Januar 2016

Liebe Leser

Von Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel

In seiner Ansprache an die deutschen Bischöfe bei ihrem Ad-limina-Besuch in Rom hat Papst Franziskus am 20. November 2015 freimütige und erfrischende Worte gefunden. Er spricht uns aus dem Herzen und so haben wir seine Rede als Titelthema gewählt. Knapp und bündig umreißt der Papst die Situation der Kirche in Deutschland und ruft zu einer tiefgreifenden pastoralen Neuausrichtung auf. Die Schwerpunkte, die er uns für einen missionarischen Aufbruch mit auf den Weg gibt, machen wir uns zu eigen. Wir sehen in ihnen ein Programm, dem wir uns in unserem Zeitschriftenapostolat verpflichtet fühlen. Nach unseren Möglichkeiten möchten wir mithelfen, dass der Mahnruf des Papstes nicht ins Leere läuft, sondern zu einem wirksamen Sauerteig für Umkehr und Erneuerung des Glaubens wird. Im Vertrauen auf die Amtsgnade des obersten Hirten wollen wir an der Umgestaltung von Kirche und Gesellschaft mitwirken, wie sie sich Papst Franziskus vorstellt.

Manche Seiten versuchen das Papstwort abzuschwächen oder gar zu entwerten. So heißt es beispielsweise, Franziskus habe diese Ansprache gar nicht gehalten, sondern mit den Bischöfen ein freies, offenes Gespräch geführt. Auch die offizielle Veröffentlichung in Deutschland trägt die einleitende Bemerkung: „Es gilt das gesprochene Wort!“ Diesen Hinweis brauchen wir nicht gelten lassen. Denn Papst Franziskus händigt fast immer seine schriftlich ausgearbeitete Ansprache aus und nützt die Gelegenheit zum persönlichen Austausch, wenn er Bischöfen, Priestern, Seminaristen oder Ordensleuten begegnet. Denn er weiß, dass gerade sie in der Lage sind und sich auch die Zeit nehmen werden, sich mit den ausgegebenen Texten zu befassen. Dies bedeutet aber in keiner Weise, dass der Papst diesen Worten weniger Gewicht beimisst oder sich gar von ihnen distanziert. Im Gegenteil, er unterstreicht damit, dass es ihm auf den Wortlaut und dessen bleibende Gültigkeit ankommt.

Auch die Mutmaßung, die Ansprache spiegle lediglich die Haltung und den Stil der deutschen Mitarbeiter an der Römischen Kurie wider, der Papst selbst dagegen könne die kirchliche Lage in Deutschland gar nicht so genau einschätzen, vermag die Ansprache nicht zu relativieren. Sie beweist allenfalls, dass Papst Franziskus keinen Keil zwischen sich und Ludwig Kardinal Müller treiben lässt, sondern volles Vertrauen und Geschlossenheit zeigt.

Wir können Paul Josef Kardinal Cordes nur zustimmen, wenn er angesichts der Reaktionen auf die Papstrede feststellt: „In der Begegnung von Papst Franziskus mit den deutschen Bischöfen zeigt sich wieder, wie wegweisend die Theologie der ‚Communio‘ in der katholischen Kirche ist. Diese Wahrheit gibt den Teilkirchen und der Universalkirche ein hilfreiches Zueinander und ein Miteinander. Die katholische Kirche hat darum in ihrer Struktur ein großes Erneuerungspotential… Und jeder Ad-limina-Besuch eines Episkopats ist mehr als eine Formalität. Sowohl die kirchengeschichtliche Erfahrung wie erst recht die Weisung katholischer Communio-Theologie bestärken gewiss auch diesmal die deutschen geweihten Hirten, den zentrifugalen Kräften zu wehren, die sich nördlich der Alpen verbreiten.“

Liebe Leser, mit eindrucksvollen Feiern hat Papst Franziskus zunächst in Afrika und dann in Rom das „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“ eröffnet. Diesem Gnadenangebot werden wir im Lauf der kommenden Monate unsere besondere Aufmerksamkeit widmen. Wir sagen Ihnen allen für Ihre treue Unterstützung ein aufrichtiges Vergelt’s Gott und wünschen Ihnen angesichts der stürmischen Zeit auf die Fürsprache unserer himmlischen Mutter Maria Gottes reichen Segen für ein friedvolles und gottbehütetes Neues Jahr 2016. Möge es auch für Sie persönlich ganz im Zeichen der göttlichen Barmherzigkeit stehen!

 

Papstwort an die Kirche in Deutschland

Ermahnung zu einem missionarischen Aufbruch

Von Papst Franziskus

Die Ansprache des Papstes an die deutschen Bischöfe vom 20. November 2015 lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Ohne Abstriche sollten wir uns alle diesem historischen Aufruf verpflichtet fühlen und ihm unsere volle Aufmerksamkeit schenken. weiter...


