Liebe Leser

Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel

Der „Kommunion-Streit“ unter den deutschen Bischöfen kann auch positiv gesehen werden. Die Auseinandersetzung ist heilsam, da sie uns ganz neu für wichtige Fragen sensibel macht, die allzu oft unter den Teppich gekehrt werden. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit jemand die hl. Kommunion würdig empfangen kann? Ja, was bedeutet uns die heilige Eucharistie überhaupt?

Hintergrund ist zunächst die gemeinsame Erklärung, die Papst Franziskus und der Präsident des Lutherischen Weltbunds, Mounib Younan, am 31. Oktober 2016 im Dom zu Lund unterzeichnet haben. Zum Auftakt des Gedenkjahres „500 Jahre Reformation“ sprachen sie sich für die „Verpflichtung zum gemeinsamen Zeugnis“ aus. Wörtlich heißt es: „Viele Mitglieder unserer Gemeinschaften sehnen sich danach, die Eucharistie in einem Mahl zu empfangen als konkreten Ausdruck der vollen Einheit. Wir erfahren den Schmerz all derer, die ihr ganzes Leben teilen, aber Gottes erlösende Gegenwart im eucharistischen Mahl nicht teilen können. Wir erkennen unsere gemeinsame pastorale Verantwortung, dem geistlichen Hunger und Durst unserer Menschen, eins zu sein in Christus, zu begegnen. Wir sehnen uns danach, dass diese Wunde im Leib Christi geheilt wird. Dies ist das Ziel unserer ökumenischen Bemühungen. Wir wünschen, dass sie voranschreiten, auch indem wir unseren Einsatz im theologischen Dialog erneuern.“

Reinhard Kardinal Marx hatte daraus den Auftrag abgeleitet, auch nicht-katholischen Partnern in konfessionsverschiedenen Ehen die Möglichkeit zum Kommunionempfang zu eröffnen. Er brachte eine pastorale Handreichung auf den Weg, die zunächst von einer großen Mehrheit der deutschen Bischöfe akzeptiert wurde, doch schließlich nicht die Zustimmung von Papst Franziskus fand. Das Veto des Papstes kam nicht aus heiterem Himmel. Es geht auf eine Intervention des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki zurück.

Am Fronleichnamstag erklärte Kardinal Woelki seine Bedenken und rief vor Tausenden von Gläubigen aus, beim derzeitigen Kommunionstreit gehe es um Leben und Tod. Warum so dramatisch? In der heiligen Messe würden Tod und Auferstehung Jesu Christi vergegenwärtigt. Und so sei die Eucharistie auch Quelle und Garant unseres Lebens.

Das Engagement, das Woelki in dieser Frage an den Tag legt, haben wir zum Titel-Thema dieses Heftes gewählt. Denn wir sind dem Kardinal für seinen Einsatz außerordentlich dankbar und hoffen, dass sein Anliegen breite Unterstützung findet. Wir verbinden damit die Überzeugung, dass Woelki mit seinem mutigen Bekenntnis wirklich dem Reich Gottes dient. Gleichzeitig bitten wir den Herrn, er möge der Kirche durch die aktuelle Auseinandersetzung hindurch helfen, den vom Himmel vorgesehenen Weg zur Einheit und Erneuerung zu finden.

Liebe Leser, unser hoch verehrter Herr Weihbischof Dr. Andreas Laun hat sich als offizieller Herausgeber von „Kirche heute“ zurückgezogen. Er spürt, dass auch im Hinblick auf die Spannungen, von denen unsere Kirche derzeit überschattet wird, seine Kräfte nachlassen. Dennoch will er uns weiterhin als Autor begleiten und hin und wieder Artikel zur Verfügung stellen. Wir können ihm nur aus ganzem Herzen danken und ihm für seinen jahrzehntelangen Dienst ein aufrichtiges Vergelt’s Gott sagen!

Wir haben dem Heft wieder Überweisungsträger beigelegt, mit denen Sie unserem Apostolat eine Spende zukommen lassen können. Wir sind auf Ihre Großherzigkeit angewiesen und bitten Gott auf die Fürsprache Mariens, er möge Ihnen für Ihre treue Unterstützung seinen Segen und einmal den ewigen Lohn im Himmel schenken.  

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
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Das Geheimnis der Eucharistie im Licht des katholischen Glaubens

Das schlagende Herz der Kirche

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki feierte am 31. Mai 2018 mit Tausenden von Gläubigen auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom das Hochfest Fronleichnam. In seiner Predigt entfaltete er den katholischen Glauben an die Eucharistie. Er hob hervor, dass Christus unter den Gestalten von Brot und Wein nicht nur als lebendige Person real gegenwärtig sei, sondern auf sakramentale Weise auch sein Kreuzesopfer vergegenwärtige. Durch die „Communio“ mit ihm empfange der Gläubige die Fülle des göttlichen Lebens und werde Glied am geheimnisvollen Leib Christi. So werde die Kirche aus der Eucharistie geheimnisvoll gebildet und auferbaut. Umgekehrt verlange die Teilnahme am eucharistischen Opfer auch von den Gläubigen eine vollkommene Hingabe an Gott, um durch Christus eine lebendige Opfergabe für den Vater zu werden. Nachfolgend die Predigt leicht gekürzt.

Von Rainer Maria Kardinal Woelki, Köln

Fronleichnam ist nicht irgendein Fest, es ist das Fest der Freude, ein Fest des Dankes. Wofür danken wir? Dass der Herr sein Versprechen eingehalten hat und bei uns bleibt. Er ist mitten unter uns im Sakrament, besonders im Sakrament der Eucharistie und damit immer auch in seiner Kirche. In der Eucharistie ist er wirklich bei uns. Die Tatsache, dass er in den heiligen Zeichen von Brot und Wein verborgen ist, mindert nicht im Geringsten die Wirklichkeit Seiner Gegenwart.

Nein, Er ist nicht nur bei uns, Er gibt sich uns auch zur Speise. Er gibt sich uns zu essen. Im Brot, das Er uns schenkt, schenkt Er Sich selbst. „Nehmt und esst, das ist mein Leib!“ Das bin Ich selbst, wirklich, leibhaftig, und Ich gehöre zu euch. Durch Sein Wort „Das ist mein Leib“ und „Das ist mein Blut“ wandelt Er die Gaben von Brot und Wein, um sich uns zu geben, damit ein jeder von uns communio hat, Anteilhabe, Kommunion, Gemeinschaft mit Ihm – und über Ihn und durch Ihn wir untereinander. Deshalb ist die heilige Eucharistie das schlagende Herz der Kirche. Aus der Eucharistie lebt die Kirche!

Wovon leben wir persönlich als Kirche? Wovon leben wir, wenn wir die Eucharistie feiern? Wir leben von der Feier von Tod und Auferstehung Jesu Christi. In ihr reicht sich uns der Herr selbst leibhaft zur Speise dar, nicht nur den Jüngern damals, sondern auch uns jetzt in dieser Stunde am Fronleichnamstag hier auf dem Roncalliplatz – und dann natürlich Sonntag für Sonntag und Werktag für Werktag.

Darum befinden wir uns im Vergleich zu den Aposteln heute keineswegs in einer schlechteren Lage. Im Gegenteil! Wir empfangen denselben Leib des Herrn wie sie damals. Und wir trinken dasselbe Blut des Herrn wie sie damals. Und wir erfahren dieselbe Liebe und werden in die gleiche Lebensgemeinschaft mit Ihm hineingenommen wie sie damals. Denn: „Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi?“

Die hl. Eucharistie ist neben der Heiligsten Dreifaltigkeit das tiefste Geheimnis unseres Glaubens. Indem wir die Eucharistie feiern und sie empfangen, werden wir in Christus hineinverleibt, von Ihm aufgenommen. So werden wir – jeder einzelne von uns – Glieder an Seinem Leib, der die Kirche ist. Insofern ist die Eucharistie für die Kirche konstitutiv! Die Eucharistie bildet die Kirche. Von der Eucharistie her wird die Kirche auferbaut, nicht irgendeine Kirche, nicht eine erdachte Kirche, nicht eine erträumte Kirche, sondern die Kirche Jesu Christi.

Wer deshalb den Leib des Herrn empfängt und zuvor – nämlich am Ende des Eucharistischen Hochgebetes, kurz vor dem Vaterunser – sein zustimmendes „Amen“ gesprochen hat, der sagt „Ja und Amen“ dazu, dass Jesus wahrhaft gegenwärtig ist und das nicht nur in einem bildlichen oder übertragenen Sinne; der sagt „Ja und Amen“ dazu, dass Er wirklich gegenwärtig ist und nicht nur in der subjektiven Überzeugung der Gläubigen lebt; der sagt „Ja und Amen“ dazu, dass der Herr wesenhaft gegenwärtig ist, das heißt in Seiner tiefen, für die Sinne nicht erkennbaren Wirklichkeit und nicht in den äußerlichen Erscheinungsformen, die diejenigen von Brot und Wein bleiben; der spricht so auch sein „Ja und Amen“ zur Einheit der Kirche; der sagt „Ja und Amen“ zum Papst und zum Bischof; der sagt „Ja und Amen“ zur sakramentalen Struktur der Kirche; der sagt „Ja und Amen“ zu den Heiligen und ihrer Verehrung; der sagt „Ja und Amen“ zum Gebet für die Verstorbenen.

Deshalb muss sich jeder, der den Leib des Herrn empfangen will, gut prüfen, ob er zu alldem auch wirklich „Ja und Amen“ sagen kann. Denn wer die Eucharistie empfängt, der wird ja in Christus hineingebunden, sodass er ein Glied an Seinem Leib wird und dadurch auch immer Glied der konkreten Kirche, wie sie durch Papst und Bischof repräsentiert und dargestellt ist. Eucharistiegemeinschaft evoziert, ruft Bekenntnisgemeinschaft hervor. Eucharistiegemeinschaft begründet Kirchengemeinschaft.

Wenn wir die hl. Eucharistie feiern und empfangen, dann wird nicht nur Kirchengemeinschaft begründet. Wir tun auch das, was Jesus zu Seinem Gedächtnis getan hat. Und während wir das tun, tut auch Jesus etwas wie damals beim Abendmahl. Er wird im Zeichen des Brotes und des Weines leibhaft gegenwärtig und macht dadurch Sein Kreuzesopfer gegenwärtig. Die Gegenwart Jesu in der Eucharistie bedeutet nämlich nicht nur die Gegenwärtigsetzung Seiner Person, sondern immer auch die Gegenwärtigsetzung des gesamten Heilswerkes. Denn im Zeichen des Brotes gibt Jesus den Jüngern damals und uns heute Seinen am Kreuz hingeopferten Leib zur Speise. Und im Zeichen des Weines gibt er ihnen und uns Sein Blut zu trinken, das Er am Stamm des Kreuzes für uns vergossen hat. Was Jesus also damals beim Abendmahl, bei dem Er die Eucharistie und das Priestertum einsetzte, tut, das setzt das Kreuzesopfer voraus, ja, es nimmt es vorweg. Am Kreuz opfert sich Jesus selbst für das Heil der Welt. Er opfert sich für dich und für mich, damit wir leben können.

Deshalb ist die hl. Messe nicht irgendein Event, nicht nur irgendeine fröhliche Feier. Die hl. Eucharistie ist immer auch Opfer, Messopfer. Sein Opfer will auch unser Opfer, das Opfer der Kirche sein. Damit aber dürfen wir nicht nur rein äußerlich tun, was Er damals getan hat, nämlich über Brot und Wein die Worte sprechen, die Er gesprochen hat, und dann nehmen und essen und trinken zu Seinem Gedächtnis. Nein, tun, was Er getan hat, das meint auch, dass wir uns mit hineinnehmen lassen in Seine Opferhingabe an den Vater. Und indem wir uns so mit hineinnehmen lassen von Ihm, werden auch wir mit Christus zu einer Opfergabe für Gott. Denn indem wir Anteil, communio, erhalten an dem einen Brot und dem einen Kelch und damit am Herrn selbst, werden wir im Heiligen Geist zu Gliedern an Seinem Leib – und damit in Ihm und mit Ihm und durch Ihn zu einer lebendigen Opfergabe für Gott.

Manchmal kann man Christen sagen hören, die hl. Messe gebe ihnen nichts. Oder: Man komme nicht mehr, wenn sie nicht wie bisher in der Kirche vor Ort zu gewohnter Zeit gefeiert werden könne. Wenn wir nur annähernd etwas von dem verstanden hätten, was damals im Abendmahlssaal geschehen ist und seitdem in jeder Messfeier gegenwärtig gesetzt werden will, dann kann es einem ob solcher Worte heiß und kalt werden. Als ob es an erster Stelle darum ginge, dass wir etwas von ihr, der Messfeier, hätten! Geht es nicht zuerst darum, dass wir in der Messfeier etwas zu geben haben, nämlich uns selbst, dass wir uns Gott zu geben haben, uns Ihm zu übergeben haben? Billiger geht das nicht, als wenn wir Eucharistie feiern! Warum nicht? Weil Gott uns mit Seinem Sohn alles gegeben hat: Sich selbst! Und der Sohn wiederum, Er hat nicht etwas übergeben, sondern Er hat am Kreuz ebenfalls alles gegeben, was Er hat: Sein Leben!

Glauben heißt, darauf Antwort geben mit sich selbst, nicht nur mit dem Mund, nicht mit irgendwelchen kirchenpolitischen Forderungen, sondern mit dem eigenen Leben. Darauf kommt es an! Das ist das Entscheidende! Wenn wir die hl. Messe wirklich feiern wollen, dann müssen wir uns mit Christus dem Vater übergeben. Das ist der Sinn der Eucharistie.

Wer sich aber mit Christus Gott übergibt, der braucht davor keine Angst zu haben, der verliert sich nicht, der verliert nicht sein Leben, der gibt sich nicht auf, der geht nicht leer aus, der erhält vielmehr alles. Warum? Weil er Christus empfängt. Und der wurde von Seinem Vater mit göttlichem Leben erfüllt. Genau das geschieht mit uns: Indem wir die hl. Kommunion empfangen, werden wir durch die Feier der Eucharistie mit Gottes ewigem Leben beschenkt. Genau deshalb können wir als katholische Christen am Sonntag nicht ohne die Eucharistie sein. Deshalb kann sie durch keine noch so schön gestaltete Wortgottesfeier ersetzt werden. Denn wenn wir die hl. Eucharistie am Sonntag feiern, dann will das, was wir dort feiern, mit in die ganze Woche hineingenommen werden – indem wir sie leben, das heißt, indem wir unser ganzes Leben zu einem Ausdruck unserer Hingabe an Gott werden lassen.

Unser Leben will damit ein Leben von Menschen sein, die mit Christus Gott ganz gehören. Wir feiern Fronleichnam. Das heutige Fest zeigt uns den Herrn nicht nur als das Ziel und die Erfüllung unseres Lebens, es zeigt uns auch, dass der Herr unseren Lebensweg mit uns geht. Bei unserer Prozession gehen daher nicht nur wir mit Ihm, nein, Er geht auch mit uns. Er geht mit uns durchs Leben, durch alle unsere Lebensbereiche. Nichts klammert Er aus. Immer und überall will Er bei uns sein und unser Leben mit uns teilen. Denn in Ihm allein findet unsere Sehnsucht nach Leben, nach ewigem Leben und ewigem Glück, ihre tiefste Erfüllung und unser Menschsein seine höchste Vollendung.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
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„Es geht um Leben und Tod!“

Am Ende der Fronleichnamsfeier richtete Kardinal Woelki an die Teilnehmer ein Schlusswort, das mit Applaus aufgenommen wurde. Unter anderem sagte er:

In den vergangenen Wochen wurde sehr viel über die Eucharistie gesprochen. Manche meinten: „Was soll das Ganze? Das ist doch Quatsch!“ Andere meinten sogar: „Das ist doch ein Kasperle-Theater!“ Ich meine: Hier geht es um Leben und Tod. Hier geht es um Tod und Auferstehung. Hier geht es um das ewige Leben. Hier geht es um Christus. Hier geht es um Seine Kirche und damit geht es hier um das Eingemachte. Deshalb müssen wir darum streiten und den richtigen Weg suchen, nicht irgendeinen Weg, sondern den Weg des Herrn, den Er uns weist. Denn Er allein ist der Weg und die Wahrheit und das Leben.

