Die letzten drei Nummern von Kirche heute sind jeweils noch nicht online gestellt.
Die vollständige Ausgabe können Sie hier bestellen.
April 2024
Liebe Leserinnen und Leser!
Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel
Wir verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ (1 Kor 1,23f.).
Diese Worte ruft der hl. Apostel Paulus den Gläubigen in Korinth zu, als er sie zur Einheit mahnen muss. Spaltungen haben die Gemeinde erschüttert und in eine Krise gestürzt. Da weiß der Apostel, dass allein die Besinnung auf das Kreuz Christi die Herde wieder zusammenführen kann. An dieser Botschaft scheiden sich die Geister. Im Geheimnis des Kreuzes aber besitzt die Gemeinschaft der Christen ihre radikale Identität, in der sie sich von der übrigen Welt unterscheidet: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft“ (1 Kor 1,18).
Was am Beginn der Christenheit so sonnenklar aufstrahlt, gilt bis heute. Auch in unseren Tagen erleben wir Uneinigkeit und Spaltung und damit verbunden eine sich zuspitzende Krise der Kirche. Da gilt es, auf das Kreuz zu schauen, um das Wesentliche nicht aus dem Blick zu verlieren. Dann kann die Kirche auch wieder ein einmütiges Zeugnis ablegen.
Humanismus und Demokratie reichen nicht aus, um die unantastbare Würde des Menschen zu verteidigen und zu retten. Wer kann kompromisslos für das Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod eintreten? Nur wer in der Nachfolge Christi den Weg zum Leben erkennt und bereit ist, das Kreuz auf sich zu nehmen. Nur im Licht des Kreuzes können die Hirten der Kirche vor einer Politik warnen, die Sterbehilfe und Abtreibung bis zur Geburt legalisiert, die der Embryonenforschung und den Kinderwunschzentren freien Lauf lässt, die Ehe und Familie zerstört und Drogenkonsum erlaubt. Und ohne die Weisheit des Kreuzes kann auch der Missbrauch nicht überwunden und von der Wurzel her aufgearbeitet werden.
Umso mehr muss die Kirche im Licht des Kreuzes Christi eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Leids geben. Wenn die Menschheit von Kriegen, Gewalt und Hass, von entfesselter Selbstsucht und Naturkatastrophen heimgesucht wird, ist unser Glaube an die Vorsehung Gottes und seine Liebe herausgefordert. Wie sehr braucht die Welt das Licht des Evangeliums, welches den Sinn des Lebens im Ostersieg Christi enthüllt und uns das ewige Ziel vor Augen führt!
Die schlimmsten Verfolgungen haben die Christen im Lauf der Geschichte aus der Kraft ihrer österlichen Hoffnung heraus durchgestanden und im wahrsten Sinn des Wortes besiegt. Immer rauer wendet sich auch heute der Geist der Welt gegen das Christentum, weltweit entfesselt sich eine gesellschaftspolitische Dynamik gegen die Kirche. Wir gehen auf eine Verfolgung zu, wie wir sie uns im Augenblick noch gar nicht vorstellen können. Doch genügt ein ehrlicher Blick auf die verschiedensten Konfliktfelder, um zu erahnen, wie global sich dieser Angriff gestaltet, seien es Klima- oder Gender-Ideologien, sei es religiös aufgeladener Fundamentalismus und Terrorismus, seien es politische Regime, die sich immer totalitärer gebärden.
Liebe Leser, da sollten wir uns eingestehen, wie kurzsichtig und armselig oft das ganze Gezänk in unserer Kirche ist. Die Zeichen der Zeit rufen uns auf, in aller Demut zusammenzustehen, gerade auch in Einheit mit dem Nachfolger Petri, um nicht fehlzugehen. Der hl. Johannes Paul II. hatte angekündigt, dass sich durch die schweren Zeiten hindurch, die uns bevorstehen, ein neuer Frühling der Kirche und Menschheit anbahnen werde. In dieser Hoffnung sagen wir Ihnen ein herzliches Vergelt‘s Gott für Ihre treue Unterstützung und wünschen Ihnen auf die Fürsprache Mariens, der Königin des Himmels, eine gesegnete Osterzeit!
