Welt der Bibel entnommen sind und die alle zu kennen viel Wissen oder hohes Erinnerungsvermögen an biblische Texte voraussetzt. Der Heilige geht dabei durchaus systematisch vor und bereitet das Thema „Gottesliebe“ durch Überlegungen über die Grundlagen des christlichen Gottes- und Menschenbildes vor. Wichtig ist ihm dabei natürlich vor allem zu erklären, was mit Liebe gemeint ist und welchen Gesetzen sie folgt. Nachdenkend über die Beziehung zwischen Mensch und Gott, stellt der Kirchenlehrer fest: „Sobald der Mensch ein wenig aufmerksam an Gott denkt, fühlt sein Herz eine gewisse beglückende Erregung, die Zeugnis gibt, dass Gott der Gott des menschlichen Herzens ist!“ (Abhandlung über die Gottesliebe – Theotimus (Th), I,15).

Das heißt dann auch: Wenn der Mensch zunächst rein weltlich herangewachsen ist, „erwacht doch beim ersten Blick auf Gott, bei der ersten Erkenntnis Gottes die natürliche und erste Neigung, Ihn zu lieben, die bis dahin schlafend und unsichtbar war, gleich einem Funken, der unter der Asche glimmt und zur Flamme wird, wenn er bloßgelegt ist. So bricht dann auch plötzlich die Neigung hervor und entzündet den Willen…“ (Th I,16).

„Glanz der Wahrheit“ – „heilige Wärme himmlischer Liebe“

Als Theologe weiß er natürlich, dass die Liebe zwischen Gott und Mensch immer von Gott ausgeht und der Mensch der Gnade bedarf. Daher die Frage: „Warum fühlen wir eine natürliche Neigung, Gott über alles zu lieben, wenn wir dieser Neigung doch in der Tat nicht folgen können? Handelt die Natur nicht sinnlos, uns zu einer Liebe anzutreiben, die sie uns nicht geben kann?“ Seine Antwort: Nein, diese Neigung ist nicht sinnlos, „Gott bedient sich dieser Neigung, um sich unserer umso liebevoller zu bemächtigen und uns an sich zu ziehen“ (Th I,18). Und Gott gibt dem Menschen alles, was er braucht, um Ihn, Gott, lieben zu können (Th II,8), und mehr noch: Gott tut alles, um den Menschen an sich zu ziehen, aber – und das ist dem Heiligen wichtig – ohne ihm die Freiheit zu nehmen (Th II,12).

Auch dass der Mensch zum Glauben kommt, hat mit Liebe zu tun. Das erklärt der Heilige so:  Zum Glauben führen den Menschen nicht Beweise und Wunder, sondern die „Schönheit der Wahrheit“, die ein „Gefühl des Wohlgefallens auslöst, so dass der Glaube einen ersten Anfang der Liebe einschließt, die unser Herz für Göttliches empfindet“ (Th II,14). Und weiter: „Kaum wirft der Glaube den Glanz seiner Wahrheit in unseren Verstand, so empfindet unser Wille sofort die heilige Wärme himmlischer Liebe“ (Th II,15). Angelangt an diesem Gedanken, hat der hl. Franz von Sales alles vorbereitet, um das zu sagen, worauf es ihm in diesem Werk ankommt: „Im Glauben erkennt der Mensch, dass sich Gott mit ihm vereinigen kann, dass Er es nicht nur kann, sondern auch will, ja sosehr will, dass er in unsagbarer Liebe uns alle Mittel bereitet hat, um zur Seligkeit zu gelangen.“ Dies auf Seiten Gottes. Was den Menschen betrifft, kommt dem genannten Willen Gottes die „natürliche Neigung für das höchste Gut“ sozusagen entgegen! Darum ist „im Innersten seines Herzens ein drängendes Verlangen danach und eine beständige Unruhe, ohne dass es auf irgend eine Weise zur Ruhe gelangen und aufhören könnte, zu bezeugen, dass ihm die vollständige Befriedigung und echte Zufriedenheit fehlt“.

Offenbarung Christi – Kuss des Bräutigams

Aber dann, in diese geradezu tragische Situation des Menschen hinein, kommt die erlösende Botschaft des Glaubens: Denn „hat aber der heilige Glaube unserem Geist einmal den erhabenen Gegenstand seiner natürlichen Neigung offenbart, dann, o wahrer Gott, welche Freude, welcher Jubel, welch frohes Erbeben in unserer ganzen Seele! Voll Bewunderung ruft sie beim Anblick einer so unbeschreiblichen Schönheit aus: Wie schön bist du, wie schön, Du mein Vielgeliebter.“ Damit ist der Heilige beim „Hohen Lied der Liebe angelangt“, mit dessen Hilfe er jetzt die Liebe zwischen Gott und Mensch als bräutliche Liebe beschreiben kann: „Ich fand endlich den, den ich suchte! (Hld 3,4)“. Der hl. Bischof erinnert dabei an die erste Begegnung von Jakob und Rachel, wie er sie küsste und vor Freude weinte, endlich die richtige Frau gefunden zu haben (Gen 29,10). Und zurück zum Thema: „So vergeht auch unser armes Herz vor Liebe, wenn es Gott gefunden und den ersten Kuss des heiligen Glaubens von Ihm erhalten hat! Es zerfließt in beglückender Liebe zum unendlichen Gut, das es zuerst in dieser erhabenen Schönheit sieht!“ Den Kuss hat der Heilige schon im Kapitel über die Vereinigung, nach der die Liebe strebt, so definiert: „So legen sich auch im Kuss Lippe auf Lippe zum Ausdruck des Verlangens, seine Seele in die des Anderen so vollkommen zu ergießen, dass beide zu einer einzigen verschmelzen“ (Th I,9). Und nochmals das Hohe Lied (3,4): „Ich fand ihn, den meine Seele suchte!“ (alle Zitate Th II,15).

Und daraus folgt – wie könnte es anders sein – das am Anfang genannte Thema der Sehnsucht nach Gott: Da der Mensch das endlich gefundene höchste Gut noch nicht besitzt, „erweckt es in ihm eine heiße Sehnsucht nach seiner Gegenwart“. Und wieder kehrt der Heilige in die Sprache der bräutlichen Liebe zurück: „Von dieser Sehnsucht ergriffen, ruft die Seele mit der Braut im hohen Lied aus: ,Er küsse mich mit dem Kuss seines Mundes!‘“ (Th II,16).

Wirkliche Christen – glühend in der Sehnsucht nach Gott

Aber auch die Psalmen sprechen oft von der Sehnsucht nach Gott, wie zum Beispiel das Bild vom durstigen Hirsch (Ps 42,2): „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann darf ich kommen und Gottes Antlitz schauen?“

Abschließende Bemerkung: In der geistlichen Literatur gibt es unzählige Texte verschiedenster Autoren, die von der bräutlichen Sehnsucht nach Gott sprechen als glühendem Kern jeder Gottesbeziehung. Es kann auch gar nicht anders sein: Wer von der Liebe spricht, muss auch von der Sehnsucht reden! In diesem Sinn kann man das am Anfang zitierte Wort über Daniel auf jeden Christen übertragen: Christen sind „Männer und Frauen der Sehnsucht“ oder sie sind keine wirklichen Christen!

Bewertung des Ehesakraments theologisch vertiefen

Nicht mehr auferlegen als unbedingt nötig!

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat seinen Artikel „Zur Frage nach der Unauflöslichkeit der Ehe. Bemerkungen zum dogmengeschichtlichen Befund und zu seiner gegenwärtigen Bedeutung“ aus dem Jahr 1972 überarbeitet und veröffentlicht. Als Professor in Regensburg hatte er damals den Aufsatz für den 59. Band der Münchener Akademie-Schriften mit dem Gesamttitel „Ehe und Ehescheidung. Diskussion unter Christen“ beigesteuert. Nun erschien der Beitrag mit derselben Überschrift im vierten Band der Gesammelten Werke Joseph Ratzingers/ Benedikts XVI., herausgegeben von Gerhard Ludwig Müller. In den völlig neu erarbeiteten „Schlussfolgerungen“ legt Benedikt XVI. dar, welche Sicht er heute vertritt. Er betont, dass er mit der im März 2014 fertig gestellten Überarbeitung nicht die Absicht hatte, sich in die Debatte um die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion einzumischen. Doch sind seine Überlegungen ein wertvolles Geschenk an die ganze Kirche. Benedikt XVI. ruft dazu auf, den wiederverheirateten Geschiedenen die Liebe der Kirche wirklich spüren zu lassen und ihnen nicht mehr aufzuerlegen als unbedingt nötig. Gleichzeitig fordert er dazu auf, bestimmten Fragen nachzugehen, „auf die wir noch keine Antworten besitzen“. Ein besonders drängendes Problem sieht er darin, dass das Kirchenrecht eine Ehe zwischen Getauften immer als Sakrament betrachtet, auch wenn einer der Eheleute im Augenblick der Eheschließung vollkommen ungläubig ist. Durch vertiefte theologische Antworten ergäben sich auch pastorale Lösungen im Blick auf die Bewertung bzw. Annullierung einer Ehe.

Von Benedikt XVI.

Notwendigkeit der Stärkung im Glauben

Die Kirche ist die Kirche des Neuen Bundes, aber sie lebt in einer Welt, in der „die Sklerose des Herzens“ (Mt 19,8) fortbesteht, die Mose zu seiner Gesetzgebung veranlasst hatte. Was kann sie da konkret tun, besonders in einer Zeit, in der sich der Glaube bis ins Innere der Kirche hinein immer weiter verdünnt und „das Leben wie die Heiden“, vor dem der Herr die Jünger warnt (vgl. Mt 6,32), immer mehr zum Normalfall zu werden droht? Das Erste und Wesentliche kann nur sein, dass sie eindringlich und verstehbar die Botschaft des Glaubens verkündigt und Räume zu öffnen versucht, wo er wirklich gelebt werden kann. Die Heilung der „Sklerose des Herzens“ kann nur vom Glauben kommen, und nur wo er lebendig ist, kann gelebt werden, was der Schöpfer dem Menschen vor der Sünde zugedacht hatte. Deshalb ist das Erste und Wesentliche, was die Kirche zu tun hat, den Glauben lebendig und stark zu machen.

Bedeutung der Unzuchtsklauseln bei Matthäus (5,32 und 19,9)

Zugleich muss die Kirche immer wieder versuchen, die Grenze und die Weite der Worte Jesu auszuloten. Sie muss dem Auftrag des Herrn treu bleiben, darf ihn aber auch nicht überdehnen. Mir scheint, dass die sogenannten Unzuchtsklauseln, die Matthäus an die bei Markus überlieferten Herrenworte angefügt hat, bereits ein solches Mühen spiegeln. Es wird ein Falltypus genannt, der vom Wort Jesu nicht betroffen ist. Solches Mühen ist die Geschichte hindurch weitergegangen. Die Kirche des Westens hat unter der Führung des Petrusnachfolgers sich nicht dem Weg der byzantinischen Reichskirche anschließen können, die sich immer mehr dem weltlichen Recht angenähert und damit das Spezifische des Lebens im Glauben abgeschwächt hatte. Aber sie hat auf ihre Weise Grenzen der Anwendbarkeit des Herrenwortes herausgestellt und damit ihre Reichweite konkreter definiert. Dabei sind vor allem zwei Bereiche sichtbar geworden, die einer besonderen Lösung durch die kirchliche Autorität offenstehen.

Charakter einer Ehe zwischen einem Christen und einem Nichtchristen

1) In 1 Kor 7,12-16 sagt der heilige Paulus – als seine persönliche Weisung, die nicht vom Herrn kommt, zu der er sich aber bevollmächtigt weiß – den Korinthern und durch sie der Kirche aller Zeiten, dass im Fall einer Ehe zwischen einem Christen und einem Nichtchristen diese dann gelöst werden kann, wenn der Nichtchrist den Christen in seinem Glauben behindert. Daraus hat die Kirche das so genannte Privilegium paulinum abgeleitet und in ihrer Rechtstradition immer weiter interpretiert (vgl. CIC cann. 1143-1150). Aus den Worten des heiligen Paulus hat die kirchliche Tradition erschlossen, dass nur die Ehe zwischen zwei Getauften wirkliches Sakrament und daher absolut unauflöslich ist. Ehen zwischen einem Nichtchristen und einem Christen sind zwar Ehen nach der Schöpfungsordnung und damit in sich endgültig. Aber sie können zugunsten des Glaubens und einer sakramentalen Ehe geschieden werden. Die Tradition hat dieses „paulinische Privileg“ schließlich zum Privilegium petrinum erweitert. Damit soll gesagt werden, dass dem Petrusnachfolger die Vollmacht gegeben ist, im Bereich der nichtsakramentalen Ehen zu entscheiden, wo Trennung gerechtfertigt ist. Dieses so genannte Privilegium petrinum ist allerdings nicht in den neuen Kodex eingegangen, wie ursprünglich beabsichtigt war. Dies lag an dem Dissens zwischen zwei Gruppen von Fachleuten. Die eine betonte, dass das Ziel des ganzen Kirchenrechts, sein innerer Maßstab das Heil der Seelen ist. Daraus folgt dann, dass die Kirche das kann und darf, was diesem Ziel dient. Die andere Gruppe war hingegen der Meinung, man dürfe die Vollmachten des Petrusamtes nicht überdehnen und müsse sich an die vom Glauben der Kirche erkannten Grenzen halten. Da zwischen beiden Gruppen keine Einigung erzielt werden konnte, hat Papst Johannes Paul II. entschieden, diesen Teil der rechtlichen Gewohnheiten der Kirche nicht in den Kodex aufzunehmen, sondern weiterhin wie bisher der Glaubenskongregation anzuvertrauen, die zusammen mit der konkreten Praxis zugleich immer neu Grund und Grenze kirchlicher Vollmacht in diesem Bereich bedenken muss.

Entfaltung der Gründe für eine Nichtigkeit der Ehe

2) Im Lauf der Zeit ist immer deutlicher ins Bewusstsein getreten, dass eine scheinbar gültig geschlossene Ehe aufgrund rechtlicher oder faktischer Mängel beim Eheabschluss nicht wirklich zustande gekommen, also nichtig sein kann. In dem Maß, in dem die Kirche ein eigenes Eherecht entwickelt hat, hat sie auch die Bedingungen der Gültigkeit und die Gründe für eine mögliche Nichtigkeit detailliert entfaltet. Nichtigkeit der Ehe kann durch Fehler in der rechtlichen Form entstehen, vor allem aber auch durch eine unzulängliche Willensentscheidung. In ihrem Umgang mit der Wirklichkeit Ehe hat die Kirche sehr früh erkannt und klargestellt, dass Ehe als solche konstituiert wird durch die gegenseitige Willensübereinstimmung der beiden Partner, die in einer vom Recht zu definierenden Form auch öffentlich geäußert werden muss (CIC can. 1057 §1). Inhalt dieser gemeinsamen Willensentscheidung ist, sich mit einem unwiderruflichen Bund einander zu schenken (CIC can. 1057 §2; can. 1096 §1). Das kirchliche Recht setzt dabei voraus, dass erwachsene Menschen von sich aus, von ihrer Natur her wissen, was Ehe ist, und so auch um ihre Endgültigkeit wissen; das Gegenteil müsste ausdrücklich bewiesen werden (CIC can. 1096 §1 und §2).

• Mangelndes Verständnis für die Endgültigkeit der Ehe

An dieser Stelle hat in den letzten Jahrzehnten ein neues Fragen begonnen. Kann man heute noch voraussetzen, dass die Menschen „von Natur“ aus um die Endgültigkeit und Unauflöslichkeit der Ehe wissen und in ihrem Ja mitbejahen? Oder ist nicht in der gegenwärtigen Gesellschaft, jedenfalls in den westlichen Ländern, eine Bewusstseinsänderung vor sich gegangen, die eher das Gegenteil erwarten lässt? Kann man den Willen zum Endgültigen als selbstverständlich voraussetzen, oder ist nicht eher das Gegenteil zu erwarten – dass man sich schon im Voraus auch auf ein Scheitern einstellt? Wo die Endgültigkeit bewusst ausgeschlossen würde, wäre eine Ehe im Sinn des Schöpferwillens und seiner Auslegung durch Christus nicht wirklich zustande gekommen. Hier wird auch sichtbar, wie wichtig eine rechte Vorbereitung auf das Sakrament heute geworden ist.

• Sorgfältige Nichtigkeitsprozesse – Öffnung einer neuen Tür

Die Kirche kennt keine Ehescheidung. Aber sie kann die Möglichkeit nichtiger Ehen nach dem eben Angedeuteten nicht ausschließen. Die Nichtigkeitsprozesse müssen in einer doppelten Richtung mit großer Sorgfalt geführt werden: Es darf nicht eine verkappte Ehescheidung daraus werden. Das wäre unehrlich und dem Ernst des Sakraments entgegengesetzt. Sie müssen andererseits die Problematik möglicher Nichtigkeit mit dem gebührenden Ernst betrachten und da, wo gerechte Gründe für Nichtigkeit sprechen, das entsprechende Urteil fällen und so diesen Menschen eine neue Tür auftun.

