Wahre Erneuerung in der Kirche ist immer von Heiligen ausgegangen, die Jesus ohne Vorbehalt geliebt haben. Sie waren bereit, alles loszulassen, um das Evangelium wortwörtlich leben zu können. Ein heiliger Franziskus hat die Armut nicht um ihrer selbst willen geliebt, sondern um des Evangeliums willen. Seine Freude war es, vom Licht der Frohen Botschaft erleuchtet zu werden und allein aus der Kraft Jesu Christi zu leben. Eine heilige Anna Schäffer war bereit, ihre unsäglichen Leiden anzunehmen und sogar zu lieben, weil sie für das Evangelium brannte. Sie wollte selbst lebendiges Evangelium sein. In der Nachfolge Christi wurde sie ihrem Meister immer ähnlicher. Und so konnte sich in ihrer Einfachheit, in ihrer vollkommenen Schwachheit die Macht des Reiches Gottes entfalten. In der Hingabe an Jesus Christus ging die heilige Theresia von Lisieux bis zum Äußersten. Quelle ihrer Liebe war die grenzenlose Begeisterung für das Evangelium. In ihm fand sie die süße Freude, die sie der Welt verkünden durfte. Darin besteht ihre Botschaft als Kirchenlehrerin für die heutige Zeit.
Am 13. Dezember 2020 feierte Erzbischof Dr. Karl Braun seinen 90. Geburtstag. Bis heute erklingt seine Stimme, mit der er seiner geliebten Kirche Orientierung geben möchte. Auch in unseren Tagen hat sie den Auftrag, Sauerteig für die Welt zu sein, in der Liebe Christi die menschliche Gesellschaft zu verwandeln, in der Kraft des Heiligen Geistes das Angesicht der Erde zu erneuern. Dazu darf sie sich nicht in ein „Ghetto“ zurückziehen. Sie muss in der Welt bleiben, ja in die Welt hinausgehen, darf sich aber nicht der Welt angleichen. Erzbischof Braun richtet einen leidenschaftlichen Appell an die Kirche, das Evangelium treu und authentisch zu verkünden, selbst auf die Gefahr hin, abgelehnt und eine kleine Herde zu werden. Er warnt vor der Illusion, einen pastoralen Erfolg erzielen zu wollen, indem man sich dem Zeitgeist anpasst. Eine Kirche, die meint, Abstriche von den Idealen des Evangeliums machen zu müssen, um leichter Gefolgschaft zu erzielen, mehr Gehör zu finden, besser bei den heutigen Menschen anzukommen, gibt sich selber auf und ist für das Werk der Erlösung unbrauchbar. Gerade weil sich die Kirche von der Welt unterscheidet, kann sie ihr helfen. Das Schicksal, in der Welt „Außenseiter“, „Fremder“ zu sein, gehört zu ihrem Wesen, doch nur darin können wir Christen das Reich Gottes erlangen und unser Glück finden.
Der „Synodale Weg“ muss sich fragen, ob er nicht genau dieser Illusion zum Opfer gefallen ist. Bernhard Meuser legt mit seinem Buch „Freie Liebe – Über neue Sexualmoral“ kompromisslos den Finger auf diese Wunde. Der hl. Johannes Paul II. hat mit seiner „Theologie des Leibes“ die Schönheit der Sexualität aufgezeigt und sie in ein göttliches Licht gestellt, doch die „neue Sexualmoral“, wie sie im Augenblick angedacht wird, geht genau in die entgegengesetzte Richtung. Als Argument wird der Wandel der Kirche in der Haltung zu konkreten Fragen wie der Sklaverei genannt. Wir müssen zugeben, dass die Akzeptanz von Sklaverei ein Kompromiss mit der damaligen Gesellschaftsform war, der nicht dem Evangelium entspricht. Dem Geist der „Sodomie“ entgegenzukommen, aber wäre keine Annäherung an das Evangelium, sondern eindeutig eine Abkehr.
Liebe Leser, so haben wir als Titelthema die „Macht der kleinen Herde“ gewählt, die nur denen gegeben ist, die sich nicht der Welt angleichen. Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!“ (vgl. Röm 12,2). Und Jesus sagt: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben“ (Lk 12,32). Mit diesen Worten unseres Erlösers wünschen wir Ihnen auf die Fürsprache Mariens ein gesegnetes und friedvolles Neues Jahr. Vergelt’s Gott für Ihre treue Unterstützung!
Erzbischof em. Dr. Karl Braun, der am 13. Dezember 2020 seinen 90. Geburtstag gefeiert hat, stammt aus der Diözese Augsburg. Unter den Bischöfen Joseph Freundorfer und Josef Stimpfle war er Konzilssekretär. 1972 wurde er in das Augsburger Domkapitel berufen und war als Bistumstheologe für die Fragen des Glaubens und der Liturgie zuständig. 1984 wurde er zum Bischof von Eichstätt und 1995 zum Erzbischof von Bamberg ernannt. Die Leitung des Erzbistums gab er 2001 aus gesundheitlichen Gründen ab. Doch bis heute setzt er sich mit den Herausforderungen der heutigen Zeit auseinander und publiziert dazu Bücher und Beiträge in Zeitschriften. Erzbischof Ludwig Schick würdigte seinen Vorgänger Braun anlässlich des Jubiläums mit den Worten: „Du hast Dein ganzes Leben im Geist Jesu Christi der Kirche und den Menschen gewidmet.“
Von Erzbischof em. Karl Braun
Die Kirche steht heute an einem Scheideweg. Im Wettstreit der Meinungen scheint es schwerer denn je, die richtige Blickrichtung zu finden. Orientierung ist gefragt, eine klare Analyse der Lage und ein Nachdenken darüber, was für uns als Christen wirklich zählt. Die Kirche spielt im öffentlichen Leben keine große Rolle mehr. Viele beklagen dies. Doch es ist Teil ihrer Tradition. Denn in einem gewissen, aber sehr konkreten und wichtigen Sinn war und ist die Kirche immer in einer Außenseiterrolle und wird sie dies auch in Zukunft sein.
Strukturwandel hin zur kleinen Herde
Es gilt, was Joseph Ratzinger schon 1958 in der katholischen Zeitschrift „Hochland“ schrieb: „Je mehr die Kirche … die Selbstabgrenzung, die Unterscheidung des Christlichen, wenn nötig zur kleinen Herde hin, vollziehen wird, desto realistischer wird sie auf der zweiten Ebene, auf der der Glaubensverkündigung, ihre Aufgabe erkennen können und müssen."[1] Und er fügt hinzu: „Die Kirche hat zunächst den Strukturwandel von der kleinen Herde zur Weltkirche durchgemacht; sie deckt sich seit dem Mittelalter im Abendland mit der Welt. Heute ist diese Deckung nur noch Schein, der das wahre Wesen der Kirche und der Welt verdeckt und die Kirche zum Teil an ihrer notwendigen missionarischen Aktivität hindert. So wird sich über kurz oder lang mit dem oder gegen den Willen der Kirche nach dem inneren Strukturwandel auch ein äußerer zum pusillus grex, zur kleinen Herde vollziehen."[2]
Auf diese Weise kehren wir als Christen zu unseren Wurzeln zurück. Denn im ersten Petrusbrief werden wir Christen als „Fremde und Gäste in dieser Welt“ bezeichnet (vgl. 1 Petr 2,11). Damit ist angesprochen: Christen sind anders. Sie sind in einer Außenseiterposition gegenüber der Welt, ihren Meinungen, Ansprüchen und Tendenzen (vgl. Röm 12,2). Es ist nicht Auftrag der Kirche, in einer „Gleichzeitigkeit“ mit der Welt zu leben. Die Kirche wird von der Heiligen Schrift vielmehr vor der Angleichung an das Denken der Welt, vor der Synchronisation mit dem Zeitgeist gewarnt (vgl. Röm 12,2). Die „Ungleichzeitigkeit“ der Kirche mit dem jeweils als „modern“ bezeichneten Bewusstsein der Menschen stellt die Welt in Frage und fordert sie heraus – um ihres Heiles willen. Daher gilt: „Es muss uns wieder bewusst sein, dass wir als Christen durchaus so etwas wie eine alternative Kultur zu bilden haben, die sich ausrichten muss alleine an den Maßstäben des Evangeliums und am Willen Jesu Christi“.[3]
Anderssein um der Welt willen
Selbstverständlich kommt ein Gang der Kirche ins „Ghetto“ nicht in Frage und ebenso wenig darf sie sich in eine Ghetto-Mentalität drängen lassen. Zum Wesen des Ghettos gehört das Sich-Abkapseln, zum Wesen der Kirche dagegen das Sich-Öffnen zur Welt hin als „Salz“ und „Licht“ der Erde (vgl. Mt 5,13f), als „Sauerteig“ (vgl. Mt 13, 33; Lk 13,20f). Und dies kann nicht geschehen, ohne sichtbar und aktiv in der Welt präsent zu sein.
Die Kirche würde aufhören, Kirche Jesu Christi zu sein, wenn sie ein Christentum für jedermann anböte, im bequemen Meinungsstrom mitschwömme, „eine Einebnung auf den Durchschnittswert moralischer Güte"[4] zuließe und damit aufgäbe, anders zu sein als andere Menschen und Institutionen. Kardinal Meisner betonte schon 1994, dass die Anpassung an die Bedürfnisse einer säkularen Gesellschaft dazu führe, dass die religiöse Substanz verschwinde. „In diesem Säkularisationsprozess wandelt sich die Seelsorge zur Psychotherapie, die Mission zur Entwicklungshilfe, die Caritas zur Sozialarbeit, der Gottesdienst zur liturgischen Folklore und die Eschatologie zu einem innerweltlichen Fortschrittsglauben."[5] Ließe die Kirche dies zu, würde sie nicht nur ihr eigenes Bild verfälschen, sie würde auch die Menschen bodenlos enttäuschen, die anderes und Ungewöhnliches von ihr hören und an ihr sehen wollen. Können wir es nicht manchmal gleichsam mit Händen greifen, dass die Menschen, auch „die Menschen draußen“ auf die Kirche hoffen – gerade, weil sie woanders als alle anderen steht? Sie suchen etwas anderes, als es ihnen Tag für Tag von allen möglichen Seiten geboten wird. Sie hoffen auf einen tragfähigen Sinn, eine zukunftsweisende Orientierung in dem, was sie oft als ein Durcheinander und ein Chaos erleben. „Denn die Menschen einer ganz und gar geplanten Welt werden unsagbar einsam sein. Sie werden, wenn ihnen Gott ganz entschwunden ist, ihre volle, schreckliche Armut erfahren. Und sie werden die kleine Gemeinschaft der Glaubenden als etwas ganz Neues entdecken. Als eine Hoffnung, die sie angeht, als eine Antwort, nach der sie im Verborgenen immer gefragt hat."[6]
Deshalb ist die Unterscheidung der Geister, die der Kirche in diesen Tagen vorzunehmen aufgegeben ist, ein zutiefst notwendiger Dienst an der Welt. „Aus der Krise von heute“, so schreibt Joseph Ratzinger, „wird … eine Kirche von morgen hervorgehen, die viel verloren hat. Sie wird klein werden, weithin ganz von vorne anfangen müssen. … Aber bei all diesen Veränderungen … wird die Kirche ihr Wesentliches von Neuem und mit aller Entschiedenheit in dem finden, was immer ihre Mitte war: im Glauben an den dreieinigen Gott, an Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, an den Beistand des Geistes, der bis zum Ende reicht. Sie wird in Glaube und Gebet wieder ihre eigentliche Mitte erkennen und die Sakramente wieder als Gottesdienst … erfahren."[7]
Die verwandelnde Kraft des Christentums
Welch performative Kraft von einer solchen kleinen Herde ausgehen kann, bringt der heilige Kardinal Newman so zum Ausdruck: „Zu den Jüngern Christi gehören, bedeutet, von der Gegenwart dessen in Besitz genommen sein, der unser Leben, unsere Kraft, unser Verdienst, unsere Hoffnung und unsere Krone ist; auf wunderbare Weise seine Glieder werden, die Werkzeuge, die sichtbare Form oder das sakramentale Zeichen des einen unsichtbaren, immer gegenwärtigen Gottessohnes, der auf mystische Weise in uns allen die Akte seines irdischen Lebens wiederholt: Seine Geburt, Seine Weihe, Sein Fasten, Seine Versuchung, Seine Kämpfe, Siege, Leiden, Seine Todesangst, Seine Passion, Seinen Tod, Seine Auferstehung und Himmelfahrt – Er alles in allem, wir so gering an persönlicher Kraft, so gering an Vorzug oder Verdienst wie das Wasser in der Taufe, wie Brot und Wein in der heiligen Eucharistie; doch stark im Herrn und in der Kraft Seiner Macht."[8]
Das Christentum steht und fällt mit seinem Bewusstsein des Andersseins und auch der recht verstandenen Überlegenheit gegenüber anderen Welt- und Menschendeutungen. So gesehen müssen wir immer im „Ghetto“ sein. Das stolze Gefühl der ersten christlichen Jahrhunderte, vom Heidentum radikal unterschieden und ihm überlegen zu sein, ist inmitten des modernen Neuheidentums der ängstlichen Zusicherung gewichen, nicht mehr und auch nicht anders zu sein als alle anderen. Mehr noch: „Das neue Heidentum sitzt heute in der Kirche selbst, und gerade das ist das Kennzeichnende sowohl der Kirche unserer Tage als auch des neuen Heidentums, dass es sich um ein Heidentum in der Kirche handelt und um eine Kirche, in deren Herzen das Heidentum lebt“, wie Joseph Ratzinger schon 1958 hellsichtig erkannte.[9]
Diese Haltung ist zweifellos beeinflusst von der neuzeitlichen Gleichheitsideologie, über die Antoine de Saint Exupéry sagt: „Gleichheit ist nur noch ein sinnloses Wort, wenn nicht vorhanden ist, worin sich diese Gleichheit knüpfen lässt. Die Demagogie tritt auf, wenn in Ermangelung eines gemeinsamen Maßes das Prinzip der Gleichheit zum Prinzip der Identität wird“. Die Gleichheitsideologie, wie sie in unseren westlichen Ländern vor allem in der Form der zentralistisch jakobinischen Massendemokratie Geltung hat, wird bewusst oder unreflektiert zur Rechtfertigung dafür beansprucht, sich selbst akzeptabel zu machen und bei allen Menschen – selbst unter Hintanstellung der Weisungen des Evangeliums und des damit verbundenen christlichen Wahrheitsanspruches – „ankommen“ zu wollen. Diesem, auch auf einem falschen Solidaritätsverständnis gründenden Anpassungsbedürfnis nachzugeben und unser Anderssein im Sog wahrheitsscheuer Nivellierungstendenzen untergehen zu lassen, aber auch die feige Trägheit, einer solchen Entwicklung innerhalb der Kirche nicht entschieden entgegenzutreten, wäre für uns Christen nicht nur unverantwortlich, sondern geradezu katastrophal.
Dies gilt es zu bedenken, auch angesichts jener Stimmen, die das Miteinander von Kirche und Welt überbetonen. „Wer Christus nachfolgen will, muss auf die eine oder andere Weise Ballast abwerfen. Eine Zeit lang kann Christsein nicht selten scheinbar in bester Harmonie mit der Welt gelebt werden. Aber jede Generation und jeder einzelne kommt irgendwann an das Tor, an dem es so nicht weitergeht. Jeder kommt an die Stelle, an der er sich entscheiden muss, einen Bruch auf sich zu nehmen, komisch zu erscheinen oder das Kreuz wegzuwerfen."[10] „ … Gerade der Verlust an Massenattraktivität der Kirche kann auch ein Segen sein, weil das Volk Gottes dann in seine eigentliche Dynamik und auf seinen Widerspruchsauftrag zurückgeworfen wird und auf diese Weise wieder kraftvoller und fruchtbarer wird."[11]
Überzeugende Kraft der Verkündigung
Wir haben uns nicht vordringlich zu fragen: Was können wir als Kirche heute noch sagen? Was kommt bei den Menschen an, was trifft auf ihre Zustimmung? Vielmehr stellt sich uns die Frage: Was ist unsere Sendung? Welche Botschaft ist uns aufgetragen? Wofür müssen wir Zeugnis geben? Die Kirche muss deutlich machen, dass sie in ihrem gesamten Wirken Christus meint und für alle eine Transparenz auf Christus hin zu erkennen gibt. Wir müssen uns von der vom heiligen Kardinal Newman so genannten „Religion des Tages“ oder „der Religion der Welt“ unterscheiden. Er versteht darunter die „natürliche Religion eines zivilisierten Zeitalters“ mit der „Haupttugend des Wohlwollens“ gegenüber jedermann. Diese Religion ist „angenehm und leicht“. Sie erachtet ein andersgeartetes Verhalten als „Unduldsamkeit, Frömmelei und Übereifer“. Sie opfert die Wahrheit der Nützlichkeit. Es ist die Religion des „gesunden Menschenverstandes"[12].