Das Leid der Welt als Anfrage an die Vorsehung
Im Licht des Kreuzes
Von Richard Kocher
In seiner Dissertation setzte sich Pfarrer Dr. Richard Kocher (geb. 1959) sehr eingehend mit dem Thema Vorsehung auseinander. Wichtige Ergebnisse fasste er nach dem Abschluss seiner Arbeit in kurzen Abhandlungen zusammen, die wir als Artikelreihe veröffentlichen. In einem zweiten Beitrag geht es um das sog. Theodizee-Problem, also um die Frage nach dem Sinn des Leids. Während seines Wehrdienstes las Richard Kocher das Buch „Der Archipel GULAG“. In diesem monumentalen Werk dokumentierte der russische Schriftsteller Alexander Solschenizyn das grausame System der sowjetischen Straflager. Das Zeugnis von den unmenschlichen Bedingungen und dem Leiden der politischen Gefangenen hinterließ in Richard Kocher tiefe Spuren. Es wurde mit ausschlaggebend dafür, dass er sich für den Priesterberuf entschied und später das Thema „Herausgeforderter Vorsehungsglaube“ für seine Promotionsarbeit wählte. weiter...
Haben Leid und Leiden in Leben und Kosmos einen Sinn?
Die Theodizee-Frage als Zugang zum Glauben
Von Boris Wandruszka
Der Philosoph, Arzt und Psychotherapeut Dr. med. Dr. phil. Boris Wandruszka (geb. 1957) hat sich sein Leben lang mit dem Thema Leid beschäftigt. Schon in jungen Jahren war er mit einer schweren Krankheit konfrontiert und stellte sich existenzielle Sinnfragen. Im Lauf der Jahre entwickelte er einen philosophisch-theologischen Zugang zum Theodizee-Problem, also zur Frage nach dem Sinn des Leidens, den er „Metaphysik des Leidens“ nennt.[1] In seinem Beitrag skizziert er diesen Ansatz, der phänomenologisch grundgelegt ist und in eine Art Ethik des Leidens einmündet. Den Schlüssel bilden für ihn die verschiedenen Sinn-Dimensionen, die durch die Erfahrung von Leid ins Bewusstsein rücken können. In einem zweiten Artikel, den wir in der nächsten Ausgabe veröffentlichen, wird Dr. Wandruszka näher auf den „Sinn des christlichen Kreuzes“ eingehen. weiter...
Synodaler Geist im Dienst missionarischer Dynamik
Auf Kurs Richtung Oktober 2024
Von Lorenz Rösch
Wie kann die Kirche missionarischer werden? Diese Frage bestimmt das gesamte Pontifikat von Papst Franziskus. Dabei ist er überzeugt, dass die Kirche ihren Weg in die Zukunft nur auf synodale Weise finden kann. Auf allen Ebenen sollten die Gläubigen in einen dialogischen Austausch treten, um ihre Sendung entdecken und zur Entfaltung bringen zu können. Pfarrer Lorenz Rösch wagt eine Bestandsaufnahme des synodalen Prozesses der katholischen Weltkirche und arbeitet heraus, worauf es in der derzeitigen Phase bis zur zweiten Tagungsperiode der Bischofssynode im Oktober 2024 ankommt. weiter...
Das Ja des Sohnes und das Ja Mariens
Glaubensweg zur österlichen Vollendung
Von Kurt Kardinal Koch
Bei der Theologischen Tagung zur „Bleibenden Bedeutung von Benedikt XVI.“ vom 20. bis 25. August 2023 ging Kurt Kardinal Koch, der Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, auch auf die „Mariologischen Grundgedanken bei Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.“ ein. Der Sinn des Leids in der Welt und im Leben des Einzelnen erschließt sich für den Christen vom Kreuz her. Maria ist gerade darin Urbild und Mitte der Kirche geworden, dass sie am erlösenden Leiden ihres Sohnes vollumfänglich Anteil genommen hat. So ist die Kirche „nicht nur unter dem Kreuz geboren worden, sondern sie ist immer Kirche unter dem Kreuz“. Gleichzeitig leuchtet in der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel, dem „eigentlichen Abschluss des Osterfestes“, bereits die „Vollendung der ganzen Schöpfung“ auf. Nachfolgend Auszüge aus dem Vortrag „Maria in der Gemeinschaft der Heiligen“. weiter...
