Dezember 2016
Liebe Leser
Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel
Papst Franziskus hat zum Abschluss des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit ein Apostolisches Schreiben veröffentlicht, in dem er noch einmal klarstellt, worum es ihm geht. Die Logik des Reiches Gottes besteht darin, dass die göttliche Barmherzigkeit der menschlichen Bekehrung zuvorkommt. Indem die unverdiente Liebe Gottes den Sünder umfängt, noch bevor er die Gnade verdient hat, macht sie ihn erst fähig, von seinem Fall aufzustehen und zu Gott zurückzukehren. Und die Kirche ist dazu berufen, diese vorausgehende Liebe Gottes zu bezeugen und an die Menschen weiterzugeben. Mit „Misericordia et misera“ – „Die Barmherzigkeit und die Erbärmliche“, so lauten die ersten Worte des Dokuments, ist die Ehebrecherin im Johannesevangelium gemeint (Joh 8,1-11). Und Papst Franziskus macht deutlich, dass die Kirche nicht auf die Aufforderung Jesu verzichtet: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ Doch nimmt sie ernst, dass der Sünder erst dann auf Gott zugehen und die Sünde hinter sich lassen kann, wenn er bereits die Erfahrung von schützender Barmherzigkeit und Vergebung gemacht hat.
Nach dieser Logik geht Papst Franziskus auch in der Ökumene vor. Er stellt nicht in Abrede, dass die Wiederherstellung der Einheit Umkehr und Buße verlangt. Doch möchte er mit seinem Zugehen auf die getrennten Christen die zuvorkommende Liebe Gottes bezeugen. Und seine Reise nach Schweden zur Auftaktveranstaltung des Gedenkens an die Reformation vor 500 Jahren hat gezeigt, was ein solcher Schritt bewirken kann. Auf dem Titelbild sehen wir den Papst mit dem Präsidenten des Lutherischen Weltbunds im Veranstaltungszentrum „Malmö Arena“ in Lund vor einer stilisierten Weltkugel. Der Präsident wird jeweils für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt. Seit 2010 ist dies der palästinensische Bischof Dr. Munib A. Younan, Oberhaupt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. Er leitete die Gedenkveranstaltung am 31. Oktober 2016 in Lund und nahm den Papst mit unglaublicher Herzlichkeit und Wertschätzung auf.
Die Gemeinsame Erklärung, die Papst und Präsident in der lutherischen Kathedrale von Lund unterzeichnet haben, ist ein weiterer Meilenstein in der Ökumene. Ähnlich wie die Erklärung von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill vom 12. Februar 2016 birgt sie ein echtes Potential. Sie setzt den Akzent vor allem auf die ökumenischen Bemühungen um den gemeinsamen Empfang der Eucharistie. Der ausgewogene Wortlaut spiegelt die intensive Vorbereitungsarbeit von Kurt Kardinal Koch, dem Präsidenten des Päpstlichen Rats für die Einheit der Christen, wider, wie dies auch schon beim Dokument mit der Russisch-Orthodoxen Kirche der Fall war.
Die Lutheraner machen weniger als ein Zehntel aller protestantischen Christen aus, die auf die Reformation zurückgehen. Die „lutherischen Kirchen“ haben sich 1947 zum sog. „Lutherischen Weltbund (LWB)“ zusammengeschlossen. Er zählt 145 Mitgliedskirchen in 98 Ländern mit etwa 74 Millionen Mitgliedern. Dennoch sind die Lutheraner historisch gesehen ein sehr wichtiger Teil der protestantischen Gemeinschaften und für die katholische Kirche ein entscheidender Ansprechpartner in der Ökumene.
Liebe Leser, am 17. Dezember wird Papst Franziskus 80 Jahre alt. Trotz eingeschränkter Gesundheit absolviert er ein gewaltiges Programm. Wir gratulieren ihm von ganzem Herzen und versichern ihn unseres Gebets. Möge ihm Gott alle Gaben schenken, die er für seinen Dienst an der Kirche und der Menschheit braucht.