• Genaue Prüfung psychischer Probleme

In unserer Zeit sind neue Aspekte des Problems der Gültigkeit aufgetreten. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass das selbstverständliche Wissen um die Unauflöslichkeit der Ehe problematisch geworden ist und von hier aus sich für die Prozessführung neue Aufgaben ergeben. Zwei weitere neue Elemente möchte ich noch kurz anführen:

a) Can. 1095 Nr. 3 hat moderne Problematik ins Kirchenrecht eingetragen, wenn er sagt, unfähig eine Ehe zu schließen seien Personen, „die aus Gründen der psychischen Beschaffenheit die wesentlichen Verpflichtungen der Ehe nicht zu übernehmen imstande sind“. Die psychischen Probleme des Menschen werden gerade einer so großen Realität wie der Ehe gegenüber heute deutlicher wahrgenommen als früher. Doch muss hier nachdrücklich davor gewarnt werden, eilfertig von psychischen Problemen her Nichtigkeit zu konstruieren. Allzu leicht kann man dabei in Wirklichkeit auch eine Ehescheidung unter dem Deckmantel der Nichtigkeit erklären.

• Problem der Ehe bei „ungläubigen“ Getauften

b) Mit großem Ernst drängt sich heute eine andere Frage auf. Immer mehr gibt es heute getaufte Heiden, das heißt Menschen, die durch die Taufe zwar Christen geworden sind, aber nicht glauben und nie den Glauben kennengelernt haben. Dies ist eine paradoxe Situation: Die Taufe macht zwar den Menschen zum Christen, aber ohne Glaube bleibt er eben ein getaufter Heide. Can. 1055 §2 sagt, dass es „zwischen Getauften keinen gültigen Ehevertrag geben (kann), ohne dass er zugleich Sakrament ist“. Aber wie ist das, wenn ein ungläubiger Getaufter das Sakrament überhaupt nicht kennt? Er kann vielleicht den Willen zur Unauflösbarkeit haben, aber das Neue des christlichen Glaubens sieht er nicht. Das Drama dieser Situation wird vor allem sichtbar, wenn heidnische Getaufte sich zum Glauben bekehren und ein ganz neues Leben beginnen. Hier stellen sich Fragen, auf die wir noch keine Antworten besitzen. Umso dringender ist es, ihnen nachzugehen.

Möglichkeiten der Integration wiederverheirateter Geschiedener

3) Aus dem bisher Gesagten ist deutlich geworden, dass die Kirche des Westens – die katholische Kirche – unter der Führung des Nachfolgers Petri einerseits sich streng gebunden weiß an das Herrenwort von der Unauflöslichkeit der Ehe, andererseits aber auch die Grenzen dieser Weisung zu erkennen versucht hat, um den Menschen nicht mehr als unbedingt nötig aufzuerlegen. So hat sie von dem Ratschlag des Apostels Paulus ausgehend und zugleich auf die Autorität des Petrusamtes bauend bei den nichtsakramentalen Ehen die Möglichkeit einer Scheidung zugunsten des Glaubens weiter ausgearbeitet. Ebenso hat sie das Problem der Ungültigkeit einer Ehe nach allen Richtungen durchleuchtet.

• Beistand in fürsorgender Liebe

Das Apostolische Schreiben Familiaris consortio von Johannes Paul II. aus dem Jahr 1981 ist noch einen Schritt weitergegangen. In Nummer 84 heißt es: „Zusammen mit der Synode möchte ich die Hirten und die ganze Gemeinschaft der Gläubigen herzlich ermahnen, den Geschiedenen in fürsorgender Liebe beizustehen, damit sie sich nicht als von der Kirche getrennt betrachten […]. Die Kirche soll für sie beten, ihnen Mut machen, sich ihnen als barmherzige Mutter erweisen und sie so im Glauben und in der Hoffnung stärken.“ Hier ist der Pastoral ein wichtiger Auftrag erteilt, der wohl noch nicht genügend ins Leben des kirchlichen Alltags übersetzt ist.

• Patenamt und Mitwirkung in kirchlichen Gremien

Einige Details sind in dem Schreiben selbst angegeben. Dort wird gesagt, dass diese Menschen als Getaufte am Leben der Kirche teilnehmen können, ja, dazu verpflichtet sind. Es wird aufgezählt, was alles an christlichen Aktivitäten für sie möglich und nötig ist. Vielleicht müsste man aber auch noch deutlicher herausstellen, was vonseiten der Hirten und der Mitgläubigen geschehen kann, damit sie die Liebe der Kirche wirklich spüren können. Ich denke, man sollte ihnen die Möglichkeit zuerkennen, in kirchlichen Gremien aktiv zu werden und auch den Auftrag eines Paten anzunehmen, was bisher vom Recht nicht vorgesehen ist.

• Mahnung zur ernsthaften Selbstprüfung aller

Noch ein weiterer Gesichtspunkt drängt sich mir auf. Die Unmöglichkeit, die heilige Eucharistie zu empfangen, wird nicht zuletzt auch deswegen als so verletzend empfunden, weil gegenwärtig praktisch meist alle in der Messe Anwesenden auch zum Tisch des Herrn hinzutreten. So erscheinen die Betroffenen gleichsam öffentlich als Christen disqualifiziert. Ich denke, dass die Mahnung des heiligen Paulus zur Selbstprüfung und zum Bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, wieder ernster genommen werden müsste: „Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt“ (1 Kor 11,28 f.). Eine ernste Selbstprüfung, die auch zum Verzicht auf die Kommunion führen kann, würde uns die Größe des Geschenks der Eucharistie neu erfahren lassen und auch eine Art von Solidarität mit den geschiedenen Wiederverheirateten darstellen.

• Segnung beim Kommunionempfang

Noch einen ganz anderen praktischen Vorschlag möchte ich anfügen. In verschiedenen Ländern ist es üblich geworden, dass Personen, die nicht kommunizieren können (z.B. Angehörige anderer Konfessionen), zwar mit vortreten, aber die Hände auf die Brust legen und so zu erkennen geben, dass sie das heilige Sakrament nicht empfangen, aber um einen Segen bitten, der ihnen dann als Zeichen der Liebe Christi und der Kirche geschenkt wird. Diese Form könnte gewiss auch von Menschen gewählt werden, die in einer zweiten Ehe leben und daher nicht zum Tisch des Herrn zugelassen sind. Dass dabei gerade so eine intensive geistliche Kommunion mit dem Herrn, mit seinem ganzen Leib, mit der Kirche möglich ist, könnte für diese Menschen eine geistliche Erfahrung sein, die sie stärkt und ihnen hilft.


Aus: Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.: Zur Frage nach der Unauflöslichkeit der Ehe. Bemerkungen zum dogmengeschichtlichen Befund und zu seiner gegenwärtigen Bedeutung, in: Joseph Ratzinger: Gesammelte Schriften, Band 4, hrsg. von Gerhard Ludwig Müller, Freiburg 2014, S. 600-621, hier 615-621.

Vermächtnis Papst Benedikts XVI.

Glaube und Gültigkeit der Ehe

Am 11. Februar 2013 kündigte Papst Benedikt XVI. seinen Amtsverzicht zum 28. des Monats an. Noch am 26. Januar 2013 hatte er vor dem römischen Gerichtshof, der insbesondere für Ehe-Annullierungen zuständig ist, eine richtungweisende Ansprache gehalten. Im Nachhinein wirkt sie wie ein Vermächtnis. Im damaligen „Jahr des Glaubens“ zeigte Benedikt XVI. den Zusammenhang zwischen dem Glauben der Eheleute und den wesentlichen Eigenschaften einer gültigen Ehe auf. Zwar sei die Sakramentalität und damit Unauflöslichkeit der Ehe rein formal vom persönlichen Glauben der Brautleute unabhängig. Doch könne mangelnder Glaube tatsächlich ausschlaggebend dafür sein, dass jemand die Ehe nicht gültig eingehe. Einige Auszüge.

Von Benedikt XVI.

Es bedarf weiterer Reflexionen

Die Internationale Theologische Kommission gab in einem Dokument von 1977 folgenden Hinweis: „Wo also kein Anzeichen für den Glauben als solchen (im Sinne der Gläubigkeit, der Bereitschaft zu glauben) und keinerlei Verlangen nach Gnade und Heil vorliegt, stellt sich die Frage, ob die oben erwähnte allgemeine Absicht, ein echtes Sakrament zu empfangen, wirklich vorliegt oder nicht und ob der Ehevertrag gültig geschlossen ist oder nicht.“[1] Der sel. Johannes Paul II. erläuterte jedoch vor zehn Jahren in einer Ansprache an diesen Gerichtshof, dass „eine Haltung der Eheschließenden, die nicht der übernatürlichen Dimension in der Ehe Rechnung trägt, diese nur ungültig machen kann, wenn sie deren Gültigkeit auf der natürlichen Ebene berührt, in die das sakramentale Zeichen eingegossen ist“.[2] Diese Problematik bedarf vor allem im gegenwärtigen Kontext weiterer Reflexionen. 

Ablehnung Gottes begünstigt falsches Verständnis von Freiheit

Es gehört zu einer weit verbreiteten Denkweise, zu meinen, dass der Mensch er selber wird, indem er „unabhängig“ bleibt und zum anderen nur Beziehungen eingeht, die er jederzeit wieder abbrechen kann.[3] Es entgeht niemandem, dass die Entscheidung des Menschen, eine Bindung einzugehen, die das ganze Leben andauert, von der Grundhaltung des einzelnen beeinflusst ist – je nachdem, ob er in einer rein menschlichen Ebene verankert ist oder sich zum Licht des Glaubens an den Herrn hin öffnet. Denn nur wenn man sich zur Wahrheit Gottes hin öffnet, kann man die Wahrheit des Menschen als sein durch die Taufe wiedergeborenes Kind verstehen und auch im konkreten Ehe- und Familienleben verwirklichen: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15,5): So lehrte Jesus seine Jünger und rief ihnen die grundsätzliche Unfähigkeit des Menschen ins Gedächtnis, allein von sich aus das zu vollbringen, was zur Erlangung des wahren Wohls nötig ist.

Die Ablehnung des göttlichen Angebots führt in der Tat zu einer tiefen Störung aller zwischenmenschlichen Beziehungen,[4] einschließlich der Ehe, und leistet einem falschen Verständnis der Freiheit und der Selbstverwirklichung Vorschub, das vereint mit der Flucht vor geduldig ertragenen Leiden den Menschen dazu verurteilt, sich in seinen Egoismus und Egozentrismus zu verschließen. Die Annahme des Glaubens dagegen befähigt den Menschen zur Selbsthingabe, denn „nur indem er sich dem anderen, den anderen, den Kindern, der Familie öffnet, nur indem er im Leiden sich selbst verändern lässt, entdeckt er die Weite des Menschseins“.[5]

Unglaube fördert Infragestellung der ehelichen Treuepflicht

Der Glaube an Gott, gestützt von der göttlichen Gnade, ist also ein sehr wichtiges Element, um die gegenseitige Hingabe und die eheliche Treue zu leben.[6] Das soll nicht heißen, dass die Treue und die anderen Eigenschaften in der natürlichen Ehe, die zwischen Nichtgetauften geschlossen wird, nicht möglich seien. Denn dieser fehlt es nicht an den Gütern, „all diese Güter aber kommen von Gott, dem Schöpfer, und sie werden anfanghaft in die bräutliche Liebe Christi zu seiner Kirche eingefügt“.[7] Gewiss macht jedoch das Verschlossensein gegenüber Gott oder die Ablehnung der sakralen Dimension des Ehebundes und seines Wertes in der Ordnung der Gnade die konkrete Umsetzung des erhabenen Modells der Ehe, wie es nach dem Plan Gottes von der Kirche verstanden wird, schwierig und kann sogar die Gültigkeit des Bundes in Frage stellen, wenn dies in einer grundsätzlichen Ablehnung der ehelichen Treuepflicht oder anderer wesentlicher Elemente oder Eigenschaften der Ehe zum Ausdruck kommt.

Mangelnder Glaube beeinträchtigt das „Gut der Eheleute“

Der Glaube ist wichtig zur Umsetzung des wahren ehelichen Guts, das einfach darin besteht, immer und unter allen Umständen das Wohl des anderen zu wollen, zum Zweck eines wahren und unauflöslichen „consortium vitae“. Dem Vorsatz der christlichen Eheleute, eine wahre „communio coniugalis“ zu leben, wohnt in Wahrheit eine dem Glauben eigene Dynamik inne, durch die die „confessio“, die aufrichtige persönliche Antwort auf die Heilsbotschaft, den Gläubigen in Gottes Liebeshandeln einbezieht.

„Der Glaube ohne die Liebe bringt keine Frucht, und die Liebe ohne den Glauben wäre ein Gefühl, das ständig dem Zweifel ausgesetzt ist.“ Wenn das wahr ist, so muss man daraus schließen: „Glaube und Liebe erfordern sich gegenseitig, so dass eines dem anderen erlaubt, seinen Weg zu gehen.“[8] Wenn dies im Gemeinschaftsleben im weiteren Sinne gilt, so muss es erst recht im Ehebund gelten. Denn in ihm lässt der Glaube die Liebe der Eheleute wachsen und Früchte tragen; er gibt der Gegenwart des dreifaltigen Gottes Raum und macht das so gelebte Eheleben selbst zur „Frohbotschaft“ vor der Welt.

Ich weiß, dass es vom rechtlichen und praktischen Gesichtspunkt her mit Schwierigkeiten verbunden ist, das wesentliche Element des „bonum coniugum“ zu umschreiben, von dem bislang vor allem im Zusammenhang mit der Eheunfähigkeit die Rede war (vgl. CIC, Can. 1095). Das „bonum coniugum“ ist auch im Bereich der Vortäuschung des Konsenses von Bedeutung.

Man darf also nicht von der Überlegung absehen, dass es Fälle geben kann, in denen durch fehlenden Glauben das Gut der Eheleute beeinträchtigt und daher vom Konsens ausgeschlossen ist: zum Beispiel im Falle einer Verwirrung der Ordnung durch einen der Ehepartner aufgrund eines falschen Verständnisses des Ehebunds, des Gleichheitsprinzips oder im Falle einer Ablehnung der dualen Vereinigung, die den Ehebund kennzeichnet, im Zusammenhang mit dem möglicherweise gleichzeitig bestehenden Ausschluss der Treue und dem Vollzug des Geschlechtsaktes „humano modo“. Mit diesen Überlegungen möchte ich keineswegs einen einfachen Automatismus zwischen mangelndem Glauben und Ungültigkeit der Ehe postulieren, sondern vielmehr hervorheben, wie ein solcher Mangel, wenngleich nicht notwendigerweise, auch die Güter der Ehe verletzen kann, da die Bezugnahme auf die von Gott gewollte natürliche Ordnung dem Ehebund innewohnt (vgl. Gen 2,24).


[1] Die katholische Lehre über das Sakrament der Ehe, 1977, 2.3.
[2] Ansprache an die Mitglieder des Gerichtshofes der Römischen Rota anlässlich der Eröffnung des Gerichtsjahres, 30. Januar 2003, Nr. 8; in: O.R. dt., Nr. 9 v. 28.2.2003, S. 8.
[3] Vgl. Ansprache beim Weihnachtsempfang für das Kardinalskollegium, die Mitglieder der Römischen Kurie und der Päpstlichen Familie, 21. Dezember 2012; in: O.R. dt., Nr. 1 v. 4.1.2013, S. 7-8.
[4] Vgl. Ansprache an die Internationale Theologische Kommission, 7. Dezember 2012; in: O.R. dt., Nr. 51-52 v. 21.12.2012, S. 11.
[5] Vgl. Ansprache beim Weihnachtsempfang für das Kardinalskollegium, die Mitglieder der Römischen Kurie und der Päpstlichen Familie, 21. Dezember 2012; in: O.R. dt., Nr. 1 v. 4.1.2013, S. 7-8.
[6] Vgl. Generalaudienz, 8. Juni 2011; in: O.R. dt., Nr. 24 v. 17.6.2011, S. 2.
[7] Internationale Theologische Kommission: Die katholische Lehre über das Sakrament der Ehe, 1977, 3.4
[8] Apostolisches Schreiben in Form eines Motu Proprio Porta fidei, 11. Oktober 2011; in: O.R. dt., Nr. 42 v. 21.10.2011, S. 10-12.

Perspektiven einer erneuten Ehepastoral

Ein Ausweg aus dem „großen Dilemma“?

