Juni 2022

Liebe Leser

Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel

Vertrauen ist die Grundlage für jede zwischenmenschliche Beziehung. Nur wenn Menschen einander vertrauen, kann das Zusammenleben gelingen und Liebe wachsen. Das gilt auch für die Beziehung des Menschen zu Gott. 

Ausgangspunkt des christlichen Glaubens ist das Vertrauen zum Wort Gottes, das mit Jesus Christus in die Welt gekommen ist. Wenn jemand glaubt, dass dieses Wort die Wahrheit ist, kann er zu einer lebendigen Beziehung mit dem auferstandenen Erlöser und dem himmlischen Vater gelangen.

Jesus hat sein Wort der Kirche anvertraut und die Verantwortung einem Kreis übertragen, den er auf besondere Weise ausgewählt hat. Diese Berufenen nannte er selbst Apostel, das heißt Gesandte. Und er erklärte ihnen: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“ (Joh 20,21). Er gab ihnen die Vollmacht, in seinem Namen zu lehren: „Wer euch hört, der hört mich!“ (Lk 10,16). Aber sie sollten nicht nur Überbringer einer Botschaft sein. Vielmehr salbte er sie mit dem Heiligen Geist, denn sie sollten ihn repräsentieren und in den Sakramenten vergegenwärtigen. Durch sie wollte Jesus Christus selbst den Menschen begegnen.

„Das Priestertum heute und morgen“, so heißt unser Titelthema. Im Priestertum der Kirche lebt die Sendung der Apostel fort. Und der Lebensnerv allen priesterlichen Handelns in der Kirche ist das Vertrauen. Die Priester müssen „Diener des Vertrauens“ sein. Sie müssen so leben, dass ihnen die Menschen vertrauen können; sie müssen das Evangelium so verkünden, dass es die Menschen annehmen können; sie müssen sich im Dienst so verschenken, dass die Menschen in ihnen Christus begegnen können; sie müssen die Sakramente so feiern, dass die Menschen an die Gegenwart Gottes glauben und seiner Liebe vertrauen können.

Die Missbrauchskrise hat viel Vertrauen zerstört. Die Skandale sind genau das Gegenteil von dem, was Christus seinen Aposteln aufgetragen hat. Wie kann das verlorengegangene Vertrauen wieder zurückgewonnen werden? Diese Frage stellt sich die Kirche mit großer Dringlichkeit. Die Krise muss zu einer tiefgreifenden Reinigung und Erneuerung des priesterlichen Dienstes führen. Und es ist sicherlich angezeigt, über grundsätzliche Reformen des kirchlichen Lebens nachzudenken. Gleichzeitig gilt es ehrlich zu prüfen, ob wir in Deutschland mit unserem „Synodalen Weg“ die Weichen richtig gestellt haben. Ist die Agenda, welche im Raum steht, wirklich geeignet, Vertrauen aufzubauen, oder verfolgt sie nicht ganz andere Ziele? 

Wir haben in diesem Heft Beiträge zusammengestellt, welche Anregungen zum Titelthema bieten: Wie können Priester „Diener des Vertrauens“ sein, wie können sie leben und wirken, damit sie Vertrauen stiften? Doch gelten diese Impulse nicht nur für die Priester, sondern für alle Gläubigen. Gemeinsam sind wir berufen, den missionarischen Auftrag der Kirche zu erfüllen.

Heutzutage sind wir versucht, Themen wie Fegfeuer und Hölle auszublenden. Wir befürchten, gerade dadurch die Menschen vor den Kopf zu stoßen und ihr Vertrauen zu verlieren. Und sicher wurde in der Vergangenheit mit diesen Themen Unheil angerichtet. Der sel. Carlo Acutis aber mag ein Beispiel dafür sein, dass Menschen jeden Alters die ganze Wahrheit erfahren wollen und für Klarheit in diesen Fragen dankbar sind. Umso mehr schenken sie der Kirche Vertrauen.

Liebe Leser, mit einem aufrichtigen Vergelt’s Gott für Ihre Spenden, ohne die wir unser Apostolat nicht weiterführen können, wünschen wir Ihnen auf die Fürsprache Mariens, der Königin des Friedens, einen gesegneten Herz-Jesu-Monat Juni.

 

„Ihr seid Christi Wohlgeruch!“ (2 Kor 2,15)

Seid Priester mit Herz!

Von Bischof Bertram Meier, Augsburg

Bei der Chrisammesse am Karmittwoch 2022 rief Bischof Dr. Bertram Meier die zahlreich im Augsburger Dom versammelten Priester und Diakone dazu auf, ihre Liebe zu Jesus Christus zu erneuern und den Duft des Evangeliums zu verbreiten. „Alle und jeden einzelnen heiße ich willkommen in der ‚sakramentalen Bruderschaft‘, wie das Zweite Vatikanische Konzil das Presbyterium eines Bistums nennt (vgl. Presbyterorum ordinis, 8)“, so Bischof Bertram. Gerade heute komme es drauf an, „einander beizustehen und als aufmerksame und feinfühlige Brüder aufeinander Acht zu geben“. Nachfolgend die leicht gekürzte Predigt des Bischofs. weiter...