Gesunde Nähe, neuer Blick, gemeinsame Verpflichtung
Papst Franziskus setzt ökumenische Maßstäbe
Von Hubertus Blaumeiser
Einen Kommentar zur Reise des Papstes nach Lund zum gemeinsamen Reformationsgedenken verfasste Dr. Hubertus Blaumeiser, der selbst in Schweden mit dabei war. Blaumeiser (geb. 1954) stammt aus Deutschland und ist katholischer Priester und Theologe. Seine Dissertation schrieb er über die Kreuzestheologie Martin Luthers. Er arbeitet am Internationalen Zentrum der Fokolar-Bewegung in Grottaferrata (Rom) und gehört zur „Scuola Abba“, dem interdisziplinären Studienzentrum der Bewegung, das Bischof Klaus Hemmerle mitbegründet hat. Bis vor kurzem leitete er zugleich den Priesterzweig der Fokolar-Bewegung. Er nahm auch an der 35. internationalen Begegnung von 25 Bischöfen verschiedener Kirchen teil, die im Oktober dieses Jahres in Ottmaring bei Augsburg stattgefunden hat, und hielt dort einen Vortrag über die Theologie Martin Luthers. weiter...
Das Treffen des Papstes mit den Lutheranern in Lund
Wege zur Einheit
Von Erich Maria Fink
Im schwedischen Lund hat Papst Franziskus an der Auftaktveranstaltung des Lutherischen Weltbundes zum Gedenken an die Reformation vor 500 Jahren teilgenommen. Das Echo auf die Begegnung fiel sehr unterschiedlich aus. Die weltlichen Medien kommentierten das Ereignis mit nur wenigen Worten. Als ökumenisches Highlight wurde es kaum wahrgenommen. Und auch innerkirchlich war man zurückhaltend bis sprachlos. Die einen vermissten konkrete Ergebnisse, die anderen hatten Zweifel, ob es überhaupt angemessen war, dass der Papst nach Schweden reiste. Pfr. Erich Maria Fink sieht die Veranstaltung in einem positiven Licht und zeigt ihre Bedeutung für den künftigen Weg der Ökumene auf. weiter...
Die Frage nach dem „gemeinsamen Abendmahl“ (Luther verstehen – Teil 6)
Die Heilige Messe und das Priestertum
Von Andreas Theurer
Im sechsten Beitrag seiner Artikelreihe zum Reformationsgedenken behandelt Andreas Theurer das unterschiedliche Verständnis der Eucharistiefeier bei Katholiken und Protestanten. Martin Luther hatte die Heilige Messe nicht abgeschafft, aber theologisch ganz anders interpretiert. In der neuen Deutung der Eucharistie erlebte die Glaubensspaltung ihren Kulminationspunkt. Denn für Luther brauchte es zur Feier der Heiligen Messe keinen geweihten Priester mehr und deren Opfercharakter lehnte er ab. Seine Haltung war dabei eine logische Konsequenz seiner neuen Gnaden- und Rechtfertigungslehre. Die Forderung nach einem „gemeinsamen Abendmahl“ wird oft unabhängig von diesem theologischen Hintergrund erhoben, kommt aber letztlich an einer Klärung der Frage nach dem kirchlichen Amt nicht vorbei. weiter...
Reise zum Ursprung der Reformation
Zur Sakramentenlehre Luthers
Von Richard Niedermeier
Zum Reformationsgedenken erscheint in diesen Tagen ein Buch von Richard Niedermeier mit dem Titel: „Martin Luther. Eine Reise zum Ursprung der Reformation“. Sein Anliegen ist es zu verstehen, welche „historischen Gegebenheiten für den Prozess der abendländischen Kirchenspaltung eine gewichtige Rolle“ gespielt haben, wie etwa „menschliches Versagen“, „mangelnde Reformbereitschaft“, „die Gedankenlosigkeit der römischen Institutionen“, „die weitverbreitete Oberflächlichkeit im Religiösen“, „die extrem kontrastierte mit umso radikaleren geistlichen Aufbrüchen, die Last politischer Vorgaben, die auch die Kirche miteinbezogen, die Handlungen auch der kirchlichen Institutionen prägte“ und „die Nöte einer Umbruchszeit, die die Menschen Mitteleuropas in einem heute oft nur schwer nachvollziehbaren Ausmaß verunsicherte“.
Doch außer diesen Gegebenheiten möchte Niedermeier die „viel tieferen Wurzeln“ für den „Kampf Luthers mit der römischen Kirche“ aufspüren, welche er in „geistesgeschichtlichen Komponenten“ erblickt. Und so unternimmt er einen „geistesgeschichtlichen Erkundungsgang“, um ungeschminkt und ohne falsche Rücksichten ein adäquates Bild vom Denken und Handeln des Reformators zu zeichnen (Zitate aus dem Vorwort). Nachfolgend ein Auszug aus dem Abschnitt über die reformatorischen Hauptschriften unter dem Kapitel „Die Formung und Konsolidierung der Reformation“, in dem er einen Blick auf die Sakramentenlehre Luthers wirft (S. 92ff.). weiter...