Ausdruck väterlicher Fürsorge

Franziskanischer Einspruch

Von Erich Maria Fink

Die Rede, die Papst Franziskus den deutschen Bischöfen bei ihrem Ad-limina-Besuch Mitte November 2015 in Rom mit auf den Weg gegeben hat, geht alle an. Pfarrer Erich Maria Fink sieht in den Worten des Papstes einen Ausdruck väterlicher Fürsorge, der uns nachdenklich machen sollte. Hirten wie Gläubige, ehrenamtliche wie hauptberufliche Mitarbeiter der Kirche seien dazu aufgerufen, Gewissenserforschung zu halten. Ist der Einspruch, den Franziskus vorgetragen hat, nicht wirklich berechtigt? Bietet er nicht unzählige Ansatzpunkte, um der katholischen Kirche in Deutschland eine neue Dynamik zu verleihen? Gewiss habe das Papstwort einen strengen und unmissverständlichen Ton. Doch Pfarrer Fink hofft, dass es weniger als Kritik, sondern vielmehr als eine beherzte Ermutigung aufgenommen wird. weiter...


50 Jahre Ehebegleitung durch „Marriage Encounter“

Erfolgreiche katholische Ehebewegung

Von Waltraud Koch-Heuskel und Wilfried Koch

Seit fast 50 Jahren breitet sich auf der ganzen Welt die Geistliche Bewegung „Marriage Encounter“ (ME) – „(vertiefte) Begegnung in der Ehe“ aus, die mit erstaunlichen Resultaten Ehepaare begleitet. Auf dem dreifachen „Königsweg“ Dialog-Sexua­lität-Gebet werden die Eheleute zu einer Vertiefung ihrer Beziehung hingeführt, welche eine neue Entfaltung und Verwirklichung des Ehesakraments nach sich zieht. In die Förderung der Kommunikation wird die katholische Spiritualität der Ehe mit einbezogen, so dass die Ehepaare in der Regel zu einer neuen und lebendigen Freude an der Kirche gelangen. „Ich bin vertraut mit ‚Marriage Encounter‘ und der guten Arbeit, die Sie leisten!“ So sagte Papst Franziskus bei der Bischofssynode dem früheren ME-Leitungspaar auf Weltebene, Cathy und Tony Witzcak, die er zu Auditoren der Synode ernannt hatte. Weltweit hat ME inzwischen über eine Million Paare begleitet und damit die Ehelandschaft in der Kirche leise, aber doch wirklich verändert. In Deutschland gibt es die Bewegung seit 1979. Seitdem haben hier etwa 4.400 Paare am klassischen Einstiegswochenende teilgenommen. Das für die Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland verantwortliche Paar stellt ME vor. weiter...


Das Recht auf eine Privatsphäre

Bedeutung der Diskretion

Von Carlos Encina Commentz

Dr. Carlos Encina Commentz, Offizial der Apostolischen Pönitentiarie in Rom, organisiert seit vielen Jahren „Pastorale Fortbildungen für Beichtväter über das Forum internum“. Eingeladen sind Priester und Seminaristen. Für den deutschsprachigen Raum werden die Fortbildungen, die sich großer Beliebtheit erfreuen, in der Gebetsstätte Wigratzbad im Bistum Augsburg abgehalten. Vom 11. bis 14. Januar 2016 findet die Tagung dort bereits zum achten Mal statt und steht dieses Jahr unter dem Thema: „Der Heilungsdienst der Kirche – ein Werk der Barmherzigkeit“ (vgl. S. 13). Bei der siebten Fortbildung im vorigen Jahr hielt Msgr. Carlos einen Vortrag über die „befreiende Kraft der Wahrheit“. Darin machte er sich auch Gedanken zur Frage, wie weit das „Recht auf Wahrheit“ geht. Ein aktuelles Thema. weiter...

 

Papst Franziskus zur „Vatileaks“-Affäre

Von Papst Franziskus

Auf dem Rückflug von seiner Afrika-Reise gab Papst Franziskus eine Pressekonferenz. Dabei wurde er von Philip Pulella, einem Mitarbeiter der Agentur Reuters, direkt auf die Vatileaks-Affäre angesprochen. Wörtlich sagte Pulella: „Sie haben in Uganda frei gesprochen und gesagt, dass es überall Korruption gibt und auch im Vatikan. So lautet meine Frage: Was ist die Bedeutung der freien und laikalen Presse bei der Ausrottung dieser Korruption, wo immer sie existiert?“ weiter...