„Die Kirchen entgingen nicht der Gefahr, ihre eigene Sprache zu verlieren, nahezu sprachlos zu werden, was die überzeugende Kraft der Verkündigung vor lauter aktualisierender Würze manchmal ganz erheblich schwächte. Sie sehnen sich paradoxerweise danach, zu einer Gesellschaft, die ihr mit Gleichgültigkeit begegnet, ein möglichst harmonisches Verhältnis herzustellen, um sich ihr annähern zu können. Darüber trat zuweilen allzu sehr in den Hintergrund, dass das Christentum seit seiner Entstehung für die Welt ein unvermeidliches Ärgernis war. Eben deshalb konnte das Christentum immer wieder die Welt verändern, weil es diese zwang, sich jeweils auf dessen Herausforderungen einzulassen. Solange der Katholizismus sich energisch gegen die Moderne wandte, gewann er Konvertiten, besaß er Anziehungskraft. Die halbherzigen Kompromisse mit der säkularisierten Gesellschaft verharmlosten allzu sehr die unaufhebbare Spannung zur Welt."[13]
Der Musik der Ewigkeit folgen
Die Alternative zum Ghetto heißt nicht Anpassung, Meinungsanbiederung durch opportunistische Auswahl der Glaubenslehren, sondern unumwundenes, klares Bekenntnis der Wahrheit, in Liebe verkündet und gelebt – mag dies auch den einen als Torheit, den anderen als Ärgernis erscheinen (vgl. 1 Kor 1,23).
Martin Luther King sagte: „Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir nach dem Trommelschlag des Konformismus weitermarschieren oder wollen wir auf den Klang einer anderen, ferneren Trommel lauschen und nach ihrem Takt ausschreiten? Wollen wir unseren Schritt der Musik der Welt anpassen, oder wollen wir trotz Hohn und Spott der die Seele rettenden Musik der Ewigkeit folgen? Mehr als je zuvor werden wir heute von den Worten herausgefordert, die aus dem Gestern zu uns herüberklingen: ‚Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist‘ (vgl. Röm 12,2)."[14]
Ein Vergleich sei gestattet, der uns nachdenklich machen könnte. Heute wird oft auf Geschichtsperioden der Gegensätze und Konflikte hingewiesen, beispielsweise auf die NS-Zeit oder die Periode des DDR-Regimes. Und dies geschieht dann meist mit Vorwürfen und Verurteilungen. Dabei sind dieselben Menschen, die heute so heftig gegen die Gefahr eines Ghettos kämpfen, unerbittlich in ihrem Verdacht, dass irgendjemand sich nicht klar genug von der öffentlichen Meinung abgesetzt habe. Es ist dies also der Vorwurf, dass diese oder jene Menschen nicht deutlich genug in ein Ghetto gegangen sind.
Und in der Tat: Diejenigen, die im Einflussbereich des „Dritten Reiches“ gelebt haben, wissen, wie die Ghettos der Familien aussahen, die inmitten der Unmenschlichkeit überleben wollten, ohne sich moralisch mitschuldig zu machen. In gewissem Sinn war eine Familie eine nach außen abgeschottete und eine Pfarrgemeinde eine weiter gefasste Isolierung, wenn auch eine, die weniger sicher war, nicht unterwandert zu sein. Gewiss, das Gesellschaftssystem heute ist hierzulande zum Glück nicht das einer unmenschlichen politischen Diktatur. Aber andere „Zwänge“ und andere Aushöhlungen des Menschlichen breiten sich auch in unseren Tagen aus.
Die Weltverantwortung der Kirche
Obwohl „die meisten Menschen … nichts so sehr [fürchten], als eine Stellung zu beziehen, die sich klar von der vorherrschenden Meinung unterscheidet“,[15] bleibt festzustellen: Um die Sonderrolle wird die Kirche nicht herumkommen. Andernfalls bliebe sie ihrem Auftrag nicht mehr treu, würde sie sich – und damit auch der Welt – unabsehbaren Schaden zufügen und unser aller Leben sehr viel ärmer und dunkler werden lassen. Dass dies zum Besten der Menschen eben nicht geschieht, dafür nimmt die Kirche gern ihre Außenseiterrolle auf sich. Obwohl die meisten Menschen, und in unseren Tagen leider auch viele Christen, wie Martin Luther King sagt, Thermometer sind, die die Mehrheitsmeinung anzeigen, aber keine Thermostaten, die die Temperatur der Gesellschaft ändern und regeln,[16] gilt: Nur der Mut zum unverwechselbaren Anderssein kann die Kirche dazu befähigen, zukunftsträchtige Schritte nach vorne zu wagen – Schritte, in denen sich die geforderte christliche Weltverantwortung verwirklicht. Die – um der Menschen willen – unverzichtbare Außenseiterrolle einzunehmen, heißt deshalb nicht, den konzilsgemäßen Dialog mit der Welt zu verneinen und sich von Zeit und Umwelt abzutrennen. Ihnen aber nicht zu verfallen ist die Voraussetzung dafür, sie positiv mitgestalten zu können.
Ich fasse noch einmal zusammen: Weder Abkapselung im Ghetto noch gott- und glaubensvergessene Anbiederung an die (post)modernen Zeitgeister des Säkularismus sind uns gute Ratgeber in die Zukunft. Ein doppeltes „dennoch“ lässt uns die wahren von den falschen Propheten und Wegweisern unterscheiden: In der Außenseiterrolle als kleine Herde dennoch missionarisch zu wirken und als herausforderndes Ärgernis dennoch Orientierung in einer suchenden Welt „vorzuschlagen“, wie es die französischen Bischöfe 1996 trefflich formulierten,[17] das führt unser Sein von „Kirche in der Welt von heute“ auf den uns aufgetragenen Weg zum Heil (vgl. Caritas in Veritate 1), ganz in der Linie der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes des II. Vatikanums.
[1] Joseph Ratzinger: Die neuen Heiden und die Kirche, in: Komma 100, 2012, 108.typo3/#_ftnref2 [2] Joseph Ratzinger: Die neuen Heiden und die Kirche, in: Komma 100, 2012, 109-110. [3] Rainer Kardinal Woelki am 13. Februar 2019 bei einem Gespräch mit Martin Rothweiler, Programmdirektor von EWTN [4] Andre Frossard. [5] Joachim Kardinal Meisner: Ansprache beim Neujahrsempfang des Erzbistums Köln, 31. Dezember 1994. [6] Joseph Ratzinger: Glaube und Zukunft, München, 1970, 124. [7] Joseph Ratzinger: Glaube und Zukunft, München, 1970 S. 122f. [8] John Henry Newman: Predigten, Bd. 6: Pfarr- und Volkspredigten, Stuttgart: Schwabenverlag, 1955, 7-21, hier 9. [9] Wie Anm. 1. [10] Joseph Kardinal Ratzinger: Gottes Antlitz suchen. Betrachtungen im Kirchenjahr, Freising 1978, 46. [11] Joseph Kardinal Ratzinger in einem Interview über den Glauben und die Kirche in der modernen Welt, in: Rheinischer Merkur vom 20. Dezember 1991. [12] John Henry Kardinal Newman: Die Religion des Tages, 24. Predigt: Predigten 1, 347-363. [13] Eberhard Straub: Volkskirche? – Essay, in: Stuttgarter Zeitung vom 21. Februar 1987. [14] Martin Luther King: Kraft zum Lieben – Predigt während des Busstreiks von Montgomery 1955/56. [15] Wie Anm. 12. [16] Wie Anm. 12. [17]„Den Glauben anbieten in der heutigen Gesellschaft“ – Brief an die Katholiken Frankreichs von 1996 (= Stimmen der Weltkirche 37 vom 11. 6.2000, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz).
Missbrauch mit dem Missbrauch
Die „neue Sexualmoral“
Der „Synodale Weg“, den die Deutsche Bischofskonferenz noch unter Kardinal Marx beschlossen hat, sollte die Kirche aus der Missbrauchskrise herausführen. Doch liberale Vertreter nützen ihn für ihre Zwecke und sehen in ihm die „letzte Chance“ für eine Kirchenreform. Sie fordern das Ende des Zölibats, die Priesterweihe für Frauen, eine „neue Sexualmoral“ und Machtkontrolle durch Laien. Mit seinem Buch „Freie Liebe – Über neue Sexualmoral“ (Fontis Verlag)[1] legte der bekannte katholische Publizist und Autor Bernhard Meuser („YOUCAT“) eine scharfe, aber substanzielle Kritik am „Synodalen Weg“ vor. Meuser sieht darin „Missbrauch mit dem Missbrauch“; er nennt den Synodalen Weg „den Versuch einer liberalen Machtübernahme in der deutschen Kirche“ und spricht sogar von einem „bischöflich initiierten und assistierten Skandal“.
Interview mit Bernhard Meuser
Kirche heute:Herr Meuser, Ihr Buch „Freie Liebe – Über neue Sexualmoral“ ist wie eine Bombe eingeschlagen. Sie stellen fest, dass wir uns mitten in einer der größten Glaubenskrisen seit Jahrhunderten befinden. Welchen Anteil hat Ihrer Ansicht nach daran der sexuelle Missbrauch?
Bernhard Meuser: Wir haben eine epochale Gottes- und Glaubenskrise, für deren Lösung es keinen anderen Weg gibt als Neuevangelisierung und Mission. Bevor daran aber zu denken ist, muss der Vorwurf des Missbrauchs und seiner Vertuschung aufgearbeitet sein. Wir alle in der Kirche werden in Sippenhaft genommen für Kinderschänder im Priesteramt. Der Missbrauch – und nichts anderes – ist der Mühlstein um den Hals der Kirche. Er wird die Kirche immer weiter nach unten ziehen, solange sie – vor allen populistischen „Reformen“ – nicht endlich zum Mut findet, das eine präzise Moment der Selbstzerstörung anzuschauen und nachhaltig zu eliminieren. Noch im Jahr 2019 wurden um die 1000 neue (!) Missbrauchsverbrechen nach Rom gemeldet.
Was ist für Sie das „eine präzise Moment der Selbstzerstörung“?
Das sind Männer im Priesteramt, die eine sexuelle Neigung zu halbwüchsigen Jungen haben. Fachleute reden von Ephebophilie („begehrende Knabenliebe“), aber das Wort ist eine Beschönigung. Ich rede lieber von der Vergewaltigung postpubertärer Jungen oder – wie man früher sagte – von Knabenschändung. Wie Männer mit einer solchen Neigung ins Amt kommen, fragt man sich, warum sie gerade Priester werden, wer ihnen dazu verholfen hat, wer sie daraus nicht entfernte, als es passierte und wer sie heute noch deckt und ihre Verbrechen verharmlost. Die Leute wollen wissen, warum sich Dinge, die man sonst nur vom Straßenstrich her kennt, plötzlich in Pfarrhaus und Sakristei abspielen.
Sie berichten, dass Sie dies am eigenen Leib erlebt haben.
Ja, ich habe das am eigenen Leib erlebt. Als ich 15 oder 16 war, brachte mich meine Mutter ins Pfarrhaus, weil ich in einem permanenten Gewaltkonflikt mit meinem leiblichen Vater lebte. Im Pfarrer, dachte ich, hätte ich endlich einen Vater gefunden. Stattdessen ging er mir an die Hose. Ich liebe die Kirche und hätte diese alte, längst verarbeitete Geschichte im Leben nicht mehr ausgepackt, hätte mich nicht die schiere Wut gepackt, als ich sah, wie bestimmte deutsche Bischöfe den Missbrauch aufzuarbeiten begannen.
Ihr Buch raubt einem schier den Atem. Dazu haben Sie einen „Offenen Brief“ an die Bischöfe geschrieben. Haben Sie darauf eine Antwort bekommen?
Es ist ein bisschen wie mit Nikodemus in der Nacht. Es haben sich etliche Bischöfe privat und zum Teil mit unbedingter Zustimmung geäußert. Im Vorfeld hatte mir einer geschrieben: „Wenn Sie Mut haben, veröffentlichen Sie das. Es ist die Wahrheit. Aber rechnen Sie nicht damit, dass Sie jemand öffentlich unterstützt.“ Ein Bischof von der liberalen Fraktion hat die Annahme verweigert und mir meine Zusendung ungeöffnet zurückgeschickt. Er wird seine Gründe gehabt haben.
Was machen Sie den Bischöfen zum Vorwurf?
Ich habe mir genommen, wozu Papst Franziskus aufforderte: mutige Redefreiheit. Den betreffenden Bischöfen habe ich gesagt, warum ich den Synodalen Weg und insbesondere die Inszenierung einer „neuen Sexualmoral“ für ein Ausweichmanöver halte, mit dem man die erste und schlimmste Ursache für das beispiellose Abschmieren unserer Kirche zu verstecken sucht. Ich teilte ihnen mit, dass ich das für „Mauschelei“ halte und für die Fortsetzung der Vertuschung mit anderen Mitteln. Was tun nämlich die Strategen des Synodalen Weges? Statt sich der Tatsache zu stellen, dass die Lebensformen „Priester“ oder „Kloster“ vielerorts zu Hohlformen wurden, in denen Männer mit einer problematischen Disposition eine soziale Rolle fanden, dürfen einschlägig bekannte Professoren seltsame Narrative erfinden. Am Klerikalismus soll es liegen, dass Priester zu Missbrauchstätern werden. Oder an der strukturellen Homophobie der katholischen Kirche.
Was Sie so empört, ist also die Instrumentalisierung des Missbrauchs.
Ja, und diese Instrumentalisierung des Missbrauchs zu strategischen Zwecken halte ich für eines der traurigsten Kapitel katholischer Selbstzerstörung. Wer immer Ohren hat, der höre auf die Zwischentöne jener Kleriker, die – mit sich und der gewählten Lebensform zerfallen – längst zu neuen Ufern unterwegs sind, und auf die Zwischentöne jener theologischen Laien, die für ihr jahrzehntealtes Ressentiment gegen den Typus „Priester“ endlich die offene Flanke gefunden haben. Ah, jetzt ist Gelegenheit, ihn unmöglich zu machen, ihn endgültig aus dem Spiel zu nehmen! Diese Sorte Laien – oft sind es Funktionäre, die auch von „meiner“ Kirchensteuer bezahlt werden – träumen von einer priesterfreien Kirche. Mit sich als der Lösung. Der Diskurs um „Klerikalismus“ und „Macht in der Kirche“ hat genau diesen Hintergrund.
Warum beteiligen sich Ihrer Meinung nach Bischöfe an diesen merkwürdigen Vertuschungsszenarien?
Ich vermute mal: Auf der Großbaustelle „Synodaler Weg“ soll das Hässliche hinter der Fassade einer anderen Kirche und vor allem einer „neuen Sexualmoral“ verschwinden. Alle sollten über alles reden dürfen beim Neubau der Traumkirche, damit über das Eine, Reale, nicht mehr gesprochen wird: dass es im Herzen der Kirche Amtsträger gibt, denen möglicherweise nichts fehlt, außer einer wirklichen Berufung.
Aber sollte man nicht auch bedenken, dass die Gesamtgesellschaft – Sportvereine, Schulen, Musikgruppen und viele andere Institutionen – ein noch größeres Missbrauchsproblem als die Kirchen hat?
Ja, die Kirchen liegen grundsätzlich auf einem niedrigeren Level. Es gibt genauso viel Missbrauch in der evangelischen wie in der katholischen Kirche. Aber während sich in der evangelischen Kirche Missbrauch normalerweise auf Frauen und Mädchen bezieht, sind es in der katholischen die halbwüchsigen Jungen, die gefährdet sind.
Und woher kommt das?
