November 2023
Liebe Leser
Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel
„Saul, Saul, warum verfolgst du mich? – Ich bin Jesus, den du verfolgst“ (Apg 9,4f.). Mit diesem Paukenschlag am Beginn der Kirchengeschichte eröffnet sich für Saulus eine zentrale Wahrheit des Evangeliums, die Gegenwart des gekreuzigten und auferstandenen Herrn in den Jüngern, die um ihres Meisters willen Verfolgung erleiden. Von diesem Augenblick der Bekehrung des hl. Paulus an spannt sich der Bogen bis in die Gegenwart. Es gilt, in den verfolgten Christen des 20. und 21. Jahrhunderts die geheimnisvolle Gegenwart des leidenden und sterbenden Christus zu entdecken. Und diese hat gleichsam sakramentalen Charakter, sie ist Quelle der Erlösungsgnade für unsere Zeit. weiter...
„Deinen Tod, o Herr, verkünden wir...“
Eine kleine Theologie des christlichen Martyriums
Von Roman A. Siebenrock
Der Dogmatikprofessor Dr. Roman Anton Siebenrock (geb. 1957) veröffentlichte 2009 ein Buch mit dem Titel: „Christliches Martyrium. Worum es geht."[1] Auf dem Hintergrund der religiösen Rechtfertigung von Vorkommnissen in der islamischen Welt arbeitet er darin die wesentlichen Merkmale des authentischen christlichen Martyriums heraus. Seinen Beitrag zum Thema „Christenverfolgung“ nennt er „eine kleine Theologie des christlichen Martyriums“. Er stellt klar: „Nicht alle Opfer sind Märtyrer und nicht jeder, der sein Leben einsetzt, darf als Märtyrer verehrt werden.“ Vielmehr sei für das christliche Verständnis des Martyriums entscheidend, dass im Zeugnis bis zur Lebenshingabe das Leiden und Sterben Jesus Christi vergegenwärtigt werde. Den Höhepunkt sieht der Dogmatiker im Gebet der Märtyrer für ihre Verfolger, einem Ausdruck göttlicher Liebe, durch welche die Spirale der Gewalt durchbrochen werde. „Hier strahlt das Osterlicht so klar wie nie in unsere Welt hinein“, so Professor Siebenrock. weiter...
Verstöße gegen die Religionsfreiheit in jedem dritten Land der Erde
„Red Wednesday“ 2023
Von Tobias Lehner, Kirche in Not
Eine Form der Solidarität mit den verfolgten Christen stellt der Bericht zur Religionsfreiheit weltweit dar, den „Kirche in Not“ alle zwei Jahre erarbeitet. Die diesjährige Ausgabe umfasst 900 Seiten und untersucht die Lage in 196 Ländern. In 61 Staaten wird die Religionsfreiheit schwerwiegend verletzt. Verfolgungen finden in 28 Ländern statt, in denen 4,03 Milliarden Menschen leben, mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Darauf macht auch der „Red Wednesday“ aufmerksam. weiter...
Unverbrüchliche Treue zu Christus, der die Wahrheit ist
Zur Christenverfolgung in Afrika
Von Pessoa Vitangui
Der katholische Priester Pessoa Vitangui kommt aus Angola und ist gerade dabei, in Lissabon seine Promotion abzuschließen. Danach wird er in seine Heimat zurückkehren und am Priesterseminar unterrichten. In seinem Beitrag über die Situation der Christen in Afrika zeichnet er ein sehr realistisches bis düsteres Bild, er lässt sogar eine gewisse Angst und Traurigkeit spüren. Die Verfolgung durch islamische Fundamentalisten nimmt zu und lässt auf absehbare Zeit keine Besserung erhoffen. Ja, im Blick auf Angola stellt er nüchtern fest: „Das Schlimmste steht uns noch bevor.“ Denn es werden „noch viele weitere Fundamentalisten auftauchen, die das Leben der Christen bald zur Hölle machen“ könnten. Doch nach seiner Überzeugung gehört Verfolgung zur Nachfolge Christi. Er klammert sich an die Verheißungen Jesu im Evangelium, aber auch an das frühkirchliche Wort von Tertullian: „Das Blut der Märtyrer ist der Samen für neue Christen.“ weiter...