Es ist viel geschrieben worden. Unter anderem wurde behauptet, ich hätte mich heimlich nach Rom gewandt, heimlich irgendetwas geschrieben. Ich sage mit der Heiligen Schrift: Offen und frei bin ich aufgetreten und habe das geschrieben und gesagt, was zu schreiben und zu sagen war. In aller Öffentlichkeit! Ich sage noch einmal auch dies: Wir hier in Deutschland leben nicht auf einer Insel der Seligen. Wir sind keine Nationalkirche. Wir sind Teil der großen universalen Kirche. Alle unsere deutschen Diözesen sind eingegliedert in den großen Erdkreis. Wir alle sind verbunden mit allen anderen katholischen Kirchen auf dem ganzen Erdenrund, geeint unter dem Haupt des Heiligen Vaters. Deshalb gehen wir mit ihm in der Einheit mit allen anderen Teilkirchen Christus entgegen in der Treue zu dem Glaubensgut, das uns die Apostel überliefert haben.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
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Voraussetzungen für einen würdigen Kommunionempfang

Gottes grenzenlose Liebe

Pfarrer Erich Maria Fink geht auf den sog. „Kommunion-Streit“ ein, den eine geplante „Handreichung“ der Deutschen Bischofskonferenz ausgelöst hat. Danach sollte in einer konfessionsverschiedenen Ehe auch dem nicht-katholischen Partner in Einzelfällen und unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit eingeräumt werden, in der katholischen Eucharistiefeier die heilige Kommunion zu empfangen. Auf der Frühjahrsvollversammlung hatten mehr als zwei Drittel der Bischöfe dem Text bereits zugestimmt, während nun Papst Franziskus durch eine persönliche Intervention das Inkrafttreten des Dokuments verhinderte. Ohne Zweifel wirft der Vorschlag der deutschen Bischöfe Fragen auf, die bislang noch nicht befriedigend geklärt sind. Pfarrer Fink versucht, verschiedene Problempunkte zu benennen und sie im Licht des katholischen Glaubens zu erhellen.

Von Erich Maria Fink

Der „Kommunion-Streit“ unter den deutschen Bischöfen ist nach und nach an die Öffentlichkeit gedrungen und hat unter den Gläubigen zu einer großen Verunsicherung geführt. Von verschiedener Seite bin ich gebeten worden, zu den aufgeworfenen Fragen Stellung zu nehmen. Gerne gebe ich eine persönliche Einschätzung des Weges ab, den die Bischofskonferenz mit ihrer „Handreichung“ zur pastoralen Arbeit mit konfessionsverschiedenen Ehepaaren eingeschlagen hat. Ich muss jedoch betonen, dass der Textentwurf dieser Handreichung öffentlich nicht zugänglich ist und auch mir bislang nicht vorliegt.

Das engagierte Zeugnis von Kardinal Woelki

Was ich jedoch mitverfolgen konnte, war das Engagement von Rainer Maria Kardinal Woelki. Wenn man seine Schreiben, Predigten und Stellungnahmen liest, kann man sich ein Bild von den Sorgen machen, die den Kölner Erzbischof seit der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz vom 19. bis 22. Februar dieses Jahres in Ingolstadt umtreiben.

In den vergangenen Jahren machte Woelki eher den Eindruck, als wolle er sich von seinem großen Ziehvater, dem am 5. Juli 2017 verstorbenen Joachim Kardinal Meisner, loslösen und sich auch inhaltlich gegenüber seinem Vorgänger absetzen. Doch seit dem Vorstoß der Deutschen Bischofskonferenz in der Frage der Kommunionspendung an evangelische Christen zeigt Woelki einen kämpferischen Geist, der sich dem Erbe Meisners ganz und gar verpflichtet weiß. Die Eucharistie ist für ihn das zentrale Geheimnis des christlichen Glaubens. Er sieht sich im Gewissen verpflichtet, bei diesem Thema Flagge zu zeigen und seine Überzeugung mit allem Nachdruck in den Entscheidungsprozess einzubringen.

Schon im Jahr 2002 hatte sich Meisner einem ähnlichen Vorhaben der Bischofskonferenz in den Weg gestellt und das Thema mit Verweis auf die weltkirchliche Ebene vom Tisch gebracht. Ganz auf dieser Linie bewegt sich nun auch Woelki. Doch er argumentiert nicht nur formal-juristisch, indem er Befugnisse absteckt oder Interpretationen von kirchenrechtlichen Bestimmungen prüft. Woelki macht darauf aufmerksam, dass die Handreichung zentrale Glaubensfragen berührt und nicht nur pastoralen Charakter besitzt. Auf dem Spiel steht nach ihm das katholische Verständnis vom Sakrament der Eucharistie, vom Priestertum und von der Kirche als dem geheimnisvollen Leib Christi.

Deswegen ist Woelki nicht bereit, dass eine so tiefgreifende Entscheidung auf einer Vollversammlung der Bischöfe einfach schnell durchgewunken wird, wie man dies von der Politik her kennt. Mit seiner Appellation an die verantwortlichen Dikasterien in Rom hat er im wahrsten Sinn des Wortes die Notbremse gezogen. Doch einen solchen Schritt hatte er bereits vor einem Jahr in aller Offenheit für den Fall angekündigt, dass die Zulassung evangelischer Ehepartner zur katholischen Kommunion auf der Ebene der Bischofskonferenz beschlossen werden sollte. Im Jubiläumsjahr der Reformation nämlich hatte Reinhard Kardinal Marx eine solche Zulassung in Einzelfällen als Beitrag der katholischen Kirche zur Ökumene ins Gespräch gebracht.

Dem Kölner Erzbischof sind nun eine ganze Reihe weiterer Bischöfe gefolgt. Ihr gemeinsamer Einspruch wird offensichtlich auch vom neuen Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria SJ, sowie von Papst Franziskus geteilt.

Die Verantwortung der Kirche für die Eucharistie

Als Christen glauben wir, dass der allmächtige Gott uns Menschen so unendlich liebt, dass er Mensch geworden ist. Er möchte mit uns Menschen eine personale Gemeinschaft eingehen. Es gereicht ihm zur Freude und zur Verherrlichung, wenn wir ihm die Möglichkeit geben, sich mit uns zu vereinigen. So hat sich Gott als „Jahwe“ geoffenbart, als der, der da ist für uns. Und er kündigte das Kommen des „Emmanuel“ an – „Gott mit uns“. Das hat sich in Jesus Christus erfüllt, den wir als unseren Herrn und Gott bekennen. Doch sind wir überzeugt, dass Gott auf diesem Weg zu uns Menschen noch einen Schritt weiter gegangen ist, nämlich in der Eucharistie. So wirklich, wie Jesus Christus Mensch und Gott zugleich ist, so wirklich ist der lebendige Christus unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig. Er hat sich so klein und zur Speise gemacht, um mit der ganzen Fülle seines göttlichen Wesens im Menschen als seinem Tempel Wohnung zu nehmen. Die Vereinigung mit der Seele des Menschen ist seine größte Sehnsucht. Deshalb ist es tatsächlich der Wille Gottes, dass alle Menschen ihre Herzen für die Eucharistie öffnen und die hl. Kommunion empfangen. „Nehmt und esst alle davon!“

Aber damit beginnt auch die Spannung, in der die Eucharistie immer steht. Denn dieses Sakrament hat Jesus der Kirche anvertraut, und zwar auf dem Fundament der Apostel. Christus gehorcht dem Priester, wenn dieser in seinem Namen die Worte spricht: „Das ist mein Fleisch!“ – „Das ist mein Blut!“ Gott tritt in unsere Mitte. Aber er hat eine Gestalt angenommen, durch die er ganz auf unsere Fürsorge angewiesen ist, nämlich darauf, wie wir mit der Eucharistie umgehen – noch mehr als ein Kind auf seine Mutter. Gott hat sich in diesem Sinn der Kirche vollkommen ausgeliefert. Umso größer ist die Verantwortung der Kirche, Gott in der Eucharistie ihre vollkommene Aufmerksamkeit, Liebe und Anbetung zu schenken und dieses heiligste Sakrament entsprechend zu verwalten. Dazu gehört insbesondere die Spendung der Kommunion nur an diejenigen, die die notwendigen Voraussetzungen dafür mitbringen. Beim aktuellen Kommunion-Streit geht es nicht darum, etwas zu „verhökern“, über das wir Herr wären, sondern es geht um Gott selbst. So verlangt die Frage nach der Zulassung zur heiligen Kommunion vollkommene Ehrlichkeit, erhaben über alle kirchenpolitischen Ränkespiele. Denn wir müssen uns bewusst werden, worüber verhandelt und abgestimmt wird. Gott aber können wir nichts vormachen. Wir können nur versuchen, ihm aufrichtig zu dienen und ihm nach unseren Möglichkeiten gerecht zu werden.

Voraussetzungen für den Kommunionempfang

Die Taufe ist natürlich die grundlegende Voraussetzung für die heilige Kommunion. Doch ist es selbstverständlich, dass die Kommunion nur derjenige empfangen kann, der auch wirklich an die Gegenwart Gottes unter den eucharistischen Gestalten glaubt. Wenn wir als katholische Kirche evangelischen Christen die Kommunion anbieten möchten, dann müssen wir von ihnen verlangen, dass sie den Glauben der katholischen Kirche teilen, und zwar in vollem Umfang. Denn mit der Eucharistie, dem Gipfel und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens, hängen alle anderen Glaubensinhalte zusammen, insbesondere diejenigen, die seit der Reformation nicht mehr gemeinsames Glaubensgut von Katholiken und Protestanten sind. Ein evangelischer Christ müsste an das katholische Priestertum glauben, das an die apostolische Sukzession und die Handauflegung, also an die Priesterweihe gebunden ist. Er hätte damit den Unterschied vor Augen und würde begreifen, warum den Vorstehern des evangelischen Abendmahls die apostolische Vollmacht im sakramentalen Sinn nicht zukommt. Denn wir müssen schmerzlich anerkennen, dass Martin Luther mit dieser Tradition vor 500 Jahren bewusst gebrochen hat.

Eine weitere Voraussetzung ist die Reinigung des Herzens. Wenn wir eine schwere Sünde begangen haben, ist dazu das Sakrament der Buße unentbehrlich. Für einen evangelischen Christen wäre es notwendig, vor dem Empfang der hl. Kommunion auf jeden Fall bei einem katholischen Priester zu beichten, und zwar mit voller Glaubensüberzeugung. Das Argument, man dürfe von evangelischen Christen nicht etwas verlangen, was in der katholischen Kirche selbst gar nicht mehr durchsetzbar sei, nämlich im Blick auf die ungenügende Beichtpraxis, macht zwar nachdenklich, kann aber letztlich diese Forderung nicht außer Kraft setzen.

Würde ein evangelischer Christ diese Voraussetzungen erfüllen, wäre er im vollen Sinn des Wortes katholisch geworden, hätte also auch sichtbar sein Bekenntnis gewechselt. Damit aber ergäben sich zwei weitere Fragen. Die erste betrifft seinen zukünftigen Weg in der evangelischen Kirche. Wenn es ihm mit dem Glauben ernst ist, den er mit der katholischen Kirche teilt, dürfte er nicht mehr am evangelischen Abendmahl teilnehmen.

Die zweite Frage betrifft die offizielle Konversion. Warum vollzieht der evangelische Partner nicht konsequenterweise auch formal den Übertritt, wenn er wirklich vom katholischen Glauben überzeugt ist? Eine Konversion wird zwar aus ökumenischen Rücksichten oft bewusst erschwert, ist aber im Grunde genommen keine große Affäre, eine vollkommen unkomplizierte Sache. In Anbetracht der „schweren Notlage“, die von den Befürwortern der Handreichung reklamiert wird, wäre sie jedenfalls eine vollkommen angemessene Forderung. Es gibt nur in den seltensten Fällen einen schwerwiegenden pastoralen Grund, der wirklich gegen eine formale Konversion sprechen würde. 

Kirchenrechtliche Lage

Die Handreichung stützt sich auf folgende Bestimmung im Kirchenrecht: „Wenn Todesgefahr besteht oder wenn nach dem Urteil des Diözesanbischofs bzw. der Bischofskonferenz eine andere schwere Notlage dazu drängt, spenden katholische Spender diese Sakramente erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen, die einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können und von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind“ (Can 844 § 4).

Am Ende sind für eine Kommunionspendung an Gläubige anderer Konfessionen tatsächlich genau die beiden Voraussetzungen genannt, die ich bereits angesprochen habe. Zum einen geht es um den „katholischen Glauben“ bezüglich dieses Sakraments, zum anderen um die Disposition, die im Fall der Kommunion die Beichte impliziert.

Doch ist es eine schwerwiegende Verdrehung der Tatsachen, wenn die Bischofskonferenz die Situation einer konfessionsverschiedenen Ehe und das allgemeine geistliche Bedürfnis der Ehepartner, gemeinsam die heilige Kommunion zu empfangen, als „schwere Notlage“ im Sinn dieser Bestimmung (Can 844 § 4) deutet. Denn eine solche Sinngebung ist in keiner Weise intendiert. Damit steht die Handreichung von vorherein unter einem falschen Vorzeichen. Wie sollte sie Einvernehmen herstellen und zum Segen gereichen können?

Ökumenische Implikationen

Die katholische Kirche müsste in ihrer Handreichung ehrlicherweise festhalten, dass in diesen, wie es heißt, „konfessionsverbindenden Ehen“, in denen die evangelischen Partner den Entschluss gefasst haben, die hl. Kommunion zu empfangen, letztlich katholisch geworden sind.

Außerdem gibt es überhaupt keinen Grund, warum diese Möglichkeit auf die konfessionsverschiedenen Ehen beschränkt wäre. Sollte eine solche Öffnung möglich sein, müsste sie grundsätzlich allen evangelischen Christen offenstehen, die ein tiefes geistliches Bedürfnis danach verspüren.

Letztlich wäre dieser Weg evangelischer Christen zur katholischen Kommunion eine Art von Einzelkonversion, die im ökumenischen Kontext bislang höchst verpönt war. Dass man der katholischen Kirche keinen versteckten Proselytismus vorwerfen könnte, müsste sie von vornherein mit ganz offenen Karten spielen.

Wollte man dieser Praxis eine ökumenische Relevanz abgewinnen, so könnte man die wachsende Sehnsucht nach der katholischen Kommunion als einen nachhaltigen Appell an die evangelischen kirchlichen Gemeinschaften verstehen. Je mehr evangelische Christen nämlich diesen Weg beschreiten würden, umso ernsthafter müssten die Verantwortlichen über Konsequenzen nachdenken. Vielleicht könnte eine große eucharistische Aufbruch-Bewegung im letzten dazu führen, dass die Ämterfrage eines Tages wieder im Sinn der apostolischen Sukzession mit Handauflegung beantwortet wird.

Pastorale Fragestellung

Es wird sich zeigen, welche Aufgaben den Seelsorgern bei der Entscheidungsfindung zugeschrieben werden. Denn, sollte überhaupt eine Handreichung veröffentlicht werden, würde sie signalisieren, dass die Kirche die Interkommunion für konfessionsverschiedene Paare erlaubt hat. Welcher Priester oder verantwortliche Seelsorger könnte dann noch einem Paar, das künftig mit dieser Frage an sie herantritt, erklären, dass die Voraussetzungen bei ihnen nicht gegeben sind?