John Henry Newman – ein neuer Kirchenlehrer?
Lehrer des Gewissens
Von Helmut Moll
P. Dr. Hermann Geißler FSO (geb. 1965) ist Dozent für dogmatische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Heiligenkreuz, an der Theologischen Fakultät Florenz und an der Päpstlichen Universität Urbaniana in Rom. 2023 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel „John Henry Newman. Ein neuer Kirchenlehrer?" Nachfolgend eine Besprechung von Prälat Prof. Dr. Helmut Moll. weiter...
Zum 100. Geburtstag von Sr. Imma Mack am 10. Februar 2024
„Engel von Dachau“
Von Jakob Knab
Als „Engel von Dachau“ ist Pater Engelmar Unzeitig bekannt, der 2016 seliggesprochen wurde. Im Juni 1941 kam er ins Konzentrationslager Dachau, wo er den Ruf als uneigennütziger Helfer erlangte. Als im November 1944 Flecktyphus ausbrach, meldete er sich freiwillig zur Pflege der Kranken und konnte Hunderten von Sterbenden die Sakramente spenden, auch vielen russischen Gefangenen. Schließlich steckte er sich selbst mit der tödlichen Krankheit an und starb am 2. März 1945. Mithäftlinge und Überlebende nannten ihn den „Engel von Dachau“. Studiendirektor Jakob Knab bezeichnet gerne auch Frauen als „Engel von Dachau“, welche für die Häftlinge zu Boten der Liebe wurden. Dazu gehören Christine Steinbüchler (1934-1962), die Lebensmittel und Medikamente ins Lager schmuggelte, Anna Warth (1905-1990), die Pater Josef Kentenich half, und auch Josefa Mack (1924-2006). weiter...
Der Publizist Friedrich von Lama – 1944 von den Nazis ermordet
Widerstand durch das Wort
Von Margarete Sedlmeyer
Die Germanistin und Romanistin Dr. Margarete Sedlmeyer (geb. 1940) hat sich intensiv mit dem Lebenswerk des katholischen Publizisten Friedrich Ritter von Lama (1876-1944) beschäftigt. Schon früh war Lama mit seinen dezidierten Wortmeldungen ins Visier der Nazis geraten, bis er schließlich am 9. Februar 1944 im Gefängnis München-Stadelheim ermordet wurde. Sedlmeyer weist nach, dass Lama als echter Widerstandskämpfer eingeordnet werden kann. Seine schriftstellerische Tätigkeit als Buchautor und Journalist war Glaubenszeugnis und „effektiver politischer Widerstand“ zugleich. Dabei weist seine Biografie Schnittmengen mit der Widerstandsgruppe der „Weißen Rose“ und eine enge Verbindung zu Therese Neumann von Konnersreuth (1898-1962) auf. Als Märtyrer des katholischen Glaubens habe Lama unserer Zeit viel zu sagen, so Sedlmeyer. Heute gebe es schleichende Ansätze zu einer Meinungsdiktatur, die zum Widerstand herausfordere. Eine religiöse Überzeugung, die im Übernatürlichen verankert sei, könne die notwendige Immunität und Kraft dazu verleihen. Über Friedrich von Lama brachte sie 2022 ein Buch mit dem Titel „Widerstand durch das Wort"[3] heraus. Im nachfolgenden Artikel sind Zitate aus Lamas Schriften kursiv gekennzeichnet. weiter...
Adoratio Altötting 2024
Um das „Geheimnis des Glaubens“ geht es beim diesjährigen Adoratio-Kongress, der von 14. bis 16. Juni 2024 in Altötting stattfinden wird – zum bereits fünften Mal. Es ist ein Glaubenskongress, um dem Gebet, im Besonderen der eucharistischen Anbetung, neuen Raum zu geben. … weiter...