Dr. Andreas Schmidt (geb. 1974) ist Spiritual des Priesterseminars in München. Um eine Erneuerung der Ehepastoral in die Wege zu leiten, plädiert er für eine stärkere Gewichtung des Glaubens in der Ehevorbereitung und in der kirchenrechtlichen Qualifikation des Ehebandes. Die Einführung einer expliziten Glaubenskatechese hatte bereits die letzte Familiensynode von 1980 gefordert. Daneben wurde von verschiedenen Seiten vorgeschlagen, die geltende kirchenrechtliche Regelung zu überdenken, dass jede Ehe unter Getauften ein Sakrament ist. Schmidt führt diese Diskussion weiter. Er vertritt die These, dass für Ehen, in denen ein Partner trotz seiner Taufe keinen inneren Bezug zum christlichen Glauben hat, eine nichtsakramentale Trauung theologisch und pastoral sinnvoller wäre. Beide Ansatzpunkte, Glaubenskatechese und die Möglichkeit, bei fehlendem Glauben eine so genannte „Naturehe“ einzugehen, könnten nach Schmidt einen Weg aus dem Dilemma auftun, in das die momentane Ehepastoral geraten ist.

Von Andreas Schmidt

Die Wurzel des Problems

Die Bischofssynode hat über viele aktuelle Fragen der Familienpastoral diskutiert. In den Medien wurden besonders jene transportiert, die momentan im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen. Hinter diesen Tagesthemen steht jedoch eine theologische Frage: der Zusammenhang zwischen Glauben bzw. Glaubenskrise und Ehesakrament. Wenn die pastoralen Probleme unserer Zeit nicht von dieser Kernfrage her angegangen werden, laufen die vorgeschlagenen Lösungen Gefahr, nur äußerlich Symptome zu behandeln, ohne von innen her Heilung bewirken zu können. Schon im Jahr 1977 verortete die Internationale Theologenkommission hier die tieferliegende Problematik. „Heute stellt das Vorhandensein von nicht glaubenden Getauften ein neues theologisches Problem und ein großes Dilemma für die Pastoral dar.“[1] Das theologische Problem ist insofern neu, als es durch die noch weiter zunehmende Säkularisierung mehr als je zuvor Getaufte gibt, die nie einen inneren Bezug zum christlichen Glauben aufgebaut haben. In der Regel ist es bei der Eheschließung zumindest ein Partner, dem der Glaube wichtig ist – sonst denken die Brautleute erst gar nicht an eine kirchliche Trauung (auch die Zahl derer nimmt zu). Der andere Partner „macht mit“. Falls der nichtgläubige Partner nicht getauft ist, gibt es dafür eine stimmige Lösung: eine kirchliche Trauung, die aber kein Sakrament spendet, sondern eine so genannte „Naturehe“ segnet. Denn die Ehe ist von der Schöpfung an geschenkt und auf lebenslange Treue hin angelegt. Weil aber die erbsündlich verwundete Natur auch die Fähigkeit zu Liebe und Treue beeinträchtigt und eine solche Naturehe nicht aus der erneuernden Gnade Christi schöpft, ist sie nicht in jedem Fall unauflöslich. Eine sehr realistische Sicht, die ihre Bestätigung findet sowohl im Wunsch vieler nach dauerhafter ehelicher Gemeinschaft wie auch in der schmerzlichen Erfahrung vieler, dass diese nicht lebenslang gelingt. Anders als in der Naturehe verhält es sich aber bei der Ehe zwischen zwei getauften Partnern. Für sie gilt nach can. 1055 §2: Jede Ehe unter Getauften ist ein Sakrament – und damit ist sie auch unauflöslich, da sie eingesenkt ist in den unauflöslichen Bund der Liebe Christi zu seiner Kirche. Das ist zunächst nicht als strengere moralische Forderung zu verstehen, sondern als Geschenk und Verheißung. Was der Mensch ersehnt, aber aufgrund der menschlichen Gebrochenheit nicht allein zu verwirklichen vermag, wird durch die Gnade Christi möglich, welche die menschliche Natur und damit auch ihre Fähigkeit zu ehelicher Liebe und Treue erneuert und stärkt. Auch hier stimmt die Theologie mit den tatsächlichen Zahlen überein: Je mehr sich Ehepaare mit dem katholischen Glauben identifizieren, gemeinsam beten und den Gottesdienst besuchen sowie ihr Leben nach den Geboten Christi und der Lehre der Kirche zu gestalten versuchen, um so geringer sind die Scheidungszahlen – und Statistiken zufolge sind sie um ein vielfaches geringer als im sonstigen Durchschnitt.[2]

Das pastorale Dilemma, von dem die Theologenkommission spricht, besteht aber nun darin, dass in der heutigen Zeit eine große Zahl von Ehen geschlossen wird, in der die Partner zwar getauft sind, sich aber nicht oder nur partiell mit dem Glauben identifizieren und ihn auch nicht oder nur ansatzweise praktizieren. Problematische Einzelfälle kann es immer geben, aber die hohe Zahl der geschiedenen kirchlichen Ehen und derer, die ein zweites Mal zivil heiraten, müsste ein Alarmsignal sein, dass etwas nicht stimmen kann mit unserer Sakramentenpastoral. Unsere Analyse zeigt freilich auch, dass die ehepastoralen Probleme mit der Glaubenskrise als ganzer zusammenhängen und daher nur im Zusammenhang mit einer umfassenden Neuevangelisierung zu lösen sind. Was also erfordert diese aktuelle Situation? Was könnten Schritte der Erneuerung sein?

Intensivierung der Ehevorbereitung

Wenn der gemeinsam gelebte Glaube eine wesentliche Grundlage für eine lebenslang währende Ehe ist, braucht es innerhalb der Ehevorbereitung angesichts der heutigen Situation zunächst eine Glaubenskatechese. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Brautleute eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus leben, der ihrem Eheband Festigkeit zu verleihen vermag. Das wurde schon bei der letzten Familiensynode erkannt und im nachsynodalen Dokument Familiaris Consortio (Nr. 66) festgehalten: „Eine solche erneute Glaubensunterweisung für alle, die sich auf eine christliche Ehe vorbereiten, ist unbedingt notwendig, damit dieses Sakrament mit der rechten moralischen und geistlichen Einstellung gefeiert und gelebt wird.“ Hier besteht insbesondere in Deutschland Nachholbedarf. Während es in den meisten europäischen Ländern mittlerweile eine verpflichtende Vorbereitungszeit gibt, werden in Deutschland zwar von Diözesanstellen vielfältige Angebote gemacht, oft jedoch bleibt es beim einmaligen Treffen der Brautleute mit dem Pfarrer zum Ausfüllen des Brautprotokolls. Doch selbst wenn die Ehevorbereitung in diesem Sinn ausgeweitet wird, ist damit längst nicht alles geklärt. Im Gegenteil, es stellen sich neue Fragen: Was tun beispielsweise, wenn der nichtgläubige Partner sich nicht auf eine Glaubenskatechese einlassen will, insbesondere dann, wenn er auch formell aus der Kirche ausgetreten ist? Man darf nicht vergessen, dass die Brautleute kommen, weil sie „in der Kirche heiraten wollen“ (was immer das für sie bedeutet), und nicht deshalb, um sich im Glauben fortzubilden. Deshalb wird man realistischerweise damit rechnen müssen, dass sich nur ein Teil von ihnen auf einen Glaubensweg über mehrere Termine an Abenden und Wochenenden einlassen und zu einer inneren Entscheidung für ein Leben mit Christus gelangen wird.

Was aber ist mit den anderen? Momentan gibt es nur zwei Handlungsmöglichkeiten: Brautpaaren ohne gelebten Glauben das Sakrament der Ehe zu spenden oder aber ihnen eine kirchliche Trauung zu verweigern (wenn die Sakramentalität explizit ausgeschlossen wird). Beide Alternativen sind unbefriedigend. Denn im ersten Fall wird ihnen zwar das Sakrament gültig zuteil, aber es bleibt ohne Frucht und Kraft,[3] und die uns bekannten Probleme sind die Folge. Im zweiten Fall würden wir die Leute verprellen, die sich zurecht fragen könnten, warum eine kirchliche Trauung mit einem Nichtgetauften möglich sein soll, nicht aber mit einem „getauften Heiden“.  Es fehlt bisher die Möglichkeit, bei getauften Brautleuten einen aufrichtigen Willen zur Naturehe zu würdigen (auf die sie qua Menschsein ein Anrecht haben!), wenn sich ein Partner nicht mit dem Glauben der Kirche identifizieren kann.

Die Ausweitung nicht-sakramentaler Trauungen

Hier stellt sich die Frage, ob man für diesen speziellen Fall, der in unserer Zeit massiv zugenommen hat, eine weitere Option ermöglichen sollte, nämlich eine gültige, aber nichtsakramentale Ehe auch unter Getauften. Diese Frage ist nicht neu in der Theologiegeschichte. Seit dem Mittelalter gilt der Grundsatz, dass der so genannte „Ehevertrag“, der durch den Konsens der Brautleute zustande kommt, bei Getauften eo ipso ein Sakrament ist.[4] Allerdings gab es auch damals bereits Theologen wie Duns Scotus, die bei Sonderfällen für Ausnahmen von der Regel eintraten. Nach dem Tridentinischen Konzil, das diese Frage nicht endgültig entschied, war es vor allem Robert Bellarmin, der die unbedingte Identität von Ehevertrag und Sakrament postulierte[5] und für die weitere Rechtsentwicklung prägend wurde. Seine Theologie ist – zeitgeschichtlich bedingt – stark gegenreformatorisch ausgerichtet. So betonte er gegen den „Glaubenssubjektivismus“ Luthers die objektive Wirkung der Sakramente. Daher galt ihm die Ehe als Sakrament auch bei „Häretikern, Apostaten und Atheisten“, wenn sie nur getauft waren.[6] Es gab aber auch bedeutende nachtridentinische Theologen wie Vasquez und die Schule von Salamanca, die die Meinung vertraten, dass die Ehe der Christen sich als gültiger Ehevertrag auch nichtsakramental konstituieren könne, nämlich im Fall des sakramentalen Intentionsmangels, d.h. wenn kein Wille vorhanden ist, das Ehesakrament zu empfangen.[7]

Mit dem Aufkommen des Staatskirchentums in Gallikanismus und Josephinismus bekam die Frage eine neue, kirchenpolitische Dimension. Der Staat wollte die Ehehoheit an sich ziehen, und so drohte das Sakrament etwas zu werden, was nur als äußerlich-fromme Zutat zum staatlichen Ehevertrag hinzutrat. Während Benedikt XIV. in der Konstitution Redditae von 1746 die Frage noch offenließ, ob zwischen Christen auch nichtsakramentale Ehen bestehen können, lehnte im Jahr 1817 das Heilige Offizium dies als dogmatisch ausgeschlossen ab. Diese Entscheidung ist allerdings wiederum aus dem zeitgeschichtlichen Kontext heraus zu interpretieren, wie Winfried Aymans bemerkt: „Die Kirchliche Lehre von der Untrennbarkeit von Ehevertrag und Sakrament ist gegen die Entkirchlichung der Ehe gerichtet, die unter dem Einfluss des erstarkenden aufklärerischen Staates in den Sog einer Säkularisierung der Ehe geriet.“[8] Der „bleibende Sinn“ dieser kirchlichen Festlegungen ist nach Aymans: „Wer zur vollen Kirchengemeinschaft gehört, hat nicht gleichsam die Wahl, ob er eine sakramentale oder eine nichtsakramentale Ehe schließen will.“[9] Die Frage bleibt aber, ob nicht einige Fälle gesondert behandelt werden müssen. Aymans stellt die Rückfrage an die Ehe von Katholiken mit protestantischen Partnern, welche die Ehe ihrer Konfession entsprechend als „weltlich Ding“ und nicht als Sakrament verstehen. Er vergleicht das Ehesakrament mit der Taufe und stellt fest: „Es käme niemand auf den Gedanken, die Taufe einer solchen Glaubensgemeinschaft als Sakrament anzuerkennen, nach deren dezidiertem Bekenntnis die Taufe nur ein menschlicher Bußakt, nicht aber Handeln Gottes unter sichtbaren Zeichen wäre.“[10] So kommt er zu dem Schluss, „dass das bisherige begriffliche Instrumentarium, das nur zwischen sakramentalen Ehen und sogenannten Naturehen zu unterscheiden wusste, nicht mehr ausreicht und dass tunlichst eine differenzierte Neubewertung der Ehe in solchen kirchlichen Gemeinschaften aus katholischer Sicht unternommen werden müsste, die gemäß ihrem eigenen Bekenntnis die Ehe nicht als sakramentale Wirklichkeit verstehen.“[11]

Was für die konfessionsverschiedene Ehe gilt, kann analog auf die Eheschließung mit einem ausgetretenen Katholiken angewandt werden. Für diese Position steht Heribert Heinemann: „Zum Sakrament gehören auch Glaube und die Absicht, das zu tun, was die Kirche tut. Eine solche Absicht wird man von denen, die im Sinne eines Glaubensabfalls aus der Kirche ausgetreten sind, nicht erwarten können.“[12] In der nachkonziliaren Zeit und im Zuge der Erneuerung des kirchlichen Gesetzbuches wurde intensiv um diese Fragen gerungen. In der CIC-Reformkommission gab es den Vorschlag, den Fall zu berücksichtigen, dass ein (getaufter) Partner „des Glaubens entbehrt“, und zu can. 1055 §2 hinzuzufügen, dass für den Sakramentenempfang die notwendige Disposition vorhanden sein muss, also die volle Kirchengemeinschaft.[13] Damit wären konfessionsverschiedene Ehen wie auch Eheschließungen mit ausgetretenen Katholiken nicht mehr per se sakramental gewesen. Die Kommission erklärte jedoch, dass eine solche Entscheidung ihre Kompetenz übersteige (was aufgrund des Gewichts der Frage verständlich ist), und zunächst eine theologische Klärung durch dazu befugte Organe vonnöten sei.[14]

Eine Bischofssynode wäre der geeignete Ort, um dieses Thema zu diskutieren. Heute, einige Jahrzehnte nach der letzten Familiensynode und der Neufassung des Kirchenrechts, müssen genau diese Fragen wieder auf den Prüfstand. Hat sich die Entscheidung bewährt, keinerlei Ausnahmen bei der Untrennbarkeit von Ehevertrag und Sakrament unter Getauften zuzulassen – und es in Kauf zu nehmen, dass für viele Ehen der gelebte Glaube keinerlei Rolle spielt? Die einzige Bedingung an den Glauben für eine gültige sakramentale Ehe besteht heute darin, dass die Sakramentalität nicht explizit ausgeschlossen werden darf. Aber ist das wirklich ausreichend? Würden wir jemanden die Taufe spenden, der zwar nicht positiv bekennen will: „Ich glaube an Jesus Christus, den eingeborenen Sohn“, sondern lediglich bereit wäre, nicht auszuschließen, dass Jesus der Sohn Gottes sein könnte? Bei der Taufe scheint uns dies absurd, bei der Ehe offensichtlich nicht. Mit diesem Minimalismus will man verhindern, dass Ehen aufgrund mangelnden Glaubens der Brautleute ungültig geschlossen werden. Diese Strategie hat uns allerdings in das Dilemma geführt, in dem wir uns heute befinden. Viele Paare gehen die Ehe ohne eine bewusste Glaubensentscheidung ein und schöpfen in ihrem Eheleben nicht aus der Gnade Christi, was wiederum zu der hohen Zahl von Scheidungen und erneuten Eheschließungen führt. Sollte das nicht Anlass sein, das bestehende theologische Konzept zu überprüfen, anstatt nur über den pastoralen Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen zu debattieren?

In einem Punkt wurde das 1983 in Kraft gesetzte Kirchenrecht bereits wieder revidiert. Aus der Kirche ausgetretene Katholiken waren zunächst von der Formpflicht befreit, d.h. ihre vor dem Standesamt eingegangene Ehe (mit einem Nichtkatholiken) galt als sakramental. Mit dem Motu proprio Omnium in mentem wurde im Jahr 2010 diese Regelung aufgehoben, denn, so das apostolische Schreiben, „die Erfahrung dieser Jahre hat … gezeigt, dass dieses neue Gesetz nicht wenige pastorale Probleme hervorbrachte“.