Die Zulassungsbedingungen müssten also klar festgeschrieben sein. Den Seelsorgern darf nicht die Entscheidung über den „Einzelfall“ und über die „besonderen Bedingungen“ aufgebürdet werden. Vielmehr müssten sich diese aus der Handreichung selbst ergeben, sodass sie den Betroffenen in eindeutiger und klar verständlicher Form vorgelegt werden können.

Die Möglichkeit der geistlichen Kommunion

Zum Kommunion-Streit hat sich inzwischen auch Paul Josef Kardinal Cordes zu Wort gemeldet. Er sieht im Augenblick keine Möglichkeit, die geplante Handreichung auf weltkirchlicher Ebene zu akzeptieren und in der Pastoral umzusetzen. Die theologischen Probleme sind für ihn so gravierend, dass sie zunächst einer grundlegenden Klärung bedürfen. Cordes orientiert sich an der Praxis der frühen Kirche, für die eine Kommuniongemeinschaft immer die Kirchengemeinschaft voraussetzte. Er zitiert den großen abendländischen Kirchenlehrer Augustinus aus dem fünften Jahrhundert, nach dem der Leib Christi, den wir in der hl. Kommunion empfangen, real identisch ist mit dem Leib Christi, der die Kirche ist. Wir empfangen, was wir sind! Und so, wie es nur einen Erlöser gibt, kann es nur einen Leib Christi geben und daher auch nur die eine, weltumspannende, katholische Kirche. Solange die Spaltung nicht überwunden ist, ist nach frühkirchlichem Verständnis eine Interkommunion undenkbar.

Und so verweist Cordes auf die Möglichkeit der geistlichen Kommunion. Er empfiehlt, den nicht-katholischen Christen diesen Weg als Antwort anzubieten, und zwar auf ihre Sehnsucht, sich im Augenblick der Kommunion ihres katholischen Partners ebenfalls mit dem Herrn zu vereinigen. Dazu zitiert er wieder Augustinus, der markant formuliert hat: „Warum bereitest du die Zähne? Glaube, und du hast gegessen!“

Ausblick

Das Problem sind meines Erachtens nicht die evangelischen Christen, die sich für den Kommunionempfang in der katholischen Kirche interessieren. Ich habe mit diesen Gläubigen hier in Russland, wo ich nun seit über 18 Jahren tätig bin, sehr positive Erfahrungen gemacht. Zahlreiche Menschen, die unsere Gemeinde kennengelernt haben, z.B. über unser Sozialzentrum oder unser Zentrum für Drogenabhängige, sind auf diesem Weg in unsere Gemeinde hineingewachsen und haben schließlich durch Beichte und Kommunion den entscheidenden Schritt hin zur katholischen Kirche vollzogen.

Was das Bekenntnis zum katholischen Glauben anbelangt, bin ich den Gläubigen dieser Konfessionen sehr entgegengekommen. Natürlich haben wir die entscheidenden Fragen immer direkt angesprochen und ohne Scheu die Unterschiede aufgezeigt. Doch ist die Mitfeier der Heiligen Messe mit dem „Amen“ am Ende der Doxologie tatsächlich eine Form, um die notwendige Glaubensentscheidung zum Ausdruck zu bringen. Denn im Hochgebet kommen die wichtigen Glaubensinhalte wie Wandlung, Realpräsenz und Opfercharakter der Heiligen Messe, katholische Kirche mit Papst und Bischöfen, Gemeinschaft der Heiligen und Gebet für die Verstorbenen eindeutig zum Ausdruck.

Ohne dass ich jemals irgendjemanden zum Empfang der Sakramente oder zur Konversion eingeladen hätte, sind Lutheraner, Baptisten, Freikirchler und andere dadurch katholisch geworden.

Das Problem sind meines Erachtens die Gläubigen, Priester und auch Bischöfe der katholischen Kirche, die letztlich gar keinen Unterschied mehr sehen, nämlich zwischen katholischem und evangelischem Glauben. Für sie ist es geradezu ein Vergehen, wenn man einen objektiven Unterschied zwischen katholischer Eucharistie und evangelischem Abendmahl ausmacht. Über die „Einzelfälle“ in konfessionsverschiedenen Ehen möchten sie den Weg zur bedingungslosen Interkommunion ebnen. Dann aber wäre die Handreichung ein verhängnisvoller Irrweg und ein Schaden auch für das Anliegen der Ökumene.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
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Ökumenische Chance des neuen Mariengedenktags

Pfingstmontag: „Maria, Mutter der Kirche“

Papst Franziskus hat für die gesamte Kirche einen neuen Mariengedenktag eingeführt. In Zukunft soll die allerseligste Jungfrau Maria jeweils am Pfingstmontag als „Mutter der Kirche“ verehrt werden. Im deutschen Sprachraum ist es damit der 13. liturgische Gedenktag zu Ehren der Muttergottes. Robert Kardinal Sarah, der Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, schreibt, Papst Franziskus habe sich dazu entschieden, nachdem er sorgfältig erwogen habe, „wie sehr die Förderung dieser Verehrung dem Verständnis für die Mutterschaft der Kirche (…) und der unverfälschten Marienfrömmigkeit noch mehr nutzen kann“. Das Verständnis der Jungfrau Maria als Mutter Gottes und als Mutter der Gläubigen gehe auf die frühe Christenheit zurück. Das nachfolgende Interview mit dem Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Kurt Kardinal Koch, führte Julia Wächter.

Interview mit Kurt Kardinal Koch

Am Pfingstmontag hat die Weltkirche erstmals den Gedenktag der „Seligen Jungfrau Maria, Mutter der Kirche“ gefeiert, den Papst Franziskus eingeführt hat. Weshalb war es dem Heiligen Vater hier ein Anliegen, Maria mit Pfingsten, mit der Geburtsstunde der Kirche zu verbinden?

Kardinal Koch: Die Lesung, die in der Heiligen Messe am Gedenktag vorgesehen ist, bietet den Schlüssel zum Verständnis. In der Apostelgeschichte (1,12-14) wird berichtet, dass nach der Himmelfahrt Christi sich die Jünger mit Maria im Obergemach versammelten und einmütig im Gebet verharrten und auf das Kommen des Heiligen Geistes warteten. Maria tritt hier als Vorbeterin der Jüngergemeinschaft vor unsere Augen; und es wird sichtbar, wie die neue Lebenskraft der Kirche an Pfingsten und die mütterliche Sorge Mariens für die Kirche eng zusammengehören. Maria ist die pfingstliche Mutter der Kirche. Da Maria die pfingstliche Geburt der Kirche mit ihrem Gebet begleitet hat, bittet sie auch heute darum, dass die Kirche stets auf den Heiligen Geist hört.

Für viele Menschen ist das ökumenische Miteinander gerade an Pfingsten wichtig. Müssen sich Gläubige in Zukunft entscheiden: Maria oder Ökumene?

Kardinal Koch: Dies wäre eine schiefe Entscheidung. Denn Maria hat kein anderes Anliegen als dies, uns zu Christus zu führen. Dies ist sehr schön sichtbar bei der Hochzeit zu Kana, bei der Maria ihre Aufgabe darin sieht, die Sorgen der Hochzeitsleute Jesus anzuvertrauen und es ihm zu überlassen, was er daraufhin tun will. Was Maria in Kana getan hat, das tut sie auch heute: Sie ist ganz Ohr für ihren Sohn und will uns zu Christus führen, dass wir seinen Willen tun. Sein Wille ist die Einheit der Jünger, und deshalb sind wir gut beraten, in unserem Bemühen um die Einheit der Kirche Maria um ihre Fürbitte anzugehen. Maria braucht deshalb nicht zwischen den Konfessionen zu stehen. Sie, die „Gnadenvolle“, gleichsam die personifizierte Gnade, ist eine wahrhafte Anwältin der ökumenischen Suche nach der Einheit der Kirche.

Maria stand unter dem Kreuz und wird heute als Schmerzensmutter verehrt. Was heißt das für die zerspaltene Kirche?

Kardinal Koch: Im Evangelium der Gedenkmesse (Joh 19,25-34) wird berichtet, dass Jesus unter dem Kreuz seine Mutter dem Jünger Johannes und ihm – und durch ihn allen Gliedern der Kirche in allen Generationen – seine Mutter anvertraut hat. Wenn es anschließend heißt, „von jener Stunde an“ habe der Jünger Maria zu sich genommen, dann dürfen wir hier die tiefste Wurzel der kirchlichen Gemeinschaft wahrnehmen. Wie die Kirche gleichsam unter dem Kreuz Jesu Christi entstanden ist, so kann auch die Einheit der Kirche nur unter dem Kreuz gefunden werden. Dies bedeutet zugleich, dass die ökumenische Suche nach der Einheit nicht ohne Schmerzen möglich ist, dass diese Schmerzen aber bei der Schmerzensmutter gut aufgehoben sind.

Der evangelische Ministerpräsident Markus Söder hat in ganz Deutschland die Kreuzdebatte ausgelöst. In Regensburg haben Regionalbischof Hans-Martin Weiss und Diözesanbischof Rudolf Voderholzer mit einem „ökumenischen Ja“ zum Kreuz in öffentlichen Räumen positiv Stellung bezogen. Was können Christen in der Gesellschaft erreichen, wenn sie gemeinsam auftreten?

Kardinal Koch: Alles, was Christen – unter Respektierung verschiedener Überzeugungen – gemeinsam bezeugen und tun können, sollen sie gemeinsam tun. Die wichtigste ökumenische Aufgabe erblicke ich in der heutigen Zeit darin, dass wir Christen in unserer immer mehr säkularisierten Gesellschaft gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes bezeugen und die schöne Botschaft verkünden, dass Gottes Liebe in Jesus Christus ein konkretes Gesicht erhalten und ihren Ernstfall am Kreuz gefunden hat. Wenn Repräsentanten verschiedener Kirchen dies mit einer Stimme bezeugen können, dient dies der Glaubwürdigkeit der Botschaft. Und was könnte uns Christen mehr miteinander verbinden als das Kreuz Jesu Christi?

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
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Schreiben der Glaubenskongregation vom 29. Mai 2018

Priesterweihe für Frauen?

Erzbischof Luis Ladaria SJ (geb. 1944), der neue Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, hat ganz aktuell ein Dokument veröffentlicht, das den Titel trägt: „Zu einigen Zweifeln über den definitiven Charakter der Lehre von Ordinatio sacerdotalis“. Damit bezieht sich Ladaria auf das Apostolische Schreiben Ordinatio sacerdotalis vom 22. Mai 1994, in dem Papst Johannes Paul II. unmissverständlich festgestellt hat, dass die Priesterweihe von Frauen ausgeschlossen ist. Ladaria legt dar, warum es sich bei dieser Erklärung um einen unfehlbaren Ausdruck des kirchlichen Lehramts handelt. Gleichzeitig wirft er einen Blick auf die Sinnhaftigkeit dieses wesentlichen Strukturelements des apostolischen Amts. Der Priester repräsentiere sakramental Christus in seinem Mann-Sein als Bräutigam der Kirche. Gott habe diese Sprache der Schöpfungsordnung in das Werk der Erlösung aufgenommen. Auf die Herausforderungen unserer heutigen Kultur gelte es in Treue zur christlichen Offenbarung zu antworten.

Von Luis F. Ladaria SJ, Rom

Der Priester handelt in der Person des Hauptes Christus

Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt“ (Joh 15,4). Nur dank ihrer Verwurzelung in Jesus Christus, ihrem Gründer, kann die Kirche der ganzen Welt Leben und Heil bringen. Diese Verwurzelung erfolgt in erster Linie durch die Sakramente, deren Mitte die Eucharistie ist. Von Christus eingesetzt, sind die Sakramente Grundsäulen der Kirche, die sie fortwährend als seinen Leib und seine Braut auferbauen. Zutiefst mit der Eucharistie verbunden ist das Weihesakrament, durch das sich Christus der Kirche als Quelle ihres Lebens und Handelns gegenwärtig macht. Die Priester werden „Christus gleichförmig“ gemacht, „so dass sie in der Person des Hauptes Christus handeln können“ (Presbyterorum ordinis, Nr. 2).

Die Kirche ist an die Entscheidung des Herrn gebunden

Christus wollte dieses Sakrament den zwölf Aposteln verleihen, die alle Männer waren, und diese haben es ihrerseits anderen Männern übertragen. Die Kirche wusste sich immer an diese Entscheidung des Herrn gebunden, die es ausschließt, das Priestertum des Dienstes gültig Frauen zu übertragen. Johannes Paul II. lehrte in dem Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis vom 22. Mai 1994: „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“ (Nr. 4). Die Kongregation für die Glaubenslehre bekräftigte in Antwort auf eine Frage zur Lehre von Ordinatio sacerdotalis, dass es sich hier um eine Wahrheit handelt, die zum Glaubensgut (depositum fidei) der Kirche gehört.

Die Lehre kann weder von einem Papst noch von einem Konzil verändert werden

In diesem Licht erfüllt es mich mit großer Sorge, dass in einigen Ländern Stimmen zu hören sind, die den endgültigen Charakter der genannten Lehre wieder in Zweifel ziehen. Um zu vertreten, dass diese Lehre nicht definitiv sei, wird das Argument angeführt, dass sie nicht ex cathedra definiert worden sei und deshalb von einem zukünftigen Papst oder Konzil verändert werden könnte. Das Ausstreuen solcher Zweifel weckt große Verwirrung unter den Gläubigen, und zwar nicht nur bezüglich des Weihesakraments, das zur göttlichen Verfassung der Kirche gehört, sondern auch bezüglich des ordentlichen Lehramts, das die katholische Lehre unfehlbar vorlegen kann.

Unmöglichkeit der Frauenweihe gehört zur „Substanz“ des Sakramentes

Zum ersten Punkt: Was das Priestertum des Dienstes anbelangt, weiß die Kirche, dass die Unmöglichkeit der Frauenweihe zur „Substanz“ des Sakramentes gehört (vgl. DH 1728). Die Kirche hat nicht die Vollmacht, diese Substanz zu ändern, denn durch die von Christus eingesetzten Sakramente wird sie als Kirche auferbaut. Es geht hier nicht nur um eine Frage der Disziplin, sondern der Lehre, weil die Struktur der Sakramente betroffen ist, der ursprünglichen Orte der Begegnung mit Christus und der Weitergabe des Glaubens. Wir stehen also nicht vor einer Grenze, welche die Kirche daran hindern würde, ihre Sendung in der Welt wirksamer zu erfüllen. Wenn die Kirche in dieser Frage nicht intervenieren kann, so liegt der Grund dafür darin, dass hier die ursprüngliche Liebe Gottes interveniert. Er selbst handelt bei der Weihe der Priester, so dass in der Kirche immer und in jeder Situation ihrer Geschichte Jesus Christus „als Hauptquelle der Gnade“ (Papst Franziskus, Evangelii gaudium, Nr. 104) sichtbar und wirksam ist.

Die Verschiedenheit von Mann und Frau birgt eine sich gegenseitig ergänzende Sendung

Im Bewusstsein, diese Tradition aus Gehorsam gegenüber dem Herrn nicht ändern zu können, bemüht sich die Kirche auch darum, ihren Sinn zu vertiefen. Denn der Wille Jesu Christi, des Logos, ist nie ohne Sinn. Der Priester handelt in der Person Christi, des Bräutigams der Kirche, und sein Mann-Sein ist ein unentbehrlicher Aspekt dieser sakramentalen Repräsentanz (vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Inter insigniores, Nr. 5). Gewiss bringt die Verschiedenheit der Aufgaben zwischen Mann und Frau keine Unterordnung mit sich, sondern eine gegenseitige Bereicherung. Es sei daran erinnert, dass das vollkommene Bild der Kirche Maria ist, die Mutter des Herrn, der das apostolische Amt nicht übertragen wurde. So wird sichtbar, dass die ursprüngliche Sprache des Mann- und Frau-Seins, die der Schöpfer in den menschlichen Leib eingeschrieben hat, im Werk unserer Erlösung aufgenommen wurde. Gerade die Treue zum Plan Christi mit dem Priestertum des Dienstes erlaubt es deshalb, die spezifische Rolle der Frau in der Kirche immer mehr zu vertiefen und zu fördern, denn „im Herrn gibt es weder die Frau ohne den Mann noch den Mann ohne die Frau“ (1 Kor 11, 11). So kann auch ein Licht auf unsere Kultur fallen, die Mühe hat, die Bedeutung und Schönheit der Verschiedenheit von Mann und Frau zu verstehen, welche auch ihre sich gegenseitig ergänzende Sendung in der Gesellschaft betrifft.