„Mit dem Herzen Mariens“ in der Gebetsstätte Heroldsbach vom 5.-7. Juli 2024
Adoratio-Kongresse auf Expansionskurs
Von Andrea Borneis
In Deutschland sind dieses Jahr bereits drei sogenannte „Adoratio-Kongresse“ geplant. Zu Altötting und Neuzelle wird die oberfränkische Gebetsstätte Heroldsbach dazukommen. Bekannt geworden ist der Ort durch die angeblichen Marienerscheinungen im Jahr 1949. Doch bereits 1950 hat sich die Kirche gegen deren übernatürlichen Charakter ausgesprochen. Erzbischof Dr. Karl Braun von Bamberg regelte die Situation 1998 dadurch, dass er dem Ort den Status einer „Gebetsstätte“ verlieh. So ist Heroldsbach nun offiziell eine Marianische Gebetsstätte, an der die Mutter Gottes unter dem Titel „Mutter der göttlichen Weisheit“ verehrt wird. Seit 2009 wird dort die Eucharistische Anbetung rund um die Uhr gepflegt. Der Adoratio-Kongress wird vom 5.-7. Juli 2024 stattfinden und steht unter dem Thema „Anbeten mit dem Herzen Mariens, der Mutter der heiligen Eucharistie“. Nähere Informationen unter: cvts.eu/adoratio24-heroldsbach weiter...
Engelbert Recktenwald: Wirklichkeitserschließendes Sollen
Das Gewissen als Quelle der Erkenntnis
Von Michael König
Pater Engelbert Recktenwald widmet sich als Priester seit jeher philosophischen Fragestellungen, die den Sinn des Lebens und die Gottesfrage berühren. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit dem moralischen Selbstverständnis des Menschen. Denn er ist überzeugt, dass der sittliche Anruf, den jeder Mensch in seinem Gewissen erfährt, eine Tür zur Erkenntnis der Wahrheit öffnet, also eine Chance darstellt, die genützt werden will. In diesem Sinn hat Immanuel Kant vom „Primat der praktischen Vernunft“ gesprochen und schon Anselm von Canterbury das Empfinden des moralischen Werts als Weg der Erkenntnis gesehen. Dr. Michael König stellt nun das Buch „Wirklichkeitserschließendes Sollen"[4] von Pater Recktenwald vor, das 2023 erschienen ist. Der Verlag Karl Alber schreibt dazu: „In diesen Aufsätzen zeigt Recktenwald im konstruktiven Dialog mit zeitgenössischen Philosophien, dass diese Chance kein Trug ist, sondern nur darauf wartet, zugunsten eines menschenwürdigen Bildes vom Menschen ergriffen zu werden.“ weiter...
„Jesus, ich vertraue auf Dich!“
Die zentrale Feier des Festes der göttlichen Barmherzigkeit findet jedes Jahr am Sonntag nach Ostern (Weißer Sonntag) statt. Die Feier dieses Sonntags geht auf die hl. Sr. Faustina Kowalska, eine polnische Ordensfrau, zurück, die als „Botin der göttlichen Barmherzigkeit“ gilt. Am Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit steht also im Zentrum, dass Gott uns sein Herz schenkt. …weiter...
[1] Zur Vertiefung: Boris Wandruszka (2023): Philosophie des Leidens. Zur Seinsstruktur des pathischen Lebens, 1. Band: Phänomenologie des Leidens, 2. Band: Metaphysik des Leidens, Alberverlag, Freiburg i.B.
[2] Hermann Geißler FSO: John Henry Newman. Ein neuer Kirchenlehrer?, Be+Be-Vlg. Heiligenkreuz 2023, Hardcover, 120 S., ISBN 978-3-903602-89-2; Euro 21,90; Internet: http://www.bebeverlag.at
[3] Friedrich Ritter v. Lama: Widerstand durch das Wort. Ein Gautinger Publizist im NS-Widerstand, Gesellschaft für Archäologie und Geschichte, Oberes Würmtal e.V. (GfAG), 200 S., ISBN 978-3-00-73166-2, Euro 15,–; erhältlich über die Gautinger Buchhdlg. Kirchheim (Tel. 089-8503511).
[4] Engelbert Recktenwald: Wirklichkeitserschließendes Sollen, Verlag Karl Alber 2023, 157 S., brosch., 34,00 Euro, ISBN 978-3-495-99511-2; Tel.: +49 (0) 7221 2104-0; Internet: www.nomos-shop.de/karl-alber/