Die Erfahrung der letzten 40 Jahre hat wohl ebenso deutlich gemacht, dass die Strategie der „maximalen Sakramentalisierung“ mit minimaler Anforderung an Glaubensvoraussetzung sich nicht bewährt. Vielmehr ist die Säkularisierung weiter fortgeschritten und die pastoralen Probleme haben sich vervielfacht. So sind die Vorschläge, die mit guter theologischer Begründung bereits in der nachkonziliaren Zeit vorgebracht wurden, neu zu prüfen. Gewiss hat die theologische Tradition der Untrennbarkeit von Ehevertrag und Sakrament bei Getauften ein großes Gewicht.[15] Es ist allerdings die Zeitbedingtheit der kirchlichen Aussagen zu berücksichtigen. Man könnte am Grundsatz festhalten und dennoch mit gutem Grund aufgrund der gewandelten historischen Situation Ausnahmen zulassen. Denn warum sollten für das Ehesakrament andere Zulassungsbedingungen gelten als für die übrigen Sakramente? Die gegenwärtige Praxis führt zu kuriosen Situationen: So ist ein ausgetretener Katholik von der Kommunion ausgeschlossen. Das Ehesakrament aber darf er sehr wohl empfangen (es besteht in diesem Fall zwar ein Trauverbot, von dem in Deutschland aber routinemäßig dispensiert wird). Ergo: Der Ausgetretene, der sich in einem öffentlichen Schritt vom Liebesbund Christi mit seiner Kirche getrennt hat, stellt nun nach katholischem Verständnis in seiner Ehe eben diesen Liebesbund Christi sakramental dar, von dessen sakramentaler Aktualisierung in der Eucharistie er wiederum ausgeschlossen ist. Ist das logisch? Kann ein Ausgetretener bzgl. des Ehesakramentes überhaupt das „wollen, was die Kirche will“ (was auch Bellarmin als eine notwendige Voraussetzung für eine Sakramentenspendung erachtet): die Ehe leben als „Bild und Teilhabe an dem Liebesbund Christi und der Kirche“ (GS 48)?

Aus verschiedenen Perspektiven zeigt sich: Das gegenwärtige Konstrukt ist nicht stimmig, es knirscht an allen Ecken und Enden, theologisch wie pastoral. Die „Sakramentenspendung an alle“ führt in das heutige Dilemma, in dem die wiederverheirateten Geschiedenen nur die Spitze des Eisbergs sind. Der Grund wiederum für diese Maximalstrategie in der Spendung des Ehesakraments liegt darin, dass es momentan bei Getauften keine Alternative gibt zur sakramentalen Ehe. Es wird Zeit zu erkennen, dass an dieser Stelle unser kirchenrechtliches Instrumentarium nicht mehr passt für die Situationen, wie sie sich uns in der heutigen pastoralen Praxis zeigen. Uns fehlt eine adäquate Handlungsmöglichkeit für getaufte Brautleute, bei denen ein Partner sich nie mit seinem Taufglauben identifiziert bzw. sich von ihm distanziert hat (meist verbunden mit dem Kirchenaustritt) oder wesentliche Teile wie beispielsweise die Sakramentalität der Ehe nicht bekennt (wie es bei der Konfessionsverschiedenheit naheliegt). Die Möglichkeit einer gültigen, aber nichtsakramentalen Eheschließung könnte diese Lücke schließen. Eine solche Trauung würde viel mehr dem entsprechen, was die Ehepaare in diesem Moment tatsächlich innerlich vollziehen wollen. Auch eine solche Ehe wäre auf lebenslange Treue hingeordnet. Aber weil sie nicht in gleicher Weise aus der Gnade Christi schöpft wie eine sakramentale Ehe, kann von ihr nicht die gleiche absolute Unauflöslichkeit postuliert werden. So wäre im Fall des Scheiterns unter Umständen[16] eine Auflösung und eine neue Heirat möglich. Auch rückwirkend könnte festgestellt werden, dass manche gescheiterte Ehen gar nicht sakramental geschlossen waren.

Diesem Vorschlag einer nichtsakramentalen Ehe für Getaufte werden verschiedene Argumente entgegengehalten. Eines lautet, der persönliche Glaube wäre keine objektive, messbare Größe, also könne darauf auch nicht die Frage der Sakramentalität gründen. Darauf ist zu antworten, dass es Kriterien gibt wie bspw. ein Kirchenaustritt oder eine Konfessionszugehörigkeit, die eine objektive Bedeutung haben. Zum anderen kann in einem Brautgespräch auch direkt nach dem Glauben gefragt werden.

Weiterhin wird diesem Vorschlag das Argument entgegengehalten, man wolle damit eine „Ehe light“ einführen, die letztlich auf eine Relativierung der christlichen Ehe hinausliefe. Ich halte diese Vorwürfe für ungerechtfertigt und denke, das Gegenteil ist der Fall. Ein solches Konzept würdigt die Ehe neu als Sakrament, das nur auf der Grundlage des Glaubens verantwortet gespendet werden kann. Das Wesen der sakramentalen Ehe und die gegenwärtige pastorale Realität würden damit ernster genommen als es in der momentanen Praxis geschieht. Was die Glaubwürdigkeit der katholischen Ehe viel mehr untergräbt, ist die enorm hohe Zahl von Geschiedenen und Wiederverheirateten, die das ernüchternde Ergebnis der bisherigen Ehepastoral und Rechtspraxis ist.

Resümee

Eine Erneuerung der Ehepastoral muss beides im Blick behalten: es braucht eine Intensivierung der Ehepastoral mit der Perspektive der Neuevangelisierung. Gleichzeitig muss aber auch berücksichtigt und theologisch neu bewertet werden, wenn der Glaube für das gemeinsame Leben des Paares keine Rolle spielt. Nur in einer Verbindung beider Perspektiven wird man der heutigen pastoralen Realität besser gerecht werden können. Es bleibt zu hoffen, dass die anstehende Familiensynode Wege der Erneuerung findet, welche die Kirche aus dem gegenwärtigen Dilemma zu führen vermögen.


[1] Internationale Theologische Kommission: Dokument „Die katholische Lehre über das Sakrament der Ehe“ (1977), Nr. 2.3.
[2] Vgl. bspw. Mercedes Arzu Wilson: The Practice of Natural Family Planning Versus the Use of Artificial Birth Control: Family, Sexual and Moral Issues, in: Catholic Social Science Review, Vol. VII, Nov. 2002.
[3] Internationale Theologische Kommission, a.a.O.: „Das bedeutet jedoch nicht, dass im Ehesakrament die Gnade abgesehen vom Glauben oder ohne den Glauben geschenkt würde. Und daher folgt nach den klassischen Grundsätzen: der Glaube ist Grundvoraussetzung und ‚disponierende Ursache’ einer fruchtbaren Wirkung.“
[4] Vgl. zum folgenden theologiegeschichtlichen Überblick U. Breitbach: Die Vollmacht der Kirche Jesu Christi über die Ehe der Getauften, Rom 1998, 25-35; vgl. auch W. Plöchl: Geschichte des Kirchenrechts, Bd. IV, Wien 1966, 191ff.
[5] Disputationes, tom. II, lib. un., cap. 6.
[6] Vgl. Disputationes, tom. II, lib. un., cap. 12.
[7] Vgl. U. Breitbach, a.a.O., 30, Anm. 58.
[8] W. Aymans: Gleichsam häusliche Kirche, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht (AfkKR) 147 (1978, 2), 424-446, hier 441.
[9] W. Aymans, a.a.O., 442.
[10]W. Aymans, a.a.O., 439.
[11] W. Aymans, a.a.O., 446.
[12] H. Heinemann: Die sakramentale Würde der Ehe, in: AfkKR 155 (1986, 2), 377-399, hier 393.
[13] Vgl. Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici recognoscendo, Communicationes 9 (1977), 122.
[14] Vgl. ebd.
[15] Sie wurde auf hoher lehramtlicher Ebene verkündet, vgl. Papst Leo XIII.: Enzyklika Arcanum divinae Sapientiae (DS 3145/NR749). Papst Pius XI.: Enzyklika Casti connubii (DS 3710, 3713/NR 756, 758f.
[16] Voraussetzung dafür ist, so die momentane Regelung für die Auflösung nichtsakramentaler Ehen, dass keine Möglichkeit besteht, das Eheleben wiederherzustellen und nicht der gläubige Partner schuld war am Scheitern der Ehe, vgl. Kongregation für die Glaubenslehre: Verfahrensrechtliche Bestimmungen über die Vornahme eines Prozesses der Ehelösung zu Gunsten des Glaubens („Privilegium Petrinum“), Art. 4, 1-2.

Bewegende Lebensgeschichte

Segne Du, Maria

Segne du, Maria

Es ist ein Geschenk, dass uns P. Dr. Siegfried Staudinger OFM (1920-2012) einen aufschlussreichen Bericht über die ergreifende Lebensgeschichte von Cordula Wöhler hinterlassen hat. Das kürzlich erschienene Büchlein trägt den harmlos klingenden Titel „Segne Du, Maria. Wie das schöne Marienlied entstand“. Doch in Wirklichkeit handelt es sich um das mitreißende Zeugnis einer Konvertitin, in dem die Wahrheit des katholischen Glaubens aufleuchtet.

Von Erich Maria Fink

Die Schriftstellerin Cordula Wöhler wurde am 17. Juni 1845 in der mecklenburgischen Stadt Malchin geboren und starb am 6. Februar 1916 in Schwaz in Tirol. Ihr Vater Dr. Johann Wilhelm Wöhler war protestantischer Theologe. Als Cordula zur Welt kam, arbeitete er in Malchin als Schulrektor, später wurde er evangelisch-lutherischer Pastor in Lichtenhagen, einem Dorf bei Rostock.

Schon in jungen Jahren begegnete Cordula dem katholischen Glauben. In ihm entdeckte sie einen Schatz, der ihr Herz unwiderstehlich anzog. In ihren Tagebuchaufzeichnungen, in denen sie ihren ganzen Lebensweg, besonders ihre religiöse Entwicklung festgehalten hat, schreibt sie: „Mit tiefer Wehmut denke ich an den Tag meiner Konfirmation zurück. Seit Jahren hatte ich ihn mit so großer Sehnsucht herbeigewünscht, mir den Himmel auf Erden in der Vereinigung mit meinem Heiland im Abendmahl gedacht, aber als ich nun an den Altar trat, o welche Enttäuschung, welches Herzeleid! Ich fühlte es mit herzzerschneidendem Schmerz.“ Ein Jahr später besuchte die noch nicht sechzehn Jahre alte Cordula bei ihren Großeltern in Ludwigslust zum ersten Mal eine katholische Kirche. „Dort“, schreibt sie später, „fühlte es die junge Seele, wenn auch nur gleichsam ahnend und wie im Traum, dass derjenige auf dem Altar, den bei der heiligen Wandlung der Priester anbetend in die Höhe hielt und auf den sich meine Blicke mit tiefster Ehrfurcht richteten, der Herr, unser Gott, ist. Ja, Jesus im Sakrament, der Gott der Eucharistie mit seiner leibhaftigen Gegenwart unter uns bis zum Ende der Welt, hat mein junges Herz ergriffen.“

So machte sich Cordula auf die Suche nach der Wahrheit, beschäftigte sich mit den Büchern der geistlichen Schriftsteller Christoph von Schmid, Alban Stolz sowie der Konvertitin Ida Gräfin von Hahn, beobachtete auf Reisen mit ihren Eltern die Welt der katholischen Kirche im Süden Deutschlands, in Österreich und der Schweiz, trat mit Professor Stolz in Briefkontakt und vollzog schließlich mit 25 Jahren gegen den erbitterten Widerstand ihrer Eltern den Übertritt zum katholischen Glauben. Am 10. Juli 1870 wurde sie in Freiburg im Breisgau von Weihbischof Lothar von Kübel in die Kirche aufgenommen und drei Tage später gefirmt. Am 16. Juli empfing sie die erste heilige Kommunion. Sie schrieb: „Es waren dies die drei gnadenvollsten Tage meines Lebens, voll eines Glückes, so reich und rein, dass alles Wehe der letzten bitterschweren Jahre davor verschwinden musste.“

Erst ein Jahr zuvor hatten ihre Eltern den Briefwechsel mit Alban Stolz entdeckt. Sie begannen ihr größte Vorwürfe zu machen: sie stürze die ganze Familie ins Unglück, ja, die dämonische Macht des Teufels halte sie gefesselt. Der dramatische Konflikt setzte Cordula sehr zu. Diese schwere Zeit, wie sie schreibt, konnte sie nur durchhalten, weil sie zur schützenden Liebe der Gottesmutter Zuflucht nahm. So verfasste sie am 31. Mai 1870 das Gedicht „Segne Du, Maria, segne mich, Dein Kind“, das mit der Vertonung des niederbayrischen Kirchenmusikers Karl Kindsmüller zu einem der beliebtesten Kirchenlieder im deutschen Sprachraum geworden ist.

Rezeptfrei die „Pille danach“?

Neuer Angriff auf das Leben

Der Europäische Arzneimittelausschuss EMA hat vor kurzem empfohlen, die „Pille danach“ (Ella One) völlig aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Bevor nun die EU-Kommission überhaupt entschieden hat, ob und wann sie dieser radikalen Liberalisierung zustimmt, wird in Deutschland von SPD- und CDU-Vertretern im Gegensatz zur hier geltenden Rechtslage vorauseilend bereits Einverständnis signalisiert, die bisherige ärztliche Beratungs- und Rezeptpflicht abzuschaffen. Mechthild Löhr, die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), lehnt die Rezeptfreiheit entschieden ab, da die Pille die Gesundheit der Frau gefährdet und Frühabtreibung ermöglichen kann.

Von Mechthild Löhr

Die „Pille danach“ ist grundsätzlich keine harmlose Nach-Verhütungspille, sondern ein hoch dosiertes Hormonpräparat, dessen gelegentliche oder häufigere Einnahme die Gesundheit einer Frau gefährdet und sogar Frühabtreibungen ermöglicht. Die völlige Rezeptfreigabe der „Pille danach“ wird seit längerem vehement vor allem von denen gefordert, die auch als Befürworter von Abtreibung bekannt sind. Aktuell geht es um zwei unterschiedliche „Pillen danach“: eine auf der Basis von Levonogestel (LNG), bis zum 3. Tag wirksam, und eine andere – „Ella One“ –, auf der Basis von Ulipristalacetat (UPA), bis 5 Tage nach der Empfängnis wirkend. Beide sind derzeitig in Deutschland rezeptpflichtig. Dies ist sicher nicht grundlos so. Die LNG-Pille enthält eine sehr hohe Hormondosierung, die in etwa der monatlichen Gesamtdosis einer gängigen Verhütungspille entspricht. Schon jetzt wird diese Pille immer häufiger, auch bei Minderjährigen, verschrieben. Wie Studien belegen, ist diese Pille keinesfalls folgenlos, sondern kann im Einzelfall erhebliche gesundheitliche Nebenwirkungen und Risiken für die Frau bedeuten. Zudem ist genau wie bei der ebenfalls stark beworbenen UPA-Pille durch die vorliegenden Studien keinesfalls ausgeschlossen, dass außer der möglichen Gefährdung der Frau auch der bereits entstandene Embryo geschädigt beziehungsweise abgetrieben wird. Gerade bei „Ella One“, die erst seit wenigen Jahren am Markt ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, da hier genau der gefährliche Wirkstoff (UPA) benutzt wird, der auch für die bekannte Abtreibungspille Mifegyne (RU 486) eingesetzt wird. Rund 18% aller gemeldeten Abtreibungen nach § 218 erfolgen inzwischen mit diesem Mittel. Allein schon daraus lässt sich ableiten, dass die Wirkungsbasis dieses Präparates nicht nur auf der Veränderung des Eisprungs (Ovulationshemmung) besteht, sondern dass hier die Nidationshemmung dazukommt. Für den Wirkungsgrad einer „Pille danach“ ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt des Zyklus die Frau diese Pille einnimmt. Sollte bereits der Eisprung stattgefunden haben oder die Schwangerschaft mehrere Tage bestehen, kann es zusätzlich zu einer frühabtreibenden Wirkung kommen.

Die hohe Wirksamkeit beider „Pillen danach“ – rund 98% der Frauen sind nach der Einnahme nicht schwanger – ist ein weiteres Indiz dafür, dass Schwangerschaften nicht nur verhindert, sondern frühzeitig beendet werden können. Dies führt schon jetzt dazu, dass beispielsweise Pro familia sich mit einer Werbebroschüre mit dem Titel „Auf Nummer sicher mit der ,Pille danach‘“ bei Jugendlichen für die „Pille danach“ stark macht. Sollte die „Pille danach“ jetzt rezeptfrei werden, besteht die große Gefahr, dass sie als Lifestyle-Pille im Handgepäck dabei ist. Dies rät auch bereits jetzt Pro familia: „So ein Notvorrat kann auch sinnvoll sein, wenn Du ins Wochenende oder in den Urlaub fährst. Für den Fall der Fälle.“

Die medizinische Versorgung und ärztliche Betreuung hat in Deutschland einen erfreulich hohen Standard erreicht. Sollten wir uns jetzt, wo die Zahl der Geschlechtskrankheiten ebenso zunimmt wie die Sterilitätshäufigkeit, nur auf Brüsseler Empfehlung hin für den niedrigsten Schutz von Frau und Kind entscheiden? Wie viele, gerade junge Frauen würden vielfach unnötig und unverantwortlich mit nebenwirkungsreichen Hormonpräparaten belastet, ohne ausreichend über Risiken, Nebenwirkungen oder Alternativen beraten zu werden? Dies gilt es nun zu verhindern.