„Heute“ will dir der Herr sein Heil schenken

Versöhnung lässt uns Gott erfahren

Von Antony D’Cruz OPraem

Dr. Antony D‘Cruz J. O.Praem. (geb. 1976 in Kerala) ist als Seelsorger im Pfarrverband Neustift (Erzbistum München und Freising) eingesetzt. Er promovierte im Fach Dogmatik und ist auf die Lehre der Kirche und ihrer Mission spezialisiert. Seine Gedanken über die entscheidende Bedeutung der Versöhnung sind ein wunderschöner Beitrag zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit. Im Licht des Weihnachtsfestes leuchtet das Gnadenangebot der bedingungslosen Liebe Gottes auf, die unsere Herzen und das Angesicht der Erde zu erneuern vermag. weiter...


Erneuerung der kirchlichen Bußpraxis

Schuld und Vergebung

Von Ludwig Mödl

Der bekannte Pastoraltheologe Prälat Dr. Ludwig Mödl (geb. 1938) hat ein neues Buch über das Vaterunser herausgegeben. Die Bitte „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“ nimmt er zum Anlass, über die kirchliche Bußpraxis nachzudenken und Impulse für eine Erneuerung der Beichte zu geben. Sein Schwerpunkt liegt auf der Förderung des Sündenbewusstseins. Er nennt zwei Voraussetzungen, um eine wirkliche Befreiung von Schuld erfahren zu können: Zum einen müssen wir unsere Schuld ins Bewusstsein heben, zu ihr stehen und sie im Bekenntnis durchleiden. Zum anderen müssen wir sie in einen Zusammenhang mit Gott bringen, ihm gegenüber Reue empfinden, ihn aufrichtig um Verzeihung bitten und an die sakramentale Vergebung glauben. In den nachfolgenden Auszügen finden sich wertvolle Anregungen für das Jahr der Barmherzigkeit. weiter…


Symposium zum 10. Todestag

Theologie von Leo Scheffcyzk neu entdecken

Von Johannes Nebel FSO

Zehn Jahre nach seinem Tod fand in Bregenz ein erstes Symposium zur Theologie von Leo Kardinal Scheffczyk (1920-2005) statt. Unter dem Thema „Vermächtnis seines Denkens für die Gegenwart“ wurde es zu einer überzeugenden Einladung, sich neu mit seinem theologischen Erbe zu befassen. Beseelt vom Rahmen, den die Mitglieder der geistlichen Familie „Das Werk“ boten, eröffneten hochrangige Referenten aktuelle Zugänge zu den Schriften eines tiefgläubigen Denkers. Organisiert wurde das Symposium von Pater Dr. Johannes Nebel FSO, der in Bregenz den Nachlass des schlesischen Theologen verwaltet. weiter...


Der Einsatz der Kirche für die Jugend (Teil VI)

„Ihr seid die Architekten der Zukunft!“

Von Bischof Josef Clemens, Rom

Nachdem Kurienbischof Dr. Josef Clemens in seinem Vortrag über die Bedeutung der Weltjugendtage ausführlich den Einsatz von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. behandelt hat, geht er nun auf Papst Franziskus ein. Dutzende von Stellungnahmen und Äußerungen bei Begegnungen mit Jugendlichen beweisen, dass sich Franziskus „sehr einmütig in das Denken und die Absichten seiner Vorgänger einreiht – bis hin zu den benutzten Begriffen und Formulierungen“, so Clemens. Er hebe den „jugendlichen Enthusiasmus“ als wertvollen Schatz für die Kirche hervor und betrachte die Jugendlichen als „Träger der Freude und der Hoffnung“. Der Papst macht uns deutlich: Wir brauchen die Jugend, denn vor ihr hängt die Zukunft ab. weiter...


Die vier Marianischen Dogmen (4)

Maria Immaculata Conceptio (Teil II)

Von Anna Roth

Im zweiten Teil ihrer Darstellung des Dogmas von der unbefleckten Empfängnis Mariens betont Anna Roth vor allem den Plan Gottes, der sich in diesem Geheimnis offenbart. Maria muss von Gott her verstanden werden, er hat sie für das Werk der Erlösung auf einzigartige Weise auserwählt. So ist sie die „Vorerlöste“ und zugleich die „Vollerlöste“, das Vorbild aller Erlösung. weiter...


Jugendforscher analysiert Mädchen im Netz

Im Bann permanenter Interaktion

Von Werner Schiederer

Dr. Martin Voigt (geb. 1984, Halle/Saale) promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit über „Mädchenfreundschaften unter dem Einfluss von Social Media“ und betreute für die Bundespolizei das Präventionsprojekt „Selfies im Gleisbett“. 2015 wurde Martin Voigt (Bild) für seine Beiträge in der F.A.Z. mit dem Gerhard-Löwenthal-Preis ausgezeichnet. Sein aktuelles Buch „Mädchen im Netz: süß, sexy, immer online“ fokussiert die Lebenswelt einer Generation, die sich zunehmend an Gleichaltrigen orientiert und trotz ihrer Suche nach Individualität auffallend schematische Selbstinszenierungen präsentiert. Eltern und Erzieher sind gefordert. weiter…