Verfolgung christlicher Hauskirchen in China
Bruder Yun – Weg eines freikirchlichen Predigers
Von Isaac Liu
Liu Zhenying wurde 1958 in dem kleinen chinesischen Bauerndorf Liu Lao Zhuang geboren. Mit 16 Jahren bekehrte er sich zum christlichen Glauben und wurde freikirchlicher Prediger. Von seiner Gemeinde erhielt er den Namen „Bruder Yun“, unter dem er inzwischen weltweit bekannt ist. In seiner Heimatprovinz Henan im zentralchinesischen Tal des Gelben Flusses baute er eine Hauskirchen-Bewegung auf, die sich der staatlichen Kontrolle widersetzte. Dafür wurde er von der kommunistischen Regierung verfolgt und schwer misshandelt. Insgesamt verbrachte er zwölf Jahre in Gefängnissen und Arbeitslagern, bis er 2001 mit seiner Frau Deling und den beiden Kindern Isaac und Yilin nach Deutschland fliehen konnte. Heute sind in der Provinz Henan 30 Prozent der 100 Millionen zählenden Bevölkerung Christen. Nachfolgend Auszüge aus einem Gespräch, das Andre Stiefenhofer im Rahmen der Standpunkt-Sendung vom 17. April 2022 auf Radio Horeb mit seinem Sohn Isaac Liu führte. weiter...
Aus dem Lebensbericht von „Bruder Yun“
Gefoltert für Christus
Von Liu Zhenying
Liu Zhenying (geb. 1958), bekannt als „Bruder Yun“, wirkte nach seiner Bekehrung unermüdlich als Prediger. Geprägt von der Pfingstbewegung gründete er in China unzählige Hauskirchen und löste damit eine Welle der Evangelisierung aus. In seinem Lebensbericht schildert er die grausame Verfolgung, die er über Jahrzehnte hinweg durchmachen musste. Doch betrachtet er diese Leiden als geheimnisvolle Grundlage für seine spätere Fruchtbarkeit. 1997 gelang ihm die Flucht aus dem Hochsicherheits-Gefängnis in Zhengzhou. Seit 2001 lebt er in Deutschland und engagiert sich besonders für das evangelikale Aktionskomitee für verfolgte Christen (AVC). Entsprechend dem Begriff der „Ökumene der Märtyrer“ können wir im Blick auf „Bruder Yun“ auch von einer „Ökumene der verfolgten Christen“ sprechen. Der nachfolgende Bericht geht auf eine Publikation auf der Webseite www.evangeliums.net zurück. weiter...
Das Zeugnis der Märtyrer im Licht der Neuevangelisierung
Der heilende Dienst der Wahrheit
Von Helmut Moll
Als Herausgeber des Deutschen Martyrologiums des 20. Jahrhunderts[2] beschäftigt sich Prälat Dr. Helmut Moll (geb. 1944) seit 1996 mit dem Blutzeugnis unserer Brüder und Schwestern im Glauben. „In unserem Jahrhundert sind die Märtyrer zurückgekehrt!“ Diese berühmten Worte des hl. Papstes Johannes Paul II. bringt Prälat Moll mit dem Auftrag zur Evangelisierung in Verbindung, den Papst Franziskus zum Schwerpunkt seines Pontifikats erhoben hat. Auf dem Hintergrund des „Synodalen Wegs“ in Deutschland und der weltweiten Bischofssynode zur Synodalität der Kirche erinnert Prälat Moll an das unersetzbare Zentrum der Frohen Botschaft, die Erlösung durch den Kreuzestod Christi, in dem die bedingungslose Liebe Gottes und die unantastbare Würde des Menschen aufleuchten. Das Kreuz ist in der Lebenshingabe der Märtyrer unserer Zeit von neuem aufgerichtet. Ein Gewährsmann für dieses Licht des Evangeliums ist nach Prälat Moll der Jesuitenpater Alfred Delp, der vor seiner Hinrichtung geschrieben hat: „Der Weg zur Rettung wird nur gefunden in der existentiellen Umkehr und Rückkehr in die Wahrheit.“ weiter...