Gesundheitsminister Gröhe muss keinesfalls den neuen Brüsseler Empfehlungen folgen, da dies national geregelt werden darf. Er könnte eigene, neutrale Studien in Auftrag geben und sich kritisch gegen den Druck der ökonomisch oder ideologisch motivierten Befürworter stellen. Er könnte sogar dafür sorgen, dass die Werbung für die „Pille danach“ untersagt wird. Oder müssen erst die negativen Folgen von zukünftig millionenfach eingesetzten „Pillen danach“ bewiesen werden, bis erkannt wird, dass eine Schwangerschaft nicht einen „Notfall“, sondern ein neues Leben bedeutet?

Papst Franziskus in Istanbul

Sehnsucht nach Einheit

Auf seiner Reise in die Türkei war Papst Franziskus am 29. und 30. November 2014 zu Gast beim orthodoxen Patriarchen Bartholomäus in Istanbul. Mit herzlicher Einfachheit brachte er die große Sehnsucht nach einer Wiederherstellung der sichtbaren Einheit zum Ausdruck. Beim Gottesdienst in der Patriarchatskirche St. Georg machte er das Angebot, auf jede Forderung zu verzichten und als Grundlage das gemeinsame Erbe des ersten Jahrtausends zu betrachten.

Von Papst Franziskus

Mit dem Dekret Unitatis redintegratio des Zweiten Vatikanischen Konzils erkennt die katholische Kirche insbesondere an, dass die orthodoxen Kirchen „wahre Sakramente besitzen, vor allem aber in der Kraft der apostolischen Sukzession das Priestertum und die Eucharistie, wodurch sie in ganz enger Verwandtschaft bis heute mit uns verbunden sind“ (Nr. 15). Folglich wird bestätigt: Um die Fülle der christlichen Tradition in Treue zu wahren und die Wiederversöhnung der Christen des Ostens und Westens herbeizuführen, ist es von größter Bedeutung, das überreiche Erbe der orientalischen Kirchen zu erhalten und zu fördern – nicht nur das, was sich auf die liturgischen und geistlichen Traditionen bezieht, sondern auch auf die von den heiligen Vätern und den Konzilien sanktionierten kanonischen Ordnungen, die das Leben dieser Kirchen regeln (vgl. Nrn. 15-16).

Ich halte es für wichtig, die Beachtung dieses Grundsatzes als eine wesentliche und gegenseitige Voraussetzung für die Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft zu betonen, die weder bedeutet, einander zu unterwerfen noch einzuverleiben, sondern vielmehr alle Gaben anzunehmen, die Gott jedem gegeben hat, um in der ganzen Welt das große Geheimnis der vom Herrn Jesus Christus durch den Heiligen Geist gewirkten Erlösung kund zu tun. Jedem von euch möchte ich versichern, dass die katholische Kirche, um das ersehnte Ziel der vollen Einheit zu erreichen, nicht beabsichtigt, irgendeine Forderung aufzuerlegen als die, den gemeinsamen Glauben zu bekennen, und dass wir bereit sind, im Licht der Lehre der Schrift und der Erfahrung des ersten Jahrtausends gemeinsam die Bedingungen zu suchen, um mit diesen die notwendige Einheit der Kirche unter den gegenwärtigen Umständen zu gewährleisten: Das Einzige, was die katholische Kirche wünscht und ich als Bischof von Rom, „der Kirche, die den Vorsitz in der Liebe führt“, anstrebe, ist die Gemeinschaft mit den orthodoxen Kirchen. Diese Gemeinschaft wird immer die Frucht der Liebe sein, „denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm 5,5), Frucht brüderlicher Liebe, die dem geistigen und transzendenten Band, das uns als Jünger des Herrn verbindet, Ausdruck verleiht.

Humorvolle Worte auf dem Rückflug

Ich glaube, dass wir mit der Orthodoxie in Bewegung sind. Sie haben die Sakramente, sie haben die apostolische Sukzession ... wir sind auf dem Weg. Worauf müssen wir warten? Dass sich die Theologen einigen? Der Tag wird niemals kommen, das kann ich Ihnen sagen, da bin ich skeptisch. Sie arbeiten gut, die Theologen, aber ich kann mich an das erinnern, was Athenagoras zu Paul VI. gesagt haben soll: „Schicken wir diese ganzen Theologen doch einfach auf eine Insel, wo sie sich die Köpfe zerbrechen können, und wir machen hier inzwischen alleine weiter!“ Ich hatte gemeint, das sei eine erfundene Geschichte, aber Bartholomäus hat mir versichert: „Nein, es stimmt. Genau das hat er gesagt!“

Fruchtbare Zwiesprache: Papst Franziskus und Hans Urs von Balthasar

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde“

Prof. Dr. Anton Štrukelj aus Slowenien ist davon überzeugt, dass es zwischen Papst Franziskus (geb. 1936) und dem Schweizer Theologen Hans Urs von Balthasar (1905-1988) eine geistige Verwandtschaft gibt. In der Verkündigung des Papstes und in der Theologie Balthasars sieht er gemeinsame Schwerpunkte, die er in einer Artikelreihe herausgearbeitet und mit dem programmatischen Titel überschrieben hat: „Fruchtbare Zwiesprache: Papst Franziskus und Hans Urs von Balthasar“. In einem ersten Beitrag richtet er seinen Blick auf den missionarischen Charakter der Kirche und die Sendung der Laien.

Von Anton Štrukelj

Papst Franziskus, Jorge Mario Bergoglio, der erste Jesuit auf dem Petristuhl, und Hans Urs von Balthasar sind zwei große Söhne des hl. Ignatius von Loyola. Es wäre spannend zu wissen, ob Pater J. M. Bergoglio und Dr. H. U. von Balthasar sich auch persönlich kannten und begegneten. Bekanntlich kam Jesuitenpater und Provinzial J. M. Bergoglio im Jahre 1986 nach Deutschland, um in Frankfurt am Main seine theologischen Studien fortzusetzen und eine Doktorarbeit über Romano Guardini vorzubereiten. Er studierte dort nur ein halbes Jahr. Wahrscheinlich las er das Buch von Balthasars Romano Guardini – Reform aus dem Ursprung.[1] Der Untertitel dieses Buches ist kennzeichnend! Oft zitiert Pater Bergoglio Hans Urs von Balthasar und in vielfacher Hinsicht kann man eine geistige Verwandtschaft von Papst Franziskus und Hans Urs von Balthasar feststellen.

Die Kirche „im Aufbruch“

Papst Franziskus beginnt sein Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium mit folgenden Worten: „Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen. Diejenigen, die sich von ihm retten lassen, sind befreit von der Sünde, von der Traurigkeit, von der inneren Leere und von der Vereinsamung. Mit Jesus Christus kommt immer – und immer wieder – die Freude. In diesem Schreiben möchte ich mich an die Christgläubigen wenden, um sie zu einer neuen Etappe der Evangelisierung einzuladen, die von dieser Freude geprägt ist, und um Wege für den Lauf der Kirche in den kommenden Jahren aufzuzeigen.“[2]

Hans Urs von Balthasar hat in seinem Programmbüchlein Schleifung der Bastionen schon im Jahr 1952 manche Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils vorweggenommen – wie das Thema der missionarischen Kirche.[3] Papst Franziskus sagt: Die Evangelisierung folgt dem Missionsauftrag Jesu: „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19-20). In diesen Versen ist der Moment dargestellt, in dem der Auferstandene die Seinen aussendet, das Evangelium zu jeder Zeit und an allen Orten zu verkünden, so dass der Glaube an ihn sich bis an alle Enden der Erde ausbreite.[4]

Auf die Frage von P. Federico Lombardi SJ, worin die wichtigsten Akzente des Apostolischen Schreibens Evangelii gaudium liegen, gab Papst Franziskus zur Antwort: „Die Hauptanliegen finden sich im 5. Kapitel, wo ich von den Evangelisierenden mit Geist rede: Evangelisierende mit Geist sind Verkünder des Evangeliums, die sich ohne Furcht dem Handeln des Heiligen Geistes öffnen.“

Der Heilige Vater schreibt im 5. Kapitel: „Wie wünschte ich die richtigen Worte zu finden, um zu einer Etappe der Evangelisierung zu ermutigen, die mehr Eifer, Freude, Großzügigkeit, Kühnheit aufweist, die ganz von Liebe erfüllt ist und von einem Leben, das ansteckend wirkt! Aber ich weiß, dass keine Motivation ausreichen wird, wenn in den Herzen nicht das Feuer des Heiligen Geistes brennt. Eine Evangelisierung mit Geist ist letztlich eine Evangelisierung mit dem Heiligen Geist, denn er ist die Seele der missionarischen Kirche. Bevor ich einige Motivationen und spirituelle Anregungen gebe, rufe ich einmal mehr den Heiligen Geist an; ich bitte ihn, zu kommen und die Kirche zu erneuern, aufzurütteln, anzutreiben, dass sie kühn aus sich herausgeht, um allen Völkern das Evangelium zu verkünden.“[5]

„Eine zur Welt hin unverschanzte Kirche“

Die Ausführungen Balthasars lesen sich wie eine Art Kommentar zu den zitierten Aussagen des Papstes. Balthasar selber sagt: „Kirche im Gespräch mit der Welt war das Thema des Bändchens Schleifung der Bastionen,[6] dessen Titel vielleicht zu aufreizend klingt, weil der Inhalt kein anderer ist als die Behauptung, dass Kirche zur Welt hin unverschanzt bleiben soll. Warum dies mehr als je von unserer Weltstunde gilt, wird mein Buch über die heutige Stellung des Menschen im Kosmos[7] demnächst darzustellen versuchen.“[8]

In seiner Rechenschaft 1965 schrieb der Autor: „Der letzte, schon ungeduldige Hornstoß für eine zur Welt hin unverschanzte Kirche war das Programmbüchlein Schleifung der Bastionen, das nicht ungehört verhallte.“[9]

Die Kirche als ganze ist in die Welt gesandt. Die Christen haben die Rolle des Sauerteiges, des Lichtes und Salzes. Kirche ist in die Welt gesandt, so wie der Vater seinen Sohn für die Erlösung der Welt gesandt hat. Objektiv war das Bewusstsein, die Kirche sei als ganze und in ihren Gliedern in die Welt gesandt, schon immer lebendig da. Die Christen hatten seit jeher „das Wissen darum, dass ihre Erwählung Gesendetsein zu den Unerwählten, Stellvertreten, Verantworten, Opfer ist. Objektiv war dem immer so: Antonius, der in die Wüste ging, war schon damals Apostel und Licht der Welt. Aber was subjektiv noch nicht war, das wird es jetzt, da die große Teresa ihren Karmel aus missionarischen Gründen als Gebetshilfe für die Kirche, als Beitrag an die kirchliche Kraft und das kirchliche Licht in der Finsternis baut.“[10]

Christliches Bewusstsein von der Verantwortung und Sendung aller Gläubigen beruht schon auf dem allgemeinen Erlösungswillen Gottes. „Denn Gott hat doch nicht die Kirche, sondern die Welt befreien wollen; die Gnade, die er durch Jesus Christus der Welt zuteil werden ließ, muss die Grenzen der sichtbaren Kirche weit überborden, auch wenn diese als eine Art Mittelpunkt der Gnade angesehen wird, als das ,sacramentum mundi‘, wie das Konzil sie genannt hat.“[11] „Nun aber ist die Kirche nicht um ihrer selbst willen da, sondern um der endgültigen Erlösung der Welt willen.“[12] „Sie sucht nicht sich selbst, sondern die Vollendung aller Dinge durch Christus in Gott.“[13]

Missionarische Aufgabe der Kirche

Die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch, weil sie ihren Ursprung in der Sendung des Sohnes und des Heiligen Geistes hat (vgl. AG 2). Ohne die missionarische Bewegung könnte die Kirche ihr eigenes Wesen gar nicht finden und realisieren.[14] Wie beteiligen sich die Christen an dem Missionsauftrag der Kirche?

Der Weltauftrag betrifft eigentlich die ganze Kirche. „Die ganze Kirche ist missionarisch, weil das Haupt, dessen Leib sie ist, als ganzes Missio des Vaters ist.“[15] Kirche ist missionarisch, weil sie durch ihre sakramentale Struktur aufs engste mit dem Gesandten, Missus schlechthin, dem in die Welt gesendeten Sohn des Vaters zu einem einzigen Sendungsprinzip verbunden ist.[16] Kirche muss die Welt in sich aufnehmen, sie verwandeln und sich selber der Welt schenken. In dieser missionarischen Bewegung geht es eigentlich um die Fortsetzung des inkarnatorischen Prinzips.

In der Kirche muss jene Sendung weitergeführt werden, für welche Jesus seine Jünger bestimmt hat. Natürlich kann die Kirche ihre Sendung nicht von ihrem Haupt getrennt ausüben. So wie Christus nie seinen Vater verließ oder sich von ihm entfernte, so darf sich auch die Kirche in der Ausübung ihres Auftrags nie von ihrer Quelle trennen. Sie muss vielmehr immer das „Bleiben“ mit der Sendung verbinden. Die besondere Berufung der Christen ist, ihren geistigen Standort bei ihm zu nehmen (Mk 3,14), seine Vollmacht zu empfangen, um damit sein Werk in der Welt fortzusetzen.[17]

Indem die Kirche in die Welt ausgeht, „hebt eine neue Form der Osmose an zwischen Kirche und Welt, in beiderlei Richtung ziehend wie ein Atem.“[18] Kirche darf nicht bei sich selbst bleiben und sich mit ihren eigenen Problemen beschäftigen. Sie hat die Aufgabe, der Welt das Heil zu bringen.

Mehr Kontemplation für eine fruchtbare Aktion

Die Stellung der Kirche „bleibt paradox, da sie nur als kleine Herde große Wirkung ausüben kann, nur als konzentrierter Sauerteig den ,ganzen Teig durchsäuern‘ kann, und begreiflicherweise immer wieder der Versuchung erliegt, diese ,große Wirkung‘ im ,ganzen Teig‘ als Prüfstein der Echtheit ihres Wirkens zu nehmen. Es ist insofern Versuchung, als das Wirken der Kirche im letzten gar nicht gemessen werden kann. Das Wesentlichste an ihren Kräften: das Gebet, das Leiden, der Glaubensgehorsam, die (vielleicht unausgenützte) Bereitschaft, die Demut, entgeht jeder Statistik. Damit zählen zu Recht jene Weltgemeinschaften (instituta saecularia), die auf ein direktes (statistisch erfassbares) Apostolat verzichten zugunsten einer einfachen Anwesenheit in der entchristlichten Welt (présence au monde).[19]

Gerade in den Weltgemeinschaften findet die Kirche eine neue Stellung zur Weltordnung. Das Apostolat dieser von der Kirche approbierten Lebensform scheint das unmittelbarste zu sein. Es geht um das wirklich evangelische Zeugnis mitten in der Welt, oft in einer entchristlichten Welt.

Nun kann man die Aussage Henri de Lubacs verstehen, dass in den Werken Balthasars die Würde der Laien wirklich leuchtet.[20] In der Tat war ein wichtiges Anliegen Balthasars, diese Würde zu entdecken und die Sendung der Laien in der Welt hervorzuheben. Man denke an seine programmatische Schrift Schleifung der Bastionen, wo die Rolle der Laien schon vor dem Konzil in den Vordergrund gezogen wird. Wie gewaltig erscheint seine Schau: Heute schlägt die Stunde der Laien! „Heute reckt sich ein schlafender Riese; ungeahnte Kräfte, bisher brachliegend, ungestaut wie Wasserkräfte, von Urenergien trächtig, beginnen sich zu regen.“[21]

Die Stunde der Laien

Balthasar sieht die Zukunft der Kirche in den engagierten Laien, die im neuen kirchlichen Bewusstsein neue Perspektiven eröffnen. „Nie vielleicht seit den ersten drei Jahrhunderten war die geistige Situation der Kirche so offen, verheißungsvoll und schwanger von Zukunft. … Für jeden neuen Einsatz, jede Initiative, zumal vonseiten der Laien, stehen die Türen offen. … Die Zukunft der Kirche – die heute die größten Chancen besitzt – hängt davon ab, ob jene Laien sich finden, die aus der ungebrochenen Kraft des Evangeliums zu leben und die Welt zu gestalten gewillt sind. Dass Klerus und Orden dazu nicht mehr hinreichen können, ist jedem Hellsichtigen klar; es ist nicht deren Schuld, sondern die der Mündigwerdung der Welt, die sich seit dem Mittelalter unaufhaltsam vollzieht, in immer klarerer Unterscheidung von Civitas terrena und Civitas Dei. … Wo die Weltuhr dies geschlagen hat, ist die Heraufkunft einer neuen Form christlichen Apostolats beschlossene Sache. Und es gilt nur, Christi erwählende Stimme zu hören und sich mit der gleichen Freudigkeit zur Verfügung zu stellen wie die Apostel einst.“[22]

Der Laie ist Apostel in Diaspora: „Was der Pfarrer, der amtliche Vertreter überhaupt, nicht mehr zu leisten vermag, das muss – und dieses Muss fällt mit der Wucht einer elementaren Pflicht auf ihn – nun der Laie tun.“[23]

Gerade wegen dieser unausweichlichen Pflicht, die von den Laien übernommen werden muss, ist jene Mentalität als unerträglich verworfen, dass jemand nur privat Christ sein will. „Der Todesstoß wird jener Mentalität versetzt, die da meint, man könne als braver Bürger nebenbei auch katholisch sein, durch Erfüllung einiger religiöser Pflichten sein privates Heil sichern, im übrigen die Sorge um das Christentum den Fachleuten, dem Klerus überlassen.“[24] Eine solche Mentalität ist unchristlich. Deswegen wird heute „neue innere Gesinnung, neues äußeres Handeln verlangt.“[25] Eine neue „Fühlung“ ist nötig.