Ich weiß es es nicht. Man muss es genau untersuchen. Es könnte zu tun haben mit mangelnder Berufung, vielleicht mit einer weggedrückten Homosexualität, die dann in einer Bandbreite von heimlichen Beziehungen über Unzucht bis Knabenschändung doch ausgelebt wird. Wie auch immer. Die Doppelmoral ist jedenfalls nicht mehr hinnehmbar. Die Zustände sind ja lange bekannt. Aber es ist wie mit dem „weißen Elefanten“. Alle wissen, dass es ihn gibt. Aber keiner will ihn gesehen haben. Da muss schon ein schwuler Aktivist wie Frédéric Martel daherkommen, der in seinem fürchterlichen Sodom-Buch die „fifty shades of gay“ beschreibt, die sich vom Priesterseminar bis ins Kardinalskollegium im Amt breitgemacht haben. Leider ist da etwas dran. Jetzt darf man aber bitte um Gottes Willen nicht jeden Priester oder Bischof, der gleichgeschlechtliche Neigungen hat, des Missbrauchs verdächtigen. Ich gehe davon aus, dass sie genauso keusch leben wie ihre Mitbrüder. Es geht aber eben um Ephebophilie. Sie wird nicht angeschaut bis heute. Da liegen die Leichen im Keller.
Und Sie vermissen ein konsequentes Vorgehen?
Sie sehen ja, was passiert. Die Medien jagen die katholische Kirche wie ein weidwundes Tier. Eine Leiche nach der anderen wird nach oben gespült. Der nächste zerknirschte Oberhirte! Die Bischöfe zerfleischen sich gegenseitig. Im gleichen Moment, in dem die kirchlichen Verantwortungsträger noch nicht einmal imstande sind, ihre eigenen Sexkatastrophen unideologisch aufzuklären, wird schon wieder breitbrüstig von einer „neuen Sexualmoral“ geschwafelt – und was das Tollste ist: Dort geht es nicht etwa darum, wie man Missbrauch verhindern kann. Denn das ist ja – denken Sie einmal an #MeToo – eines der zentralen Probleme in der Gesamtgesellschaft. Jede dritte Frau erzählt Ihnen, dass sie schon einmal belästigt oder zum Sex genötigt wurde. Nein – die Kirche kennt kein dringenderes Problem als die moraltheologische „Entsündigung“ von Homosexualität…
Und, wie Sie betonen, geschieht dies auf dem Hintergrund ephebophil-homosexueller Übergriffe in der Kirche.
Ja, man fasst es nicht. Auf dem Synodalen Weg wird gerade an einer „neuen Sexualmoral“ gestrickt, in der mit größter Wertschätzung die „positive(n) Sinnwerte“ gleichgeschlechtlicher Handlungen hervorgehoben werden. Das finde ich aus biografischen und anderen Gründen zum Fremdschämen. Statt im eigenen Haus aufzuräumen, ist diese Kirche schon wieder dabei, der „Welt“ Lehren zu erteilen. Bevor ihr die Leute ganz die Lizenz entziehen, lizenziert sie großherzig, was ihr nicht gehört: den Sex der Anderen.
Schämen Sie sich angesichts dieser Bemühungen um eine „neue Sexualmoral“, zur katholischen Kirche zu gehören?
So ist es. Und es ist falsch! Ich habe niemand missbraucht. Sie – wie 99,9% aller Priester – haben niemand missbraucht. Das ganze Gottesvolk aber wird gerade in den Dreck gezogen und öffentlicher Abscheu preisgegeben. Und warum? Weil es genau zwei Gruppen von Leuten gibt, die Schande über die Kirche gebracht und ihr unermesslichen Schaden zugefügt haben: 1. die Täter, 2. ihre Kumpane und Förderer. Sie und ich und die vielen in der katholischen Kirche, wir haben vielleicht andere Sünden. Aber wir sollten uns weigern, Buße zu tun für die Sünden anderer. Ich ertrage es auch nicht länger, dass man ihretwegen vor mir ausspuckt. Und ich weigere mich dreimal, Buße zu tun in Form eines Synodalen Weges.
Sie sind also nicht bereit, sich an diesem Weg zu beteiligen?
Natürlich nicht. Ich leiste, soweit es in meinen Kräften steht, Widerstand. Durch das ZdK fühle ich mich nicht vertreten. Ich habe diese Leute nicht gewählt. Ich teile ihre Forderungen nicht. Niemand hat sie ermächtigt, Beschlüsse gegen die Lehre der Kirche zu fassen. Ich werde ihre Ergebnisse nicht anerkennen und warte nur auf den Moment, an dem die ersten Teilnehmer – Bischöfe voran – diese unsägliche Veranstaltung verlassen und ihr damit auch noch den letzten Anschein von Legitimität entziehen.
Aber kommen wir noch einmal zu Ihrem Buch „Freie Liebe“, in dem Sie die „neue Sexualmoral“ en Detail auseinandernehmen. Was ist ihr Hauptvorwurf?
Nach Ausweis der Heiligen Schrift und der gesamten christlichen Lehrtradition hat „Sexualität ihren einzigen legitimen Ort in der Ehe“. Schrift und Kirche bestanden auf der unbedingten Verknüpfung von Sexualität und Liebe, genannt „Ehe“, in der allein Mann und Frau – indem sie „ein Fleisch“ werden – zu sich und zum anderen kommen. Genau dieses Prinzip möchte der Synodale Weg aufbrechen. Von „Self Sex“ (so nennen sie dort Masturbation) über gleichgeschlechtlichen Sex, vor- und außerehelichen Sex soll vieles möglich sein. Wo früher „Sünde“ stand, taucht jetzt das Wort „Wertschätzung“ auf. Und sie statuieren: „Die Ehe ist nicht der einzige legitime Ort für Sexualität.“
Glauben Sie, dass katholische Bischöfe diesen Vorstoß tatsächlich gutheißen und fördern?
Ich kann nur hoffen, dass sie nicht erst vom Vatikan zurückgepfiffen werden müssen. Ich hoffe, dass die Logik siegt. Denn entweder ist wahr: „Sexualität hat ihren einzigen legitimen Ort in der Ehe“ – oder es ist wahr, was alle Welt für richtig hält und was nun auch in der Kirche für richtig gehalten werden soll: „Die Ehe ist nicht der einzige legitime Ort für Sexualität.“
Was raten Sie einfachen Gläubigen in diesem dramatischen Moment in der Geschichte der Kirche?
Beten Sie – und glauben Sie nur das, was im Katechismus steht.
Herr Meuser, wir danken Ihnen aufrichtig für das engagierte Gespräch und wünschen Ihnen für Ihr künftiges Apostolat viel Kraft und Gottes Segen.
[1] Bernhard Meuser: Freie Liebe – Über neue Sexualmoral, Klappenbroschur, 432 S., ISBN 978-3-03848-203-1, Euro 20,00; Bestell-Hotline: +49 2351 9693-0; Fax: +49 2351 9693-45; E-Mail: fontis@fontis-media.de
Unsere Welt braucht Väter
Jahr des hl. Josef
Mit dem Dekret „Quemadmodum Deus“ vom 8. Dezember 1870 hatte der selige Papst Pius IX. den hl. Josef zum Schutzpatron der gesamten katholischen Kirche erklärt. Um das 150-jährige Jubiläum dieser Proklamation zu feiern, rief Papst Franziskus nun ein „Jahr des hl. Josef“ aus, das vom 8. Dezember 2020 bis zum 8. Dezember 2021 begangen wird. Dazu veröffentlichte er das Apostolische Schreiben „Patris Corde“ – „Mit väterlichem Herzen“.
Von Anian Christoph Wimmer, CNA Deutsch
Mit einem Apostolischen Schreiben hat Papst Franziskus am 8. Dezember 2020, dem Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria, ein „Jahr des hl. Josef“ ausgerufen. Damit ist auch eine Reihe von Ablässen verbunden. Anlässlich des 150. Jahrestags der Erhebung des hl. Josef zum Patron der katholischen Kirche feiert die Weltkirche damit einen ihrer wichtigsten Patrone. Bis zum 8. Dezember 2021 wird die katholische Kirche in besonderer Weise auf den stillen Beschützer und Ziehvater Jesu als ihr Vorbild blicken, auf den Patron der Väter und Arbeiter, auf den Ehemann Marias.
Josef habe Maria „ohne irgendwelche Vorbedingungen“ angenommen, wie der Papst in seinem Schreiben „Patris Corde“ erklärt. Er sei auch heute Vorbild für christliche Männer „in dieser Welt, in der die psychische, verbale und physische Gewalt gegenüber der Frau offenkundig ist“.
Vorbild in der Pandemie
Natürlich war Josef den Christen schon immer ein geliebtes Vorbild für ehrliche Arbeit. Auch heute lehrt er uns, dass Arbeit und Würde immer zusammengehören, so betont der Pontifex. Der hl. Josef sei daher ein Aufruf, „den Wert, die Bedeutung und die Notwendigkeit der Arbeit wieder neu zu entdecken“.
Papst Pius IX. hatte am 8. Dezember 1870 im Dekret „Quemadmodum Deus“ den hl. Josef zum Patron der Universalkirche proklamiert. Papst Franziskus bezeichnet den Heiligen nun als „einen Vater im Schatten“ und zitiert den Roman „Der Schatten des Vaters“, den der polnische Autor Jan Dobraczyński 1977 veröffentlicht hat. Er weist darauf hin, dass Dobraczyński, der 1993 von Yad Vashem zum Gerechten unter den Völkern erklärt wurde, weil er im Zweiten Weltkrieg jüdische Kinder in Warschau geschützt hatte, „mit dem eindrucksvollen Bild des Schattens die Gestalt Josefs umreißt“. „In Bezug auf Jesus ist er der irdische Schatten des himmlischen Vaters. Er behütet und beschützt ihn, er weicht nicht von ihm und folgt seinen Schritten“, schreibt der Papst.
Nach Franziskus benötige die heutige Welt Beispiele wahrer Vaterschaft: „Die Welt braucht Väter, Despoten aber lehnt sie ab, also diejenigen, die besitzergreifend sind, um ihre eigene Leere zu füllen.“
Gerade in der Coronavirus-Pandemie sei der hl. Josef ein Vorbild, dieser Helfer im Verborgenen, der nicht im Rampenlicht steht, sondern in aller Stille seine Arbeit möglichst gut erledigt, wie so viele der „stummen Helden“ der Pandemie: die Schwestern, Pfleger und Ärzte, Eltern und Angehörigen, Polizisten und alle, die Hoffnung verleihen und Geduld beweisen. „Alle können im hl. Josef, diesem unauffälligen Mann, diesem Menschen der täglichen, diskreten und verborgenen Gegenwart, einen Fürsprecher, Helfer und Führer in schwierigen Zeiten finden“, so der Papst. Sie alle stünden nicht in der zweiten Reihe, sondern spielten wie der hl. Josef „eine unvergleichliche Hauptrolle in der Heilsgeschichte“.
Und wie der hl. Paul VI. festgestellt habe, drücke sich die Vaterschaft des hl. Josef konkret darin aus, „dass er seine menschliche Berufung zur familiären Liebe in die übermenschliche Darbringung seiner selbst, seines Herzens und aller Fähigkeiten verwandelt hat, in die Liebe, die er in den Dienst des seinem Haus entsprossenen Messias gestellt hat“.
Gebet des Papstes
Im Jahr des hl. Josef soll die Kirche diesem Heiligen neue Aufmerksamkeit schenken und sich an seinem Vorbild ausrichten. Im Apostolischen Schreiben bezeugt Papst Franziskus, dass die Initiative auch in seiner persönlichen Verehrung des hl. Josef wurzelt. So schreibt er in einer Anmerkung:
„Seit mehr als vierzig Jahren bete ich jeden Tag nach den Laudes ein Gebet zum heiligen Josef, das einem französischen Andachtsbuch der Kongregation der Barmherzigen Schwestern von Jesus und Maria aus dem 19. Jahrhundert entnommen ist. Dieses Gebet bringt dem hl. Josef Verehrung und Vertrauen entgegen, fordert ihn aber auch ein wenig heraus:
Heiliger Josef, glorreicher Patriarch, der du das Unmögliche möglich machen kannst, komm mir in meiner Not und Bedrängnis zu Hilfe. Gewähre in den ernsten und schwierigen Anliegen, die ich dir anvertraue, deinen Schutz, sodass alles ein glückliches Ende nimmt. Mein geliebter Vater, ich setze mein ganzes Vertrauen in dich. Niemand soll sagen können, er habe dich vergeblich angerufen, und da du bei Jesus und Maria alles erwirken kannst, lass mich erfahren, dass deine Güte ebenso groß ist wie deine Macht. Amen.“
Der hl. Josef als Vorbild für den zölibatären Priester
Wahre väterliche Liebe
In seinem neuen Dokument über den hl. Josef stellt Papst Franziskus die Selbsthingabe väterlicher Liebe auch als Leitbild für den zölibatären Priester heraus. Angesichts des Missbrauchsskandals ist der Aufruf zu einer „keuschen“ und „nicht besitzergreifenden“ Liebe höchst aktuell.
Von Papst Franziskus
In seinem Buch „Der Schatten des Vaters“ erzählte der polnische Schriftsteller Jan Dobraczyński in Romanform das Leben des heiligen Josef (Originalausgabe: Cień Ojca, Warschau 1977). Mit dem eindrucksvollen Bild des Schattens umreißt er die Gestalt Josefs, der in Bezug auf Jesus der irdische Schatten des himmlischen Vaters ist. Er behütet und beschützt ihn, er weicht nicht von ihm und folgt seinen Schritten. Denken wir an das, was Mose dem Volk Israel in Erinnerung ruft: „In der Wüste […] hat der Herr, dein Gott, dich auf dem ganzen Weg […] getragen, wie ein Mann sein Kind trägt“ (Dtn 1,31). So hat Josef sein ganzes Leben lang die Vaterschaft ausgeübt (vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Redemptoris custos, 7-8).
Als Vater wird man nicht geboren, Vater wird man. Und man wird zum Vater nicht einfach dadurch, dass man ein Kind in die Welt setzt, sondern dadurch, dass man sich verantwortungsvoll um es kümmert. Jedes Mal, wenn jemand die Verantwortung für das Leben eines anderen übernimmt, übt er ihm gegenüber in einem gewissem Sinne Vaterschaft aus.
In der Gesellschaft unserer Zeit scheinen die Kinder oft vaterlos zu sein. Auch die Kirche von heute braucht Väter. Die Mahnung, die der hl. Paulus an die Korinther richtet, bleibt immer aktuell: „Hättet ihr nämlich auch unzählige Erzieher in Christus, so doch nicht viele Väter“ (1 Kor 4,15); und jeder Priester oder Bischof sollte wie der Apostel hinzufügen können: „In Christus Jesus habe ich euch durch das Evangelium gezeugt“ (ebd.). Und zu den Galatern sagt Paulus: „Meine Kinder, für die ich von neuem Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt annimmt“ (4,19).
Vater zu sein bedeutet, das Kind an die Erfahrung des Lebens, an die Wirklichkeit heranzuführen. Nicht, um es festzuhalten, nicht, um es einzusperren, nicht, um es zu besitzen, sondern um es zu Entscheidungen, zur Freiheit, zum Aufbruch zu befähigen. Vielleicht aus diesem Grund spricht die Tradition Josef nicht nur als Vater an, sondern fügt hier noch das Wort „keusch“ hinzu. Dies ist nicht eine rein affektive Angabe, sondern drückt eine Haltung aus, die man als das Gegenteil von „besitzergreifend“ bezeichnen könnte. Keuschheit ist die Freiheit von Besitz in allen Lebensbereichen. Nur wenn eine Liebe keusch ist, ist sie wirklich Liebe. Die Liebe, die besitzen will, wird am Ende immer gefährlich, sie nimmt gefangen, erstickt und macht unglücklich. Gott selbst hat den Menschen mit keuscher Liebe geliebt und ihm die Freiheit gelassen, Fehler zu machen und sich gegen ihn zu stellen. Die Logik der Liebe ist immer eine Logik der Freiheit, und Josef war in der Lage, in außerordentlicher Freiheit zu lieben. Er hat sich nie selbst in den Mittelpunkt gestellt. Er verstand es, zur Seite zu treten und Maria und Jesus zur Mitte seines Lebens zu machen.