Ein reuevolles Herz empfängt Vergebung
Papst Franziskus hat zum Abschluss des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit das Apostolische Schreiben „Misericordia et misera“ veröffentlicht. Diese einleitenden Worte bedeuten „die Barmherzigkeit und die Erbärmliche“, womit die Ehebrecherin im 8. Kapitel des Johannesevangeliums gemeint ist. Der Papst geht vor allem auf die Beichte als Ort der göttlichen Barmherzigkeit ein. Ein kurzer Auszug. weiter...
„Wir rufen aus voller Kraft: Nein zum Krieg!“
30 Jahre nach dem historischen Friedensgebet in Assisi 1986, zu dem Papst Johannes Paul II. Religionsvertreter aus der ganzen Welt eingeladen hatte, fand am 20. September 2016 in Assisi wieder ein Weltgebetstag für den Frieden mit Papst Franziskus statt. Das Treffen stand unter dem Thema: „Durst nach Frieden – Religionen und Kulturen im Dialog“. Die Teilnehmer richteten abschließend einen eindringlichen Appell an alle Menschen guten Willens. Der Aufruf ist mehr als nur eine Absage an Terrorismus, Gewalt und Krieg im Namen der Religion, auch mehr als nur ein flehentliches Gebet um Frieden, er ist ein starkes gemeinsames Zeugnis, Frucht eines lebendigen Dialogs, Dienst am Aufbau einer in gegenseitiger Achtung geeinten Menschheitsfamilie. Der Appell im Wortlaut: weiter...
Dienst an den Kindern ist „Gottesdienst“
Der nimmt mich auf!
Von Weihbischof Andreas Laun
„Jesus stellte ein Kind in die Mitte seiner Jünger, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat“ (Mk 9,36f.). Diese Verheißung Jesu im Evangelium gilt an erster Stelle für Eltern, die Kindern das Leben schenken, ganz besonders für den hingebungsvollen Dienst der Mütter. weiter...
Fortbildung für Priester 2017
Sakrament der Freude
Von Carlos Encina Commentz, Rom
Msgr. Dr. Carlos Encina Commentz, Offizial der Apostolischen Pönitentiarie in Rom, lädt zur IX. Pastoralen Fortbildung für Beichtväter ein, die vom 9. bis 12. Januar 2017 an der Gebetsstätte Wigratzbad stattfinden wird. Auf Bitten zahlreicher Teilnehmer der vergangenen Fortbildungen werden dieses Mal auch Prof. Dr. Pater Karl Wallner und Prof. DDr. Raphael M. Bonelli wieder als Referenten auftreten. Viele Erkenntnisse der Psychologie stellen eine wertvolle Hilfe dar, um in der Seelsorge auf die Fragen des geistlichen Lebens sachgerecht und fruchtbringend eingehen zu können. weiter...
Bundesverband Lebensrecht
Berliner Erklärung 2016
Anlässlich des Marsches für das Leben am 17. September 2016 hat der Bundesverband Lebensrecht die sog. „Berliner Erklärung 2016“ abgegeben. Mit ihren treffenden Formulierungen bildet sie eine wertvolle Orientierungshilfe für Seelsorge und Öffentlichkeitsarbeit. weiter...
Marsch für das Leben 2016
Das Zeugnis wird ernst genommen
Der 12. Marsch für das Leben am 17. September 2016 in Berlin war ein großartiger Erfolg und ein beeindruckendes Zeugnis für die unantastbare Würde des Menschen. Teilgenommen haben mehr als 7.500 Personen aus ganz Deutschland, darunter fünf Bischöfe. Nachfolgend einige Zitate aus der Kundgebung vor dem Reichstag. weiter...
„Die Welt braucht eine Revolution gegen Gewalt!“
Fünf Monate Geisel des IS
Von Berthold Pelster
Was vor den Augen der Weltöffentlichkeit in Syrien und im Irak geschieht, ist unbegreiflich. Mit Hass und religiösem Fanatismus wird das Christentum ausgelöscht und niemand weiß, wie man auf den barbarischen Zynismus der Islamisten reagieren soll. Der syrische Priester Jacques Mourad, der fünf Monate in IS-Geiselhaft verbringen musste, aber mit Hilfe muslimischer Freunde fliehen konnte, gibt ein ergreifendes Zeugnis der christlichen Versöhnungsbereitschaft und Gewaltlosigkeit. Seine Geschichte ist eng mit dem nun zerstörten syrisch-katholischen Kloster Mar Elian verbunden, dessen Ursprung bis ins 4. Jahrhundert zurückreicht. weiter...