Ein Kirchenbau wird zum Symbol der Hoffnung in Zeiten der Verfolgung
Das Wunder von Nowa Huta
Von Volker Niggewöhner
Auch in Polen hatte das kommunistische Regime den Kampf gegen die Kirche aufgenommen. In dieser Atmosphäre formte sich die Persönlichkeit Karol Wojtyłas als Kämpfer für Freiheit und Menschenwürde. Nowa Huta sei für ihn der wichtigste Übungsplatz gewesen, um der Kirche in den von Kommunisten beherrschten Ländern wieder einen Platz zu verschaffen, so der polnische Historiker Antoni Dudek. Die Wahl Wojtyłas zum Papst und die Gründung von Solidarnosc führte schließlich zum Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft in Mittel- und Osteuropa. Aber auch der Jahrhundertpapst Johannes Paul II. bedurfte engagierter und mutiger Mitarbeiter. Einer von ihnen war Pfarrer Józef Gorzelany, der zusammen mit seiner Gemeinde das Wunder des Kirchenbaus von Nowa Huta vollbrachte. Ein Beitrag von Volker Niggewöhner, dem Referenten für Öffentlichkeitsarbeit bei „Kirche in Not“. weiter...
Der hl. John Fisher (1469-1535) im Licht Johannes des Täufers
Der einzige Märtyrer unter den Kardinälen
Von Jakob Knab
Die Tragödie der Abspaltung der englischen Kirche von Rom im 16. Jahrhundert war vom unerschütterlichen Zeugnis klarsichtiger Märtyrergestalten begleitet. Herausragend ist das Eintreten des hl. Bischofs John Fisher für die Unauflöslichkeit der Ehe und die Einheit der Kirche. In seinem Konflikt mit König Heinrich VIII. wurde er seinem Namenspatron auf erstaunliche Weise ähnlich. Hatte der König von England noch damit geprahlt, zu seinem Reich gehöre der klügste, gelehrteste und gottesfürchtigste Bischof der gesamten Christenheit, so reagierte er zornentbrannt, als ihn dieser mit Herodes und seine neue Frau Anne Boleyn mit Salome verglich. Doch Fisher blieb standhaft und verweigerte als einziger Bischof den Eid auf den König als Oberhaupt der Kirche in England. Während seiner Gefangenschaft wurde er von Papst Paul III. zum Kardinal erhoben – einen Monat vor seiner Hinrichtung. weiter...
Erhellendes Bild für den synodalen Charakter der Kirche
Die Metapher des Orchesters
Von Papst Franziskus
Am 30. September 2023 nahm Papst Franziskus 21 neue Kardinäle in das weltumspannende Kollegium auf. Unerwartet aber bewusst hatte er dieses neunte Konsistorium für den „Vorabend der ersten Synodenvollversammlung“ zum Thema „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ einberufen. Ausgehend von der Pfingstgeschichte, in der eine lange Liste von Völkern aus allen Teilen der Welt enthalten sei, warf der Papst einen Blick auf die Kandidaten, die auf je ihre Weise das Evangelium in ihrer Heimat und Muttersprache empfangen hätten. „Denn dort“, so betonte der Papst, „in der Geschichte unseres Volkes, ich würde sagen im ‚Fleisch‘ unseres Volkes, wirkte der Heilige Geist das Wunder der Mitteilung des Geheimnisses Jesu Christi, der gestorben und auferstanden ist.“ Auf synodale Weise gelte es nun, die Charismen aus den verschiedenen Völkern zusammenzubringen und für die Kirche fruchtbar zu machen, für die „Mutter Kirche, die in allen Sprachen spricht, die eine ist und katholisch ist“. Dabei verdeutlichte er die Aufgabe der Kardinäle durch den Vergleich mit einem Symphonieorchester, das „die Symphonik und die Synodalität der Kirche“ symbolisiere. Der zweite Teil der Ansprache. weiter...