Unfehlbarkeit kann auch dem ordentlichen und allgemeinen Lehramt zukommen

Zum zweiten Punkt: Die erhobenen Zweifel über den definitiven Charakter von Ordinatio sacerdotalis haben auch gravierende Auswirkungen auf die Art, das Lehramt der Kirche zu verstehen. Es ist wichtig zu bekräftigen, dass sich die Unfehlbarkeit nicht nur auf feierliche Erklärungen durch ein Konzil oder auf päpstliche Definitionen ex cathedra bezieht, sondern auch auf das ordentliche und allgemeine Lehramt der in aller Welt verstreuten Bischöfe, wenn sie in Gemeinschaft untereinander und mit dem Papst die katholische Lehre als endgültig verpflichtend vortragen. Auf diese Unfehlbarkeit bezog sich Johannes Paul II. in Ordinatio sacerdotalis. Er verkündete also kein neues Dogma, sondern bekräftigte, um jeden Zweifel zu beseitigen, mit der ihm als Nachfolger Petri verliehenen Autorität in einer förmlichen Erklärung, was das ordentliche und allgemeine Lehramt in der ganzen Geschichte als zum Glaubensgut gehörend vorgetragen hat. Gerade diese Art der Darlegung entspricht einem Stil kirchlicher Gemeinschaft, weil der Papst nicht allein handeln wollte, sondern als Zeuge im Hören auf eine ununterbrochene und lebendige Überlieferung. Zudem wird niemand leugnen, dass sich das Lehramt unfehlbar zu Wahrheiten äußern kann, die notwendig mit dem förmlich geoffenbarten Gut verbunden sind. Denn nur so kann es seiner Aufgabe nachkommen, das Glaubensgut heilig zu bewahren und treu auszulegen.

Ein weiterer Beweis der Mühe, die Johannes Paul II. für die Prüfung dieser Frage aufgebracht hat, ist die vorausgehende Beratung mit den Vorsitzenden jener Bischofskonferenzen, die mit der Problematik besonders befasst waren. Alle ohne Ausnahme erklärten mit voller Überzeugung, dass die Kirche aus Gehorsam gegenüber dem Herrn keine Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu erteilen.

Papst Benedikt XVI. in der Chrisam-Messe 2012: Ist Ungehorsam wirklich ein Weg?

Auch Benedikt XVI. bekräftigte diese Lehre. In der Chrisam-Messe am 5. April 2012 erinnerte er daran, wie Johannes Paul II. „in unwiderruflicher Weise“ erklärte, dass die Kirche im Bezug auf die Frauenordination „keine Vollmacht vom Herrn erhalten hat“. Benedikt XVI. fragte sich dann im Blick auf einige, die diese Lehre nicht annahmen: „Aber ist Ungehorsam wirklich ein Weg? Spüren wir darin etwas von der Gleichgestaltung mit Christus, die die Voraussetzung jeder wirklichen Erneuerung ist, oder nicht doch nur den verzweifelten Drang, etwas zu machen, die Kirche nach unseren Wünschen und Vorstellungen umzuwandeln?“

Papst Franziskus in Evangelii gaudium: Die Frage steht nicht zur Diskussion!

Papst Franziskus hat ebenfalls zu dieser Frage Stellung genommen. In seinem Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium unterstrich er: „Das den Männern vorbehaltene Priestertum als Zeichen Christi, des Bräutigams, der sich in der Eucharistie hingibt, ist eine Frage, die nicht zur Diskussion steht“. Er rief auch dazu auf, diese Lehre nicht als Ausdruck von Macht, sondern als Dienst zu interpretieren, so dass die gleiche Würde von Mann und Frau im einen Leib Christi besser verstanden werden kann (Nr. 104). In der Pressekonferenz während des Rückflugs von der Apostolischen Reise nach Schweden am 1. November 2016 betonte Papst Franziskus: „Hinsichtlich der Weihe von Frauen in der katholischen Kirche hat der heilige Johannes Paul II. das letzte klare Wort gesprochen, und das bleibt.“

Von der Treue hängt die Fruchtbarkeit für das ewige Leben ab

In unserer Zeit ist die Kirche gerufen, auf viele Herausforderungen unserer Kultur zu antworten. Dafür ist es wesentlich, dass sie in Jesus Christus bleibt wie die Reben am Weinstock. Der Meister lädt uns deshalb ein, dass seine Worte in uns bleiben: „Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben“ (Joh 15,10). Nur die Treue zu seinen Worten, die nicht vergehen, garantiert unsere Verwurzelung in Christus und in seiner Liebe. Nur die Annahme seines weisen Planes, der in den Sakramenten Gestalt annimmt, stärkt die Kirche an ihren Wurzeln, damit sie für das ewige Leben Frucht bringen kann.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
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Fatima und die junge Bundesrepublik (Teil 8)

Bonifatius an der Wurzel des vereinten Europas

Im achten Teil der Artikelserie über den unerwarteten Aufstieg der jungen Bundesrepublik betrachten Prof. Dr. Wolfgang Koch und seine Frau Dorothea den Beitrag Konrad Adenauers im Licht Karls des Großen. Sie vergleichen die Neuordnung Europas nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reichs und den Umwälzungen durch die Völkerwanderung mit der Situation nach dem Zweiten Weltkrieg. Dem ersten deutschen Bundeskanzler standen die Triebkräfte vor Augen, die an der Wiege des christlichen Abendlandes den europäischen Kontinent vereinigt hatten. Daran orientierte er sich in seinem Engagement für Deutschland in einem vereinten Europa. Nicht zufällig wurde Adenauer im Marianischen Jahr 1954 der Karlspreis verliehen. Das Ehepaar Koch spannt den Bogen von der jüngsten Karlspreisverleihung an den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron dieses Jahr über Konrad Adenauer bis zurück in die Zeit des hl. Bonifatius, der mit seiner tiefgreifenden Erneuerung des kirchlichen Lebens das geistige Fundament für einen politischen Einigungsprozess gelegt hat.

Von Dorothea und Wolfgang Koch

Als der französische Staatspräsident Emmanuel Macron am Himmelfahrtstag 2018 mit dem Aachener Karlspreis geehrt wird, würdigt ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel als einen, der wisse, „was Europa im Innersten zusammenhält“. Sie erinnert an Karl den Großen, der bereits zu Lebzeiten „Vater Europas“ genannt worden sei, dankt aber auch dem Aachener Bischof Helmut Dieser, dessen Predigt „die Dimension der Religion, des Christentums,“ bei der Inspiration der „kulturellen Identität Europas“ vor Augen geführt habe.[1]

Dieser hatte bewusst gemacht, dass der liberale Staat „die Sinnsuche seiner Menschen nicht selber beantworten“ könne. Die Politik müsse daher immer auch auf der „religiösen Sinnstiftung“ aufbauen. Bei seiner Ansprache an die französischen Bischöfe habe Macron am 9. April in Paris gesagt: „Wenn wir der Kirche […] zuhören, zucken wir nicht mit den Achseln. Wir hören eine Stimme, die Kraft aus der Realität und ihre Klarheit aus Gedanken bezieht, bei denen die Vernunft mit einem transzendenten Menschenbild in Dialog tritt“. Um diese Stimme zu erheben, predigt der Aachener Bischof, sei die Kirche in Europa und weltweit mit den Worten des auferstandenen Christus ausdrücklich gesandt.[2]

Welches Gewicht solche Festtagsbekenntnisse im Alltag politischer Praxis und kirchlicher Verkündigung besitzen, muss sich zeigen. Den politisch und kirchlich Verantwortlichen ließen sich jedoch ihre Worte als Spiegel vorhalten. Auf jeden Fall bieten sie einen Anlass, darüber nachzudenken, „was Europa im Innersten zusammenhält“.

Inhaltsvollstes Nationalheiligtum der Deutschen

Kaum ein Besucher des Aachener Doms kann sich der Wirkung entziehen, die vom Throne Karls des Großen auf der Empore des Oktogons ausgeht. Theodor Haecker (1879-1945), akademischer Mentor von Hans und Sophie Scholl aus dem Widerstandskreis der „Weißen Rose“, gibt diesen Empfindungen auf seine Weise Ausdruck:

„In Aachen steht der Stuhl Karls des Großen. Es ist kein bequemer Stuhl, und war es auch im Anfang nicht. Er ist aufgerichtet aus Marmorplatten, die aus der Stadt Rom nach Aachen gebracht worden waren. Auf einer der Platten sieht man noch ein Mühlespiel eingekritzelt. Römische Soldaten oder Kinder mögen auf dieser Platte gespielt haben. Der Stuhl Karls des Großen steht in einer Kirche, und vor und über ihm wölbt sich die Kuppel mit der thronenden Majestas Domini. Aus dem Imperium Romanum ward das Sacrum Imperium des christlichen Abendlandes. Und der Stuhl Karls des Großen steht auf deutschem Boden. Dieser Stuhl ist das schauererregendste, inhaltsvollste Nationalheiligtum der Deutschen."[3]

Das Aachen Karls des Großen gibt Konrad Adenauer, Mitbegründer des vereinten Europas, Orientierung nach den materiellen, moralischen und geistigen Zerstörungen des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkriegs. „In dieser Stadt, die ja der Hauptsitz Karls des Großen gewesen ist und die die Krönungsstadt der deutschen Könige war, stehen wir im Herzen Europas, im Herzen des christlichen Abendlandes“, erinnert er im Marianischen Jahr 1954, dem 1200. Todesjahr des hl. Bonifatius, als ihm selbst der Karlspreis verliehen wird. „Hier in Aachen liegt aufgeschlagen das Geschichtsbuch der europäischen Frühzeit, der Zeit, in der Europa noch eine einheitliche Ordnung besaß und der europäische Gedanke eine geistige, eine politisch konstruktive Macht bedeutete. Wer aus der Geschichte und den geschichtlichen Zeugnissen dieser Stadt Aachen zu lesen versteht, wird ihren europäischen Herzschlag fühlen.“

Woraus erwächst das Europa Karls des Großen, an dem sich Konrad Adenauer, Alcide de Gasperi und Robert Schuman orientierten? Was heißt „christliches Abendland“? Zeigt sich in seiner Entstehung, wie sich der verheißene Triumph Mariens und ihres Unbefleckten Herzens vorbereiten kann?

Bonifatius und eine erneuerte Kirche

Karls Europa erwächst aus einer tiefgreifenden Erneuerung der fränkischen Kirche, die unter den Merowingern sittlich und geistig verkommen war. Unterstützt durch Karl Martell, den Großvater Karls, und eng verbunden mit dem Papsttum, das selbst zu seiner hohen Berufung zurückfinden musste, gelingt dem angelsächsischen Benediktiner Bonifatius eine Kirchenreform, die von den Bistümern und Klöstern ausgeht.

„Es galt, das Ideal des Geistlichen in seiner Reinheit den Priestern und dem Volke zu zeigen und sie dem Gedanken zu entwöhnen, das bischöfliche Amt sei nur eine Summe von Gewalt, weltlicher Macht und irdischem Besitz“,[4] erinnert Papst Benedikt XVI. in einer seiner ersten Ansprachen an diese Reform, in der sich die Wege weisende Freiburger Rede dieses Papstes im Jahr 2011 ankündigt. Um benediktinischen Geist aufzunehmen, sendet Bonifatius seinen bayrischen Schüler Sturmius nach Rom und Monte Cassino, das nach langer Verödung unter Papst Gregor II. neu erstanden war. 1953 stiftet Adenauer für den Monte Cassino Statuen des hl. Benedikt und seiner Gefährten.

Auf Initiative des Kölner Erzbischofs Paulus Kardinal Melchers SJ (1813-1895), des späteren Gegners Bismarcks im Kirchenkampf, versammeln sich seit 1867 die deutschen Bischöfe alljährlich in Fulda am Grabe des hl. Bonifatius.

Dieser geistigen Welt begegnen Besucher des Rhöndorfer Wohnhauses Adenauers, wenn sie im Eingangsbereich die spätmittelalterliche Holzstatue des hl. Abtes Sturmius entdecken. Zum 1200. Todestag dessen Lehrers im Marianischen Jahr 1954 erinnert Adenauer an den „Apostel der Deutschen“. „Es ist mein aufrichtiger Wunsch, dass vom diesjährigen Katholikentag in der Stadt des hl. Bonifatius ein starker christlicher und abendländischer Impuls ausgehe. So soll die Tagung von Fulda bekunden, dass wir bereit sind, das gemeinsame Erbe der europäischen Völker zu verteidigen, dass wir entschlossen sind, die Freiheit zu sichern und die christliche Idee überall zur Geltung zu bringen."[5]

Triebkräfte des christlichen Abendlandes

Aus den Ruinen West-Roms, das unter dem „Migrationsdruck“ der Völkerwanderung zerbrach, bringt die Saat des hl. Bonifatius im Reich Karls des Großen eine neue christliche Kultur hervor, die sich mit wiedergewonnenen Schätzen der Antike vereint und zum „christlichen Abendland“ wird.

Entscheidende Triebkräfte gehen von den blühenden Klöstern Britanniens und Irlands aus, deren religiöse, sittliche, künstlerische, literarische und wissenschaftliche Schösslinge Bonifatius und seine Gefährten im Festland pflanzen. Ihre Bedeutung reicht jedoch weiter. Ihnen gelingt es, zwischen den verstreuten Zentren religiösen Lebens in Westeuropa lebendige innere Verbindungen und Austausch zu schaffen. Wesentlich ist die Einheit mit dem Haupt der Kirche, dem Nachfolger des hl. Petrus. Sie sicherte regelgemäßes religiöses Leben unter einheitlicher Lehrautorität. Die Ortskirchen Britanniens, Irlands, des Frankenreiches und Italiens befruchteten sich und überwanden geistige Erstarrung und Ermüdung.

Der kirchlichen Einheit folgte die allgemein geistige und kulturelle. Der organische Lebenszusammenhang zwischen dem sich formenden „Deutschland“ und „Frankreich“ ist hauptsächlich das Verdienst des „Apostels des Deutschen“. Aus dieser Wurzel stammt auch heute die Bedeutung Frankreichs und Deutschlands als Säulen Europas. Begünstigt wurde die Bildung der abendländischen, „westlichen“ Glaubens- und Kultureinheit durch die allmähliche Lösung der Verflechtungen zwischen dem Papsttum und dem byzantinischen Kaiserhaus.

Kaum zu unterschätzen für den Zusammenschluss abendländischer Völker ist jedoch auch der Angriff des Islams, der Westeuropa die Pyrenäenhalbinsel entriss und immer weiter vordrang. Eine wesentliche Leistung Karls des Großen ist daher auch militärische Sicherheit an vielen Fronten. Wie der Held Roland sein Leben gab, um Karl beim Rückzug aus dem arabischen Spanien zu retten und mit seinem wundersamen Horn Olifant um Hilfe rief, tief im Pyrenäental von Roncevaux, hat das deutsche Nationalgemüt geprägt.