Josefs Glück gründet sich nicht auf die Logik der Selbstaufopferung, sondern der Selbsthingabe. Man nimmt bei diesem Mann nie Frustration wahr, sondern nur Vertrauen. Sein beharrliches Schweigen ist nicht Ausdruck der Klage, sondern immer konkreten Vertrauens.
Die Welt braucht Väter, Despoten aber lehnt sie ab, also diejenigen, die besitzergreifend sind, um ihre eigene Leere zu füllen; sie lehnt die ab, die Autorität mit Autoritarismus verwechseln, Dienst mit Unterwürfigkeit, Auseinandersetzung mit Unterdrückung, Nächstenliebe mit übertriebener Fürsorge, Stärke mit Zerstörung. Jede wahre Berufung kommt aus der Selbsthingabe, die die reifere Form des bloßen Opfers ist. Auch im Priestertum und im geweihten Leben ist diese Art von Reife erforderlich. Dort, wo eine eheliche, zölibatäre oder jungfräuliche Berufung nicht die Reife der Selbsthingabe erreicht und allein bei der Logik des Opfers stehen bleibt, wird sie kaum zu einem Zeichen für die Schönheit und die Freude der Liebe werden, sondern womöglich den Eindruck von Unglück, Traurigkeit und Frustration erwecken.
Eine Vaterschaft, die der Versuchung widersteht, das Leben der Kinder zu leben, eröffnet immer neue Räume. Jedes Kind trägt ein Geheimnis in sich, etwas noch nie Dagewesenes, das nur mit Hilfe eines Vaters zur Entfaltung gebracht werden kann, der seine Freiheit respektiert; eines Vaters, der sich bewusst ist, dass sein erzieherisches Handeln erst dann zum Ziel kommt und dass er erst dann sein Vatersein ganz lebt, wenn er sich „nutzlos“ gemacht hat, wenn er sieht, dass das Kind selbständig wird und allein auf den Pfaden des Lebens geht, wenn er sich in die Situation Josefs versetzt, der immer gewusst hat, dass das Kind nicht seines war, sondern einfach seiner Obhut anvertraut worden war. Im Grunde ist es das, was Jesus zu verstehen gibt, wenn er sagt: „Auch sollt ihr niemanden auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel“ (Mt 23,9).
Unter allen Umständen müssen wir bei der Ausübung von Vaterschaft immer darauf achten, dass sie nie besitzergreifend ist, sondern zeichenhaft auf eine höhere Vaterschaft verweist. In gewisser Weise sind wir alle immer in Josefs Lage: Wir sind „Schatten“ des einen Vaters im Himmel, der seine Sonne aufgehen lässt über Bösen und Guten und regnen lässt über Gerechte und Ungerechte (vgl. Mt 5,45); und wir sind „Schatten“ in der Nachfolge des Sohnes.
In der Auseinandersetzung mit dem philosophischen Ansatz von Immanuel Kant zeigt Pater Engelbert Recktenwald FSSP (geb. 1960) das christliche Verständnis von Moral auf. Kant und Christentum stimmen darin überein, dass der Mensch nie am Sittengesetz vorbei zu seiner eigentlichen Bestimmung gelangen kann. Er ist seinem Wesen nach zur Heiligkeit berufen, die den höchsten moralischen Wert darstellt. Die Sünde, die dem Weg der Heiligkeit entgegensteht, kann den Menschen nie zur wahren Verwirklichung seiner Person führen, sondern lenkt ihn immer von dem ab, was ihn im letzten glücklich macht. Doch ist die christliche Moral nicht ein abstraktes Wertesystem, sondern Gott selbst. Moralisches Handeln, so führt P. Recktenwald aus, ist im Licht des Evangeliums nichts anderes als das Eintreten in den Austausch der Liebe mit Gott. Er, der „Liebe schenkt und Liebe fordert“, ist „Quelle der sittlichen Forderung nach Heiligkeit und Quelle der Güte, die uns beseligt“.
Von Engelbert Recktenwald FSSP
Steht die Moral der Selbstverwirklichung im Weg?
In vielen Zusammenhängen erfahren wir die Moral als eine Verbotsgrenze, als eine Einschränkung unserer Möglichkeiten. In der Wirtschaft etwa gebietet sie einem hemmungslosen Konkurrenzkampf, in Fragen der Karriere einem rücksichtslosen Erfolgsstreben Einhalt. Oder wir erleben sie als eine Spaßbremse. „Moral ist, wenn man so lebt, dass es gar keinen Spaß macht, so zu leben“, meint Edith Piaf.
Oder sie wird als ein Instrument der Repression hingestellt: „Moral ist weiter nichts als die Haltung, die wir Leuten gegenüber einnehmen, gegen die wir eine persönliche Abneigung haben“, meint Oscar Wilde in einem seiner vielen Aphorismen, die natürlich cum grano salis zu nehmen sind. Neben diesen mehr oder weniger saloppen Formen der Moralkritik, die eher auf den Missbrauch der Moral oder auf ihre Fehlformen zielen als auf die Moral selbst, gibt es in der Philosophie ernsthafte Formen ihrer Infragestellung. Seit Bernard Williams wird unter Philosophen diskutiert, was er „das Problem Gauguins“ nennt. In Anlehnung an die Biografie Paul Gauguins schildert Williams den Fall eines Malers, der seine Familie im Stich lässt, um in die Südsee auszuwandern und dort seiner künstlerischen Berufung zu folgen. Ohne diesen Verrat an seinen moralischen Pflichten wäre er nicht der große Künstler geworden, der er war, und wäre die Welt um große Kunstwerke ärmer geblieben. Williams nimmt dies als Beleg für seine These, dass es Fälle geben kann, in denen die Ansprüche der Moral zurückgewiesen werden dürfen. Der Rechtsgrund dieser Zurückweisung liegt in dem Umstand, dass der Einschränkungscharakter der Moral in diesem Fall so weit geht, dass sie sogar unserer eigentlichen Bestimmung im Wege steht. Selbstverwirklichung und Moral stehen miteinander im Konflikt.
Die Moral selbst als tiefste Bestimmung des Menschen
Dieses Problem wird auch aufgeworfen in der berühmten Entgegensetzung von Pflicht und Neigung, die die kantische Ethik charakterisiert. Immanuel Kant löst die Spannung natürlich zugunsten der Moral: Dem Kategorischen Imperativ ist ohne Wenn und Aber zu folgen, ohne Rücksicht auf die eigenen Neigungen und Interessen. Ich habe moralisch zu sein selbst auf Kosten dessen, was ich für meine Bestimmung halte.
Aber dieser Schein trügt. In Wirklichkeit löst Kant das Problem auf einer tieferen Ebene: Er sieht die Moral nicht in Konkurrenz zur menschlichen Bestimmung, sondern im Gegenteil: Sie selber ist die tiefste und eigentlichste Bestimmung des Menschen. Sie ist nicht eine lästige Grenze, sondern Ziel und Sinngrund der menschlichen Existenz. Wir finden bei ihm schöne Formulierungen, die das treffend ausdrücken. So spricht er z.B. vom „Gefühl der Erhabenheit seiner [des Menschen] moralischen Bestimmung“ (Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, B 59). Der Mensch hat also eine moralische Bestimmung, und diese Bestimmung ist erhaben. Die eigene Bestimmung woanders zu suchen, ist nur jenem möglich, der das Gefühl für diese Erhabenheit verloren hat. Wenn also Gauguin seine Bestimmung auf unmoralischen Wegen sucht, dann liegt der Fehler nicht bei der Moral, sondern bei Gauguin. Er irrt sich über seine Bestimmung.
Nach Kant reißt uns das Erhabene mehr hin als alles Schöne (RGV B 12, Anmerkung). Wir brauchen uns also um mangelnde Motivationskraft des Moralischen keine Gedanken zu machen. Das Gefühl der Erhabenheit befähigt uns, dem moralischen Gesetz in allen Entscheidungen den Vorrang zu geben, in kantischer Formulierung: ihm in unserer Maxime „das Übergewicht über alle anderen Bestimmungsgründe der Willkür einzuräumen“ (RGV B 45).
Deshalb sollen wir es kultivieren: „Dieses Gefühl der Erhabenheit seiner moralischen Bestimmung öfter rege zu machen, ist als Mittel der Erweckung sittlicher Gesinnungen vorzüglich anzupreisen, weil es dem angebornen Hange zur Verkehrung der Triebfedern in den Maximen unserer Willkür gerade entgegen wirkt, um in der unbedingten Achtung fürs Gesetz, als der höchsten Bedingung aller zu nehmenden Maximen, die ursprüngliche sittliche Ordnung unter den Triebfedern und hiemit die Anlage zum Guten im menschlichen Herzen in ihrer Reinigkeit wieder herzustellen“ (RGV B 59).
Kant spricht von der „Majestät“ des Sittengesetzes. Es „flößt Ehrfurcht ein“. Ehrfurcht ist nach ihm die „Achtung des Untergebenen gegen seinen Gebieter“. Im Fall des Sittengesetzes liegt aber der Gebieter in uns selbst. Und deshalb nimmt diese Ehrfurcht gegenüber der Majestät des Gesetzes die Form des Gefühls des Erhabenen unserer eigenen Bestimmung an. Insofern schulden wir es uns selbst, moralisch zu sein. Ein Verrat an der Moral ist ein Verrat an uns selbst.
Der höchste moralische Wert ist die Heiligkeit
In der Kritik der praktischen Vernunft finden wir denselben Sachverhalt ausgedrückt. Es ist das moralische Gesetz, das „uns die Erhabenheit unserer eigenen übersinnlichen Existenz spüren“ lässt (A 158). Im Vergleich zum moralischen Gesetz hat das Leben „mit aller seiner Annehmlichkeit, gar keinen Wert“. Die Moral ist also nicht um des Lebens willen da, sondern das Leben um der Moral willen. Wir leben, um höchste Moralität zu verwirklichen, oder christlich ausgedrückt: um heilig zu werden.
Für Kant ist es also a priori ausgeschlossen, dass die Moral jemals in die Rolle dessen geraten könnte, was den Menschen an seiner Bestimmung hindert, da sie selber gerade dasjenige ist, was diese Bestimmung definiert. Er denkt also sehr hoch über den moralischen Wert. Das hat er mit dem Christentum gemeinsam, und dadurch unterscheidet sich seine Idee der Moral wohltuend von jenen kümmerlichen Anschauungen, die aus der Moral eine platte Kosten- Nutzen-Berechnung im Hinblick auf das individuelle oder soziale Glück machen. In christlicher Sprache kann man die Einsicht Kants so ausdrücken: Die höchste Bestimmung des Menschen besteht in der Heiligkeit. Die Heiligkeit ist der höchste Wert, der alle anderen Werte, Vorzüge und Begabungen, die ein Mensch haben kann, wie Intelligenz, Genialität, Kunstsinn, Stärke oder Schönheit, überragt. Sie ist jene Gutheit des Willens, von der Kant in seinem berühmten Anfang zur Grundlegung zur Metaphysik der Sitten ausführt, dass sie allein dem Willen einen inneren unbedingten Wert verleiht, so dass allein ein guter Wille schlechthin und ohne jede Einschränkung für gut gehalten werden kann.
Das moralische Gesetz hat den Vorrang vor den Neigungen
Der höchste Wert ist also der moralische Wert, der Wert der moralischen Gutheit. Er ist das, was im biblischen Sprachgebrauch den Gerechten auszeichnet, der im Gegensatz zum Sünder steht. Es ist unmöglich, dass ein Mensch jemals eine Bestimmung haben könnte, die er nur auf Kosten seiner moralischen Integrität verwirklichen kann. Dass es individuelle Berufungen gibt, die in der Entfaltung der jeweiligen persönlichen Talente und Fähigkeiten bestehen, ist nicht ausgeschlossen. Aber sie bleiben stets der Berufung zur Heiligkeit untergeordnet. Das größte Genie bleibt an Würde hinter dem gewöhnlichsten Menschen zurück, wenn es ihm an Gerechtigkeit fehlt. In diesem Sinne sagt Kant, dass, wenn er sich auch vor einem Vornehmen – im Sinne eines sozial Höhergestellten – verneigt, sein Geist sich nicht vor ihm bückt. Aber „vor einem niedrigen, bürgerlich-gemeinen Mann, an dem ich eine Rechtschaffenheit des Charakters wahrnehme, die größer ist als meine, bückt sich mein Geist, ich mag wollen oder nicht“ (KpV A 136). Der katholische Pädagoge Heinrich Bone drückt dasselbe so aus: „Ohne Sittlichkeit hört die menschliche Würde auf.“
Das Sittengesetz ist also nach Kant das Einzige, was von uns unbedingte Achtung erheischt. Es ist ein unfehlbarer Indikator unserer Bestimmung. Die Neigungen sind dagegen nur unzuverlässige Wegweiser. Sie können uns in die Irre führen und uns eine Bestimmung vorgaukeln, die in Wirklichkeit ein Irrweg ist. Dem moralischen Gesetz dagegen zu folgen ist nie verkehrt. Es hat in allen Konfliktfällen den Vorrang vor den Neigungen; wertethisch ausgedrückt: Der moralische Wert muss allen anderen Werten vorgezogen werden.
In der Anerkennung der Vorrangstellung der Moral stimmen also Kant und die christliche Ethik (zumindest in ihrer katholischen Form) überein. Die Moral bedeutet keine Einengung des Menschen, sondern die Freisetzung jener Fähigkeit, die seine ganze Würde ausmacht: die Fähigkeit zur Heiligkeit. Das moralische Gesetz lässt uns nach Kant, wie schon erwähnt, „die Erhabenheit unserer eigenen übersinnlichen Existenz spüren“. Die übersinnliche Existenz ist der sinnlichen entgegengesetzt, in der wir uns durch unsere Neigungen bestimmen lassen und somit der Heteronomie, der Fremdbestimmung durch die Gegenstände jener Neigungen verfallen. Diesem Gegensatz zwischen Autonomie aufgrund des Sittengesetzes und Heteronomie aufgrund der Neigungen entspricht in etwa der Streit zwischen Geist und Fleisch, den der hl. Paulus im Römer- und Galaterbrief thematisiert.
Der wesentliche Unterschied zwischen Kant und Christentum
Kant hat also eine sehr hohe Vorstellung von der Bestimmung des Menschen. Deren Erhabenheit gründet in der Heiligkeit des Sittengesetzes. Der wesentliche Unterschied zum Christentum besteht darin, dass Kant bei der Heiligkeit des Sittengesetzes stehen bleibt und sie ihrerseits nicht wiederum verankert in der Heiligkeit Gottes. In der christlichen Ethik dagegen gilt als Grundsatz das Wort Gottes: „Seid heilig, weil auch ich heilig bin“ (1 Petr 1,16; Lev 11,45).
Dieser Unterschied hat große Konsequenzen. Er wird virulent in dem Augenblick, in dem die Befolgung des Sittengesetzes uns zu Opfern eines Unrechts macht, das unseren Lebensentwurf zum Scheitern bringt oder uns gar das Leben kostet. Was hat der Dissident davon, dass er sich seine moralische Integrität bewahrt (etwa indem er sich der Komplizenschaft mit einem totalitären Unrechtsstaat verweigert), wenn er dafür Gefängnis, Qual und Tod in Kauf nehmen muss? Kant hat Recht, wenn er diese Frage für unbefugt hält, insofern sie die Geltung des moralischen Imperativs in Frage stellen will. Dieser Imperativ gilt kategorisch. Ihm ist zu folgen ohne Rücksicht auf Verluste. Aber die Frage ist: Welche Konsequenzen hat es für den Begriff der Moral selber, wenn sie diese Verluste nicht aufwiegen kann?
Diese Frage stellt sich beim Christentum nicht, weil es in der Person Gottes ein Sittengesetz kennt, das alles aufwiegen und für vollendete Gerechtigkeit sorgen wird. Der christliche Märtyrer, der, wie z.B. Franz Jägerstätter, lieber den Tod wählt als am Unrecht mitzuwirken, weiß sich getragen von einem liebenden Gott, der diesen Tod in einen Triumph verwandelt. Dieser Gott ist keine anonyme Macht, dem unser Schicksal gleichgültig ist. Vor solchem Verdikt kann ein Sittengesetz, das in kantischer Manier von Gott getrennt wird, nicht bewahrt werden, auch wenn wir uns den treffenden Worten anschließen, mit denen Kant die Erhabenheit des Sittengesetzes schildert: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“ (KpV, Beschluss).