„Kirche in Not“ verzeichnet Geschichten voller Mut und Glaubenskraft
Helden des Glaubens kann nichts aufhalten
Von Tobias Lehner, Kirche in Not
Ein Blick in die Nachrichten genügt: Krisen allerorten. Auch hierzulande sorgen sich viele Menschen um den politischen und gesellschaftlichen Zusammenhalt – und auch um die Zukunft des Glaubens und der Kirche. Ein Blickwechsel kann helfen: Das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) erhält Woche für Woche erschütternde Berichte von bedrängten und notleidenden Christen – aber auch Zeugnisse voller Glaubenskraft und Hoffnung. Ja, es gibt sie: die Helden des Glaubens – und Sie können auch uns Mut machen! Zwei aktuelle Geschichten hat „Kirche in Not“ hier zusammengetragen. weiter...
Im Blick auf 1700 Jahre „Konzil von Nizäa“ 2025 und 500 Jahre „Confessio Augustana“ 2030
Heilvolles Erinnern
„Gemeinsames Wort“ von Katholiken und Lutheranern
Kurt Kardinal Koch, der Präsident des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, nahm an der 13. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) teil, die vom 13. bis 19. September in Krakau stattgefunden hat. Sie ist das höchste Entscheidungsgremium der weltweiten Gemeinschaft von lutherischen Christen, die sich 1947 unter einem „Dach“ zusammengeschlossen haben. Aus rund 100 Ländern sind darin heute 150 Kirchen vereinigt, zu denen etwa 77 Millionen Gläubige zählen. Gastgeber war die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen, Gründungsmitglied des Weltbundes, welche nur 0,17 % der polnischen Bevölkerung ausmacht. Am 16. September wählte die Versammlung den 61-jährigen Bischof von Viborg aus Dänemark, Henrik Stubkjær, zu ihrem neuen Präsidenten. Als 14. Präsident in der Geschichte der Dachorganisation löste er Panti Filibus Musa aus Nigeria ab. Ein Höhepunkt der Versammlung war die Präsentation eines „Gemeinsamen Wortes“, das Kardinal Kurt Koch und die estnische Theologin Anne Burghardt, die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes, vortrugen. Dabei warb der Kardinal für ein „heilvolles Erinnern“, um miteinander fähig zu werden, „die notvollen Ereignisse der Vergangenheit zu überlassen“. weiter...
ALfA fordert Gewissensfreiheit für Medizinstudenten
Von Cornelia Kaminski, ALfA e.V.
Die Bundesregierung möchte Abtreibungen zum verpflichtenden Inhalt des Medizinstudiums machen. Sie hat offengelegt, dass es in Deutschland zwar siebenmal so viele Geburten wie Abtreibungen gibt, aber nahezu doppelt so viele Abtreibungseinrichtungen wie Kreißsäle. Letztes Jahr sind die Abtreibungszahlen um erschreckende zehn Prozent gestiegen. Wir brauchen Ärzte, die Leben retten, und nicht Ärzte, die schon im Studium gelernt haben, wie man es nimmt. Daher fordert die Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA) die Bundesregierung eindringlich auf, jegliche Pläne zur Verpflichtung von Medizinstudenten, an Abtreibungshandlungen mitzuwirken, umgehend auf Eis zu legen. weiter...
[1] Verlagsgemeinschaft Topos plus GbR (= topos taschenbücher, 662), Kevelaer 2009, ISBN 978-3-8367-0662-9.
[2] Helmut Moll – hrsg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz: Zeugen für Christus – Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, 8., erweiterte und aktualisierte Auflage 2023, 2 Bände, insg. CIX + 2.012 Seiten, zahlr. Abbildungen, Leinen mit Schutzumschlag, Euro 99,–; Bestellungen an: Brockhaus/Commission, Kreidlerstraße 9, D-70806 Kornwestheim, Tel. 07154-1327-10, E-Mail: schoeningh@brocom.de – ISBN 978-3-506-78012-6; Schauen Sie auch rein unter: www.deutsches-martyrologium.de/start/