„Christliches Abendland“ und „christlich abendländische Kultur“ waren Begriffe, die viele politische Reden in der jungen Bundesrepublik durchzogen. Eine prägnante und vielzitierte Definition gibt Theodor Heuss (1884-1963), der erste Bundespräsident unseres Landes: „Es gibt drei Hügel, von denen das Abendland seinen Ausgang genommen hat: Golgatha, die Akropolis in Athen, das Capitol in Rom. Aus allen ist das Abendland geistig gewirkt, und man darf alle drei, man muss sie als Einheit sehen."[6]

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)


[1] A. Merkel (2018): Rede am 10. Mai 2018, www.karlspreis.de
[2] H. Dieser (2018): Predigt am 10. Mai 2018, kommunikation.kibac.de/pressemeldungen
[3] Th. Haecker (1931): Vergil – Vater des Abendlandes, München 51947, 126.
[4] Benedikt XVI. (2005): Generalaudienz am 27. April 2005, www.vatican.de
[5] K. Adenauer (1954): Grußwort an den 76. Katholikentag, in: D. u. W. Koch (2013): Konrad Adenauer – Der Katholik und sein Europa, Kißlegg 32018, 186.
[6] Th. Heuss (1950): Rede am 16. September 1950, in: Der Katholik und sein Europa, 27.

Die heilende Wirkung des Beichtsakraments

Christus ist der Arzt der Seele

Professor Dr. Dr. Ralph Weimann (geb. 1976) macht auf die große seelische Not aufmerksam, die sich in der Gesellschaft zunehmend ausbreitet. Er betont, dass der christliche Glaube eine Antwort auf den Hilfeschrei und die Sehnsucht nach Heilung darstellt, so wie die Medizin körperliche Leiden heilen hilft. Jesus Christus ist in die Welt gekommen, um den leidenden und erlösungsbedürftigen Menschen Heil zu schenken. Dieses Gnadenangebot wird konkret im Sakrament der Buße erfahrbar. Weimann zeigt, dass die Beichte im Blick auf die weitverbreitete innere Not und Dunkelheit der Menschen Wunder zu wirken vermag. Daher sei es wichtig, das verkannte Sakrament wiederzuentdecken und den Menschen nahezubringen.

Von Ralph Weimann

Ausgangssituation Krankheitsbild

Wenn Krankheit im weiteren Sinn des Wortes verstanden wird, dann lässt sich feststellen, dass heute viele Menschen krank sind. Vor allem psychische Erkrankungen nehmen überproportional zu. Menschen zerbrechen förmlich unter den vielfältigen Lasten; eine Entwicklung, die sich bereits erheblich auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Die Gesundheitsberichterstattung der Krankenkassen zeigt, dass Krankschreibungen seit 2006 kontinuierlich ansteigen. Nach vorliegenden Statistiken der AOK (Allgemeine Ortskrankenkassen) hat die Zahl der Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen bis 2015 um knapp 50 Prozent zugenommen, Arbeitsunfähigkeit um gut 70 Prozent. Selbst junge Menschen sind davon immer mehr betroffen. Sie drohen am Leben zu zerbrechen, die Zahl der depressiven Episoden hat sich mehr als verdreifacht, wovon Frauen grundsätzlich häufiger betroffen sind als Männer.[1] Inzwischen leiden viele junge Menschen an Depression und psychischen Problemen. Sie bezahlen viel Geld und verwenden viel Zeit für Therapien, um Linderung in ihren Leiden zu erfahren.

Die göttlichen Wege der Heilung scheinen zu einfach

Es lohnt sich festzustellen, dass in dem Maß, wie diese Leiden zunehmen, die Praxis der klassischen Wege der inneren Heilung, basierend auf Umkehr, Beichte, Versöhnung und Aufarbeitung der Vergangenheit, abnimmt.

In diesem Zusammenhang kann es hilfreich sein, die Geschichte des Aramäers Naaman in Erinnerung zu rufen. Der Feldherr des Königs von Aram war an Aussatz erkrankt. Über Kontakte war ihm mitgeteilt worden, dass in Israel ein Prophet lebte, der die Gabe der Krankenheilung hatte. Naaman machte sich mit Empfehlungsschreiben von seinem König auf den Weg; er traf zunächst den König von Israel, der ihn wiederum zum Gottesmann Elischa schickte. Bei der Ankunft von Naaman ging dieser nicht einmal aus seinem Haus, sondern forderte den Feldherrn auf, in den Jordan zu steigen und sich siebenmal zu waschen. Naaman erschien dies zu einfach, er weigerte sich und wurde zornig. Als er dabei war, wutentbrannt aufzubrechen, traten seine Diener an ihn heran und redeten ihm zu: „Wenn der Prophet etwas Schweres von dir verlangt hätte, würdest du es tun; wie viel mehr jetzt, da er zu dir nur gesagt hat: Wasch dich, und du wirst rein“ (2 Kön 5, 13). Der Feldherr tat schließlich, wie ihm befohlen wurde, und da geschah das Wunder, er wurde rein.

Ähnliches scheint sich auch in unserer Zeit zu wiederholen. Viele Menschen sind krank, unrein und verletzt. Sie suchen überall, auch in der Esoterik, um Hilfe, nehmen viele Strapazen und hohe Kosten auf sich, aber die einfache und effektive Hilfe, die der Herr in der Beichte anbietet, die scheint ihnen zu einfach und sie nehmen sie (oft) nicht an, sondern wenden sich an einen Psychologen. Dabei ist zu bemerken, dass viele psychologische Therapieansätze in Verbindung mit Esoterik stehen, so dass das Leiden letztlich nicht behoben, sondern oft noch vergrößert wird.

Das Licht Jesu Christi befreit von der Finsternis

Psychologische Belastungen und Probleme werden in der Fachwelt als „Dunkelheit“ wahrgenommen und beschrieben. In der Heiligen Schrift wird die Dunkelheit mit dem Dämonischen in Verbindung gebracht, während Gott selber das Licht ist. Wer in der Dunkelheit verfangen ist, kann nur Heil erfahren, wenn er ans Licht kommt. Der Evangelist Johannes beschreibt den Verrat des Judas und fügt hinzu: „Es war aber Nacht“ (Joh 13,30). Umgekehrt ist Jesus Christus das Licht der Menschen. „In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst“ (Joh 1,4f). Dieses Bild zieht sich durch alle johanneischen Texte und deutet auf die Heil spendende, erlösende Kraft Gottes hin. Zugleich wird festgestellt, dass die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht, weil ihre Taten böse waren (vgl. Joh 3,19). Heil werden kann nur, wer zum Licht kommt.

Gott heilt und ein privilegiertes Mittel dazu ist das Beichtsakrament. Wenn heute viele Menschen unter ihrer Last zerbrechen, wäre es gut, sie zunächst an das Beispiel von Naaman zu erinnern. Eine Lösung ist oft leichter als viele annehmen würden. Was ans Licht gebracht wird, wird heil. Und in der Beichte – wenn sie vollständig und gültig ist – wird die ganze Dunkelheit ans Licht gebracht.

Die heilende Kraft erschließt sich durch den Glauben

Im umfassenden Sinn kann nur Jesus Christus Heil schenken, denn trotz aller Bemühungen im Bereich der Medizin oder Psychologie kann der Mensch nicht heil werden, wenn seine Seele krank ist. Christus ist der Arzt der Seele, der Mittler der göttlichen Gnade und dies geschieht vor allem in den Sakramenten. Die Beichte, wie alle Sakramente, wirkt ex opere operato, aus sich heraus aufgrund der vollzogenen Handlung und durch das von Christus vollbrachte Heilswerk.[2] Doch wird die heilende Kraft Jesu Christi erst dann im Menschen fruchtbar, wenn sie im Glauben angenommen wird.

Unter dem Gnadenbild vom barmherzigen Jesus befindet sich der Schriftzug „Jesus, ich vertraue auf Dich“. Die Strahlen göttlichen Lichtes wollen Heilung und Heil andeuten, setzten aber beim Gläubigen eine bestimmte Haltung voraus. Die hl. Schwester Faustina hat dies in ihrem Tagebuch wie folgt umschrieben: „Aus Meiner [Jesu Christi] Barmherzigkeit schöpft man Gnaden mit nur einem Gefäß – und das ist das Vertrauen. Je mehr eine Seele vertraut, umso mehr bekommt sie. Seelen, die unbegrenzt vertrauen, sind Mir eine große Freude, denn in solche Seelen gieße ich alle Meine Gnadenschätze."[3] Damit die Beichte ihre heilende Kraft entfalten kann, ist Glaube notwendig, schließlich sind alle Sakramente im Glauben zu empfangen.

Die Beichte ist ein Ort größter Wunder

Jede Beichte ist in gewisser Weise ein Wunder. Um dies besser zu verstehen, ist ein Blick auf die Hl. Schrift hilfreich. Dort heißt es im Markusevangelium, dass ein Gelähmter durch das abgedeckte Dach auf seiner Tragbahre direkt vor Jesus hinuntergelassen wurde. Als der Herr seinen Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ (Mk 2,7). Heilung geschieht durch die Vergebung der Sünden. Am Anfang steht nicht das Wunder der Krankenheilung, sondern das größere Wunder der Sündenvergebung. Den Schriftgelehrten war klar, dass nur Gott Sünden vergeben kann, und da sie in Jesus Christus nicht Gott erkannten, beschuldigten sie ihn der Gotteslästerung. Daher die Antwort des Herrn, dem diese Gedanken nicht verborgen geblieben waren: „Ihr sollt aber erkennen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben. Und er sagte zu dem Gelähmten: Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh nach Hause! Der Mann stand auf, nahm seine Tragbahre und ging vor aller Augen weg. Da gerieten alle außer sich; sie priesen Gott und sagten: So etwas haben wir noch nie gesehen“ (Mk 2,9-12).

Die Sündenvergebung ist an sich ein größeres Wunder als eine Krankenheilung, mehr noch, es ist die höchste Form der Krankenheilung. Der Sünder ist krank, seine Krankheit kann – wenn sie schwer ist – zum Tod führen. In der Beichte empfängt der Sünder, vermittelt durch die Kirche und in der Kraft des Heiligen Geistes, die Vergebung der Sünden. Er wird an seiner Seele geheilt, immer dann, wenn er es zulässt und dafür die Voraussetzungen schafft. Damit Vergebung und Heilung geschehen können, ist eine Öffnung für die übernatürliche Perspektive des Glaubens notwendig.

Jesus Christus erweckt „Tote“

Je schwerer eine Sünde ist, umso größer das Wunder, das sich in der Beichte ereignet. Die Todsünde „zerstört die Liebe im Herzen des Menschen durch einen schweren Verstoß gegen das Gesetz Gottes."[4] Sie wird mit Recht als Todsünde bezeichnet, denn die Liebe und die heiligmachende Gnade – auf die jeder Mensch hingeordnet ist – erlöschen. Wenn die drei Bedingungen „schwerwiegende Materie, volles Bewusstsein und bedachte Zustimmung“ gegeben sind, spricht die Kirche von Todsünde.[5] Wie leicht bieten sich Gelegenheiten zu dieser Art von Sünde, beispielsweise im Hinblick auf das sechste Gebot. Daher ist es wichtig, das Beichtsakrament aus einer übernatürlichen Perspektive zu betrachten, dann wird die Größe des Wunders, das sich in ihr vollzieht, deutlich. Wenn Todsünden gebeichtet werden, kommt es in der Beichte im wahrsten Sinne des Wortes zur „Auferstehung“; was tot ist, wird lebendig, und dies vermag nur Gott selber zu wirken.

„Ich spreche dich los von deinen Sünden, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ sind die Worte, die vom Priester in persona Christi capitis gesprochen werden. Der Katechismus sagt zur Feier des Bußsakramentes: „Er [Jesus Christus] ist der Arzt, der sich jedem Kranken einzeln zuwendet, der seiner bedarf [vgl. Mk 2,17], um ihn zu heilen. Er richtet alle Kranken auf und gliedert sie wieder in die brüderliche Gemeinschaft ein. Das persönliche Bekenntnis ist somit die bezeichnendste Form der Versöhnung mit Gott und der Kirche."[6] Auch die Beichtväter sollten die Größe dessen, was hier geschieht, vor Augen haben. Daher ist es wichtig, für die Bekehrung der Sünder zu beten und zu opfern. Die heilende Wirkung der Beichte wird sich umso besser entfalten können, je mehr der Boden dafür bereitet ist, auch von Seiten des Beichtvaters.

Dem Beichtsakrament kommt eine heilende Kraft zu, die so weit geht, dass jemand, der geistig tot war, wieder zum Leben der Gnade erweckt wird. In diesen Fällen trifft zu, was im Gleichnis vom verlorenen Sohn beschrieben wird. Er „war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden“ (Lk 15,23). Es ist der Herr selber, der diese Wunder vollbringt. Die heilende und heiligende Kraft, die vom Beichtsakrament ausgeht, ist übergroß. Wenn Christen wirklich daran glauben würden, dann wären die Beichtstühle umlagert, weil alle immer wieder Heil und Heiligung brauchen.

Die Beichte reinigt, heilt und stärkt

Die Beichte hat verschiedene Wirkungen, sie reinigt, heilt und stärkt. Alle drei Wirkungen sind miteinander verbunden und es kann hilfreich sein, sie aus der Perspektive der Medizin zu betrachten. Wenn ein Kranker mit einer offenen Wunde zum Arzt kommt, muss diese zuerst gereinigt werden, andernfalls würde die Gefahr von Infektionen bestehen, die zu lebensbedrohlichen Konsequenzen führen kann. Erst dann kann der Heilungsprozess eintreten, zu dem eine Stärkung hilfreich ist.

Zunächst muss also der Schmutz der Seele, die Sünde, entfernt werden. Andernfalls, um bei dem Bild zu bleiben, würde die Wunde nicht heilen. Jede Sünde ist ein Verstoß gegen die Liebe Gottes und fügt dem Sünder eine Wunde zu.

In der Beichte wird die Seele durch das kostbare Blut des Herrn reingewaschen. In diesem Sinn können auch die Worte des Propheten Ezechiel interpretiert werden: „Ich gieße reines Wasser über euch aus, dann werdet ihr rein. Ich reinige euch von aller Unreinheit und von allen euren Götzen. Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. […] Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt“ (Ez 36,25.27). Auf diese Weise wird, wie in den Seligpreisungen beschrieben, die Reinheit des Herzens wiederhergestellt oder vergrößert, die notwendig ist, um Gott zu schauen (vgl. Mt 5,7).

In seinem Apostolischen Schreiben Reconciliatio et Paenitentia hat Johannes Paul II. die Beichte als „heilende Medizin“ bezeichnet.[7] Dem Bußritus selber kommt ein heilender Charakter zu und die Beichte ist Ort geistlicher Heilung. Der Beichtvater wird mit einem Arzt verglichen, womit sich zugleich ein richterlicher Moment verbindet. Durch die sakramentale Lossprechung erfährt der Pönitent die Macht und das Erbarmen Gottes, „um seine Sünde zu löschen und ihm die Unschuld wieder zurückzugeben; ihm wird die heilende Kraft des Leidens, Sterbens und der Auferstehung Christi zuteil, als ,Erbarmen, das stärker als Schuld und Beleidigung‘ ist."[8]

Schließlich, wie bei jeder guten Medizin, will die Beichte nicht nur reinigen und heilen, sondern auch stärken. Es geht darum, zur ursprünglichen Ordnung Gottes zurückzukehren und Gelegenheiten zur Sünde zu meiden. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn spiegelt dies eindrucksvoll wider. Der Sohn, der das Haus seines Vaters verlassen hatte, war verloren. Sein Leben war in Unordnung geraten, die Gebote des Vaters haben in seinem Leben keine Rolle mehr gespielt. Er erkannte, dass er gescheitert war, und da entschloss er sich, in das Haus des Vaters zurückzukehren. Dieser Schritt ist gekennzeichnet von Umkehr und führt nicht nur zur Vergebung der Sünden (Aufnahme und Umarmung), sondern ihm wird ein neues Kleid gegeben, der Ring der Sohnschaft und Schuhe für den Weg. Das Beichtsakrament ist sehr ähnlich: die heiligmachende Gnade wird wiederhergestellt und vermehrt.

