Februar-März 2023

Liebe Leser

Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel

Mit Benedikt XVI. ist ein unbeirrbarer Zeuge des Evangeliums, ein unerschütterlicher Fels in der Brandung des Zeitgeistes von uns gegangen. Sein bischöflicher Wahlspruch „Mitarbeiter der Wahrheit“ war ihm zeitlebens heilige Verpflichtung. Mit dieser Zielsetzung nahm er mehr und mehr die Verantwortung für die ganze Kirche auf seine Schultern. An der Seite des heiligen Papstes Johannes Paul II. wuchs er als Präfekt der Glaubenskongregation gleichsam in den Petrusdienst hinein, den er dann als Nachfolger acht Jahre lang selbst ausübte. Als Papst emeritus blieb er wie ein Leuchtturm stehen, der durch seine reine Präsenz Richtung wies und die Kirche auf ihrem Weg bestärkte. weiter...

 

Unermüdlicher Einsatz, um das Konzil für eine echte Erneuerung fruchtbar zu machen

Vermächtnis Benedikts XVI.

Von Stephan Horn SDS

Der inzwischen emeritierte Universitätsprofessor und Salvatorianerpater Dr. Stephan Otto Horn war von 1972 bis 1977 Assistent bei Prof. Dr. Joseph Ratzinger in Regensburg, wo er 1978 im Fach Dogmatik zum Thema „Petrou Kathedra“ habilitiert wurde. Danach war er Lehrstuhlinhaber für Dogmatik an der Universität Augsburg und Ordinarius für Fundamentaltheologie an der Universität Passau. Daneben wirkte er lange Jahre als Sprecher des Schülerkreises von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. und war Gründungsmitglied sowie erster Vorstand der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Nachfolgend geht er in einem ersten Schritt auf das Vermächtnis Benedikts XVI. ein, nämlich auf das Grundanliegen, das Joseph Ratzinger als Theologe sowohl während seiner akademischen Tätigkeit als auch während seines Pontifikats angetrieben hat. Den zweiten Teil der Ausführungen von Prof. Horn über das Erbe des verstorbenen Papstes veröffentlichen wir in der nächsten Nummer. weiter…

 

„Das nächste Mal treffen wir uns im Himmel“

Licht in der Dunkelheit der Welt

Von Peter Seewald

Der Journalist und Autor Peter Seewald (geb. 1954), der verheiratet ist und mit seiner Familie in München lebt, gilt als einer der besten Kenner des nun verstorbenen Papstes Benedikt XVI. Aus persönlichen Gesprächen mit Joseph Ratzinger als Kardinal wie später als Papst entstanden zunächst die Bücher „Salz der Erde“, „Gott und die Welt“, „Licht der Welt“ und „Benedikt XVI. – Letzte Gespräche“ (2016). Allesamt wurden internationale Bestseller. Im Jahr 2020 brachte Seewald eine über 1000-seitige Biographie heraus,[1] die das Leben Ratzingers von seiner Geburt in Marktl am Inn im Jahr 1927 bis zu seinem Rücktritt vom Amt des Papstes im Februar 2013 nachzeichnet. Dieses gewaltige Werk spiegelt auch den eigenen Weg des Autors wider, der durch die Begegnung mit dem unverwechselbaren Theologen und Kirchenmann ein neues Glaubensfundament erlangt hat und eine aufrichtige Hochschätzung für Benedikt hegt. Früher hatte Seewald für den STERN, den SPIEGEL und das Magazin der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG gearbeitet. Bereits 1992 aber lernte er Ratzinger persönlich kennen und begann eine neue Weltsicht zu entwickeln. Wir freuen uns sehr, dass er für „Kirche heute“ ein kleines Resümee geschrieben hat, in dem er seine Erfahrungen mit Benedikt zusammenfasst. weiter…

 