Dieses Novum betrifft alle: den Klerus und die Laien; alle Christen müssen das Licht der Welt sein. Alle tragen die unverzichtbare Verantwortung für die Evangelisierung der Welt. Was ist dabei die praktische Seite für jeden Einzelnen? Es ist zuerst die Frage um christliche Vorsicht und Sorglosigkeit, dann die Frage um christliche Ungeduld und Geduld. „Vorsicht eigentlich mehr im Tragen der göttlichen Wahrheit als im Dulden der weltlichen Wahrheit: Ist dem Reinen alles rein, so braucht er, solange er rein ist, sich keine angsthafte Sorge um Verunreinigung aufzuerlegen. Priester und Menschen im Ordensstand machen sich diesbezüglich oft überflüssige Sorge um die Christen in der Welt. Wo ein Christ ist, da ist Kirche; er trägt das Licht mit sich und gerät deshalb (solang er es wirklich trägt) niemals in ein Außerhalb der Kirche. Die Väter pflegten bewundernd die göttliche Wahrheit mit dem Licht zu vergleichen, das die niedrigsten Orte erleuchtet, ohne sich zu beflecken. Das gleiche gilt vom Christen in der Welt. ,Was immer vom Lichte aufgehellt wird, das ist Licht‘ (Eph 5,12).“[26]

Abschließend kann man mit Hans Urs von Balthasar sagen: „Die Zukunft der Kirche – die heute die größten Chancen besitzt – hängt davon ab, ob jene Laien sich finden, die aus der ungebrochenen Kraft des Evangeliums zu leben und die Welt zu gestalten gewillt sind.“[27]


[1] Romano Guardini: Reform aus dem Ursprung, Kösel-Verlag München 1970 (Münchner Akademie-Schriften Bd. 53), Neuausgabe: Johannes Verlag Einsiedeln, Freiburg 1995.
[2] Papst Franziskus: Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, Vatikanstadt 2013, Nr. 1.
[3] Siehe dazu Peter Henrici: Hans Urs von Balthasar. Aspekte seiner Sendung, Johannes Verlag Einsiedeln, Freiburg 2008, besonders das Kapitel: Hans Urs von Balthasar und das Zweite Vatikanische Konzil, 103-119.
[4] Evangelii gaudium, Nr. 19.
[5] Evangelii gaudium, Nr. 261.
[6] Schleifung der Bastionen. Von der Kirche in unserer Zeit, Johannes Verlag Einsiedeln, Trier 51989, mit einem Nachwort von Christoph Schönborn O.P. – Erstveröffentlichung 1952.
[7] Die Gottesfrage des heutigen Menschen, Neuausgabe und Einleitung von Alois M. Haas, Johannes Verlag Einsiedeln 2009.
[8] Zu seinem Werk, Johannes Verlag Einsiedeln, Freiburg 2000, 38.
[9] Zu seinem Werk, 43f.
[10] Schleifung der Bastionen, 44.
[11] In Gottes Einsatz leben, Johannes Verlag Einsiedeln 21972, 9.
[12] Christlicher Stand, Johannes Verlag Einsiedeln 21981, 279.
[13] Christlicher Stand, 280.
[14] Christlicher Stand, 281.
[15] Christlicher Stand, 280.
[16] Theodramatik II/2, Johannes Verlag Einsiedeln 21998, 257f.
[17] Theodramatik II/2, 259.
[18] Schleifung der Bastionen, 43.
[19] Wer ist ein Christ?, Johannes Verlag Einsiedeln 51993, 123.
[20] Henri de Lubac: Un témoin du Christ dans l'Eglise, in: Civitas 20 (1965) 12.
[21] Schleifung der Bastionen, 26.
[22] Schleifung der Bastionen, 29f.
[23] Schleifung der Bastionen, 47.
[24] Spiritus Creator. Skizzen zur Theologie III, Johannes Verlag Einsiedeln 31999, 218.
[25] Spiritus Creator, 218.
[26]Schleifung der Bastionen, 70.
[27] Schleifung der Bastionen, 29.

Betet zum hl. Erzengel Michael!

Das Leben ist ein Kampf

Papst Franziskus spricht häufig von der Realität des Teufels. Doch am 29. September 2014, dem Fest der hll. Erzengel Michael, Gabriel und Raphael, stellte er in aller Deutlichkeit heraus, dass Satan, der Widersacher Gottes, mit allen Mitteln – oft unter dem Deckmantel des Humanismus – versuche, den Menschen zu vernichten. Sein Kampf ziele letztlich auf Jesus ab, den er im Menschen und in dem er die Menschheit zerstören wolle. Jeden Tag müsse sich der Christ diesem Kampf stellen. Doch sei es vor allem die Aufgabe der hl. Engel, den Menschen zu verteidigen und den Sieg zu erringen. Deshalb sollten sich die Gläubigen besonders mit dem „so schönen“ Gebet von Papst Leo XIII., das früher nach jeder hl. Messe gesprochen wurde, an den hl. Erzengel Michael wenden. Nachfolgend die Worte des Papstes in teilweise leicht verkürzter Form.

Von Papst Franziskus

Die beiden Schriftlesungen – sowohl die aus dem Propheten Daniel (7,9-10.13-14) als auch jene aus dem Johannesevangelium (1,47-51) – sprechen von der Herrlichkeit: von jener Herrlichkeit, die vom Himmel herabkommt, dem himmlischen Hof, der Anbetung im Himmel. Dort also ist die Herrlichkeit. Und mitten in dieser Herrlichkeit ist Jesus Christus.

Daniel sagt: „Immer noch hatte ich die nächtlichen Visionen: Da kam mit den Wolken des Himmels einer wie ein Menschensohn. Ihm wurden Herrschaft, Würde und Königtum gegeben. Alle Völker, Nationen und Sprachen müssen ihm dienen.“ Das ist Jesus Christus vor dem Vater, in der Herrlichkeit des Himmels. Und so sagte Jesus zu dem staunenden Natanaël: „Du wirst noch Größeres sehen. Ihr werdet den Himmel geöffnet und die Engel Gottes auf- und niedersteigen sehen über dem Menschensohn.“ Dabei bedient er sich des Bildes der Jakobsleiter: Jesus ist im Mittelpunkt der Herrlichkeit, Jesus ist die Herrlichkeit des Vaters. Bei Daniel ist diese Herrlichkeit eine Verheißung im Blick auf Jesus. Aber es ist auch eine Verheißung, die in alle Ewigkeit gilt.

Auch in der Lesung aus der Offenbarung (12,7-12) ist die Rede von der Herrlichkeit, aber verstanden als Kampf. Es heißt: „Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie konnten sich nicht halten, und sie verloren ihren Platz im Himmel. Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen.“

Es ist der Kampf zwischen dem Teufel und Gott. Zu diesem Kampf kommt es, nachdem der Satan versucht, die Frau zu vernichten, die im Begriff ist, ihren Sohn zu gebären. Satan versucht stets, den Menschen zu vernichten: jenen Menschen, den Daniel dort in der Herrlichkeit sah, und der, wie Jesus zu Natanaël sagte, in Herrlichkeit kommen sollte.

Davon berichtet uns die Bibel von Anfang an: von dieser Verführung, mit der Satan Vernichtung bewirken will. Vielleicht aus Neid. In Psalm 8 lesen wir: „Du hast den Menschen höher gemacht als die Engel“ (vgl. V. 6). Und jene so große Intelligenz des Engels konnte diese Erniedrigung nicht ertragen, dass ein niedrigeres Geschöpf über ihn gestellt würde. Und er versuchte, es zu zerstören.

Die Aufgabe des Gottesvolkes besteht darin, in sich den Menschen zu behüten: den Menschen Jesus – ihn deshalb zu behüten, weil er der Mensch ist, der allen Menschen, der gesamten Menschheit, das Leben schenkt. Und die Engel kämpfen dafür, dass der Mensch gewinnt. So kämpfen der Mensch, der Gottessohn, Jesus und der Mensch, die Menschheit, wir alle, gegen all diese Dinge, die Satan tut, um ihn zu vernichten.

Viele Pläne – mit Ausnahme unserer eigenen Sünden –, sehr viele Pläne zur Entmenschlichung des Menschen sind sein Werk, einfach deshalb, weil er den Menschen hasst. Satan ist schlau: das berichten auch die ersten Seiten des Buches Genesis (vgl. 3,1). Er ist schlau, er stellt die Dinge so dar, als ob sie gut wären. Doch seine Absicht ist die Zerstörung.

Dagegen verteidigen uns die Engel: sie verteidigen den Menschen und sie verteidigen den Gott-Menschen, den höheren Menschen, Jesus Christus, der die Vollendung des Menschseins ist, der Vollkommenste. Aus diesem Grund ehrt die Kirche die Engel, denn sie sind jene, die in der Herrlichkeit Gottes sein werden – sie sind in der Herrlichkeit Gottes –, weil sie das große, verborgene Geheimnis Gottes verteidigen, und zwar dass das Wort Fleisch geworden ist.

Gerade dieses Geheimnis wollen jene zerstören; und wenn es ihnen nicht gelingt, die Person Jesu zu zerstören, dann versuchen sie, sein Volk zu zerstören; und wenn sie sein Volk nicht zerstören können, dann denken sie sich humanistische Erklärungen aus, die sich direkt gegen den Menschen, gegen die Menschheit und gegen Gott richten.

So ist der Kampf eine alltägliche Wirklichkeit im Leben des Christen, in unserem Herzen, in unserem Leben, in unserer Familie, in unserem Volk, in unseren Kirchen. Und wenn wir nicht kämpfen, dann werden wir besiegt werden. Aber der Herr hat diese Aufgabe, zu kämpfen und zu siegen, vor allem den Engeln übertragen. Deshalb ist der Gesang der Offenbarung, der sich an diesen Kampf anschließt, so schön: „Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten, denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie bei Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte“ (Offb 12,10). Dessen Ziel war also die Zerstörung und folglich gibt es in der Offenbarung dieses „Siegeslied“.

Das Fest der Erzengel Michael, Gabriel und Raphael ist besonders dazu geeignet, um sich an sie zu wenden und auch dieses uralte, aber wunderschöne Gebet an den Erzengel Michael zu richten, damit er weiter kämpft, um dieses größte Geheimnis der Menschheit zu verteidigen: dass das Wort Mensch geworden, gestorben und auferstanden ist. Das ist unser Schatz. Und so bitten wir den Erzengel Michael, weiterhin zu kämpfen, um ihn zu beschützen.

Vorbereitung des Seligsprechungsverfahrens

Novene mit Pfarrer Seidenbusch

Pfarrer Seidenbusch von Aufhausen

Pfarrer Johann Georg Seidenbusch wurde 1641 in München geboren und dort 1666 zum Priester geweiht. Bereits ein Jahr später übernahm er die Pfarrei in Aufhausen nahe Regensburg, wo er bis zu seinem Lebensende im Jahr 1729 wirkte. Er hatte ein ausgeprägtes künstlerisches Talent, das er als Maler und Komponist auf religiösem Gebiet sehr erfolgreich einsetzte. An seiner Wirkungsstätte begründete er die Wallfahrt „Maria Schnee“ sowie das erste Oratorium nach dem Ideal des hl. Philipp Neri im deutschsprachigen Raum. Es war 1672 aus einer Art „Vita communis“ mit seinen Hilfspriestern erwachsen und führte zu ähnlichen Gründungen in Wien (1701) und München (1707). Nicht zuletzt Benedikt XVI. ermutigt nun, sich um ein Seligsprechungsverfahren zu bemühen.

Von Eva-Maria Knappe

Interessantes seelsorgerisches Konzept

Mich spricht an diesem Pfarrer an, dass er geistliche Zentren wie das erste Oratorium im deutschsprachigen Raum gegründet und auch ein interessantes seelsorgerisches Konzept entwickelt hat. In einer Zeit, als das geistliche Leben wegen der Kriegswirren darniederlag, rief er insbesondere die Landbevölkerung regelmäßig zu Andachten zusammen“, erklärt die 29-jährige Martina Schweitzer, „und mithilfe eines kaiserlichen Schutzbriefes bewahrte er im Spanischen Erbfolgekrieg über 200 Ortschaften vor Krieg und Plünderung, besonders den Regensburger Bezirk Stadt am Hof.“

Inzwischen wird für diesen Geistlichen das Seligsprechungsverfahren vorbereitet. In verschie­denen Kirchen liegen Unterschriftenlisten aus, u.a. in den Münchner Kirchen St. Michael, St. Peter und Heilig Geist, aber auch in Regensburg, Straubing und Aufhausen. Gläubige können zum Ausdruck bringen, dass ihnen die Seligsprechung ein Herzensanliegen ist. „Über 5000 Unterschriften haben wir schon. Das ist eine ansehnliche Zahl“, erklärt Br. Abraham Ring, Oratorianer in Aufhausen und prom. Theologe, der mit der Vorbereitung des Verfahrens betraut ist. Die Unterschriftenlisten sollen dem Regensburger Bischof überreicht werden – zusammen mit einer ausführlichen Dokumentation über Leben und Wirken Seidenbuschs sowie drei Gutachten der Theologischen Fakultät der Universität München. „Im kommenden Jahr feiern wir auch den 500. Geburtstag des hl. Philipp Neri. Wir würden uns sehr freuen, wenn bis dahin alle Voraussetzungen für die Eröffnung eines Seligsprechungsprozesses erfüllt wären“, meint Pater Dr. Winfried Wermter C.O., Präpositus des Aufhausener Oratoriums. „Ich denke, wir können dem Bischof den Eindruck vermitteln, dass eine breite Basis diese Seligsprechung wünscht: zahlreiche Christen, wir Oratorianer, auch sonst viele Priester, denen dieser Pfarrer in seinem seelsorgerischen Konzept ein großes Vorbild ist“, so Br. Abraham.

Gebetserhörungen

Dass es schon eine breite Basis gibt, zeigen auch die Zettel mit Anliegen. „Wir haben schon eine große Kiste voll mit 500 bis 600 Gebetszetteln. Sie alle werden am Grab von Pfarrer Seidenbusch neben dem Hochaltar der Aufhausener Kirche niedergelegt“, erzählt Br. Abraham. „Zudem haben wir über 50 Briefe, in denen uns Menschen von Gebetserhörungen aufgrund der Fürsprache von Pfarrer Seidenbusch berichten.“ Bei den Mittwochsandachten wird oft eine Gebetserhörung vorgelesen. Neulich sei ein Kind, das kurz vor einer schwierigen Herzoperation stand, geheilt worden. Ein paar Tage nachdem man für dieses Kind gebetet und dabei insbesondere Pfarrer Seidenbusch angerufen habe, soll der behandelnde Arzt festgestellt haben: „Die OP ist nicht mehr nötig.“ Domvikar Georg Schwager, Leiter für die Heilig- und Seligsprechungsverfahren im Bistum Regensburg erklärt: „Es muss auch der Ruf der Wundertätigkeit erbracht werden. Pfr. Seidenbusch müssen – zu seinen Lebzeiten oder nach seinem Tod – Heilungen oder Wunder zugerechnet werden. Gleichzeitig muss der Orden nachweisen, dass Pfarrer Seidenbusch im Ruf der Heiligkeit verstorben ist und dass er über die Jahrhunderte hinweg als heiligmäßiger Mensch von den Christen geehrt wurde und wird.“ Darum hat sich Br. Abraham bereits intensiv bemüht und eine 300-seitige wissenschaftliche Arbeit zusammengestellt: „Schon in der 46-seitigen Leichenrede wird erwähnt, dass Seidenbusch ein heiligmäßiges Leben geführt hat. Darüber hinaus ist bereits 1750 eine komplette Lebensbeschreibung erschienen. Biographien über ihn hat es bereits im 18. Jahrhundert gegeben. Die Gläubigen in Aufhausen und der Region von Straubing haben ihn stets als Vorbild geehrt.“

Auf seine Initiative ging auch die Wallfahrtskirche zum Heiligen Kreuz bei Windberg zurück. Er selbst baute das Kreuz und die Heilige Stiege ein. Im Jahr 1687 veröffentlichte er ein Wallfahrtsbüchlein, in dem sich ein Lied mit dem Titel „Allgemeiner Totentanz“ befindet. Das 20-strophige Lied „Auf, auf, o Mensch, mach dich bereit“ fand im 18. Jahrhundert als Flugblatt eine große Verbreitung und regte später den Maler Felix Hölzl (1725-1774) zu seinem Bilderzyklus in der Totentanzkapelle im Friedhof von St. Peter an. Von Seidenbusch stammt auch das Lied „Gegrüßet seist du, Königin“, eine Übertragung des „Salve Regina“ ins Deutsche.