In der Offenbarung des Johannes heißt es: „Selig, wer sein Gewand wäscht: Er hat Anteil am Baum des Lebens, und er wird durch die Tore in die Stadt eintreten können. Draußen bleiben die ,Hunde‘ und die Zauberer, die Unzüchtigen und die Mörder, die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut“ (Offb 22,14f.). Der Beichtende erhält Anteil an der Gnade Gottes für den Lebensweg, denn Gott stärkt und heiligt den Menschen durch die Beichte.

Resümee

Dem Beichtsakrament kommt eine heilende Wirkung zu, die neu entdeckt und bekannt gemacht werden muss. Viele Menschen sind verletzt, wissen nicht weiter und sind von Dunkelheit umgeben. Jesus Christus ist das Licht, das die Dunkelheit erleuchtet, er ist jene Kraft, durch die ein Neuanfang möglich wird. Damit diese fruchtbar werden kann, ist die Annahme im Glauben notwendig, denn alle Sakramente sind Sakramente des Glaubens. So wird die Beichte zum Ort größter Wunder, durch die Tote wieder lebendig werden und die Dunkelheit dem Licht weicht.

Die Mühen, die mit dem Gang zur Beichte verbunden sind, werden leichter überwunden, wenn der Preis vor Augen steht, den Jesus Christus durch seinen Tod am Kreuz für unser Heil gezahlt hat. Aus dieser Perspektive treten die Wirkungen deutlicher zu Tage, durch die der Beichtende gereinigt, geheilt und gestärkt wird.

Das Beichtsakrament befindet sich in den Ländern deutscher Sprache in einer tiefen Krise. Nichtsdestotrotz ist jede Beichte ein Wunder, ein Wunder, in dem die heilende Kraft Christi den Menschen zuteilwird und sich Erlösung ereignet. Es lohnt sich, für diese Wunder zu arbeiten, zu beten und zu opfern und sie den Menschen in Aussicht zu stellen, denn Jesus Christus ist der Arzt der Seele, der einzige, der Heil schenken kann.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)


[1] Vgl. Statistiken zu psychischen Erkrankungen, in: de.statista.com/themen/1318/psychische-erkrankungen/ [12.6.2018]
[2] Vgl. KKK, 1128.
[3] Stanislaw Swidzinski (Hg.): Tagebuch der Schwester Maria Faustyna Kowalska, Hauteville 2013, 1578.
[4] KKK 1854.
[5] KKK 1857.
[6] KKK 1484.
[7] Johannes Paul II.: Apostolisches Schreiben Reconciliatio et Paenitentia, 31, II.
[8] Ebd., 31, III.

Die vier „Beinamen“ des Bischofsamtes

Der bischöfliche Dienst in der heutigen Zeit

In einer ergreifenden Feier wurde Dr. Franz Jung am 10. Juni 2018 im Kiliansdom zum neuen Bischof von Würzburg geweiht. Er ist Nachfolger von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, der das Bistums dreizehn Jahre lang geleitet hat. Franz Jung wurde 1966 in Mannheim geboren, wuchs mit drei Geschwistern in Ludwigshafen am Rhein auf, studierte in München und Rom Philosophie und Katholische Theologie und wurde 1992 vom Limburger Bischof Franz Kamphaus in Rom zum Priester geweiht. Zunächst war er Kaplan in Pirmasens, später in der Dompfarrei in Speyer, wo er auch als Sekretär von Bischof Dr. Anton Schlembach tätig war, der seinerseits aus dem Bistum Würzburg stammte. Seit 2008 war Jung Generalvikar in Speyer und damit engster Mitarbeiter von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann. Da Würzburg zur Bamberger Kirchenprovinz gehört, wurde die Bischofsweihe von Erzbischof Dr. Ludwig Schick vollzogen. Die beiden Konsekratoren waren Bischof Wiesemann und Bischof em. Hofmann. Nachfolgend die Predigt von Erzbischof Schick (Bild li.) in leicht gekürzter Form.

Von Erzbischof Ludwig Schick

Es ist Jesus Christus, unser Herr, der Seine Kirche führt und leitet. Er ordnet die Dienste der Kirche und beruft die Bischöfe. Durch die Heilige Weihe gibt Er ihnen die nötigen geistlichen Vollmachten. Wem die bischöflichen Dienste in der Kirche aufgetragen werden, der wird begnadet und gesendet, der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche zu dienen – so sprechen wir im Glaubensbekenntnis.

Die Bischofsweihe hebt nicht vom Volk Gottes ab, sondern setzt uns ganz tief hinein, verbindet den Geweihten intensiver mit der Kirche Jesu Christi, besonders natürlich mit der eigenen Diözese. In der Kirche sind alle Glieder gleich an Würde, aber verschieden im Dienst und in den Ämtern. Alle sollen im Bistum mitleben und mitwirken, jeder an seinem Platz und mit seinem Charisma. Die Priester, die Diakone, die pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Ordenschristen, die Familien, die Vereine, die Gremien, die vielen Ehrenamtlichen. Die Bischöfe sollen inspirieren, moderieren und integrieren, damit alle zusammen Kirche bilden.

Dabei sind alle zugleich Gebende und Nehmende, auch wir Bischöfe. Für alle in der Kirche gilt, wie es in einem Tagesgebet im Messbuch heißt: Gott, du hast uns verschiedene Gaben geschenkt, keinem gabst du alles und keinem nichts. Hilf uns, dass wir einander dienen mit dem, was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.

Den Bischöfen werden vor allem vier Beinamen gegeben, die vier Aufgaben bezeichnen: Nachfolger der Apostel, Lehrer und Verkünder des Evangeliums, Hirten mit dem obersten Hirten und Hohepriester mit dem Hohenpriester Jesus Christus.

1. Nachfolger der Apostel

Für die Nachfolger der Apostel gilt heute wie für die Zwölf damals: Er rief die zu sich, die Er selbst wollte, damit sie mit ihm seien und damit Er sie aussende.

Mit Jesus Christus sein, das ist Geschenk und Aufgabe. Dafür sind die Eucharistiefeier und das Stundengebet, die Schriftlesung und das tägliche Gespräch mit Jesus Christus wie mit einem Freund – so rät uns der hl. Ignatius von Loyola – unabdingbar.

Mit Jesus Christus sein, das ist die Voraussetzung für das Gesendetwerden. Der Bischof soll die Kirche, die in und aus den Bistümern besteht, leiten und mitleiten. Das ist derzeit in unseren Diözesen Deutschlands eine große Aufgabe. Wir haben gute Priester, Diakone, pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ordenschristen und viele viele Ehrenamtliche. Gott sei Dank und Dank Ihnen und Euch! Aber, um der Zukunft willen, müssen wir auch Umstrukturierungen vornehmen und spüren den Mangel an Berufungen für die geistlichen und kirchlichen Dienste. Aber all das werden wir schaffen.

Wichtig dafür ist vor allem, dass – wie Romano Guardini am Ende des Konzils schrieb – die Kirche in den Seelen der Gläubigen erwacht. So wird sich die Kirche verändern und dabei lebendiger, attraktiver und aktiver werden. Die Kirche in den Seelen aller Gläubigen, aller Getauften erwecken – das ist unsere besondere Aufgabe derzeit.

2. Lehrer und Verkünder des Evangeliums

Die Leitung, die immer und in allem eine geistliche sein soll, besteht zuerst in der Verkündigung der Frohen Botschaft vom gütigen Schöpfer- und Vatergott, der alle Menschen liebt und allen die Fülle des Lebens geben will. In Jesus Christus, unserem Herrn, Bruder und Freund, hat Gott uns sein menschliches Gesicht gezeigt.

Die Kirche soll das Reich Gottes ansagen und ausbreiten: der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude im Hl. Geist für alle Welt und allezeit. Diese Botschaft beinhaltet, dass alle Menschen die gleiche Würde und die gleichen Rechte haben, und fordert das auch für alle. Antisemitismus, populistische, respektlose, menschenverachtende Reden sind mit der Botschaft Jesu Christi unvereinbar. Und ebenso Egoismus auf Kosten der anderen und des Gemeinwohls sowie Nationalismen, die nur die eigene Nation sehen.

Papst Benedikt hat das, was Kirche ist und soll, so zusammengefasst: „Die Kirche ist dafür da, dass in der Welt Raum werde für Gott, dass Er in ihr wohnen könne und so die Welt sein Reich werde.“ Diese Kirche wird dann von selbst auch missionarisch und diakonisch sein, und das muss sie sein! Missionieren oder demissionieren, caritativ nützlich oder unnütz – dazu sind alle Getauften berufen, dazu wollen wir auch die Ökumene fördern und die Einheit der Christen voranbringen. Damit wir Bischöfe so Nachfolger der Apostel und Lehrer sind, wird uns das Evangelium bei der Weihepräfation über den Kopf gehalten und auf die Schultern gelegt. Es ist unser Schatz, auch unser Schutz und unser Auftrag.

3. Hirte mit dem obersten Hirten

Die Bischöfe sollen gute Hirten sein. Als Kind und Jugendlicher bin ich immer gern bei den Hirten in unserem Dorf gewesen. Mir gefielen die Schafe und die Lämmchen und auch die Hunde. Aber am meisten imponierten mir die Hirten selbst. Sie strahlten so viel Ruhe und Aufmerksamkeit, Selbstgewissheit und Vertrauen aus. Sie taten äußerlich meist fast nichts, aber gerade so leiteten sie die Herde. Sie kannten jedes Schaf, obwohl es hunderte waren. Sie schauten auf jedes Tier und hörten aufmerksam auf jede Stimme in der Herde.

Wir Bischöfe brauchen diese Haltung der Schäfer in der Kirche und auch in der Gesellschaft vielleicht heute mehr denn je. Vieles und viele sind so hektisch und aufgeregt. Entschleunigung und Geduld, Schweigen und Stille, Hören, Schauen und Vertrauen sind angesagt. So kann die Kirche das wandernde Volk Gottes in den Anfechtungen dieser Zeit, gestärkt durch den Hl. Geist, seinen Pilgerweg durch die Zeit zum Himmelreich gehen – so der hl. Augustinus – und dabei nützlich sein für Mensch und Welt.

4. Hohepriester mit dem Hohenpriester Jesus Christus

In der Weihepräfation wird vor allem der Hohepriesterliche Dienst des Bischofs unterstrichen. Er ist der Dienst an der Heiligung des Volkes Gottes, der unsere eigene Heiligkeit voraussetzt. Die Heiligkeit des Volkes Gottes ist Ziel unseres Lehrens und Leitens. Wir sollen dem Herrn ein heiliges Volk bereiten durch die Feier der Sakramente und durch das Gebet.

Der Bischof soll der erste Liturge und der frömmste Beter im Bistum sein, damit das Volk Gottes ein heiliges werde. Der Epheserbrief verkündet uns den Wunsch Christi: So will Er, der Herr, die Kirche herrlich vor sich hinstellen, ohne Flecken oder Falten oder andere Fehler. Heilig soll sie sein und makellos. Heilig und Heiligkeit sind Worte, die viele nicht mehr verstehen und für antiquiert halten. Aber Heiligkeit, die auch den Kampf gegen das Böse und die Sünde mitbedingt, ist für die Kirche heute so wichtig wie eh und je. Wir können nur missionarisch und auch caritativ Kirche sein, wenn wir heilige Kirche sind.

Die Sünde Adams und Evas, der Stammeltern, besteht eigentlich darin, dass sie den Blick von Gott, der Weite und Offenheit, Vertrauen, Hoffnung und Liebe schenkt, abwenden und sich in sich selbst hinein verkrümmen. Der hl. Augustinus hat die eigentliche Sünde als „cor in corvatum in se ipsum“ – Herz, das in sich selbst verkrümmt ist – bezeichnet. Ein solches Herz verursacht dann all das, was heute in Kirche und Gesellschaft Leiden und Skandale verursacht: die Habgier, die Sucht nach Geld und Gewinn, die Ausbeutung der Natur, die Herzenshärte, die Sündenbock-Mentalität – immer sind die anderen an allem schuld –, den Streit und die Feindseligkeit, die Unduldsamkeit und auch den Missbrauch. Diese Enge und Kleinlichkeit – das macht die Sünde. Und das macht auch traurig und verbissen in der Kirche.

Das letzte Apostolische Schreiben von Papst Franziskus über die Heiligkeit trägt mit Recht den Titel „Gaudete et Exsultate“. Denn aus der Heiligkeit, zumindest im Bemühen darum, da entsteht Freude und Jubel. Die Abwendung von Gott macht eng und sündig. Die Heiligkeit und der Dienst an der Heiligkeit muss bei uns Bischöfen und allen Hauptamtlichen wieder mehr in den Vordergrund rücken.

In der Enzyklika Populorum progressio spricht der sel. Papst Paul VI. von Entwicklung in der Kirche und schreibt dann: „Sie benötigt weise Menschen mit tiefen Gedanken, die nach einem neuen Humanismus Ausschau halten, der den Menschen von heute sich selbst finden lässt im Ja zu den hohen Werten der Liebe, der Freundschaft und der Betrachtung. Diese Entwicklung sollen wir Bischöfe leben und fördern. Diese sind wir der Kirche und der Welt schuldig.“

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
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Beängstigende Zunahme von sexueller Gewalt

Die Folgen der „Sexuellen Revolution“

Am 31. Mai 2018 fand an der „University of Notre Dame Washington“ eine Konferenz statt, die sich mit den Folgen der „Sexuellen Revolution“ beschäftigte. Die sexuelle Enttabuisierung ging mit der Studentenrevolte 1968 einher. Vor allem den Frauen wurde Befreiung versprochen. Wie die Wissenschaftler, die an der Konferenz in Washington D.C. teilgenommen haben, aufzeigen, hat die von der sexuellen Revolution ausgelöste Entwicklung genau das Gegenteil verursacht. Sexuelle Gewalt gegenüber Frauen und Kindern nimmt in erschreckendem Maß zu. Gleichzeitig wird der Körper der Frau immer mehr zu einer Ware, die nach allen Regeln der Kunst des Vermarktens ausgebeutet wird. Der Beitrag, den CNA auf Englisch und Deutsch Anfang Juni veröffentlicht hat, wurde von KIRCHE heute überarbeitet.

Von Courtney Grogan

Fünf Jahrzehnte nach der „Sexuellen Revolution“, die Frauen durch „Sex ohne Konsequenzen“ Befreiung versprochen hatte, werfen Forscher einen Blick auf die weitreichenden Konsequenzen dieser Revolution.

Forschungsergebnisse der Medizin, Psychologie und Soziologie

„Im Gegensatz zu unseren Vorgängern im Jahr 1968 haben wir, die wir heute leben, nun einen Zugang zu etwas, was diese nicht hatten: 50 Jahre soziologischer, psychologischer, medizinischer und anderer Nachweise über die Folgen der Revolution“, sagte die Autorin und Gelehrte Mary Eberstadt in der Eröffnungsrede zu einer Konferenz unter dem Titel: „Der #MeToo Moment: Überdenken der Sexuellen Revolution“. „Es ist an der Zeit, dieses Beweismaterial zu untersuchen“, so Eberstadt.

Acht Wissenschaftlerinnen sprachen über Empfängnisverhütung, Unfruchtbarkeit, Geschlechtskrankheiten, Pornografie, Leihmutterschaft und Menschenhandel auf der Konferenz am 31. Mai 2018, die vom „Katholischen Frauen-Forum (Catholic Women‘s Forum)“ und vom „Zentrum für Ethik und Kultur der Universität Notre Dame“ veranstaltet wurde.

„Die #MeToo-Bewegung (Anm. der Redaktion: Die #MeToo-Bewegung ist ein millionenfach verwendeter Hashtag in sozialen Netzwerken, über den betroffene Frauen auf sexuelle Belästigung und Übergriffe aufmerksam machen) hat uns dazu gezwungen, uns der Tatsache zu stellen, dass Frauen nach wie vor sehr hohen Risiken ausgesetzt sind, wenn es um die Politik der Sexualität geht“, so Dr. Suzanne Hollman, eine Professorin für Klinische Psychologie an der George Washington University.