„Als Papst war er noch gütiger und großherziger geworden“

Ein ungemein beeindruckender Theologe

Von Martin Trimpe

Die persönlichen Erinnerungen von Pfarrer Dr. Martin Trimpe an seinen akademischen Lehrer Joseph Ratzinger geben einen wertvollen Einblick in die Persönlichkeit des späteren Papstes. Trimpe nennt ihn einen „ungemein beeindruckenden Lehrer der Theologie und Priester“. Und er fügt hinzu, als Papst Benedikt XVI. sei er „noch gütiger und großherziger“ geworden. Der aus Damme-Greven gebürtige Trimpe lernte Professor Ratzinger als Student in Münster kennen, folgte ihm zunächst nach Tübingen und schließlich nach Regensburg. Dort pflegte er als wissenschaftliche Hilfskraft einen unmittelbaren Umgang mit seinem Lehrer und entscheid sich schließlich für ein Promotionsstudium. Am 13. November 1976 wurde er im Dom zu Osnabrück zum Priester geweiht. Auf diesem Weg folgte ihm sein Zwillingsbruder Reinhard am 11. Februar 1978. Nach ihrer Emeritierung als Pfarrer leben beide Brüder inzwischen wieder in ihrer Heimat Damme und helfen auf vielfältige Weise in der Seelsorge aus. Die nachfolgenden Erinnerungen sind in den „Mitteilungen Institut Papst Benedikt XVI., Jg. 15/2022, Regensburg 2022“ erschienen. weiter…

 

Jahrzehntelange Freundschaft mit einem Münchener Banker

Liebenswürdig, bescheiden und klug

Von Thaddäus Kühnel

Eine sehr enge und persönliche Beziehung hatte sich zwischen Kardinal Joseph Ratzinger bzw. Papst Benedikt XVI. und Thaddäus Kühnel (78) aus Holzkirchen entwickelt. 40 Jahre lang brachte Kühnel Adventskränze nach Rom und war sein persönlicher Chauffeur während seiner Aufenthalte in Deutschland. In einem Interview mit Radio Horeb sprach Kühnel über dieses freundschaftliche Verhältnis, das ein Licht auf die vielen verborgenen Verbindungen des großen Kirchenmannes zum einfachen Volk wirft. Kühnel, der als Banker bei Hauck Aufhäuser in München beschäftigt war, hatte Joseph Ratzinger mit seinem Bruder Georg und seiner Schwester Maria 1977 „zufällig“ bei einem Mittagessen an der Primusquelle in Bad Adelholzen kennengelernt. Er war dort geschäftlich unterwegs, während die Ratzingers Urlaub machten. Es war das Jahr, in dem Papst Paul VI. Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising und zum Kardinal ernannt hatte. weiter…

 

Erfahrungen von Lufthansa-Kapitän Martin Ott mit Benedikt XVI.

„Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen!“ (Joh 3,30)

Von Martin Ott

Schon sehr früh haben sich die Wege von Joseph Ratzinger und Martin Ott gekreuzt, nämlich im Wintersemester 76/77, als Ott wenigstens für kurze Zeit Vorlesungen des berühmten jungen Professors hören wollte. Er hatte schon damals den Entschluss gefasst, Pilot zu werden, doch dass er als Lufthansa-Kapitän diesen Professor einmal als Papst wiedertreffen und zweimal nach Rom fliegen würde, lag außerhalb jeglicher Vorstellung. Martin Ott aus Thalhof bei Pfaffenhofen an der Ilm durfte im Anschluss daran in einen engen Kontakt mit Benedikt XVI. eintreten. Das versteht er als außerordentliches Privileg, als Gottes Gnade. Davon legte er im Rahmen eines Interviews mit Radio Horeb am 3. Januar 2023 Zeugnis ab. weiter…

 

Kirche = Welt: eine Gleichung, die nicht aufgeht

Aufruf zur „Entweltlichung“ – ein Vermächtnis von Benedikt XVI.