Vor kurzem ermutigte Papst em. Benedikt XVI. in einem Brief den Präpositus des Oratoriums, den Seligsprechungsprozess anzustreben. Bei der Vorbereitung der Ehrenpromotion von Bischof Dr. Rudolf Graber habe er die Schriften des Aufhausener Pfarrers näher kennen gelernt. Es freue ihn sehr, wenn Pfarrer Seidenbusch wieder stärker ins Bewusstsein gerückt werde und als Vorbild für priesterliche Lebensgemeinschaften bewusst gemacht werde.

 

Bischof Graber plädierte für die Seligsprechung

Anlässlich des 250. Todestages am 16.12.1979 predigte Bischof Rudolf Graber in Aufhausen:

„Im spanischen Erbfolgekrieg, besonders im Jahre 1704, konnte Seidenbusch, der damals oft in Wien war, viel Gutes für das bayerische Volk tun. Stadtamhof sollte damals 4000 Gulden Brandschatzung an den kaiserlichen General d‘Herbeville zahlen. Die Abgesandten der Stadt wandten sich in Wien an Propst Seidenbusch. Ihm war es zu verdanken, dass der Stadt die Summe erlassen wurde. Aufhausen selbst genoss den besonderen Schutz des Kaisers. Kein Soldat durfte der Ortschaft zu nahe kommen. Aus der ganzen Umgebung wurden Wertsachen nach Aufhausen gebracht, wo sie vor dem Zugriff plündernder Soldaten sicher waren. Die Kongregation selbst wurde von Kaiser Josef I. von der Kriegssteuer befreit. Das allein hätte Seidenbusch eine dankbare Erinnerung verschaffen sollen. Aber nein, er wurde vergessen, und fast scheint es, als ob er selbst dieses Vergessen sich wünschte. Er wollte ‚unter der Schwelle der Aufhausener Wallfahrtskirche begraben werden, damit er von allen Eintretenden mit den Füßen getreten werde‘. Als Grabinschrift wählte er sich das Wort ‚Hic quiescit sacerdos minimus – Hier ruht der geringste Priester‘. Auch dies mag zum Vergessen gehören, dass bisher niemand auf den Gedanken kam, einen Seligsprechungsprozess einzuleiten.“

„Kirche in Not“ lädt ein nach Würzburg

Kongress „Treffpunkt Weltkirche“

Vom 12. bis 15. März 2015 veranstaltet das Hilfswerk „Kirche in Not“ in Würzburg den 5. Internationalen Kongress „Treffpunkt Weltkirche“. Die Besucher erwartet an diesen vier Tagen ein buntes Glaubensfest mit Musik, Theater und Gesprächsrunden. Auf dem „Treffpunkt Weltkirche“ erlebt man die Schönheit der Weltkirche aus erster Hand – eine Erfahrung, die bei vielen noch lange nachwirkt.

Von André Stiefenhofer

Er hat ein langes Leitwort, der Kongress Treffpunkt Weltkirche. Der Satz auf dem Einladungsflyer geht über nicht weniger als fünf Zeilen: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird;  und ihr werdet meine Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde“  (Apg 1,8). Dieses Leitwort ist die „Klammer“ des Kongresses. Über den ersten Teil wird  Joachim Kardinal Meisner das Eröffnungsreferat halten, über den zweiten Peter Egger das Schlussreferat. Die Bibelstelle drückt etwas Positives aus, einen Imperativ. Es soll deutlich werden: der Weg der Kirche durch die Zeit besteht nicht (nur) in Pastoralplänen, sondern es kommt auf das Wirken des Heiligen Geistes an. Ohne die Kraft des Heiligen Geistes kann das Glaubensfeuer nicht an die nächsten Generationen weitergegeben werden. Ohne das Gebet können Christen keine Zeugen sein „bis an die Grenzen der Erde“.

Heiliger Geist für das christliche Selbstbewusstsein

„Viele Christen sind heute resigniert, weil die Stimme der Kirche von den Medien oft entstellt und lächerlich gemacht wird“, sagt Kirche-in-Not-Geschäftsführerin Karin Maria Fenbert. Sie hat das Programm des Treffpunkt Weltkirche ebenso wie schon 2011 federführend konzipiert. „Wenn die Kirche und das Christsein etwas zu sein scheint, wofür man sich entschuldigen muss, stimmt etwas nicht.“ Zur Überwindung dieses mangelnden christlichen Selbstbewusstseins brauche es den Heiligen Geist und Fenbert hofft, dass er auf dem Treffpunkt Weltkirche kräftig weht. „Auch die verängstigten Apostel mussten nach der Kreuzigung erst zu Pfingsten die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, bevor sie zu Zeugen in aller Welt werden konnten und mit Macht die Frohe Botschaft verkündeten“, erklärt sie.

Abend der Weltkirche

Kraft tanken und sich über die wirklich wichtigen Themen der Weltkirche informieren – das sind die beiden Hauptgründe, wieso man den Treffpunkt Weltkirche nicht verpassen sollte. Der Kongress nimmt sich einiger drängender Fragen für die Kirche weltweit an, das zeigt der Blick ins Programm: So gibt es, wie bereits auf dem letzten Kongress im Jahr 2011, einen „Abend der Weltkirche“. Hier stehen jedoch anders als letztes Mal weniger einzelne Landeskirchen als vielmehr jene Themen im Mittelpunkt, die alle verbinden: Über die vielfältigen Aspekte der „Christenverfolgung“ weltweit werden zum Beispiel Bischof Matthew Kukah aus der nordnigerianischen Diözese Sokoto, Pater Aurelio Gazzera aus der Zentralafrikanischen Republik, Pfr. Emmanuel Yousaf aus Pakistan und die ägyptische Menschenrechtsaktivistin Dina Raouf Khalil sprechen. Derart unterschiedliche Blickwinkel auf ein und dasselbe Problem versprechen ebenso viele Lösungsansätze.

Ähnlich ist das beim Thema „Geistliche Berufungen“ zu erwarten: Mit dem Regens des Priesterseminars Erbil im Nordirak, Fadi Lion, ist nicht nur ein hochgeistiger Priesterausbilder, sondern auch ein tatkräftiger Koordinator humanitärer Flüchtlingshilfe zu Gast. Erbil musste im August 2014 tausende Christen aufnehmen, die vom Islamischen Staat aus Mossul und Umgebung vertrieben worden waren. Das Priesterseminar wird bis heute als Flüchtlingslager genutzt. Ein ganz anderes Schlaglicht auf das Thema „Geistliche Berufungen“ wirft der ehemalige Regens des Priesterseminars Manaus – eine Großstadt im tiefsten Dschungel Brasiliens –, Don Olindo Furlanetto. Und auch Vertreter mitteleuropäischer Priesterausbildung dürfen mit Regens Anton Lässer aus Heiligenkreuz in Österreich und Regens Herbert Baumann aus Würzburg nicht fehlen.

Ein weiteres spannendes Thema des „Abends der Weltkirche“ ist die Rolle der Kirche bei sog. „Staatsversagen“: In vielen Ländern der Welt springt die Kirche ein, wenn der Staat grundlegende Aufgaben nicht mehr wahrnimmt. Das betrifft vor allem die Bereiche Bildung und Gesundheit – mit den wichtigen katholischen Trägerschaften an Krankenhäusern und Schulen – oft sind Bischöfe, Priester und Ordensfrauen aber auch die einzigen Autoritätspersonen weit und breit und übernehmen deshalb Aufgaben, für die eigentlich Politiker, Ärzte und Polizisten zuständig wären. Konkrete Beispiele für so eine Kirche als „Staatsersatz“ liefern der Altbischof von Torit im Südsudan, Paride Taban, Pater Charles Saw aus Myanmar und Pater Stefano Molon aus der Zentralafrikanischen Republik.

Auch eine geistliche Veranstaltung

Wenn man sich auf dem Kongress Treffpunkt Weltkirche wie auf einem Fachkongress jedoch nur über Sachfragen austauschen würde, bestünde die große Gefahr, die Weltkirche auf einen „sozialen Verein“ zu reduzieren. Doch es geht um mehr – in der Kirche und auf dem Kongress, wie Karin Maria Fenbert betont: „Es ist unerlässlich, dass der Treffpunkt Weltkirche auch eine geistliche Dimension hat.“ Zu dieser geistlichen Dimension gehören im Fall von Kirche in Not die Marienerscheinungen in Fatima und das enge Verhältnis zu den Päpsten. Zu beiden Themen ist deshalb ein Vortrag von Msgr. Dr. Florian Kolfhaus aus dem vatikanischen Staatssekretariat geplant – einer von vielen geistlichen Programmpunkten der Tage. Tragende Säulen des Kongresses sind drei große Gottesdienste, von denen einer im byzantinischen Ritus der Ostkirche gefeiert wird. Zelebriert wird dieser liturgische Höhepunkt von keinem geringeren als dem griechisch-katholischen Großerzbischof von Kiew, Swiatoslaw Schewtschuk, dem Oberhaupt der griechisch-katholischen Katholiken.

Ökumene

Der russisch-orthodoxe Metropolit Hilarion Alfejew sprach 2011 auf dem Kongress Treffpunkt Weltkirche von einer „strategischen Allianz“, die er sich für die katholische und orthodoxe Schwesterkirche wünsche. Beide stimmen in vielen Werten überein, beide wehren sich gegen den Säkularismus, Relativismus und Genderismus in unseren Gesellschaften. Schon Papst Johannes Paul II. sprach davon, dass Europa mit beiden Lungenflügeln atmen müsse, kein Wunder also, dass die Ökumene mit der orthodoxen Kirche wieder ein wichtiger Aspekt des Kongresses ist. „Es gibt keine Alternative als eine ständige Dialogbereitschaft zwischen den orthodoxen Kirchen und der römisch-katholischen“, erklärt Geschäftsführerin Fenbert. „Und zwar ganz egal wie ungünstig und ungeschickt sich Laien und der Klerus auf beiden Seiten manchmal benehmen.“ Die Einheit – das ist auch den Mitarbeitern von Kirche in Not klar – kann nicht durch menschliche Anstrengung erreicht werden. Ähnlich wie beim Mauerfall und der Wende in Osteuropa vor 25 Jahren bedarf es dafür der Gnade und dem Wirken Gottes.

Jugendkongress

Am Nachmittag des 14. März wird das Programm des Kongresses geteilt: Im Hauptsaal steht die westeuropäische Kirche in Not auf der Tagesordnung und in einem Nebensaal beginnt der Jugendkongress, ein Nachmittag für junge Christen. Während es im Hauptprogramm um die Herausforderungen der Kirche in der säkularisierten Gesellschaft und die Bedrohung durch lebensfeindliche Ideologien gehen wird, beginnt das Jugendprogramm mit einer Katechese von Johannes Hartl zum Thema „Gebet“. Der 35-jährige Theologe hat dazu eine Menge zu sagen, ist er doch Gründer und Leiter des ökumenischen „Gebetshauses“ in Augsburg: ein Ort, an dem 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag gebetet wird. Neu auf dem Treffpunkt Weltkirche sind zwei Workshops zum Thema „Glaubensweitergabe“, die sich vor allem an junge Teilnehmer richten: Der katholische Blogger Peter Winnemöller gibt einen „Crashkurs Bloggen“ und der Musiker Danny Fresh lädt ein zum „Crashkurs Hip Hop und Rap“.

Glaubenskundgebung

Ein weiterer Höhepunkt des Kongresses Treffpunkt Weltkirche ist die „Glaubenskundgebung“, eine dreistündige Fernsehshow mit Musik, Theater und geistlichen Impulsen. Live übertragen wird dieses bunte Fest des Glaubens von den Fernsehsendern K-TV und EWTN sowie im Internet-Livestream in der Kirche-in-Not-Mediathek auf www.katholisch.tv  – Mit dabei sind unter anderem der jamaikanische Ordensgründer Pater Richard Ho Lung und seine Reggaeband, der bekannte Journalist und Buchautor Alexander Kissler und die Kinder des Treffpunkt Weltkirche, die ein eigens einstudiertes Theaterstück aufführen werden. Moderiert wird die Show von Martin Lohmann.

Radikaler Islam und Ordensberufungen

Zwei spannende Themen haben sich die Organisatoren für den letzten Kongresstag aufgehoben: Die immer radikalere Islamisierung des Nahen Ostens und die verzweifelte Lage der dortigen Christen sind Themen eines von der katholischen Tageszeitung Die Tagespost präsentierten Podiums am Sonntagmorgen. Prominente Gäste sind der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, Weihbischof Saad Sirop Hanna aus Bagdad und Bischof Kyrillos William Samaan aus Ägypten. Über die humanitäre Hilfe der Kirche im Libanon berichtet in dieser Runde die Ordensfrau Hanan Youssef.

Mit dem ersten Advent hat für die Kirche das „Jahr der Orden“ begonnen. Der Schwerpunkt „Ordensleute“ darf deshalb auch auf dem Treffpunkt Weltkirche nicht fehlen. Zum Thema sprechen am Sonntagvormittag der Vorstandsvorsitzende von Kirche in Not Deutschland und ehemalige Abt von Plankstetten, Bischof Dr. Gregor Maria Hanke, der auch Mitglied in der Kongregation für Orden ist. Neben ihm werden die Ordensgründer Pater Richard Ho Lung und Schwester Eppie Brasil sitzen.

Der Schlussimpuls des Südtiroler Theologen Peter Egger und eine fulminante Abschlussmesse mit Chor, Bläsern und vielen Bischöfen aus der Weltkirche stehen am Ende des 5. Internationalen Kongresses Treffpunkt Weltkirche von Kirche in Not – vier Tage, die man so schnell nicht vergisst!

Das komplette Kongressprogramm und Karten gibt es auf www.treffpunkt-weltkirche.de und bei „Kirche in Not“: Lorenzonistraße 62, 81545 München; Telefon: 089 64 24 88 8-0; Fax: -50; E-Mail: kontakt@kirche-in-not.de

Petition zum Schutz der Kinder und Jugendlichen

Schluss mit staatlich erlaubtem Kindesmissbrauch!

Unter der Federführung des Juristen Professor Dr. Klaus Michael Alenfelder in Bonn richtet die so genannte „Christliche Aktion“ eine Petition an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Bundesministerin für Bildung und Forschung Prof. Dr. Johanna Wanka und Ministerin und Vorsitzende der Kultusministerkonferenz Sylvia Löhrmann. Die Verlautbarung richtet sich „gegen die Sexualisierung unserer Kinder – mithilfe eines pervertierten Aufklärungsunterrichts im obligatorischen Schulsystem“. Christa Meves unterstützt die Initiative mit allem Nachdruck, da „hier ein besonderer Akzent der Aktivitäten auf dem Unrecht liegt, das unseren Kindern durch Indoktrination über die Schulen angetan wird – bzw. den Jugendlichen verstärkt angetan werden soll“. Außerdem scheinen ihrer Ansicht nach in der Petition das christliche Menschenbild und die Würde des Menschen auf, wie sie auch die Grundlage unseres Grundgesetzes und unseres Rechts bildeten. Die Petition kann online unterzeichnet werden.

Von „Christliche Aktion“

Schluss mit dem staatlich erlaubten Kindesmissbrauch! Gerade Kinder verdienen Respekt und Wertschätzung im Umgang mit dem Geschenk der Sexualität, bei der sie nicht instrumentalisiert und verführt werden dürfen“ (Martin Lohmann, Sprecher der Christlichen Aktion).

Christa Meves, die bekannte Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche, unterstützt ausdrücklich diese Petition und sagt: „Der hohe Wert unserer Kinder und Jugendlichen und die Gefährdung ihrer seelischen Gesundheit zwingen uns jetzt zum Handeln.“ Daher fordern wir:

• Nein zu übergriffiger Sexualkunde

• Nein zu Schulunterricht über Vaginalkugeln

• Nein zu Schulunterricht über Vibratoren

• Nein zu Schulunterricht über das Einrichten eines „Puffs für alle“

Manche fordern, Kinder und Jugendliche mit übergriffiger „Sexualkunde“ zu belästigen, statt sie kind- und jugendgerecht zu informieren. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist das Handbuch für Schulen „Sexualpädagogik der Vielfalt“ von Frau Prof. Dr. Tuider. Nachfolgend einige Beispiele aus diesem „Lehrbuch“:

1. Kinder ab 12 Jahre müssen beim „Sex-Quiz“ folgende Begriffe erläutern:

• „Abkürzung ‚SM‘“ (Antwort: „Sado-Masochismus“).

• „Dildo“ (Antwort: „Ein aus Latex oder Gummi geformter Penis“).