78 Prozent aller Frauen würden ihre frühesten sexuellen Beziehungen bereuen, so eine Studie des Jahres 2012, die Hollmann zitierte.

Rasanter Anstieg von Geschlechtskrankheiten

Als die Gynäkologin Dr. Monique Chireau vor 20 Jahren an der Brown University Medizin studierte, waren Fälle von Genitalwarzen äußerst selten. „Heute ist es eine häufig auftretende Erkrankung“, so Chireau, die über den Anstieg von Geschlechtskrankheiten und dessen Folgen sprach. Geschlechtskrankheiten sind nicht nur in den USA auf dem Vormarsch, sondern auch in Deutschland und anderen EU-Ländern. Syphilis ist in Deutschland meldepflichtig, deshalb sind die Daten dafür besonders zuverlässig. Von 2009 bis 2015 stieg die Zahl der Syphilismeldungen in Deutschland um 149 Prozent. Im Jahr 2016 erkrankten 7.178 Menschen an der Geschlechtskrankheit, wie der „Bayerische Rundfunk“ am 17. Mai 2018 berichtete. Neun weitere EU-Länder melden eine deutliche Zunahme der Syphilis-Infektionsraten, so das Robert Koch-Institut.

Auch die Geschlechtskrankheiten Tripper, wissenschaftlich Gonorrhoe genannt, und Chlamydien-Infektionen sind in Deutschland mittlerweile besonders unter Jugendlichen und Twens verbreitet.

Die Zahlen in den USA sind nicht weniger dramatisch: Die Gesundheitsbehörde Kaliforniens hat im Mai Daten veröffentlicht, denen zufolge die Fälle von Geschlechtskrankheiten so zahlreich sind wie nie zuvor: Im Jahr 2017 wurden über 300.000 Fälle von Chlamydien-Infektionen, Tripper und Syphilis registriert – Krankheiten, die zu Unfruchtbarkeit führen können, so Dr. Chireau.

Explosion sexueller Aktivität führt zu Scheidung, Kohabitation und Abtreibung

„Frauen verbringen ihre 20er im Bemühen, Schwangerschaft zu vermeiden, und ihre 30er im Bemühen, schwanger zu werden“, stellte Dr. Marguerite Duane, außerordentliche Professorin an der Georgetown University, fest. Sie sprach über die Forschungsergebnisse zur Empfängnisverhütung im Vergleich zu Methoden, die sich am natürlichen Zyklus der Frau orientieren.

„Die Explosion sexueller Aktivität dank der Pille ist begleitet von einem in der Geschichte noch nie dagewesenen Anstieg von Scheidung, Kohabitation und Abtreibung“, sagte Eberstadt. Wie die #MeToo-Bewegung zeige, habe die sexuelle Revolution auch zu einer Welt beigetragen, in der die Verfügbarkeit von Sex rund um die Uhr als sexuelle Norm verstanden werde, „zum Leidwesen all derer, die sich Annäherungsversuchen verweigern, aus welchen Gründen auch immer.“

Pornografie-Konsum unter Männern ist maßgeblicher Faktor für sexuelle Gewalt

„Der Glaube, Sex sei ein zwangloses, erholsames, nicht-intimes, konfliktäres Handeln“, sowie der Pornografie-Konsum unter Männern seien zwei der Hauptfaktoren, die zu sexueller Gewalt gegenüber Frauen führten, so die Psychologin Mary Anne Layden, die in ihrer Praxis sowohl Vergewaltiger als auch Opfer von Vergewaltigungen behandelt.

Pornografie biete die „perfekte Lernumgebung“, in der Männer trainiert würden, Frauen Sex aufzuzwingen, wobei sie in ohrenbetäubender Weise die Fähigkeit verlieren wahrzunehmen, ob eine Einwilligung besteht, so Layden, die an der Universität von Pennsylvania das Programm für „Sexuelles Trauma und Psychopathologie“ leitet. Die Professorin verwies auf zahlreiche Studien, die alle belegten, dass der überwiegend gewalttätige Inhalt von Pornografie auch in der Wirklichkeit zu echter Gewalt gegen Frauen führt.

Eine Untersuchung von Studenten im Alter von 18 bis 21 Jahren befand: Je früher ein männlicher Heranwachsender der Pornografie ausgesetzt war, desto eher hatte er auch erzwungenen, nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. „Die libertäre Einbildung, Pornografie sei ein Verbrechen ohne Opfer, ist vorbei“, so Eberstadt. Vielmehr habe die sexuelle Revolution die ohnehin Starken noch mächtiger und die Schwachen noch verwundbarer gemacht als vorher. Das gelte zum Beispiel für die jungen Frauen, die durch die Spende von Eizellen rekrutiert und erniedrigt würden. „Es gilt für die Frauen und Kinder, die in einem erschreckenden Ansturm – unter Normalisierung der Prostitution – ausgebeutet werden.“

Das nationale „Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder“ verzeichnete in nur fünf Jahren einen Anstieg der Meldungen über mutmaßlichen Menschenhandel von Kindern zum Zweck der Prostitution um 846 Prozent, sagte Professor Mary Leary, die sich auf Strafrecht und Menschenhandel spezialisiert hat und an der „Catholic University of America“ lehrt.

Die industrielle Reproduktionsmedizin macht den Körper der Frau zur Ware

Frauen werden auch in der Leihmutterbranche ausgebeutet, einem weiteren Bereich, in dem „menschliche Körper zur Ware gemacht werden“, erklärte Jennifer Lahl, die Gründerin und Präsidentin des Zentrums für Bioethik und Kultur. Lahl hat bei der Kommission der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Frau im Bereich Leihmutterschaft und Handel mit Eizellen berichtet.

„Die weltweite Reproduktionsindustrie hat sich zu einem Geschäft von mehreren Milliarden Dollar pro Jahr entwickelt“, sagte Lahl. „Anfang dieser Woche gab „Market Watch“ bekannt, dass diese Branche bis 2023 an die 30 Milliarden Dollar erreichen wird.“ „Im Lauf der Jahre sind dazu immer mehr Fälle und Studien veröffentlicht worden. Wir erfahren mehr und mehr über die sehr realen Schädigungen an Frauen, die als Leihmütter oder Eizellenspender dienen, und auch an Kindern, die aus diesen Technologien geboren wurden“, so Lahl. „Insbesondere die Körper von Frauen werden für ihre Fortpflanzungsfähigkeit geschätzt – ihre Eier, ihre Gebärmütter. Kinder werden zu Objekten des Designs und der Herstellung, wenn hoch begehrte Eier von Frauen gesucht werden, die mit besonderer Intelligenz, mit speziellen Eigenschaften und Fähigkeiten ausgestattet sind, und wenn diese mit sorgfältig ausgewähltem Sperma zusammengebracht und dann oft von einer anderen Frau, sogar einer Fremden in einem anderen Land, einem Land der Dritten Welt, ausgetragen werden.“

Eizellenspende und Leihmutterschaft schädigen Frauen und Kinder

„Dies ist das größte soziale menschliche Experiment unserer Zeit – wir bekommen mit, wie wir Frauen und Kindern Schaden zufügen. Wo sonst erlauben wir in der Medizin solche Dinge?“, fragte Lahl.

Die Geschlechtsbestimmung ist eine weitere globale Konsequenz der sexuellen Revolution welche die Abtreibung fördert, sagte Mary Eberstadt. „Rund um den Planeten werden jedes Jahr Millionen mehr ungeborener Mädchen getötet als Jungen. Sie werden getötet, weil sie Mädchen sind.“ Die gezielte, millionenfache Tötung ungeborener Kinder, nur weil diese das „falsche“ Geschlecht haben – Experten nennen das Phänomen Gendercide –, sei sicher nicht das Ziel der 1968er gewesen, so Eberstadt: „Dieses groteske Ergebnis war vor einem halben Jahrhundert noch nicht absehbar, aber wir sehen es jetzt. Es ist so anti-weiblich, wie es nur sein kann.“

Die Verantwortung der Kirche besteht im Zeugnis und im Dienst der Heilung

Im Blick auf die Opfer der sexuellen Revolution muss sich die Kirche bewusst machen, dass es „unsere Verantwortung ist zu heilen“, sagte Kardinal Donald Wuerl, der Erzbischof von Washington D.C., in einer Grundsatzrede.

Der Kardinal ermutigte die Katholiken, sich durch Begegnung und „Begleitung dieser Generation“ einzubringen. „Unsere Aufgabe besteht nicht nur darin, die Lehre klar in unserem Bewusstsein zu haben, sondern auch in der Lage zu sein, auf die Menschen in der Weise zuzugehen, dass sie uns zu hören beginnen“, sagte Wuerl.

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)

Worte der hl. Thérèse von Lisieux vor ihrem Sterben

Gehorsam aus Liebe

1973 ist in Paris das Buch mit dem Titel „J'entre dans la vie. Derniers entretiens“ – „Ich gehe ins Leben ein. Letzte Gespräche“ über die hl. Thérèse von Lisieux erschienen. Eine deutsche Übersetzung wurde 1982 vom Johannes-Verlag, Leutesdorf, veröffentlicht. Nun hat das Theresienwerk e.V., Augsburg, diesen Schatz im Media Maria Verlag neu herausgegeben. Der Text wurde lediglich der aktuellen deutschen Rechtschreibung angepasst und mit dem Titel versehen: „Therese Martin. Letzte Gespräche der Heiligen von Lisieux. Ich gehe ins Leben ein“.[1] Der größte Teil des Buchs besteht aus dem sog. „Gelben Heft“, in dem Schwester Agnes von Jesus, eine leibliche Schwester von Thérèse und Priorin des Klosters, die Gespräche mit der Heiligen in ihren letzten Monaten aufgezeichnet hat. Ergänzt wird diese Sammlung durch Erinnerungen anderer Schwestern an Aussagen der jungen Mitschwester vor ihrem Sterben. Nachfolgend einige Auszüge aus diesem „Testament“ der hl. Thérèse vom Kinde Jesu, das eine wunderbare Ergänzung zu ihrer eigenen Biographie, dem weltbekannten Büchlein „Geschichte einer Seele“, darstellt.

Von Sr. Agnes von Jesus

Vollkommene Ergebenheit angesichts des nahen Todes

Nach einem neuerlichen Anfall von Bluthusten: Bébé (so nannte sie sich manchmal selbst) wird bald den lieben Gott sehen…

„Haben Sie jetzt Angst vor dem Tod, wenn Sie ihn so nahe sehen?“ – Ah! Weniger und weniger! – „Haben Sie Angst vor dem Dieb? Diesmal steht er vor der Tür!“ – Nein, er steht nicht vor der Tür, er ist eingetreten. Aber was sagen Sie, Mütterchen! Ob ich Angst vor dem Dieb habe?! Wie können Sie glauben, dass ich mich vor jemandem fürchte, den ich so liebe?!

Ich bat sie, mir noch zu erzählen, was ihr nach ihrer Weihe als Opfer der barmherzigen Liebe widerfahren war (am 9. Juni 1895). Zuerst sagte sie: Noch am selben Tag habe ich es Ihnen anvertraut, Mütterchen, aber Sie haben es nicht beachtet. (Tatsächlich hatte es damals den Anschein gehabt, als messe ich der Sache keine Bedeutung bei.) Also. Ich begann meinen Kreuzweg zu beten, da wurde ich plötzlich von einer so heftigen Liebe für den lieben Gott ergriffen, dass ich nur sagen kann, es war, als hätte man mich ganz und gar in Feuer getaucht. Oh! Welch eine Glut und zugleich welch eine Süßigkeit! Ich brannte vor Liebe und ich fühlte, dass ich diese Glut nicht eine Minute, nicht eine Sekunde länger hätte ertragen können, ohne zu sterben. Damals habe ich verstanden, was die Heiligen von diesen Zuständen sagen, die sie so oft erfahren haben. Ich habe das nur ein einziges Mal erfahren und nur einen Augenblick lang, dann bin ich sogleich in meine gewohnte Trockenheit zurückgefallen.

Etwas später: Seit meinem 14. Lebensjahr kannte auch ich stürmische Liebeserhebungen; ah, wie liebte ich den lieben Gott! Aber das war etwas ganz anderes als damals nach meiner Weihe als Opfer der barmherzigen Liebe; es war keine wirkliche Flamme, die mich verbrannte.

Das Wort Ijobs „Und sollte Gott mich töten, ich setze dennoch meine Hoffnung auf ihn“ (Ijob 13,15) hat mich von Kindheit an bezaubert. Aber es hat lange gedauert, bis ich diese Stufe der Hingabe erreicht habe. Jetzt bin ich dort; der liebe Gott hat mich dorthin gebracht, er hat mich in die Arme genommen und dort hingestellt… (7. Juli 1897, 76f., Nr. 1-3).

… Ich möchte fortgehen! – „Wohin?“ – „Da hinauf, in den blauen Himmel!“ (nach einem Gedicht, das sie als Kind gelernt hatte).

Nun gut! Bébé wird also sterben! Seit drei Tagen ist es wahr, dass ich sehr leide; heute Abend bin ich wie im Fegefeuer (29. Juli, 123, Nr. 1).

Freude und Heiterkeit in der Bitterkeit des Leidens

Wieder einmal vermutete man einen Feiertag als ihren Todestag, das Fest der Verklärung am 6. August oder Mariä Himmelfahrt am 15.: Sprechen Sie nicht von einem Datum, es wird auf jeden Fall ein Fest sein!

Nachdem sie uns die Geschichte vom „Gestiefelten Kater“ erzählt hatte: … Ich habe zwei Stiefel, aber ich habe noch keinen Sack! Das heißt, dass ich noch nicht bald sterben werde. – Man hatte ihren Strohsack heruntergebracht, um ihn nach ihrem Tod auszustellen. Als man die Tür zur Zelle neben dem Krankenzimmer aufmachte, sah sie ihn und rief voll Freude: Ah! Da ist unser Strohsack! Er ist schon bereit für meinen Leichnam. … Ich habe immer ein gutes Näschen gehabt!

Wie wird es Bébé nur machen, um zu sterben? Aber woran werde ich sterben? … Ja, ich werde Dinge mitnehmen … Eine ganze Menge Dinge werden aus dem Himmel verschwinden, die ich Ihnen bringen werde … Ich werde eine kleine Diebin sein; ich werde alles nehmen, was mir gefällt.

Sie schaute die Statue der allerseligsten Jungfrau an und zeigte ihr mit dem Finger ihren kleinen Teller (der ihr als Spucknapf diente). Als das heute Nacht gekommen ist (ein starker Bluthusten), glaubte ich, jetzt kommst du mich holen!

Wir waren eingeschlafen, während wir bei ihr wachten: … Petrus, Jakobus und Johannes! (Anspielung auf die Szene in Gethsemani; Mt 26,36-46). … Ich sage Ihnen, es wird sich noch lange hinziehen mit mir, wenn die allerseligste Jungfrau nicht eingreift.

Liebenswürdig: … Plaudern wir nicht miteinander, es genügt vollkommen, wenn wir einen verstohlenen Blick aufeinander werfen! Der Dieb wird kommen und mich mitnehmen. Hallelujah!

Man sprach darüber, dass ihr nur noch wenige Tage blieben. Die Kranke weiß das immer noch am besten! Und ich fühle, dass es noch lange gehen wird. … Ich habe gedacht, ich muss sehr lieb sein und den Dieb sehr freundlich erwarten.