Trotz aller Bewunderung, die das Sittengesetz verdient: Es bleibt sowohl meiner Bewunderung als auch meiner Klage gegenüber taub und gleichgültig. Ich habe es nicht mit einer lebendigen Person zu tun, der etwas an mir liegt. Auch dass das Sittengesetz ein Faktum meiner Vernunft, dass es der Garant meiner Autonomie und Würde ist, ändert nichts an meinem Schicksal, dass ich im gesetzten Fall das machtlose Opfer von Unrecht bin. In diesem Fall gereicht mir das Sittengesetz zum Unheil: Indem ich seinem Imperativ folge, treibt es mich in den Untergang. Es nimmt auf mein Schicksal keine Rücksicht, kann mich nicht retten und lässt mich in meinem Elend allein. Kann so etwas meine Bestimmung sein? Dass Philosophen dies zum Anlass nehmen, gegen die Zumutungen der Moral zu protestieren, geschieht mitunter gerade aus einem inneren Gerechtigkeitsempfinden heraus, das es nicht erträgt, dass der Gute auf Dauer der Dumme, ja noch schlimmer: der durch das Moralgesetz Geschädigte sein soll. In dieser Optik gerät das Sittengesetz angesichts des realen Weltverlaufs in Widerspruch zu sich selbst: Es verlangt vom Einzelnen Gerechtigkeit, macht ihn aber zum Opfer der Ungerechtigkeit. Es schenkt ihm zwar die Würde des Gutseins, es erhebt seinen Wert „unendlich“, wie Kant sagt (KpV, Beschluss), lässt ihn aber mitsamt seinem Wert unter die Räder kommen.
Gott als nachträglicher Wiederhersteller der gerechten Ordnung?
Die in aller Schärfe formulierte Frage lautet also: Ist Moral schädlich? Ist mit der Heiligkeit des Sittengesetzes der Gedanke vereinbar, dass der Mensch, aufs Ganze gesehen, ein „loser by his integrity“ (David Hume) werden kann? Kann die moralische Bestimmung in einem Schicksal bestehen, das zum Scheitern verurteilt ist und das mit dem Tod des Gerechten auch dessen moralischen Wert, also gerade das, was seinem Leben Sinn verleihen soll, zum Verschwinden bringt? Kann der Sinn des Lebens in solcher Sinnlosigkeit bestehen? Wenn dies das letzte Wort wäre, dann wäre das der Verrat der Moral an sich selbst.
Es geht also bei diesem Problem nicht darum, den kategorischen Charakter des moralischen Imperativs eudämonistisch aufzuweichen, sondern ihn vom Vorwurf der Sinnlosigkeit und dem Makel innerer Widersprüchlichkeit zu befreien.
Gott als nachträglichen Wiederhersteller der gerechten Ordnung und der Übereinstimmung von Wohlverhalten und Wohlergehen bloß zu postulieren, wie Kant es tut, ist eine Scheinlösung, die zu spät kommt, um das Sittengesetz von jenem Makel zu befreien. Es steht der Charakter der Erfahrung eines unbedingten Sollens als solchem auf dem Spiel. Darf ich dieser Erfahrung trauen? Der Protest und das philosophische Misstrauen gegen dieses Sollen, von Nietzsche über Norbert Hoerster bis Susan Wolf und Michael Slote, verdienen eine Antwort, die nicht einfach nur auf dieser Erfahrung insistiert, sondern sie einordnet in eine Metaphysik, in der sie ihre logische Konsistenz bewahrt und die dem solcherart Erfahrenen erlaubt, ohne fremde Hilfe das zu sein, als was es sich ausgibt.
Gott ist das Sittengesetz in Person und ihm nicht unterworfen
Diese Konsistenz wird nur bewahrt, wenn das Sittengesetz gleichzeitig jene reale Macht ist, die verhindert, dass seine Befolgung den moralischen Wert durch Zementierung ungerechter Verhältnisse desavouiert und die Idee einer moralischen Bestimmung ad absurdum führt, wenn also Gott das Sittengesetz in Person ist und folglich die höchste normative Macht und die höchste reale Macht in eins fallen.
Der Fehler Kants liegt darin, dass er Gott und Sittengesetz auseinanderreißt. Gott ist für ihn der moralische Weltherrscher. Er ist dadurch moralisch, dass sein Wille mit dem Sittengesetz übereinstimmt. Dabei wird das Sittengesetz als jene Instanz gedacht, der Gott unterworfen ist und die über seinen moralischen Wert richtet. Die Moralität Gottes wird ebenso wie die des Menschen durch die Übereinstimmung des Willens mit dem Sittengesetz konstituiert. Der Unterschied zum Menschen besteht lediglich darin, dass Gottes Wille auf vollkommenste Weise und ohne Überwindung sinnlicher Neigungen mit dem Sittengesetz übereinstimmt, das moralisch Gute also gegenüber Gott nicht der nötigenden Kraft einer Pflicht bedarf, um sich gegen konkurrierende Triebfedern durchzusetzen. Dennoch bleiben Gott und Sittengesetz zwei verschiedene Instanzen, jener die höchste Instanz in der realen, diese in der normativen Sphäre. Damit bleibt Kants Gottesbegriff hinter dem des hl. Anselm von Canterbury zurück, der Gott als das dachte, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Kant treibt einen Keil in diese Größe und macht daraus zwei größte Entitäten: das Sittengesetz als die größte normative Macht, Gott als die größte reale Macht. Diese Spaltung, in der sich der kantische Dualismus von praktischer und theoretischer Vernunft widerspiegelt, gehört zu den Geburtsfehlern von Kants Philosophie. Ein moralischer Weltherrscher, der zwecks nachträglicher Herstellung der Proportionalität von Tugend und Glückseligkeit postuliert wird, vermag diesen Riss im Ursprung der kantischen Architektonik nur noch notdürftig zu übertünchen, aber nicht zu heilen.
Moralisches Handeln ist lebendige Beziehung zum Du Gottes
Wenn dagegen die im moralischen Sollen erfahrene Majestät des Sittengesetzes der Reflex der Heiligkeit Gottes selber ist, dann erfährt unsere Beziehung zum Sittengesetz eine tiefgreifende Transformation. Sie wird eine interpersonale Beziehung zu einem lebendigen Du als Gegenüber. Das Sittengesetz erhält ein menschenfreundliches Antlitz. Als moralisch Handelnder gehorche ich dann nicht mehr bloß einem Gesetz, sondern einer Person, die um mich weiß und die es gut mit mir meint. Die Gutheit, um die es beim Sittengesetz geht, ist nicht mehr nur die Gutheit, die das Sittengesetz mit aller Strenge von mir fordert, sondern auch Güte, die sich mir schenkt. Das Gute an sich wird auch das Gute für mich. Gott ist nicht nur das Sittengesetz, das ein kategorisches Sollen an mich richtet, sondern auch das Gute als diffusivum sui, als sich verschenkende Güte. Er ist nicht nur Gebieter, sondern Liebender. Auch die moralische Verfehlung bekommt einen anderen Charakter: Aus der Übertretung eines allgemein geltenden Gesetzes wird die Zurückweisung einer mir persönlich geltenden Liebe, aus der Verletzung der moralischen Ordnung die Verwundung eines liebenden Herzens. Gott als Liebe will mir nicht nur Anteil schenken an seiner Heiligkeit, sondern auch an seiner Glückseligkeit, welche wiederum ganz und gar darin besteht, zu lieben und geliebt zu werden. Es ist somit ein und dieselbe Entität, nämlich die Liebe, die die Quelle sowohl der Heiligkeit als auch der Glückseligkeit darstellt. Die wesenhafte Einheit von Glückswürdigkeit und Glückseligkeit in Gott als der Liebe in Person will sich spiegeln in der gnadenhaft geschenkten Einheit beider im vernünftigen Geschöpf.
Der Austausch der Liebe verwandelt alle Verluste in Gewinn
Im Angesicht Gottes als der Quelle alles Guten verwandelt sich die Bestimmung des Menschen aus einem Weg, der ihn die Forderungen des Sittengesetzes ohne Rücksicht auf Verluste erfüllen lässt, in einen Weg, der gleichzeitig alle Verluste in Gewinn verwandelt und so das Sehnen des Menschen nach einem Sinn seiner Bestimmung erfüllt, der sich nicht als trügerisch herausstellen kann. Der Weg zur Heiligkeit wird gleichzeitig der Weg zum Heil. Das Sinnbedürfnis des Menschen umfasst beide Kategorien: Er will Wertvolles tun und Gutes erfahren. Ein Weg, der den Menschen zur heroisch guten Tat, aber in den persönlichen Untergang führt, verfehlt den vollen Sinn dieser Bestimmung ebenso – wenn auch auf andere Weise – wie der Weg, der ihn zum Glück, aber nicht zur Heiligkeit führt. Gott ist weder Güte, die bloß schenkt, noch Sittengesetz, das bloß fordert, sondern beides in höchster Einheit. Er ist Quelle der sittlichen Forderung nach Heiligkeit und Quelle der Güte, die uns beseligt. Er ist Liebe, die Liebe schenkt und Liebe fordert. Als Quelle des Sittengesetzes will er uns – wie Duns Scotus sagt – als Mitliebende, und als Mitliebende werden wir würdig, seine Liebe als Quelle allen Glücks zu empfangen. Seine Liebe macht uns sowohl glückswürdig als auch glückselig. Sie ist Gesetz und Gnade, Forderung und Erfüllung, Selbstlosigkeit und Glückseligkeit. Die Bestimmung des Menschen liegt in eben dieser Einheit von Heiligkeit und Heil, indem er ein Liebender wird.
Pastorale Initiative der katholischen Kirche in Russland
Maria – Mutter des Göttlichen Wortes
In der Galerie von Mariendarstellungen neben der Verkündigungskirche in Nazareth möchte auch die katholische Kirche Russlands vertreten sein. Am 25. März 2021 wird sie dort eine Ikone anbringen, welche für die Katholiken in Russland eine besondere Bedeutung hat. Als Vorbereitung dazu wurde am 25. März 2020 ein Marianisches Jahr ausgerufen und eine Initiative gestartet, welche die Gläubigen aller Pfarreien einbezieht und sie mit der Ikone bekannt macht. Pfarrer Erich Maria Fink berichtet von diesem Projekt der Kirche in Russland.
Von Erich Maria Fink
Die katholische Kirche Russlands führt derzeit in ihren Pfarreien eine pastorale Initiative durch, die sie unter das Motto „Maria – Mutter des Göttlichen Wortes“ gestellt hat. Die Initiative hat eine längere Vorgeschichte. Katholiken aus Russland hatten eine Wallfahrt ins Heilige Land gemacht und natürlich auch die Verkündigungsbasilika in Nazareth besucht. Als sie im Umgang die Ikonen der Gottesmutter aus über 100 Ländern der Welt sahen, begannen sie nach dem Bild mit der Aufschrift „Russland“ zu suchen, jedoch vergeblich. Zurückgekehrt in ihre Heimat wandten sie sich an ihren Pfarrer und meinten: „In Nazareth gibt es Marienbilder aus aller Welt, aber keine Darstellung aus Russland. Wir müssen etwas tun!“
Die Sendung der katholischen Kirche in Russland
Die Idee schien dem Pfarrer nicht völlig abwegig zu sein, und so begannen Beratungen bis auf die höchste Ebene der Bischofskonferenz hinauf. Schließlich wurde von den Bischöfen der Beschluss gefasst, dem Anliegen nachzukommen. Doch stellte sich die Frage, mit welchem Motiv die katholische Kirche ihre Identität zum Ausdruck bringen könnte. Es lässt sich in Russland kein eigenständiges Gnadenbild mit längerer Tradition finden, keine typische Ikone, die in den katholischen Marienheiligtümern besonders verehrt würde. Doch gibt es eine Darstellung aus neuerer Zeit, die tatsächlich eine einzigartige Verbindung zu Russland aufweist. Es ist eine Ikone Unserer Lieben Frau von Fatima, die von einem Ikonenmaler der russisch-orthodoxen Kirche in ostkirchlichem Stil geschaffen wurde.
Die Ikone entstand in der Pfarrei des hl. Johannes des Täufers in Puschkin bei St. Petersburg, die sich seit vielen Jahren um die Vertiefung des Verständnisses der Botschaft von Fatima unter den Katholiken Russlands bemüht und eine Zeitschrift mit dem Titel „Haus des Unbefleckten Herzens“ herausgibt. In Abstimmung mit Schwester Lucia, der damals noch lebenden Seherin von Fatima, ließ der zuständige Pfarrer Alexander Burgos Velasco eine Marienikone anfertigen, welche die Gottesmutter mit ihrem Unbefleckten Herzen zeigen sollte. Nach orthodoxer Tradition aber ist ein realistisch gemaltes Herz auf Ikonen unvorstellbar. So wählte der Ikonenmaler Ivan Lwowitsch die Gestalt eines Medaillons mit dem Wort „Herz“ in kirchenslawischer Art. Dieses symbolische Herz Mariens erinnert sowohl an eine Hostie als auch an die Sonne, also an Jesus Christus, der durch Maria in diese Welt gekommen ist. Im Licht der Ereignisse von Fatima lässt sich damit auch eine Verbindung zum Sonnenwunder am 13. Oktober 1917 herstellen, das christologisch und zugleich eucharistisch gedeutet werden kann.
Der Rosenkranz in der Hand der Gottesmutter ist auf der Ikone als Zeichen der Buße in violetter Farbe gehalten. Darin spiegelt sich der Aufruf Mariens zur Umkehr und Buße, aber auch zum Gebet für die Bekehrung der Sünder und speziell zur Bekehrung Russlands wider. Auf sanfte Weise knüpft die Ikone also auch an die prophetischen Aussagen Unserer Lieben Frau von Fatima über die Zukunft und die Bedeutung Russlands für die Welt an.
Die Russische Bischofskonferenz hat sich auf dieses Motiv für ihre Stiftungsgabe an Nazareth geeinigt. Für mich ist diese Entscheidung ein sehr erfreuliches Zeichen. Denn sie geht weit über die konkrete Nazareth-Aktion hinaus. Ohne Zweifel stellt sie ein öffentliches Bekenntnis der katholischen Kirche in Russland zu Fatima dar, und zwar in dem Sinn, dass sie ihre Identität und Mission in diesem Land, das zum größten Teil von der russisch-orthodoxen Kirche geprägt ist, im Licht der Ereignisse und der Botschaft von Fatima versteht.
Damit rückt das ökumenische Bemühen um die Wiederherstellung der Einheit zwischen Rom und Moskau in den Mittelpunkt. Die Ikone bildet allein schon von ihrer ostkirchlichen Art her einen Beitrag zur Inkulturation und einen ökumenischen Brückenschlag zur russisch-orthodoxen Kirche. Doch bringt das Zeugnis der Bischöfe auch die beiden Elemente in Erinnerung, welche russischerseits als größte Hindernisse für eine volle Einheit gesehen werden, nämlich das Petrusamt und die neueren marianischen Dogmen, insbesondere das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens. Gerade deshalb scheint der Himmel, wie es aus der Botschaft vom 13. Juli 1917 hervorgeht, die Rettung Russlands an diese beiden Elemente gebunden zu haben. Die Gottesmutter nämlich hatte als Bedingung für die Bekehrung Russlands und den Frieden in der Welt gefordert, dass der Papst Russland ihrem Unbefleckten Herzen weiht. Nicht umsonst hat die Fatima-Ikone ursprünglich die Bezeichnung „Mit Dir die Einheit“ erhalten. Diese Worte stehen neben dem Herzen Mariens.