Zur Seligsprechung von Francisco und Jacinta
„Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“
Interview mit Sr. Ângela Coelho
Schwester Ângela Coelho, die Postulatorin für die Selig- und Heiligsprechung der Seherkinder von Fatima, erklärt, wie es zur Seligsprechung der beiden Geschwister Francisco und Jacinta Marto kam und worin die Kirche deren Heiligkeit sieht. Das Interview führte Pfarrer Dr. Thomas Maria Rimmel als Mitarbeiter von K-TV. weiter...
Zeichen der göttlichen Vorsehung
Bedeutung des Namens Fatima
Von Imre von Gaál
Dass Maria im Jahr 1917 ausgerechnet in dem portugiesischen Ort Fatima erschienen ist, darf nach Professor Dr. Imre von Gaál durchaus als providentiell betrachtet werden. Tatsächlich geht die Bezeichnung des Ortes auf den Namen der vierten Tochter Mohammeds zurück. Doch gedenkt der Ort nicht unmittelbar dieser Tochter, sondern einer maurischen Prinzessin, die im 12. Jahrhundert zum Christentum konvertiert ist. Von Gaál machte sich auf eine „Spurensuche“ und kam zu dem Ergebnis, dass die Gottesmutter mit der Wahl des Ortes ganz offensichtlich eine Brücke zum Islam geschlagen hat. Dort wird Maria, die Mutter Jesu, zwar verehrt, doch ist sie in der Zeit nach der Abfassung des Korans bewusst in den Hintergrund gedrängt worden. Fatima dagegen, die Tochter Mohammeds, wird bis ins Phantastische überhöht dargestellt, um Maria als die höchste aller Frauen zu ersetzen. Nach den Ausführungen von Professor von Gaál über die Rolle Mariens im Islam, welche wir im letzten Heft veröffentlicht haben, wirft er nachfolgend einige Schlaglichter auf die Bedeutung des Namens Fatima. weiter...
Eine deutsche Gräfin wird Botin für den Papst
Sendung der sel. Maria Droste zu Vischering
Von Christa Bisang
Die hl. Margareta Maria Alacoque (1647-1690) hatte am 27. Dezember 1673 in einer Vision von Jesus Christus den Auftrag empfangen, sich für die Verehrung seines Göttlichen Herzens einzusetzen. Mit seiner Enzyklika „Annum sacrum“ vom 25. Mai 1899 erhob Papst Leo XIII. das Fest des Heiligsten Herzens Jesu zum Hochfest, wie es Jesus durch die hl. Margareta ausdrücklich gewünscht hatte. Am 11. Juni vollzog er die in der Enzyklika bereits angekündigte Weihe der ganzen Welt an das Göttliche Herz Jesu. Den entscheidenden Anstoß für diesen Schritt aber hatte die selige Maria Droste zu Vischering (1863-1899) gegeben, der Jesus zwei Jahre zuvor diesen Wunsch geoffenbart hatte. Es ist sehr bezeichnend, dass Papst Leo XIII. so unverzüglich dem Schreiben der jungen Ordensfrau entsprochen hat. Gleichzeitig kann die sel. Maria Droste als Wegbereiterin der Botschaft von Fatima verstanden werden. weiter...
Die Kirche als „ecclesia militans“ gegen „political correctness“
Wir müssen kämpfen!
Von Johannes Stöhr
„Wir müssen mit Ausdauer kämpfen“ – dies betonte Schwester Lucia von Fatima in einem Interview 1999 sowohl im Hinblick auf das persönliche geistliche Leben als auch im Zusammenhang mit den zunehmenden Anfeindungen, welche die Kirche heute von Seiten ihrer Gegner erlebt. Darauf geht der bekannte Dogmatikprofessor Dr. Johannes Stöhr (geb. 1931) in einem umfangreichen Beitrag über die Bedeutung der Fatimabotschaft für die Ekklesiologie, das heißt für die Lehre über die Kirche, ein. Unter dem Titel „Maria und die Kirche im Lichte der Botschaft von Fatima“ arbeitet er elf Punkte heraus, unter denen der sechste die Überschrift trägt: Die Kirche als „ecclesia militans“. Prof. Stöhr fasst kurz zusammen, wie die Gottesmutter zum entschiedenen Kampf aufruft, aber auch selbst in den Kampf eintritt und ihren Kindern den Schutz ihrer mütterlichen Liebe anbietet. weiter...