Ich habe das Glück und die Freude auf der Erde gefunden, aber nur im Leiden, denn ich habe hier viel gelitten, das muss man die Seelen wissen lassen … Seit meiner ersten Kommunion, seit ich Jesus gebeten hatte, für mich allen Trost der Erde in Bitterkeit zu verwandeln (vgl. Nachfolge Christi, 3,26), hatte ich ein beständiges Verlangen nach Leiden. Indessen dachte ich nicht daran, mich darüber zu freuen. Das ist eine Gnade, die mir erst später zuteilgeworden ist. Bis dahin war es wie ein unter der Asche verborgener Funke und wie die Blüten eines Baumes, die zu Früchten werden müssen, wenn ihre Zeit gekommen ist. Aber da ich meine Blüten fortwährend abfallen sah, mit anderen Worten, da ich mich immer gehen ließ und Tränen vergoss, wenn ich litt, sagte ich mir mit Schrecken und Trauer: So wird es also immer beim Wünschen bleiben!

Als Sie mir heute Abend gesagt haben, Herr de Cornière glaube, es werde noch einen Monat oder länger dauern, kam ich nicht darauf zurück. Es war ein so großer Unterschied zu gestern, als er sagte, man solle mir noch am selben Tag die Letzte Ölung spenden! Aber ich bin dabei in tiefem Frieden geblieben. Was macht es mir schon aus, noch lange auf der Erde zu bleiben! Wenn ich viel und immer mehr leide – ich fürchte nichts. Der liebe Gott wird mir die Kraft geben, er wird mich nicht verlassen.

„Wenn Sie noch lange leben, wird sich niemand mehr auskennen.“ Was macht das schon! Mögen mich alle verachten, das ist es ja, was ich mir immer gewünscht habe. So werde ich es am Ende meines Lebens erhalten! … Jetzt, da der liebe Gott getan hat, was er wollte, da er alle getäuscht hat … Jetzt wird er kommen wie ein Dieb zu einer Stunde, da niemand mehr daran denkt. Das denke ich so bei mir (31. Juli, 139ff., Nr. 1-16).

Unerschütterlicher Glaube an das Leben nach dem Tod

Was den Himmel betrifft, so hege ich keine großen Wünsche. Ich werde mich freuen hineinzukommen, das ist alles! Von mir wird man nicht sagen können: „Sie stirbt, weil sie nicht stirbt.“ Wie ich Ihnen schon gesagt habe: Meine Natur – ja, die verlangt nach dem Himmel! Aber die Gnade in meiner Seele hat große Macht über meine Natur gewonnen, und jetzt kann ich dem lieben Gott nur noch wiederholen:

„Lange noch will ich leben

Herr, wenn so Du’s gedacht,

dir nach zum Himmel streben,

wenn es dir Freude macht.

Die drüben die Himmlischen erben,

die Liebe verzehrt mich schon hier.

Was kümmert mich Leben, was Sterben,

mein Glück ist die Liebe zu dir!“

(Gedicht „Meine Freude!“; dt. Übers. nach H. U. v. Balthasar: Schwestern im Geist, 307).

Zu Sr. Genoveva: Alles geht vorbei auf dieser sterblichen Erde, sogar Bébé, aber sie wird wiederkommen.

Sr. Genoveva küsste die Füße des Gekreuzigten. Sie gehorchen nicht Bébés Lehre! Küssen Sie ihn sogleich auf beide Wangen und lassen Sie sich küssen.

Nicht nur, wenn die anderen mich unvollkommen finden, empfinde ich eine lebhafte Freude, sondern besonders, wenn ich selbst mich unvollkommen finde. Das ist viel besser als alles Lob, das mich langweilt (2. August, S. 135f., Nr. 3-6).

„Wie sind Sie zu diesem unverwandelbaren Frieden gelangt, der Ihnen zuteilgeworden ist?“ Ich habe mich selbst vergessen und mich bemüht, in nichts mich selbst zu suchen (3. August, S. 136, Nr. 1).

Vollkommener Gehorsam aus Liebe zu Gott

Sie erzählte mir, wie sie einmal einen harten Kampf zu bestehen hatte wegen einer Nachtlampe, die man herrichten musste, weil die Familie von Mutter Maria von Gonzaga unerwartet angekommen war und bei den Pfortenschwestern übernachten wollte. Der Kampf war so heftig, und es stiegen derartige Gedanken gegen die Obrigkeit in ihr auf, dass sie inbrünstig zum lieben Gott um Hilfe rufen musste, um nicht zu erliegen. Gleichzeitig führte sie ihren Auftrag so gut wie möglich aus. Es war während des großen Stillschweigens am Abend. Sie war Pförtnerin und Sr. St. Raphael war Erste im Amt.

Um mich zu besiegen, stellte ich mir vor, ich richte die Nachtlampe für die allerseligste Jungfrau und das Jesuskind her; so tat ich es mit unglaublicher Sorgfalt; nicht das kleinste Stäubchen blieb auf der Lampe. Nach und nach zogen ein tiefer Friede und eine große Süßigkeit in mich ein. Es läutete zur Matutin, und ich konnte dann nicht mehr hingehen. Aber in mir war eine so wunderbare Hochstimmung, ich hatte eine solche Gnade empfangen, dass ich Sr. St. Raphael mit Freuden gehorcht hätte, wenn sie gekommen wäre und mir zum Beispiel gesagt hätte, ich hätte die falsche Lampe genommen und müsse eine andere herrichten. Damals fasste ich den Entschluss, mir nie mehr Gedanken darüber zu machen, ob das, was man mir aufträgt, zweckmäßig ist oder nicht (12. Juli, S. 91f., Nr. 1)

Wir erinnerten sie daran, wie sehr sie sich gesträubt hatte, als wir sie beschworen, sich zu schonen, nicht zur gleichen Zeit aufzustehen wie die Kommunität, nicht zur Matutin zu gehen. Sie sagte: Sie haben mich nicht verstanden, als ich darauf bestand; ich tat es, weil ich sehr wohl fühlte, dass man unsere Mutter beeinflussen wollte. Ich wollte unserer Mutter die ganze Wahrheit sagen, damit sie selbst entscheiden konnte. Ich versichere Ihnen, hätte sie von sich aus von mir verlangt, dass ich sogar nicht einmal zur Messe, zur Kommunion, zum Offizium gehe, ich hätte ihr aufs Vollkommenste gehorcht (12. August, S. 159, Nr. 4).

Es tut dem lieben Gott immer ein ganz klein wenig weh, wenn man das, was die Mutter Priorin sagt, ein bisschen hinterfragt. Und wenn man viel darüber diskutiert, tut es ihm sehr weh, auch wenn man es nur innerlich tut (Schwester Maria von der Eucharistie, Juli, S. 286).

Zu einer Zeit, als sie schon krank war, hatte sie sich mühsam mit der Kommunität zur Einsiedelei vom Heiligen Herzen geschleppt und sich dort niedergesetzt, während der Lobgesang gesungen wurde. Eine Schwester machte ihr ein Zeichen, sich zum Chor zu stellen. Sie war erschöpft und konnte sich nicht aufrecht halten. Dennoch stand sie sogleich auf und als ich ihr nach der Zeremonie deswegen einen Vorwurf machte, erwiderte sie einfach: Ich habe mir angewöhnt, jeder zu gehorchen, als sei sie der liebe Gott, der mir seinen Willen kundtut (Schwester Genoveva, Juni, S. 279).

Ein anderes Mal sagte ich zu ihr: „Da Sie nach Saigon gehen wollten, so werde vielleicht ich an Ihrer Stelle gehen, wenn Sie im Himmel sind, um Ihr Werk zu vollenden: So werden wir gemeinsam ein vollkommenes Werk vollbracht haben.“

Ah! Sollten Sie jemals hingehen, denken Sie nicht, Sie tun es, um etwas zu vollenden. Das ist nicht nötig. Alles ist gut, alles ist vollkommen, vollendet, allein die Liebe zählt … Wenn Sie hingehen, so wird dies Jesu Idee sein, nichts weiter. Glauben Sie nicht, es sei ein nützliches Werk, eine Idee Jesu wird es sein…  (S. 282).

Vermächtnis

Schwester Maria von der Eucharistie, eine Cousine der hl. Thérèse, schreibt am 12. Juli 1897 an Herrn Guérin, ihr „liebes Onkelchen“:  … Man hat sie in das Krankenzimmer hinuntergebracht, in das Bett von Mutter Genoveva gelegt, und da auch Mutter Genoveva den Tod mehr als einmal erwartet und ersehnt hat und mehr als einmal in ihrer Hoffnung enttäuscht worden ist, sagt die kleine Königin oft: Welch ein Unglücksbett, wenn man da drinnen ist, versäumt man immer den Zug … und: Der Dieb ist weit fortgegangen, er hat mich dagelassen, um andere Kinder mitzunehmen … Wann werde wohl ich an der Reihe sein, ich weiß jetzt gar nichts darüber … Sagen Sie Onkelchen, Tante, Léonie, mit einem Wort allen, meine größte Freude im Himmel wird sein, dass ich ihnen dann meine ganze Liebe werde zeigen können. Auf der Erde kann ich das nicht, meine Liebe ist zu stark, aber im Himmel, wenn ich dort bin, werde ich mich ihnen verständlich machen können … Das wird dort meine Freude sein…

Und heute Morgen, als ich sie fragte, was sie tun, was sie sagen wird, wenn sie den lieben Gott zum ersten Mal sieht, erwiderte sie: Sprechen Sie mir nicht davon, ich darf nicht daran denken, es macht mich zu glücklich: Was ich tun werde … ich werde vor Freude weinen.

Ah! Welch eine schöne Seele und wie dankbar muss ich doch dem lieben Gott sein, dass ich sie gekannt habe. Sie kann uns nun keine Ratschläge mehr geben, aber was uns bleibt und immer bleiben wird, das ist ihr Beispiel.

Eines macht mich sehr glücklich, liebes Väterchen, nämlich das, was sie mir einige Tage vor meinem Schleierfest gesagt hat und was ich als ihr Testament für mich betrachte … Es war das letzte Mal, dass ich sie aufsuchen und mit ihr über meine Seele sprechen konnte. Damals war noch keine Rede von ihrem Tod, der Zustand der Schleimabsonderung war noch nicht abgeklärt. Plötzlich schaute sie mich mit einem so tiefen Blick an, den ich nie vergessen werde, und sagte: Oh Schwesterchen! Versprechen Sie mir, eine Heilige, eine große Heilige zu werden, und als ich sie bestürzt ansah, fuhr sie fort: Ja, ich sage Ihnen das deshalb, weil ich in Ihnen alles finde, was es dazu braucht, und wenn Sie es nicht werden, dann liegt es daran, dass Sie sehr ungehorsam sind gegen die Gnade, glauben Sie mir. Oh! Ich bitte Sie, werden Sie eine Heilige, der liebe Gott fordert es von Ihnen. – Wenn ich nicht mehr auf der Erde bin, müssen Sie heilig sein für zwei, damit der liebe Gott nichts dabei verliert. Ich fühle, dass Ihre Seele zu derselben Art von Vollkommenheit bestimmt ist wie die meine. Sie müssen mich ersetzen, wenn ich nicht mehr da bin.

Ich brauche Dir nicht zu sagen, liebes Väterchen, dass diese Worte meinem Herzen eingegraben bleiben, ja, das ist bestimmt ihr Testament für mich, und seit diesem Tag habe ich nie mehr daran gezweifelt, dass ihr Heimgang in den Himmel nahe bevorsteht … (310).

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
© Kirche heute Verlags-gGmbH (Altötting)


[1] Thérèse Martin: Letzte Gespräche der Heiligen von Lisieux – Ich gehe ins Leben ein, geb., 352 S., ISBN 978-3-9454018-0-4, 17,95 Euro (D), 18,50 Euro (A), Verlag Media Maria: Tel. 07303-9523310, Fax: 07303-9523315, E-Mail: buch@ media-maria.de

Gedanken für eine „Predigt“ über die Gottesmutter

Marias Leben war ganz einfach

Etwa sechs Wochen vor ihrem Tod sprach die hl. Thérése vom Kinde Jesu mit Sr. Agnes, einer ihrer leiblichen Schwestern, über die Gottesmutter. Wichtig war der kleinen Thérése, dass den Gläubigen ein realistisches Bild von Maria vermittelt werde, das man auch nachahmen könne.

Von Thérèse von Lisieux

Wie gern wäre ich Priester gewesen, um über die allerseligste Jungfrau predigen zu können! Ein einziges Mal hätte mir genügt, um alles zu sagen, was ich darüber denke!

Zuerst hätte ich aufgezeigt, wie wenig man über ihr Leben weiß. Man sollte nicht unwahrscheinliche Dinge sagen oder Dinge, die man nicht weiß, wie zum Beispiel, dass sie, als sie noch ganz klein war, als Dreijährige, in den Tempel gegangen ist, um sich Gott in glühender Liebe und mit ganz außerordentlichen Gefühlen darzubringen; in Wirklichkeit ist sie vielleicht einfach hingegangen, um ihren Eltern zu gehorchen.

Und warum wird gesagt, die allerseligste Jungfrau habe von dem Augenblick an, als sie die prophetischen Worte des greisen Simeon hörte, unablässig die Passion Jesu vor Augen gehabt? „Ein Schwert des Leidens wird deine Seele durchbohren“ (vgl. Lk 2,35), hat der Greis gesagt. Das galt also nicht für die Gegenwart, wie Sie sehen, Mütterchen; es war eine allgemeine Vorhersage für die Zukunft.

Damit mir eine Predigt über die allerseligste Jungfrau gefällt und nützt, muss ich ihr Leben vor mir sehen, wie es wirklich war, aber nicht ein erdachtes Leben; und ich bin überzeugt, dass ihr wirkliches Leben ganz einfach gewesen sein muss. Man stellt sie unnahbar dar, aber man müsste sie nachahmbar zeigen, ihre Tugenden aufzeigen, sagen, dass sie aus dem Glauben lebte wie wir, die Beweise aus dem Evangelium dafür anführen, wo wir lesen: „Sie verstanden nicht, was er zu ihnen sagte“ (Vgl. Lk 2,50). Und diese andere, nicht minder geheimnisvolle Stelle: „Seine Eltern waren voll Bewunderung über das, was man über ihn sagte“ (Vgl. Lk 2,33). Diese Bewunderung setzt ein gewisses Staunen voraus, finden Sie nicht, Mütterchen?

Man weiß, dass die allerseligste Jungfrau die Königin des Himmels und der Erde ist, aber sie ist mehr Mutter als Königin, und man sollte nicht ihrer Vorzüge wegen sagen, sie verdunkle die Herrlichkeit sämtlicher Heiligen, wie die Sonne bei ihrem Aufgang die Sterne zum Verschwinden bringt. Mein Gott, ist das merkwürdig! Eine Mutter, die den Glanz ihrer Kinder zum Verschwinden bringt! Ich denke genau das Gegenteil, ich glaube, sie wird den Glanz der Auserwählten noch stark erhöhen.

Es ist gut, dass man von ihren Vorzügen spricht, aber man sollte nicht ausschließlich darüber sprechen, denn wenn man in einer Predigt von Anfang bis zum Ende unablässig „Ah! Ah!“ ausrufen muss, dann wird es zu viel! Wer weiß, ob das nicht manche Seele so weit bringt, dass sie schließlich einem dermaßen überlegenen Geschöpf gegenüber eine gewisse Entfremdung fühlt und sich sagt: „Wenn das so ist, dann kann man sich besser in eine kleine Ecke verziehen und dort leuchten, so gut man eben kann!“

Die allerseligste Jungfrau hatte uns voraus, dass sie nicht sündigen konnte, dass sie frei vom Makel der Erbsünde war, aber andererseits hatte sie auch wieder weniger Glück als wir, denn sie hat keine allerseligste Jungfrau zum Lieben gehabt, und das ist eine so große Seligkeit mehr für uns und eine ebenso große Seligkeit weniger für sie! Mit einem Wort, in meinem Loblied „Warum ich dich liebe, o Maria!“ habe ich alles gesagt, was ich über sie predigen würde (21. August 1897, S. 175ff., Nr. 3).

Der Artikel ist veröffentlicht in der Zeitschrift Kirche heute Nr. 7/Juli 2018
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