„Pilgermadonna“ für alle Pfarreien
Überraschend ist der Titel, den die Bischöfe der Ikone von Fatima nun für ihre Initiative gegeben haben: „Maria – Mutter des Göttlichen Wortes“. Doch der Blick auf Nazareth gibt sofort die Antwort. Die Basilika ist über dem Haus errichtet, in dem die Verkündigung stattgefunden hat. Es ist also der Ort, an dem im Schoß Mariens „das Wort Fleisch geworden ist“ (Joh 1,14), nachdem sie auf die Botschaft des Erzengels hin ihr Ja-Wort gegeben hat. Nach dem Johannesevangelium ist das Wort der Sohn Gottes, der von Ewigkeit her am Herzen des Vaters ruht. Und damit ist der Titel „Mutter des Göttlichen Wortes“ gleichbedeutend mit „Mutter des Sohnes Gottes“. Gleichzeitig unterstreicht dieser für die Fatima-Ikone gewählte Titel deren christologischen Sinngehalt.
Im Rahmen einer Pilgerfahrt ins Heilige Land soll am 25. März 2021 eine große Kopie dieser Ikone an das Heiligtum in Nazareth übergeben und im Rundgang neben der Basilika angebracht werden. Zur Vorbereitung aber wurde ein Marianisches Jahr vom 25. März 2020 bis zum 25. März 2021 ausgerufen. Nach dem Titel der Ikone wurde es unter das Thema „Maria – Mutter des Göttlichen Wortes“ gestellt und soll eine intensive Betrachtung des Wortes Gottes im Geist Mariens und zusammen mit ihr anzuregen.
Ein Projekt ist die „Heimsuchung Mariens“ in jeder Familie der Diözese. Dazu haben die Pfarreien Kopien der Ikone im DIN-A4-Format erhalten, die nach Art einer Pilgermadonna jeweils für eine Woche in einer Familie verweilt. Zusammen mit der Ikone erhalten die Empfänger eine Broschüre, in der für jeden Tag der Woche Gebete und Bibelstellen mit Betrachtungen abgedruckt sind. Die ganze Hausgemeinschaft ist dazu eingeladen, das vorgegebene Programm täglich gemeinsam zu absolvieren. Dazu soll sie einen angemessenen Rahmen schaffen. Die Empfehlung lautet, für die Ikone an einer geeigneten Stelle in der Wohnung eine Art Hausaltar zu gestalten, neben die Ikone eine Bibel zu legen und eine Kerze aufzustellen, die während der Gebete und Betrachtungen angezündet wird.
Lebendige Gegenwart der Gottesmutter
Die feierliche Übergabe der „wandernden“ Ikone erfolgt jeweils im Sonntagsgottesdienst. Zu Beginn der Heiligen Messe nimmt der Priester die Ikone von der einen Familie in Empfang und stellt sie im Altarraum auf. Vor dem Schlusssegen gibt er sie an die nächste Familie weiter, die dazu vollzählig zum Altar kommt. Dabei spricht der Priester: „Nehmt diese Ikone in Empfang. Möge sie für euch ein Zeichen der Gegenwart Gottes werden. Wie die heiligste Jungfrau Maria, die das Wort in ihrem Schoß getragen hat, die heilige Elisabeth besucht und mit Sich Freude in ihr Haus gebracht hat, so möge Sie auch in euer Haus kommen und euch Trost und Hoffnung bringen, die vom Göttlichen Wort ausgehen. Amen.“
Die Initiative greift also deutlich auf die ostkirchliche Tradition zurück, nach der die dargestellte Person oder das festgehaltene Heilsereignis durch die von der Kirche gesegnete Ikone auf geheimnisvolle Weise gegenwärtig ist. Auch wir Katholiken können Ikonen in diesem Sinn als Sakramentalien verstehen. Die Familien sollen die Ikone in dem Bewusstsein aufnehmen, dass die Gottesmutter selbst zu Besuch kommt und sie anleitet, die Heilige Schrift zu betrachten und das Wort Gottes aufzunehmen. Erzbischof Paul Pezzi betont, dass Maria ein Beispiel gegeben habe, wenn es im Evangelium beispielsweise heißt: „Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach“ (Lk 2,19). Er hatte nicht zufällig P. Darius Peljak SVD, der die Pfarrei der hl. Olga in Moskau betreut, damit beauftragt, die Broschüre zu verfassen. Denn der Orden der Steyler Missionare widmet sich, wie der Name „Societas Verbi Divini“ – „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ schon sagt, in besonderer Weise dem Dienst am Wort Gottes.
P. Darius betont in seiner Hinführung, dass die Botschaft von Fatima den Geist der Hochzeit von Kana atme, auf der Maria die Diener auffordert: „Was Er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5). In diesem Sinn sei die Botschaft von Fatima zwar eine Privatoffenbarung, doch lenke sie unseren Blick auf Jesus und sein Evangelium. Dazu zitiert er den Katechismus, in dem es heißt: „Im Laufe der Jahrhunderte gab es sogenannte ‚Privatoffenbarungen‘, von denen einige durch die kirchliche Autorität anerkannt wurden. … Sie sind nicht dazu da, die endgültige Offenbarung Christi zu ‚vervollkommnen‘ oder zu ,vervollständigen‘, sondern sollen helfen, in einem bestimmten Zeitalter tiefer aus ihr zu leben“ (KKK, 67).
Die Initiative ist von unseren Pfarrangehörigen mit Begeisterung aufgenommen worden und trägt offensichtlich zu einer vertieften Beschäftigung mit dem Wort Gottes bei. Geradezu providentiell passt sie in die Zeit der Pandemie und schenkt den Gläubigen Trost und Stärkung.
Felix Zech (32) hatte 2016 einen schweren Tauchunfall. Seitdem ist er vom Hals abwärts gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Doch er gibt nicht auf. Nach einer intensiven Reha übt er nun zuhause am Gangtrainer, um einzelne Körperfunktionen wiederherzustellen. Schon vor dem Unfall hatte er sich für die Hilfsorganisation „Mary’s Meals“ engagiert. Nun legt er Zeugnis von seinem Lebenswillen ab und bittet um Spenden, als würde er für „Mary’s Meals“ laufen. Auch im geistlichen Sinn kann er seine Mühen für das Hilfswerk aufopfern.
Von Maria-Christiana v. Habsburg
Felix begann seine bemerkenswerte Adventskampagne am 26. November 2020 – zunächst mit dem Ziel, durch die internationale Hilfsorganisation „Mary’s Meals“ 500 Kinder in der Wüstenregion Turkana (Kenia) mit Schulmahlzeiten zu versorgen. Nach nur vier Tagen hatte er bereits dreimal so viel Spenden erhalten, als er sich zum Ziel gesetzt hatte. Deshalb will er die Initiative für Mary’s Meals fortsetzen. Geht es doch um „hungrige Kinder in den ärmsten Ländern der Welt, die sonst keine Chance bekommen“, wie Felix betont.
Im Oktober 2016 ändert sich das Leben von Felix auf einen Schlag: Nach einem Tauchunfall liegt er im Koma, die Überlebenschancen sind minimal. Der niederschmetternden Diagnose zum Trotz erwacht Felix nach einigen Wochen aus dem Koma und beginnt kurz nach Weihnachten zu sprechen. Eigentlich hatte er geplant, das Masterstudium zu beenden und seine vielversprechende Karriere als Unternehmensberater fortzusetzen. Doch nun heißt es, einfachste körperliche Funktionen neu zu erlernen, sich auf ein komplett anderes Leben einzustellen und den Alltag zu bewältigen. Nach 15 Monaten intensivster Reha in Heidelberg lebt er seit Anfang 2018 wieder zu Hause bei seinen Eltern in Frankfurt.
Schon vor dem Unfall hatte sich Felix für „Mary’s Meals“ engagiert, eine internationale Kinderhilfsorganisation, die Kindern aus den ärmsten Regionen der Welt Nahrung und Bildung ermöglicht. Seine völlig veränderten Lebensumstände sind für Felix kein Hindernis, sich weiterhin für das Projekt einzusetzen. Er hat einen fordernden Alltag, fast täglich Therapien und Trainings, zweimal wöchentlich am Gangtrainer. Er gesteht: „Das Training an der Lyra verlangt mir einiges ab. An manchen Tagen ist es so schmerzhaft, dass ich abbrechen muss. Mittels Beinorthesen und einem Spezialgürtel, über den ich in eine aufrechte Position gezogen werde, beginne ich Schritte zu machen. Das heißt, eigentlich geht die Maschine mit mir. Es mag lächerlich klingen, aber ich schaffe 2,7 km/h, was für mich und die Maschine bereits sehr schnell ist.“
Während des Trainings entstand auch die Idee, gleichsam für „Mary’s Meals“ an den Start zu gehen und sein Schicksal bzw. seinen Weg bekannt zu machen. Über seinen Blog, die Webseite und Social Media von Mary’s Meals verbreitet sich seine Aktion sehr schnell, auch über Deutschland hinaus und erreicht die Herzen der Menschen. So wird sein Training zu einem Sponsorenlauf besonderer Art. Felix: „Zwar kann ich mein Lauf-Ziel nicht festlegen, aber ich gebe alles! Ich werde versuchen, besonders viel zu laufen,“ Nun ist er überwältigt von der Unterstützung, die seine Kampagne erhält. Er möchte sehen, wie viel die Adventsaktion bringt, wie vielen Kindern sie dieses lebensverändernde Weihnachtsgeschenk – 1 Jahr Lernen ohne Hunger – machen kann. Und er meint: „Es geht erst los!“
Nur 18,30 Euro benötigt „Mary’s Meals“ pro Kind und Schuljahr. „Ein Betrag, der für viele von uns einem Mittagessen in einem hippen Café entspricht, bedeutet für diese Kinder nicht nur ein ganzes Jahr lang eine warme Mahlzeit in der Schule, sondern dadurch auch eine so bedeutsame Zukunftsperspektive“, erklärt Felix, „und ohne Hunger lernt es sich bekanntlich besser! Das Konzept ist so einfach, dass es mich sofort überzeugt hat.“
Die Arbeit von „Mary’s Meals“ unter Corona-Bedingungen
Schulen werden Verteilungsstellen
Margareta Fopp berichtet, wie die Hilfsorganisation „Mary’s Meals“ nach dem Ausbruch von COVID-19 ihre Arbeit in den Entwicklungsländern fortsetzt. Denn ihr Versprechen, die Kinder mit Nahrung zu versorgen, wollen sie einhalten.
Von Margareta Fopp
Als der malawische Präsident, Peter Mutharika, am 20. März 2020 den nationalen Katastrophenfall ausrief und nach WHO-Empfehlungen erste Schutzmaßnahmen vor dem Coronavirus angeordnet wurden, war das für die Verantwortlichen von „Mary’s Meals“ ein großer Schock. Wie sollten sie dem Versprechen, dass jedes Kind jeden Tag eine Mahlzeit in der Schule bekommt, treu bleiben können? Am 23. März 2020 wurden in Malawi alle Bildungseinrichtungen des Landes geschlossen, am 24. März 2020 folgte Indien mit einer Ausgangssperre und am 4. April 2020 Liberia und weitere Länder, in denen „Mary’s Meals“ aktiv ist.
Magnus Farlane McBarrow, der Gründer von „Mary’s Meals“ sagte, der „potenzielle Verlust der täglichen Mahlzeiten hätte für die Kinder und Gemeinden, die wir versorgen, katastrophale Folgen“. Und er berichtete: „Was auch immer vor uns lag, wir waren fest entschlossen, unser Versprechen an die Kinder, die auf Mary’s Meals angewiesen sind, einzuhalten.“
Im Gespräch mit Gemeindevorstehern, verlässlichen Partnern und Regierungen suchten die Verantwortlichen der Hilfsorganisation neue Wege, um die Kinder weiter mit Lebensmitteln versorgen zu können. So wurden die geschlossenen Schulen zu Verteilungsstellen. Jedes Kind konnte sich ein Paket mit Nahrungsmitteln für die ganze Woche abholen. In langen Listen wurde alles protokolliert. Jeder sollte gleich viel erhalten. Sie achteten zudem auf die Umsetzung der notwendigen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen, verteilten Seife und Hygieneinformationen an alle Familien, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Weiter wurde bei der Verteilung der Lebensmittel streng auf das Abstandsgebot geachtet und erklärt, warum es sinnvoll ist. Zur Stärkung der Gemeinden wurde das Essen von lokalen Kleinbauen erworben.
So ist es „Mary’s Meals“ gelungen, sich im Rahmen der sich ständig ändernden Bedingungen, anzupassen und die Kinder täglich mit einer Mahlzeit zu unterstützen. Diese Flexibilität hat dazu beigetragen, dass „Mary’s Meals“ sogar noch mehr Kinder als bisher erreichen und unterstützen konnte wie z.B. in Simbabwe und in solchen Ländern, die von Aids bedroht sind.
Aktuell versorgt „Mary’s Meals“ 1,6 Millionen Kinder in 19 der ärmsten Länder mit einer täglichen Schulmahlzeit. Eine Mahlzeit kostet 9 Cent, ein ganzes Schuljahr 18,30 €.
Unsere Arbeit darf nicht aufhören. Bitte helfen Sie uns, wenn Sie können – jetzt und in Zukunft – damit kein Kind zurückbleibt.
Anna Schäffer wäre am liebsten Missionsschwester geworden. Ein Arbeitsunfall gab dem Leben der Schreinertochter eine völlig andere Richtung. Anstatt ferne Länder zu bereisen, musste sie fast 25 Jahre lang das Krankenlager hüten. Zunächst widerstrebend, dann im Einklang mit dem Willen Gottes. Dabei wurden der jungen Frau zahlreiche Gnaden geschenkt: Visionen und Begegnungen mit Heiligen, Worte der Erkenntnis, die Leiden Christi. Viele Menschen fanden Trost bei ihr. Am 21. Dezember 2012 wurde Anna Schäffer von Papst Benedikt XVI. in Rom heiliggesprochen. In seiner Anna Schäffer-Biografie[1] zeichnet der Journalist Stefan Meetschen das geheimnisvolle Leben dieser „Mystikerin des Leidens“ einfühlsam und chronologisch nach.
Von Stefan Meetschen
Die Wendepunkte des Lebens – manchmal vollziehen sie sich mit spektakulärer Schroffheit, geradezu brutal. Der Wendepunkt im Leben der heiligen Anna Schäffer ereignete sich am 4. Februar 1901, als das damals 18-jährige Mädchen in einem Forsthaus in der Nähe von Ingolstadt arbeitete. Die typischen Hausarbeiten waren ihr aufgetragen worden. Da stellte sie fest, dass sich ein Ofenrohr gelöst hatte – über einem Waschkessel. So durfte es nicht bleiben, sie musste es reparieren. Doch was passierte? Anna Schäffer glitt „unglücklicherweise aus und rutschte mit beiden Beinen bis über die Knie in einen Kessel mit kochender Lauge“.[2]
Ihr Leben sollte von diesem Moment an anders verlaufen, als sie es sich ersehnt und erhofft hatte. Völlig anders. Doch Anna Schäffer willigte ein – in die Pläne Gottes, welche die Vernunft und die Maßstäbe des Menschen übersteigen. Nicht sofort, zunächst widerstrebend, doch dann ganz ergeben. Sie sagte „Ja“ zu dem Weg, den Gott für sie bereitet hatte. Einem sehr harten Weg – 25 Jahre sollte Anna Schäffer im Bett verbringen, ihrer „Leidenswerkstatt“, wie sie selbst ihr Krankenlager bezeichnete, das mit vielen körperlichen Schmerzen und zahlreichen Entbehrungen verbunden war. Wie kann man das ertragen? Anna Schäffer setzte auf Ganzhingabe. Sie nutzte die Zeit, die ihr gegeben war, um ganz für Gott und die Menschen da zu sein. Mit zahlreichen Briefen antwortete Anna Schäffer denjenigen, die sich in ihrer Not an sie, die „Schreiner Nandl“, wie man sie in ihrem bayerischen Geburtsort nannte, wandten. Sogar bis nach Amerika ging die Post. Niemand, der sich an sie richtete, enttäuschte Anna Schäffer. Manchmal schmückte sie ihre Briefe sogar mit einem selbst verfassten Gedicht, in dem sie Gott die Ehre gab. Jesus, ihrem persönlichen Erlöser. Dem Heiland. Dazu nähte und stickte sie, was ihr neben einer kümmerlichen Frührente ein sehr bescheidenes Nebeneinkommen bescherte.
Leiden, schreiben, sticken – Anna Schäffer selbst hat diese drei einfachen Tätigkeiten, die ihr Leben ausfüllten, als ihre „drei Himmelsschlüssel“ bezeichnet.[3] Die Türöffner zur Ewigkeit.