 

Vier Grundpfeiler des priesterlichen Lebens

Gottes Stil ist Nähe

Von Papst Franziskus

Drei Tage lang beschäftigte sich eine Konferenz im Vatikan mit dem Weihepriestertum, insbesondere mit Fehlentwicklungen beim priesterlichen Amtsverständnis. Ziel war es, aus verschiedenen Perspektiven ein neues Bild vom Priester zu zeichnen. Zum Auftakt am 17. Februar 2022 hielt Papst Franziskus selbst einen langen Vortrag. Er ging von seinen persönlichen Erfahrungen aus und legte gleichsam eine Quintessenz aus seinen 52 Priesterjahren vor. Zunächst wandte er sich sowohl gegen ein Vorauseilen nach vorn als auch gegen eine Rückkehr in die Vergangenheit. Beides sei eine Flucht, die keinen Beitrag zur Lösung gegenwärtiger Probleme liefern könne. Ein solides Fundament sehe er in einer vierfachen „Nähe“ des Priesters, und zwar zu Gott, zum Bischof, untereinander und zum Volk Gottes. So könne es auch heute Berufungen geben und eine erfüllte Verwirklichung des priesterlichen Zölibats. Papst Franziskus bekräftigte: „Der Zölibat ist ein Geschenk, das die lateinische Kirche hütet.“ Auszüge aus der Ansprache des Papstes. weiter...

 

Gibt es das glaubwürdige priesterliche Lebenszeugnis?

„In ihnen bin ich verherrlicht!“

Von Elmar Busse ISch

Pater Elmar Busse (geb. 1951) ist Mitglied der Schönstatt-Bewegung und seit 1990 in der Schönstatt Jugend- und Familienarbeit tätig. Seit 2016 leitet er auch den Fachbereich Spiritualität in der Katharina Kasper Akademie der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Dernbach. Jahrelang hat er mit Opfern von sexuellem Missbrauch gearbeitet und zu den aufgetauchten Fragen Stellung bezogen. Am 6. April 2022 hielt er in Radio Horeb einen Vortrag zum Thema: „In ihnen bin ich verherrlicht“ (Joh 17,10). Ausgehend von diesem Wort Jesu über seine Apostel ging P. Busse auf das Ringen der Kirche um Antworten auf den Missbrauchsskandal ein. Auszüge aus seinem Vortrag. weiter...

 

Das Priestertum heute und morgen

Diener des Vertrauens

Von Erich Maria Fink

Die Missbrauchskrise verlangt eine ehrliche und ernsthafte Aufarbeitung. Die Berichte über Skandale in aller Welt werfen viele Fragen auf, denen sich die Kirche stellen muss. Wie kann Missbrauch in Zukunft so weit wie möglich verhindert werden? Was muss geschehen, damit die Vergehen nicht mehr vertuscht werden? Worin liegen die Ursachen für Missbrauch und Vertuschung? Welche systemischen Fehler müssen behoben werden? Wo sind tiefgreifende Reformen notwendig? Wie können Umkehr und Neuanfang gelingen? Welche Lebensform ist für den priesterlichen Dienst angesagt? Wie kann die Kirche den Opfern gerecht werden? Welche Hilfe kann sie ihnen zur Heilung anbieten? Pfarrer Erich Maria Fink schlägt vor, das Thema Vertrauen in den Mittelpunkt der Überlegungen zu stellen, um angemessene Antworten auf diese Fragen finden zu können und die notwendigen Schritte zur Überwindung der Krise zu erkennen. weiter...

 

Ein trauriger Freitag im Bundestag

Liebe und Leben

Von Bischof Bertram Meier, Augsburg

Der Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier bekannte sich bei seiner Predigt am 15. Mai 2022 zum Abschluss des Mariathon von Radio Horeb in Balderschwang unmissverständlich zum Lebensrecht der ungeborenen Kinder. Nachfolgend der Schlussteil seiner Predigt. weiter...

 

Hagiotherapie für die Wunden der Kirche

Wegweiser zur Erneuerung

Von Georg Gantioler FSO

P. Georg Gantioler FSO, der den „Theresienwerk e.V. – Augsburg“ seit 2019 leitet, sieht im Vermächtnis der hl. Therese von Lisieux einen Wegweiser für alle, die sich in der Kirche engagieren und am Aufbau des Reiches Gottes mitwirken möchten. Reinigung und Erneuerung beginne damit, dass sich jeder die Frage stelle: Was bewegt mich, etwas zu tun? Was ist mein letztes Motiv? Allein das Heilige könne die Wunden der Kirche heilen, Heiligkeit, in der die Gegenwart Gottes und seiner barmherzigen Liebe aufleuchte. Und so verwendet er für den Weg der Erneuerung den Begriff „Hagiotherapie“, merkt aber dazu an: „Wenn ich hier von Hagiotherapie spreche, meine ich nicht die von Professor Tomislav Ivančić entwickelten Erkenntnisse und Methoden, sondern verwende den Begriff im wörtlichen Sinn: Heilung durch das (den) Heilige(n).“ weiter...