Von Bischof Bertram Meier

Als der Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier seine Silvester-Predigt vorbereitete, war bereits bekannt, dass sich der gesundheitliche Zustand des emeritierten Papstes Benedikt XVI. verschlechtert hatte. Doch war nicht abzusehen, dass er noch vor dem Jahreswechsel von uns gehen würde. Bischof Meier knüpfte bei seiner Ansprache zum Jahresschluss an den Aufruf Benedikts XVI. zur „Entweltlichung“ an, den er am 25. September 2011 im Konzerthaus von Freiburg im Breisgau an die „in Kirche und Gesellschaft engagierten Katholiken“ gerichtet hatte. Papst Benedikt ließ die damalige Apostolische Reise in sein Heimatland in vieler Hinsicht zu einem historischen Vermächtnis werden. Doch das Wort „Entweltlichung“ ist bis heute ein besonderer Stachel im Fleisch geblieben. Nachfolgend die ungekürzte Predigt von Bischof Meier an Silvester 2022 im Dom zu Augsburg. weiter…

 

Benedikt XVI. hat Kirchengeschichte geschrieben

Ein immenses und kostbares Lebenswerk

Von Bischof Bertram Meier

Mit „Trauer und Betroffenheit“ hat der Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier auf die Nachricht vom Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. reagiert. In einem Statement würdigte er den Verstorbenen als überragenden Theologen und Hirten im Dienst an der Wahrheit. Dabei knüpfte Bischof Meier an ganz persönliche Erinnerungen an. weiter…

 

Weichenstellende Begegnung mit Benedikt XVI.

Vom Kreuz empfangen wir allen Trost

Von Ingrid Wagner

Ingrid Wagner aus Passau berichtet von einer eindrucksvollen Begegnung mit Papst em. Benedikt XVI. am 20. August 2016 im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten. Ihr Zeugnis zeigt wunderschön die Herzensgüte eines Hirten, der am Schicksal der Menschen ganz persönlich Anteil genommen hat und dadurch auch immer wieder Weichen für das ganze Leben der Betroffenen gestellt hat. Ihre Freundin Veronika Marton, für die sie den Besuch in Rom arrangierte, ist inzwischen bei den Betlehemschwestern eingetreten. Ingrid Wagner, die in der Jugend 2000 „großgeworden“ ist, leitet heute das Referat Neuevangelisierung im Bistum Passau und das HOME am Domplatz. weiter…

 

Benedikt XVI. war ein im Herzen Empfangender

Von Bischof Oster SDB

Im Passauer Stephansdom feierte Bischof Dr. Stefan Oster unter großer Anteilnahme von Gläubigen und Vertretern aus der Politik am 7. Januar 2023 ein Requiem für Benedikt XVI. In seiner Predigt ging er von der ersten Seligpreisung in der Bergpredigt aus: „Selig die arm sind vor Gott!“ Im Licht dieser Verheißung hielt er einen einfühlsamen Rückblick auf das Leben des Verstorbenen. Nachfolgend ein kurzer Auszug aus seiner Ansprache. weiter…

 

Was es mir bedeutet, zu einem – meinem –  Säkularinstitut zu gehören

Weltpriester in einer geistlichen Familie

Von Lorenz Rösch

In einer der letzten Ausgaben hatte Pfr. Lorenz Rösch bereits das Säkularinstitut Notre-Dame de Vie (Unsere Frau vom Leben) vorgestellt. Diesem – genauer: dessen Priesterzweig – gehört er selbst seit dem Noviziat 2015/17 an, mit dem Ziel der ewigen Gelübde im Sommer 2023. Ergänzend zu der damaligen Darstellung des Instituts als solchen gibt er im Folgenden einen Einblick darin, was ihm als Diözesanpriester diese Zugehörigkeit bedeutet. Dies lässt sich sicherlich – mutatis mutandis – auch auf andere Säkularinstitute für Priester bzw. mit Priesterzweig übertragen. weiter…