Was das Schreiben betrifft, so besaß sie trotz ihrer elegant-ordentlichen Schrift, ihrer nüchtern einfühlsamen Worte keinerlei schriftstellerischen Ehrgeiz. Es war ein Dienst, der von Herzen kam und den sie mit Bescheidenheit, mit Demut ausübte. „Ich schreibe nur immer so, wie’s mir im Herzen ist. Was würde es nützen, wenn ich ganze Bücher schreiben würde und meine Seele wäre weit entfernt von dem Geschriebenen? Bleiben wir ganz klein in den Augen aller, das macht glücklich und bringt uns großen Herzensfrieden."[4]
Eine passendere Einstellung für ein Buch über Anna Schäffer kann es eigentlich nicht geben. Ganz klein bleiben. Zumal bei einer Biografie wie dieser, die kein genialischer Wurf ist und sein kann, sondern sich so faktentreu wie möglich auf die Arbeit anderer Autoren und Forscher stützt, die in den vergangenen Jahrzehnten viel Zeit und Kraft auf die Durchleuchtung des Lebens dieser geheimnisvoll-verborgenen Heiligen investiert haben: von Friedrich Ritter von Lama bis Pfarrer Alfons Maria Weigl, vom Priester-Dichter Konrad Zoller bis hin zu Prof. Dr. Georg Schwaiger, die Anna Schäffer allesamt biografisch gewürdigt haben. Vor allem aber einem Mann verdankt dieses kleine Buch wesentliche Hinweise und Informationen: Prälat Emmeram H. Ritter, dem langjährigen Leiter der Abteilung Selig- und Heiligsprechungsverfahren in der Diözese Regensburg, der nicht nur die Briefe der Heiligen veröffentlicht, sondern auch eine umfassende Biografie verfasst hat, die rechtzeitig zur Heiligsprechung im Jahr 2012 erschienen ist. Fast 700 Seiten Lesestoff mit vielen interessanten Zeugnissen, Materialien sowie von Herzen kommenden bayerischen Anekdoten und Hintergrundinformationen. Ohne Prälat Ritters Buch wäre diese Biografie, in der das Wesentliche in chronologischer Ordnung ersichtlich werden soll, nicht möglich gewesen. Aber auch seinem Nachfolger im Amt, Domvikar Msgr. Georg Franz X. Schwager, gebührt als Herausgeber aktueller Werke von und zu Anna Schäffer ein besonderer Dank, gerade was die Schilderung des Ablaufs der Heiligsprechung und die zahlreichen Gebetserhörungen in jüngster Zeit betrifft. Denn was sehr wichtig ist: Das Kapitel Anna Schäffer ist nach erfolgreicher Selig- und Heiligsprechung keineswegs abgeschlossen. Vielmehr scheint ihr eigentlicher himmlischer Einsatz gerade erst begonnen zu haben, wie es auch eine offizielle Statistik belegt.
So ist das Ziel dieses Buches also ein kleines und doch auch ein großes: das Leben Anna Schäffers, das fernab vom großen Treiben der Welt ablief, chronologisch und in möglichst realistischer Weise zu schildern. Auch wenn ihr Leben nach dem Unfall durch ihre jahrelange Bettlägerigkeit gezwungenermaßen handlungsarm war. Jedenfalls nach den üblichen Maßstäben, wie sie auch in der heutigen Action- und Event- Kultur gelten. Anna Schäffer wurde keine Missionarin, die ferne Länder bereiste, was sie ursprünglich ersehnt hatte, aber sie unternahm geheimnisvolle mystische Reisen, „Träume“ – die sie nach Jerusalem oder auf die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs führten. Sie sah nicht die Metropolen Europas und der Welt, sondern blieb in ihrem engen Winkel zwischen Regensburg und Ingolstadt, doch im Laufe der Jahre wandten sich Menschen aus der ganzen Welt an sie. Anna Schäffer strebte nicht nach Ehre und Prominenz, doch ihr Dienst sprach sich herum – und gelegentlich suchten Persönlichkeiten aus allen Schichten der Gesellschaft bis hin zum bayerischen Königshaus und Persönlichkeiten aus Kirche und Medien ihre Nähe, ihr Gebet und ihren Rat. Sehr häufig waren es auch einfache Kinder, zu denen sie einen ganz natürlich-übernatürlichen Draht besaß.
Schön wäre es, wenn der Leser bei der Lektüre dieses biografischen Aufrisses das Gefühl hätte, ganz nah bei Anna Schäffer zu sein, sich trotz aller zeitlichen und räumlichen Distanz in der ersten Reihe ihres geheimnisvollen Lebens zu befinden, ihre Träume und ihr weiteres Wirken persönlich mitzuerleben. Vielleicht sogar zu spüren, dass diese Heilige, die das irdische Leben mit seinem ganzen bitteren Geschmack erfuhr, ohne selbst bitter zu werden, weiterhin da ist, weiterhin für die Nöte und Sorgen der Menschen offen ist. Mag sich das Leben heute mit Social Media und globaler Vernetztheit auch kolossal von ihrer damaligen Lebenswirklichkeit unterscheiden. Anna Schäffer selbst hat es versprochen: „Und werde ich einmal in der Ewigkeit drüben so glücklich sein, dahin zu gelangen, wo Jesus ist, dann werde ich euch allen eine rechte Fürbitterin sein!“
[1] Stefan Meetschen: Das geheimnisvolle Leben der Anna Schäffer – Mystikerin des Leidens, geb., 160 S., ISBN 978-3-9479312-1-7, Euro 16,95 (D), Euro 17,50 (A), Bestell-Tel.: +49 (0)7303-952331-0; Fax: +49 (0)7303-952331-5; www.media-maria.de [2] Domvikar Georg Franz X. Schwager: Liebe wächst im Leiden – Anna Schäffer von Mindelstetten (1882-1925), in: L’Osservatore Romano, 5. März 1999, 6. [3] Im Leiden habe ich Dich lieben gelernt! – Die Schriften Anna Schäffers, dokumentiert von Emmeram H. Ritter, Abteilung für Selig- und Heiligsprechungsprozesse für das Bistum Regensburg, 1999, 244. [4] Ebd., 244.
Theresia von Lisieux auch heute aktuell
Eine von uns
Theresia von Lisieux ist „die größte Heilige der modernen Zeit“, so hat der hl. Papst Pius X. geurteilt. In der Tat kann die junge Kirchenlehrerin auch uns heute Ratgeberin sein – liebevoll, mit Charme und Esprit. Pfarrer Klaus-Peter Vosen will einige der lichtvollen Impulse aufzeigen, die die hl. Theresia der aktuellen Welt vermittelt.[1]
Von Klaus-Peter Vosen
Die hl. Theresia von Lisieux lebte kurz vor Beginn des 20. Jahrhunderts, also vor über hundert Jahren. Noch dazu war sie Ordensschwester in einem strengen Kloster. Wie kann man da auf den Gedanken kommen, dass sie Menschen von heute, gerade auch jüngeren Leuten, etwas zu sagen hätte?
Ist unser Leben, das von der digitalen Welt, von modernster Technologie, schnellsten Informations- und Reisemöglichkeiten rund um den Erdball bestimmt ist, vom Griff nach den Sternen in der Erforschung des Universums, nicht ein ganz anderes als das einer jungen Frau, die 1897 starb? Damals kommunizierte man noch durch Briefaustausch, die ersten primitiven Autos waren gerade entwickelt und ein Aufzug stellte die größte Weltneuheit dar…
Dennoch glaube ich, dass die Menschen einander in ihrer Sehnsucht nach dem Glück, nach Liebe, Wertschätzung und Geborgenheit durch die Jahrhunderte erstaunlich ähnlich geblieben sind. Was in unseren Herzen lebt, davon konnte auch Theresia Martin – so ihr bürgerlicher Name – ein Lied singen! Dazu kommt noch Folgendes: In ihren Fragen, in ihrer Art, das Leben anzupacken, in der Zielstrebigkeit und ihrem Wunsch, den Dingen auf den Grund zu gehen, war Theresia – obwohl Kind ihrer Zeit – ihren Zeitgenossen meist voraus.
Deswegen bin ich der Meinung, dass Menschen von heute, gerade auch junge Menschen, mit dieser jungen Französin gut ins Gespräch kommen können. Weil wir jedoch auf eine solche Unterhaltung in direkter Form leider verzichten müssen, solange wir noch nicht im Himmel sind, habe ich dies Buch geschrieben. Es soll keine weitere Biografie der Heiligen aus der Normandie bieten, es will vielmehr schon hier und jetzt einen gezielten Austausch zwischen uns und Theresia ermöglichen, indem wir auf Elemente ihres Lebens schauen und sie zu unserem Leben in Beziehung setzen. Wir werden – das ist meine Überzeugung – in hohem Maße profitieren und erfrischende Impulse bekommen, die uns weiterbringen.
Das vorliegende Buch richtet sich an Menschen aller Altersschichten ab etwa dem Firmlingsalter. Nach einer kurzen Biografie Theresias untersuche ich in den einzelnen Kapiteln jeweils eine Lebenseinstellung Theresias, die auch uns heute gut vertraut ist. Was können wir konkret vom Beispiel dieser Heiligen lernen?
Ich weiß natürlich, dass jüngere Menschen heute oft nicht gerne lesen. Deswegen sind die einzelnen Kapitel so geschrieben, dass Eltern, Großeltern, Seelsorger und Katecheten sie gut nacherzählen können. Auch habe ich mich bemüht, an einigen Stellen aktuelle Beispiele zu nennen, die der einen oder anderen Altersgruppe zur Veranschaulichung dienen können. So schicke ich das kleine Buch auf große Fahrt zu hoffentlich vielen Lesern. Möge es auf Theresias Fürsprache hin Segen stiften!
[1] Klaus-Peter Vosen: Eine von uns – Theresia von Lisieux für Menschen von heute, geb., 144 S., ISBN 978-3-9479312-0-0, Euro 14,95 (D), Euro 15,40 (A), Bestell-Tel.: +49 (0)7303-952331-0; Fax: +49 (0)7303-952331-5; www.media-maria.de
„Auf Terror und Verfolgung eine christliche Antwort geben“
Die Liebe Christi ist stärker
Corona, Terror, Krieg – und immer wieder auch eine zunehmende Verfolgung: 2020 war für viele Christen ein schwieriges Jahr. Florian Ripka, der Geschäftsführer des päpstlichen Hilfswerks „Kirche in Not“ Deutschland, zieht im Gespräch Bilanz zu Brennpunkten der Verfolgung, dem Einsatz für Religionsfreiheit, aber auch zu Lichtblicken und geleisteten Hilfen.
Interview mit Florian Ripka von KIRCHE IN NOT Deutschland
Herr Ripka, „Kirche in Not“ hat 2019 als eines der „blutigsten Jahre für Christen“ geschildert. Hat sich diese Situation 2020 weiter verschärft?
Corona und die Folgen haben mancherorts das geschwächte Menschenrecht auf Religionsfreiheit noch weiter „infiziert“. Viele bedrängte Christen haben in dieser Zeit ein „unblutiges Martyrium“ durchlitten – zunehmende Perspektivlosigkeit und Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung. Zu diesem unblutigen Martyrium kommen aber auch tödliche Übergriffe an Christen hinzu. Vor allem Afrika ist 2020 erneut zu einem Kontinent der Märtyrer geworden.
Sie haben die Corona-Pandemie schon angesprochen. Welche Auswirkungen hatte sie auf notleidende Christen?
Die humanitäre Lage hat sich weiter verschärft. In zahlreichen Regionen, wo Christen zu den untersten gesellschaftlichen Schichten zählen, standen sie wegen der Schließungen von heute auf morgen ohne Lohn und Brot da. Wir von „Kirche in Not“ haben ein Nothilfeprogramm gestartet, um die vielen kreativen und aufopferungsvollen Dienste von Priestern, Ordensleuten und Laien zu unterstützen. Ein großes Projekt waren auch Lebensmittelpakete für notleidende Christen in Pakistan.
Um welche Weltregion machen Sie sich bei „Kirche in Not“ derzeit am meisten Sorgen?
Dramatisch ist die Lage in den Ländern der afrikanischen Sahelzone, wie zum Beispiel in Burkina Faso. Dort lief das Zusammenleben zwischen den Christen und Muslimen weitgehend reibungsfrei. Seit einigen Jahren ist dieses Gleichgewicht gestört. Islamistische Söldner aus dem Ausland fallen in die Länder ein, verüben einen Anschlag nach dem anderen.
Katastrophal ist die Lage aber auch in anderen afrikanischen Regionen. In Mosambik, wo die Provinz Cabo Delgado von Terroristen überrannt wird, suchen hunderttausende Menschen Zuflucht in der Provinzhauptstadt Pemba. Wenn auch andere Organisationen aus Sicherheitsgründen ihre Mitarbeiter abziehen: Die Kirche ist da und sorgt sich um die Menschen.
Was weiß man über die Hintermänner und Beweggründe dieser Attacken?
Mittlerweile berufen sich viele Gruppen auf den „Islamischen Staat“ oder ähnliche Terrorgruppen. Es geht um die Oberhoheit über ganze Regionen, Ausbeutung der Bodenschätze, um organisierte Kriminalität. Es geht aber auch um Religion. Beobachter vermuten, es solle ein „Krieg der Religionen entfesselt“ werden. Das ist die perfide Strategie der Dschihadisten – nicht nur in Afrika.
Ein Fokus der Hilfe von „Kirche in Not“ lag in den vergangenen Jahren auf dem Nahen Osten. Die Eroberungszüge des IS in der Region scheinen vorbei, in Syrien schweigen in weiten Teilen des Landes die Waffen. Ist das ein Hoffnungszeichen für die Christen dort?
Ja, es gibt hoffnungsvolle Signale aus dem Nahen Osten: In der Ninive-Ebene im Irak sind gut die Hälfte der christlichen Familien in ihre Dörfer zurückgekehrt. Auch in Syrien wird wiederaufgebaut. Nun kommt das große Aber: Viele Christen fühlen sich nach wie vor unsicher und verlassen ihre Heimat. Hinzu kommen Inflation und die Sanktionen des Auslands, die selbst alltägliche Güter unerschwinglich machen. Und auch die Gefahr des Dschihadismus ist nicht gebannt; die politische Lage ist unsicher. Hinzu kommt die Politik-, Wirtschafts- und Bankenkrise im Libanon. Über dieses Land liefen zahlreiche Hilfen für Syrien oder den Irak. Und nun ist der Libanon durch die Explosion von Beirut noch weiter in die Katastrophe gerutscht.
Wie ist die Lage in Beirut, nachdem dort am 4. August über 2700 Tonnen Ammoniumnitrat in die Luft flogen, und wie hilft „Kirche in Not“?
Wir waren sofort zur Stelle und haben Nothilfepakete für 2500 Familien bereitgestellt. Aktuell geht es um die notdürftige Instandsetzung zahlreicher Gebäude und Kirchen im christlichen Viertel von Beirut. Das liegt wenige Kilometer vom Explosionsort im Hafen entfernt und ist deshalb mit am schwersten betroffen. Der Libanon hat die größte christliche Gemeinde im Nahen Osten. Auch hier stehen gerade die jungen Menschen vor der Entscheidung: gehen oder bleiben? Helfen wir nicht, ist das Schicksal der jahrtausendealten christlichen Präsenz besiegelt.
In einem Bericht von „Kirche in Not“ zur Lage der verfolgten Christen steht: „Asien droht der neue Brennpunkt der Christenverfolgung zu werden.“ Was bedeutet das konkret?
Der dschihadistische Terror frisst sich auch in Ländern wie Sri Lanka oder auf den Südphilippinen immer weiter vorwärts. Aber auch nationalistische Bewegungen und autoritäre Regierungssysteme machen im asiatischen Raum vielen Christen das Leben schwer. Für beide ist das Christentum ein schädlicher Einfluss aus dem Ausland, der Vorherrschaften zu untergraben droht im einen Fall der herrschenden Partei oder Klasse, im anderen die vermeintliche religiöse Geschlossenheit der Nation.
Pakistan ist gemessen an der Einwohnerzahl das drittgrößte muslimische Land, der Anteil der Christen liegt bei knapp zwei Prozent. Der Fall der zum Tode verurteilten Christin Asia Bibi und ihr Freispruch hatte viel Aufmerksamkeit auf die Lage der Christen in dem Land gelenkt. Hilft eine solche Berichterstattung Ihrem Einsatz?