 

Therese von Lisieux angesichts der Missbrauchskrise

Vertrauen zur Kirche

Von Erzbischof em. Karl Braun

Der nachfolgende Beitrag ist einem Büchlein entnommen, das Erzbischof em. Dr. Karl Braun bereits 1983 veröffentlicht hat. Er war damals Domkapitular in Augsburg und im Auftrag des Bischofs von Augsburg, Dr. Josef Stimpfle, für das Theresienwerk zuständig. Die Funktion des bischöflichen Beauftragten übte er von der Gründung 1972 an bis zu seiner Ernennung zum Bischof von Eichstätt im April 1984 aus. Das Büchlein trägt den Titel „Ich habe meinen Platz in der Kirche gefunden. Therese von Lisieux und die nachkonziliare Krise der Kirche“. Was die hl. Therese über das Vertrauen zur Kirche „in der Haltung des Kindseins“ zu sagen hat, kann für uns heute angesichts der Missbrauchskrise eine wertvolle Hilfe sein. weiter...

 

Gebetsgemeinschaft „Maria Mutter Europas“ – Auftrag von höchster Aktualität

Zwischen Hoffen und Bangen

Von Stefan Blanz

Die jüngsten Auseinandersetzungen haben Bruderkriege zurück in die Mitte Europas gebracht. Das fordert auch die Gebetgemeinschaft „Maria Mutter Europas“ heraus, die sowohl in der Ukraine in Charkiw als auch in Russland in Beresniki/Rebinina mit Standorten für ihr Friedensapostolat vertreten ist. Die Ereignisse haben die Organisatoren um Pater Notker Hiegl OSB vom Kloster Beuron aber auch wachgerüttelt. weiter...

 

Katechese über die hl. Katharina von Genua

Gedanken über das Fegfeuer

Von Papst Benedikt XVI.

Seine Ansprache bei der Generalaudienz am 12. Januar 2011 widmete Papst Benedikt XVI. der hl. Katharina von Genua (1447-1510). Gleich zu Beginn hob er hervor, dass diese außergewöhnliche Frau vor allem für ihre Gedanken über das Fegfeuer bekannt ist, die 1551 veröffentlicht worden sind. Zunächst schilderte er das bewegte Leben der Mystikerin, die Heirat mit Giuliano Adorno im Alter von 16 Jahren und besonders ihr tiefgreifendes Bekehrungserlebnis am 20. März 1473. „Hier begann jenes ,Leben der Läuterung‘, das sie lange Zeit einen ständigen Schmerz empfinden ließ um der begangenen Sünden willen und das sie drängte, sich Bußen und Opfer aufzuerlegen, um Gott ihre Liebe zu zeigen“, so Papst Benedikt. Im Licht dieser Erfahrung deutet er ihre Gedanken über das Fegfeuer, welche auch in der Enzyklika Spe salvi (2007) einen Widerhall gefunden haben. Nachfolgend der zweite Teil seiner Ansprache. weiter...

 

Das Wirken des sel. Carlo Acutis

Jugendlicher Eifer

Von Nicola Gori

Am 10. Oktober 2020 hat Papst Franziskus Carlo Acutis (1991-2006) seliggesprochen. Carlo war an einer schweren Leukämie erkrankt und nach wenigen Tagen im Alter von 15 Jahren mit vollkommener Ergebung in den Willen Gottes gestorben. Er hatte ein außerordentliches Talent für Computer und Internet, das er zur Verbreitung seiner Glaubensüberzeugungen nützte. Bekannt ist, dass er eine eigene Webseite einrichtete, um eucharistische Wunder aus der ganzen Welt vorzustellen. Überrascht ist man, wenn man in der neuen Biografie von Nicola Gori [1] erfährt, dass dieser junge Missionar besonderen Wert auf die Bekanntmachung von Texten über Fegfeuer und Hölle legte. Gewährsleute hierfür waren ihm die hl. Katharina von Genua, auf die auch Papst Benedikt XVI. in seiner Verkündigung Bezug nahm, und die hl. Schwester Faustyna Kowalska, die der hl. Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen hatte. weiter...


[1] Nicola Gori: Die Eucharistie – Mein Weg zum Himmel. Biografie von Carlo Acutis, geb., 176 S. mit 16 S. Bildteil, ISBN 978-3-9479314-0-8, Euro 14,95 (D)/ 15,40 (A); www.media-maria.de