 

Ratzinger erinnerte sich an Hans Scholl – „Alle sagten: Die san schneidig!“

Alles lassen und das Letzte wagen

Von Jakob Knab

Studiendirektor Jakob Knab erforscht seit vielen Jahren den Widerstand gegen die Ideologie und Herrschaft der Nationalsozialisten während des Dritten Reichs. Er zeigte vor allem die tiefe christliche Verwurzelung der Studentengruppe „Weiße Rose“ auf. Nachfolgend geht er auf die spirituelle Prägung des Mitbegründers Hans Scholl ein, dessen Leben vor bald 80 Jahren unter dem Fallbeil endete. Knab stellt auch einen Bezug zu Joseph Ratzinger her und verweist auf eine Stelle in der Biographie von Peter Seewald. Der junge Ratzinger war Zögling in Traunstein, als die Gruppe vom 27. Juni bis zum 12. Juli 1942 ihre vier Flugblätter in Umlauf brachte, aber auch als Hans und Sophie Scholl am 22. Februar 1943 hingerichtet wurden. Seewald schreibt: „Auch die Seminaristen in Traunstein hatten davon Wind bekommen. ‚Wir haben darüber gesprochen‘, berichtete Ratzinger, ‚und unsere ganze Klasse zeigte Sympathie. Alle sagten: ,Die san schneidig.‘“ (S. 118). weiter…


[1] Peter Seewald: Benedikt XVI. – Ein Leben, Droemer, HC, geb. Ausgabe € 38,00 (E-Book € 29,99), 1184 Seiten, ISBN 978-3-426-27692-1 – Der Bestsellerautor Peter Seewald legte 2020 eine lang erwartete große Biographie Benedikts XVI. vor. Auf über 1000 Seiten zeichnet er den Werdegang des außerordentlichen Theologen Joseph Ratzinger nach, der mehr als ein halbes Jahrhundert im Licht der Öffentlichkeit stand: • als Theologie-Professor in Münster, Bonn, Tübingen und Regensburg, • als Konzilstheologe und Redenschreiber für Kardinal Frings auf dem II. Vatikanischen Konzil, • als Erzbischof von München und Freising, • als Vorsitzender der Glaubenskongregation in Rom • und schließlich als Papst Benedikt XVI. Joseph Ratzinger hat den Aufbruch der katholischen Kirche in Rom vor Ort mitgestaltet; er hat als Professor in Tübingen die Studentenunruhen um 1968 herum erlebt; er war mehr als 20 Jahre lang einer der engsten Vertrauten von Papst Johannes Paul II. und in dieser Stellung Zeuge der politischen Umwälzungen in Osteuropa; und er hat 2013 mit seinem Rücktritt ein Zeichen gesetzt, das das Amt des Papstes ein für alle Mal verändert hat. Kurzum: Joseph Ratzinger ist eine Person der Zeitgeschichte. Dass er als Deutscher zum Papst gewählt wurde, war ein Jahrhundertereignis. Für diese Biographie hat Peter Seewald viele Stunden lang mit Benedikt XVI. gesprochen. Aber er konnte auch aus einem reichen Fundus von Aufzeichnungen schöpfen, der sich im Zug der gemeinsamen Arbeit mit Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. an insgesamt vier Gesprächsbüchern gebildet hatte. Seewald konnte für dieses Buch auch mit engen Weggefährten wie Georg Gänswein und dem Bruder Georg Ratzinger sprechen. Auf diese Weise entstand das lebendige Bild eines streitbaren Theologen und Dieners der römisch-katholischen Kirche, das Joseph Ratzinger in einem neuen Licht zeigt und Maßstäbe setzt. – „Mein Grundimpuls war, unter den Verkrustungen den eigentlichen Glaubenskern freizulegen und diesem Kern Kraft und Dynamik zu geben. Dieser Impuls ist die Konstante meines Lebens.“ – Joseph Ratzinger