Die große Anteilnahme am Schicksal von Asia Bibi war ein wichtiges Streiflicht auf die Lage der religiösen Minderheiten in Pakistan. Gleichzeitig darf man nicht vergessen: Es gibt noch zahlreiche „Asia Bibis“ in den pakistanischen Gefängnissen.
Eine weitere Entwicklung in Pakistan macht uns Sorge: Menschenrechtsorganisationen zufolge werden jährlich rund 1000 christliche und hinduistische Mädchen verschleppt, zwangsverheiratet und zur Konversion gezwungen. „Kirche in Not“ unterstützt die Familien, die juristisch gegen solche Taten vorgehen. Und das hat auch Erfolg wie der jüngste Fall der 13-jährigen Katholikin Arzoo Raja zeigt: Sie wurde nach richterlicher Anordnung aus den Fängen ihres Entführers befreit. Auch die pakistanische Regierung hat sich in diesen und weitere Fälle eingeschaltet. Das ist ein gutes und hoffnungsvolles Signal.
Die Menschenrechtslage in China ist mit Blick auf die Situation in Hongkong wieder stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Auch innerkirchlich wird über den Umgang mit der kommunistischen Führung gerungen. Wie wirkt sich das auf die Katholiken in China aus?
Neben vorsichtigen Annäherungen stellen wir leider auch fest, dass das Regime die Daumenschrauben für Religionsgemeinschaften an manchen Stellen weiter anzieht. Das läuft vielfach unter dem Kampfbegriff „Sinisierung“, also einer Anpassung der kirchlichen Lehre und Tradition an die „chinesische Kultur“ – so wie sie die kommunistische Partei Chinas versteht.
Lassen Sie uns auf eine Weltregion blicken, in der man Probleme für Christen gar nicht vermuten würde: nach Lateinamerika. Dort ist zu hören von ermordeten Priester oder von in Brand gesetzten Kirchen wie im Herbst 2020 in Santiago de Chile. Was sind die Gründe dafür in einem Erdteil, den wir katholisch nennen?
Es gibt verschiedene Faktoren und Auslöser. Gemeinsam ist allen: Die Kirche redet, wo sie nach dem Willen der Regierung oder anderer gesellschaftlicher Gruppen schweigen sollte. Das gilt in Venezuela, in Mexiko oder in Nicaragua, wo Priester bedroht, unter Druck gesetzt oder von Kriminellen ermordet werden, weil sie Stellung beziehen und den Ärmsten helfen. Bei den jüngsten Unruhen in Chile handelt es sich um fanatisierte Gruppen, die das Recht auf Demonstration missbrauchen, um gegen das vorzugehen, was anderen Menschen heilig ist. Nichts rechtfertigt Angriffe auf Kirchen oder gegen den Glauben, um soziale, ethnische oder wirtschaftliche Gerechtigkeit zu verteidigen.
Auch das sogenannte „christliche Europa“ wurde 2020 erneut von islamistischen Anschlägen erschüttert, zum Beispiel in Nizza oder in Wien. Was beobachten Sie mit Blick auf die Religionsfreiheit in der westlichen Welt?
Es ist beschämend und schockierend, das der Vandalismus auf Gotteshäuser in Frankreich, Italien, Deutschland, aber auch den USA zunimmt. Es ist unverantwortlich, wenn unter dem Begriff einer falsch verstanden „Meinungsfreiheit“ Symbole des Glaubens oder religiöse Überzeugungen in den Schmutz gezogen werden.
Die zweite Entwicklung haben wir in Nizza und Wien einmal mehr erlebt: Sie besteht in dem Versuch, einzelne Menschen zu radikalisieren und ein fundamentalistisches System durchzusetzen, indem sie Terror und Gewalt sät und den Namen Gottes und die Religion missbraucht. Wir müssen auf diese Entwicklungen eine christliche Antwort geben. Und die kann nicht in Aggression oder dem Aufhetzen von religiösen Gruppen bestehen. Wir erleben bei unseren Projektpartnern in 140 Ländern, dass gelebte Nächstenliebe und geistliche Nähe viel mehr erreichen.
Die Einrichtung „Pro Femina“ verwirklicht genau das, wozu wir als Christen berufen sind: einfühlsam schwangeren Frauen in Not zur Seite zu stehen und Sie zur Annahme ihrer ungeborenen Kinder zu ermutigen, aber auch konkrete Hilfe anzubieten, soweit es in ihren Kräften steht. Die Kirche kann auf diese Initiative stolz sein und stellt sich unmissverständlich auf ihre Seite.
Von Kristijan Aufiero
Nach dem wachsenden politischen Druck auf Pro Femina während der letzten Wochen manifestiert sich der ideologische Hass nun auch „auf der Straße“. Wie man in linksextremistischen Kreisen dazu sagt, wurde unser Münchner Beratungszentrum in der Nacht zum 25. November „besucht“.
Am 25. September 2020 hatte die Fraktion „DIE LINKE/Die PARTEI“ im Münchner Stadtrat die „umgehende Schließung“ unseres Beratungszentrums in der Widenmayerstraße beantragt.
In Berlin ist man mit dem Anliegen, unsere Beratung und Hilfe für Schwangere in Not zu verbieten, bereits einen Schritt weiter: Auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und DIE LINKE, hat die Bezirksvollversammlung von Charlottenburg-Wilmersdorf mit großer Mehrheit den Beschluss gefasst, „einseitige Schwangerschaftskonfliktberatung zu beenden“! Konkret fordert die Versammlung das Bezirksamt auf, „Schwangerschaftskonfliktberatung durch Einrichtungen ohne staatliche Anerkennung, wie im Fall von Pro Femina e.V.“, zu „unterbinden“.
Mit diesem politischen Rückenwind fühlen sich gleichgesinnte, radikalisierte und gewaltbereite Gruppen offensichtlich ermuntert, unsere Beratungsarbeit auch mit extremeren Mitteln und ganz konkret zu „unterbinden“. So haben uns auch die Urheber des Farb-Anschlags ihre „politische Botschaft“ übermittelt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, am Isarufer, wurden Kleiderbügel mit den einschlägigen Parolen aufgehängt: „Abtreibung entkriminalisieren“, „My body, my choice“ oder „Föten töten“.
Welche Auswirkungen dieser Anschlag auf das Miteinander mit den anderen 14 Mietern im Haus oder auf die anstehenden Verhandlungen zur Verlängerung unseres Mietvertrages und damit ganz konkret auf unsere Arbeit haben wird, lässt sich im Augenblick noch nicht mit Gewissheit sagen.
Klar ist, dass die Radikalisierung und die stetig sinkende Hemmschwelle aufseiten der extremistischen Kräfte, die unsere Beratung und Hilfe „unterbinden“ wollen, unsere Arbeit vor immer existentiellere Herausforderungen stellt.
Klar ist aber auch, dass wir uns nicht den auf Lügen und Verleumdungen aufbauenden, politischen Angriffen auf die Beratungsfreiheit kampflos geschlagen geben werden. Erst recht werden wir der Gewalt der Straße niemals weichen.
Und wissen Sie, warum? Weil dies die Wahrheit über unsere Beratung ist und weil wir es diesen Frauen schuldig sind, nicht aufzugeben:
„Liebe Jeanette,
ich habe nun Ihre Mail mehrmals gelesen und Ihre Worte treffen mich mitten ins Herz. Sie erinnern mich an meine Stärken und lassen mich dadurch wieder klarsehen, was und wen ich alles besitze und an meiner Sei-te habe. Vielen Dank dafür! Seit der letzten Nachricht von Ihnen fühle ich mich wieder optimistisch und zuversichtlich. […]
Angst beginnt im Kopf, Mut aber auch.
Liebe Jeanette, ich bin sehr froh, Ihnen ‚begegnet‘ zu sein und muss sagen, dass mir diese Korrespondenz mehr gebracht hat als das Telefonat bei der Schwangerschaftskonfliktberatung!
Ich fühle mich deutlich gestärkter und kann langsam meine Gefühle und Gedanken besser ordnen, sodass ich eine Entscheidung treffen kann.
Ich möchte Ihnen sagen, dass Sie eine ganz wichtige und hervorragende Arbeit leisten und jede Frau bei Ihnen bestens aufgehoben ist! Ich empfinde es so und fühle mich mehr als nur verstanden. Sie lesen meine Texte sehr aufmerksam und nehmen sich Zeit, sehr ausführlich und emphatisch darauf zu antworten.
In tiefer Dankbarkeit, Viktoria“ (Name geänd.)
Es sind die originalen Zeilen einer Schwangeren, die eine unserer Beraterinnen erst vor wenigen Tagen erreicht haben. Es ist nur eine von vielen tausend dankbaren Rückmeldungen, die uns in den vergangenen Jahren erreicht haben, und die beweisen: Im Gegensatz zu dem ideologischen Unfug, den unsere Gegner über unsere Arbeit verbreiten, sind die tatsächlich von Pro Femina beratenen Frauen in ihrer überwältigenden Mehrheit zutiefst dankbar und begeistert von der Beratung und Hilfe, die sie bei Pro Femina erfahren haben!
Deshalb möchte ich heute mit einer Bitte an Sie schließen. Wir haben kürzlich ein Dokument mit 100 aus über 1.000 dankbaren Rückmeldungen von beratenen Frauen zusammengestellt, die wir in den vergangenen 12 Monaten erhalten haben. Sie können diese Sammlung mit einem Klick auf den „Button“ in der Meldung über den Farbanschlag auf unserer Webseite
herunterladen. Ich denke, dass die Verbreitung der Wahrheit über unsere Beratung vermutlich die einzige Chance ist, gegen das politische Unrecht vorzugehen, das sich immer deutlicher abzeichnet.
Deshalb bitte ich Sie, diese Informationen an Freunde, Bekannte oder Interessierte weiterzuleiten. Die wahre Geschichte über unsere Beratung ist die Geschichte von abertausenden beratenen Frauen, die so dankbar und glücklich sind wie „Viktoria“.
Die Geschichte meiner Mutter – vom Loslassen und Wiederfinden
Der Kelch des Lebens
Viele Jahre nach dem Tod seiner Mutter Marie Charlotte fand Dr. Peter Dyckhoff schriftliche Aufzeichnungen und Briefe, die an ihn gerichtet waren. Dieses „Blaue Buch"[1] offenbarte ihm ihr Lebensgeheimnis auf ganz neue Weise. Sie war bereit, den Kelch des Lebens bis zur Neige zu trinken. Aber wie bei Jesus selbst war es ein Kelch des Todes und der Auferstehung. Peter Dyckhoff beschreibt mit ihren Worten seinen eigenen Weg zum Priesterberuf, der für sie eine gewaltige Herausforderung bedeutete. An dieser Geschichte wird deutlich, dass Kinder ihre eigenen Wege gehen, und dass Eltern sie wiedergeschenkt bekommen, wenn sie losgelassen werden.
Von Peter Dyckhoff
Jesus sagte im Garten Getsemani kurz vor seiner Verhaftung zu Petrus, der versuchte, seinen Herrn mit dem Schwert zu verteidigen: „Der Kelch, den mir der Vater gegeben hat – soll ich ihn nicht trinken?“ (Johannes 18,11b). Mit diesen Worten nahm Jesus bereitwillig und bewusst den Weg an, den ihm der Vater vorgegeben hatte.
Das Wort Jesu hatte ich als Arbeitstitel für das Buch gewählt, das einen Teil des äußeren und inneren Weges meiner Mutter beschreibt. Nach dem plötzlichen Unfalltod meines Vaters hatte sie schwere Lasten zu tragen. Über einige Jahre hinweg war das Leben, das ich führte, für sie die schwerste Last. Wie meine Mutter hiermit umging, wie sie gelitten und sich gewehrt hat, spiegeln ihre eigenen Worte wider. Nach ihrem Tod fand ich Aufzeichnungen und Briefe an mich, die von großer Leiderfahrung und am Ende von unendlichem Glück sprechen. Mein Leben, meine Fehlentscheidungen und letztlich meine Entscheidung, Priester zu werden, erschütterten Mutters Existenz nicht nur grundlegend, sondern sie führten auch zu einem tiefen inneren Frieden in Gott. In schwersten Stunden ihres Lebens lernte sie auf äußerst leidvolle Weise das Loslassen von dem, was ihr in dieser Welt das Liebste war. Ich hätte ihr so gern dabei geholfen, doch vermochte ich es nicht, da ich weder dazu in der Lage war noch die Möglichkeit hatte, ihre zeitweilige Verschlossenheit aufzubrechen.
Wie oft hörte ich in einem vertrauten Gespräch die Worte aus ihrem Mund: „Mir bleibt nichts erspart. Ich muss den bitteren Kelch bis zur Neige trinken.“ Erst durch ihre schriftlichen Aufzeichnungen rundete sich viele Jahre nach ihrem Tod das Bild dieser herausragenden Frau für mich ab und ich durfte erkennen, welch wunderbare Wandlung und Heilung sich in ihr durch das Gebet der Hingabe und durch das gelebte Geheimnis des Glaubens vollzogen hat.
Schicksalsschläge, Enttäuschungen und viele Verletzungen, die sie schweigend hinnehmen musste, ohne etwas dagegen tun zu können, verwundeten nicht nur ihre Seele, sondern ließen sie auch größere schöpferische Zusammenhänge erkennen. Die aus diesem Leid und aus dieser Erkenntnis gewonnene Lebenskraft gab sie an andere und nicht zuletzt an mich liebevoll weiter. Nach anfänglicher heftiger Auflehnung gegen mich – Mutter hegte zeitweise berechtigte wie auch unberechtigte Erwartungen an mich, die ich nicht erfüllen konnte – entwickelte sich zwischen uns eine gegenseitige Liebe, die nichts Bindendes mehr an sich hatte, sondern, so darf ich es heute sagen, die uns auf Gottes Ewigkeit hin entgrenzte. Die schmerzliche Erfahrung des Loslassens führte sie an Abgründe der menschlichen Existenz, doch letztendlich wurde Mutter vom Leben reich beschenkt und fand Verlorengeglaubtes in ungeahnter Fülle und in einer neuen Tiefendimension wieder.
Das Blaue Buch vom Loslassen und Wiederfinden möchte ermutigen, aus dem Kelch zu trinken, wenn er uns unabdingbar als Kelch des Lebens, des Todes und der Auferstehung gereicht wird. Ich höre noch Mutters Worte, die wie ein Echo aus ihrer tiefsten Tiefe kamen – aus einer Tiefe, die zur wahrhaftigen Lebens- und Gotteserfahrung wurde: „Nimmst du das Unabänderliche geduldig und bejahend an, darfst du erleben, dass in jedem Leid und in jeder Wunde ein Stück Ewigkeit wohnt.“
Die Texte, die ich nach Mutters Tod in ihrem Blauen Buch fand, sind einerseits sehr persönlich und an ihr Leben und teils an das meine gebunden, andererseits zeigen sie aber auch eine vom Geist Gottes getragene Lebenswahrhaftigkeit, die von immerwährender Gültigkeit ist. Nachdem Mutter bereit war, das sich ihr Offenbarende liebend anzunehmen, geschah Wandlung zum Heil.
Um die Aussagen von Mutter verstehbarer und einsehbarer zu machen, war es notwendig, die Texte durch Kommentare zu verbinden. Diese Kommentare bestehen häufig aus der Schilderung meiner Lebenssituationen, die zu einem Großteil ihr Leben beeinflussten.
Mir ist bewusst: Das Wesentliche ist letztlich nicht aussagbar; es bleibt Fragment, weil es für uns ein noch unergründbares Geheimnis darstellt – eine Liebesgeschichte mit Gott. Doch sollten wir versuchen, das weiterzuerzählen, was der Schöpfer uns durch seine Geschöpfe offenbaren möchte.
[1] Marie Charlotte Dyckhoff & Peter Dyckhoff: Das Blaue Buch – Vom Loslassen und Wiederfinden, Pb., 224 S., Neuausgabe 2020, ISBN 978-3-86357-288-4, Euro 8,95 – Bestell-Tel.: +49 (0) 7563 608 998-0; info@fe-medien.de – www.fe-medien.de
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