• „Vakuumpumpe“ (Antwort: „Eine Plastikpumpe zum Aufbau und zur Verstärkung der Erektion“).

• „gang-bang“ (Antwort: „Wenn eine Person mit mehreren Männern, die in einer Schlange anstehen, hintereinander Sex hat – urspr. Gruppenvergewaltigung“).

• „Swinger-Club“ (Antwort: „Ein Club für Paare, die Partnertausch praktizieren“).

• „Hete“ (Antwort: „Eine heterosexuelle Frau oder ein heterosexueller Mann“).

• „Bordell“ (Antwort: „Ein Haus, in dem man gegen Geld Sex haben kann“).

• „Wie groß ist bei Männern durchschnittlich der erigierte Penis?“ (Antwort: „12 bis 15 cm“).

• „Was ist beim Sex mit ‚französisch‘ gemeint?“ (Antwort: „Oralverkehr“) (Sexualpädagogik der Vielfalt, Tuider/Müller/Timmermanns/Bruns-Bachmann/Koppermann, 2. Aufl. 2012, S. 104 ff., im folgenden: „Tuider“).

2. Im Rahmen der Übung „Der neue Puff für alle“ sollen Kinder ab 15 einen „Puff“ modernisieren.

Die Kinder sollen Fragen beantworten wie: „Wer muss in diesem neuen Puff arbeiten? Welche Fähig- und Fertigkeiten brauchen die dort Arbeitenden, damit alle möglichen Menschen bedient und zufriedengestellt werden können? Was müssen die Menschen dort verdienen?“

Die Kinder sollen gemeinsam überlegen, „welche sexuellen Vorlieben bzw. welche Lebensformen und Menschen vergessen oder nicht berücksichtigt worden sind. Es wird auch darüber diskutiert, warum ggf. einige Menschen nicht berücksichtigt wurden, ebenso wie es aus Gründen gesellschaftlicher Moral, Erwartungen und Zuschreibungen angebracht sein kann, einige Menschen auch explizit nicht in einen ‚Puff für alle‘ einzuladen.“

Die Leitung soll prüfen, ob auch alle Formen der Sexualität „bedient“ werden. Dabei geben die Autoren u.a. folgenden Tipp: „Jugendliche brauchen bei dieser Übung die Ermunterung, Sexualität sehr vielseitig zu denken. Sie müssen eventuell mehrfach darauf hingewiesen werden, dass es sowohl um vielfältige Sexualitäten als auch um verschiedene Lebensweisen und verschiedene sexuelle Praktiken und Präferenzen geht. Es macht also beispielsweise einen Unterschied, einen weißen heterosexuellen Mann in dem neuen Puff bedienen zu wollen oder einen weißen heterosexuellen Mann im Rollstuhl; Ebenso macht es Unterschiede, ein Angebot zu entwickeln für eine Frau mit muslimischer (oder katholischer) Religionszughörigkeit oder eine Trans-Frau, die beide lesbisch sind“ (Tuider, S. 75).

3. Kinder sollen vor der Klasse über ihre Sexualerfahrungen sprechen.

So sollen Kinder ab 13 (freiwillig) berichten, wann sie das erste Mal „Analverkehr“ hatten (Tuider, S. 151 f.). Das ist übergriffige Sexualkunde.

„Das überschreitet die Intimsphäre der Kinder und Jugendlichen“ (Johannes-Wilhelm Rörig, Mißbrauchsbeauftragter der Bundesregierung, Focus 07.11.2014). Daher fordern wir Lehrpläne, die solche Übergriffe ausschließen.

Wir fordern daher zum Schutz der Kinder und Jugendlichen:

1. Keine übergriffige Sexualkunde.

2. Keine Frühsexualisierung.

3. Keine Erziehung zur verantwortungsfreien, rein triebgesteuerten Sexualität.

4. Erziehung zum verantwortlichen Umgang mit Sexualität.

5. Erziehung zu Respekt und Wertschätzung menschengerechter Sexualität zwischen Mann und Frau.

6. Erziehung zur Bindungsfähigkeit und zu Ehe und Familie.

7. Altersgerechte Erziehung unter Berücksichtigung kindlicher und jugendlicher Sensibilitäten zu Würde und Natürlichkeit.

8. Berücksichtigung der Scham und religiöser Gefühle.

9. Informationspflicht gegenüber den Eltern über jede Art der Sexualkunde und die Freiheit der Eltern, über die Teilnahme ihrer Kinder an der jeweiligen Schulung zu entscheiden.

10. Aufhebung jeder Strafbarkeit oder sonstiger Sanktionen bei Nichtbesuch von Sexualkundeunterricht.

11. Anwesenheitsrecht der Eltern bei Sexualkundeunterricht und die Freiheit der Eltern, von ihrem Sorgerecht für die eigenen Kinder Gebrauch zu machen, indem sie ihre eigenen Kinder jederzeit aus den entsprechenden Unterrichtsstunden abmelden können.

 

Wir wenden uns gegen jede Form des Kanzelmissbrauchs, auch solche, die sich als „Aufklärung“ ausgibt. Wir verlangen ein Umdenken zu Nachhaltigkeit und Wertschätzung jetzt!

Darum fordern wir:

• Ja zu verantworteter und wertschätzender Sexualkunde.

• Ja zu Ehrfurcht und Scham.

• Ja zu humaner Aufklärung.

• Ja zu Schutz und nachhaltiger Persönlichkeitsentwicklung.

 

Bitte setzen Sie sich umgehend mit uns für den umfassenden und nachhaltigen Schutz der Würde von Kindern und Jugendlichen ein! Mit der Unterzeichnung dieser Petition ergeht nebenstehende E-Mail (vgl. Webseite) an Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, an Frau Bundesministerin für Bildung und Forschung Prof. Dr. Johanna Wanka sowie an die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Ministerin Sylvia Löhrmann.

Die Petition kann online unterzeichnet werden unter www.citizengo.org/de/ 13848-keine-uebergriffige-sexualkunde

Die vier Marianischen Dogmen (1)

Fatima-Jetzt

Maria „Theotókos“

In einer Artikelreihe stellt die Theologin und Autorin Anna Roth die vier dogmatischen Lehraussagen der katholischen Kirche vor. Dazu zählen die „Gottesmutterschaft Marias“, ihre „Immerwährende Jungfräulichkeit“, ihre „Unbefleckte Empfängnis“ und ihre „Aufnahme mit Leib und Seele in den Himmel“.

Von Anna Roth

Wir wollen uns in einem ersten Beitrag etwas näher mit dem marianischen Dogma befassen, das die „Gottesmutterschaft“ Marias bestätigt. Primär handelt es sich bei diesem Dogma um ein christologisches Dogma, das im Jahre 431 auf dem Konzil von Ephesus feierlich verkündigt wurde. Der Text lautet wie folgt: „Wenn jemand nicht bekennt, dass der Emmanuel (Christus) in Wahrheit  Gott ist und dass deswegen die heilige Jungfrau Gottesgebärerin (theotókos) ist  – denn sie hat dem Fleische nach den aus Gott stammenden fleischgewordenen Logos geboren –, so sei er ausgeschlossen.“[1] 

Und dieses Dogma von der „Theotókos“ gründet in dem Glaubenssatz der „unio hypostatica“, also der hypostatischen Union. Hier geht es darum klarzustellen, dass Maria nicht einen Menschen geboren hat, mit dem sich die Person des Logos nachträglich verbunden hätte, sondern Maria hat die Person des Logos in der aus ihr angenommenen menschlichen Natur geboren.[2] Es geht um das Bekenntnis, dass Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott ist. Und hierzu ist in den Anathematismen Kyrills zu lesen: „Wer nicht bekennt, dass das Wort, das aus Gott, dem Vater, ist, mit dem Fleisch der Hypostase nach geeint ist und dass Christus mit seinem eigenen Fleisch einer ist, nämlich als derselbe zugleich Gott und Mensch, der sei mit dem Anathema belegt.“[3]

So kann festgehalten werden, dass dem Konzil von Ephesus als Aufgabenstellung primär die christologische Definition, d.h. die „Sicherung der Gottheit und Menschheit Jesu“[4] oblag. Und das sagt aus, dass es sich bei diesem marianischen Dogma um ein christologisches Dogma handelt, in dem das marianische Dogma involviert ist.

Aus diesem Zusammenhang können wir folgern, dass die Größe und Heiligkeit der „Theotókos“ in einer sehr engen Beziehung zu ihrem göttlichen Sohn, Jesus Christus, der zweiten göttlichen Person, steht. Denn dass Maria die Gottesgebärerin genannt werden kann, geht nur unter der Voraussetzung, dass Christus definiert und erkannt ist als der „göttliche Logos, die zweite trinitarische Person, die als solche aus Maria, der Jungfrau (ex maria virgine), eine menschliche Natur annimmt. Vom ersten Moment seiner Empfängnis an ist er in hypostatischer Union sowohl wahrer Gott wie auch wahrer Mensch“.[5]

Unter dem Begriff „hypostatische Union“ ist zu verstehen, „dass die Eigentümlichkeiten der göttlichen und der menschlichen Natur nur von der einen Person ausgesagt werden dürfen, während die Übertragung der Eigentümlichkeiten der einen Natur auf die andere Natur unzulässig ist“.[6] Daraus folgt, dass z.B. nicht die Aussage getroffen werden kann, dass Christus als Gott gelitten hat.[7] Diese Aussage ergibt sich aus Idiomenprädikation. Hierzu gehört auch der Glaubenssatz, dass „die göttlichen und menschlichen Prädikate Christi … dem einen fleischgewordenen Logos zuzuteilen (sind)“.[8]

 Auf dem Konzil von Ephesus im Jahre 431 wurde also der „Theotókos-Titel“ sanktioniert. Und so lautet die genaue Einigungsformel im Jahre 433 mit den Antiochenern: „Demnach ist der Herr Jesus Christus vollkommener Gott und vollkommener Mensch (mit Leib und vernunftbegabter Seele), vor den Zeiten der Gottheit nach aus dem Vater und am Ende der Tage der Menschheit nach aus der Jungfrau Maria geboren.“[9] Daraus folgt, dass Jesus Christus, der wie zuvor erwähnt wahrer Gott und wahrer Mensch ist, stringenterweise auch wesensgleich dem Vater der Gottheit nach und wesensgleich uns der Menschheit nach ist.[10] Es handelt sich also um eine unvermischte Einigung der Gottheit und Menschheit Christi.

Es geht also beim Konzil von Ephesus um zwei wesentliche Dinge, nämlich dass Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist und dass folglich Maria Gottesgebärerin genannt werden kann. Das heißt, die Anerkennung der Gottessohnschaft Jesu ist die Basis für die Dogmatisierung Marias als „theotókos“.

Und im sonntäglichen Credo bekennt die ganze versammelte Gemeinde, dass Er (Jesus) Fleisch angenommen hat durch den Heiligen Geist aus der Jungfrau Maria und Mensch geworden ist. Das heißt auch, dass Jesus einer von uns geworden ist, in allem uns gleich, außer der Sünde.

Arienne von Speyr bringt uns dieses wunderbare Geschehen, dieses Wirken Gottes an Maria in einzigartiger Weise nahe, indem sie vermerkt: „Und Er (Gott) formt nicht nur ihre Natur mit ihren natürlichen Eigenschaften, um sie zu veredeln, sondern Er benutzt sie – wie ein Gefäß, um in sie hinein seine ganze Übernatur zu gießen und sich aus ihr eine Mutter zu formen.“[11] 

Diese Texte machen deutlich, dass die Menschwerdung Jesu Christi aus Maria die innerweltlichen Gesetzmäßigkeiten von Zeugung und Geburt total übersteigt.  Maria, die Jungfrau, hat in Freiheit ihr „fiat“ gegeben. In völliger personaler Freiheit hat sie sich als Magd des Herrn ganz bewusst in seinen Dienst gestellt. Gott zwingt nicht, denn er ist die Freiheit, er ist die Liebe und Liebe kann nicht zwingen.[12] Und sofort nach dem „Ja“ Marias zum Willen Gottes kam der Heilige Geist über sie und … gab ihr die zur Aufnahme der Gottheit des Wortes gehörige Kraft. Und es überschattete die Jungfrau die persönliche Weisheit und Macht Gottes des Höchsten, der Sohn Gottes, der dem Vater wesensgleich ist, wie ein göttlicher Same, und bildete sich aus ihrem heiligen und reinsten Blute – Fleisch –, belebt von einer vernünftigen und denkenden Seele, nicht samenhaft, sondern schöpferisch durch den Heiligen Geist.[13]

Maria – Mutter Gottes

Wenn Maria die Gottesgebärerin ist, ist sie auch die Gottesmutter. Schon bereits vor der Geburt ihres göttlichen Sohnes wird sie von Elisabeth bejubelt als „die Mutter meines Herrn“ (Lk 1,43). Auch in den Evangelien wird Maria „die Mutter Jesu“ genannt (Joh 2,1; 19,25). Karl Rahner bemerkt dazu folgendes: „Maria ist die jungfräuliche Mutter Jesu Christi. Diese Beziehung darf nicht zu bloß leiblichem Zusammenhang verengt verstanden werden. Im freien – ihr von Gottes Gnade geschenktem – Jawort ihres Glaubens hat sie für uns den Sohn Gottes empfangen und ihm aus ihrem Schoß jenes irdische Dasein geschenkt, durch das Er Glied des neuen Menschengeschlechtes und so sein Erlöser sein konnte (Mt 1,18-23, Lk 1,26-38).“[14]

Maria – unsere Mutter

Jetzt blicken wir zum Kreuz, dorthin wo die Mutterbeauftragung geschah. Bei Johannes lesen wir: „Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich“ (Joh 19,26f).

Hier handelt es sich exakt um die Mutterbeauftragung Marias durch ihren geliebten Sohn Jesus Christus. Und diese Mutterbeauftragung gilt von da und bleibt aktuell. Und sie gilt für alle Menschen. Die Betonung liegt auf alle. Denn Maria ist nicht nur die Mutter der Christenheit, wie es manchmal betont wird. Nein – Maria ist die Mutter aller, d. h. aller Menschen weltweit, unabhängig davon, was diese glauben, unabhängig davon, ob sie glauben, unabhängig davon, welcher Kultur sie angehören.

So gilt ihre mütterliche Sorge und ihre Liebe uns allen, die wir noch auf der Pilgerschaft sind. Wir alle sind ihre Kinder. Und diese Mutterschaft Marias hält durch die Erdenzeit hindurch bis zur ewigen Vollendung aller Auserwählten an. Denn Maria hat Jesus Christus, den Heilsbringer, geboren und ist so naturhaft mit ihm, aber auch mit uns Menschen verbunden. Und diese große heilbringende Aufgabe hat Maria nicht abgelegt. Durch ihre mütterliche Fürsprache bei ihrem göttlichen Sohn will sie auch uns das ewige Heil erwirken.[15] 

Und so kann Maria ganz bewusst im Magnifikat betonen: „Denn der Mächtige hat Großes an mir getan.“ Denn zunächst geht alle Macht allein von ihm, also von Gott aus. Aber Er – der Mächtige – nimmt in seinen Machtstrahl seine Mutter Maria mit hinein und macht sie zu unserer Mittlerin, Fürsprecherin und Helferin. In allen unseren persönlichen Nöten und Sorgen können wir uns ihr anvertrauen und sie um Hilfe bitten. An ihrer mütterlichen Hand gelangen wir sicher zum Ziel – zu ihrem göttlichen Sohn Jesus Christus.


[1] DH 2005, 40. Aufl., 253.
[2] Vgl. Gerhard Ludwig Müller: Katholische Dogmatik, 52003, 501.
[3] DH 2005, 40. Aufl., 253.
[4] Wolfgang Beinert/Heinrich Petri (Hg.): Handbuch der Marienkunde, 1996, 2. Aufl. Bd.1, 311.
[5] Vgl. ebd., 310.
[6] Ludwig Ott: Grundriss der Dogmatik, 41959, 193.
[7] vgl. ebd., 193.
[8] Ebd.192.
[9] Anton Ziegenaus: Katholische Dogmatik, 1998, Bd. 5, 214.
[10] Vgl. ebd., 214.
[11] Arienne von Speyr: Die Magd des Herrn, 1988, 21.
[12] Vgl. Anna Roth: Maria – Ihre Christozentrik, 2008, 137.
[13] Vgl. Matthias Joseph Scheeben/Carl Feckes (Hg): Die bräutliche Gottesmutter, 1951, 47.
[14] Karl Rahner: Maria, Mutter des Herrn, 2004, Bd. 9, 518.
[15] Vgl. Michael Schmaus: Maria – Mutter Christi und Mutter der Kirche, 21982, Teil-Bd. 5, 309f.

Neuen Kommentar schreiben

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder! Die Redaktion behält sich das Recht vor, Kommentare gegebenenfalls nicht für die Veröffentlichung freizugeben oder in Abstimmung mit den jeweiligen Autoren zu kürzen.